VwGH 82/05/0015

VwGH82/05/00151.7.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Gehart, über die Beschwerde der MP in W, vertreten durch Dr. Ewald Weninger, Rechtsanwalt in Wien VI, Mariahilferstraße 5 gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 27. November 1981, Zl. MDR-B XVI-16/79, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien:

1. KN und 2. EN in W, beide vertreten durch Dr. Alfred Pribik, Rechtsanwalt in Wien XII, Aichholzgasse 6/13), nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Christoph Leon, und der Vertreterin der belangten Behörde, Dr. IG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §70;
BauO Wr §71;
BauONov Wr 1976 Art2;
BauRallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.310,-- und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von S 9.670,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 14. August 1975 brachten die Mitbeteiligten ein Ansuchen um nachträgliche Genehmigung nachstehender Baumaßnahmen auf den Grundstücken Nr. 340/21 und 340/68, KG. X, ein:

1. stufenartige Abtreppung des Gartenbereiches im rechten Seitenabstand mit Stützmauern zur Sicherung der Böschung gegen das Nachbargrundstück;

2. Errichtung eines überdachten Kleineinstellplatzes für ein Motorkraftrad im linken Seitenabstand;

3. Errichtung einer Terrasse im Gartenbereich mit Brüstungsmauer und Asphaltbelag;

4. Errichtung eines Einstellplatzes für zwei Pkw im Vorgartenbereich der Einfahrt in das Grundstück, da im Straßenbereich keine Abstellmöglichkeit bestehe.

Nach einigen Modifikationen und Aufträgen der Behörden wurden die nunmehr maßgeblichen Baupläne vom Juli 1977 vorgelegt und hierüber am 9. April 1979 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der die Beschwerdeführerin als hintere Grundnachbarin nachstehende Einwendungen erhob:

"1) Laut Fluchtplan sind keine Stützmauern notwendig. Besonders in der Höhe von 1,40 m. Der ganze Plan und schon gebaute Baulichkeiten (ohne Baubewilligung) zeigt ein optisch häßliches Bild durch Stützmauern, betonierte Abstellflächen, Plachen, Terrassen etc., das dem Landschaftsschutzgesetz, dem Bebauungsplan, dem Flächenwidmungsplan, dem Strukturplan in Wohngebieten nicht entspricht.

2) Gemäß § 6 BO für Wien ist die Baubehörde verpflichtet, die Lärmbelästigung zu beachten, das heißt alle Sicherheiten zu ergreifen, um die Nachbarn vor Lärm zu schützen. Im gegenständlichen Fall ist die Baubewilligung für alle Bauvorhaben, welche sich im Garten befinden, zu verweigern, da diese als Aufenthaltsplatz für den Gaststättenbetrieb dienen und somit keine hinreichende Sicherheit gegen Lärmbelästigung gegeben ist.

3) Die zu verbauende Fläche ist größer als ein Drittel des Bauplatzes (§ 84) mit Stiegen und Stufen usw.

4) Niederschlagswässer, besonders alle Dachwässer sowie Terrassenwässer, werden nicht in den Kanal abgeführt.

5) Der Autoabstellplatz neben dem Haus ist nicht in dem 1/3 der erlaubten bebauten Fläche, weil derselbe nur in 3 m Seitenabstand erlaubt ist.

6) Terrassen und Stützmauern dürfen nicht im Seitenabstand gebaut werden.

7) Zufahrt zu zwei Abstellplätzen ist eine nicht notwendige betonierte Fläche im Vorgarten von zirka 30 m2.

  1. 8) Verbindungsweg von der Garage zur Straße ist nicht vorhanden.
  2. 9) Die Baupolizei bewilligte Lokalitäten im Hause, welche an die Garage angrenzen. Diese Räume sind zur Grenze nicht feuergeschützt.

    10) Die Baubewilligung für eine Garage ist zu verweigern, weil anschließende Räume der Gaststätte brandgefährdet sind. In diesen Räumen befinden sich brennbare Stoffe (Alkohol).

    11) Im Plan ist nicht ersichtlich bezüglich der Grenze:

    feuerhemmende Wand gegen Haus, Kläranlage, Schlammfänger, Kanal, Abscheider, Wasserzufuhr.

    Weiters wird festgestellt, daß im Anschluß an die Garage an der linken Grundgrenze neuerlich ein teilweise geschlossenes Flugdach errichtet wurde.

    Da das Projekt entsprechend den in Punkt 1. bis 11. angeführten Punkten den Bestimmungen der Bauordnung nicht entspricht, erhebe ich gegen die nachträgliche Genehmigung Einwände."

    Nachdem alle Einigungsversuche gegenüber dieser Nachbarin (im Gegensatz zu den anderen Nachbarn) fehlgeschlagen waren, erging am 9. April 1979 der Bescheid, mit dem gemäß § 70 der Bauordnung für Wien und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes nach den mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Plan die nachträgliche Bewilligung für folgende bauliche Änderungen und Zubauten auf der Liegenschaft EZ. nn des Grundbuches der Katastralgemeinde X Grundstück Nr. 340/21 Garten und Grundstück Nr. 340/68 Bauarea, in Wien erteilt wurde: "Unter Einhaltung der Bebauungsbestimmungen wurde an der linken Grundgrenze eine Kleingarage für zwei Motorräder errichtet. Weiters wurden im Bereich zwischen dem Wohnhaus und der rechten Grundgrenze drei Stützmauern mit einer Höhe von 1,40 m, 0,35 m und 0,95 m errichtet. Durch diese Bauführung wurden zwei Terrassen geschaffen. Im Bereich zwischen dem Vorgarten und der vordersten Stützmauer wurde ein Stellplatz für einen Pkw freiwillig geschaffen. Gartenseits, im Anschluß an das bestehende Wohnhaus, wurde ebenfalls eine Terrasse geschaffen. Die Dachwässer der Garage im linken Seitenabstand gelangen auf der Liegenschaft zur Versickerung."

    Die Einwendungen von Anrainern, insbesondere der Beschwerdeführerin, wurden zum Teil als unbegründet abgewiesen, zum Teil zurückgewiesen.

    In der dagegen erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin insbesondere geltend, die Unzulässigkeit der Anlagen (Terrassen) ergebe sich schon daraus, daß sie dem Gastgewerbebetrieb dienten, und daher die davon ausgehenden Immissionen sehr wohl zu prüfen seien. Tatsächlich verwende die Beschwerdeführerin nämlich die Anlage für ihren Gasthausbetrieb.

    Über Aufforderung der Berufungsbehörde gaben die Mitbeteiligten als Bauwerber bekannt, daß die gartenseitige Terrasse (nordseitig des Hauses) lediglich für privaten Gebrauch bestimmt sei; sie behielten sich jedoch vor, die Widmung der Terrassen ostwärts des Hauses (also im Seitenabstand) festzulegen. In der Folge nahmen die Mitbeteiligten zunächst über Wunsch einzelner Anrainer Änderungen in der Planung vor; dem folgte dann eine Reihe von Stellungnahmen der Anrainer, insbesondere der Beschwerdeführerin, weiters Stellungnahmen der Mitbeteiligten zu den Stellungnahmen sowie darauf folgende Gegenäußerungen. Es wurden eine Reihe von Gutachten erstattet, ebenfalls jeweils mit zahlreichen Äußerungen und Gegenäußerungen.

    Schließlich erklärten die Mitbeteiligten, diese Änderungen fallen zu lassen, und ersuchten um Entscheidung über das ursprüngliche, in erster Instanz verhandelte und entschiedene Projekt, zumal dadurch subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzt würden. Dabei erklärten sie ausdrücklich, daß die Terrassen sowohl im Osten des Hauses zur Grundgrenze zu als auch die Terrasse nach Norden zu nur als zur privaten Nutzung bestimmt genehmigt werden sollten; sollte nach Durchführung des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens ein Gartenbetrieb möglich sein, würden die erforderlichen Genehmigungen zum Betrieb auf den Terrassen nord- und ostseitig des Hauses gesondert eingeholt werden.

    Nach Gewährung von Parteiengehör wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung eines anderen Anrainers ab und änderte infolge der Berufung der Beschwerdeführerin den erstinstanzlichen Bescheid dahin ab, daß die in Z. 1 zitierte Einwendung, soweit sie schönheitliche Rücksichten sowie die behauptete Nichteinhaltung des "Landschaftsschutzgesetzes" betrifft, zurückgewiesen, im übrigen abgewiesen werde, weiters die zu Z. 8, 9, 10 und 11 zitierten Einwendungen zurückgewiesen und die zu Z. 2, 3, 5, 6 und 7 zitierten Einwendungen abgewiesen würden. Die zu Z. 4 zitierte Einwendung werde, soweit sie sich auf einen öffentlich-rechtlichen Titel stütze, zurückgewiesen, soweit sie sich auf einen privatrechtlichen Titel stütze, auf den Zivilrechtswege verwiesen. Im übrigen werde die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen.

    Begründend führte die belangte Behörde aus:

    Das Abweichen vom erstinstanzlich genehmigten, geänderten Projekt sei im Hinblick auf die Rückgängigmachung der Änderung nicht mehr Gegenstand des Verfahrens. Da die Beschwerdeführerin nach der Aktenlage zur Bauverhandlung vom 9. April 1979 ausdrücklich unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG 1950 geladen worden sei, seien die im Rahmen des Berufungsverfahrens erhobenen weiteren Einwendungen nicht rechtserheblich. Voraussetzung sei lediglich, daß es sich um jenes Projekt handle, welches Gegenstand des erstbehördlichen Verfahrens gewesen sei. In diesem Zusammenhang werde bemerkt, daß entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin die Aktenlage ausdrücklich für den Abstand der beiden nordseitigen Stützmauern von 80 cm von der rechten Grundgrenze spreche; dies ergebe sich schon aus dem Auftrag in der Verhandlung vom 2. April 1980, den "Lageplan" diesbezüglich im Sinne des "Grundrisses" zu berichtigen; damit entspreche der mit Schreiben vom 29. September 1981 vorgelegte Plan dem von der Behörde erster Instanz konsentierten.

    Die in Z. 1 des erstinstanzlichen Bescheides zitierte Einwendung sei bezüglich der Rechte der Beschwerdeführerin verschiedener Natur: soweit diese nämlich behaupte, entsprechend dem Fluchtlinienplan seien keine Stützmauern, insbesondere solche von 1,40 m Höhe "notwendig", so komme diesem Vorbringen keine Berechtigung zu. Soweit sie die Stützmauern im Seitenabstand meinen sollte, werde auf die Ausführungen zu Z. 6 der Einwendungen verwiesen, bei Stützmauern außerhalb des Seitenabstandes sei aber nur die "Zulässigkeit" zu prüfen, wogegen keine Bedenken bestünden. Schönheitliche Rücksichten und die Belange des Landschaftsschutzes stellten kein subjektiv-öffentliches Recht des Nachbarn dar, dieser Teil der Einwendung sei daher zurückzuweisen gewesen. Ein Strukturplan bestehe hinsichtlich der gegenständlichen Liegenschaft nicht. Inwiefern das Bauvorhaben dem Bebauungsplan und dem Flächenwidmungsplan widersprechen solle, habe die Beschwerdeführerin nicht weiter präzisiert; das Bauvorhaben entspreche jedoch diesen Vorschriften, wobei im übrigen auf die Behandlung konkreter Einwendungen verwiesen werde. Zur Einwendung Z. 2 (Lärmimmission) liege die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes durch das Projekt nicht vor; durch die ausdrückliche Erklärung der Mitbeteiligten, die geplanten Terrassen nur für eine private Nutzung verwenden zu wollen, könne nämlich eine (entgegen der festgesetzten Widmung "Wohngebiet" hervorgerufene) unzulässige Immission auf die benachbarten Liegenschaften im Sinne des § 6 Abs. 3 der Bauordnung für Wien in der Fassung vor der Novelle 1976 durch das Projekt nicht stattfinden. Auch der zu Z. 3 vorgebrachten Einwendung komme Berechtigung nicht zu, da § 84 Abs. 1 der Bauordnung für Wien in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle 1976 normiere, daß das Ausmaß der bebauten Fläche für die offene Bauweise, Bauklasse I nicht mehr als ein Drittel der Baufläche betragen dürfe. Unter bebauter Fläche sei aber nur jene zu verstehen, die durch Gebäude (raumbildende Anlagen) in Anspruch genommen werde. Somit kämen im vorliegenden Fall bei der Berechnung nur das bestehende Wohnhaus (100,18 m2), die projektierte Garage (28,8 m2) und die mit Berufungsbescheid der Bauoberbehörde vom 27. November 1971, MDR-B XVI-23/80 - hierüber ist die Beschwerde zu hg. Zl. 82/05/0017 anhängig - genehmigte Sauna (8,8 m2) in Betracht, keinesfalls aber andere bauliche Anlagen, wie Stützmauern, Terrassen u.dgl. Auch ändere eine über der Terrasse gespannte Plache (Markise) nichts an dieser Rechtslage, werde die Terrasse doch dadurch nicht raumbildend im Sinne der Bauordnung. Die in der Verhandlung vom 20. März 1981 durchgeführten ergänzenden Feststellungen hätten ergeben, daß die Gesamtfläche der Liegenschaft laut Grundbesitzbogen 717 m2 betrage. Das Gesamtausmaß der bebauten Fläche erreiche daher bei weitem nicht die zulässige Drittelverbauung, selbst wenn man - wie die Erstbehörde - von einer Bauplatzfläche von 702 m2 ausginge. Zu der zu Z. 4 zitierten Einwendung (Abführung der Niederschlagswässer in den Kanal) sei zu bemerken, daß dem Nachbarn ein derartiges subjektiv-öffentliches Recht nicht zustehe. Soweit in der Einwendung zu Z. 5 hinsichtlich des Autoabstellplatzes das Überschreiten der zulässig zu verbauenden Fläche geltend gemacht werde, werde auf die Ausführungen zur Einwendung Z. 3 verwiesen. Zum Einwand, daß der Autoabstellplatz nur im 3 m Seitenabstand erlaubt sei, sei darauf zu verweisen, daß § 134 Abs. 3 der Bauordnung erkennen lasse, dem Nachbarn werde im baubehördlichen Verfahren nur ein beschränktes Mitspracherecht eingeräumt. Er besitze somit keinen Rechtsanspruch darauf, daß das Bauvorhaben sämtlichen baurechtlichen Bestimmungen entspreche, sondern er könne mit Erfolg nur geltend machen, daß durch die Erteilung der Baubewilligung eine Bestimmung des Gesetzes verletzt werde, welche (auch) dem Schutz des Nachbarn diene. Dieses Recht sei allerdings noch insoweit eingeschränkt, als ein Eingriff in die subjektiv öffentliche Rechtssphäre gegenüber bestimmten Nachbarn in Betracht komme. Die Beschwerdeführerin als Eigentümerin der hinteren (nördlichen) Liegenschaft könne daher in keinem subjektivöffentlichen Recht als Nachbar verletzt sein, weil der Kraftfahrzeugstellplatz anschließend an den Vorgarten vorgesehen sei. Dies gelte sinngemäß auch für die Einwendungen zu Z. 6 und 7 betreffend die Stützmauer im Seitenabstand bzw. die Ausgestaltung des Vorgartens.

    Hinsichtlich der Einwendungen Z. 8 (Verbindungsweg von der Garage zur Straße), Z. 9, 10 und 11 (Feuerschutz) stünden der Beschwerdeführerin überhaupt keine subjektiv-öffentliche Rechte zu. Die belangte Behörde verwies schließlich noch darauf, daß Gegenstand des Verfahrens nicht der tatsächliche Bestand auf der zu bebauenden Liegenschaft, sondern lediglich das von den Bauwerbern beantragte Projekt sein konnte.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich vor allem in ihren durch § 6 Abs. 6 der Bauordnung für Wien normierten subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt.

    Sowohl die belangte Behörde als auch die Mitbeteiligten erstatteten eine Gegenschrift.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber nach Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung erwogen:

Zunächst verkennt die Beschwerdeführerin, daß Gegenstand eines Baubewilligungsverfahrens auch im Fall der Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung stets das vom Antragsteller in den Einreichplan und in der Baubeschreibung darzustellende Vorhaben ist; es ist daher nicht etwa jener Sach-verhalt der Entscheidung zugrunde zu legen, wie er an Ort und Stelle besteht, sondern jener, welcher nach dem in den Bauplänen und in der Baubeschreibung zum Ausdruck gebrachten Willen des Bauwerbers geschaffen werden soll; dies unbeschadet des Umstandes, daß der Wille der Bauwerber auf die rechtliche Sanierung des derzeit bestehenden konsenslosen Zustandes gerichtet war (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. November 1981, Zl. 81/05/0104, u.a.). Damit gehen alle Ausführungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Immissionen durch den Gastwirtschaftsbetrieb an dem Gegenstand des vorliegenden Verfahrens vorbei. - Wohl aber könnten sie Gegenstand eines Auftrages der Baubehörde an die Mitbeteiligten zur Unterlassung einer nicht konsentierten Benützung sein. - Maßgeblich ist ausschließlich die Erklärung der Mitbeteiligten, daß die zu genehmigenden Terrassen bis auf weiters nur für private Zwecke benützt werden sollen, auch wenn für später eine Antragstellung hinsichtlich einer Änderung vorbehalten wurde. Es ist daher aktenwidrig, daß sich die belangte Behörde auf die tatsächliche private Nutzung der Terrassenflächen gestützt hätte. Dasselbe gilt übrigens für eine allfällige widmungswidrige Benutzung des Gebäudes selbst; auch diese ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, sondern Sache amtswegiger Prüfungen durch die Baubehörde; überdies steht es der Beschwerdeführerin ja frei, gemäß § 364 ABGB die Unterlassung ortsunüblicher und noch dazu unzulässiger Immissionen im Rechtsweg durchzusetzen. Für die Frage des anzuwendenden Rechts (Art. II der Bauordnungsnovelle 1976, LGBl. Nr. 18) ist davon auszugehen, daß die Identität der Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950 nicht dadurch beeinträchtigt wird, daß in zweiter Instanz ein Projekt geändert wird, vorausgesetzt, daß der Bauwille ident ist, insbesondere wenn es sich etwa um eine Anpassung des Projektes an das Gesetz zur Ermöglichung der Bewilligung handelt. Die hier vorgenommenen Änderungen haben den Bauwillen an sich jedenfalls nicht wesentlich geändert. Der Gerichtshof kann auch nicht finden, daß es völlig unklar war, was in erster Instanz überhaupt Gegenstand des Verfahrens gewesen ist. Es ist daran zu erinnern, daß in zweiter Instanz die Beschwerdeführerin sich gegen einige Änderungen ausgesprochen hat, und diese Änderungen dann wieder rückgeführt wurden. Daher gelten die Übergangsbestimmungen zur Bauordnungsnovelle 1976, daß auf dieses Verfahren, das als solches anhängig geblieben ist, unbeschadet geringfügiger Modifikationen des Vorhabens die alte Rechtslage vor der Bauordnungsnovelle 1976 anzuwenden war.

Eine Verletzung des § 6 Abs. 6 (Wohngebiet) der Bauordnung für Wien in der anzuwendenden Fassung vor der Novelle 1976 liegt daher nicht vor. Unverständlich ist die Ausführung, daß die Terrassen sowie die Rangierfläche im Seitenabstand (!) der Liegenschaft errichtet würden, welcher mit seiner gesamten Breite (?) auf die Liegenschaft der Beschwerdeführerin treffe. Die Freihaltung des östlichen Seitenabstandes steht der Beschwerdeführerin als nördlicher Grundnachbar keineswegs zu; wie oben angeführt, handelt es sich ja nicht etwa um die Frage widmungsgemäßer Benützung, sondern lediglich um die Freihaltung des Seitenabstandes. Tatsächlich verweist ja die Beschwerdeführerin vor allem auf die erhöhte Lärmimmission, also etwas, was mit dem vorliegenden Projekt nichts zu tun hat. Die nach Norden, also gegen die Beschwerdeführerin, gerichtete Terrasse liegt außerhalb jeglicher Baubeschränkungen; schon die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, daß es daher nicht auf die Notwendigkeit, sondern nur auf die Zulässigkeit dieser Terrassenstützmauern ankommt, die aber mangels entgegenstehender Vorschriften anzunehmen ist. Das Vorbringen in der Beschwerde, die belangte Behörde habe angenommen, daß die Terrassenstützmauern unbedingt erforderlich gewesen seien, um das Abrutschen von Erdreich zu verhindern und das Gelände einheitlich zu gestalten, widerspricht eindeutig der Aktenlage. Ebenso besteht nach der Wiener Bauordnung keinerlei subjektiv-öffentliches Recht hinsichtlich der Versickerung des Regenwassers. Daß aber die Beschwerdeführerin als Anrainerin "dem direkten Anblick des verbetonierten Teils des Vorgartens als auch sämtlicher Terrassenstützmauern ausgesetzt" sei, ändert nichts daran, daß nach ständiger Rechtsprechung Rücksichten der Stadtbildpflege keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Anrainer begründen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis Slg. N. F. Nr. 3600/A sowie die hg. Erkenntnisse vom 26. Mai 1983, Zlen. 83/06/0055, 0056, BaurechtsSlg. Nr. 63, und vom 24. Jänner 1984, Zl. 83/05/0173, BaurechtsSlg. Nr. 178).

Die belangte Behörde hat aber auch zu Recht erkannt, daß die Beschwerdeführerin als Anrainerin in ihrer Berufung nicht nur lediglich ihre subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen kann, sondern daß sie auch darin durch eine eingetretene Präklusion beschränkt ist. Der Beschwerdeführerin ist wohl zuzugeben, daß erhebliche Änderungen in der Projektsgestaltung dazu führen, daß eine eingetretene Präklusion wieder wegfällt, doch haben die Mitbeteiligten eindeutig erklärt, vorgenommene Änderungen wieder rückgängig zu machen. Es ist daher bedeutungslos, daß die Beschwerdeführerin zur Stellungnahme gegenüber Änderungen des Projekts aufgefordert wurde. Darüber hinaus ist auch darauf zu verweisen, daß gerade die Beschwerdeführerin auf die Unzulässigkeit der Änderungen des Projekts im Berufungsverfahren hingewiesen hat, sie daher jetzt nicht andererseits, wenn die Mitbeteiligten diese Änderungen zurückgenommen haben, sich auf den Standpunkt stellen kann, das ursprüngliche Projekt könne nicht mehr rekonstruiert werden. Dementsprechend hat die belangte Behörde, wie bereits dargelegt, auch völlig zu Recht die Bestimmungen der Bauordnung vor der Novelle 1976 angewendet. Sie hat aber auch zu Recht erst im Berufungsverfahren erhobene Einwendungen wegen der eingetretenen Präklusion zurückgewiesen; überdies hat die Beschwerdeführerin gar nicht dargetan, welche subjektiv-öffentlichen Rechte dabei verletzt worden wären.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Soweit nichtveröffentlichte Erkenntnisse zitiert wurden, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985; wegen der Verbindung mit der Beschwerdesache Zl. 82/05/0017 zur gemeinsamen Verhandlung konnte nur der halbe Verhandlungsaufwand zugesprochen werden.

Wien, am 1. Juli 1986

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