LVwG Tirol LVwG-2014/19/0303-41

LVwG TirolLVwG-2014/19/0303-418.1.2015

WRG 1959 §111

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGTI:2015:LVwG.2014.19.0303.41

 

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seine Richterin Mag. Barbara Glieber über die Beschwerden 1. von Mag. A B, T, S, 2. der „Bürgerliste T“, von C B und D E, alle vertreten durch Mag. A B, 3. von F G, nunmehr vertreten durch Mag. A B, und 4. des V, vertreten durch die Geschäftsführerin, gegen Spruchteil A) des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 30.01.2013, Zahl ****, gemäß §§ 28 und 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)

 

I. den Beschluss gefasst:

1. Der Antrag von F G auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist wird gemäß § 33 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

2. Die Beschwerde von F G wird als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

 

und

 

II. zu Recht erkannt:

1. Die Beschwerden von Frau Mag. A B, von C B, von D E sowie der Mitglieder der „Bürgerliste T“ (P1, P2, P3, P4, P5, P6, P7, P8, P9, P10, P11, P12, P13, P14, P15, P16, P17, P18, P19, T, P20, P21, P22, P23, P24, P25, P26, P27, D E, P28, P29, P30, P31, P32, P33, P34, P35, F G, P36, P37, P38, P39, P40, C B, P41, P42, P43, P44, P45, P46, P47, P48, P49, P50, P51, P52, P53, P54, P55, P56, P57, P58, P59, P60, P61, P62, P63, P64, P65, P66, P67, P68, P69, P70, P71, P72) werden mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die wasserrechtliche Bewilligung gemäß §§ 9, 11, 12, 13, 15, 21, 22, 32, 41, 111 und 112 WRG 1959 unter Berücksichtigung folgender Projektsänderung (Projektsunterlagen: Ergänzung 2014 - Begleitmauer Technischer Bericht, Plan Nr. 3424-TB_WR_2014; Profile Rückstaubereich, Plan Nr. 3424-256A; Detaillängenschnitt Stauraum, Entnahme Übersichtslängenschnitt Triebwasserweg, Plan Nr. 3424-252A) erteilt wird:

Die Oberkante der gleichzeitig als Abdichtungselement für den Stauraum vorgesehenen orographisch linken Winkelstützmauer entlang des Stauraumes wird so abgesenkt, dass sie nicht mehr über das bestehende Gelände hinausragt und so ein Rückfließen des Wassers der Xer Ache ungehindert möglich ist.

Soweit im angefochtenen Bescheid anders bezeichnet, wird die Bezeichnung der Konsenswerberin auf „Xer Wasserkraft GmbH“ richtiggestellt.

2. Die Beschwerde des V wird als unbegründet abgewiesen.

 

III.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

Gebührenhinweis:

Für die Projektsänderung hat die Antragstellerin folgende Gebühren zu entrichten:

Antrag: Euro 14,30

Technischer Bericht (dreifach) Euro 11,70

Pläne (dreifach) Euro 46,80

Gesamt: Euro 72,80

Dieser Betrag ist binnen zwei Wochen ab Erhalt des Zahlscheines beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzuzahlen.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Verfahrensablauf:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Xer Wasserkraft GmbH in Spruchteil A Spruchpunkt I. die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb der Wasserkraftanlage „Xer Ache/T - U“ samt Nebenanlagen einschließlich der Einleitung gereinigter Bergwässer/Abwässer in die Xer Ache sowie für die Errichtung und den Betrieb des „Geschiebeablagerungsbecken W“ nach Maßgabe der Projektsunterlagen und der Spruchpunkte II. bis VIII. erteilt.

In Spruchteil B wurde der Xer Wasserkraft GmbH die forstrechtliche Bewilligung für die zur Errichtung der Wasserkraftanlage „Xer Ache/T – U“ einschließlich den damit zusammenhängenden Maßnahmen sowie für die zur Errichtung des Geschiebeablagerungsbeckens W erforderlichen dauernden und vorübergehenden Rodungen erteilt.

Gegen diesen Bescheid haben Mag. A B, diese auch in Vertretung der „Bürgerliste T“ sowie von C B und D E, F G und der V nunmehr als Beschwerden zu behandelnde Berufungen erhoben.

Die von Frau Mag. A B eingebrachte Berufung lautet wie folgt:

Berufung gegen den Bescheid vom 30.1.2013 im wasserrechtlichen sowie forstrechtlichen Bewilligungsverfahren betreffend der „Wasserkraftanlage Xer Ache, T - U“ und des „Geschiebeablagerungsbecken W“

Gegen den Bescheid vom 30.1.2013 ("Bescheid"), der A B und sämtlichen von mir vertreten Einschreitern ("Bürgerliste T", sowie C B und D E) - mit der Ausnahme von F G - am 1.2.2013 zugestellt wurde, wird binnen offener Frist von 14 Tagen im Namen sämtlicher Einschreiter - mit der Ausnahme von F G - Berufung erhoben. Wie in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides angeführt, wird die Berufung per email bei der zuständigen Behörde eingebracht.

F G, dem der Bescheid später zugestellt wurde, wird eine gesonderte Berufung einbringen.

Bekämpft werden sämtliche Spruchteile des Bescheides sowie das Übereinkommen.

Sämtliche Einwendungen eingebracht insbesondere am 27.10.2010 bei der ersten mündlichen Verhandlung, am 11.11.2010 sowie am 18.10.2011 werden auch im Rechtsmittelverfahren vorgebracht. Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf die beiden schriftlichen Ausführungen der Einwendungen, sowie auf die jeweiligen Protokolle und deren Beilagen verwiesen.

Ergänzend dazu wird vorgebracht:

Auf die Einwendungen wird im Bescheid vom 30.1.2013 zum Teil gar nicht eingangen bzw wird über diese nicht abgesprochen. Bereits aus diesem Grund ist der Bescheid vom 30.1.2013 mangelhaft. Wird auf die Einwendungen in der Begründung des Bescheides eingegangen, ist diese Begründung rudimentär.

Die Berufungsgründe, -ausführungen und Berufungsanträge des V, erhoben mit Rechtsmittel vom 15.2.2013 werden inhaltlich - mit Ausnahme der spezifischen Ausführungen zur Parteistellung des V im Verfahren - auch von sämtlichen von mir vertretenen Einschreitern erhoben und im Berufungsverfahren geltend gemacht. Da diese Berufung dem Amt der Tiroler Landesregierung vorliegt, wird dieses nicht als Beilage dieser Berufung vorgelegt.

Die Wasserrechtsbehörde I Instanz hat es unterlassen, die Wasserrechte der Einschreiter, vorgebracht in der Verhandlung vom 18.10.2011, zu überprüfen und festzustellen, bzw weitere Erhebungen zu diesen Wasserrechten durchzuführen. Im Bescheid werden diese lediglich als "äußerst fraglich" bezeichnet. Bei Bewässerungsrechten schadet im Gegensatz zur Rechtsmeinung der Wasserrechtsbehörde erster Instanz, die Nichtausübung über einen gewissen Zeitraum nicht. Auch zu diesem Zeitraum wurden keinerlei Erhebungen bzw Feststellungen von der Wasserrechtsbehörde getroffen. Auch der Umstand, dass diese Wasserrechte oberhalb der geplanten Wasserkraftanlage liegen schadet nicht, da dies dennoch Auswirkungen auf die Mindestdotationsmenge sowie auf die Ausbauwassermenge hat. Es liegt somit ein Verfahrensmangel sowie ein mangelhafter Bescheid vor.

Große Teile des Ortsgebiets von T werden seit Sommer 2012 als gelbe Gefahrenzone im Gefahrenzonenplan ausgewiesen, auch dieser Umstand wird im Bescheid nicht berücksichtig und fehlen Ausführungen dazu. Auch deshalb ist der Bescheid mangelhaft.

Die Rentabilität der geplanten Wasserkraftanlage ist nicht gegeben darüber hinaus entspricht die geplanten Wasserkraftanlage in der bewilligten Form nicht den Kapazitätmöglichkeiten der Wasserkrafterzeugung, die mit der Xer Ache an diesem Standort - offenbar - möglich wäre.

Die Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Erzeugung von Elektrizität und der Rodung des einzig letzten Grauerlenbestandes im Tiroler **** wurde falsch getroffen, eine Begründung dieser Abwägungsentscheidung fehlt.

Auf die Ausführungen zur Gesellschaftsform der GmbH und den sich daraus ergebenden eingeschränkten Haftungsfonds, geht die Behörde 1. Instanz nicht ein.

Es liegen somit ein Verfahrensmängel sowie ein mangelhafter Bescheid vor.

Es wird daher der

A N T R A G

gestellt, den Bescheid vom 30.1.2013 dahingehend abzuändern

1. dass der „Wasserkraftanlage Xer Ache, T - U“ nicht die forst- und wasserrechtliche Bewilligung erteilt wird.

2. dass dem „Geschiebeablagerungsbecken W“ nicht die forst- und wasserrechtliche Bewilligung erteilt wird.

In eventu wird überdies beantragt, den Bescheid vom 30.01.2013 dahingehend abzuändern, dass:

1. Beiden Projekt nur unter Vorschreibung bestimmter, entsprechender Auflagen die Bewilligung erteilen.

2. Eine Befristung der wasserrechtlichen Benutzung gem § 21 WRG auf 10 Jahre oder weniger vorzusehen. Da wesentliche öffentliche Interessen und die Sicherheit der Bevölkerung beeinträchtigt sind, und daher die Einbringung eines Ansuchens um Wiederverleihung nach diesem Zeitraum gerechtfertigt ist“.

Der V hat in seiner Berufung Folgendes vorgebracht:

„Die Xer Wasserkraft GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer, beantragten beim Landeshauptmann des Landes Tirol die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für das Projekt Wasserkraftanlage „Xer Ache/T - U". Die Bewilligung wurde mit Bescheid des Landeshauptmanns vom 30.01.2013 zur GZ **** erteilt. Gegen diesen Bewilligungsbescheid richtet sich die vorliegende Berufung. Das BMLFUW ist sachlich und örtlich zuständige Berufungsbehörde. Die Berufung wurde am 15.02.2013, somit innerhalb der offenen Berufungsfrist, eingebracht.

Der Berufungswerber beantragt

dass die Berufungsbehörde den erstinstanzlichen Bescheid des Landeshauptmanns des Landes Tirol, Spruchteil A /I., A/Xll., B/IV. und C/Ill zur GZ **** dahingehend abändert, dass dem Berufungswerber Parteistellung im Verfahren zur wasserrechtlichen Bewilligung zukommt

und

der Antrag der X Wasserkraft GmbH auf wasserrechtliche Bewilligung der Wasserkraftanlage „Xer Ache/T - U" wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit abgewiesen wird.

Begründung

1. Parteistellung des Berufungswerbers

Dem Berufungswerber wurde im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Landeshauptmann des Landes Tirol trotz Stellung eines entsprechenden Antrags keine Parteistellung gewährt (Spruchteil A/Xll. [WRG] und Spruchteil B/IV. [ForstG], .S. 26, 30, 124 f des Bescheids). Die entsprechenden Anträge des Berufungswerbers wurden als unzulässig zurückgewiesen. Zu den Anträgen auf Zuerkennung der Parteistellung wird im Genehmigungsbescheid ausgeführt (S. 124 f):

„Der Kreis der Parteien ist für das wasserrechtliche Verfahren im § 102 Abs. 1 lit. A bis h WRG 1959 und für das Forstverfahren im § 19 Abs. 4 ForstG 1975 abschließend geregelt.

Auf der Grundlage dieser Bestimmungen kommt dem V - auch bei fristgerechter Erhebung von Einwendungen - keine Parteistellung im Verfahren nach dem WRG 1959 und dem ForstG 1975 zu.

Der V stützt seinen Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung auf Artikel 9 Abs. 3 des Übereinkommens über den Zugang zu Information, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, das mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 im Namen der Europäischen Gemeinschaften genehmigt wurde (ABI. L 124, S. 1, im Folgenden: Übereinkommen von Aarhus). Nach dieser Bestimmung stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen oder Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.

Der Antrag des V ist nicht begründet.

Der V hat nicht dargetan, welche innerstaatlichen Vorschriften die Wasserrechtsbehörde und die Forstbehörde I. Instanz unrichtig ausgelegt haben.

Zum Übereinkommen von Aarhus ist auf die Genehmigung des Abschlusses durch den Nationalrat (BGBL. III Nr. 88/2005) zu verweisen. In den Erläuterungen zu den Genehmigungen wird angemerkt, dass das Übereinkommen einer unmittelbaren Anwendbarkeit des innerstaatlichen Rechtsbereichs nicht zugänglich ist.

Von einem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG wurde allerdings abgesehen, da das Abkommen als gemischtes Abkommen teilweise in die Zuständigkeit der Europäischen Union fällt (vergleiche 654 BlgNR. XXII GP 2). Auch im Unionsrecht hat Artikel Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus keine unmittelbare Wirkung (vergleiche Rn. 52 des Urteiles des Europäischen Gerichtshofes vom 8. März 2011, Zahl C-240/09). Dem Vorbringen des V, die Wasserrechts- und Forstbehörde hätte Artikel 9 Abs. 3 des Übereinkommens unmittelbar anwenden müssen, kommt somit keine Berechtigung zu (vergleiche Umweltsenat vom 21. Juni 2011, Zahl US 3C/2011/5-8).

Gestützt auf Artikel 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus ist dem V in den anhängigen wasserrechtlichen und forstrechtlichen Verfahren keine Parteistellung einzuräumen.

Dementsprechend hat die Wasserrechts- und Forstbehörde die Anträge des V auf Zuerkennung der Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen (Spruchteil A/XU. und B/IV. des gegenständlichen Bescheides)."

Richtigerweise wäre dem V als anerkannte Umweltorganisation iSd § 19 Abs 7 UVP-G 2000 (vgl. BMLFUW-UW.1.4.2/0037-V/1/2005 vom 23.5.2005) im erstinstanzlichen Verfahren Parteistellung einzuräumen gewesen. Die Rechtslage stellt sich nämlich wie folgt dar:

Österreich ist Vertragspartei der Aarhus-Konvention.1 In der Aarhus-Konvention und ihren Protokollen ist ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Vollständigkeit der Umsetzung des Übereinkommens durch die Vertragsstaaten vorgesehen. Diese „compliance-Verfahren" werden vor dem Aarhus Convention Compliance Committee (ACCC) geführt, das die Bestimmungen der Konvention auslegt (siehe dazu Alge, RdU 2011, 136). Daraus ergibt sich eine Vertragsübung, die völkerrechtlich verbindlich und bei der Auslegung der Bestimmungen der Aarhus-Konvention zu beachten ist.

Auch die EU ist Vertragspartei der Aarhus-Konvention.2 Der Konvention kommen daher grundsätzlich dieselben Wirkungen zu wie sonstigem Unionsrecht (siehe zu diesen Öhlinger/Potacs, EU-Recht und staatliches Recht, 4. Auflage 2011, 84ff, 97ff). Der Konvention widersprechende, österreichische Regelungen sind daher gleichzeitig auch unionsrechtswidrig und somit unangewendet zu lassen. Darüber hinaus können Bestimmungen der Aarhus-Konvention, wenn sie hinreichend genau und präzise sind, unmittelbar angewandt - also einer behördlichen Entscheidung direkt zugrundegelegt - werden. Außerdem ist sämtliches innerstaatliches Recht soweit wie möglich in Einklang mit den Bestimmungen der Aarhus-Konvention auszulegen. Dabei ist stets die Auslegung der Bestimmungen durch das ACCC zu berücksichtigen. Dementsprechend nimmt auch der VwGH in seiner Rechtsprechung auf die Spruchpraxis des ACCC Bezug (VwGH 8.6.2010 AW 2010/06/0001).

Art 9 der Konvention befasst sich mit dem Rechtsschutz in Umweltangelegenheiten. Abs 3 lautet:

„(3) Zusätzlich und unbeschadet der in den Absätzen 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegten Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen."

Aus der Spruchpraxis des ACCC ergibt sich, dass Umweltorganisationen unter den Begriff „Mitglieder der Öffentlichkeit" fallen (ACCC/C/2004/3; ACCC/S/2004/). Ihnen muss daher jedenfalls Zugang zu einem Überprüfungsverfahren gewährt werden, wenn eine verwaltungsbehördliche Entscheidung potentiell gegen innerstaatliches Umweltrecht verstößt.

Österreich hat es bisher unterlassen, Art 9 Abs 3 in nationales Recht umzusetzen (trotz angemerkter Defizite, bspw Schulev-Steindl, Rechtliche Optionen zur Verbesserung des Zugangs zu Gerichten im österreichischen Umweltrecht gemäß der Aarhus-Konvention [Studie im Auftrag des BMLFUW] 2009,³ 21 [Access Studie 2009]). Umweltorganisationen wird derzeit in Verfahren nach dem UVP-G sowie in IPPC Verfahren und im Anwendungsbereich des B-UHG explizit gesetzlich Parteistellung eingeräumt. Die Parteistellung im Verwaltungsverfahren ist aber im österreichischen Rechtsschutzsystem idR Voraussetzung dafür, dass eine Entscheidung angefochten werden kann. Im Verfahren ACCC/C/2010/48 hatte das ACCC nun darüber zu entscheiden, ob die österreichische Rechtslage außerhalb des Anwendungsbereichs von insb UVP-G und B-UHG den Anforderungen des Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention entspricht. Dies wurde insb in Hinblick auf die fehlende Parteistellung von Umweltschutzorganisationen, und die somit fehlende Überprüfungsmöglichkeit zugunsten dieser Organisationen in Materienverfahren wie zB nach den Landesnaturschutzgesetzen oder dem WRG, bezweifelt (zur Entscheidung Alge, RdU 2012, 109 ff). Im Ergebnis führte das ACCC zur österreichischen Rechtslage in seiner Entscheidung vom 17.04.2012 aus wie folgt (die Entscheidung des ACCC wird im Folgenden nach der nicht-amtlichen, mit dem BMLFUW akkordierten Übersetzung zitiert. Diese kann im Volltext unter http://www.oekobuero.at/imaRes/doku/uebersetzungfindingsaccc48.pdf abgerufen werden. Die englische Originalfassung findet sich unter http://www.unece.org/fileadmin/DAM/env/pp/compliance/C2010- 48/Findings/ece mp.pp c .l 2012 4 eng.pdf:

"71. Obwohl österreichische Umweltrechtsvorschriften Nachbarn Parteistellung gewähren, enthält eine Anzahl der präsentierten Umweltrechtsvorschriften keinerlei Parteistellung für NGOs. Zusätzlich zu den bereichsspezifischen Umweltrechtsvorschriften, welche keinen locus standi für NGOs vorsehen, scheint es auch eher beschränkte Möglichkeiten für NGOs zu geben, um Handlungen und Unterlassungen der Behörden, welche innerstaatlichen Rechtsvorschriften iZm der Umwelt widersprechen, anzufechten. Diese Möglichkeiten umfassen: (a) wenn das sektorspezifische Verfahren mit UVP oder IVU Verfahren konsolidiert wird, (b) im Umwelthaftungsbereich, und (c) mittels der Umweltanwaltschaft, welche abhängig von der bereichsspezifischen Gesetzgebung bzw. der Ländergesetzgebung, Zugang zu Gerichten haben kann oder auch nicht. Beim Versagen der Verwaltungsverfahrens gibt es die Möglichkeit für die Betroffenen zivilrechtliche Rechtsmittel zu ergreifen.

72. In seiner Beurteilung hinsichtlich der Übereinstimmung von österreichischem Recht mit der Konvention geht das Aarhus Compliance Committee vom Gesamtbild aus, wie es von den Parteien beschrieben wurde. Es kommt zu der Erkenntnis, dass es im Prinzip für Mitglieder der Öffentlichkeit unzureichend möglich ist, Handlungen und Unterlassungen der Behörde anzufechten, wenn die Verfahren nicht mit einem UVP oder IVU Verfahren konsolidiert sind, bzw. wenn sie nicht nachweisen können, dass sie unter Umständen von einem Umweltschaden negativ betroffen wurden, um dann von der Umsetzung der Umwelthaftungsrichtlinie zu profitieren. Weiters haben Mitglieder der Öffentlichkeit, welche nicht nachweisen können, dass sie von einem Projekt betroffen sind, unzureichende Möglichkeiten zivilrechtliche Rechtsmittel zu ergreifen.

73. Das Aarhus Compliance Committee ist der Auffassung, dass - abgesehen von UVP und IVU Verfahren sowie Umwelthaftungsverfahren - die Bedingungen, welche die Vertragspartei in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorsieht, so streng sind, dass sie NGOs effektiv die Anfechtung von Handlungen und Unterlassung, welche nationalen Umweltrechtsbestimmungen widersprechen, verwehren (cf. Feststellungen der früheren Fälle, auf welche in paras. 71/72 verwiesen wurde). Dass es im Falle eines Großprojektes die Möglichkeit gibt, dass ein sektorspezifisches Verfahren mit einem UVP oder IVU Verfahren konsolidiert wird, oder dass Umwelthaftung und zivilrechtliche Rechtsmittel unter bestimmten Bedingungen anwendbar sind, kompensiert nicht die Nichterfüllung der Voraussetzungen des Art. 9(3) Um anderen Handlungen und Unterlassungen. (...)

75. Angesichts der obigen Erwägungen, stellt das Aarhus Compliance Committee fest, dass die betroffene Vertragspartei, indem sie keine Parteistellung für Umwelt-NGOs vorsieht, um die Handlungen und Unterlassungen einer Behörde anzufechten, die gegen innerstaatliche Rechtsvorschriften iZm der Umwelt verstoßen, Art. 9(3) der Aarhus-Konvention nicht erfüllt. (...)

80. Das Aarhus Compliance Committee stellt fest, dass die betroffene Vertragspartei, indem sie in zahlreichen der bereichsspezifischen Umweltrechtsvorschriften Umwelt-NGOs keine Parteistellung gewährt, um die Handlungen und Unterlassungen einer Behörde oder einer Privatperson anzufechten, mit Art. 9(3) der Konvention nicht vereinbar ist (siehe Rn 75)."

Das ACCC kommt somit zu dem klaren Ergebnis, dass das Fehlen einer Überprüfungsmöglichkeit zugunsten von Umweltschutzorganisationen in umweltrelevanten Verfahren außerhalb des Anwendungsbereichs des UVP-G und des B-UHG einen Verstoß Österreichs gegen Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention darstellt. In der Aufzählung der betroffenen umweltrelevanten Materiengesetze wird auch das WRG (§ 102 Abs 1 WRG) explizit angeführt (ACCC/C/2010/48, Rz 16).

Somit ist Umweltorganisationen aufgrund der Aarhus-Konvention in allen umweltrelevanten, verwaltungsbehördlichen Bewilligungsverfahren Parteistellung bzw Rechtsmittellegitimation einzuräumen. Bis der Gesetzgeber auf die Entscheidung des ACCC reagiert, sind die notwendigen Maßnahmen auch durch die zuständigen Verwaltungsbehörden und Gerichte zu setzen. Dies kann va durch rechtskonforme Auslegung der einschlägigen Bestimmungen oder unmittelbare Anwendung der Aarhus-Konvention geschehen.

Zu demselben Ergebnis kommt man im Übrigen auch aufgrund einer Analyse der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH: Zunächst geht der EuGH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Aarhus-Konvention einen integralen Bestandteil der Unionsrechtsordnung bildet (zB EuGH 08.03.2011, Rs C-240/09 [VLK\, Rn 30). Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung der Konvention, insb auch Art 9 Abs 3, fallen somit in die Zuständigkeit des EuGH (EuGH [VLK\, Rn 43). Weiters führte der EuGH im Urteil VLK aus:

„51 Das vorlegende Gericht hat daher das Verfahrensrecht in Bezug auf die Voraussetzungen, die für die Einleitung eines verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Überprüfungsverfahrens vorliegen müssen, so weit wie möglich im Einklang sowohl mit den Zielen von Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus als auch mit dem Ziel eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes für die durch das Unionsrecht verliehenen Rechte auszulegen, um es einer Umweltschutzorganisation wie dem Zoskupenie zu ermöglichen, eine Entscheidung, die am Ende eines Verwaltungsverfahrens ergangen ist, das möglicherweise im Widerspruch zum Umweltrecht der Union steht, vor einem Gericht anzufechten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. März 2007, Unibet, C-432/05, Slg. 2007,1-2271, Randnr. 44, und Impact, Randnr. 54)."

Auch der EuGH geht also davon aus, dass Umweltschutzorganisationen wie dem V immer dann Parteistellung und daraus folgend eine Überprüfungsbefugnis einzuräumen ist, wenn eine Entscheidung mit potentiellen Auswirkungen auf die Umwelt getroffen wird. Dies ist insb bei Materien geboten, die stark durch das Unionsrecht determiniert sind, wie etwa das Naturschutzrecht oder das Wasserrecht. Wie der unionsrechtskonforme Zustand hergestellt wird, bleibt den staatlichen Stellen überlassen. Auch hier gilt wiederum, dass bestehende Gesetze so weit wie möglich unionsrechtskonform auszulegen sind. Kann die Unionsrechtswidrigkeit nicht durch Auslegung behoben werden, so sind die Bestimmungen unangewendet zu lassen.

Das Wasserrecht ist eine der Materien, in denen Umweltorganisationen bisher bei Bewilligungsverfahren durch die Verwaltungsbehörden keine Parteistellung eingeräumt wurde. Im WRG ist die Parteistellung im Verwaltungsverfahren in § 102 WRG geregelt. Umweltorganisationen sind dort nicht explizit genannt. § 8 AVG und die Bestimmungen des WRG sind aufgrund der vorangehend dargestellten Rechtslage im Lichte des Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention dahingehend unionsrechtskonform auszulegen (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 8 Rz 8; Öhlinger/Potacs, 107), dass auch Umweltschutzorganisationen im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren subjektive Rechte zukommen. Aufgrund dieser Rechte kam bzw kommt dem Berufungswerber Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren vor dem Tiroler Landeshauptmann zu. Zunächst könnte der Begriff „Rechte" iSd § 102 Abs 1 lit b WRG derart ausgelegt werden, dass darunter auch das Interesse von Umweltschutzorganisationen an der Beachtung umweltschützender Vorschriften zu subsumieren ist. Aber auch unabhängig von der – demonstrativen (vgl Oberleitner/Berger, WRG3 [2011] § 102 Rz 7 ) - Aufzählung der Parteien in § 102 Abs 1 WRG finden sich Vorschriften im WRG, die im Lichte einer unionsrechtskonformen Auslegung Rechte an Umweltschutzorganisationen verleihen und diesen somit eine Parteistellung und daran anschließend Berufungslegitimation im wasserrechtlichen Verfahren vermitteln. Dies sind im Lichte der Vorgaben der WRRL 2000/60/EG im gegebenen Zusammenhang insb die §§ 30a, 55g Abs 3 1. Satz und 104a WRG, in denen die Umweltziele und das Verschlechterungsverbot der WRRL 2000/60/EG umgesetzt werden. Diese Vorschriften sind, da das österreichische Rechtsschutzsystem auf das Bestehen subjektiver Rechte abstellt, im Lichte des Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention derart auszulegen, dass Umweltschutzorganisationen wie dem Berufungswerber ein subjektives Recht auf Einhaltung der dort normierten Umweltziele bzw auf Einhaltung der Kriterien für die Genehmigung einer Ausnahme vom Verschlechterungsverbot zukommt. Daraus ergibt sich in weiterer Folge die Parteistellung sowie die Berufungslegitimation des Berufungswerbers. Die Notwendigkeit einer rechtsschutzfreundlichen Auslegung der genannten Bestimmungen dahingehend, dass Umweltschutzorganisationen subjektive Rechte auf Einhaltung der Vorschriften zukommen, ergibt sich auch aus der Judikatur des EuGH zum Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes, der nunmehr auch in Art 47 Abs 1 der Grundrechtecharta der Europäischen Union normiert ist. Die erstinstanzliche Behörde verkennt die Bedeutung einer unionsrechtskonformen Auslegung der genannten Bestimmungen, indem sie den Antrag des Berufungswerbers auf Zuerkennung der Parteistellung zurückgewiesen hat.

Selbst wenn man nicht davon ausgeht, dass § 8 AVG und das WRG eine unionsrechtskonforme Auslegung im vorgenannten Sinn zu lassen, so ist festzuhalten, dass Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention aufgrund der Auslegung durch das ACCC hinreichend genau und bestimmt ist, um unmittelbar angewandt zu werden. Dasselbe gilt für die Entscheidung des ACCC (idS ACCC/C/2010/48) selbst, da den Entscheidungen von Vertragsanwendungsorganen wie dem ACCC dieselben Wirkungen zukommen wie dem völkerrechtlichen Vertrag selbst. Somit kommen auch der Entscheidung des ACCC die Wirkungen des Unionsrechts zu. Wenn eine unionsrechtskonforme Auslegung nicht möglich ist, sind also die unionsrechtswidrigen Bestimmungen unangewendet zu lassen. Dem V kommt nach dem soeben ausgeführten dann unmittelbar aufgrund des Art 9 Abs 3 der Aarhus-Konvention und der Entscheidung des ACCC idS ACCC/C/2010/48 Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren über die Genehmigung der Wasserkraftanlage „Xer Ache/T -U" zu. Die personelle Reichweite der Parteistellung richtet sich nach dem UVP-G (insb § 19 UVP-G), da auch andere nationale Gesetze, die die Aarhus-Konvention umsetzen (zB das B-UHG) bezüglich der Parteienrechte von Umweltorganisationen auf das UVP-G verweisen.

2. Inhaltliche Rechtswidrigkeit

i.)

Das WRG setzt die europäische Wasserrahmen-Richtlinie (WRRL 2000/60/EG ) um. Ein zentrales Element der WRRL ist das Verschlechterungsverbot. Dieses besagt im Wesentlichen, dass Projekte, die dazu führen, dass der (ökologische oder chemische) Zustand eines Gewässers verschlechtert wird, nur unter gewissen Voraussetzungen zulässig sind. Die Bestimmung betreffend Ausnahmen vom Verschlechterungsverbot wird in Österreich durch § 104a WRG umgesetzt.

Die Verwirklichung des beantragten Projekts würde zu einer Verschlechterung des ökologischen Zustands führen. Das Projekt darf daher nur genehmigt werden, wenn die Voraussetzungen des § 104a WRG erfüllt sind (siehe § 104a Abs 1 Z 1 WRG).

Ein Projekt das den Gewässerzustand verschlechtert darf nach § 104a Abs 2 WRG nur dann genehmigt werden, wenn

 Ein öffentliches Interesse an der Verwirklichung des Projektes besteht

 Alle praktikablen Vorkehrungen zur Verminderung negativer Auswirkungen auf das Gewässer getroffen wurden

 Das der Nutzen des Projekts für die menschliche Gesundheit, Erhaltung und Sicherheit der Menschen oder die nachhaltige Entwicklung jenen Nutzen übersteigt, den die Verwirklichung der Ziele der WRRL (umgesetzt durch die §§ 30a, c und d WRG) hat

 Und diese nutzbringenden Ziele des Projektes nicht durch schonendere Maßnahmen nicht verwirklicht werden können, wobei hier auch auf die technische und wirtschaftliche Durchführbarkeit abzustellen ist.

Die dargestellten Voraussetzungen des § 104a WRG werden durch das beantragte Projekt aus mehreren Gründen nicht erfüllt, wie im Folgenden kurz dargelegt werden soll:

a) Es ist wasserrechtlich unzulässig und widerspricht allen öffentlichen Interessen ein Kraftwerk an einem Standort zu errichten, dessen an dem der Untergrund an einer fehlenden inneren Erosionsstabilität leidet (laut geotechnischen SV, Protokoll 69). Darüber hinaus ist festzustellen, dass durch den gewählten niedrigen Ausbaudurchfluss von 22,0 m3/s eine vollständige Ausnutzung der in Anspruch zu nehmenden Wasserkraft des Projektsabschnittes der Xer Ache nicht erzielt wird und allein aus diesem Grund ein überwiegendes öffentliches Interesse an dem in dieser Form beantragten Projekt nicht bestehen kann.

b) Das Projekt lässt eine Veränderung der Fließgeschwindigkeit der Xer Ache erwarten. Bereits vom Sachverständigen ausgeführt wurde, dass eine Verlangsamung zur Verschlechterung der Gewässerfauna führen wird. Das Gewässer im Bereich T weist eine „sehr gute Wasserqualität" aufweist (vgl gewässerökologischen SV, Protokoll 105), ist eine derartige Einwirkung auf die Gewässerfauna schlichtweg abzulehnen.

c) Das Kraftwerk gefährdet die Sicherheit von Menschen, denn es gewährleistet keinen ausreichend Schutz vor Hochwasser für das Siedlungsgebiet T. Dadurch sind bei entsprechenden Wetterereignissen Überschwemmungen und dadurch massive Beeinträchtigungen von benachbarten Grundstücken zu erwarten. Die zu erwartenden Verlandungen im Staubereich führen zu einer überhöhte Überschwemmungsgefahr (zb. bei Verklausungen durch Eisschollen etc.). Durch die geplante Stauung der Xer Ache wird es zu noch größeren Grundwasserschwankungen als bisher kommen. Die Gefahr des Eintritts von Erdfällen wird damit erhöht. Das geplante Geschiebeablagerungsbecken W sieht die Errichtung eines Dammes vor. Letztere bewirkt eine Lenkung des Mureinstoßes in Richtung der Xer Ache. Dies kann zu einer Verlegung der Xer Ache und zu Überschwemmungen führen. Das dreimalige Umlegen der Xer Ache in ein provisorisches Bachbett, bis die Bauarbeiten abgeschlossen sind, ist aus geotechnischer, hydrologischer, wasserbautechnischer und wasserökologischer Sicht abzulehnen.

ii)

Die Engpassleistung des Kraftwerkes T-U beträgt über 14 MW, das UVP-G sieht eine UVP-Pflicht erst bei einer Engpassleistung ab 15 MW vor. Der unabhängige Umweltsenat (uUS) stellte in seiner Entscheidung vom 18. Jänner 2013 (vgl. US 7A/2012/11-16) fest, dass für das Vorhaben „Wasserkraftanlage Xer Ache, T - U" nach Maßgabe der vorgelegten Unterlagen keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 - UVP-G 2000 durchzuführen ist. Die erstinstanzliche Behörde weist entsprechende Einwendungen im bekämpften Bescheid vom 30.01.2013 unter Hinweis auf die Entscheidung des uUS als unbegründet ab.

Das österreichische UVP-G entspricht jedoch nicht den Vorgaben des Anhangs III der UVP-RL4. Die österreichischen Schwellenwerte sind nicht nur im internationalen Vergleich, sondern besonders angesichts der österreichischen (vor allem alpinen) Geografie unpassend hoch. Bei Festlegung von Schwellenwerten bzw. Kriterien sind aber die relevanten Auswahlkriterien des Anhangs III der UVPRL zu berücksichtigen (vgl. Art 4 Abs 3) - der österreichische Gesetzgeber hat diese Kriterien bei der Festlegung von Schwellenwerten nicht entsprechend berücksichtigt und die Festlegung des Schwellenwertes von 15 MW Engpassleistung bei Wasserkraftwerken zu hoch. Die erstinstanzliche Behörde hätte die Kriterien des Anhang III der UVP-RL direkt anzuwenden und im Einzelfall zu prüfen gehabt, ob das gegenständliche Kraftwerk nach den europarechtlichen Vorgaben der UVP-RL einer UVP zu unterziehen gewesen wäre. Auch eine gegenteilige Entscheidung des uUS zur Feststellung des Nicht-Vorliegens einer UVP-Pflicht hätte hier unangewendet zu bleiben.

Der Berufungswerber beantragt daher aus all den vorgenannten Gründen, dass die Berufungsbehörde den erstinstanzlichen Bescheid des Landeshauptmanns des Landes Tirol zur GZ **** wegen materieller Rechtswidrigkeit dahingehend abändert, dass der Antrag der X Wasserkraftwerk GmbH auf Genehmigung der Errichtung der Wasserkraftanlage „Xer Ache/T - U" wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes abgewiesen wird“.

Mit Bescheid vom 13.03.2013, Zl. ****, wies der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft die Berufungen von 1. Frau Mag. A B, auch in Vertretung anderer Personen („Bürgerliste T“, sowie C B und D E) und von 2. Herrn F G gegen Spruchteil B des Bescheids des Landeshauptmanns von Tirol vom 30. Jänner 2013, Zl. ****, mangels Parteistellung im Rodungsverfahren als unzulässig zurück.

Mit Schreiben vom 14.01.2014, GZ ****, übermittelte das Bundeministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft den gegenständlichen Berufungsakt zuständigkeitshalber dem Landesverwaltungsgericht Tirol.

Mit Schreiben vom 14.02.2014, Zahl ****, teilte das Landesverwaltungsgericht Tirol F G mit, dass seine von Mag. A B per EMail eingebrachte Berufung verspätet ist.

Mit Eingabe vom 09.07.2014 stellte F G, vertreten durch Mag. A B, folgenden Antrag:

„Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß § 33 VwGVG

1. Allgemeines

§ 33 VwGVG ermöglicht einer Partei, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn sie dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, dass sie durch ein unabwendbares und unvorhergesehenes Ereignis an der Wahrung einer Frist gehindert war. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Es wird hinsichtlich der einschlägigen Literatur und Judikatur auf § 71 AVG verwiesen, sodass die nachfolgenden Zitate auch der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags gemäß § 33 VwGVG zugrundegelegt werden können.

2. Sachverhalt

Die Berufung gegen den Bescheid im wasserrechtlichen Verfahren Wasserkraftanlage Xer Ache, T - U, GZ: ****, vom 30.1.2013 ("Bescheid") wurde von Mag A B, der Vertreterin des F G ("Berufungsweber"), im bezeichneten wasserrechtlichen Verfahren gemeinsam mit dem PDF-Dokument über die Bevollmächtigung der Vertreterin des Berufungswerbers am 19.2.2013 um 23:58:13 an die Emailadresse des Amts der Tiroler Landesregierung versendet. Als die Vertreterin des Berufungswerbers im Anschluss an die Versendung ihren Emailausgang kontrollierte, so wie Sie dies aus Sorgfalt immer tut, stellte sie bei ihrer elektronischen Bestätigung fest, dass das Worddokument der eigentlichen Berufung aufgrund eines technischen Gebrechens nicht übermittelt wurde. Daraufhin versendete die Vertreterin des Berufungswerbers am 19.2.2013 um 23:59:30 ein weiteres Email mit dem Text: "offenbar fehlte das Worddokument der Berufung. Siehe anbei". Das Worddokument wurde in diesem Email an die Behörde übermittelt. Mit diesem Email wurde auch das ursprüngliche Email von 23:58:13 unten angefügt, das als Zustellzeit des ersten Emails 19.2.2013, 23:58:13 ausweist. Auch die Versendung dieses Emails wurde von der Vertreterin des Berufungswerbers kontrolliert. Die Sendebestätigung weist als Versandzeitpunkt den 19.2.2013, 23:59:30 aus. Alle Zeitangaben des Emailaccounts der Vertreterin des Berufungswerbers erfolgen, wie aus den Unterlagen ersichtlich, sekundengenau.

Beweis: Screenshots meiner Bestätigungen der Emailzustellung vom 19.2.2013 und eine Auflistung meines Emailaccounts

Am 14.2.2014 übermittelte das Landesverwaltungsgericht Tirol ("LVWG) ein Schreiben an die Vertreterin des Berufungswerbers, in dem das LVWG mitteilte, die Berufung wäre verspätet eingebracht worden und räumte dem Berufungswerber das Recht ein, binnen zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen. Eine entsprechende Stellungnahme wurde am 28.3.2014 an das LVWG übermittelt. Aufgrund der Sendebestätigungen war für die Vertreterin des Berufungswerbers evident, dass die Berufung jedenfalls nicht verspätete eingebracht wurde.

Beweis: Schreiben des LVWG vom 14.2.2014

Screenshots meiner Bestätigungen der Emailzustellung vom 19.2.2013 und eine Auflistung meines Emailaccounts

Mit Schreiben vom 21.6.2014, zugestellt am 25.6.2014, teilte das LVWG erstmalig mit, die Berufung wäre nicht rechtzeitig eingelangt und legte erstmalig einen Ausdruck des E-Mails über die Einbringung der Berufung bei. Aus diesem Ausdruck ist ersichtlich, dass der Eingangszeitpunkt bei der Behörde offenbar der 20.2.2013, 00:00 Uhr war.

3. Unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis

Die Wiedereinsetzung ist dann zu bewilligen, wenn die Partei durch ein unvorhergesehenes oder durch ein unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten (§ 71 Abs 1 Z I AVG). Unabwendbar ist ein Ereignis beispielsweise dann, wenn sein Eintritt objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden kann (vgl VwSlg 9024A/1976 verst Sen).

Das Ereignis muss für das Versäumen der Frist oder der mündlichen Verhandlung kausal sein (VwGH 20. 11. 1980, 3315/78; vgl Stoll, BAO I II 2975; W alter/Thienel AVG § 71 Anm 9; vgl auch zu § 146 ZPO Deixler-Hübner in Fasching/Konecny, Kommentar II/2 ZPO § 146 Rz 8; Fink B., Wiedereinsetzung 65), dh der Wiedereinsetzungswerber muss dadurch daran gehindert gewesen sein, die Frist einzuhalten bzw zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen (vgl VwGH 31. 1. 1990, 89/03/0254; 23. 3. 1990, 99/02/00 23; 20. 6. 2008, 2008/01/0073).

Das Ereignis muss vor Ablauf der versäumten Frist (vor Abhaltung der mündlichen Verhandlung) eingetreten sein (vgl VwGH 21.9.1990, 90/11/0145; 9. 10. 1990, 90/11/0177; 23. 6. 2008, 2008/05/0122). Auch ein erst am letzten Tag der Frist eingetretenes unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis kann das Recht auf Wiedereinsetzung begründen (VwSlg 1908 A /1951; VwGH 18. 9. 1998, 95/19/0987; 12. 9. 2002, 2002/20/0434; vgl auch Mayer 4 855; Thienel 4 323). Die Rechtsmittelfrist steht der Partei nämlich uneingeschränkt bis zum letzten Augenblick zur Verfügung. Sie darf in ihrem Recht, die befristete Handlung erst am letzten Tag der Frist vorzunehmen, nicht verkürzt werden. Es ist ausschließlich in ihrem Belieben gelegen, wann sie innerhalb der ihr gesetzten Frist von einem Rechtsmittel Gebrauch machen will. Hat also eine Partei - aus welchem Grund auch immer - die ihr zustehende Frist bis zum Ende ausnutzen wollen und war sie noch innerhalb dieser Frist durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert, so steht ihr das Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu (VwSlg 1908 A/1951; VwGH 23. 9.1998, 98/01/03 54; Hellbling 47) Hengstschläger/Leeb, AVG-Kommentar (2. Ausgabe 2014) § 71 Rz 36.

Im vorliegenden Fall wurde die Berufung gemeinsam mit der Bevollmächtigung mit E-Mail vom 19.2.2013, 23:58:13 Uhr von der bevollmächtigten Vertreterin des Berufungswerbers an die Behörde übermittelt. Bei einer Überprüfung der gesendeten E-Mails entdeckte die Vertreterin des Berufungswerbers, dass bei der Versendung offenbar ein technisches Gebrechen aufgetreten war und dem E-Mail lediglich das pdf Dokument über die erteilte Vollmacht, nicht aber das Word Dokument der Berufung selbst beigeschlossen war. Der Umstand, dass das Word Dokument der Berufung dem E-Mail nicht beigeschlossen war, konnte durch die Vertreterin des Berufungswerbers nicht beeinflusst werden und ist für sich genommen bereits ein unabwendbares Ereignis, das die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand rechtfertigt. Aufgrund des äußerst sorgfältigen Verhaltens der Vertreterin des Berufungswerbers im Zusammenhang mit der Überprüfung der gesendeten EMails stellte diese fest, dass die elektronische Bestätigung über die Versendung erkennen ließ, dass das Word Dokument der eigentlichen Berufung nicht übermittelt wurde. Daraufhin versendete die Vertreterin des Berufungswerbers am 19.2.2013 um 23:59:30 ein weiteres E-Mail mit dem Text "Offenbar fehlte das Word Dokument der Berufung. Siehe anbei" (siehe Beilage). Die Vertreterin des Berufungswerbers durfte zu Recht davon ausgehen, dass die Zustellung des E-Mails samt Attachement unmittelbar oder innerhalb weniger Sekunden nach Versendung erfolgen würde. Keinesfalls hätte sie davon ausgehen müssen, dass die Versendung eines E-Mails mit einem Word Dokument in der Größe von lediglich 66,2 KB mehr als dreißig Sekunden in Anspruch nehmen würde. Eine Zusammenschau aus dem technischen Gebrechen bei der Versendung des ersten E-Mails um 23:58:13 Uhr, dem letztlich lediglich die Vollmacht und nicht das Word Dokument der Berufung beigeschlossen war sowie die verzögerte Übermittlung des Word Dokuments der Berufung mit dem um 23:59:30 Uhr versendeten E-Mail, ergeben, dass insgesamt ein unabwendbares Ereignis vorlag, das zu einer Bewilligung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand führen muss.

Nicht nur die vorgelegten Screenshots, sondern vor allem auch ein Email an D E vom 20.2.2013, 01:08:19 (Nachts), in welchem die Vertreterin des Berufungswerbers die Kontaktperson des Berufungswerbers, davon informierte, dass die Berufung kurz vor 24 Uhr rechtzeitig eingebracht wurde, zeigen, dass die Vertreterin des Berufungswerbers davon ausgegangen ist, dass die Berufung rechtzeitig eingelangt ist.

Beweis: Screenshot meines Emails vom 20.2.2013

Die Vertreterin des Berufungswerbers hatte auch deshalb keinerlei Grund an der Rechtzeitigkeit und Funktionsfähigkeit der Zustellung der Berufung zu zweifeln, weil Sie während des gesamten Verfahrens Schriftstücke an die E-Mail-Adresse der Behörde übermittelte und nie Fehlermeldungen oder Emails über nicht mögliche oder nicht erfolgte Zustellungen erhielt. Beispielsweise übermittelte Sie - ebenfalls per Email - die Berufung aller anderen von ihr vertretenen Rechtsmittelwerbern, am 15.2.2013 um 23:51:35 Uhr, auch hier erfolgte die Versendung, Eingang und Zustellung des Rechtsmittels rechtzeitig.

Beweis: Screenshot meines Emails vom 15.2.2013

Wie noch unter Punkt 4. zur Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrags auszuführen sein wird, wurde der Vertreterin des Berufungswerbers erstmals mit Schreiben des LVWG vom 21.6.2014, zugestellt am 25.6.2014, mitgeteilt, dass die Berufung erst um 00:00 eingelangt wäre, sodass die Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand erst ab diesem Zeitpunkt tunlich war.

4. Zur Rechtzeitigkeit

Mit Schreiben vom 14.2.2014 forderte das Landesverwaltungsgericht Tirol (in der Folge "LVWG") Herrn F G, zur Frage der Rechtzeitigkeit des Einbringens der Berufung Stellung zu nehmen und wies in diesem Schreiben darauf hin, die Berufung wäre von Frau Mag. A B per E-Mail am 20.2.2013, 00:00 Uhr eingebracht worden. Wie aus den obenstehenden Ausführungen hervorgeht - diese zudem als Stellungnahme zum Schreiben des LVWG vom 14.2.2014 übermittelt wurden - konnte aufgrund der verfügbaren Sendebestätigungen für Frau Mag. A B kein Zweifel daran bestehen, dass die Berufung innerhalb der offenen Rechtsmittelfrist bei der Behörde eingebracht wurde. Erstmals mit Schreiben vom 21.6.2014, zugestellt am 25.6.2014 teilte das LVWG mit, dass die Berufung erst um 00:00 eingelangt wäre und legte erstmals ein E-Mail vor, wonach die Berufung erst am 20. Februar 2013 um 00:00 Uhr eingelangt sei (siehe Beilage).

Aufgrund dieses Schreibens und des beigelegten E-Mails wurde für die Vertreterin von Herrn F G zum ersten Mal ersichtlich, dass es sich bei dem im Schreiben des LVWG vom 14.2.2014 als "verspätetes Einbringen" offenbar um ein "verspätetes Einlangen" handeln sollte. Dies war der Vertreterin des Berufungswerbers bis zum Zeitpunkt der Zustellung des Schreibens vom 21.6., somit bis 25.6.2014, nicht bekannt. Aus den oben angeführten Gründen ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand jedenfalls rechtzeitig, zumal binnen zwei Wochen nach Kenntnis des vom LVWG angenommenen verspäteten Einlangens der Berufung.

Beweis: Schreiben des LVWG vom 14.2.2014 und Schreiben des LVWG vom 21.6.2014

5. Minderer Grad des Versehens

Unter einem minderen Grad des Versehens ist nach der Jud der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts leichte Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB zu verstehen (VwGH 17.5.1990, 90/06/0062; 19.5.1994, 94/18/0226; 27.6.2008, 2008/11/0099), die dann vorliegt, wenn dem Wiedereinsetzungswerber ein Fehler unterlaufen ist, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (VwGH 22. 11. 1996, 95/17/0112; 23.5.2001, 99/06/0039; 1.6.2006, 2005/07/0044; vgl Hengstschläger 3 Rz 606; Thienel 4 323). Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, dh er darf die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen haben (VwGH 8.10.1990, 90/15/0134; 20.1.2000, 98/06/0108; 27.6.2008, 2008/11/0099).

Im konkreten Fall liegt überhaupt kein Verschulden, auch kein minderer Grad des Versehens vor. Im Gegenteil: Die Vertreterin des Berufungswerbers agierte sehr sorgfältig, indem sie die Versendung der Emails sofort kontrollierte und innerhalb kürzester Zeit eine weitere - rechtzeitige - Versendung der Berufung an die Behörde vornahm.

Der nachstehende Wiedereinsetzungsantrag wird lediglich aus Gründen der prozessualen Vorsicht gestellt, weil die Vertreterin des Berufungswerbers aufgrund der ihr vorliegenden Dokumentation nach wie vor davon ausgeht, dass die Berufung rechtzeitig bei der belangten Behörde eingelangt ist. Zudem war der belangten Behörde bereits aufgrund des um 23:58:13 Uhr, sohin auch nach der Aktenlage der belangten Behörde jedenfalls innerhalb der Berufungsfrist eingelangten E-Mails der Vertreterin des Berufungswerbers, bewusst, dass Herr F G Berufung gegen den im Betreff des genannten E-Mails genau bezeichneten Bescheid erhebt. Die entsprechende Vollmacht der Vertreterin des Berufungswerbers war diesem E-Mail angeschlossen.

Der Antragsteller stellt sohin die

Anträge,

das Landesverwaltungsgericht Tirol möge

1. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist, zur Einbringung der Berufung von F G gegen den Bescheid vom 30.1.2013 im wasserrechtlichen sowie forstrechtlichen Bewilligungsverfahren betreffend der „Wasserkraftanlage Xer Ache, T - U" und des „Geschiebeablagerungsbecken W", ihm zugestellt am 5.2.2013 zu bewilligen; und

2. dem Antrag nach Punkt 1. gemäß § 33 Abs 4 VwGVG die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

Gleichzeitig mit diesem Antrag holt der Antragsteller die versäumte Prozesshandlung nach und legt die Berufung vom 19.2.2013 neuerlich vor.

F G

vertreten von Mag A B

(Vollmacht erteilt und liegt im Original im Akt zu GZ: **** auf)“

Mit Eingabe vom 18.07.2014 wurde dem Landesverwaltungsgericht Tirol die Beschwerdezurückziehung von Frau H I übermittelt.

Mit Eingabe vom 31.07.2014, eingelangt am 01.08.2014, stellte Frau Mag. A B einen Antrag auf Vertagung der für 06.08.2014 anberaumten öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung und legte Grundbuchsauszüge vor.

In der am 06.08.2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von der Projektswerberin folgende Projektsänderung beantragt:

„Die Oberkante der vom Sachverständigen erwähnten Mauer wird auf Oberkante Geländeniveau abgesenkt, sodass sich die Abflussverhältnisse nicht ändern.“

Befragt, auf welche ihrer Einwendungen nicht eingegangen worden sei, führte Frau Mag. B bei der Verhandlung am 06.08.2014 folgendes aus:

„Wie bereits ausgeführt, ist mir weder gesamte erstinstanzliche noch der Akteninhalt des Rechtsmittelverfahrens bekannt. Daher kann ich leider nicht abschließend konkretisieren, auf welche Einwendungen von der Behörde nicht bzw nicht ausreichend eingegangen worden ist.

Zum Beispiel fehlen Angaben über die Hub- und Senkgeschwindigkeit der Stauklappen. Die Projektwerber haben in ihrer Stellungnahme vom 04.04.2013 bereits zugestanden, dass diese Informationen im Verfahren gar nicht vorliegen können. Anstatt die eigentliche Geschwindigkeit zu nennen, führen sie dort lediglich aus, es gäbe keinen Zusammenhang zwischen der Hub- und Senkgeschwindigkeit und subjektiv öffentlichen Nachbarrechten. Im Bescheid wird lediglich ausgeführt, „diese vertikale Komponente der Hub- und Senkgeschwindigkeit der Stauklappen im Regelfall 5 cm/min, im Ausnahmefall 25 cm/min nicht überschreiten“. Es fehlen Ausführungen, wann ein Regelfall, wann ein Ausnahmefall vorliegt. Weiters fehlen jegliche Ausführungen über die Gesamtdauer des Umlegens und der Geschwindigkeit der Stauklappen. Dies sind konkrete Einwendungen, auf die nicht eingegangen worden ist.

Weiters fehlen Untersuchungen zur Schwallbildung, die ua auch mit dieser Hub- und Senkgeschwindigkeit zusammenhängen.

Es fehlen auch Untersuchungen zu wassersportbezogenen Tätigkeiten und Sportaktivitäten. Es wurde mehrmals im Verfahren vorgebracht, dass sich unmittelbar in und an den Abstürzen eine Kanustrecke befindet, die weltweite Berühmtheit genießt und für internationale Wettbewerbe genützt wird.

Der Bescheid spricht im Spruchteil A/II/1.4. davon, dass geringfügige steuertechnisch bedingte Schwankungen nicht überschritten werden dürfen. Es wurde mehrmals im Verfahren eingewendet und dies hat unmittelbar Einfluss auf die subjektiv öffentlichen Nachbarrechte, dass kein konkretes Stauziel vorgegeben wird.

Es wurde nicht auf die Wasserbenutzungsrechte der von mir vertretenen Parteien eingegangen. Diese liegen oberhalb der Stauzielwurzel als auch im Staubereich. Dabei schadet nicht, ob diese Wasserrechte ausgeübt werden oder nicht.

Es fehlen Untersuchungen zur Unterliegerstrecke. Dies wird bereits seit mindestens 2010 im behördlichen Verfahren vorgebracht. Im Verfahren wurde auch nicht eingegangen auf Einwendungen, die sich auf die Ausbau- und Dotierwassermenge beziehen. Es fehlen ebenfalls Auseinandersetzungen mit der verbleibenden (reduzierten) Wassermenge, sollte ein Staukraftwerk Y und/oder Z verwirklicht werden. Übergangen wurde auch, dass durch die Projektsänderung noch tiefere Eingrabungen im Flussbett vorgenommen werden.

Wiederholt wurde eingewandt, dass es bei einer Probebohrung im Jahr 2010 innerhalb weniger Stunden zu einem Erdfall gekommen ist, der sich innerhalb kürzester Zeit von einem Bohrkern von ca. 15 cm auf mehrere Meter geweitet hat. In diesem Erdfall ist ein Traktor samt Bauer und samt Mähaufsatz eingebrochen und musste mittels Kran geborgen werden. Offenbar kam es zu einer Hinterfüllung dieses Erdfalls.

Fotos über den verfüllten Zustand könnten ebenfalls beigebracht werden.

Im gesamten Verfahren wurde eingewendet, dass Zahlen zum Wasseraufkommen in den einzelnen Monaten nicht vorhanden sind, auch im Bescheid sind diese leider nicht enthalten. Der Bescheid gibt lediglich Dotationswassermengen an.

Es fehlen Untersuchungen zum Tosbecken. Dies ist insbesondere für die von mir vertretenen Anrainer relevant, da diese in unmittelbarer Nähe, sprich wenige Meter zu diesem Tosbecken leben und auch dort ihren Hauptwohnsitz haben. Es wurden mehrmals lärmschutzrechtliche Einwendungen gegen dieses Tosbecken erhoben, auf welche nicht eingegangen worden ist.

Es wurde wiederholt vorgebracht, dass ein Standort weiter nördlich die Stauwurzel aus dem unmittelbaren Lebensbereich der Anrainer zumindest etwas verlagern würde.

Es wurde vorgebracht, dass das Ortsgebiet von T bereits eine gelbe Gefahrenzone darstellt. Erhebungen und Einwände in Bezug auf den Gefahrenzonenplan des Kraftwerksstandortes sowie des Stauraumes fehlen.

Es wurde mehrmals eingewandt, dass die Wasserkraftanlage in dieser Form nicht rentabel ist, in der bewilligten Form nicht den Kapazitätsmöglichkeit der Wasserkrafterzeugung entspricht, die mit der Xer Ache an diesem Standort möglich wäre. Dies bestätigt auch der Sachverständige für Wasser- und Flussbautechnik, Herr DI, Seite 61, sowie das Wasserwirtschaftliche Planungsorgan.

Es wurde mehrmals eingewendet, dass die Betonierung beider Flussufer zu einer Einengung der Ache und zu einer erhöhten Überschwemmungsgefahr führen.

Widersprüchlich sind die Ausführungen des geologischen Amtssachverständigen Dr. L und des nichtamtlichen Sachverständigen für Geotechnik DI Dr. J H. Der Auslöser für Erdfälle laut dem Sachverständigen H ist die Ausschwemmung von Sandlinsen und Hochwasser. Der Amtssachverständige L stellt fest, es sind Bauarbeiten an der Ache und in Flussnähe. Dies wird auch unterstützt durch die unabhängigen Untersuchungen von Poscher & Patzelt.

Mehrmals thematisiert wurde das dreimalige Umlegen der Xer Ache in ein provisorisches Bachbett bei durchzuführenden Bauarbeiten und Einwendungen aus geotechnischer, hydrologischer, wasserbautechnischer und wasserökologischer Sicht erhoben.

Am 20.08.2012 hat sich am W ein massiver Murenabgang ereignet. Es wurde immer wieder eingewendet, zB bei der Verhandlung am 18.10.2011, dass es sich um sehr gefährdetes Murengebiet handelte und handelt. Der Bescheid der Behörde wurde am 30.01.2013, somit ca. ein ½ Jahr nach diesem Ereignis erlassen. Jegliche Ausführungen zu diesem Ereignis fehlen im Bescheid.

Ergänzend wird vorgebracht, dass sich in der Nacht auf den 01.08.2014 ein weiterer Murenabgang im Bereich W in den künftigen unmittelbaren Staubereich ereignet hat.

Die Parteien haben über die Jahre vorgebracht, dass durch diese Einstauung in genau diesem Bereich ein Abtransport des Geschiebes und der Sedimente, der derzeit möglich ist, weil der W bei einer sehr abschüssigen Stelle in die Ache mündet und dadurch die Ache in der Lage ist, allfällige Murenmaterial zu beseitigen, nicht mehr möglich ist.

Der W hat aufgrund der örtlichen Gegebenheiten, verschärft durch die bereits durchgeführte Dammverbauung, nur die Möglichkeit, in die Ache zu muren. Dies führt zu einer extremen Gefährdung der unmittelbaren Anrainer und einer extremen Verschärfung der Hochwassergefährdung. Die betroffenen Anrainer werden von mir vertreten.“

 

II. Sachverhalt:

1. Dem Wasserrechtsverfahren vor der belangten Behörde waren (Amts-)Sachverständige aus den Fachbereichen Wasserbautechnik, Hydrografie, Siedlungswasserwirtschaft, Gewässerökologie, Geotechnik, Wildbachverbauung, Geologie und Elektrotechnik beigezogen worden. Es wurden am 27.10.2010 und am 18.10.2011 mündliche Verhandlungen durchgeführt; Mag. A B hat sich bei der Verhandlung am 27.10.2010 von C B vertreten lassen und an der Verhandlung am 18.10.2011 teilgenommen. In beiden Verhandlungen wurde das Projekt vorgestellt, ein Befund festgehalten und das Projekt durch die (Amts-)Sachverständigen beurteilt; die Verhandlungsprotokolle wurden (auch) Mag. A B übermittelt.

Aufgrund der Beurteilung des Projekts durch die beigezogenen (Amts-)Sachverständigen wurde die wasserrechtliche Bewilligung erteilt; im Bescheid sind die wesentlichen fachlichen Beurteilungen wiedergegeben und wurde auf die wasserrechtlich relevanten Einwendungen eingegangen. Zum Eingriff in bestehende Rechte hat die Wasserrechtsbehörde wörtlich ausgeführt: „Anlässlich der mündlichen Verhandlung am 18. Oktober 2011 haben die Einwender auf zu ihren Gunsten bestehende Bewässerungsrechte hingewiesen und eine mögliche Beeinträchtigung dieser Wasserrechtsbehörde [richtig wohl: Wasserrechte] durch die Umsetzung des gegenständlichen Vorhabens behauptet. Die Einwender haben jedoch eingeräumt, dass diese Wasserrechte seit Jahrzehnten nicht mehr ausgeübt werden, teilweise sind die zur Bewässerung notwendigen Anlagenteile nicht mehr vorhanden. Außerdem würde das zur Bewässerung notwendige Wasser oberhalb der geplanten Wasserkraftanlage der Xer Ache entnommen. Ausgehend von diesem Vorbringen vermag die Wasserrechtsbehörde einen Eingriff in Bewässerungsrechte, deren Bestehen zudem äußerst fraglich ist, nicht zu erkennen. Eine Verletzung bestehender Rechte im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 ist nicht gegeben.“

Nachdem Frau Mag. B nicht abschließend konkretisieren konnte, auf welche ihrer Einwendungen im behördlichen Verfahren nicht eingegangen worden sein soll, wurden im Beschwerdeverfahren jene Bereiche - erneut - thematisiert, welche ihre Rechte und die Rechte der von ihr vertretenen Personen, das sind Grundeigentum und allfällige Wasserrechte, berühren. Auf die wiederholt vorgebrachten sonstigen Bedenken (wie etwa in naturschutzrechtlicher/gewässerökologischer bzw lärmschutzrechtlicher Hinsicht, Bedenken im Hinblick auf die Rentabilität des gegenständlichen Projekts oder bezüglich wassersportbezogener Tätigkeiten und Sportaktivitäten, etc) wurde dabei nicht eingegangen, da diese von Frau Mag. B und von den von ihr vertretenen Personen als betroffene Grundeigentümer bzw Wasserberechtigte im wasserrechtlichen Verfahren nicht releviert werden können.

Das gegenständliche Projekt wurde auch im Beschwerdeverfahren einer fachlichen Prüfung durch (Amts-)Sachverständige aus den Fachbereichen Wasser- und Flussbautechnik, Geotechnik, Geologie, Wildbachtechnik und Gewässerökologie unterzogen. Im Beschwerdeverfahren hat sich ergeben, dass im Vergleich zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung eine Änderung insoferne eingetreten ist, dass grundsätzlich zwar die Gefahrenzonenplanung in wasserrechtlichen Verfahren keine Relevanz hat. Im konkreten Fall jedoch könnten sich durch das Projekt Auswirkungen auf die Zonenausweisung ergeben. Dies deshalb, weil der orografisch linke Vorlandabfluss durch die orografisch linke Begleitmauer an einem Zurückfließen in die Xer Ache an der bisherigen Stelle gehindert wird. Es ist nicht auszuschließen, dass sich dadurch die Gefahrenzonen der Xer Ache in diesem Bereich ändern. Von der Antragstellerin wurde daher eine Projektsänderung beantragt, wonach die Oberkante der gleichzeitig als Abdichtungselement für den Stauraum vorgesehenen Winkelstützmauer so abgesenkt wird, dass sie nicht mehr über das bestehende Gelände hinausragt und so ein Rückfließen des Wassers der Xer Ache ungehindert möglich ist.

Die von den Beschwerdeführern behaupteten Gefährdungen ihres Eigentumsrechts, etwa durch Hochwasser, Eisstoß und Eisbildung im Stauraum, Wechselwirkungen zwischen der Xer Ache und dem Grundwasser, Erdfälle oder Mureinstoß aus dem W in die Xer Ache, sind nicht zu besorgen. Ebensowenig hat sich ergeben, dass die Beurteilung der Beeinträchtigung allfälliger Wasserrechte durch die Wasserrechtsbehörde unzutreffend ist; eine (weitere) Konkretisierung derartiger Rechte ist im Beschwerdeverfahren nicht erfolgt.

2. Der angefochtene Bescheid wurde F G am 5. Februar 2013 zugestellt.

Am Dienstag, den 19. Februar 2013 sendete A B eine EMail an die Abteilung Wasser- Forst- und Energierecht des Amtes der Tiroler Landesregierung. Laut Text dieses EMails sollte im Auftrag von F G seine Berufung gegen den Bescheid vom 30.1.2013 übermittelt werden. Dem EMail war die Anlage „F G.pdf“ angeschlossen; dabei handelte es sich die Bevollmächtigung von A B zur Einbringung der Berufung durch F G. Laut vorgelegtem Screenshot wurde dieses EMail um 23:58:13 Uhr gesendet; laut dem im behördlichen Akt einliegenden EMail erfolgte die Sendung um 23:58 Uhr. Dieses EMail ist bei der belangten Behörde am 19. Februar 2013 eingelangt.

Unmittelbar danach sendete A B eine weitere EMail an die Abteilung Wasser-, Forst- und Energierecht. Der Text lautete „offenbar fehlte das Worddokument der Berufung. Sieh anbei“. Diesem EMail war die Anlage „Berufung F G.doc“ angeschlossen. Dieses EMail wurde laut Screenshot am Dienstag, den 19. Februar 2013, 23:59:30 Uhr, laut dem im behördlichen Akt einliegenden EMail am Mittwoch, den 20. Februar 2013, 00:00 Uhr, gesendet und ist bei der belangten Behörde am 20. Februar 2013 eingelangt.

 

III. Beweiswürdigung:

Im Beschwerdeverfahren wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt und in die von Mag. A B vorgelegten Screenshots sowie durch Einvernahme der Beschwerdeführer, des Vertreters der Antragstellerin und der (Amts-)Sachverständigen aus den Fachbereichen Geologie/Hydrologie, Geotechnik, Wasser- und Flussbautechnik, Gewässerökologie und Wildbachtechnik. Der Amtssachverständige für Gewässerökologie wurde aufgrund des Beschwerdevorbringens des V beigezogen, da die Frage der Parteistellung des V im Wasserrechtsverfahren zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend geklärt war.

Der Sachverständige für Geotechnik führte Folgendes aus:

„Bei den von mir bisher im behördlichen Verfahren erstatteten Beurteilungen (Befund und Gutachten), sind mir die Unterlagen vollständig vorgelegen.

Es trifft zu, dass ich bei meiner fachlichen Beurteilung des gegenständlichen Projekts folgende Schlussfolgerung festgehalten habe:

Aus meiner Sicht besteht gegen die Errichtung des beantragten Kraftwerks - bei Einhaltung der von mir geforderten Nebenbestimmungen - kein Einwand. Zwar können während der Errichtung und des Betriebs Erdfallerscheinungen nicht ausgeschlossen werden. Die im Zusammenhang mit dem Bau der Kraftwerksanlage geplanten Maßnahmen, wie die Abdichtung des Rückstauraumes, des Umleitungsgerinnes, des Wehrbauwerks und der Eintiefungsstrecke unterhalb des Wehrbauwerks vermindern das Erosionsrisiko im Untergrund während des Baus und des Betriebs auf ein vertretbares Ausmaß.“

Beim Bau und während des Betriebes des Kraftwerks können Erdfälle auftreten, welche sich jedoch auf das Bachbett und den Uferbereich beschränken.

Ein Beispiel, wodurch Erdfälle beim Betrieb des Kraftwerks auftreten könnten, wäre das Ausbaggern des Stauraums.

Befragt, ob hinsichtlich der Größe allfälliger Erdfälle Angaben gemacht werden können:

Die Erdfälle werden in etwa die Größe aufweisen, wie sie derzeit bekannt sind. Dabei handelt es sich um Erdfälle in der Größenordnung von einigen m³, wie sie bisher dokumentiert sind.

Über Frage, ob mir die Erdfälle vom 17.03.1980, BH M zu Zahl ****, 15.01.1992, Einbruch am rechtsufrigen Hochwasserdamm (Niederschrift BBA M vom 17.01.1992, Zahl ****, vom 26.12.1992 (Dammeinbruch am orografisch rechten Ufer, Aktenvermerk Abt. **** vom 29.012.1992, Zahl ****) und 13.01.1993 Sohleinbruch am Ostdamm der Xer Ache (Aktenvermerk von Dr. **** 18.01.1993, Zahl ****, Aktenvermerk der Abt. **** vom 15.01.1993, Zahl ****) bekannt sind, gebe ich an:

Ich verweise dazu auf mein Gutachten im Bescheid vom 30.01.2013, Seite 75, wo zu den Erdfällen ausführlich Stellung genommen wird. In diesem Absatz wird auf 7 Erdfälle hingewiesen. Die Beschreibung der Erdfälle liegt in den Projektsunterlagen vor. Einige Erdfälle konnten selbst begutachtet werden.

Ob ich alle angeführten Unterlagen eingesehen habe, kann ich heute nicht angeben. Einige dieser Unterlagen waren mir jedoch bekannt. Insbesondere habe ich auch eine Unterlage ausgehoben, in welcher die Verfüllung eines derartigen Hohlraumes dargestellt ist. Im Gutachten auf Seite 76 ist dargestellt, dass mir eine Niederschrift des Baubezirksamtes M und der Landesbaudirektion vom 29.01.1992 und vom 17.01.1993 vorgelegen hat.

Wenn mir ein Artikel vom 05.01.1993 vorgelegt, welcher sich auf den Dammeinbruch vom 26.12.1992 sowie den Sohleinbruch vom 13.01.1992 bezieht, so gebe ich an, dass mir diese Vorfälle bekannt sind.

In meinem Gutachten steht wörtlich:

„Wie diese Zusammenstellung zeigt, haben zum Teil beträchtliche Materialtransporte (4.000 m³, 10.000 m³ 1992) stattgefunden. Gebäudeschäden und die Aussiedlung von Objekten (Erdfälle vor 1992) waren die Folge.“

Zur Frage, ob mir bekannt war, dass offenbar im Dezember 1992 von 28.12.1992 bis 02.01.1993 insgesamt 1.100 LKW-Ladungen Schotter zur Verfüllung aufgewendet werden musste, gebe ich an:

Diese 1.100 LKW-Ladungen entsprechen in etwa den von mir angeführten 10.000 m³.

Wenn ich gefragt werde, ob mir bekannt ist, dass 1980 ein Erdfall zur Zerstörung eines Gebäudes und zur Aussiedelung einer Partei geführt hat, gebe ich an, dass mir der Vorfall bekannt ist. Ich war damals persönlich vor Ort anwesend. Der Schaden ist im Zusammenhang mit Grabungsarbeiten in der Ache entstanden. Große Wassermengen der Ache sind im Untergrund versickert und haben auf der orografisch rechten Seite zu Senkungen im Erdreich geführt. Ein Gebäude wurde massiv in Mitleidenschaft gezogen und musste meines Wissens nach abgerissen werden.

Ich bin nicht bei den Grabungsarbeiten dabei gewesen, sondern habe erst nach dem Ein-tritt des Schadens die Situation gesehen. Nach meiner Erinnerung war zu diesem Zeitpunkt der Graben in der Ache wieder verfüllt.

Wenn ich gefragt werde, ob ich wahrgenommen habe, dass die gesamte Ache „verschwunden“ war, verweise ich auf meine vorherigen Ausführungen.

Wenn ich gefragt werde, ob mir bei der Erstellung des Gutachtens der Endbericht über die geologisch-hydrogeologische Untersuchung T U, ILF, im Auftrag des Amtes der Tiroler Landesregierung samt Anlagen vorgelegen hat, so verweise ich auf meine diesbezügliche Anführung „Grundlage Endbericht ILF, 1995“. Auch die im Bescheid auf Seite 74 wiedergegebenen Abbildungen entstammen diesem Endbericht. Ich verweise auch auf Seite 72. Auf dieser Seite ist auch genau angeführt, welche Teile dieser Bearbeitung des Büros ILF zur Erstellung des Gutachtens zur Verfügung standen.

Wenn ich gefragt werde, ob ich die in diesem Endbericht angeführten Faktoren „schwebendes Grundwasser“ bzw „Zone erhöhter Bodenfeuchte“ längs und im Bereich der Xer Ache miteinbezogen habe, so trifft dies zu. Es wird auf das Gutachten Seite 85 im Bescheid Punkt 4.2 verwiesen.

Wenn ich gefragt werde, ob ich den Bescheid der BH M vom 18.10.1985, Zahl ****, kenne, so kann dies möglich sein. Mir wird ein Passus in diesem Bescheid vorgelesen, wonach im sogenannten Ter Becken die Xer Ache ein mehr oder weniger dichtes Bett geschaffen hat. Wird dieses Bett aufgerissen, kommt es zu Erosionen und Setzungen der Oberfläche und der damit dort befindlichen Gebäude und Verkehrswege.

Dazu gebe ich an, dass das Aufreißen der Bachsohle zu Senkungen und Erosionen führen kann. Aus diesem Grund wurde eine Abdichtung der abgesenkten Flussbereiche im Bereich des geplanten Kraftwerkes gefordert und im Projekt dargestellt.

Hinsichtlich der Möglichkeit, dass während des Betriebs des Kraftwerks Erdfälle auftreten, gibt es keine zeitliche Einschränkung. Ich habe bereits ausgeführt, dass diese im Zusam-menhang mit dem Ausräumen des angelandeten Geschiebes im Stauraum auftreten können. In diesem Zusammenhang kann es zu einer Verletzung der Bachsohle kommen.

Die Situation wird durch die Abdichtung des Stauraumes und des eingetieften Unterwasserbereiches gegenüber der derzeitigen Situation verbessert. Eine Bentonitmattenabdichtung bedeutet eine praktische Dichtheit der Flusssohle. Während derzeit eine relativ große Infiltration in den Untergrund erfolgt, wird diese nach der Abdichtung nahezu verhindert.

Auch während des Baues werden die Umleitungsgerinne mit einer Bentonitdichtung abgedichtet. Im Bereich des geplanten Sandfanges wird die Sohle durch eine Betondecke abgedichtet. Zur Erklärung: Die Umleitung erfolgt während der Errichtung der Sohlabdichtung für das Hauptgerinne in einem Abschnitt durch die Baugrube des Sandfanges.

Wenn ich gefragt werde, was für mich den Uferbereich darstellt:

Der Uferbereich umfasst das Ufer der Ache. Es wird eine Größenordnung von 10 m bis 20 m vom Flussbett landeinwärts angegeben.

Wenn ich gefragt werde, ob nach dieser Uferbeschreibung das Haus von Frau N im Uferbereich situiert ist:

Die Objekte orografisch links liegen praktisch durchgehend auf Bergsturz. Erosionen im Untergrund sind hier praktisch ausgeschlossen. Bekannte Erosionen im Uferbereich sind orografisch rechts aufgetreten, dort wo Sande die Bergsturzablagerungen überlagern.

Zur Frage der Örtlichkeit der Stauwurzel: es ist die Stauwurzel bei Mittelwasser gemeint (Bezug: Nebenbestimmung 1.16).

Zur Frage der Wirksamkeit der Abdichtungsmaßnahmen, insbesondere von Bentonitmatten führe ich aus:

Die Bentonitmatten sind eine erprobte und anerkannte Technologie. Dies gilt auch für das alpine Gelände. Dazu kann ich einige Beispiele übermitteln, welche unter vergleichbaren Verhältnissen eingesetzt worden sind.

Mir ist nichts davon bekannt, dass der Einsatz derartiger Bentonitmatten in sieben Ländern nicht zugelassen ist.

Wie bereits im Gutachten ausführlich beschrieben, befindet sich unter der Bentonitmatte eine Ausgleichs- und Bremsschicht von 50 cm. Darüber liegt die Tondichtungsbahn. Diese wird geschützt durch eine Schutzschicht mit 60 cm, eine Bettungsschicht mit 30 cm und eine schwere Sohlpflasterung.

Zur Frage der Erdfallproblematik:

Natürlich kann bei sorgfältiger Arbeit im Bachbett die Gefahr eines Erdfalles vermindert werden. Erdfälle können natürlich auch unabhängig von Arbeiten im Bachbettbereich und unabhängig vom Kraftwerksbetrieb selbst entstehen. Durch die Abdichtung entfällt ein Grund eines solchen möglichen Entstehens, weil weniger Wasser in den Untergrund eingetragen wird. Es ist aber auch festzustellen, dass Baggerarbeiten auch bei großer Vorsicht kleine Erschütterungen erzeugen können.

Wenn keine kraftwerksbedingten Baggerungen im Bachbett durchgeführt werden, fällt eine weitere Ursache für das Entstehen von Erdfällen weg.

Alle Baumaßnahmen sehen vor, in der Bauphase als auch in der Betriebsphase, dass das Bachbett abgedichtet wird. Die Abdichtung ist erforderlich, weil eben bekannt ist, dass der Untergrund erosionsgefährdet ist. Bei Einhaltung des Projektes ist auszuschließen, dass Erosionen im Untergrund aufgrund der Baumaßnahmen und der Stauhaltung entstehen.

Wenn ich gefragt werde, ob mir das geologische Gutachten von em. o. Prof. Dr. O P (Teil 1), in welchem auf den Seiten 8 und 9 eine Chronologie der Erdfallereignisse dargestellt ist, bei meiner Gutachtenserstellung vorgelegt hat, so bejahe ich dies. Dies steht auch in meinem Gutachten“.

 

Der Amtssachverständige für Geologie führte Folgendes aus:

„Bei den von mir bereits abgegebenen Beurteilungen waren die mir vorliegenden Unterlagen vollständig.

Zusammenfassend wurde von mir festgestellt, dass die Möglichkeit von Erdfällen durch den Bau und den Betrieb der Anlage für kein Haus in der Umgebung eine Gefahr darstellen kann. Diese Einschätzung ist als gesichert anzusehen, da über den Mechanismus der Erdfallentstehung heute detailliertes Wissen vorliegt und dieses in das Projekt eingeflossen ist. Die Erdfallentstehung kann allerdings nicht vollkommen für die Errichtungsphase im direkten Bereich der Erdbauarbeiten ausgeschlossen [werden]. Ab der Inbetriebnahme des Kraftwerkes sind Erdfälle, ausgelöst durch die Kraftwerksanlage, auszuschließen.

Der geotechnische Sachverständige hat sich bei seiner Äußerung bezüglich der Erdfälle beim Betrieb des gegenständlichen Kraftwerkes darauf bezogen, dass Nassbaggerungen im Zusammenhang mit dem Kraftwerksbetrieb durchgeführt werden.

Zur Ursache der Erdfälle und dem dazu aufgezeigten vermeintlichen Widerspruch zu den Ausführungen des geotechnischen Sachverständigen ist Folgendes festzuhalten:

Im Bescheid ist auf Seite 65 unter Punkt 2.2.2 Erdfälle festgehalten, dass es zwei Ursachen bei bisher aufgetretenen Erdfällen gibt. Damit ist auch die vom geotechnischen Sachverständigen angeführte Ursache inbegriffen, sodass ein Gleichklang der Aussagen vorliegt.

Zum Zeitpunkt meiner fachlichen Äußerung war das gesicherte Wissen bezüglich der Entstehung von Erdfällen im Raum T bereits gegeben und mein Gutachten baut unter anderem auf dem Wissen des Projektes auf, sodass davon auszugehen ist, dass auch die Projektersteller bereits dieses umfassende Wissen gehabt haben.

Dieses moderne Wissen ist mit dieser ILF-Studie bereits vorliegend. Diese Studie ist mit dem Jahr 1995 datiert.

Es ist davon auszugehen, dass auch vor 1980 ein Wissen bereits vorhanden war.

Es ist nicht meine Aufgabe, im Zusammenhang mit einer fachlichen Beurteilung von Projektsunterlagen eigene Untersuchungen anzustellen. Vielmehr habe ich die Projektsunterlagen dahingehend zu prüfen, ob diese im Hinblick auf die durchgeführten Unter-suchungen ausreichend und plausibel sind und damit meiner Beurteilung zugrunde gelegt werden können.

Ich halte meine gutachterliche Feststellung, dass durch das Projekt kein Haus der Umgebung gefährdet ist, aufrecht“.

Der Amtssachverständige für Gewässerökologie führte Folgendes aus:

„Laut Nationalem Gewässerbewirtschaftungsplan sind die beiden Wasserkörper **** und **** mit mäßigem Zustand ausgewiesen. Die ausführlichen limnologischen Untersuchungen zur Projektserstellung haben jedoch den guten ökologischen Zustand zumindest beim zweiten Wasserkörper, dem Hauptwasserkörper, festgestellt.

Mit den im Bescheid festgeschriebenen Nebenbestimmungen und dynamischen Dotierwassermengen wird den Vorgaben des Wasserrechtsgesetzes bzw der Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer Rechnung getragen.

Daraus geht hervor, dass mit diesen Auflagen der gute ökologische Zustand aufrecht erhalten werden kann. Die Erreichung des Zielzustandes wird durch die Errichtung des gegenständlichen Kraftwerkes nicht verhindert.

Mit den vorgeschlagenen und in den Bescheid aufgenommen Vorschreibungen und Nebenbestimmungen, vor allem auch vom siedlungswasserbautechnischen Amtssachverständigen, ist eine nachhaltige bzw. nachweisbare Beeinträchtigung in der Bauzeit auszuschließen.

Die Untersuchung „Lebewelt der Xer Ache“ ist mir bei meiner Beurteilung nicht vorgelegen.

Durch den Laufstau und die Kleinheit des Stauraumes sowie den darin auftretenden hohen Strömungsgeschwindigkeiten werden sich keine nachhaltigen und nachweisbaren Veränderungen am ökologischen Zustand ergeben. Aufgrund des eingereichten Projekts und der im Bescheid enthaltenen Nebenbestimmungen und Auflagen sind Veränderungen am ökologischen Zustand auszuschließen.

Zum Berufungsvorbringen, wonach Untersuchungen der Auswirkungen der Schwallbildung auf Fische fehlen, ist darauf hinzuweisen, dass es sich beim eingereichten Projekt um ein Laufkraftwerk ohne Schwellbetrieb handelt.“

Der Amtssachverständige für Wildbachtechnik führte Folgendes aus:

„Ein Einstoß von Geschiebematerial in die Xer Ache kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Allerdings ist davon auszugehen, dass die im Verhältnis zur Gesamtmurfracht eingetragenen Geschiebemengen minimal sind. Die Xer Ache ist derzeit im Falle eines Niederwassers auch nicht in der Lage, eventuelle Geschiebemassen rasch abzutragen.

Durch ein verändertes Stauziel der geplanten Wasserkraftanlage mündet der W jetzt unmittelbar im Bereich der projektierten Stauwurzel in die Xer Ache. Im Falle eines Geschiebeeinstoßes des Wes in die Ache weist diese bei geschlossener Wehranlage keine Transportkapazität auf und es ist mit einem Rückstau des Geschiebes im Bereich des Wes zu rechnen, was wie oben erwähnt, bei einer Niederwasserführung der Xer Ache auch bereits jetzt auftreten kann. Bei einer derartigen Situation besteht für den Siedlungsraum bzw Infrastruktureinrichtungen keine erhöhte Gefährdung. Demnach ist auch nach fachtechnischer Ansicht ein weiterer Geschieberückhalt im W nicht notwendig.

Zum Schutz des Kraftwerkes ist das gegenständliche Geschiebeablagerungsbecken ausreichend dimensioniert. Zum Schutz der erwähnten Infrastruktureinrichtungen bzw landwirtschaftlichen Flächen wäre das gegenständliche Geschiebeablagerungsbecken nicht geeignet. Diese Infrastruktureinrichtungen bzw landwirtschaftlichen Flächen sind jedoch von Mureinstößen aus dem W auch ohne Errichtung des gegenständlichen Kraftwerkes betroffen.

Die Errichtung des gegenständlichen Kraftwerkes hat auf die Gefährdung der umliegenden Infrastruktureinrichtungen bzw landwirtschaftlichen Flächen aus wildbachtechnischer Sicht keinen Einfluss.

Es wurde auch eine Untersuchung des Stauraumes aus wildbachtechnischer Sicht durchgeführt; diese Untersuchung hat dazu geführt, dass die Stauwurzel bachabwärts in den Mündungsbereich des Wes in die Xer Ache verlegt wurde. Die Projektwerber sind an den forsttechnischen Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung herangetreten, um auch eine Beurteilung des Stauraumes aus fachlicher Sicht durchführen zu lassen. Diese Beurteilung aus wildbachtechnischer Sicht hat dann dazu geführt, dass die Stauwurzel bachabwärts, wie bereits geschildert, verlegt wurde und das Projekt dementsprechend abgeändert wurde.

Der Eintrag 2012 in die Xer Ache war kleiner als 10.000 m³ und wurde von uns auf ca. zwischen 3.000 m3 und 5.000 m³ geschätzt, wobei derartige Schätzungen naturgemäß mit einem Unsicherheitsfaktor behaftet sind.

Faktum ist, dass es beim W zu keinem Murstoß in die Xer Ache kommen kann. Murstoß bedeutet, dass der Murkopf direkt in die Ache eingetragen wird. Aufgrund des sehr flachen Schwemmkegels bleibt der Murkopf, bei dem sich das grobkörnigste Material befindet, im oberen Schwemmkegelbereich liegen. Es werden nur feineres Geschiebe bzw Sedimente in die Ache eingebracht. Aus diesem Grund wurde auch der obere Kegel abgetragen, da dort die größten Wasserbausteine zu gewinnen waren.

Der Geschiebeeintrag vom W in die Xer Ache erfolgte über einen längeren Zeitraum. Unter einem längeren Zeitraum sind dabei mehrere Stunden bis zum Abklingen der Hochwasserwelle des Wes zu verstehen.

Wenn ich gefragt werde, zu welcher Tageszeit der Geschiebeeintrag vom W in die Xer Ache im August 2012 erfolgt ist, so kann ich dies heute nicht mit Sicherheit sagen. Bei einer Begehung am Vormittag des darauffolgenden Tages war jedenfalls die Hochwasserwelle des Wes noch nicht vollständig abgeklungen. Bei dieser Begehung wurde noch ein minimaler Geschiebeeintrag in die Xer Ache festgestellt. Es wurden im Bereich der Xer Ache keine Auflandungen im Gerinne festgestellt, es wurden nur Feinsedimente eingetragen (Trübfärbung der Ache)“.

Der Amtssachverständige für Wasser- und Flussbautechnik führte Folgendes aus:

„Es trifft zu, dass ich bereits umfangreiche Stellungnahmen hinsichtlich Feststoffmanagement und Hochwasserabfuhr abgegeben habe. Bezüglich der Themen Mureinstoß aus dem W, Einbrüche in der Flusssohle und Erdfallproblematik war ich ebenfalls befasst, diese Themen stellten jedoch nicht die Hauptbereiche meiner gutachterlichen Äußerungen dar.

Zum Feststoffmanagement:

Aufgrund des vorliegenden Feststoffmanagements sollte eine Nassbaggerung nicht mehr erforderlich sein. Dies bezieht sich jedoch nur auf den Einfluss des Kraftwerks. Es können jedoch Baggerungen infolge Mureinstoßes nicht ausgeschlossen werden. Dabei ist unter anderem an einen Mureinstoß aus dem W zu denken. Derartige Baggerungen aufgrund Mureinstoßes aus dem W wären auch ohne Kraftwerk erforderlich.

Zur Hochwasserproblematik:

Dazu wurde im Gutachten ausführlich Stellung bezogen. Allgemein wird festgestellt, dass allein durch eine Stauhaltung keine Verschlechterung der Hochwassergefährdung zu befürchten ist, da im Hochwasserfall die beiden Stauklappen umgelegt werden und der gesamte Flussquerschnitt für den Hochwasserablauf freigegeben wird. Der Nachweis der Hochwasserabfuhrfähigkeit für die neu konzipierte Wehranlage wurde entsprechend der DIN 19700, Teil 13, erbracht.

Durch die Wehranlage ist keine Verschlechterung der Hochwassersituation zu befürchten. Im Anlagenbereich (Stauraum, Wehr und Unterwasserbereich) sind auf Basis der hydraulischen Berechnungen für HQ100 und auch bei Ausfall eines Wehrfeldes und bei Einhaltung der maximalen zulässigen Anlandungshöhen an der Gewässersohle keine negativen Aus-wirkungen auf den Ablauf von Hochwässern im Vergleich zur derzeitigen Situation zu erwarten.

Aufgrund des zu erwartenden hohen Feststoffeintrages in den Stauraum und des vorliegenden Feststoffmanagements, insbesondere durch die Einrichtung eines kontinuierlichen Messsystems und der gesonderten Spülung des Stauraumes bei Erreichen der maximal zulässigen Anlandungshöhe durch vollständiges Umlegen der Stauklappen, kann der Feststofftransport im Stauraum und im Unterwasserbereich in geeigneter Weise gewähr-leistet werden, um eine dauerhafte und kumulative Anlandung der Sohle im Stauraum zu verhindern.

Zur möglichst vollständigen Ausnutzung der motorischen Kraft des Gewässers:

Ich habe mich dabei auf den Ausbaugrad gestützt, der mit 0,83 zu gering gewählt wurde. Dabei wurde jedoch nicht das Projekt AK Z berücksichtigt. Wird dieses Projekt realisiert und ein Teil der Abflussmenge der Xer Ache in den Speicher Q übergeleitet, erhöht sich der Ausbaugrad des gegenständlichen Projektes.

Berücksichtigt man das Projekt Z, dann liegt nach Angaben der Antragstellerin für das gegenständliche Kraftwerk eine Überschreitungsdauer von 59 Tagen vor.

Die durch das Kraftwerk beabsichtigte Ausnutzung der Xer Ache im Ausmaß von 22 m³/s (Ausbaudurchfluss) entspricht unter Zugrundelegung der vorgeschlagenen Dotierwasserabgabe einer jährlichen Überschreitungsdauer von rund 125 Tagen. Das heißt, an 125 Tagen erfolgt die Abarbeitung des Ausbaudurchflusses im Ausmaß von 22 m³/s und findet ein Abfluss über die Wehranlage ungenutzt statt.

Aus wasserbaulicher Sicht können die Auswirkungen durch einen Mureinstoß in die Xer Ache gegenüber der derzeitigen Situation beurteilt werden. Allfällige Gefährdungen für die flussauf liegenden Bereiche könnten sich durch einen eventuellen Aufstau der Xer Ache infolge der Querschnittsänderung in der Xer Ache von einem Mureinstoß ergeben. Im Hochwasserfall oder bei einem Murereignis werden die beiden Stauklappen umgelegt und der gesamte Flussquerschnitt für den Hochwasserablauf und den Geschiebetransport freigegeben, wodurch eine Verschlechterung der Hochwassergefährdung durch einen Murabgang des Wes im Vergleich zur derzeitigen Situation nicht zu erwarten ist.

Ich bin kein wildbachtechnischer Sachverständiger und kann den Mureinstoß aus dem W nur aus wasserbau- bzw flussbautechnischer Sicht beurteilen.

Ich habe den Murabgang am 20.08.2012 in meinen gutachterlichen Äußerungen nicht einbezogen. Mir ist nicht bekannt, welche Feststoffmengen bei diesem Murabgang in die Ache eingebracht worden sind.

Meine ursprüngliche Aussage, wonach Naßbaggerungen nicht dem Stand der Technik entsprechen, ist heute zu revidieren. Es ist Tatsache, dass derartige Naßbaggerungen sowohl in Tirol als auch in anderen Bundesländern bewilligt werden. Dies war mir bei meiner damaligen Befassung in der ersten mündlichen Verhandlung 2010 in diesem Aus-maß nicht bekannt.

Der Projektwerber hat ein Feststoffmanagement vorgelegt, in dem von einer jährlichen Schwebstofffracht von 400.000 t ausgegangen wurde. Die Jahresgeschiebefracht wurde mit rund 200.000 t angegeben.

Wenn ich gefragt werde, ob mir die Zahlen aus den Untersuchungen des hydrografischen Dienstes, welcher in T einen Pegel betreibt, bekannt sind, so verneine ich dies.

Wenn in diesen Untersuchungen die jährliche Schwebstofffracht mit 340.000 bis 700.000 t angegeben wird, so führe ich dazu aus:

Aufgrund des von mir beurteilten Feststoffmanagements ist es möglich, auch diese zusätzliche Menge an Schwebstoffen zu bewältigen.

Zum Feststoffmanagement ist ergänzend zu meinen bisherigen Stellungnahmen auszuführen:

Zur Gewährleistung des Feststofftransportes im Stauraum und im Unterwasserbereich sowie zur Sicherstellung des erforderlichen Hochwasserschutzes sind im Projekt unterschiedliche Maßnahmen vorgesehen. Unter anderem ist eine jahresdurchgängige automatische Spülung mit mindestens 3 m³/s durch die Dotationsöffnung vorgesehen (Punkt a). Die automatische Spülung durch die Dotationsöffnung in dieser Form ist jedoch nicht möglich. Auch ohne diesen Punkt ist jedoch von mir das vorgelegte Feststoffmanagement aus fachlicher Sicht als zur Erreichung des Zieles geeignet beurteilt worden.

Wenn ich gefragt werde, ob ich bei meiner Beurteilung auch die ÖNORM 2400 herangezogen habe, gebe ich an:

Diese ÖNORM hat für die Beurteilung aus meinen Fachbereich keine Relevanz.

Die hydraulische Berechnung ist auf HQ100 ausgelegt und beträgt dieses 456 m³/s. Diese Ermittlung wurde vom hydrografischen Amtssachverständigen geprüft.

Die Beurteilung wurde anhand der DIN 19700, Teil 13, vorgenommen. Das gegenständliche Kraftwerk ist als Staustufe der Klasse 1 zu klassifizieren. Für die hydraulische Bemessung der Wehranlage inklusive Rückstauraum wurden zwei Hochwasserbemessungsfälle angesetzt (das Bemessungshochwasser 1 entspricht einem 100-jährli¬chen Hochwasser und das Bemessungshochwasser 2 entspricht einem 1000-jährlichen Hochwasser).

Wenn ich gefragt werde, wie lange das Legen der Stauklappen dauert, gebe ich an:

Dies lässt sich ausrechnen.

Zum Ausbaugrad:

Ich war mit dem Projekt Z als Prüfgutachter für Wasserbau befasst. Dies im Hinblick auf die Frage der Vollständigkeit der Unterlagen im UVP-Verfahren.

Es gibt von mir keine Äußerung dahingehend, dass es neben T und U noch eine zweite Gefällestufe an der Ache gibt.

Zu Spruchteil A/II/1.4 ist Folgendes auszuführen:

Eine Quantifizierung der geringfügigen Schwankungen ist praxisfern und auch aufgrund anderer Einflussfaktoren (Wasserspiegelschwankungen bei der Wasserspiegelmessung durch Wind bzw. durch turbulente Strömungen) nicht möglich. Es werden jedoch dadurch keine öffentlichen Interessen bzw. Interessen Dritter beeinträchtigt. Insbesondere sind keine nachteiligen Auswirkungen auf die Hochwassersituation in T zu erwarten. Durch diese Unsicherheiten kann die Freibordgrenze von 1 m keinesfalls überschritten werden.

Zur Nebenbestimmung Spruchpunkt VII/A)/Punkt 2.2:

Diese Nebenbestimmung wurde deswegen aufgenommen, dass im Hochwasserfall, und das ist mit dem Ausnahmefall gemeint, die Senkgeschwindigkeit der Stauklappen auf 25 cm/min erhöht werden kann.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Hochwasser schneller steigen kann, als 1 m/4 min.

Wenn ich gefragt werde, ob die im Projekt enthaltenen Maßnahmen gegen Vereisung und gegen Funktionsbeeinträchtigung durch Geschiebe ausreichend sind, um einem Übersteigen des Stauziels vorzubeugen, so bejahe ich dies.

Zur Nebenbestimmung Spruchteil A/VII/A)/3.3:

Die Messung der Verlandung erfolgt kontinuierlich über die Wasserspiegelmessung. Die terrestrischen Profilaufnahmen dienen lediglich zur Überprüfung der Wasserspiegelmessung. Eine jährliche Aufnahme der Profile ist ausreichend.

Wenn ich gefragt, ob es für die Erstattung eines Gutachtens essentiell gewesen wäre, vom Murabgang am 20.08.2012 Kenntnis gehabt zu haben, gebe ich an:

Dies wäre dann der Fall gewesen, wenn mit diesem Murabgang neue Erkenntnisse verbunden gewesen wären.

Im unmittelbaren Anlagenbereich wird nach meiner Beurteilung die Hochwassersituation durch das Projekt verbessert. Dies ergibt sich aufgrund der Absenkung der festen Wehr-schwelle von rund 1,50 m unter die bestehende Bachsohle.

Über Frage, ob ich es für gesichert halte, dass an der projektierten Wasserfassungsstelle während der nächsten 50 Jahre noch das gesamte Wasser der Xer Ache zur Nutzung zur Verfügung stehen wird, gebe ich an:

Ich bin nicht im Stande, diese Frage zu beantworten.

Wenn ich gefragt werde, ob mir konkrete Bestrebungen bekannt sind, das Wasser der Xer Ache in noch anderen und größeren Kraftwerken zu nutzen als dem gegenständlichen, gebe ich an:

Bekannt ist mir dazu das Projekt Speicherkraftwerk Y, das Projekt Ausbau Z.

Mir ist der Optionenbericht nicht bekannt, sodass ich dazu keine Angaben machen kann. Dies gilt auch für den Synthesebericht.

Der Rahmenplan Tiroler **** ist mir in groben Zügen bekannt. Der Letztentwurf ist mir nicht bekannt.

Befragt zur vorliegenden Gefahrenzonenplanung im Projektbereich gebe ich an:

Grundsätzlich hat die Gefahrenzonenplanung in wasserrechtlichen Verfahren keine Relevanz. Im konkreten Fall jedoch könnten sich durch das Projekt Auswirkungen auf die Zonenausweisung ergeben. Dies deshalb, weil der orografisch linke Vorlandabfluss durch die orografisch linke Begleitmauer an einem Zurückfließen in die Xer Ache an der bisherigen Stelle gehindert wird. Es ist nicht auszuschließen, dass sich dadurch die Gefahrenzonen der Xer Ache in diesem Bereich ändern. Es sind entsprechende Vorkehrungen zu treffen, die ein Zurückfließen des orografisch linken Vorlandabflusses wie bisher ermöglichen“.

Zur Projektsänderung führte der Amtssachverständige für Wasser- und Flussbautechnik ergänzend Folgendes aus:

„Im Anlagenbereich (Stauraum, Wehr und Unterwasserbereich) sind auf Basis der hydraulischen Berechnungen für HQ100, auch bei Ausfall eines Wehrfeldes ((n-1)-Fall) und bei Einhaltung der maximalen zulässigen Anlandungshöhen an der Gewässersohle keine negativen Auswirkungen auf den Ablauf von Hochwässern im Vergleich zur derzeitigen Situation zu erwarten.

Im Stauraumbereich wird weiterhin ein Hochwasserschutz für HW100 inkl. einem Freibord von > 1 m erreicht, unter der Annahme einer theoretisch angelandeten Sohllage bis max. 1,55 m und der Annahme einer vollständig umgelegten Stauklappe (BHQ1).

Durch die Errichtung des Kraftwerkes kommt es zu keiner Veränderung des Gefahrenzonenplanes an der Xer Ache in der Gemeinde S, da ein Rückfließen des flussauf ausgeuferten Hochwassers in die Xer Ache im Bereich des Stauraums ungehindert möglich ist.

Eine Änderung des Gutachtens, das im Zuge des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens erstattet wurde, ist aufgrund der Projektsänderung nicht erforderlich“.

Schließlich hat der geotechnische Sachverständige in seinen Stellungnahmen vom 18.08.2014 bzw 10.10.2014 ergänzend ausgeführt, dass Fluss- und Bachabdichtungen mit Bentonitbahnen Stand der Technik sind. Bei der gegenständlichen Anwendung wurden die örtlichen Bedingungen berücksichtigt, eine Überwachung der Arbeiten ist vorgesehen. Flüsse und Untergrundverhältnisse sind in den seltensten Fällen vergleichbar. Das heißt nicht, dass erprobte Bauverfahren nur bei vergleichbaren Verhältnissen eingesetzt werden können. Es ist Aufgabe des Ingenieurs, die in der Bautechnik zur Verfügung stehenden Maßnahmen und Bauverfahren richtig einzusetzen. Die Überwachung der Bauausführung sowie die Überwachung des Betriebes sind als Maßnahme vorgeschrieben.

Aufgrund dieser schlüssigen und widerspruchsfreien Sachverständigenäußerungen in Zusammenhalt mit dem Ergebnis des behördlichen Verfahrens konnte die Feststellung der belangten Behörde, wonach mit der Errichtung und dem Betrieb der gegenständlichen Wasserkraftanlage keine Gefährdung der Rechte der beschwerdeführenden Grundeigentümer bzw Wasserberechtigten verbunden ist, bestätigt werden.

Die Feststellungen bezüglich der Berufung von F G gründen sich auf die im behördlichen Akt einliegenden EMails auf sowie die von Mag. A B vorgelegten Screenshots.

 

IV. Rechtsgrundlagen:

1. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl I Nr. 33/2013, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr. 122/2013:

„Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 33.

(1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(…)

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(…)“

2. Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959, BGBl Nr 215, in der Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 98/2013:

„Grundsätze für die Bewilligung hinsichtlich öffentlicher Interessen und fremder Rechte.

§ 12.

(1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.

(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

(…)

Parteien und Beteiligte.

§ 102.

(1) Parteien sind:

  1. a) der Antragsteller;
  2. b) diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;

    ferner

  1. c) im Verfahren über die Auflassung von Wasseranlagen oder über das Erlöschen von Wasserrechten die im § 29 Abs. 1 und 3 genannten Personen;
  2. d) Gemeinden im Verfahren nach § 111a, sonst nur zur Wahrung des ihnen nach § 13 Abs. 3 und § 31c Abs. 3 zustehenden Anspruches;
  3. e) diejenigen, die als Mitglieder einer Wassergenossenschaft oder eines Wasserverbandes herangezogen werden sollen;
  4. f) im Verfahren über die Auflösung von Wassergenossenschaften oder Wasserverbänden die im § 83 Abs. 3 genannten Personen und Stellen;
  5. g) diejenigen, deren wasserwirtschaftliche Interessen durch ein Regionalprogramm (§ 55g Abs. 1 Z 1) als rechtliche Interessen anerkannt wurden;
  6. h) das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung der in § 55 Abs. 2 lit. a bis g genannten Aufgaben, nach Maßgabe des § 55 Abs. 5.

(2) Beteiligte im Sinne des § 8 AVG. sind - nach Maßgabe des jeweiligen Verhandlungsgegenstandes und soweit ihnen nicht schon nach Abs. 1 Parteistellung zukommt – insbesondere die Interessenten am Gemeingebrauch, alle an berührten Liegenschaften dinglich Berechtigten, alle, die aus der Erhaltung oder Auflassung einer Anlage oder der Löschung eines Wasserrechtes Nutzen ziehen würden, und im Verfahren über den Widerstreit von Entwürfen (§ 109) alle, die bei Ausführung eines dieser Entwürfe als Partei (Abs. 1) anzusehen wären.

(3) Die Beteiligten sind berechtigt, im Verfahren ihre Interessen darzulegen, die Erhebung von Einwendungen steht ihnen jedoch nicht zu.

(4) Im wasserrechtlichen Verfahren können sich Parteien und Beteiligte auch fachkundiger Beistände bedienen.“

 

V. Rechtliche Erwägungen:

Zu Spruchpunkt I.:

Nach § 63 Abs. 5 des zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung in Geltung stehenden Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 ist die Berufung binnen zwei Wochen nach Zustellung der Bescheidausfertigung bei der Behörde einzubringen. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29.01.2010, Zl 2008/10/0251, folgendes ausgeführt:

„Eingebracht ist eine Berufung nur dann, wenn sie bei der Behörde tatsächlich einlangt (vgl. Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG, RZ 111 zu § 63, und die dort zitierte hg. Judikatur). Dies ist bei einer E-Mail-Sendung dann der Fall, wenn sie von einem Server, den die Behörde für die Empfangnahme von an sie gerichteten E-Mail-Sendungen gewählt hat, empfangen wurde und sich damit im "elektronischen Verfügungsbereich" der Behörde befindet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 2009, Zl. 2008/04/0089). Das Einlangen bei der Behörde hat die Partei zu beweisen (vgl. Hengstschläger/Leeb, aaO, RZ 5 zu § 33). Eine Bestätigung über die Absendung einer E-Mail-Nachricht ist für sich allein nicht als Beweismittel für das tatsächliche Einlangen der Sendung bei der Behörde geeignet, kann daraus doch nicht geschlossen werden, dass die Nachricht tatsächlich bei der Behörde eingelangt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. September 2003, Zl. 2002/03/0139).“

Im vorliegenden Fall hat die - als Rechtsanwaltsanwärterin rechtskundige - Vertreterin des F G die Berufung, geht man von den vorgelegten Screenshots aus, nicht einmal zwei Minuten vor Ablauf der Berufungsfrist an die Wasserrechtsbehörde senden wollen; dabei ist ihr ein Fehler insoferne unterlaufen, dass sie diesem EMail zwar das Dokument betreffend die Bevollmächtigung, nicht aber das Dokument betreffend die Berufung angefügt hat. Das EMail mit der angefügten Berufung wurde - wiederum ausgehend von den vorgelegten Screenshots, nicht jedoch mit dem Akt der belangten Behörde übereinstimmend - 30 Sekunden vor Ablauf der Berufungsfrist gesendet. Bei dieser Konstellation kann nicht mehr von einem minderen Grad des Versehens ausgegangen werden; das Einbringen fristgebundener Rechtsmittel mittels EMail weniger als zwei Minuten vor Ablauf der Frist ist als auffallend sorglos zu qualifizieren, birgt diese Vorgangsweise doch jedenfalls die Gefahr der Fristversäumnis durch verspätetes Einlangen bei der Behörde in sich, etwa wegen eines technischen Gebrechens oder wegen Fehler aufgrund des Zeitdruckes, wie dies im gegenständlichen Fall offenkundig durch Nichtanfügen der Berufung geschehen ist.

Nachdem die Berufung bei der belangten Behörde erst am 20.02.2013 eingelangt ist und die die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorgelegen haben, war der Antrag abzuweisen und die nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Berufung zurückzuweisen.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass F G auch als Mitglied der „Bürgerliste T“ Berufung erhoben hat, sodass sein wasserrechtlich relevantes Berufungsvorbringen in diesem Zusammenhang geprüft worden ist.

 

Zu Spruchpunkt II.:

Wie bereits ausgeführt, hat das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergeben, dass unter Berücksichtigung der beantragten, in das Wesen des Projekts nicht eingreifenden Projektsänderung eine Gefährdung der Rechte der Beschwerdeführer nicht zu besorgen ist. Die Beschwerden waren daher als unbegründet abzuweisen.

Zum Kriterium der möglichst vollständigen wirtschaftlichen Ausnutzung der motorischen Kraft der Xer Ache ist festzuhalten:

Für sich alleine betrachtet, kommt es beim gegenständlichen Kraftwerksprojekt zu einer Überschreitung von 125 Tagen. Mittlerweile sind jedoch sowohl die Erweiterung des Kraftwerkes Y/R als auch die Erweiterung des Kraftwerkes Z bei der UVP-Behörde zur Bewilligung eingereicht worden. Diese Projekte haben (auch) Wasserableitungen aus dem Einzugsgebiet der Xer Ache zum Inhalt. Beide Projekte sind überdies im Synthesebericht der Tiroler Landesregierung und nunmehr auch im wasserwirtschaftlichen Rahmenplan Tiroler **** enthalten. Dieser Rahmenplan wurde mit Verordnung des Bundesministers für Land und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, BGBl. II Nr. 274/2014, als öffentliches Interesse anerkannt (§ 4 Abs 2) und somit das öffentliche Interesse an diesen Erweiterungen dokumentiert. Unter Berücksichtigung dieser beiden Erweiterungen beträgt die Überschreitungsdauer beim gegenständlichen Projekt nur mehr 59 Tage. Damit ist das Kriterium der möglichst vollständigen wirtschaftlichen Ausnutzung der motorischen Kraft der Xer Ache erfüllt.

Mag. A B hat wiederholt moniert, dass ihr nicht die erforderliche Zeit eingeräumt worden sei, sich auf die mündlichen Verhandlungen vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorzubereiten, bzw das rechtliche Gehör verletzt worden sei. Dazu ist festzuhalten:

Die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 06.08.2014 wurde Frau Mag. B am 18.07.2014 zugestellt. Die Ladung zu der mündlichen Verhandlung am 16.10.2014 mit Fortsetzung am 22.10.2014 wurde Frau Mag. B am 03.10.2014 zugestellt. Bei diesen Verhandlungen wurde der entscheidungswesentliche Sachverhalt erörtert.

Bereits mit Schreiben vom 14.02.2014 wurde Frau Mag. B davon in Kenntnis gesetzt, dass gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG die Zuständigkeit zur Weiterführung des anhängigen Berufungsverfahrens mit 01.01.2014 auf das Landesverwaltungsgericht Tirol übergegangen ist und die eingebrachte Berufung nunmehr als Beschwerde anzusehen ist, sodass sie ab diesem Zeitpunkt Gelegenheit gehabt hätte, in den behördlichen Akt und die Projektsunterlagen Einsicht zu nehmen. Im Übrigen ist dem Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol ein Verfahren vor der Wasserrechtsbehörde vorausgegangen. Dieses Verfahren dauerte - einschließlich der wasserrechtlichen Vorprüfung - von der Antragstellung am 31.03.2008 bis zur Bescheiderlassung am 30.01.2013. Zudem befand sich der Akt aufgrund der Berufung (auch) von Frau Mag. B bis 14.01.2014 beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft in Wien. Frau Mag. B, die in Wien als Rechtsanwaltsanwärterin tätig ist, hätte somit ausreichend Gelegenheit gehabt, in den Akt und die Projektsunterlagen Einsicht zu nehmen. Das Landesverwaltungsgericht Tirol kann sich zudem nicht des Eindruckes erwehren, dass Frau Mag. B aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit in Wien von der Möglichkeit der Einsichtnahme in die Akten bzw. in die Projektsunterlagen beim Landesverwaltungsgericht Tirol seit 14.02.2014 nur äußerst eingeschränkt Gebrauch gemacht hat. Konkret hat sie lediglich einmal, und zwar am Freitag, dem 11. Juli 2014, Akteneinsicht genommen, wobei die Parteienverkehrszeiten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol am Freitag von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr festgelegt sind.

Es trifft zu, dass bei der Verhandlung am 22.10.2014 nicht - wie in der gemeinsamen Ladung für den 16.10.2014 und den 22.10.2014 als Verhandlungsgegenstand angegeben - die Projektsänderung betreffend die linksufrige Begleitmauer Verhandlungsgegenstand war, sondern das Geschiebeablagerungsbecken W. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 06.08.2014 hat jedoch das gesamte Projekt als Verhandlungsgegenstand beinhaltet, somit auch das Geschiebeablagerungsbecken W. Frau Mag. B hätte somit bereits bei diesem Verhandlungstermin davon ausgehen müssen, dass aufgrund ihrer Beschwerde auch das Geschiebeablagerungsbecken W aus fachlicher Sicht behandelt wird, und hätte deshalb bereits zu diesem Zeitpunkt darauf vorbereitet sein müssen. Weshalb es ihr dann zweieinhalb Monate später nicht mehr möglich gewesen sein soll, sich inhaltlich mit dem Geschiebeablagerungsbecken W auseinanderzusetzen und den beigezogenen Sachverständigen erschöpfend zu befragen, ist für das Landesverwaltungsgericht Tirol nicht nachvollziehbar.

Insgesamt mutet es eigentümlich an, wenn eine Person, welche in einem Projektsverfahren Einwendungen für sich und andere erhebt und Rechtsmittel ergreift, die bezughabenden Akten und Projektsunterlagen nicht kennt und nicht in der Lage ist, jene von ihr erhobenen Einwendungen, über die im behördlichen Verfahren nicht abgesprochen worden sein soll, abschließend aufzuzählen.

Entgegen den Ausführungen von Frau Mag. B konnte auch nach der zum Zeitpunkt der Einbringung der gegenständlichen Berufungen geltenden Rechtslage das Berufungsvorbringen nur insoweit um weitere Berufungspunkte ergänzt werden, als dies innerhalb der Rechtsmittelfrist erfolgt ist. Demnach war auf das Vorbringen insbesondere in der mündlichen Verhandlung am 22.10.2014, was die Signierung der Projektsunterlagen betrifft, nicht weiter einzugehen. Im Übrigen hat die Frage der Art der Signierung der Projektsunterlagen keinerlei entscheidungswesentliche Bedeutung, zumal ein je ein bewilligtes Projekt bei der Wasserrechtsbehörde und im Wasserbuch verbleibt und damit sichergestellt ist, dass der bewilligte Projektsumfang jederzeit nachvollzogen werden kann.

Insgesamt geht das Vorbringen von Frau Mag. B nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Tirol daher ins Leere.

Zur Parteistellung des Vs, welcher dieser mit der unmittelbarer Anwendbarkeit von Art 9 Abs 3 der Aarhus-Konvention begründet ist festzuhalten:

In seinem Erkenntnis vom 27.04.2012, Zahl 2009/02/0239, führt der Verwaltungsgerichtshof Folgendes aus:

„Der Beschwerdeführer meint, subjektive Rechte aus dem Übereinkommen von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten und somit eine Parteistellung in einem auf § 43 Abs 2 StVO 1960 gestützten Verordnungserlassungsverfahren ableiten zu können. In diesem Zusammenhang ist auf die Genehmigung des Abschlusses des Übereinkommens von Aarhus durch den Nationalrat (BGBl III Nr 88/2005) zu verweisen. In den Erläuterungen zur Genehmigung wird angemerkt, dass das Übereinkommen einer unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen Rechtsbereich nicht zugänglich ist (von einem Beschluss des Nationalrates gemäß Art 50 Abs 2 B-VG wurde allerdings abgesehen, da das Übereinkommen als gemischtes Abkommen teilweise in die Zuständigkeit der Europäischen Union fällt; vgl. 654 Blg. NR XXII. GP 2). Subjektive Rechte können daher vom Beschwerdeführer aus dem Übereinkommen von Aarhus nicht abgeleitet werden (zur fehlenden unmittelbaren Anwendbarkeit von Art 9 Abs 3 des Übereinkommens von Aarhus im innerstaatlichen Recht vgl. den Bescheid des Umweltsenates vom 22. Juni 2011, Zahl US 3C/2011/5-8; zur fehlenden unmittelbaren Wirkung dieser Bestimmung im Unionsrecht vgl. Urteil EuGH 8. März 2011, C 240/09, Lesoochraraske zoskupenie)“.

Nachdem somit bereits der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass Art 9 Abs 3 der Aarhus Konvention nicht unmittelbar anwendbar ist, kommt dem V Parteistellung allein aufgrund dieser Bestimmung nicht zu. Im Wasserrechtsgesetz 1959 selbst ist keine Bestimmung normiert, welche (anerkannten) Umweltorganisationen - wie etwa im UVP-G - Parteistellung einräumt.

Da die Wasserrechtsbehörde den Antrag des V auf Zuerkennung der Parteistellung zu Recht als unzulässig zurückgewiesen hat, war die Beschwerde des V als unbegründet abzuweisen.

Der V hat gegen das Protokoll über die am 06.08.2014 durchgeführte mündliche Verhandlung, Mag. A B hat gegen die Protokolle über die am 16.10.2014 und 22.10.2014 durchgeführten mündlichen Verhandlungen Einwendungen erhoben. Über die Beurteilung dieser Einwendungen wurde ein Aktenvermerk (OZl. 40) angelegt. Für die vom V begehrte Protokollsergänzung wird keine Veranlassung gesehen; den von Frau Mag. B begehrten Ergänzungen bzw. Korrekturen wird in folgendem Punkt auf Seite 14 des Verhandlungsprotokolls vom 22.10.2014 stattgegeben: Es trifft zu, dass es anstelle von „(…) keine Verschlechterung der Abfluss- und Rückflussmöglichkeit bei Hochwasser herbeigeführt wird.“ richtig „(…) eine Verschlechterung der Abfluss- und Rückflussmöglichkeit bei Hochwasser herbeigeführt wird.“ zu lauten hat.

 

VI. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Barbara Glieber

(Richterin)

 

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