VwGH 2010/08/0094

VwGH2010/08/009414.1.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des H M in G, vertreten durch Mag. Wilhelm Lackner, Rechtsanwalt in 7000 Eisenstadt, Esterhazyplatz 6a, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Burgenland vom 11. Dezember 2009, Zl LGS-Bgld./KP1/0566/2009, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §12 Abs3 litb;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §36 Abs2;
AlVG 1977 §36 Abs3;
AlVG 1977 §36a Abs1;
AlVG 1977 §36a Abs2;
AlVG 1977 §12 Abs3 litb;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §36 Abs2;
AlVG 1977 §36 Abs3;
AlVG 1977 §36a Abs1;
AlVG 1977 §36a Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, insoweit damit der Widerruf und die Rückforderung von Arbeitslosengeld in der Höhe von EUR 2.630,64 ausgesprochen wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice N vom 6. Oktober 2009 wurde der Arbeitslosengeldbezug des Beschwerdeführers im Zeitraum vom 1. Jänner bis 6. April 2008 gemäß § 24 Abs 2 AlVG widerrufen und gemäß § 25 Abs. 1 AlVG das unberechtigt Empfangene in der Höhe von EUR 2.630,64 rückgefordert. Mit Bescheid vom selben Tag wurde der Notstandshilfebezug des Beschwerdeführers im Zeitraum vom 7. April bis 31. Dezember 2008 widerrufen und in der Höhe von EUR 6.829,91 rückgefordert. Begründend wurde in beiden Bescheiden ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer Überprüfung des Einkommens- und Umsatzsteuerbescheids 2008 nicht als arbeitslos gelte.

Gegen diese beiden Bescheide erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte darin aus, der Einkommensteuerbescheid 2008 sei an "Dr. (K) als Masseverwalter im Konkurs (des Beschwerdeführers)" gerichtet. In einem Konkursverfahren würden Einnahmen, welche über dem Existenzminimum bzw über der pfändbaren Einkommensgrenze lägen, vom Masseverwalter einbehalten und nach Abschluss des Konkursverfahrens an die Gläubiger verteilt. Ein Einkommen, das im Einkommensteuerbescheid aufscheine, sei daher nicht das Einkommen des Beschwerdeführers, sondern ein Einkommen des Masseverwalters, welches bei Abschluss des Konkursverfahrens zur Verteilung gelange.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde den Berufungen des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Ein Betrag von EUR 870,79 sei von seinem laufenden Leistungsbezug bereits einbehalten worden, der Restbetrag in der Höhe von EUR 8.589,76 sei binnen 14 Tagen zurückzuzahlen.

Nach der Wiedergabe gesetzlicher Bestimmungen und der Darlegung des Verwaltungsgeschehens stellte die belangte Behörde (im Wesentlichen) als Sachverhalt fest, der Beschwerdeführer sei vom 1. Mai 1995 bis 31. Jänner 2006 und vom 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007 selbständig erwerbstätig gewesen und habe die Firma M. geleitet. Er stehe seit 19. November 2007 im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, seit 7. April 2008 beiziehe er Notstandshilfe. Im erstinstanzlichen Verfahren habe er erklärt, dass er selbständig erwerbstätig gewesen und der Gewerbeschein "stillgelegt" worden sei. Weiters habe der Beschwerdeführer erklärt, dass über die Firma M. ein Konkursverfahren eröffnet worden sei und er keine selbständige Tätigkeit entfalte bzw. kein Einkommen aus selbständiger Arbeit erziele.

Aus einer Überlagerungsmeldung des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 11. September 2009 sei der Umstand bekannt geworden, dass der Beschwerdeführer vom 1. Jänner bis 31. Dezember 2008 der Pflichtversicherung nach dem GSVG wegen Ausübung einer selbständigen Tätigkeit unterlegen sei. Dazu habe die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft mitgeteilt, vom zuständigen Finanzamt sei gemeldet worden, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2008 über so hohe Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit verfügt habe, dass eine Pflichtversicherung für das Jahr 2008 "vorgenommen werden musste".

Aus dem Einkommensteuerbescheid 2008 sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer in diesem Jahr (nach Abzug der Sonderausgaben) Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von EUR 33.017,14 erzielt habe. Dieses Einkommen sei auf die Monate, in denen der Beschwerdeführer im Jahr 2008 eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt habe, also vom Jänner bis Dezember 2008, zu aliquotieren. Daraus ergebe sich ein durchschnittliches monatliches Bruttoeinkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit in der Höhe von EUR 2.751,43. Ein Anspruch auf Leistungen nach dem AlVG (Arbeitslosengeld und Notstandshilfe) sei für die Monate Jänner bis Dezember 2008 mangels Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung "Vorliegen von Arbeitslosigkeit" nicht vorgelegen. Arbeitslos sei nach § 12 Abs 1 AlVG, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden habe. Beschäftigung bedeute eine mit einem Arbeitseinkommen verbundene Tätigkeit, der zwar ein Dienstverhältnis zugrunde liegen könne, die jedoch nicht auf einem Dienstverhältnis beruhen müsse, sondern auch jede nachhaltige auf Erwerb gerichtete Tätigkeit erfassen könne. Selbständige Erwerbstätigkeit sei der Inbegriff der in persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit verrichteten Arbeitsleistung, die die Schaffung von Einkünften in Geld oder sonstigen Gütern bezwecke, wobei es rechtlich belanglos sei, ob dieser Zweck regelmäßig erfüllt und in welchem Ausmaß er erreicht werde.

Der Beginn der selbständigen Arbeit sei mit dem Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit anzunehmen. Im Zuge der Vermittlungsvormerkung habe der Beschwerdeführer erklärt, dass er selbständig erwerbstätig gewesen sei und dass die Gewerbeberechtigungen zurückgelegt worden seien. Über den Betrieb des Beschwerdeführers, die M. GmbH, sei der Konkurs eröffnet worden und der Beschwerdeführer befinde sich derzeit im Konkursverfahren. Weiters habe der Beschwerdeführer erklärt, dass er keine selbständige Tätigkeit mehr ausübe und dass auch keine Einkünfte aus der Selbständigkeit erzielt würden. Aus der Überlagerungsmeldung des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 11. September 2009 sei nunmehr bekannt, dass der Beschwerdeführer aufgrund der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit während des gesamten Jahres 2008 der Pflichtversicherung nach dem GSVG unterlegen sei.

Gemäß diesem Versicherungsverlauf sei daher nunmehr davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer das gesamte Jahr 2008 über selbständig erwerbstätig gewesen sei und dass er Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit erzielt habe. Diese neuerliche Einbeziehung in die GSVG-Pflichtversicherung wegen Zufließens entsprechender Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit habe der Beschwerdeführer bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice nicht bekannt gegeben.

Zum Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, das im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Einkommen für das Jahr 2008 sei ein Einkommen des Masseverwalters, führte die belangte Behörde aus, der Einkommensteuerbescheid 2008 sei aufgrund des laufenden Konkursverfahrens an den Masseverwalter zugestellt worden. Es handle sich hierbei jedoch keinesfalls um Einkünfte des Masseverwalters, sondern um Einkünfte des Beschwerdeführers aus Gewerbebetrieb. Die Zurechnung der Gewinne erfolge zugunsten der im Konkurs befindlichen "Rechtsperson". Aus dem Einkommensteuerbescheid sei auch klar ersichtlich, dass dieser an den Beschwerdeführer selbst gerichtet sei, wenngleich er dem Masseverwalter zugestellt worden sei.

Das aus dem Einkommensteuerbescheid 2008 ersichtliche (aliquotierte) monatliche Bruttoeinkommen des Beschwerdeführers von EUR 2.751,43 übersteige die Geringfügigkeitsgrenze nach dem ASVG (im Jahr 2008 EUR 349,01 monatlich). Ob die erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb für Pfändungen oder im laufenden Konkursverfahren für die Tilgung von Gläubigerforderungen verwendet würden, sei für die Beurteilung von Arbeitslosigkeit gemäß § 12 Abs 3 lit h AlVG ohne Bedeutung. Die Prüfung des Vorliegens von Arbeitslosigkeit aufgrund von nachträglich vorgelegten Einkommensteuerbescheiden beschränke sich auf das im jeweiligen Einkommensteuerbescheid vom zuständigen Finanzamt festgestellte Bruttoeinkommen, nicht jedoch auf die Verwendung desselben durch den selbständig Tätigen.

Leistungsbezüge seien jedenfalls zu widerrufen, wenn sich die Zuerkennung der Leistungen nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstelle. Dies habe unabhängig vom Verhalten des Leistungsbeziehers zu erfolgen. Es sei hierbei also unerheblich, ob den Leistungsbezieher ein Verschulden treffe oder nicht. Hinsichtlich der ausgesprochenen Rückforderung sei auszuführen, dass der Beschwerdeführer weder das Vorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit gemeldet, noch den am 5. Mai 2009 erstellten Einkommensteuerbescheid 2008 vorgelegt habe. Somit sei er seiner Meldepflicht nicht nachgekommen und habe maßgebliche Tatsachen für den Bezug von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz verschwiegen, weshalb gemäß § 25 Abs 1 AlVG der widerrufene Betrag zum Rückersatz vorzuschreiben gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Feststellung der belangten Behörde, wonach er im Jahr 2008 selbständig erwerbstätig im Sinne des § 12 Abs 3 lit b AlVG gewesen sei. Insbesondere nach der im Konkursverfahren erfolgten Schließung seines Einzelunternehmens mit Beschluss vom 11. Juni 2007 sei der Beschwerdeführer nicht mehr selbständig erwerbstätig gewesen. Der angefochtene Bescheid beruhe offenkundig lediglich auf einer Überlagerungsmeldung des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 11. September 2009, welcher der Einkommensteuerbescheid für 2008 zugrunde liege. Dieser sei im Schätzungswege nach § 184 BAO ergangen. Der Beschwerdeführer habe im Jahr 2008 keinerlei Gewerbeeinkünfte erzielt, auch der Masseverwalter habe derartige Einkünfte für ihn nicht erhalten. Er habe dem Arbeitsmarktservice die Rücklegung seines Gewerbes mitgeteilt, aus der Ediktsdatei seien zudem die Unternehmensschließungen ersichtlich. Ein im Schätzungsweg ergangener Einkommensteuerbescheid liefere nie ausreichenden Beweis dafür, dass eine unselbständige oder selbständige Erwerbstätigkeit tatsächlich vorliege und aus einer solchen die geschätzten Einkünfte auch tatsächlich erzielt würden. Die belangte Behörde unterlasse es im angefochtenen Bescheid darzustellen, welcher konkreten selbständigen Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführer im Jahr 2008 nachgegangen sein soll. Nähere Angaben zu Art und Ausmaß der selbständigen Erwerbstätigkeit würden fehlen. Auch eine aufrechte Pflichtversicherung nach dem GSVG lasse keineswegs den Schluss zu, dass im betroffenen Zeitraum tatsächlich eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt worden sei.

2. Gemäß § 12 Abs 1 AlVG in der hier anwendbaren Fassung vor der Novelle BGBl I Nr 104/2007 (§ 79 Abs 94 AlVG) ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.

Gemäß § 12 Abs 3 lit b AlVG gilt als arbeitslos im Sinne der Abs 1 und 2 insbesondere nicht, wer selbständig erwerbstätig ist.

Gemäß § 12 Abs 6 lit c AlVG gilt jedoch als arbeitslos, wer (auf andere Art) selbständig erwerbstätig ist bzw selbständig arbeitet und daraus ein Einkommen gemäß § 36a erzielt oder im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit bzw der selbständigen Arbeit einen Umsatz gemäß § 36b erzielt, wenn weder das Einkommen zuzüglich Sozialversicherungsbeiträge, die als Werbungskosten geltend gemacht wurden, noch 11,1 vH des Umsatzes die im § 5 Abs 2 ASVG angeführten Beträge übersteigt.

Nach § 24 Abs 2 AlVG ist die Zuerkennung von Arbeitslosengeld zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes als gesetzlich nicht begründet herausstellt.

§ 25 Abs 1 AlVG idF BGBl I Nr 77/2004 lautet (auszugsweise):

"§ 25 (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, daß die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen. (…)"

Gemäß § 38 AlVG sind diese Bestimmungen auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.

3. Die belangte Behörde stützte den Widerruf und die Rückforderung des vom Beschwerdeführer im Jahr 2008 bezogenen Arbeitslosengeldes bzw der Notstandshilfe darauf, dass der Beschwerdeführer selbständig erwerbstätig gewesen sei und daraus ein über der Geringfügigkeitsgrenze liegendes Einkommen bezogen habe.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist selbständige Erwerbstätigkeit im Sinne des § 12 Abs 3 lit b AlVG der Inbegriff der in persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit verrichteten Arbeitsleistungen, die die Schaffung von Einkünften in Geld oder sonstigen Gütern bezwecken. Hierbei ist es rechtlich belanglos, ob dieser Zweck regelmäßig erfüllt und in welchem Ausmaß er erreicht wird (vgl das hg Erkenntnis vom 22. September 2004, Zl 2003/08/0047, uva). Der Frage, ob der Beschwerdeführer im beschwerdegegenständlichen Zeitraum des Leistungsbezugs Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit in einem die Geringfügigkeitsgrenze übersteigenden Ausmaß bezogen hat, ist gedanklich vorgelagert, ob er in diesem Zeitraum überhaupt selbständig erwerbstätig gewesen ist. Dabei kommt es allerdings nicht auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zufließens von Einkünften aus einer solchen selbständigen Erwerbstätigkeit (also etwa nicht auf den Zeitpunkt der Umsätze) an, sondern - wenn die selbständige Erwerbstätigkeit erst begonnen wurde - auf jenen Zeitpunkt, in dem eine solche Tätigkeit erstmals entfaltet worden ist, das heißt, ab welchem Zeitpunkt die im Rahmen der selbständigen Erwerbstätigkeit beabsichtigten Leistungen erstmals nach außen zu Tage tretend zumindest angeboten wurden (vgl das hg Erkenntnis vom 29. Oktober 2008, Zl 2007/08/0088).

Die belangte Behörde stützt die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2008 selbständig erwerbstätig gewesen sei, auf den - vom Beschwerdeführer nicht gemeldeten - Einkommensteuerbescheid 2008, aus dem für das Jahr 2008 über der Geringfügigkeitsgrenze liegende Einkünfte des Beschwerdeführers aus Gewerbebetrieb hervorgehen. Weiters leitete die belangte Behörde aus einer Überlagerungsmeldung des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger, der zufolge der Beschwerdeführer im Jahr 2008 nach dem GSVG pflichtversichert gewesen sei, ab, dass dieser während des gesamten Jahres selbständig erwerbstätig gewesen sei. Die belangte Behörde trifft jedoch keine weiteren Feststellungen, worin die selbständige Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers bestanden hat, wann diese aufgenommen und in welcher Form diese ausgeübt wurde.

Allein daraus, dass ein Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheid für einen Zeitraum ein Einkommen (bzw Umsätze) ausweist, kann aber nicht darauf geschlossen werden, dass der Arbeitslose in diesem Zeitraum selbständig erwerbstätig war (vgl das hg Erkenntnis vom 24. November 2010, Zl 2010/08/0145, mwN). Auch aus der Meldung des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger, wonach der Beschwerdeführer im Jahr 2008 nach dem GSVG pflichtversichert gewesen sei, kann eine - aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten zu beurteilende (vgl das hg Erkenntnis vom 30. September 1994, Zl 93/08/0202) - selbständige Erwerbstätigkeit nicht ohne weitere Feststellungen abgeleitet werden.

Die belangte Behörde konnte daher aus dem Einkommensteuerbescheid des Jahres 2008 bzw aus der Mitteilung des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger über die Pflichtversicherung nach dem GSVG vom 11. September 2009 allein nicht ableiten, dass der Beschwerdeführer im (gesamten) Jahr 2008 selbständig erwerbstätig war und während seines Leistungsbezugs gemäß § 12 Abs 3 lit b AlVG keine Arbeitslosigkeit vorlag.

Vor diesem Hintergrund erweist sich jedoch schon der von der belangten Behörde ausgesprochene Widerruf des Arbeitslosengeldbezugs vom 1. Jänner bis zum 6. April 2008 als nicht begründet, weshalb der angefochtene Bescheid im Umfang des Widerrufs und der Rückforderung des Leistungsbezugs für diesen Zeitraum in der Höhe von EUR 2.630,64 gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben war.

4. Hinsichtlich des ebenfalls mit dem angefochtenen Bescheid widerrufenen und rückgeforderten Bezugs von Notstandshilfe vom 7. April bis zum 31. Dezember 2008 sind jedoch weitere Anspruchsvoraussetzungen des Notstandshilfebezuges zu beachten:

Gemäß § 33 Abs 2 AlVG ist Voraussetzung für die Gewährung der Notstandshilfe unter anderem, dass sich der Arbeitslose in einer Notlage im Sinne des § 33 Abs 3 AlVG befindet.

Nach § 33 Abs 3 AlVG liegt Notlage vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist.

Gemäß § 36 Abs 2 AlVG sind bei der Beurteilung der Notlage (unter anderem) die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen zu berücksichtigen.

Nach § 36 Abs 3 AlVG ist das Einkommen des Arbeitslosen zu berücksichtigen: Das in einem Kalendermonat erzielte und ohne Auswirkung auf den Leistungsanspruch in diesem Kalendermonat gebliebene Einkommen des Arbeitslosen ist im Folgemonat nach Abzug des zur Erzielung des Einkommens notwendigen Aufwandes auf die Notstandshilfe anzurechnen. Ausgenommen ist ein Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit, das den der Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs 2 ASVG für den Kalendermonat entsprechenden Betrag nicht übersteigt.

Gemäß § 36a Abs 1 AlVG ist bei der Feststellung des Einkommens für (unter anderem) die Anrechnung auf die Notstandshilfe nach den folgenden Absätzen vorzugehen. Nach § 36a Abs 2 AlVG ist Einkommen (im Sinne des AlVG) das Einkommen gemäß § 2 Abs 2 EStG 1988 zuzüglich den Hinzurechnungen gemäß Abs 3 und dem Pauschalierungsausgleich gemäß Abs 4.

5. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass in seinem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von (nach Abzug der Sonderausgaben) EUR 33.017,14 ausgewiesen sind. Er bestreitet nur, dass mit diesen ausgewiesenen Einkünften eine selbständige Erwerbstätigkeit im Jahr 2008 verbunden war bzw dass ihm tatsächlich solche Einkünfte im Jahr 2008 zugeflossen seien.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung über den Widerruf und die Rückforderung eines Notstandshilfebezugs jedoch an den Spruch des Einkommensteuerbescheids gebunden, wobei diese Regelung der Erleichterung des praktischen Vollzugs des AlVG in Bezug auf die dort geregelten Geldleistungen dient (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Februar 2009, Zl 2006/08/0033, mwN). An dieser Bindung ändert auch der Umstand nichts, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seines laufenden Konkursverfahrens möglicherweise tatsächlich keine Einkünfte zugeflossen sind. Das Ergebnis der Veranlagung zur Einkommensteuer kann nämlich dennoch als Gradmesser dafür dienen, dass der Notstandshilfe beziehende Beschwerdeführer über eine höhere Wirtschaftskraft verfügt als eine Person ohne anzurechnendes Einkommen (vgl zu einem im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Buchgewinn erneut das eben zitierte hg Erkenntnis vom 18. Februar 2009). Angesichts der Bindung des Arbeitsmarktservice an den Spruch des Einkommensteuerbescheids geht die Beschwerde daher auch dort ins Leere, wo sie die Ermittlung der Besteuerungsgrundlage, insbesondere durch Schätzung der Bemessungsgrundlage, bemängelt (vgl das hg Erkenntnis vom 19. Oktober 2011, Zl 2008/08/0210).

Die belangte Behörde hat somit zu Recht die Einkünfte des Beschwerdeführers aus Gewerbebetrieb entsprechend dem Einkommensteuerbescheid 2008 auf seinen Notstandshilfeanspruch angerechnet und - wegen Überschreitung des fiktiven Anspruchs durch den anzurechnenden Betrag - den Bezug für den Zeitraum vom 7. April bis zum 31. Dezember 2008 (rückwirkend) eingestellt. Angesichts § 25 Abs 1 dritter Satz AlVG, wonach es bei einer Neubemessung auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides auf ein Verschulden des Arbeitslosen nicht ankommt, ist auch der Widerruf des Notstandshilfebezugs nicht zu beanstanden (vgl zu einem ähnlichen Sachverhalt das hg Erkenntnis vom 19. Oktober 2011, Zl 2011/08/0223). Dass die bezogene Notstandshilfe - wie die Beschwerde ausführt - gutgläubig verbraucht worden sein mag, steht einer Rückersatzverpflichtung im Übrigen nicht entgegen (vgl das hg Erkenntnis vom 6. Juli 2011, Zl. 2008/08/0128).

6. Die Beschwerde war daher, insoweit sie sich gegen den Widerruf und die Rückforderung des Notstandshilfebezugs im Zeitraum vom 7. April bis zum 31. Dezember 2008 richtet, gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 14. Jänner 2013

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