VwGH 2008/07/0083

VwGH2008/07/008320.5.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, und Dr. Sulzbacher und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über die Beschwerde des M W in F., vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 40, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 27. März 2008, Zl. uvs-2008/K5/0037-4, betreffend Übertretungen des AWG 2002 (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Normen

AWG 1990 §39 Abs1 litb;
AWG 2002 §79 Abs3 Z1;
AWG 2002 §81 Abs1;
AWG 2002 §81;
VerpackV 1992 §3 Abs6 litb;
VerpackV 1992 §5 Abs7 litb;
VerpackV 1996 §3 Abs6 Z1;
VerpackV 1996 §3 Abs6 Z2;
VerpackV 1996 §3 Abs6 Z3;
VerpackV 1996 §3 Abs6;
VerpackV 1996 §3 Abs9;
VerpackV 1996 §3;
VerpackV 1996;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs3;
VStG §5 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AWG 1990 §39 Abs1 litb;
AWG 2002 §79 Abs3 Z1;
AWG 2002 §81 Abs1;
AWG 2002 §81;
VerpackV 1992 §3 Abs6 litb;
VerpackV 1992 §5 Abs7 litb;
VerpackV 1996 §3 Abs6 Z1;
VerpackV 1996 §3 Abs6 Z2;
VerpackV 1996 §3 Abs6 Z3;
VerpackV 1996 §3 Abs6;
VerpackV 1996 §3 Abs9;
VerpackV 1996 §3;
VerpackV 1996;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs3;
VStG §5 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (in weiterer Folge: BM) beauftragte die AFC (Aforma Consult Unternehmensberatung GmbH) gemeinsam mit der TPA Horwath Wirtschaftsprüfung GmbH mit der Durchführung einer Überprüfung nach § 75 Abs. 2 AWG 2002 betreffend die Einhaltung der Verpflichtungen aus der Verpackungsverordnung, BGBl. II Nr. 648/1996 (VerpackVO 1996) bei der F B GmbH (in weiterer Folge: F.B. GmbH) für das Kalenderjahr 2004.

Auf Grund der Ergebnisse dieses dem Landeshauptmann von Tirol mit Schriftsatz des BM vom 9. März 2006 vorgelegten Prüfberichtes führte die Bezirkshauptmannschaft S. (BH) ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer als im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG verantwortlichen Beauftragten der F.B. GmbH für den Bereich des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) und der VerpackVO 1996 durch. Nachdem zuvor der Geschäftsführer der F.B. GmbH mit Schriftsatz vom 27. März 2006 zur Rechtfertigung aufgefordert worden war, wurde der Beschwerdeführer am 24. April 2006 von der BH einvernommen und ihm mit Schreiben vom 17. Mai 2006 die näher dargestellten Vorwürfe schriftlich zur Kenntnis gebracht. Mit Schriftsatz vom 29. Mai 2006 nahm der Beschwerdeführer dazu ausführlich Stellung.

Mit Straferkenntnis der BH vom 23. Juni 2006 wurde dem Beschwerdeführer unter den Spruchpunkten IIa., IIc. und III. (die Spruchpunkte I. und IIb. spielen im hier vorliegenden Verfahren keine Rolle mehr) Folgendes zur Last gelegt:

"II.

Die F.B. GmbH. mit Sitz in ... hat im Kalenderjahr 2004 als Abpacker zumindest folgende Verpackungen im Inland in Verkehr gesetzt, ohne dafür an einem genehmigten Sammel- und Verwertungssystem teilgenommen zu haben (= nicht lizensierte Inverkehrsetzung).

"IIa. Die F.B. GmbH mit Sitz in ... hat im Kalenderjahr 2004 als Abpacker jedenfalls folgende Verpackungen im Inland in Verkehr gesetzt, ohne dafür an einem genehmigten Sammel- und Verwertungssystem teilgenommen zu haben (= nicht lizenziertes Inverkehrbringen):

'IIc. Die F.B. GmbH mit Sitz in .... hat im Kalenderjahr 2004 als Abpacker jedenfalls folgende Verpackungen im Inland in Verkehr gesetzt, ohne dafür an einem genehmigten Sammel- und Verwertungssystem teilgenommen zu haben (= nicht lizenziertes Inverkehrbringen):

'III. Die F.B. GmbH mit Sitz in .... hat im Kalenderjahr 2004 als Abpacker jedenfalls folgende Verpackungen im Inland in Verkehr gesetzt, ohne dafür an einem genehmigten Sammel- und Verwertungssystem teilgenommen zu haben (= nicht lizenziertes Inverkehrbringen):

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Nach § 1 Abs. 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre. § 1 Abs. 2 VStG hat nur die die Strafe betreffenden Rechtsvorschriften im Auge. Diese sind im vorliegenden Fall die Bestimmungen der §§ 79 und 81 AWG 2002.

Der dem Tatvorwurf zu Grunde liegende Tatzeitraum erstreckt sich vom 1. Jänner 2004 bis 29. August 2005; der Bescheid erster Instanz wurde im Juni 2007 erlassen. Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des AWG 2002, nämlich § 79 Abs. 2 Z 1, Abs. 3 Z 1 und § 81 blieben von der im Zeitraum zwischen dem Tatzeitraum und der Erlassung des Erstbescheides ergangenen Novelle BGBl I Nr. 34/2006 unberührt. Diese Bestimmungen lauten (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 155/2004):

"§ 79. (1) ...

(2) Wer

1. den Vorschriften einer Verordnung gemäß § 4, § 5 Abs. 2, § 14 Abs. 1 oder 2b oder § 23 Abs. 1 oder 2, ausgenommen Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs-, Vorlage-, Nachweis- und Meldepflichten, zuwiderhandelt

...

begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 360 bis 7.270 EUR zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1.800 EUR bedroht.

(3) Wer

1. entgegen § 5 Abs. 4 oder 5, § 7 Abs. 1 oder 7, § 13, § 15 Abs. 6, § 16 Abs. 2 Z 5, § 17 Abs. 1, 3, 4 oder 5, § 18 Abs. 3, 4 oder 5, § 20, § 21, § 29 Abs. 8, § 25 Abs. 2 Z 2, § 31 Abs. 2 Z 2,

§ 32 Abs. 4, § 35 Abs. 3, § 60, § 61 Abs. 2 oder 3, § 64 oder § 77 Abs. 5 oder 6, § 78 Abs. 7 oder entgegen einer Verordnung nach § 4, § 5, § 14 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z 9, § 14 Abs. 2b,

§ 23 Abs. 2 oder 3, § 36 Z 4 oder § 65 Abs. 1 Z 4 den Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs-, Vorlage- oder Melde-, Auskunfts- oder Einsichtspflichten oder Registrierungspflichten nicht nachkommt,

...

begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.910 EUR zu bestrafen ist."

§ 81. (1) Die Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 1 VStG beträgt ein Jahr. Bei Verpflichtungen, über die Meldungen zu erstatten sind, beginnt die Frist mit Einlangen der jeweiligen Meldung bei der zuständigen Behörde.

Die VerpackVO 1996 hatte im Tatzeitraum folgenden Inhalt:

"§ 3. (1) Hersteller, Importeure, Abpacker und Vertreiber von Transport- oder Verkaufsverpackungen sind unbeschadet der zusätzlichen Verpflichtung des Letztvertreibers gemäß § 4 verpflichtet, Transportverpackungen sowie Verkaufsverpackungen nach Gebrauch unentgeltlich zurückzunehmen, soweit sie nicht nachweislich direkt an Großanfallstellen (§ 2 Abs. 7) geliefert werden. Die im Kalenderjahr zurückgenommenen oder im Betrieb des Unternehmens anfallenden Transport- und Verkaufsverpackungen sind spätestens bis zum Ende des darauffolgenden Kalenderjahres einem allenfalls vorgelagerten Rücknahmeverpflichteten zurückzugeben oder im Sinne des § 2 Abs. 8 wiederzuverwenden oder nach Maßgabe des § 10 in Anlagen nach dem Stand der Technik zu verwerten (§ 2 Abs. 9 und 10). Bei Transport- und Verkaufsverpackungen aus unbehandeltem Holz ist auch eine Nutzung in genehmigten Feuerungsanlagen zulässig. Hersteller, Importeure, Abpacker und Vertreiber von Transport- oder Verkaufsverpackungen haben diese, soweit sie nachweislich an Großanfallstellen geliefert werden und dafür keine Teilnahme an einem Sammel- und Verwertungssystem erfolgt, dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie gegliedert nach Packstoffen und Menge spätestens drei Monate nach Ablauf jedes Kalenderjahres für das vorangegangene Kalenderjahr entsprechend der Anlage 3 zu melden. ...

(4) 1. Hersteller und Importeure von Serviceverpackungen,

2. Abpacker hinsichtlich der von ihnen erstmals eingesetzten Verpackungen, die keine Serviceverpackungen sind, und

3. Importeure hinsichtlich der Verpackungen der von ihnen importierten Waren oder Güter

haben spätestens drei Monate nach Ablauf jedes Kalenderjahres für das vorangegangene Kalenderjahr die in Verkehr gebrachte Menge an Transport- und Verkaufsverpackungen (gegliedert nach Packstoffen) dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie entsprechend der Anlage 3 zu melden.

(5) ....

(6) Hinsichtlich jener Verpackungen, für welche die im Abs. 4 genannten Verpflichteten nicht nachweislich entweder an einem dafür zugelassenen oder gemäß § 45 Abs. 11 AWG bestehenden Sammel- und Verwertungssystem teilnehmen oder nicht eine Ausnahme von der Rücknahmepflicht hinsichtlich bestimmter Verpackungen gemäß § 7 vorliegt, haben die im Abs. 4 genannten Verpflichteten und alle nachfolgenden Vertriebsstufen nachweislich

1. Maßnahmen für die Rücknahme der von ihnen in Verkehr gebrachten Verpackungen zu treffen,

2. sämtliche im Kalenderjahr von ihnen in Verkehr gebrachte Verpackungen, die nicht gemäß § 2 Abs. 8 nachweislich wiederverwendet werden, zurückzunehmen und nach Maßgabe des § 10 zu verwerten; dieser Rücknahme ist auch entsprochen, wenn ein nachfolgender Verpflichteter diese Verpackungen nach Maßgabe des § 10 verwertet und dies dem im Abs. 4 genannten Verpflichteten dokumentiert wird; der Nachweis über die Rücknahme ist gegliedert nach Packstoffen (§ 2 Abs. 6) jährlich, beginnend für das erste Kalenderjahr 1997, spätestens drei Monate nach Ablauf jedes Kalenderjahres zu führen und hat die in der Anlage 3 festgelegten Angaben zu enthalten; der Nachweis ist dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie spätestens drei Monate nach Ablauf jedes Kalenderjahres für das vorangegangene Kalenderjahr zu übermitteln sowie jederzeit auf Verlangen vorzulegen oder zu übermitteln,

3. durch geeignete Maßnahmen, wie insbesondere einem Vermerk auf der Verpackung, sicherzustellen, dass die Letztverbraucher der Verpackungen über die Rückgabe sowie die entsprechenden Rückgabemöglichkeiten informiert werden.

(7) ....

(9) Soweit die in Abs. 4 genannten Verpflichteten die Nachweise gemäß Abs. 6 nicht erbracht haben, haben sie,

1. sofern sie einen Rücklauf von zumindest 50% - bezogen auf die von ihnen in Verkehr gebrachte Verpackungsmenge - je Packstoff erreichen, hinsichtlich der Differenzmenge zwischen dem tatsächlich erreichten Rücklauf und 90% der in Verkehr gebrachten Verpackungsmenge oder

2. sofern sie einen Rücklauf von weniger als 50% - bezogen auf die von ihnen in Verkehr gebrachte Verpackungsmenge - je Packstoff erreichen, hinsichtlich der Differenzmenge zwischen dem tatsächlich erreichten Rücklauf und 100% der in Verkehr gebrachten Verpackungsmenge

binnen drei Monate nach Ablauf jedes Kalenderjahres rückwirkend an einem dafür zugelassenen oder gemäß § 45 Abs. 11 AWG bestehenden Sammel- und Verwertungssystem (§ 11) teilzunehmen, das im sachlichen und räumlichen Zusammenhang zu den Anfallstellen Sammel- und Verwertungsleistungen anbietet. Diese Teilnahme ist dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie einmal jährlich, spätestens drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, zu melden."

Auf die - im Übrigen für die vorliegenden Tatvorwürfe auch nicht relevanten - Änderungen des § 3 Abs. 6 und Abs. 9 VerpackVO 1996 durch die Novelle BGBl I Nr. 364/2006 kommt es im vorliegenden Fall nicht an.

2. Zum Vorwurf der unberechtigten Spruchberichtigung durch die belangte Behörde:

Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde habe unberechtigterweise nunmehr § 79 Abs. 2 Z 1 AWG 2002 als Sanktionsnorm herangezogen, wohingegen die Erstbehörde noch von § 79 Abs. 3 Z 1 AWG 2002 ausgegangen sei; eine solche Auswechslung widerspräche § 44a Z 3 VStG (vgl. I B der Beschwerde).

Dazu ist zu bemerken, dass sowohl die Behörde erster Instanz als auch die belangte Behörde in Bezug auf die unter den Punkten IIa., IIc. und III. genannten Vorwürfe die Bestimmung des § 79 Abs. 2 Z 1 AWG 2002 als Sanktionsnorm anführten. Die im Bescheid erster Instanz erfolgte Bezugnahme auf § 79 Abs. 3 Z 1 AWG 2002 erfolgte bei anderen, nicht den Gegenstand dieses Berufungsbescheides bildenden Spruchpunkten des Bescheides der Behörde erster Instanz.

Die bezüglich der Zitierung der Sanktionsnorm erfolgte "Korrektur" des Spruches der Behörde erster Instanz brachte keine inhaltlichen, lediglich stilistische Klarstellungen; so soll es zB. statt noch im Erstbescheid "§ 79 Abs. 2 Z. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. Nr. 102/2002 i.d.F. BGBl. Nr. 181/2004 (kurz AWG 2002)" nun "§ 79 Abs. 2 Z. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002, i. d.F. BGBl. I Nr. 181/2004 (kurz AWG 2002)" heißen. Eine inhaltliche Änderung wurde hingegen nicht vorgenommen.

3. § 79 Abs. 2 Z 1 AWG 2002 stellt allgemein das Zuwiderhandeln gegen die Vorschriften einer Verordnung nach § 14 Abs. 1 AWG 2002 (um eine solche handelt es sich bei der VerpackVO 1996) unter Strafe. Ausdrücklich ausgenommen von dieser Pönalisierung sind Verstöße gegen Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs-, Vorlage-, Nachweis- und Meldepflichten.

§ 79 Abs. 3 Z 1 AWG 2002 sanktioniert die Nichtbefolgung von u. a. in Verordnungen wie der VerpackVO 1996 festgelegten Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs-, Vorlage- oder Melde-, Auskunfts- oder Einsichtspflichten oder Registrierungspflichten.

Die Nichteinhaltung von Nachweispflichten ist demnach weder nach § 79 Abs. 2 Z 1 noch nach § 79 Abs. 3 Z 1 AWG 2002 strafbar.

Demzufolge wurde der Beschwerdeführer in Bezug auf die Übertretung des § 3 Abs. 6 Z 1 und Z 3 AWG 2002 nicht wegen der Nichtführung eines Nachweises über die dort nachweislich zu setzenden Maßnahmen, sondern deshalb bestraft, weil er die Maßnahmen des § 3 Abs. 6 Z 1 und Z 3 VerpackVO 1996 nicht gesetzt hat.

Ergänzend wird bemerkt, dass § 3 Abs. 6 Z 2 VerpackVO 1996 trotz des verwendeten Wortes "Nachweis" insofern eine Meldepflicht beinhaltet, als die dort näher beschriebenen Aufzeichnungen dem BM zu übermitteln, somit diesbezüglich eine Meldung zu erstatten ist; eine Übertretung dieser Norm wäre daher nach § 79 Abs. 3 Z 1 AWG 2002 zu bestrafen (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, 2008/07/0162).

4. Der Beschwerdeführer macht - bezogen auf alle drei hier relevanten Tatvorwürfe - das Vorliegen von Verfolgungsverjährung geltend.

4.1. Die §§ 31 und 32 VStG haben folgenden Wortlaut:

"§ 31. (1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 und 3) vorgenommen worden ist.

(2) Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

§ 32. (1) Beschuldigter ist die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluß der Strafsache. Der Beschuldigte ist Partei im Sinne des AVG.

(2) Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

(3) Eine Verfolgungshandlung, die gegen einen zur Vertretung nach außen Berufenen (§ 9 Abs. 1) gerichtet ist, gilt auch als Verfolgungshandlung gegen die anderen zur Vertretung nach außen Berufenen und die verantwortlichen Beauftragten. Eine Verfolgungshandlung, die gegen den Unternehmer (§ 9 Abs. 3) gerichtet ist, gilt auch als Verfolgungshandlung gegen die verantwortlichen Beauftragten."

4.2. Zu den Spruchpunkten IIa. und IIb.:

Dem Beschwerdeführer wird in diesen Spruchpunkten vorgeworfen, es unterlassen zu haben, die in § 3 Abs. 6 Z 1 und Z 3 VerpackVO 1996 vorgesehenen Maßnahmen (einerseits zur Rücknahme der in Verkehr gebrachten Verpackungen, andererseits zur Sicherstellung, dass die Letztverbraucher der Verpackungen über die Rückgabe sowie die entsprechenden Rückgabemöglichkeiten informiert werden) getroffen zu haben.

Bei dieser Übertretung handelt es sich um Unterlassungsdelikte, der Beschwerdeführer hat jeweils ein ihm von der Rechtsordnung aufgetragenes Verhalten unterlassen. Demnach beginnt die Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 2 VStG erst ab dem Zeitpunkt zu laufen, ab dem die Unterlassung beendet ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2007, 2004/07/0041). Die Verjährung beginnt daher solange nicht, als die Verpflichtung zum Handeln besteht und die Handlung noch nachgeholt werden kann.

Die Pflicht zur Vornahme der in § 3 Abs. 6 Z 1 und Z 3 VerpackVO 1996 vorgeschriebenen Maßnahmen bestand für das Jahr 2004 im Zeitraum vom 1. Jänner 2004 bis zum 31. Dezember 2004. Solange konnten die unterlassenen Maßnahmen noch nachgeholt werden.

Hinweise in der VerpackVO 1996, wonach diese Verpflichtungen auch nach dem jeweiligen Jahresende noch erfüllt werden könnten und sollten, finden sich nicht. Es geht vielmehr aus dem Gesamtsystem des § 3 VerpackVO 1996, auch des § 3 Abs. 6 leg. cit., hervor, dass sich die dortigen Verpflichtungen immer auf ein abgeschlossenes Kalenderjahr beziehen, und die darauf bezogenen Meldungen dann in den ersten drei Monaten des Folgejahres zu erstatten sind. Auch aus § 81 Abs. 1 letzter Satz AWG 2002 ergibt sich, dass nur die Meldepflichten noch verspätet erfüllt werden können, die anderen Verpflichtungen hingegen mit Ablauf des Zeitraums, in dem sie zu erfüllen wären, enden.

In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde darauf verwiesen, dass sich aus § 3 Abs. 9 VerpackVO 1996 ergebe, dass hinsichtlich jener Verpackungen, für die nicht bis spätestens 31. März des Folgejahres die Rücknahme nachgewiesen wird, die Verpflichtung zur Nachlizenzierung besteht. Die in § 3 Abs. 6 Z 1 VerpackVO 1996 normierte Verpflichtung zur Schaffung von Maßnahmen für die Rücknahme der im Jahr 2004 angefallenen Verpackungen ende daher mit 31. März des Folgejahres. Dies gelte auch für die Maßnahmen zur Sicherstellung der Information nach § 3 Abs. 6 Z 3 VerpackVO 1996. Demgegenüber vertritt der Beschwerdeführer den Standpunkt, das pönalisierte Verhalten ende mit dem 31. Dezember 2004 und § 81 Abs. 1 zweiter Satz AWG 2002 sei nicht anwendbar.

Mit § 81 Abs. 1 AWG 2002 wird allgemein die Verjährungsfrist des § 31 Abs. 1 VStG auf ein Jahr verlängert. Der zweite Satz dieser Bestimmung trifft Sonderregeln für "Verpflichtungen, über die Meldungen zu erstatten sind." Diesfalls beginnt die Frist mit Einlangen der jeweiligen Meldung bei der zuständigen Behörde. Die Spruchpunkte IIa. und IIc. betreffen keine Pflichten im Sinne des § 81 Abs. 1 zweiter Satz AWG 2002. Diese Bestimmung ist daher nicht anwendbar. Davon ist die belangte Behörde aber auch nicht ausgegangen.

Der statt dessen angestellten Überlegung der belangten Behörde, wonach das gegenständliche Unterlassungsdelikt wegen der Nachlizenzierungsmöglichkeit erst am 31. März des Folgejahres ende und die Frist des § 31 Abs. 1 VStG bzw. 81 AWG 2002 erst dann zu laufen beginne, kann jedoch nicht gefolgt werden.

§ 3 Abs. 9 VerpackVO 1996 eröffnet keine Verlängerung der Möglichkeit der Setzung von Maßnahmen nach den Z 1 und Z 3 des § 3 Abs. 6 VerpackVO 1996, sondern stellt eine weitere Verpflichtung dar, die für den Fall der Nichterbringung der Nachweise des Abs. 6 schlagend wird. Diesfalls haben die Verpflichteten binnen drei Monaten nach Ablauf jedes Kalenderjahres rückwirkend an einem Sammel- und Verwertungssystem teilzunehmen, wobei diese Teilnahme wiederum meldepflichtig ist. Diese Verpflichtung zur Nachlizenzierung stellt aber weder eine vom Verpflichteten getroffene Maßnahme nach § 3 Abs. 6 Z 1 VerpackVO 1996 noch eine Maßnahme zur Sicherstellung einer Information für die Verbraucher nach § 3 Abs. 6 Z 3 VerpackVO 1996 dar.

Für die Straftatbestände der Spruchpunkte IIa. und IIc. bedeutet dies, dass die unterlassenen Maßnahmen für das Kalenderjahr 2004 nur bis 31. Dezember 2004 nachgeholt hätten werden können. Die einjährige Verjährungsfrist des § 81 AWG 2002 dauerte daher bis 31. Dezember 2005.

Nun wurde die erste, dem Beschwerdeführer nach § 32 Abs. 3 VStG zurechenbare Verfolgungshandlung zwar bereits am 28. März 2006 und nicht - wie der Beschwerdeführer meint - erst im Mai 2006 gesetzt. An diesem Tag wurde die Aufforderung zur Rechtfertigung in Bezug auf die genannten Vorwürfe an den handelsrechtlichen Geschäftsführer der F.B. GmbH, Herrn J.B., zugestellt. Nach § 32 Abs. 3 VStG gilt eine Verfolgungshandlung, die gegen einen zur Vertretung nach außen Berufenen gerichtet ist, aber auch als Verfolgungshandlung gegen die verantwortlichen Beauftragten. Allerdings erweist sie sich im Hinblick auf das Ende der Verjährungsfrist am 31. Dezember 2005 als verspätet.

Daraus folgt, dass in Bezug auf die in den Spruchpunkten IIa. und IIc. genannten Tatvorwürfe Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Die Bestrafung des Beschwerdeführers erweist sich daher in diesem Umfang als rechtswidrig.

4.3. Zu Spruchpunkt III.:

Mit diesem Spruchpunkt wurde der F.B. GmbH die Nichteinhaltung der Verpflichtung des § 3 Abs. 9 VerpackVO 1996 (Nachlizenzierung) vorgeworfen und zwar für den Zeitraum 1. April 2005 bis 29. August 2005. Wörtlich heißt es im im angefochtenen Bescheid modifizierten Tatvorwurf:

"Sie haben es als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG der F.B. GmbH mit Sitz in ... zu verantworten, dass es diese Gesellschaft als Verpflichtete iSd § 3 Abs. 4 Ziff. 2 Verpackungsverordnung 1996, BGBl. Nr. 648/1996, i.d.F. BGBl. II Nr. 440/2001, sohin als primär verpflichteter Abpacker, vom 01.04.2005 bis jedenfalls 29.08.2005 unterlassen hat, hinsichtlich dieser Verpackungen rückwirkend an einem dafür zugelassenen Sammel- und Verwertungssystem, welches im sachlichen und räumlichen Zusammenhang zu den Anfallstellen Sammel- und Verwertungsleistungen anbietet, teilzunehmen, obwohl eine solche Teilnahme bis längstens 31.03.2005 hätte erfolgen müssen.'

Aus § 3 Abs. 9 VerpackVO 1996 ergibt sich, dass die Möglichkeit zur rückwirkenden Teilnahme an einem dafür zugelassenen Sammel- und Verwertungssystem mit 31. März des jeweiligen Folgejahres begrenzt ist. Eine solche Verpflichtung besteht nach dem 31. März des jeweiligen Folgejahres nicht mehr. Im hier genannten Tatzeitraum "1. April 2005 bis 29. August 2005" hätte der Beschwerdeführer dieser Verpflichtung daher weder entsprechen können noch müssen. Bezogen auf den genannten Tatzeitraum "1. April 2005 bis 29. August 2005" lag daher keine Übertretung des § 3 Abs. 9 VerpackVO 1996 vor.

Aus diesem Grund erweist sich die in Spruchpunkt III. verfügte Bestrafung des Beschwerdeführers ebenfalls als rechtswidrig.

5. Der angefochtene Bescheid war daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 1 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 20. Mai 2010

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