VwGH 88/08/0054

VwGH88/08/005427.9.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Liska und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungsrat Dr. Fischer über die Beschwerde des GG in S, vertreten durch Dr. Heinz Walther, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Alter Platz 23/I, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Kärnten vom 4. November 1986, Zl. 14-SV-3354/4/86, und vom 7. November 1986, Zl. 14-SV-3353/4/86, betreffend Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §9 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §9 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe "als verantwortlicher Gewerbeinhaber bzw. Arbeitgeber" der Betriebe "Bekleidungshaus G-KG, S, B-straße Nr. 3," und "G-KG, Trachtenhaus, S, X-Platz 6," namentlich angeführte Arbeitnehmer "am Feiertag den 8.12.1984 im Betrieb beschäftigt". Der Beschwerdeführer habe dadurch § 7 Abs. 1 des Arbeitsruhegesetzes verletzt und wurde hiefür gemäß § 27 Abs. 1 leg. cit. bestraft.

Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Erkenntnis vom 27. November 1987 sprach der Verfassungsgerichtshof aus, daß der Beschwerdeführer durch die angefochtenen Bescheide weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden sei. Die Beschwerden wurden abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch die angeführten Bescheide in einem sonstigen Recht verletzt worden sei.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft der Beschwerdeführer die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete Gegenschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 7 des Arbeitsruhegesetzes enthält Bestimmungen über die Feiertagsruhe. Gemäß § 27 Abs. 1 leg. cit. sind Arbeitgeber oder deren gesetzliche Vertreter, die unter anderem dem § 7 zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde, soweit es sich um Betriebe handelt, die der bergbehördlichen Aufsicht unterstehen, von der Berghauptmannschaft mit einer Geldstrafe von S 500,-- bis S 30.000,-- zu bestrafen.

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind gemäß Abs. 2 des § 9 VStG 1950 berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zum verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

§ 44a lit. a VStG 1950 bestimmt, daß der Spruch des Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat. In der Tatumschreibung muß zum Ausdruck kommen, ob ein bestimmter Beschuldigter die Tat in eigener Verantwortung oder als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit strafrechtlich Verantwortliche begangen hat (Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1987, Zl. 86/18/0073).

§ 44a lit. a VStG 1950 verlangt eine Bezeichnung jener Merkmale, aufgrund derer eine Person die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne des § 9 VStG 1950 trifft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1987 , Zl. 86/18/0210).

Wird ein Täter als verantwortliches Organ einer juristischen Person oder einer Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG 1950 bestraft, so erfordert es § 44a lit. a leg. cit., daß im Spruch des Straferkenntnisses die Art der Organfunktion, derzufolge der Täter "zur Vertretung nach außen berufen ist", eindeutig angeführt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1987, Zl. 87/04/0041). Bei einer Kommanditgesellschaft ist der Komplementär für den Bereich des Arbeitnehmerschutzes nach außen zur Vertretung berufen.

Im Beschwerdefall wird dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, die Taten als "verantwortlicher Gewerbeinhaber bzw. Arbeitgeber" der Betriebe einer Kommanditgesellschaft begangen zu haben. Der Beschwerdeführer wird somit als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher für die Kommanditgesellschaft herangezogen. Die angeführte, in den erstinstanzlichen Straferkenntnissen enthaltene Umschreibung der Tätereigenschaft läßt jedoch die Merkmale nicht erkennen, aus denen sich die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 9 VStG 1950 ergibt. Sie entspricht daher nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a lit. a VStG 1950. Durch die Bestätigung dieser Straferkenntnisse belastete die belangte Behörde ihre Bescheide mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Ein Eingehen auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde erübrigte sich.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985. Stempelgebührenersatz konnte nur für die Beschwerdeergänzung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im erforderlichen Ausmaß zugesprochen werden.

Wien, am 27. September 1988

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