VwGH 81/05/0104

VwGH81/05/010417.11.1981

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Draxler, DDr. Hauer, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde der Mag. RL in W, vertreten durch Dr. Johann Schindler und Dr. Johannes Zach, Rechtsanwälte in Wien I, Wipplingerstraße 24 - 26 gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 10. Juni 1981, Zl. II/2- V-8154, betreffend Abweisung eines Bauvorhabens (mitbeteiligte Partei: Gemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1976 §100;
BauO NÖ 1976 §96;
BauO NÖ 1976 §97;
BauO NÖ 1976 §98;
BauRallg impl;
ROG NÖ 1976 §19 Abs4;
BauO NÖ 1976 §100;
BauO NÖ 1976 §96;
BauO NÖ 1976 §97;
BauO NÖ 1976 §98;
BauRallg impl;
ROG NÖ 1976 §19 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.580,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Kaufvertrages vom 4. Mai 1973 hatte die Beschwerdeführerin das Grundstück 30/1, KG U, erworben. Mit Eingabe vom 6. Jänner 1975 beantragte sie die Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung einer Werkzeug- und Abstellhütte auf diesem Grundstück. Diesem Ansuchen war offensichtlich eine im Akt erliegende Planskizze angeschlossen, welcher insbesondere entnommen werden kann, daß Gegenstand des Bauansuchens eine Blockhütte im Ausmaß von 7,00 x 5,00 m war. Bei der am 10. Februar 1975 durchgeführten Bauverhandlung stellte die Amtsabordnung fest, daß "der eingereichte Bauplan" nicht den im § 97 der Bauordnung für Niederösterreich geforderten Bedingungen entspreche, die Hütte nicht Wohnzwecken, sondern der Aufbewahrung diverser Gartengeräte dienen soll, das Erfordernis für die Bewirtschaftung des Grundstückes jedoch nicht bestehe. Es werde deshalb nur eine Genehmigung nach § 101 der Bauordnung angestrebt. In der Verhandlungsschrift wurde sodann weiter ausgeführt, eine solche Genehmigung könne nur erteilt werden, wenn das Bauwerk innerhalb von fünf Jahren nach Beginn der Ausführung wieder entfernt werde. Der Baubehörde sei noch ein bauordnungsgemäßer Plan vorzulegen. Im Akt findet sich ein Plan, welcher zum Teil abweichend von der oben erwähnten Planskizze eine Baulichkeit im Ausmaß von 7,00 x 5,00 m (bzw. 4,90 m) ausweist. (Dieser Plan entspricht in mehrfacher Hinsicht nicht den in der Niederösterreichischen Bauordnung normierten Anforderungen; so kann diesem Plan keine innere Einteilung der Baulichkeit entnommen werden und ist der Lageplan offensichtlich falsch, weil demnach die Baulichkeit auf den Grundstücken 30/2 und 35/2 errichtet werden sollte.)

Mit Bescheid vom 20. März 1975 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde S für die Errichtung der Werkzeug- und Abstellhütte in Holzausführung die Bewilligung gemäß § 101 der Bauordnung für Niederösterreich auf die Dauer von fünf Jahren.

Mit Eingabe vom 5. Jänner 1980 ersuchte die Beschwerdeführerin, "den mit Bescheid vom 20. März 1975 für

vorübergehend erklärten Bestand ..... als dauernd anzuerkennen".

Sie führte aus, sie habe das Feld, auf dem die Hütte stehe, erworben, um darauf eine Obstkultur anzulegen. Zuerst sei nur ein Teil des Feldes versuchsweise mit Obstbäumen bepflanzt worden, sie beabsichtige jedoch die Pflanzung fortzusetzen und zu diesem Zwecke sie die Hütte, welche einer Reihe im einzelnen angeführten Funktionen diene.

Mit Bescheid vom 25. Oktober 1980 wies der Bürgermeister der Gemeinde S dieses Ansuchen gemäß § 100 Abs. 4 NÖ Bauordnung in Verbindung mit § 14 Abs. 3 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 als unbegründet ab. Im wesentlichen vertrat die Baubehörde erster Instanz die Auffassung, daß im Grünland nur solche Gebäude errichtet werden dürfen, welche für eine bestimmungsgemäße Nutzung erforderlich seien.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung verwies die Beschwerdeführerin insbesondere darauf, daß sie mit der Pflanzung einer Obstkultur begonnen habe und zu welchen Zwecken sie die Baulichkeit benötige. Sie berief sich unter anderem auf ein Gespräch mit einem Amtssachverständigen des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung.

Zu diesen Ausführungen holte die Baubehörde zweiter Instanz das Gutachten eines agrartechnischen Amtssachverständigen des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung ein. In seinem Gutachten vom 20. Oktober 1980 führte der Amtssachverständige unter anderem aus, das Grundstück der Beschwerdeführerin liege westlich eines Weges außerhalb des Ortsbereiches inmitten der laut Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Widmungsart Grünland. Die landwirtschaftlich nutzbare Fläche sei allseitig von Wald eingeschlossen. Auf Grund dieses Umstandes sei das Grundstück zwar windgeschützt, die landwirtschaftlich nutzbare Fläche aber nur 4000 m2 groß. Der Boden sei seicht bis mittelgründig und lehmiger Sand mit unterschiedlichem Steingehalt überwiege. Die Fläche sei eben bis leicht geneigt. Im südlichen Teil des Grundstückes sei eine Fläche von etwa 47 x 25 m eingefriedet (Wildzaun) und in diesem eingefriedeten Areal sei die gegenständliche Holzhütte errichtet worden. Neben der Hütte sei zur Sammlung der Regenwässer eine Zisterne mit 1,5 m Tiefe und 2,5 m Durchmesser vorhanden. Diese Wassersammelstelle stelle auf dem Grundstück die einzige "Wasserquelle" dar und sei bei der Auspflanzung von Obstbäumen (Einschlemmung) von großem Wert. Ein Trockenklosett, welches am Rande des Waldsaumes stehe, sei ebenfalls vorhanden. Innerhalb des eingezäunten Areals seien am 1. April 1980 etwa 20 bis 25 Obstbäume, 18 Ribiselsträucher, einige Ziergehölze und Zierstäucher angepflanzt und einige Beete (Erdbeeren usw.) angelegt gewesen. Diese vorgefundene Bepflanzung bzw. die Art der Anlage habe eher den Eindruck eines Gartens als den einer gewerbsmäßigen Obstanlage vermittelt. Die außerhalb der Einfriedung gelegene, nicht bestockte Fläche sei in der ackerbaulichen Nutzung eines Dritten gestanden. Zum Erhebungszeitpunkt sei das Betreten des eingefriedeten Grundstückteiles bzw. der Hütte nicht möglich gewesen, doch sei mit der Beschwerdeführerin ein klärendes Gespräch geführt worden. Darnach sei der vorhandene Innenraum durch Trennwände in verschieden große Räumlichkeiten unterteilt und die kleineren Abteilungen dienten derzeit der Aufnahme von Spritzmitteln, Drahtgittern und Baumnetzen, der Dieselpumpe mit Spritzvorrat, des Rasenmähers, des fahrbaren Spritzgeräte und diverser anderer Gartenwerkzeuge. Der größere Hüttenteil sei als Aufenthaltsraum bzw. zur kurzfristigen Obstlagerung bestimmt. Eine kleine Waschmaschine sei ebenfalls vorhanden. Für die angeführten Betriebsmittel sei laut Angaben der Beschwerdeführerin der Raumbedarf derzeit 5 x 1,6 m. Zu dieser Fläche käme noch der Lagerbedarf für die Ernteprodukte. Der Raum zur Unterbringung der Geräte und der Pumpe sei sowohl direkt vom Garten als auch vom Hütteninneren begehbar. Die anderen Räume hätten ihren Zugang an der Längsseite der Hütte. Die Beschwerdeführerin habe weiters angegeben, daß sie die Hütte nicht für Wohnzwecke benötige, da sie in G ein Haus mit Garten im Umfang von rund 1300 m2 besitze. Hinsichtlich der restlichen Nutzfläche würde sie etappenweise eine Umwandlung in eine Obstkultur durchführen. Die Auspflanzung auf der gesamten Fläche auf einmal würde am bestehenden Wassermangel scheitern. Eine neuerliche Überprüfung am 2. September 1980 habe ergeben, daß in dem eingefriedeten Grundstücksteil und auf dem Restgrundstück weitere Bäume ausgepflanzt worden seien. In dem mit Getreide bestellten Restteil des Grundstückes seien 20 neue Apfelbäume der Sorten Delicious und Jonathan ausgepflanzt. Bei weiterer Auspflanzung könnte sich ein Baumbestand von rund 100, maximal 125 Obstbäumen ergeben. Berücksichtige man diese vollausgepflanzte Fläche bei der Beurteilung, ob ein Bauwerk für die Grünlandnutzung notwendig sei, so könne festgestellt werden, daß auf Grund der räumlichen Entfernung zum ständigen Wohnsitz in Wien, der notwendigen Pflege und vorübergehenden Lagerung des Obstes, der Bedarf einer Hütte auf dem Grundstück gegeben sei. Diese Hütte müsse jedoch nur der Unterbringung der Maschinen, Geräte, Spritzmittel, Pumpe, Drahtgeflecht und der vorübergehenden Lagerung dienen. Als Nebeneffekt könne auch der Schutz vor Regenwetter aufgezeigt werden. Für diese angeführten Zwecke reiche jedoch eine Hütte mit der halben Flächenausdehnung. Die Wasserversorgung, welche in Trockenzeiten auch durch die derzeit vorhandene Dachfläche nicht immer in vollem Umfang gewährleistet sei, wäre aber bei Verkleinerung der Hütte auf eine andere Art durchzuführen (z.B. Zufuhr mittels Druckfaß). Ein erhöhter Wasserbedarf sei im Obstbaum vor allem bei Pflanzung im Anwuchsstadium gegeben. Da der Obstbau als Grünlandnutzung im Sinne des § 19 Abs. 2 NÖ ROG 1976 angesehen werden könne, sei im gegenständlichen Fall bei Nutzung im angegebenen Umfang und für die Dauer dieser Nutzung eine Baulichkeit erforderlich.

Zu diesem Gutachten nahm die Beschwerdeführerin in ihrer Äußerung vom 23. November 1980 Stellung. Sie brachte vor, die Größe der Hütte sei seinerzeit im Einvernehmen mit dem Bürgermeister festgelegt worden. Zusätzlich zu den im Gutachten angeführten Geräten müsse die Beschwerdeführerin bei voller Bepflanzung des Grundstückes noch ein fahrbares Gerät zur Kultivierung der Anlage in der Hütte unterbringen. Die im Gutachten angesprochene Verkleinerung der Hütte wäre nicht nur mit einem Platzmangel, sondern auch noch mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden, nämlich es müßte mangels möglicher Verkleinerung ein vollständiger Neubau erfolgen und eine entsprechend kleinere Dachfläche hätte einen Wasserausfall zur Folge.

Mit dem in Ausfertigung des Sitzungsbeschlusses des Gemeinderates vom 24. Februar 1981 ergangenen Bescheid der Gemeinde vom 3. Mai 1981 wurde der Berufung keine Folge gegeben. Begründend vertrat die Baubehörde zweiter Instanz den Standpunkt, um einen von allen Seiten verpönten Verhüttelungseffekt zu verhindern, welcher im betreffenden Gebiet bereits eingesetzt habe, werde eine baubehördliche Bewilligung abgelehnt. (Auf das eingeholte Gutachten wurde nicht Bezug genommen.)

In der dagegen erhobenen Vorstellung an die Niederösterreichische Landesregierung verwies die Beschwerdeführerin insbesondere darauf, daß der agrartechnische Sachverständige im Hinblick auf den betriebenen Obstbau für die Dauer dieser Nutzung eine Baulichkeit als erforderlich angesehen habe. Dessenungeachtet habe sich die Berufungsinstanz mit der Notwendigkeit der Baulichkeit in keiner Weise auseinandergesetzt. Weder die Gemeinde noch der Gutachter hätten das Objekt im Inneren besichtigt. Ein Verhüttelungseffekt sei nicht zu befürchten, weil die Baulichkeit durch umstehende Bäume und angrenzenden Wald von außerhalb der Liegenschaft nicht erkennbar sei. Im weiteren Umkreis befinde sich kein weiteres Bauobjekt. Der letztinstanzliche Gemeindebescheid sei unvollständig, mangelhaft begründet und im Hinblick auf die Bestimmungen des § 14 NÖ ROG rechtlich verfehlt.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die Niederösterreichische Landesregierung diese Vorstellung als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der Bestimmungen des § 19 Abs. 2 und 4 NÖ ROG 1976 führte die Aufsichtsbehörde aus, durch einen Sachverständigen für Landwirtschaft sei zu prüfen gewesen, ob die Beschwerdeführerin ihre Hütte für die von ihr landwirtschaftlich zu bewirtschaftende Fläche benötige. Der Sachverständige hatte nur den Bedarf einer Hütte mit halber Flächenausdehnung angenommen und sohin schließlich die von ihr behauptete Notwendigkeit der gesamten derzeit bestehenden Hütte verneint. Die vollinhaltliche Abweisung des Bauansuchens ergebe sich daraus, daß ein Bauvorhaben grundsätzlich ein unteilbares Ganzes sei, das nur als solches von der Baubehörde bewilligt oder abgelehnt werden könne. Es obliege der Beschwerdeführerin, ihr Projekt entsprechend dem zitierten Gutachten zu ändern und hiefür eine Baubewilligung zu erwirken. Da die Berufungsentscheidung im Ergebnis der Rechtslage entspreche, sei eine Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen im einzelnen entbehrlich.

In ihrer vorliegenden Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Sie erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem sich aus § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 ergebenden Recht verletzt, Bauwerke, die für die bestimmungsgemäße Nutzung erforderlich sind, errichten zu dürfen.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof teilt zunächst die Auffassung der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, daß die Beschwerdeführerin mit ihrem dem Verwaltungsverfahren zugrunde liegenden Antrag die Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung beabsichtigte. Ein in der Bauordnung nicht vorgesehener Antrag auf Umwandlung einer Baubewilligung auf Zeit in eine definitive Baubewilligung bzw. ein Antrag, eine Baulichkeit "als dauernd anzuerkennen" wäre ansonsten auch mangels Rechtsgrundlage als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Allerdings setzt auch ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt, wie ihn eine Baubewilligung darstellt, einen entsprechenden Antrag des Bewilligungswerbers voraus; hätte das durchgeführte Baubewilligungsverfahren eines solchen Antrages entbehrt, wäre schon aus diesem Grunde von der belangten Behörde der bei ihr angefochtene Gemeindebescheid aufzuheben gewesen. Die Richtigkeit der hier angestellten Erwägungen ergibt sich auch aus der Bezeichnung des Beschwerdepunktes in der Beschwerde.

Mit den dem angefochtenen Bscheid zugrunde liegenden Bescheiden haben die Gemeindebehörden unter Bezugnahme auf § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976, LGBl. Nr. 8000-0, in der Fassung der Druckfehlerberichtigung LGBl. Nr. 8000-1, den Antrag der Beschwerdeführerin im innergemeindlichen Instanzenzug abgewiesen. Gemäß § 19 Abs. 4 dieses Gesetzes dürfen im Grünland Neu-, Zu- und Umbauten nur vorgesehen werden, wenn sie für eine Nutzung nach Abs. 2 erforderlich sind. Nach § 19 Abs. 2 leg. cit. sind im Flächenwidmungsplan die - in dieser Gesetzesstelle bezeichneten - Grünlandnutzungen auszuweisen. Diese Bestimmungen des § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 sollen unter anderem verhindern, daß eine Zersiedelung und Verhüttelung auf jenen Grundflächen erfolgt, welche - wie dies im Beschwerdefall auf Grund des geltenden Flächenwidmungsplanes der Gemeinde zutrifft - der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung vorbehalten sind. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der Verwaltungsbehörden, daß bei Beantwortung der Frage, ob eine Baulichkeit für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung erforderlich ist, an die hiefür maßgeblichen Kriterien ein strenger Maßstab anzulegen ist. So hat der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 31. März 1978, Slg. N.F. Nr. 9513/A, dargelegt, es gehöre zum Begriffe der Landwirtschaft, daß sie eine planvolle, grundsätzlich auf Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit darstellt, und er hat der Ansicht beigepflichtet, die Bestimmungen über die Flächenwidmung könnten nicht dadurch umgangen werden, daß jemand lediglich einem Hobby und nicht aber einer zumindest nebenberuflichen landwirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Unter Flächen des Grünlandes, die der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, sind solche Flächen zu verstehen, die land- und forstwirtschaftlich genutzt werden können (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1978, Zl. 2777/77, Slg. N.F. Nr. 9718/A).

Die Behörde hat daher bei der Frage der Zulässigkeit eines Bauvorhabens nach § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 zunächst zu prüfen, ob eine geplante landwirtschaftliche Nutzung zumindest die Annahme eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbes rechtfertigt. Erst bei der Bejahung dieser Frage dem Grunde nach ist die weitere Frage zu beantworten, ob für eine solche mögliche landwirtschaftliche Nutzung eine Baulichkeit erforderlich ist. Das im Beschwerdefall zu behandelnde Problem, ob ein bestimmtes Gebäude für eine bestimmte Nutzung erforderlich ist, kann nur anhand eines konkreten Bauprojektes gelöst werden. Bei einem Baubewilligungsverfahren handelt es sich nämlich stets - also auch dann, wenn die Erwirkung einer nachträglichen Baubewilligung beabsichtigt ist - um ein Projektsgenehmigungsverfahren (siehe insbesondere die §§ 98 bis 100 NÖ Bauordnung 1976), in dem die Baubehörde auf Grund des vom Antragsteller erarbeiteten Projektes die Frage der Bewilligungsfähigkeit zu beurteilen hat.

Betrachtet man das bisher durchgeführte Ermittlungsverfahren, dann fällt auf, daß der dem Verfahren zugrunde liegende Antrag der Beschwerdeführerin nicht mit jenen Unterlagen versehen war, welche nach den Bestimmungen der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. Nr. 8200-0, erforderlich sind, also mit entsprechenden Bauplänen und Baubeschreibungen im Sinne der §§ 96 und 97 NÖ Bauordnung 1976. Fehlen solche Unterlagen oder reichen die vom Antragsteller beigebrachten Unterlagen zur Beurteilung des Vorhabens nicht aus, dann hat die Baubehörde im Rahmen eines Verbesserungsauftrages nach § 13 Abs. 3 AVG 1950 vorzugehen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1978, Zl. 2777/77; dieser Hinweis finet sich nicht in dem in der Amtlichen Sammlung veröffentlichten Teil in Slg. N.F. Nr. 9718/A). Aus dem Umstand, daß Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens auch im Falle der Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung das vom Antragsteller in den Einreichplänen und in der Baubeschreibung dazustellende Vorhaben ist, folgt aber, daß nicht jeder Sachverhalt der Entscheidung zugrunde zu legen ist, wie er an Ort und Stelle besteht, sondern jener, welcher nach dem in den Bauplänen und in der Baubeschreibung zum Ausdruck gebrachten Willen des Bauwerbers geschaffen werden soll. Dies unbeschadet des Umstandes, daß im Beschwerdefall der Wille der Bauwerberin auf die rechtliche Sanierung des derzeit bestehenden konsenslosen Zustandes gerichtet gewesen ist. In dieser Beziehung haben die Behörden ihre Aufgabe verkannt, fehlten in dem durchgeführten Verfahren doch schon die für die Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens maßgeblichen Unterlagen. Ausgehend vom Projekt der Beschwerdeführerin hätte der Sachverständige, wie erwähnt, zunächst einmal die Frage beantworten müssen, ob die geplante Nutzung der Grundflächen überhaupt die Annahme eines zumindest nebenberuflichen Landwirtschaftsbetriebes rechtfertigt und nur bejahendenfalls wäre die weitere Frage des Größenverhältnisses zwischen der landwirtschaftlich zu nutzenden Fläche des Grundstückes und der geplanten Baulichkeit zu erörtern gewesen. Die Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen hätte allerdings das Projekt der Beschwerdeführerin sein müssen, also weder der an Ort und Stelle vorgefundene Sachverhalt noch irgendwelche sonstige Angaben der Beschwerdeführerin selbst, welche nicht Gegenstand einer allfälligen Projektsergänzung sind. Der Amtssachverständige hob zwar in seinem Gutachten hervor, daß die vorgefundene Bepflanzung bzw. die Art der Anlage eher den Eindruck eines Gartens als den einer erwerbsmäßig betriebenen Obstanlage vermittle, er erachtete aber andererseits den Bedarf nach einer Baulichkeit bestimmten Umfanges als gegeben. Die primär entscheidende Frage, ob die Annahme einer zumindest nebenberuflichen Landwirtschaft berechtigt ist, bleibt unbeantwortet. Soweit der agrartechnische Amtssachverständige in diesem Zusammenhang auf die räumliche Entfernung der Grundfläche vom ständigen Wohnsitz der Beschwerdeführerin in W hinweist, vermag der Verwaltungsgerichtshof diesem Umstand keine entscheidende Bedeutung beizulegen, weil es nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes bei der Lösung des Problems, ob eine Baulichkeit für die entsprechende Nutzung erforderlich ist, auf derartige subjektive, in der Person der Beschwerdeführerin liegende Gesichtspunkte nicht ankommt. Da die belangte Behörde diese Mangelhaftigkeiten des gemeindebehördlichen Verfahrens nicht aufgegriffen hat, belastete sie ihren Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit. Bei dieser Sach- und Rechtslage war im Beschwerdeverfahren nicht näher auf die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage einzugehen, ob der Gutachter bei Beurteilung der Größe der Hütte alle jene Umstände berücksichtigt hat, welche nach der Lage des Falles in Betracht kommen.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Der Zuspruch von Kostenersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 221/1981. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Antrag auf eine gesonderte Vergütung für eine den Schriftsatzaufwand übersteigende Umsatzsteuer sowie für zuviel entrichtete Stempelgebühren (S 100,-- pro Beschwerdeausfertigung) bzw. Stempelgebühren für nicht erforderliche Beilagen.

Wien, am 17. November 1981

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