VwGH 2012/07/0018

VwGH2012/07/001822.3.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerden des HH in W, vertreten durch Mag. Gerhard Fetsch, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 31/2, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 1.) 2. Dezember 2011, Zl. UVS 30.12-48/2011-10, 2.) 2. Dezember 2011, Zl. UVS 30.12- 49/2011-10, 3.) 2. Dezember 2011, Zl. UVS 30.12-50/2011-10, betreffend Übertretungen des Vermarktungsnormengesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Normen

32008R0589 Vermarktungsnormen Eier DV;
UGB §161 Abs1;
Vermarktungsnormen Eier 2009 §6;
Vermarktungsnormen Eier 2009 §9 Abs1 Z5;
VNG 2007 §21 Abs2 idF 2010/I/111;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VStG §44a;
VStG §9 Abs1;
VStG §9;
32008R0589 Vermarktungsnormen Eier DV;
UGB §161 Abs1;
Vermarktungsnormen Eier 2009 §6;
Vermarktungsnormen Eier 2009 §9 Abs1 Z5;
VNG 2007 §21 Abs2 idF 2010/I/111;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VStG §44a;
VStG §9 Abs1;
VStG §9;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.831,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, erstangefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft H (in der Folge: BH) wegen einer Übertretung des Vermarktungsnormengesetzes dem Grunde nach abgewiesen und nur hinsichtlich der Strafhöhe Folge gegeben, indem die Geldstrafe reduziert wurde. Hinsichtlich des Tatvorwurfes wurde der Spruch insofern neu gefasst, als der Beschwerdeführer als unbeschränkt haftender Gesellschafter der H. KG schuldig sei, dass die H. KG ein bis zwei Tage vor dem 27. Jänner 2011 an die P.-GmbH Eier geliefert habe, auf denen in der Packstelle der H. KG der Erzeugercode des Eierproduzenten JD. mit der Codenummer: 1AT29xxxxx angebracht worden sei. Diese Eier stammten aber nicht aus dem Betrieb JD. Die Eier seien dadurch falsch gekennzeichnet gewesen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, zweitangefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen ein weiteres Straferkenntnis der BH wegen einer Übertretung des Vermarktungsnormengesetzes dem Grunde nach abgewiesen und hinsichtlich der Strafhöhe Folge gegeben. Hinsichtlich des Tatvorwurfes wurde hier der Spruch insofern neu gefasst, als der Beschwerdeführer als unbeschränkt haftender Gesellschafter der H. KG schuldig sei, dass die H. KG ein bis drei Tage vor dem 7. Februar 2011 an die P.-GmbH Eier geliefert habe, auf denen in der Packstelle der H. KG der Erzeugercode des Eierproduzenten FD. mit der Codenummer: 1AT29yyyyy angebracht worden sei. Diese Eier stammten aber nicht aus dem Betrieb FD. Die Eier seien dadurch falsch gekennzeichnet gewesen.

Mit dem drittangefochtenen Bescheid wurde eine Berufung des Beschwerdeführers gegen ein weiteres Straferkenntnis der BH wegen einer Übertretung des Vermarktungsnormengesetzes dem Grunde nach abgewiesen und hinsichtlich der Strafhöhe Folge gegeben. Hinsichtlich des Tatvorwurfes wurde hier der Spruch insofern neu gefasst, als der Beschwerdeführer als unbeschränkt haftender Gesellschafter der H. KG schuldig sei, dass die H. KG ein bis drei Tage vor dem 11. Februar 2011 an die P.-GmbH Eier geliefert habe, auf denen in der Packstelle der H. KG zwei dieser nicht zugewiesene Erzeugercodes angebracht worden seien. Die H. KG habe dabei zwei verschiedene Erzeugercodes verwendet, nämlich jenen des Eierproduzenten JD., Codenummer: 1AT29xxxxx, sowie jenen des Eierproduzenten FD., Codenummer: 1AT29yyyyy.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof, in denen inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat hierüber erwogen:

§ 21 des Bundesgesetzes über die Einstufung und Kennzeichnung landwirtschaftlicher Erzeugnisse für Zwecke der Vermarktung (Vermarktungsnormengesetz - VNG), BGBl. I Nr. 68/2007 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010, lautet auszugsweise:

"§ 21. (1) Wer

1. Waren entgegen Bestimmungen über Bezeichnung, Kennzeichnung, Sortierung, Verpackung oder Beförderung, die in den in § 1 Abs. 2 genannten Rechtsakten der Europäischen Union enthalten sind, in Verkehr bringt,

2. Waren entgegen §§ 4 bis 6 und der auf Grund dieser Bestimmungen ergangenen Verordnungen in Verkehr bringt,

begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 10.900 EUR, im Wiederholungsfall bis zu 21.800 EUR zu bestrafen.

(2) Eine nach Abs. 1 zu bestrafende Verwaltungsübertretung begeht weiters, wer einer nach § 4 oder § 5 erlassenen Verordnung, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafbestimmung verweist, zuwiderhandelt."

§§ 5 und 6 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Vermarktungsnormen für Eier, BGBl. II Nr. 365/2009, lauten auszugsweise:

"Kennzeichnung der Eier

§ 5. (1) Eier der Güteklasse A sind gemäß Anhang XIV Teil A Abschnitt III Nummer 1 erster Unterabsatz der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 mit einem Erzeugercode zu kennzeichnen.

Zulassung der Erzeugerbetriebe

§ 6. (1) Die Behörde hat gemäß der Richtlinie 2002/4/EG für Zwecke der ordnungsgemäßen Kennzeichnung der Eier die Registrierung von Erzeugerbetrieben auf Antrag vorzunehmen und diesen Betrieben zugleich einen Erzeugercode (§ 5 Abs. 2) zuzuweisen. Im Falle einer zusätzlichen Beantragung von Stallnummern (§ 5 Abs. 3) ist für jeden Stall ein Erzeugercode zuzuweisen, der die jeweilige Stallnummer einschließt. Bei der Registrierung hat die Behörde insbesondere die Mindestanforderungen des Anhangs II der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 zu berücksichtigen.

Strafbestimmungen

§ 9. (1) Eine Verwaltungsübertretung im Sinne des § 21 Abs. 2 des Vermarktungsnormengesetzes (VNG) begeht, wer

5. entgegen § 6 einen Erzeugercode verwendet, der ihm nicht zugewiesen oder entzogen wurde oder auf den er verzichtet hat sowie"

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass es sich in den vorliegenden Beschwerdefällen entgegen der Ansicht der belangten Behörde wegen des einheitlichen Willensentschlusses und eines einheitlichen Gesamtkonzeptes der Teillieferungen um ein fortgesetztes Delikt handle.

Ein fortgesetztes Delikt ist eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines (noch erkennbaren) zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten. Um von einem fortgesetzten Delikt sprechen zu können, müssen Einzelakte von einem vorgefassten einheitlichen Willensentschluss, von einem sogenannten Gesamtvorsatz getragen sein, das heißt, der Täter muss von vornherein ein bestimmtes Endziel ins Auge gefasst haben, das er durch die Begehung mehrerer Teilakte, somit schrittweise, erreichen will. Von einem solchen Gesamtvorsatz kann daher nur dann gesprochen werden, wenn der Täter den erstrebten Enderfolg von Anfang an in seinen wesentlichen Umrissen erfasst hat, sodass sich die einzelnen Akte zu dessen Erreichung nur als Teilhandlungen eines (von vornherein gewollt vorhandenen) Gesamtkonzeptes darstellen. Erst dieser innere Zusammenhang lässt die Einzelakte nur als sukzessive Verwirklichung des einheitlich gewollten Ganzen erscheinen. Demnach reicht der allgemeine Entschluss, eine Reihe gleichartiger strafbarer Handlungen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu begehen, nicht aus, um subjektiv einen Fortsetzungszusammenhang zu begründen. Der Gesamtvorsatz kann auch nicht in einem bloß einheitlichen Motiv erblickt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 2011, Zlen. 2009/07/0180 bis 0183, mwN.).

Wenn durch die Begehung von gleichen Übertretungshandlungen zu verschiedenen Zeitpunkten jeweils eine Verwaltungsübertretung begangen wird (kein fortgesetztes Delikt vorliegt), hat die Behörde für jedes Delikt eine gesonderte Strafe auszusprechen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. April 2005, Zl. 2005/02/0015).

Die Annahme eines fortgesetzten Deliktes verbietet sich schon deswegen, da in den Beschwerdefällen nicht davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer bei seinen Verwaltungsübertretungen ein Endziel ins Auge gefasst hatte, das er durch die Begehung mehrerer Teilakte, somit schrittweise, erreichen wollte. Mangels erkennbaren einheitlichen Willensentschlusses liegt kein fortgesetztes Delikt vor.

Der Beschwerdeführer wendet sich in seinen gegen die drei angefochtenen Bescheide eingebrachten Beschwerden weiters damit gegen seine Bestrafung, dass ihm die Übertretungen nicht zuzurechnen seien. Mangels Nennung des § 9 Abs. 1 VStG fehlten auch zwingende Spruchbestandteile, wodurch die angefochtenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet seien.

In der Tatumschreibung muss zum Ausdruck kommen, ob ein bestimmter Beschuldigter die Tat in eigener Verantwortung oder als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit strafrechtlich Verantwortliche begangen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 1998, Zl. 97/02/0426). Es bedeutet jedoch keine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Strafbescheides, wenn § 9 VStG im Spruch nicht zitiert wurde (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II2, 2000, unter E 420 zu § 44a VStG wiedergegebene hg. Judikatur).

Wird ein Täter als verantwortliches Organ im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG bestraft, so erfordert § 44a Z. 1 VStG, dass im Spruch des Straferkenntnisses die Art der Organfunktion, derzufolge der Täter zur Vertretung nach außen berufen ist, eindeutig angeführt wird. Bei einer KG ist der Komplementär im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG nach außen zur Vertretung berufen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. Juli 1982, Zl. 82/11/0013, und 27. September 1988, Zl. 88/08/0054).

Die Bestrafung des Beschwerdeführers erfolgte mit den drei angefochtenen Bescheiden ausdrücklich aufgrund seiner Stellung als unbeschränkt haftender Gesellschafter, somit als Komplementär im Sinne des § 161 Abs. 1 UGB.

Die angefochtenen Bescheide enthalten nach dem Gesagten jeweils ausreichende Hinweise auf die Stellung des Beschwerdeführers, nämlich die des unbeschränkt haftenden Gesellschafters (eines Komplementärs). Eine Rechtswidrigkeit vermag der Verwaltungsgerichthof in der Umschreibung der Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers sohin nicht zu erkennen.

Schließlich bringt der Beschwerdeführer vor, dass eine Zitierung der in Frage kommenden Rechtsnormen unterblieben sei. Die Erstbehörde stütze sich auf § 21 Abs. 2 VNG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Z. 5 EiervermarktungsV und der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 . Die Angabe der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 ohne Angabe einer konkreten Bestimmung dieser Verordnung lasse nicht erkennen, welche Bestimmung konkret verletzt worden sei.

Gemäß § 9 Abs. 1 Z. 5 EiervermarktungsV ist zu bestrafen, wer entgegen § 6 EiervermarktungsV einen Erzeugercode verwendet, der ihm nicht zugewiesen wurde. Mit den vom Beschwerdeführer verwirklichten Tathandlungen hat er diese Vorschrift übertreten. In der Bestrafung auf Grundlage der zitierten Bestimmung in Verbindung mit dem § 21 Abs. 2 VNG vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit zu erblicken, ist der Tatvorwurf doch hinreichend konkretisiert und ist eine Bezugnahme auf eine konkrete Bestimmung der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 nicht erforderlich, um eine Übertretung zu begründen. Vielmehr ergibt sich die Rechtswidrigkeit der Tathandlungen bereits aus den in den Straferkenntnissen zitierten Rechtsvorschriften.

Für den Berufungsbescheid gilt auch § 44a VStG. Die belangte Behörde muss aber nicht alle Erfordernisse des § 44a leg. cit. selbst erfüllen, wenn und soweit sie auf den Bescheid der Erstbehörde verweist. Wird - wie in den Beschwerdefällen - ein Straferkenntnis abgeändert, so genügt es, jene Daten in den Spruch des Berufungsbescheides aufzunehmen, die verändert oder ergänzt werden (siehe dazu Kneihs in Raschauer/Wessely, VStG, 2010, § 44a, Rz 10, mwN).

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 22. März 2012

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