LVwG Niederösterreich LVwG-AV-872/001-2019

LVwG NiederösterreichLVwG-AV-872/001-201931.8.2020

BauO NÖ 2014 §6
BauO NÖ 2014 §21
BauO NÖ 2014 §48
BauO NÖ 2014 §63

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.872.001.2019

 

 

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerden der A und des B, beide in ***, ***, vom 25. Juli 2019 gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 24. Juni 2019, Zl. ***, mit welchem einer Berufung vom 7. Mai 2019 gegen einen Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 11. April 2019, Zahl: ***, betreffend die Erteilung einer von der C beantragten Baubewilligung für den Neubau einer Wohnhausanlage auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, keine Folge gegeben wurde, zu Recht:

 

1. Den Beschwerden wird insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert wird, dass das von der Bauwerberin im Beschwerdeverfahren vorgelegte Versickerungskonzept (Geohydraulische Berechnung zum Versickerungsprojekt vom 28.07.2020, Technischer Bericht zum Versickerungskonzept vom 28.07.2020, Bemessung der Rigolrinnen zum Versickerungskonzept vom 13.02.2019) an die Stelle des mit dem angefochtenen Bescheid bewilligten Versickerungsprojektes tritt und somit zum Bestandteil der Bewilligung wird. Gleichzeitig werden zusätzlich folgende Auflagen vorgeschrieben:1. Die Herstellung von Mulden und Bodenfilterbecken hat nach den Vorgaben der ÖNORM B 2506 bzw. DWA A 138 unter Aufsicht eines Fachkundigen (Bauaufsicht) zu erfolgen und ist entsprechend zu dokumentieren. Die Dokumentation der Bauaufsicht ist mit der Fertigstellungsmeldung der zuständigen Baubehörde vorzulegen.

2. Durch geeignete bautechnische Maßnahmen ist eine möglichst breitflächige Beschickung des Bodenfilters sicherzustellen.3. Nach stärkeren Regenereignissen, jedoch zumindest 1 x jährlich, sind die Versickerungsanlagen auf Ablagerungen oder Schäden zu überprüfen.4. Der Bodenfilterkörper der Rasenmulden ist in gepflegtem und flächendeckend begrüntem Zustand zu erhalten. Ein Bewuchs mit Sträuchern und Bäumen ist zu entfernen. Sichtbare Schäden wie Setzungen, Rutschungen oder Auskolkungen sind unverzüglich zu beheben. 5. In den Räumlichkeiten der Wohnhausanlage ist ein Lageplan der gesamten Entwässerungsanlage aufzulegen mit Kennzeichnung der Grundstücksgrenzen, der einzelnen Entwässerungsabschnitte und der Entwässerungsanlagen. 6. Mit der Fertigstellungsmeldung sind ein Wartungsorgan und ein Stellvertreter für die Entwässerungsanlage der Behörde bekannt zu geben. Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt und werden die beiden Beschwerden abgewiesen.

 

2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

 

Rechtsgrundlagen:

 

§ 28 Abs. 2 Z. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

 

1. Sachverhalt:

 

Mit Schreiben vom 12. Oktober 2018, bei der Marktgemeinde *** am 15. Oktober 2018 eingelangt, beantragte die D reg.Gen.m.b.H. (in der Folge: Bauwerberin) die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage in 2 Wohnhäusern zu je 6 Wohneinheiten für „***“ auf dem Grundstück in ***, ***, Parz.Nr. ***, EZ ***, KG *** (in der Folge: Baugrundstück).

 

A und B (im Folgenden: Beschwerdeführer) sind Eigentümer des im Osten an das Baugrundstück angrenzenden Nachbargrundstückes *** (Parz.Nr. .***, EZ ***, KG ***).

 

Mit Schreiben des Bürgermeisters der Marktgemeinde Marktgemeinde *** vom 8. November 2018 wurden die Nachbarn des Baugrundstückes vom Bauvorhaben verständigt. Es wurde den Nachbarn gemäß § 21 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 die Gelegenheit eingeräumt, in die Projektsunterlagen Einsicht zu nehmen und binnen einer Frist von 2 Wochen ab Zustellung der Verständigung bei sonstigem Verlust der Parteistellung Einwendungen gegen das Bauvorhaben zu erheben. Beiden Beschwerdeführern wurde dieses Schreiben nachweislich am 14. November 2019 zugestellt.

 

Mit einem gemeinsamen Schreiben vom 26. November 2018, beim Bürgermeister der Marktgemeinde *** (in der Folge: Baubehörde 1. Instanz) eingelangt am 27. November 2018, erhoben die Beschwerdeführer gegen das Bauvorhaben Einwendungen zu folgenden Punkten: 1.) Ortsbild und die Anordnung:

Durch den geplanten Bau werde eine gewachsene Struktur aus Einfamilienhäusern mit großen Gärten zerstört.

2.) Einfriedung:

In der Baubeschreibung sei ein Maschendrahtzaun zu den Nachbargrundstücken mit einer Höhe von 1,25 m angeführt, aus dem Plan ergebe sich eine Höhe von 1,50 m, es sei unklar, welche Höhe ausgeführt werde.

3.) Straße direkt an Grundgrenze:

Die mehr als 120 m lange Straße zur Erschließung von 6 Abstellplätzen und weiteren 18 Garagenplätzen führe direkt am Erholungsgarten der Beschwerdeführer vorbei; was zu unzumutbare Belastungen (Lärm, Geruch Staub, Abgase, …) führen werde.

4.) Anzahl Garagen- bzw. Abstellplätze:

Es seien für 12 Wohnungen 18 Garagen- und 6 Abstellplätze, somit 2 Stellplätze pro Wohneinheit vorgesehen, die NÖ BTV schreibe lediglich einen Stellplatz pro Wohnung vor. Durch die große Zahl der Stellplätze und den daraus resultierenden Verkehr werde das zumutbare Maß der Belastung durch Emissionen überschritten.

5.) Müllplatz:

Betrieb des Müllplatzes, Lärm beim Einwurf und bei der Müllabholung sowie Geruch bei vorherrschender Westwindlage würden zu unzumutbaren Emissionen führen.

6.) Aufschüttung/Niederschlagswässer:

Aus den Ansichtsplänen seien Aufschüttungen im Bereich des Kinderspielplatzes von 60 cm, im Bereich der Häuser von 45 cm ersichtlich. Das Gefälle der Dtraße sei in Richtung des Nachbargrundstückes eingezeichnet. Im Zuge von Starkregenereignissen könne es zu vermehrten Oberflächenabflüssen kommen, Vernässungsschäden an bestehender oder künftiger Bebauung müssten ausgeschlossen werden. Details über Unterbau, Straße und Ableitung der Niederschlagswässer seien vor Baubeginn abzuklären.

7.) Grundversiegelung:

Das Problem der Ableitung von Niederschlagswässern werde durch die großflächige Grundversiegelung verstärkt.

8.) Mindestabstände:

Die erforderlichen Mindestabstände seien strikt einzuhalten.

9.) Heizung/Abluft:

Bei Ausführung der Zu- und Abluftöffnungen sei auf die Vermeidung von Beeinträchtigungen durch Lärm, Geruch oder Vibration zu achten.

10.) Nutzungskonflikt:

Im Hinblick auf die Ansiedelung direkt neben einem landwirtschaftlichen Betrieb seien Nutzungskonflikte absehbar, das Vorhaben stehe im Widerspruch zu Raumordnungsgrundsätzen.

11.) Bauabschnitt 2:

Der Platz, der erst mit Bauabschnitt 2 bebaut werden solle, solle als Rasenplatz ausgeführt werden und auch künftig nicht für Parkplätze oder Spielplätze vorgesehen werden.

12.) Verschlechterung der Lebensqualität:

Bisher hätten die Beschwerdeführer Ruhe und Sonne in ihrem Garten und nur eine Familie als Nachbarn an der westseitigen Grundstücksgrenze. Mit dem geplanten Vorhaben hätten sie zwölf (später 18) schlossen Familien und damit rund 50 neue Nachbarn. Gebäudehöhen bis zu 9 m im Abstand von weniger als 4 m zur Grundgrenze hätten zur Folge, dass sie in ihrem Erholungsgarten keine nachmittags-und Abend Sonne mehr haben werden. Der Garten als einziger Erholungsraum solle nun durch zwei große Wohnblöcke, 24 Abstell-und Garagenplätze und eine 120 m lange Straße direkt neben dem Zaun stark beeinträchtigt werden. Durch eine geringere Verbauung und einen Gehweg anstatt der Straße könnte dies abgefedert werden.

 

Aufgrund dieser Einwendungen wurden seitens der Baubehörde 1. Instanz zusätzliche Gutachten und Stellungnahmen eingeholt.

In einem Ortsbildgutachten vom 15. Jänner 2019 führte ein Sachverständiger des Amtes der NÖ Landesregierung zusammengefasst aus, dass das Bauvorhaben keine Störung des Ortsbildes erwarten lasse.

 

Eine verkehrstechnische Stellungnahme eines nichtamtlichen Sachverständigen vom 18. Februar 2019 führte aus, dass die Emissionen von 2 Stellplätzen pro Wohneinheit, also von 24 Stellplätzen, von den Nachbarn zu dulden seien.

 

Darüber hinaus wurde seitens der Bauwerberin ergänzend ein Versickerungskonzept der Verkehrs- und Dachflächen inklusive Bemessung der Rigolrinnen, eine geohydraulische Berechnung sowie ein Standsicherheitsnachweis beigebracht.

 

Den Beschwerdeführern wurde mit Schreiben der Baubehörde 1. Instanz vom 19. Februar 2019 Gelegenheit gegeben, in diese ergänzenden Gutachten und Stellungnahmen Einsicht zu nehmen und innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens weitere Einwendungen gegen das Vorhaben zu erstatten.

 

Mit Schreiben vom 5. März 2019 hielten die Beschwerdeführer ihre bisherigen Einwendungen vom 26. November 2018 aufrecht.

Ergänzend wurde weiters Folgendes ausgeführt:

- Im Ortsbildgutachten vom 15. Jänner 2019 seien Fakten falsch dargestellt.

- Beim Bau der Straße an der Grundstücksgrenze sei darauf zu achten, dass eine thermische Trennung erfolge sowie Lärm-, Schall Übertragungen und Erschütterungen vermieden würden. Beim Aushub für den Unterbau der Straße dürften keine Fundamente freigelegt werden und die Bauwerke der Nachbarn keinen Schaden erleiden. Für den Fall, dass die Straße durch Schwerverkehr benutzt werden solle, sei zu prüfen ob die Bauwerke der Nachbarn diesen Belastungen standhalten. Der Verkehr auf der 120 m langen Straße direkt an der Grundstücksgrenze werde zu Belästigungen durch Lärm, Abgase, Geruch, Staub etc. führen und die Lebensqualität der Beschwerdeführer stark beeinträchtigen.

- Zur Begründung der Überschreitung der Mindestanzahl an Stellplätzen seien im Verkehrsgutachten vom 18. Februar 2019 falsche Fakten angeführt. Durch eine geringere Anzahl von Stellplätzen oder eine Verlegung zumindest eines Teiles der Stellplätze in den vorderen Grundstücksbereich könnten die Belastungen durch Lärm, Geruch, Staub und Abgase zumindest verringert werden.

- Berechnungsbasis des vorgelegten Versickerungskonzeptes seien nur fünfjährige Niederschlagsereignisse. Bei zehnjährigen Niederschlagsereignissen sei mit über 20 % größeren Mengen zu rechnen. Um auch hier Vernässungsschäden an den Bauwerken der Beschwerdeführer zu vermeiden sei eine entsprechende reichende Dimensionierung erforderlich.Das Konzept beruhe nur auf einer Annahme, es seien keine Versickerungsversuche bzw. Bodenanalysen gemacht worden. Bei Umsetzung der geplanten Gefälle Situation werde das Nachbargrundstück und seine Bauwerke einer deutlich höheren Gefahr von Vernässungsschäden ausgesetzt. Zum Schutz der Nachbarliegenschaften sollte an der gesamten Grundstücksgrenze ein Asphaltswulst ausgeführt werden, es sollte ein deutliches Gefälle weg vom Nachbargrundstück ausgeführt werden.

- Zur Sicherung der Beweislage bei eventuellen Schäden während der Bauphase oder von Folgeschäden seien die Kosten einer umfangreichen Fotodokumentation der Nachbarbauwerke zur Beweissicherung von der Bauwerberin zu übernehmen.

 

Mit Bescheid der Baubehörde 1. Instanz vom 11. April 2019, Zl. ***, wurde der Bauwerberin C die Baubewilligung „für die Errichtung einer Wohnhausanlage in 2 Wohnhäusern zu je 6 Wohneinheiten (insgesamt 12 Wohneinheiten für „***“ und insgesamt 18 Garagenstellplätzen und 6 Abstellplätzen sowie geringfügige Geländeausgleiche, Einfriedung- Maschendrahtzaun und eine Photovoltaikanlage“ unter Vorschreibung näher bezeichneter Auflagen erteilt.

Unter anderem wurde auch das vorgelegte Versickerungskonzept (Geohydraulische Berechnung zum Versickerungsprojekt vom 21.12.2018, Technischer Bericht zum Versickerungskonzept vom 21.12.2018, Bemessung der Rigolrinnen zum Versickerungskonzept vom 13.02.2019) zum Bestandteil des Bescheides erklärt.

Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden aufgrund der eingeholten Gutachten und Stellungnahmen als unbegründet abgewiesen die Beschwerdeführer auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Beiden Beschwerdeführern wurde der Bescheid nachweislich am 24. April 2019 zugestellt.

 

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer mit einem gemeinsamen Schreiben vom 7. Mai 2019 das ordentliche Rechtsmittel der Berufung.

In dieser wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Bescheid mit formellen sowie inhaltlichen Mängeln behaftet sei. Den Beschwerdeführern sei nicht die Möglichkeit eingeräumt worden, in sämtliche Stellungnahmen und Gutachten Einsicht zu nehmen und sich dazu zu äußern.

In materieller Hinsicht wurden die bisherigen Einwendungen im Hinblick auf das Ortsbild bzw. die Anordnung, die Straße direkt an der Grundstücksgrenze, die Anzahl der Garagen- bzw. Abstellplätze, den Müllplatz, die Geländeveränderung und die Niederschlagswässer, die Grundversiegelung, die Mindestabstände, die Heizung und die Abluft, die Verschlechterung der Lebensqualität und die Beweissicherung wiederholt bzw. ergänzt. Darüber hinaus enthält die Berufung (erstmals) Ausführungen betreffend Dachwässer der drei Wohngebäude sowie Änderung der Böschungsneigung und Auswirkungen auf die Standsicherheit und Trockenheit der Nachbargebäude. Der Abbruch auf dem Baugrundstück sei bereits am 10. Dezember 2018 ohne rechtsgültigen Bescheid begonnen worden, der Abbruchbescheid vom 3. Jänner 2019 sei den Beschwerdeführern nicht zugestellt worden.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Gemeindevorstands der Marktgemeinde *** (in der Folge: belangte Behörde) vom 24. Juni 2019, Zl. ***, wurde der Berufung der Beschwerdeführer keine Folge gegeben.

In der Begründung verweist die belangte Behörde insbesondere auf die aus ihrer Sicht schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten und Stellungnahmen sowie darauf, dass die Beschwerdeführer eine Verletzung in subjektiv-öffentlichen Rechten nicht aufgezeigt hätten.

Zum Punkt „5. Geländeveränderungen / Niederschlagswässer / Grundversiegelung“ wird insbesondere auf die Stellungnahme des Büros E verwiesen, wonach auch 10-jährige Niederschlagsereignisse für das Versickerungsprojekt kein Problem darstellen würden. Die Beschwerdeführer würden sich nur auf lockere Mutmaßungen berufen und seien der Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit der Unterlagen nicht entgegengetreten. Insbesondere seien die geohydraulischen Berechnungen zum Versickerungsprojekt schlüssig und nachvollziehbar.

Beiden Beschwerdeführern wurde der Bescheid nachweislich am 24. April 2019 zugestellt.

 

2. Beschwerdevorbringen:

 

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25. Juli 2019 Beschwerde, in der sie sich in ihren Rechten auf Schutz gegen Gefährdung der Standsicherheit und Trockenheit bestehender Gebäude und Liegenschaften, Schutz vor Emissionen sowie auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungserfahrens, insbesondere vollständige Akteneinsicht und ordnungsgemäße Zusendung vollständiger Bescheide einschließlich angeführter Beilagen, verletzt erachten.

 

Folgende Beschwerdegründe wurden geltend gemacht:

 

Unter „Verletzung von Verfahrensvorschriften“ wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass die Gutachten und Stellungnahmen, welche zum wesentlichen Bestandteil des Bescheides der Baubehörde erster Instanz erklärt worden seien, den Beschwerdeführern nicht zusammen mit dem Baubewilligungsbescheid zugestellt worden seien, dass die Möglichkeit zur vollständigen Akteneinsicht sowie zur Stellungnahme zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht gegeben worden sei, dass der Berufungsbescheid lediglich auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides verweise und die Bescheidbegründung in sich widersprüchlich sei.

Unter „Straße direkt an der Grundstücksgrenze“ wird vorgebracht, dass die Ausführung der geplanten, 120 m langen Straße direkt an der Grundstücksgrenze geplant und keine Details über Aushub und Unterbau sowie Anschluss an das Haus und Wirtschaftsgebäude der Beschwerdeführer vorliegen würden. Zum Schutz gegen die Gefährdung der Standsicherheit und Trockenheit bestehender Gebäude und Schutz vor Emissionen werden Auflagen betreffend eine thermische Trennung und Vernässungsschutz sowie Auflagen zur Vermeidung von Lärm- bzw. Schallübertragungen, Vibrationen und Erschütterungen gefordert. Darüber hinaus sei beim Aushub der Straße darauf zu achten, dass keine Fundamente freigelegt würden und müsse ein Verbot von Schwerverkehr (Bauverkehr, Feuerwehr, Müllabfuhr) direkt an der Grundstücksgrenze während der Bauphase und nach Fertigstellung zum Schutz der Standsicherheit bestehender Gebäude erlassen werden.

Unter dem Punkt „Geländeveränderung/Niederschlagswässer“ wird vorgebracht, dass im Technischen Bericht zum Versickerungskonzept ausgeführt sei, dass der angenommene Durchlässigkeitswert der Humusschicht nur maßgebend sei, solange der darunter anstehende Boden eine größere Durchlässigkeit aufweise. Es sei daher erforderlich, dass auch die nachträglichen Untersuchungsergebnisse in die Durchführungsplanung einfließen würden. Zur Vermeidung der Gefahr von Vernässungsschäden müsse sowohl bei der Straße als auch bei allen anderen Geländeabschnitten ein deutliches Gefälle weg vom Grundstück der Beschwerdeführer ausgeführt werden.

Darüber hinaus wird unter dem Punkt „Dachwässer/Böschungsneigung/ Akteneinsicht“ auf das Versickerungskonzept sowie die Trockenheit ihrer Liegenschaft und der darauf befindlichen Gebäude Bezug genommen und vorgebracht, dass die Versickerungsmulden zu gering dimensioniert seien. Zum Schutz der Standsicherheit der Gebäude der Beschwerdeführer wird unter „Böschungsneigung“ die Erteilung einer Auflage, nämlich eine mindestens 1,00 m horizontale Fläche zwischen der Grundgrenze und dem Beginn der Böschungsneigung (Abgrabung) verlangt.

Unter „Anzahl Garagen bzw. Abstellplätze“ bringen die Beschwerdeführer vor, dass dem Verkehrsgutachten ein falscher Sachverhalt zugrunde gelegt worden und die Überschreitung der Anzahl der Mindeststellplätze nicht angebracht sei.

Beantragt wurden die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie die Abweisung des Antrags der Bauwerberin auf Erteilung der Baubewilligung.

 

Die Beschwerde wurde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich am 5. August 2019 zur Entscheidung vorgelegt.

 

3. Ermittlungsverfahren:

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in die seitens der belangten Behörde vorgelegten Aktenunterlagen.

 

Im Wesentlichen ergibt sich der festgestellte Sachverhalt aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zog mit Schreiben vom 17. Jänner 2020 F als Amtssachverständigen für Wasserbautechnik (in der Folge: Amtssachverständige für Wasserbautechnik) dem Verfahren bei und befasste diesen mit der Erstellung von Befund und Gutachten zu folgenden Fragen:

 

„Ist bei projektgemäßer Ausführung, insbesondere unter Zugrundelegung der oben genannten Unterlagen wie des Grundrissplans und des Versickerungsprojekts, die Trockenheit der Bauwerke auf dem Grundstück Nr..***. KG ***, p.A. ***, ***, aus technischer Sicht gewährleistet?

a) Insbesondere unter Berücksichtigung eines 5-jährigen Niederschlagsereignisses?

b) Insbesondere unter Berücksichtigung eines 10-jährigen Niederschlagsereignisses?

c) Insbesondere unter Berücksichtigung der Gefälle auf dem Bau-und Nachbargrundstück?

d) Insbesondere unter Berücksichtigung der projektierten Versickerungsmulden?

e) Insbesondere unter Berücksichtigung der auf dem Baugrundstück Nr. ***, KG ***, verbleibenden natürlichen Versickerungsverhältnisse (Durchlässigkeit des Untergrundes)?“

 

Der Amtssachverständige für Wasserbautechnik erstattete hierzu ein mit 25. Februar 2020 datiertes Gutachten, in dem er die an ihn gestellten Fragen wie folgt beantwortete:

 

„a) Die Trockenheit der Bauwerke auf Grundstück Nr. .***, KG ***, ist unter Berücksichtigung eines 5-jährlichen Niederschlagsereignisses bei projektgemäßer Ausführung unter Zugrundelegung der oben genannten Unterlagen gewährleistet.

b) Hier gilt das selbige wie unter Punkt 1 a) für ein 10-jährliches Ereignis.

c) Die Trockenheit der Bauwerke auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, ist bei Umsetzung des Versickerungsprojektes gewährleistet, da wie schon oben ausgeführt, die derzeitig bestehende grenznahe Versickerung bei Grundstück ***, KG ***, zukünftig nicht mehr vorhanden ist und eine geordnete Versickerung auf Grundstück ***, KG ***, vorgesehen ist.

d) Die projektierten Versickerungsmulden entsprechen den derzeit gültigen Normen und Richtlinien. Die Eingangsparameter sind nachvollziehbar, die angewendeten Normen und Richtlinien entsprechen dem Stand der Technik. Die Bemessung ist nachvollziehbar und entspricht dem Stand der Technik.

e) Für diese Fragestellung wird angemerkt, dass zusätzliche Bedingungen und Auflagen erforderlich sind, um die Durchlässigkeit des Untergrundes zu prüfen und die angenommenen Werte für die Versickerungsanlage zu verifizieren: Bedingung für die baurechtliche Bewilligung: Vor Bescheiderlassung sind Untergrunderkundungen durchzuführen und ist der kf-Wert des Untergrundes zu ermitteln. Im Bereich der Versickerungsanlagen ist es erforderlich, dass der kf-Wert des Untergrundes unter jenem der Humusfiltermulden (kf = 5 x 10 -5 m/s) liegt, um ein schadloses versickern auf Eigengrund gewährleisten zu können. Diese Messergebnisse sind der zuständigen Behörde vor Bescheiderlassung vorzulegen, damit die Annahmen aus dem Versickerungsprojekt bestätigt werden.

Sollte der Durchlässigkeitsbeiwert in den angetroffenen Schichten über jenem der Humusfilterschicht liegen, sind entsprechende Vorkehrungen, wie zB ein Bodenaustausch bis zu durchlässigen geologischen Schichten, vorzunehmen, um eine schadlose Versickerung auf Eigengrund gewährleisten zu können. Sollten derartige Vorkehrungen erforderlich sein, sind diese unter Vorlage entsprechender Unterlagen zu beschreiben und darzustellen. Sollte der ermittelte kf-Wert den getroffenen Annahmen nicht entsprechen, ist die Bemessung zu adaptieren.“

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich übermittelte dieses Gutachten den Parteien des Verfahrens mit Schreiben vom 6. März 2020 mit der Möglichkeit zur Stellungnahme.

 

In einem wurde der Bauwerberin – zur Verifizierung des dem Bauprojekt zugrundeliegenden Versickerungskonzeptes – gemäß § 19 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 aufgetragen, innerhalb einer Frist von zwei Monaten Untergrunderkundungen am Baugrundstück durchzuführen und den kf-Wert des Untergrundes zu ermitteln. Sollte dabei der Durchlässigkeitsbeiwert in den angetroffenen Schichten über jenem der Humusfilterschicht liegen, seien – entsprechend dem Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik – entsprechende Vorkehrungen, wie z.B. ein Bodenaustausch bis zu durchlässigen geologischen Schichten, vorzusehen, um eine schadlose Versickerung auf Eigengrund gewährleisten zu können. Sollten sich derartige Vorkehrungen nach Durchführung der Untergrunderkundungen als erforderlich erweisen, seien diese unter Vorlage entsprechender Unterlagen zu beschreiben und darzustellen (Adaptierung des Projektes). Sollte der ermittelte kf-Wert den getroffenen Annahmen nicht entsprechen, sei die Bemessung der Versickerungsanlagen entsprechend zu adaptieren. Für die etwaige Vorlage geänderter Einreichunterlagen wurde der bauwerbenden Gesellschaft ebenso eine Frist von zwei Monaten ab Zustellung des Schreibens eingeräumt.

 

Mit E-Mail vom 25. März 2020 übermittelte die Bauwerberin das Ergebnis der am 24. März 2020 durchgeführten Untergrundbeprobung am Baugrundstück, wonach ein Durchlässigkeitsbeiwert von „kf = 4,5 x 10-5 bis 1,1 x 10.4 m/s“ ermittelt wurde.

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich befasste mit Schreiben vom 8. Juli 2020 den Amtssachverständigen für Wasserbautechnik mit folgender Fragestellung:

- Sind bei Realisierung des eingereichten Bauvorhabens unter Berücksichtigung der Ergebnisse der durchgeführten Untergrunderkundungen und der auf dem Baugrundstück verbleibenden natürlichen Versickerungsverhältnisse für die Trockenheit der Bauwerke auf dem Nachbargrundstück Nr. .***. KG ***, Verschlechterungen gegenüber dem bisherigen Zustand zu erwarten?

 

Nach einem zur Befundaufnahme seitens des vom Landesverwaltungsgericht dem Beschwerdeverfahren beigezogenen Amtssachverständigen für Wasserbautechnik durchgeführten Lokalaugenscheines am 23. Juli 2020 wurden seitens der Bauwerberin ergänzende Unterlagen zum Versickerungskonzept vorgelegt.

Zum vorgelegten geänderten Versickerungskonzept (Geohydraulische Berechnung zum Versickerungsprojekt vom 28.07.2020, Technischer Bericht zum Versickerungskonzept vom 28.07.2020, Bemessung der Rigolrinnen zum Versickerungskonzept vom 13.02.2019) wurde vom Amtssachverständige für Wasserbautechnik ein neuerliches, mit 4. August 2020 datiertes Gutachten erstattet, in dem er zum geänderten Versickerungskonzept Folgendes ausführte:

 

„Derzeit erfolgt die Entwässerung des Grundstückes im Falle eines Regenereignisses über die gesamte Fläche des Grundstückes über das derzeit vorherrschende Dauergrünland bzw. Buschland. Aufgrund des vorherrschenden Gefälles verlagert sich bei Starkregenereignis der Abfluss bei gesättigtem Boden von Richtung Süden nach Norden mit leichten Nebengefällen teilweise Richtung Nordwesten. Das vorliegende Entwässerungskonzept sieht die Entwässerung der versiegelten Fläche der Fahr- und Parkflächen sowie der Garagendächer über Humusfiltermulden entsprechend der ÖNORM B 2506 bzw. des Arbeitsblattes DWA-A 138 vor. Die Dachwässer der geplanten Gebäude werden in den Regenwasserkanal der Marktgemeinde *** abgeleitet. Dadurch wird die Einzugsfläche, deren Niederschlagswasser auf Grundstück ***, KG ***, versickert werden soll um ca. 800 m² gegenüber der derzeitigen Einzugsfläche reduziert. Die Eingangsparameter, die Bemessung, die verwendeten Normen und Richtlinien entsprechen den derzeit festgelegten Konventionen und dem derzeitigen Stand der Technik. Die Eingangsparameter sind nachvollziehbar. Als Durchlässigkeitsbeiwert wurde für die Bemessung ein kf – Wert von 4 x 10-5 m/s angesetzt, womit die ermittelten Durchlässigkeiten aus den Versickerungsversuche in die Berechnungen eingegangen sind (Projektstand 28.07.2020).

Die Bemessung auf ein 5-jährliches Regenereignis entspricht dem Stand der Technik. Entsprechend der Bemessung für ein 5-jährliches Ereignis kann das Wasser in den Humusfiltermulden schadlos auf Eigengrund versickert werden. Der Nachweis für ein 10-jährliches Ereignis wurde nachvollziehbar geführt. Eine Versickerung auf Eigengrund ist unter Berücksichtigung der festgelegten Parameter und Freibordhöhe auch für ein 10-jährliches Ereignis auf Eigengrund möglich.

Die Kriterien hinsichtlich der Qualität des versickerten Wassers werden durch das vorliegende Entwässerungskonzept gemäß Qualitätszielverordnung Chemie Grundwasser zum Wasserrechtsgesetz 1959 eingehalten. Eine nachteilige Auswirkung auf die Grundwasserqualität ist nicht zu erwarten. Der Nachweis, dass die Rigolrinnen das maßgebende Regenereignis abführen können wurde nachvollziehbar erbracht.

Aufgrund der Versiegelung entlang der Ostgrenze und der kleinräumigeren und damit punktuelleren Versickerung auf dem Grundstück ***, KG ***, kommt es zu einer Verbesserung für die Trockenheit auf dem Grundstück .***, KG ***.

( )

Für die Trockenheit der Bauwerke auf Grundstück Nr. .***, KG ***, ist unter Berücksichtigung eines 5-jährlichen und 10-jährlichen Niederschlagsereignisses bei projektgemäßer Ausführung unter Zugrundelegung der oben genannten Unterlagen und bei Vorschreibung folgender Auflagen keine Verschlechterung durch das Bauvorhaben zu erwarten.

Auflagen:

1. Die Herstellung von Mulden und Bodenfilterbecken hat nach den Vorgaben der

ÖNORM B 2506 bzw. DWA A 138 unter Aufsicht eines Fachkundigen (Bauaufsicht) zu erfolgen und ist entsprechend zu dokumentieren. Diese Person ist vor Baubeginn der Wasserrechtsbehörde bekannt zu geben. Die Dokumentation der Bauaufsicht ist mit der Fertigstellungsmeldung der zuständigen Behörde vorzulegen.

2. Durch geeignete bautechnische Maßnahmen ist eine möglichst breitflächige Beschickung des Bodenfilters sicherzustellen.

3. Nach stärkeren Regenereignissen, jedoch zumindest 1 x jährlich, sind die Versickerungsanlagen auf Ablagerungen oder Schäden zu überprüfen.

4. Der Bodenfilterkörper der Rasenmulden ist in gepflegtem und flächendeckend begrüntem Zustand zu erhalten. Ein Bewuchs mit Sträuchern und Bäumen ist zu entfernen. Sichtbare Schäden wie Setzungen, Rutschungen oder Auskolkungen sind unverzüglich zu beheben.

5. In den Räumlichkeiten der Wohnhausanlage ist ein Lageplan der gesamten Entwässerungsanlage aufzulegen mit Kennzeichnung der Grundstücksgrenzen, der einzelnen Entwässerungsabschnitte und der Entwässerungsanlagen.

6. Mit der Fertigstellungsmeldung sind ein Wartungsorgan und ein Stellvertreter für die Entwässerungsanlage der Behörde bekannt zu geben.“

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich übermittelte die geänderten Projektsunterlagen zum Versickerungsprojekt sowie dieses Gutachten den Parteien des Verfahrens mit Schreiben vom 5. August 2020 mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen ab Zustellung.

Beiden Beschwerdeführern, der Bauwerberin sowie der belangten Behörde wurde dieses Parteiengehörsschreiben jeweils nachweislich am 7. August 2020 zugestellt.

 

Eine fristgerechte Stellungnahme dazu ist beim Landesverwaltungsgericht nicht eingelangt.

4. Rechtslage:

 

4.1. Die hier maßgeblichen Rechtsvorschriften der NÖ Bauordnung 2014 (NÖ Bauordnung 2014) idF LGBl. Nr. 53/2018 lauten:

 

§ 6. (1) In Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 34 Abs. 2 und § 35 haben Parteistellung:

1.

der Bauwerber und der Eigentümer des Bauwerks

2.

der Eigentümer des Baugrundstücks

3.

die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z. B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn), und

4.

die Eigentümer eines ober- oder unterirdischen Bauwerks auf den Grundstücken nach Z 2 und 3, z. B. Superädifikat, Baurechtsobjekt, Keller (Nachbarn).

Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das fertiggestellte Bauvorhaben bzw. das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten oder als Inhaber eines Fahr- und Leitungsrechtes nach § 11 Abs. 3 beeinträchtigt werden können.

  

Vorhaben im Sinn des § 18 Abs. 1a lösen keine Parteistellung der Nachbarn aus.

(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014, LGBl. Nr. 3/2015 in der geltenden Fassung, der NÖ Aufzugsordnung 2016, LGBl. Nr. 9/2017 in der geltenden Fassung, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die

1.

die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der bewilligten oder angezeigten Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z 4)

Sowie

2.

den Schutz vor Emissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Zwecken jeder Art der Wohnnutzung ergeben (z. B. aus Heizungs- und Klimaanlagen),

gewährleisten und

3.

durch jene Bestimmungen über

a)

die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung auf Hauptfenster (§ 4 Z 3 und 21) der künftig zulässigen Gebäude der Nachbarn dienen,

 

Sowie

b)

gesetzlich vorgesehene Abweichungen von den Festlegungen nach lit. a, soweit die ausreichende Belichtung

-

auf Hauptfenster der zulässigen Gebäude der Nachbarn (§ 50 Abs. 2 und 4, § 51 Abs. 2 Z 3, Abs. 4 und 5, § 67 Abs. 1) oder

-

auf bestehende bewilligte Hauptfenster (§ 52 Abs. 2 Z 4, § 53a Abs. 8) der Nachbarn

   

beeinträchtigt werden könnte.

 

§ 21. Verfahren und Parteien

(1) Führt die Vorprüfung (§ 20) zu keiner Abweisung des Antrages, hat die Baubehörde die Parteien und Nachbarn (§ 6 Abs. 1 und 3) nachweislich vom geplanten Vorhaben nach § 14 zu informieren und darauf hinzuweisen, dass bei der Baubehörde in die Antragsbeilagen und in allfällige Gutachten Einsicht genommen werden darf. Gleichzeitig sind die Parteien und Nachbarn – unter ausdrücklichem Hinweis auf den Verlust ihrer allfälligen Parteistellung – aufzufordern, eventuelle Einwendungen gegen das Vorhaben schriftlich binnen einer Frist von 2 Wochen ab der Zustellung der Verständigung bei der Baubehörde einzubringen. Werden innerhalb dieser Frist keine Einwendungen erhoben, erlischt die Parteistellung. Eine mündliche Verhandlung im Sinn der §§ 40 bis 44 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2013, findet nicht statt.

Für Parteien und Nachbarn in Wohngebäuden mit mehr als 4 Wohnungen darf die Verständigung auch durch einen mit dem Datum des Anbringens versehenen Anschlag an einer den Hausbewohnern zugänglichen Stelle (Hausflur) in den betroffenen Gebäuden erfolgen, wobei die Eigentümer dieser Gebäude derartige Anschläge in ihren Gebäuden dulden müssen. Die Verständigung ist in diesem Fall gleichzeitig an der Amtstafel oder auf der Homepage der Gemeinde kundzumachen, wodurch die Information dieselben Rechtswirkungen entfaltet wie die persönliche Verständigung.

 

 

§ 48. Immissionsschutz

Emissionen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase und Erschütterungen, die originär von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen, dürfen Menschen weder in ihrem Leben oder ihrer Gesundheit gefährden noch örtlich unzumutbar belästigen.

Ausgenommen davon sind:

-

Lärmemissionen von Kindern auf Spielplätzen, in Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen oder ähnlichen Anlagen,

-

Emissionen aus der Nutzung von Stellplätzen, sofern sie einem Vorhaben nach § 63 Abs. 1 erster Satz zugeordnet sind, selbst wenn sie die dafür verordnete Mindestanzahl der Stellplätze übersteigen , sowie

- Emissionen von öffentlichen Warneinrichtungen.

Ob Belästigungen örtlich unzumutbar sind, richtet sich nach der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung des Bauwerks und dessen Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen. Örtlich sind dabei als Emissionsquellen neben dem Bauvorhaben die bewilligten oder angezeigten Bauwerke, die innerhalb einer Entfernung von 300 m vom Bauvorhaben aus situiert sind und mit diesem eine organisatorische oder wirtschaftliche Einheit bilden, in die Beurteilung miteinzubeziehen.

  

 

§ 63. (1) Wird ein Bauwerk gemäß Z 1 bis 7 errichtet, vergrößert oder dessen Verwendungszweck geändert oder die Anzahl von Wohnungen erhöht, sind dem voraussichtlichen Bedarf entsprechend Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge herzustellen. Die Mindestanzahl der Stellplätze ist mit Verordnung der Landesregierung festzulegen:

 

Für

 

nach Anzahl der

1.

Wohngebäude

Wohnungen

 

 

   

[…]

 

4.2. Die hier maßgebliche Bestimmung der NÖ Bautechnikverordnung 2014 (NÖ BTV 2014), lautet:

 

§ 11. (1) Die Mindestanzahl der nach § 63 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 zu errichtenden Stellplätze wird für Personenkraftwagen je nach dem Verwendungszweck des Gebäudes wie folgt festgelegt:

 

für ein Stellplatz für je

1. Wohngebäude .................................................................................1 Wohnung

[…]

 

4.3. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) lauten:

 

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

[…]

 

5. Erwägungen:

 

Gemäß § 28 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache, sofern die Beschwerde nicht (zufolge § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss) zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufgrund der in der Beschwerde geltend gemachten Beschwerdegründe zu überprüfen.

 

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen und nach § 28 Abs. 2 VwGVG grundsätzlich in der Sache zu entscheiden.

 

Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des angefochtenen Bescheides gebildet hat (z.B. VwGH 2009/15/0152; 2010/16/0032; 2012/15/0161).

Die Entscheidungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes geht im Bauverfahren nicht weiter als die der Berufungsbehörde im jeweiligen Verfahren; der äußerste Rahmen für die Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichts ist die „Sache“ des bekämpften Bescheides (vgl. etwa VwGH 2015/05/0021; VwGH Ra 2015/05/0060; VwGH Ro 2016/07/0008, jeweils mwN).

 

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens („Sache“) ist somit im konkreten Fall ausgehend vom Spruch des angefochtenen Bescheides bzw. vom Spruch des dadurch bestätigten erstinstanzlichen Bescheides die Erteilung einer Baubewilligung für den Neubau einer Wohnhausanlage auf dem Grundstück in ***, *** entsprechend dem Bauansuchen der D reg.Gen.m.b.H. vom 12. Oktober 2018

 

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei einem Baubewilligungsverfahren stets um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, in welchem die Baubehörde lediglich auf Grund des von einem Bauwerber erarbeiteten Projektes die Frage der Bewilligungsfähigkeit zu beurteilen hat (vgl. VwGH 81/05/0104 u.a.), sodass zur Beurteilung lediglich der in den Einreichplänen zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend ist (vgl. VwGH 82/05/0015 u.a.). Die Sache eines Bewilligungsverfahrens wird vom Antragsteller festgelegt, ist also die vom Antrag umfasste Angelegenheit.

 

Das Mitspracherecht eines Nachbarn in einem baurechtlichen Bewilligungsverfahren ist gemäß § 6 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 sowie nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwSlg. 10.317A u.a.) insofern beschränkt, als dem Nachbarn nur jene subjektiv-öffentlichen Rechte zukommen, die ihm nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften (§ 6 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014) eingeräumt sind und welche er wirksam und rechtzeitig geltend gemacht hat.

 

Der Nachbar hat aufgrund seiner beschränkten Mitsprachemöglichkeit also ganz allgemein keinen Rechtsanspruch darauf, dass ein Bauvorhaben sämtlichen gesetzlichen Vorschriften entspricht, sondern besitzt dieser im Zusammenhang mit § 6 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 2014 nur einen Rechtsanspruch darauf, dass ein Bauvorhaben seine rechtzeitig geltend gemachten, durch baurechtliche Vorschriften eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte nicht verletzt.

 

Gemäß § 6 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 sind Nachbarn nur dann Parteien, wenn sie durch das fertiggestellte Bauvorhaben bzw. das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten oder als Inhaber eines Fahr- und Leitungsrechtes nach § 11 Abs. 3 beeinträchtigt werden können.

 

Der Nachbar ist dementsprechend im Baubewilligungsverfahren also keineswegs berechtigt, schlechthin alle tatsächlichen oder vermeintlichen Verstöße gegen die Bauvorschriften geltend zu machen.

Nur soweit diese neben dem öffentlichen Interesse auch dem Interesse des Nachbarn dienen, vermögen sie sogenannte subjektiv-öffentliche Rechte zu begründen, gegen deren Verletzung sich der Nachbar im Baubewilligungsverfahren durch die Erhebung von Einwendungen wehren kann.

 

Ein Nachbar besitzt im Baubewilligungsverfahren also kein umfassendes Mitspracherecht und kann bzw. darf daher nur im Umfang seiner geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte mitwirken und auch nur im Bereich dieses Mitspracherechtes Verfahrensfehler und andere Rechtswidrigkeiten aufzeigen.

Dem Nachbarn kommt ein subjektiv-öffentliches Recht auf „korrekte Anwendung der Bestimmungen innerhalb der NÖ Bauordnung“ nicht zu (z.B. VwGH 2010/05/0081). Objektive Rechtswidrigkeiten können im Hinblick auf dieses im Baubewilligungsverfahren beschränkte Mitspracherecht des Nachbarn für sich allein noch nicht berücksichtigt werden.

 

Aus der Bestimmung des § 6 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 2014 ergibt sich somit erschöpfend (taxativ – vgl. VwGH 2009/05/0101 u.a.) der Rahmen der festgelegten Nachbarrechte und somit jener Einwendungen, welche in einem Baubewilligungsverfahren von einem Nachbarn in einem Baubewilligungsverfahren mit Erfolg geltend gemacht werden können.

Nachbarn haben daher aufgrund ihrer beschränkten Mitsprachemöglichkeit keinen Rechtsanspruch darauf, dass ein Vorhaben sämtlichen gesetzlichen Vorschriften entspricht, sondern nur einen Rechtsanspruch darauf, dass ein Vorhaben die rechtzeitig geltend gemachten, durch Vorschriften eingeräumten subjektiv-öffentliche Rechte nicht verletzt. Auch die den Nachbarn eingeräumten prozessualen Rechte bzw. Verfahrensrechte können hierbei nicht weiterreichen als die ihnen durch das Gesetz gewährleisteten materiellen Rechte (vgl. etwa VwSlg. 8032 A/1971).

 

Die tatsächliche Verletzung von Rechten des Nachbarn ist nicht Voraussetzung der Parteistellung (VwGH 2005/05/0146), wohl aber die Behauptung der Verletzung von in § 6 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014 eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechten.

 

Eine Einwendung im Rechtssinne nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 2001/05/0032 sowie 2008/05/0130, die zum im Wesentlichen inhaltsgleichen § 6 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 ergangen sind) liegt nur dann vor, wenn das Vorbringen die Behauptung der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes im Sinne des § 6 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014 durch das den Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens bildende Vorhaben zum Inhalt hat. Dabei muss wenigstens erkennbar sein, aus welchen Gründen sich der Nachbar gegen das Bauvorhaben wendet, also welche Rechtsverletzung überhaupt behauptet wird und welcher Art dieses Recht ist, wenngleich die Einwendung nicht zu begründen ist.

Aus § 6 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014 und den dort abschließend und erschöpfend festgelegten Nachbarrechten ergibt sich der Rahmen der zulässigen Einwendungen, welche in einem Baubewilligungsverfahren von einem Nachbarn geltend gemacht werden können.

 

Für die Parteistellung und deren Verlust (Präklusion) ist im Baubewilligungsverfahren zudem noch § 21 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 zu beachten.

Demnach verliert eine Person ihre Stellung als Partei, sofern sie vom geplanten Bauvorhaben nachweislich informiert wurde, soweit sie nicht binnen einer Frist von 2 Wochen ab der Zustellung der Verständigung bei der Baubehörde schriftlich Einwendungen gegen das Vorhaben erhebt.

 

Mit Schreiben des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 8. November 2018 wurden die Nachbarn des Baugrundstückes vom Bauvorhaben verständigt. Es wurde den Nachbarn die Gelegenheit eingeräumt, in die Projektsunterlagen Einsicht zu nehmen und binnen 14 Tagen ab Zustellung der Verständigung bei sonstigem Verlust der Parteistellung Einwendungen gegen das Bauvorhaben zu erheben. Den Beschwerdeführern wurde dieses Schreiben nachweislich am 14. November 2018 zugestellt.

Mit einem Schreiben vom 26. November 2018 erhoben die Beschwerdeführer innerhalb der eingeräumten Frist gegen das verfahrensgegenständliche Projekt Einwendungen.

 

Diese Anordnung des § 21 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014, wonach eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht binnen einer Frist von 2 Wochen ab der Zustellung der Verständigung vom geplanten Bauvorhaben bei der Baubehörde schriftlich Einwendungen gegen das Vorhaben Einwendungen erhebt, bedeutet, dass eine Partei, die keine tauglichen Einwendungen im Sinne des § 6 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014 rechtzeitig erhoben hat, ihre Parteistellung verliert.

Werden innerhalb dieser Frist keine Einwendungen erhoben, erlischt gemäß § 21 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 die Parteistellung.

 

Ein Nachbar wahrt seine Parteistellung nur dadurch, dass er die in § 6 Abs. 2 NÖ Bauordnung genannten Rechte, allenfalls in Verbindung mit anderen Bestimmungen der Bauordnung, auf die diese Bestimmung verweist (vgl. VwGH 2001/05/1127), rechtzeitig geltend macht.

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Präklusionswirkung der mündlichen Verhandlung ist auf das nunmehrige schriftliche Verfahren nach § 21 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 sinngemäß zu übertragen ist (vgl. LVwG NÖ 04.11.2019, LVwG-AV-1287/001-2018; vgl. ebenso LVwG NÖ 19.11.2019, LVwG-AV-115/001-2019). Daraus folgt, dass auch im Verfahren nach § 21 NÖ Bauordnung 2014 die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde und der Verwaltungsgerichte wie auch der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Falle von Rechtsmitteln der Nachbarn auf jene Fragen beschränkt ist, hinsichtlich derer einerseits den Nachbarn subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits rechtzeitig im Verfahren entsprechende Einwendungen erhoben wurden (VwGH Ra 2015/05/0051).

Ein Nachbar, der rechtzeitig Einwendungen erhoben hat, kann daher zu einem späteren Zeitpunkt weitere neue Einwendungen nicht mehr nachtragen, weil er insoweit seine Parteistellung verloren hat. Es tritt also insoweit ein Verlust (Teilverlust) der Parteistellung ein (vgl. VwGH 2001/07/0169 zu § 42 Abs. 1 AVG).

 

Eine Parteistellung der Beschwerdeführer besteht also ausschließlich hinsichtlich der rechtzeitig - binnen 2 Wochen ab Zustellung der Verständigung vom 8. November 2018 – vorgebrachten tauglichen Einwendungen, darüber hinaus besteht kein Mitspracherecht mehr im gegenständlichen Verfahren.

 

Die Prüfung der Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte der Beschwerdeführer ist dementsprechend auf jene Einwendungen beschränkt, die in ihrem Schreiben vom 26. November 2018 erhoben wurden.

 

Im Hinblick auf § 27 VwGVG hat sich das Verwaltungsgericht mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der beschwerdeführenden Partei im Rahmen der Prüfung des angefochtenen Bescheides inhaltlich auseinanderzusetzen. Das Verwaltungsgericht hat daher die Sache des angefochtenen Bescheides, hier die Abweisung der Berufung der Beschwerdeführer, im Hinblick auf die Beschwerdegründe, hier die in der Beschwerde aufrecht erhaltenen Einwendungen, zu überprüfen.

 

Zum Beschwerdegrund „Straße direkt an der Grundstücksgrenze“:

 

Diesem Beschwerdevorbringen ist, soweit es auf die Bauausführung (etwa Aushub für das Unterbauplanum oder Schwerverkehr während der Bauphase) bezogen ist, entgegenzuhalten, dass die Bauausführung gemäß § 6 NÖ Bauordnung 2014 im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht Gegenstand des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens ist und daher auch nicht zum Inhalt zulässiger Einwendungen gemacht werden kann (vgl. z.B. VwGH 22.12.2015, Ra 2015/06/0123). Soweit ein Nachbar eine Gefährdung der Standsicherheit durch die bauliche Anlage im Rahmen der Bauausführung befürchtet, macht er damit daher kein Nachbarrecht im Sinn des § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ Bauordnung 2014 geltend (vgl. VwGH 11.12.2012, 2009/05/0308). Dasselbe gilt für die durch die Bauausführung allenfalls bewirkten Erschütterungen sowie die Verhinderung von Schäden an Gebäuden, die in diesem Zusammenhang auftreten können (vgl. VwGH 10.12.2013, 2010/05/0134).

 

Die in Rede stehende 120 m lange „Straße direkt an der Grundstücksgrenze“ dient der Zu- und Abfahrt zu den projektierten Garagen- und Abstellplätzen der Wohnhausanlage und befindet sich diese Straße auf Privatgrund am Baugrundstück.

 

Soweit sich die Beschwerdeführer gegen die aus der Benützung dieser Zufahrtsstraße resultierenden Emissionen, wie Lärm, Schall, Vibrationen und Erschütterungen wenden, ist darauf hinzuweisen, dass ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht in Bezug auf Immissionen nur im Hinblick auf jene Immissionen in Frage kommt, die in § 48 NÖ Bauordnung 2014 taxativ aufgezählt sind.

Nur diese Belästigungen hat die Baubehörde – sowie im Weiteren das Verwaltungsgericht – zu prüfen; hinsichtlich anderer Immissionen kommt entweder ein anderes Verwaltungsverfahren oder der Zivilrechtsweg in Betracht (vgl. VwGH Ra 2016/05/0023).

 

§ 48 NÖ Bauordnung 2014 in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 53/2018 bestimmt, dass Emissionen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase und Erschütterungen die originär von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen, Menschen weder in ihrem Leben oder ihrer Gesundheit gefährden noch örtlich unzumutbar belästigen dürfen. Ausgenommen davon sind jedoch gemäß § 48 zweiter Spiegelstrich leg.cit. Emissionen aus der Nutzung von Stellplätzen, „sofern sie einem Vorhaben nach § 63 Abs. 1 erster Satz leg.cit. zugeordnet sind, selbst wenn sie die dafür verordnete Mindestanzahl der Stellplätze übersteigen“ (vgl. hierzu auch den Motivenbericht zur Novelle LGBl. Nr. 53/2018, S. 16 f).

 

Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung ist daher betreffend die Nutzung der projektierten Stellplätze (zugeordnet zu einem Wohngebäude im Sinne des § 63 Abs. 1 Z 1 NÖ Bauordnung 2014), auch wenn diese die verordnete Mindestanzahl übersteigen (vgl. § 11 Abs. 1 Z 1 NÖ BTV 2014), nicht zu beurteilen, ob Menschen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase und Erschütterungen in ihrem Leben oder ihrer Gesundheit gefährdet oder örtlich unzumutbar belästigt werden. Den Beschwerdeführern erwächst sohin betreffend Emissionen aus der Nutzung von Stellplätzen – mangels Erfassung von der abschließenden Regelung in § 48 NÖ Bauordnung 2014 – kein subjektiv‑öffentliches Recht gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 NÖ Bauordnung 2014.

Zur „Nutzung der Stellplätze“ sind auch die Zu- und Abfahrten zu diesen Stellplätzen, im vorliegenden Fall über die hierzu projektierte „Straße entlang der Grundstücksgrenze“, zu zählen (vgl. etwa VwGH 2013/05/0179, wonach die mit der normalen Verwendung einer Zufahrt zu einem vorgeschriebenen Abstellplatz verbundenen Immissionen von Nachbarn hinzunehmen sind; siehe auch VwGH 2002/05/0769, wonach dort, wo Bauwerber ihrer Verpflichtung zur Errichtung von Stellplätzen einschließlich der erforderlichen Zu- und Abfahrtsmöglichkeiten nachkommen, die bestimmungsgemäße Verbindung mit dem öffentlichen Verkehrsnetz grundsätzlich keine Beeinträchtigung durch Immissionen erwarten lässt). Aufgrund der im Zusammenhang mit der projektierten Straße entlang der Grundstücksgrenze erhobenen Einwendungen betreffend Immissionen war daher eine Emissionsprüfung gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 iVm § 48 NÖ Bauordnung 2014 nicht durchzuführen. Im Übrigen ist aus § 6 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014 auch kein subjektiv-öffentliches Recht dahingehend abzuleiten, dass sich die Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen nicht ändern dürften (vgl. etwa VwGH Ro 2014/05/0003).

 

Soweit die Beschwerdeführer die Gefährdung der Standsicherheit ihrer Gebäude durch die Benützung der Straße ins Treffen führen, ist auszuführen, dass die Standsicherheit infolge des Informationsschreibens der Baubehörde 1. Instanz vom 8. November 2018 betreffend das gegenständliche Bauvorhaben nicht rechtzeitig im Sinne des § 21 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 eingewendet wurde (in dem Schreiben der Beschwerdeführer vom 26. November 2018 wird lediglich auf unzumutbarere Belästigungen im Sinne des § 48 NÖ Bauordnung 2014 Bezug genommen). Die erstmaligen Ausführungen der Beschwerdeführer zur Standsicherheit erst im Schreiben vom 5. März 2019 stellen keine rechtzeitigen Einwendungen im Sinne des § 21 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 dar, insbesondere, weil nach dem ersten Aufforderungsschreiben der Baubehörde 1. Instanz vom 8. November 2018 eine wesentliche Projektänderung des Bauvorhabens nicht erfolgt ist (es wurden lediglich weitere Gutachten und ergänzende Stellungnahmen betreffend das ursprüngliche Bauvorhaben eingeholt); es lag daher im Frühjahr 2019 kein neu zu beurteilendes Bauvorhaben vor, hinsichtlich dessen (erneut) Einwendungen hätten erhoben werden können. Auf die erst nach Verlust der Parteistellung vorgetragenen Bedenken zur Standsicherheit war infolge der diesbezüglich bereits eingetretenen Präklusion nicht mehr einzugehen.

 

Zu den Beschwerdegründen „Geländeveränderungen/Niederschlagswässer“ und „Dachwässer/Böschungsneigung“:

 

Mit den unter diesen Überschriften zusammengefassten Beschwerdeausführungen wenden sich die Beschwerdeführer im Wesentlichen gegen eine Beeinträchtigung der Trockenheit ihrer bewilligten oder angezeigten Bauwerke auf dem Nachbargrundstück im Sinne des § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ Bauordnung 2014, eine Beeinträchtigung in diesem subjektiv-öffentlichen Recht wurde durch die Beschwerdeführer auch rechtzeitig im Sinne des § 21 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 eingewendet, sodass den Beschwerdeführern im Verfahren (nur) diesbezüglich auch noch Parteistellung zukommt.

 

Dass Niederschlagswässer auf das Grundstück der Nachbarn gelangen können, stellt für sich noch keine Verletzung im Nachbarrecht auf Trockenheit der konsensmäßig bestehenden Bauwerke auf dem Nachbargrundstück dar (VwGH

2007/05/0072).

Auch mit dem Vorbringen, dass durch Veränderung der Höhenlage des Geländes der Abfluss von Niederschlagswässern zum Nachteil seines Grundstückes beeinflusst werde, macht ein Nachbar kein subjektiv-öffentliches Recht gemäß § 6 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014 geltend (VwGH 20011/05/0194).

Ergänzend wird auch noch festgehalten, dass mit der geäußerten Befürchtung, die Trockenheit zukünftiger Gebäude auf dem Nachbargrundstück könnte beeinträchtigt werden, kein subjektiv-öffentliches Recht gemäß § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ Bauordnung 2014 geltend gemacht wird.

 

Es stellt sich daher ausschließlich die Frage, ob es durch das gegenständliche Bauvorhaben nach seiner Fertigstellung (nicht durch die Bauausführung, auch nicht durch möglich künftige Projekte) zu einer für die Beschwerdeführer nachteiligen Beeinträchtigung der Trockenheit ihrer konsensmäßig auf dem Nachbargrundstück bestehenden Gebäude kommen kann.

 

Im Einklang mit den Ausführungen des beigezogenen Amtssachverständigen für Wasserbautechnik sind bei Ausführung des Versickerungskonzeptes vom 28. Juli 2020 (Geohydraulische Berechnung zum Versickerungsprojekt vom 28.07.2020, Technischer Bericht zum Versickerungskonzept vom 28.07.2020, Bemessung der Rigolrinnen zum Versickerungskonzept vom 13.02.2019), welches im Zuge des Beschwerdeverfahrens von der Bewilligungswerberin ergänzend vorgelegt wurde, für die Trockenheit der Bauwerke auf Grundstück Nr. .***, KG ***, unter Berücksichtigung eines 5-jährlichen und 10-jährlichen Niederschlagsereignisses bei projektgemäßer Ausführung unter Zugrundelegung der oben genannten Unterlagen und bei Vorschreibung weiterer im Gutachten angeführter Auflagen keine Verschlechterung durch das Bauvorhaben zu erwarten.

 

Der Sachverständige hat in seinem Gutachten die Auswirkung des durch das geänderte Versickerungsprojekt ergänzten Bauvorhabens auf das Grundstück der Beschwerdeführer in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise dargelegt.

 

Die Beschwerdeführer sind diesem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Im Beschwerdeverfahren wurden ihnen das Gutachten zur Kenntnis übermittelt, sodass sie mit dieser Problematik ihrerseits ebenfalls einen Sachverständigen befassen und beiziehen hätten können. Im gesamten Verfahren haben keinerlei Absichten erkennen lassen, ihrerseits ein Gutachten eines wasserbautechnischen Sachverständigen oder eine fachkundige Stellungnahme einzuholen und vorzulegen. Der vorliegenden gutachterlichen Stellungnahme wurde von den Beschwerdeführern nicht auf gleicher fachlicher Ebene – etwa durch Vorlage eines Privatgutachtens – entgegengetreten (vgl. VwGH 2009/05/0344).

 

Die vom Amtssachverständigen vorgeschlagene Auflage der Namhaftmachung eines Bauführers bei der Wasserrechtsbehörde kann jedoch in einem Bauverfahren (bzw. Nachbarbeschwerdeverfahren) schon aus Zuständigkeitsgründen nicht erteilt werden.

 

Soweit darüber hinaus im Zusammenhang mit der Böschungsneigung eine Beeinträchtigung der Standsicherheit der Gebäude der Beschwerdeführer vorgebracht wird, ist auf obenstehende Ausführungen zu verweisen, wonach eine Beeinträchtigung der Standsicherheit von den Beschwerdeführern nicht rechtzeitig im Sinne des § 21 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 mit deren Schreiben vom 26. November 2018 eingewendet wurde; ein diesbezügliches Vorbringen im Zusammenhang mit der Böschungsneigung wurde vielmehr erstmals in der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erstattet und war demnach auch nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides der Berufungsbehörde. Die Geltendmachung der Beeinträchtigung der Standsicherheit im Zusammenhang mit der projektierten Böschungsneigung scheidet daher im Beschwerdeverfahren aus.

 

Zum Beschwerdegrund „Anzahl Garagen bzw. Abstellplätze“:

 

Soweit sich die Beschwerdeführer gegen die projektierte Anzahl an Garagen- bzw. Abstellplätzen wenden, die die verordnete Mindestanzahl überschreiten, ist auf die obenstehenden Ausführungen zu verweisen, wonach den Beschwerdeführern gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 iVm § 48 NÖ Bauordnung 2014 kein subjektiv-öffentliches Recht auf Immissionsschutz im Zusammenhang mit der Nutzung von Abstellplätzen zukommt. Dies gilt gemäß dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung auch dann, wenn die dafür verordnete Mindestanzahl an Stellplätzen – wie im vorliegenden Fall – überschritten wird.

 

Zum Beschwerdegrund „Verletzung von Verfahrensvorschriften“:

 

Zu den in der Beschwerde gerügten Begründungsmängeln ist auszuführen, dass allfällige solche Mängel nach einem entsprechenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren samt den Ausführungen im gegenständlichen Erkenntnis im Hinblick auf die geltend gemachten (materiellen) Beschwerdegründe im Sinne des § 27 VwGVG als geheilt anzusehen sind.

 

Soweit die Beschwerdeführer vorbringen, dass ihnen die zum integrierten Bestandsteil des baubehördlichen Bewilligungsbescheides erklärten Gutachten und Stellungnahmen nicht vollständig zusammen mit der Bescheidausfertigung übermittelt worden seien, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach das Fehlen von solchen Beilagen der Erledigung nicht den Charakter einer Bescheidausfertigung nimmt und allenfalls (nur) einen aus der mangelnden Nachvollziehbarkeit der Bescheidbegründung resultierenden Verfahrensmangel darstellt (vgl. VwGH 2010/12/0033, mwN).

Auch ein etwaiger solcher Verfahrensmangel ist daher durch das verwaltungsgerichtliche Verfahren samt den Ausführungen im gegenständlichen Erkenntnis als geheilt anzusehen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

 

Diese Entscheidung konnte gemäß § 24 VwGVG unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden.

 

In der vorliegenden Beschwerde wurde kein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt und hält das Verwaltungsgericht eine Verhandlung auch nicht für erforderlich, lässt doch bereits der vorgelegte Akt erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Der EGMR hat das Vorliegen von Umständen, bei deren Vorliegen von einer Verhandlung abgesehen werden kann, dann angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft.

 

In der vorliegenden Beschwerde wurden im Ergebnis ausschließlich Rechtsfragen bzw. hoch-technische Fragen aufgeworfen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.

 

7. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht und eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt.

 

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen liegen keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

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