VwGH 87/03/0137

VwGH87/03/01378.3.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Weiss, Dr. Leukauf und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, in der Beschwerdesache 1.) der EE und 2.) des FE, beide in G, beide vertreten durch Dr. Karl Janowsky, Rechtsanwalt in Innsbruck, Fallmerayerstraße 12, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 19. Dezember 1986, Zl. EB 34.006/11-II/31986, betreffend eine eisenbahnrechtliche Betriebsbewilligung (mitbeteiligte Partei: G KG in G, vertreten durch Dr. Walter Anderl, Rechtsanwalt in Mayrhofen), den Beschluss gefasst:

Normen

ABGB §308;
ABGB §364c;
AllgGAG 1930 §10 Abs1;
AllgGAG 1930 §11 Abs2;
AVG §56;
AVG §8;
B-VG Art132;
EisbEG 1954 §1;
EisbEG 1954 §2;
EisbEG 1954 §4 Abs2;
EisenbahnG 1957 §34 Abs4;
EisenbahnG 1957 §35 Abs2;
EisenbahnG 1957 §35 Abs3;
EisenbahnG 1957 §35;
EisenbahnG 1957 §37 Abs2;
EisenbahnG 1957 §37 Abs3;
EisenbahnG 1957 §37;
VwGG §27;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1987030137.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 1.380,-- (zusammen somit S 2.760,--) und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von je S 4.815,-- (zusammen somit S 9.630,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Die Konzession für die I-bahn (Doppelsesselbahn) in G wurde 1967 verliehen und die Bahn seither betrieben. Mit den damaligen Miteigentümern der "N-Alpe" (EZ nn1 KG. G) wurde bereits am 17. November 1966 ein Dienstbarkeitsvertrag abgeschlossen, demzufolge der mitbeteiligten Partei das Recht eingeräumt wurde, auf der genannten Alpe mehrere Liftanlagen und die Bergstation der genannten Doppelsesselbahn (Grundstück Nr. nn2) zu errichten. Ein weiterer Dienstbarkeitsvertrag vom 17. November 1966 betraf ebenfalls für die Trasse erforderliche Vereinbarungen mit anderen betroffenen Grundeigentümern.

Mit Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 17. Juni 1986 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 35, 36 Eisenbahngesetz 1957 (EisbG) die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung für den Umbau der I-bahn (für eine höhere Förderleistung) erteilt, wobei mittels Auflage unter anderem vorgeschrieben wurde, daß bezüglich des Erwerbes des Bergstationsgrundstückes die noch fehlende Zustimmungserklärung der beiden grundbücherlichen Berechtigten hinsichtlich des 1/2- Anteiles des JE einzuholen, der Kaufvertrag nach Vorliegen dieser Zustimmungserklärungen grundbücherlich durchzuführen und ein Grundbuchsbeschluß im Rahmen des Betriebsbewilligungsverfahrens vorzulegen sei.

Die mitbeteiligte Partei hatte am 6. Dezember 1985 mit den Eigentümern des Grundstückes Nr. nn2, dessen Hälfteeigentümer JE ist, einen Kaufvertrag bezüglich des Erwerbes eines Grundstücksteils von 776 m2 (Grundstück Nr. nn3), auf welchem sich seit dem Jahre 1967 die Bergstation der Doppelsesselbahn befindet, abgeschlossen, wobei im Vertrag festgehalten wurde, daß noch hinsichtlich des ob dem Hälfteanteil des JE einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbotes eine Zustimmungserklärung der Berechtigten, es sind dies die Beschwerdeführer (Vater und Ehefrau des JE), eingeholt werde.

Die Beschwerdeführer waren bei der mündlichen Bauverhandlung vom 17. Juni 1986, bei der der Bescheid verkündet wurde, anwesend, wobei sie sich lediglich mit dem Bemerken, es sei ihre Zustimmungserklärung noch nicht beigebracht worden, gegen die Bewilligung aussprachen. Sie ließen jedoch den Bescheid, der an ihren Vertreter zugestellt wurde, in der Folge unangefochten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. Dezember 1986 wurde der mitbeteiligten Partei über ihren Antrag die Betriebsbewilligung für die einem generellen Umbau unterzogene Ibahn gemäß § 37 EisbG erteilt und mittels Auflagen

u. a. angeordnet, daß nach Vorliegen der Zustimmungserklärungen der grundbücherlich Berechtigten der Kaufvertrag mit den Miteigentümern der N-Alpe grundbücherlich durchführen zu lassen und ein diesbezüglicher Grundbuchsbeschluß dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vorzulegen sei. Bei der am 19. Dezember 1986 durchgeführten Verhandlung hatten die Beschwerdeführer neuerlich darauf verwiesen, daß noch immer ihre Zustimmungserklärung nicht erfolgt sei.

Gegen den zuletzt genannten Bescheid vom 19. Dezember 1986 richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.

Die Beschwerdeführer erblicken die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, daß ungeachtet des Fehlens ihrer Zustimmungserklärung zum Verkauf des Hälfteanteiles des Bergstationsgrundstückes, für den für sie ein Veräußerungs- und Belastungsverbot im Grundbuch eingetragen sei, an die mitbeteiligte Partei dieser die Betriebsbewilligung für die umgebaute I-bahn erteilt worden sei. Dies deshalb, weil in der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung für den Umbau die Auflage erteilt worden sei, den Kaufvertrag nach Vorliegen der Zustimmungserklärung grundbücherlich durchführen zu lassen und den Grundbuchbeschluß über die erfolgte Einverleibung des Eigentumsrechtes für die mitbeteiligte Partei im Rahmen des Betriebsbewilligungsverfahrens vorzulegen, diese Auflage aber mangels Erteilung der gegenständlichen Zustimmung durch die Beschwerdeführer nicht erfüllt worden sei. Die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Betriebsbewilligung hätte nur dann erfolgen dürfen, wenn auch sämtliche im Baubescheid erteilten Auflagen erfüllt worden wären.

Die Beschwerde erweist sich nach Auffassung eines gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senates aus folgenden Gründen als unzulässig:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ist sohin, ob der Beschwerdeführer nach Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - überhaupt in einem (ihm nach den maßgebenden Bestimmungen eingeräumten) subjektiven Recht verletzt sein kann. Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, so ermangelt diesem die Beschwerdeberechtigung (vgl. hiezu den hg. Beschluß vom 19. Oktober 1988, Zl. 88/03/0171).

Nach § 32 Abs. 1 EisbG ist für den Bau von neuen und für Veränderungen bestehender Eisenbahnanlagen ein Bauentwurf aufzustellen. Nach § 33 EisbG ordnet die Behörde - sofern der Bauentwurf nicht vom eisenbahnfachlichen Standpunkt zurückzuweisen ist - die Bauverhandlung an, wenn u.a. Rechte Dritter, deren Zustimmung nicht bereits vorliegt, berührt werden.

Im Verfahren über den Bauentwurf sind nach § 34 EisbG Parteien im Sinne des § 8 AVG 1950 u.a. die Eigentümer der betroffenen Liegenschaften und die an diesen dinglich Berechtigten.

Nach § 35 Abs. 2 EisbG ist in der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung über alle gegen das Bauvorhaben erhobenen Einwendungen sowie über alle sonst vom Bauvorhaben berührten Interessen zu entscheiden, soweit es sich nicht um zivilrechtliche Ansprüche handelt; diese sind auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Einwendungen, die eine Verletzung subjektiver Rechte zum Inhalt haben, sind nach § 35 Abs. 3 EisbG als unbegründet abzuweisen, wenn der durch die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer ist als der Nachteil, der der Partei durch die Genehmigung des Bauvorhabens erwächst.

Im Baugenehmigungsbescheid liegt, wie zum normativen Gehalt eines solchen auf der Grundlage des § 35 leg. cit. ergehenden Bescheides festzuhalten ist, die Feststellung, daß das öffentliche Interesse an der dem Bescheid entsprechenden Durchführung des Bauvorhabens die entgegenstehenden Interessen überwiegt; darin eingeschlossen ist die Feststellung, daß die Inanspruchnahme der betroffenen Liegenschaften durch den bescheidmäßigen Bau im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Zu den Tatbestandswirkungen eines Baugenehmigungsbescheides ist festzuhalten, daß, wenn dieser Bescheid rechtskräftig geworden ist, selbst die Eigentümer der durch den bescheidmäßigen "Bau selbst in Anspruch genommenen Liegenschaften" (§ 34 Abs. 4 EisbG) in einem allfälligen Enteignungsverfahren nicht mehr einwenden können, die Inanspruchnahme liege nicht im öffentlichen Interesse, sie sei nicht notwendig, um einem Gebot des allgemeinen Besten (im Sinne der §§ 1 und 2 des Eisenbahnenteignungsgesetzes und des § 365 ABGB) zu entsprechen vgl. hiezu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. 1974/I Nr. 7321).

Nach § 37 Abs. 2 EisbG obliegt es dem Eisenbahnunternehmen, die Erteilung der Betriebsbewilligung zu beantragen. Im Betriebsbewilligungsverfahren nach dem zweiten Satz des § 37 Abs. 3 leg. cit. ist nach Lage des Falles u.a. insbesondere zu prüfen, ob die Eisenbahnanlagen.... der eisenbahnrechtlichen

Baugenehmigung .... entsprechend ausgeführt sind und ob die in

Anspruch genommenen Liegenschaften in den Besitz des Eisenbahnunternehmens übergegangen sind.

Der hiemit dargestellten Rechtslage ist zu entnehmen, daß in Hinsicht auf neue (oder veränderte) Eisenbahnanlagen der auf § 35 EisbG gestützte Baugenehmigungsbescheid den für die eisenbahnrechtliche Rechtsstellung u.a. der Eigentümer der betroffenen Liegenschaften und der daran dinglich Berechtigten maßgebenden Abspruch enthält. Der auf der Grundlage des § 37 ergehende Betriebsbewilligungsbescheid hat hingegen den normativ lediglich an den Eisenbahnunternehmer gerichteten Abspruch zum

Inhalt, die Eisenbahnanlage .... betreiben zu dürfen.

Voraussetzung für die Erteilung der Betriebsbewilligung ist, wie erwähnt, daß u.a. die in Anspruch genommenen Liegenschaften in den Besitz des Eisenbahnunternehmens übergegangen sind. Die Eigentümer der betroffenen Liegenschaften bzw. die daran dinglich Berechtigten haben weder keinen Rechtsanspruch darauf ein rechtliches Interesse daran, daß ein solcher Übergang stattfindet (vgl. den hg. Beschluß vom 17. September 1968, Zl. 973/68). Die Erfüllung der in § 37 EisbG vorgesehenen Voraussetzungen für die Erteilung der von einem Eisenbahnunternehmer beantragten Betriebsbewilligung ist, entsprechend den einerseits in den §§ 32 bis 36 und andererseits in § 37 EisbG enthaltenen Regelungen in ihrem systematischen Zusammenhang, von Amts wegen, ohne Beiziehung u. a. der Eigentümer der betroffenen Liegenschaften oder der an diesen dinglich Berechtigten wahrzunehmen (vgl. zum Ganzen den hg. Beschluß vom 30. November 1983, Slg. Nr. 11.242/A).

Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige eisenbahnrechtliche Baubewilligung zum Umbau vor. Durch die Erteilung der Betriebsbewilligung, die im übrigen neuerlich die Auflage enthält, nach Vorliegen der Zustimmungserklärung der Beschwerdeführer den Kaufvertrag grundbücherlich durchführen zu lassen und einen diesbezüglichen Gerichtsbeschluß vorzulegen, wurde die Rechtslage der Beschwerdeführer in keiner Weise verändert.

Des weiteren verkennen die Beschwerdeführer, daß das zu ihren Gunsten bestehende Veräußerungs- und Belastungsverbot kein dingliches Recht, das ihre Parteistellung im Sinne des § 34 Abs. 4 EisbG begründet, sondern ein mit gewisser dinglicher Wirkung ausgestattetes Verbotsrecht beinhaltet (vgl. Rummel I, RN 4 zu § 308 ABGB, Seite 259 sowie RN 1 und 6 zu § 364 c ABGB, Seite 305 f).

Selbst in einem allfälligen Enteignungsverfahren kommt demjenigen, zu dessen Gunsten ein Veräußerungs- oder Belastungsverbot besteht, keine Parteistellung zu. (Vergleiche § 4 Abs. 2 Eisenbahnenteignungsgesetz, wonach nicht einmal alle dinglich Berechtigten, sondern nur diejenigen, denen an einem Gegenstand der Enteignung ein mit dem Eigentume eines anderen Gegenstandes verbundenes dingliches Recht zusteht, also nur Grunddienstbarkeitsberechtigte u. ähnlich Berechtigte Parteistellung besitzen.)

Die Vorliegende Beschwerde erweist sich daher mangels Parteistellung der Beschwerdeführer als unzulässig. Sie war deshalb gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

1 Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Partei hat zuviel entrichtete Stempelgebühren (die Eingaben an den Verwaltungsgerichtshof sind nicht pro Bogen zu vergebühren) sowie den begehrten Ersatz an Umsatzsteuer, welcher im pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes bereits enthalten ist und daher nicht seperat geltend gemacht werden kann, zum Gegenstand.

Wien, am 8. März 1989

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