Normen
AVG §13 Abs1;
AVG §13 Abs2;
AVG §63 Abs5;
VStG §24;
VStG §51 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §13 Abs1;
AVG §13 Abs2;
AVG §63 Abs5;
VStG §24;
VStG §51 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund und das Land Salzburg haben dem Beschwerdeführer zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg (UVS) vom 15. November 2010 wurden die Berufungen des Beschwerdeführers gegen zwei Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (BH) vom 14. September 2010, betreffend Übertretung des Forstgesetzes 1975 und betreffend Übertretung des Salzburger Naturschutzgesetzes 1999, als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die beiden Straferkenntnisse seien dem Beschwerdeführer jeweils am 16. September 2010 persönlich zugestellt worden; die zweiwöchige Berufungsfrist habe daher mit Ablauf des 30. September 2010 geendet. Laut Sendebestätigung habe der Beschwerdeführer Berufungen gegen die Straferkenntnisse am 30. September 2010 um
23.13 Uhr an die E-Mail-Adresse der BH gesendet. Er sei daraufhin mit "Info" vom 30. September 2010, 23.19 Uhr, aufgefordert worden, im E-Mail den Betreff zu ergänzen, dies mit dem Hinweis, dass an das Land Salzburg gerichtete E-Mails ohne Betreff nicht entgegengenommen würden. Der Beschwerdeführer habe angegeben, von dieser Mitteilung erst am 8. Oktober 2010 Kenntnis erlangt zu haben. Er habe zuvor nicht kontrolliert, ob das E-Mail ordnungsgemäß versendet bzw. bei der Behörde eingelangt sei.
Nun sei eine mittels E-Mail eingebrachte Berufung erst mit der Entgegennahme durch die Behörde als eingebracht anzusehen. Davon könne im vorliegenden Fall aber nicht ausgegangen werden, weil das E-Mail des Beschwerdeführers mangels Betreffs nicht angenommen worden sei. Da der Beschwerdeführer die bei der Übermittlung von Daten üblichen "Vorgehens- und Sicherheitsmaßnahmen" nicht eingehalten, eine Fehlermeldung nicht abgewartet und daher keine Richtigstellung vorgenommen habe, falle es ihm zur Last, dass die Berufungen der Behörde nicht zugekommen seien.
Mit dem E-Mail vom 30. September 2010 habe der Beschwerdeführer somit keine rechtserhebliche Verfahrenshandlung gesetzt, die erst am 8. Oktober 2010 eingebrachten Berufungen seien jedoch verspätet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, sah im Übrigen aber von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 135/2009, (VStG) lauten auszugsweise wie folgt:
"§ 24. Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, gilt das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren. Die §§ 2, 3, 4, 11, 12, 13 Abs. 8, 14 Abs. 3 zweiter Satz, 37 zweiter Satz, 39 Abs. 3, 41, 42, 44a bis 44g, 51, 51d, 57, 63 Abs. 1, 64 Abs. 2, 66 Abs. 2, 67a bis 67d, 67h, 68 Abs. 2 und 3, 75, 76a zweiter Satz, 78, 78a, 79, 79a, 80, 81 und 82 AVG sind im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden.
…
Berufung
§ 51 (1) Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat."
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 135/2009, (AVG) lauten auszugsweise wie folgt:
"Anbringen
§ 13 (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.
(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.
…
Berufung
§ 63
...
(5) Die Berufung ist von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Wird eine Berufung innerhalb dieser Frist bei der Berufungsbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; die Berufungsbehörde hat die bei ihr eingebrachte Berufung unverzüglich an die Behörde erster Instanz weiterzuleiten.
…"
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, der Beschwerdeführer habe zwar innerhalb der Berufungsfrist Berufungen gegen die Straferkenntnisse der BH mittels E-Mail an die Behörde gesendet. Da das E-Mail jedoch keinen Betreff aufgewiesen habe, seien die Berufungen nicht entgegengenommen worden. Die erst nach Ablauf der Berufungsfrist (neuerlich) eingebrachten Berufungen seien jedoch verspätet.
Der Beschwerdeführer hält dagegen, dass von der BH die Angabe eines Betreff nicht als Erfordernis der elektrischen Kommunikation im Sinne des § 13 Abs. 2 AVG bekannt gemacht worden sei. Im Übrigen sei das die Berufung enthaltende E-Mail innerhalb der Berufungsfrist durch den von der BH dafür vorgesehenen Server empfangen worden und der BH daher tatsächlich zugekommen. Die Berufungen hätten als rechtzeitig angebracht angesehen werden müssen.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht:
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. zum Beispiel die hg. Erkenntnisse vom 29. Jänner 2010, Zl. 2008/10/0251, sowie vom 22. April 2009, VwSlg 17673 A/2009, mit weiteren Nachweisen) ist eine Berufung im Sinne des § 63 Abs. 5 AVG dann eingebracht, wenn sie bei der Behörde tatsächlich eingelangt ist, was bei einer E-Mail-Sendung dann der Fall ist, wenn sie von einem Server, den die Behörde für die Empfangnahme von an sie gerichteten E-Mail-Sendungen gewählt hat, empfangen wurde und sich damit im "elektronischen Verfügungsbereich" der Behörde befindet.
Im Beschwerdefall steht unbestritten fest, dass unter der vom Beschwerdeführer in Anspruch genommenen E-Mail-Adresse der BH Berufungen gegen Straferkenntnisse der BH ohne weiteres rechtswirksam eingebracht werden konnten; im Sinne des § 13 Abs. 2 AVG bekannt gemachte Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen Behörde und Beteiligten bestanden nicht. Insbesondere bestand kein in diesem Sinne bekannt gemachtes Erfordernis, E-Mails mit einem Betreff zu versehen.
Im Beschwerdefall besteht weiters kein Anhaltspunkt dafür, dass das E-Mail des Beschwerdeführers vom 30. September 2010 von dem zur Empfangnahme bestimmten Server der BH nicht empfangen wurde. Es erfolgte im Gegenteil um 23.19 Uhr desselben Tages eine Antwort auf dieses E-Mail mit dem Ersuchen, den Betreff zu ergänzen. Das E-Mail des Beschwerdeführers befand sich spätestens zu diesem Zeitpunkt somit bereits im "elektronischen Verfügungsbereich" der BH im Sinne der obigen Darlegungen. Daran konnte der folgende Hinweis in der Antwort, E-Mails ohne Betreff würden nicht entgegengenommen, nichts mehr ändern.
Das die Berufungen gegen die erstinstanzlichen Straferkenntnisse enthaltende E-Mail des Beschwerdeführers vom 30. September 2010 wurde somit vor Ablauf der Berufungsfrist, rechtzeitig, bei der BH eingebracht.
Die belangte Behörde hat, in dem sie dies verkennend die Berufungen als verspätet eingebracht zurückgewiesen hat, den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. I Nr. 455/2008.
Wien, am 18. April 2012
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