VwGH 93/06/0201

VwGH93/06/020120.1.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des J H und der A H in S, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 17. August 1993, Zahl 7/03-309099/3-1993, betreffend die Versagung einer Bewilligung nach § 19 Abs. 3 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde E, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art119a Abs5;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art119a Abs5;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer streben eine Einzelbewilligung gemäß § 19 Abs. 3 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 für ein bereits errichtetes Bauwerk an (die Sache war bereits zur Zahl 88/06/0159 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig; diesbezüglich und zur Darstellung der Vorgeschichte wird auf das dazu ergangene Erkenntnis vom 24. September 1992 hingewiesen).

Mit dem Bescheid vom 22. Feber 1993, der am 24. Feber 1993 zugestellt wurde, hat die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde die angestrebte Einzelbewilligung für die Errichtung jenes Bauwerkes (mit näherer, auf ein eingeholtes Gutachten gestützter Begründung) versagt.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die dagegen von den Bewilligungswerbern erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, daß nunmehr auf den vorliegenden Fall die Bestimmungen des seit 1. März 1993 in Kraft stehenden Salzburger Raumordnungsgesetzes 1992, LGBl. Nr. 98/1992 (kurz: SROG 1992), anzuwenden seien; hier seien insbesonders die Bestimmungen des § 17 Abs. 1 Z 8 und Abs. 3 2. Satz, § 24 Abs. 3 Z 1 und § 45 Abs 10 dieses Gesetzes von Belang. Unter diesen Umständen sei für das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben ein Einzelbewilligungsverfahren nicht mehr zulässig. Damit sei es entbehrlich, auf die Argumentation im Bescheid der Gemeindevertretung wie auch auf die Ausführungen der dagegen erhobenen Vorstellung näher einzugehen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligte Gemeinde hat erklärt, sich der Gegenschrift der belangten Behörde anzuschließen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides galt noch das Salzburger Raumordnungsgesetz 1977. Mit 1. März 1993 ist das Salzburger Raumordnungsgesetz 1992, LGBl. Nr. 98/1992 in Kraft getreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß für das nachprüfende Verfahren vor der Gemeindeaufsichtsbehörde und vor dem Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nur jener Sachverhalt und jene Rechtslage entscheidend sein kann, die im Zeitpunkt der Erlassung des abschließenden Bescheides auf Gemeindeebene gegeben war (Erkenntnisse vom 24. April 1988, Zahl 87/05/0157, und vom 30. Jänner 1990, Zahl 89/05/0181, u.a.m.), weil bei der Handhabung des Aufsichtsrechtes geprüft wird, ob die Gemeindeorgane rechtmäßig gehandelt haben (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 1991, Zahl 90/06/0162). Weder die Übergangsbestimmungen des SROG 1992 (§ 45 Abs. 10), noch der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1993, Zahl 93/06/0062, auf den sich die belangte Behörde bezieht, lassen erkennen, daß hier abweichend von diesen Grundsätzen die zur Zeit der Entscheidung der Aufsichtsbehörde bestehende Rechtslage maßgebend sei. In jenem Beschwerdeverfahren, das zum Beschluß vom 17. Juni 1993 geführt hatte, ging es um die Beschwerde einer Gemeinde, die sich durch die Gründe einer kassatorischen Entscheidung der Aufsichtsbehörde für beschwert erachtet hatte. Die Beschwerde wurde deshalb zurückgewiesen, weil der Verwaltungsgerichtshof zum Ergebnis gekommen war, daß die Beschwer - nämlich die belastende Bindungswirkung der tragenden Gründe der aufhebenden Entscheidung - durch das Inkrafttreten des SROG 1992 noch vor Beschwerdeerhebung weggefallen war, was aber hier nicht der Fall ist (im vorliegenden Fall ist die Beschwer durch die Rechtsänderung nicht weggefallen). Die von der belangten Behörde aus jenem Beschluß vom 17. Juni 1993, Zahl 93/06/0062, abgeleitete Schlußfolgerung, "daß bei abweislicher Behandlung eines Einzelbewilligungansuchens durch das zuständige Gemeindeorgan die Bestimmungen des seit 1.3.1993 in Geltung stehenden ROG 1992 anzuwenden" seien, ist daher in dieser Allgemeinheit unzutreffend. Bei Prüfung der Rechtmäßigkeit des vor dem 1. März 1993 erlassenen Berufungsbescheides kann - mangels Rechtsgrundlage - auch nicht darauf Bedacht genommen werden, daß die Gemeindebehörden im Falle der Aufhebung des Berufungsbescheides im fortgesetzten Verfahren das SROG 1992 anzuwenden hätten.

Da es die belangte Behörde unterlassen hat, den Bescheid der mitbeteiligten Gemeinde auf Grundlage der Bestimmungen des ROG 1977 (in der zuletzt geltenden Fassung) zu prüfen, leidet der angefochtene Bescheid an einer Rechtswidrigkeit seines Inhalts, die zu seiner Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG führen muß.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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