UG §143 Abs76
UG §46 Abs1
UG §46 Abs2
UG §79 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2025:W227.2297002.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Studienpräses der Universität Wien vom 21. März 2024, Zl. 79/18-23/24, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Beschwerdevorentscheidung vom 5. Juli 2024 zu lauten hat:
„I. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 21. März 2024, GZ 79/18-23/24, wird gemäß § 14 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), § 46 Abs. 2 und § 79 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 (UG) als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag vom 22. April 2024 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird als unbegründet abgewiesen.“
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Am 13. September 2022 und am 14. Februar 2024 stellte der Beschwerdeführer (jeweils) einen Antrag auf Aufhebung der im Rahmen des Diplomstudiums „Rechtswissenschaften“ an der Universität Wien am 7. Oktober 2021 abgelegten und (wieder) negativ beurteilten schriftlichen Prüfung „FÜM II (schriftliche MP Privatrecht) (WiSe 2021)“ wegen des Vorliegens eines schweren Mangels bei der Prüfung. Zudem stellte der Beschwerdeführer am 14. Februar 2024 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der am 7. Oktober 2021 abgelegten Prüfung.
Begründend führte er zusammengefasst aus:
Er habe aus der Presse vom Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Juli 2022, W128 2247747-1, erfahren, wonach die „FÜM II“ mit einem schweren Mangel behaftet gewesen sei, da das Recht auf freie Prüferwahl auf einen der beiden Prüfer beschränkt gewesen sei. Obwohl es sein dritter Prüfungsantritt gewesen sei, habe er beim unternehmensrechtlichen Prüfungsteil keine Prüferwahl gehabt und die Prüfung nur aufgrund weniger fehlender Punkte im unternehmensrechtlichen Prüfungsteil nicht bestanden.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf Aufhebung gemäß § 79 Abs. 1 Universitätsgesetz 2022 (UG) als verspätet zurückgewiesen (Spruchpunkt 1.) und der Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 71 AVG als unzulässig „abgewiesen“ (Spruchpunkt 2.).
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:
Die Bekanntgabe der Beurteilung sei bereits am 3. November 2021 erfolgt. Ein allfälliger Aufhebungsantrag hätte nach der damaligen Rechtslage bereits innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Beurteilung, somit bis 17. November 2021 gestellt werden müssen. Der gegenständliche Antrag des Beschwerdeführers sei daher verspätet. Eine Wiedereinsetzung könne nur bei einer Versäumung von verfahrensrechtlichen Fristen gewährt werden. Bei der Frist zur Stellung eines Antrages nach § 79 Abs. 1 UG handle es sich jedoch um eine materiell-rechtliche Frist, weshalb eine Wiedereinsetzung ausgeschlossen sei.
3. Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 22. April 2024 rechtzeitig die gegenständliche Beschwerde, in welcher er zusammengefasst vorbringt:
Bei der betreffenden Prüfung habe er seinen Prüfer im unternehmensrechtlichen Prüfungsteil nicht frei wählen können. Das Bundesverwaltungsgericht habe in einem gleichgelagerten Fall entschieden, dass die Prüfung mit einem wesentlichen Mangel behaftet gewesen sei, und habe die Prüfung deshalb aufgehoben.
Der Bescheid gehe von einem falschen Antragsdatum aus. Der Beschwerdeführer habe seinen (ursprünglichen) Aufhebungsantrag bereits am 13. September 2022 innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnisnahme des schweren Verfahrensmangels gestellt.
Für den Fall, dass die gegenständliche Beschwerde keinen Erfolg habe, werde ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 15. September 2021 bezüglich des zweiten Prüfungsantritts gestellt. Bei diesem Prüfungsantritt am 5. März 2021 habe es eine schwere technische Störung an seinem Computer gegeben. Auch bei anderen Studierenden sei es bereits im Jänner 2021 zu ähnlichen Fehlern gekommen. Diese Prüfungen seien aufgehoben worden. Weiters erhebe er nunmehr eine Beschwerde gegen den Bescheid vom 15. September 2021.
4. In seinem Gutachten vom 21. Juni 2024 führte der Senat der Universität Wien zusammengefasst aus:
Die Frist für einen Aufhebungsantrag zur gegenständlichen Prüfung sei jedenfalls bereits am 17. November 2021 abgelaufen. Die Aufhebungsanträge des Beschwerdeführers vom 13. September 2022 und vom 14. Februar 2024 seien daher jedenfalls verspätet. Auch sei eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der am 7. Oktober 2021 abgelegten Prüfung nicht möglich, da es sich um eine materiell-rechtliche Frist handle, für welche eine Wiedereinsetzung nicht vorgesehen sei. Zudem liege für den in der Beschwerde gestellten Wiedereinsetzungsantrag gegenständlich keine der Zulässigkeitsvoraussetzungen gemäß § 71 AVG vor.
5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 5. Juli 2024 wurde die gegenständliche Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG, § 46 Abs. 2 und § 79 Abs. 1 und 2 UG als „verspätet zurückgewiesen“ und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als „unzulässig abgewiesen“.
In ihrer Begründung stützt sich die belangte Behörde im Wesentlichen auf das Gutachten des Senats vom 21. Juni 2024.
6. Daraufhin stellte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Vorlageantrag, in welchem er das Beschwerdevorbringen wiederholt und zusätzlich vorbringt:
Er habe innerhalb der offenen 14-tägigen Frist ab Erkennen des schweren Verfahrensmangels einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Aufhebung der Prüfung gestellt. Beim zweiten Antritt seien „die Probleme auf die Firewall“ des Beschwerdeführers „geschoben“ worden. Daher habe er damals kein Rechtsmittel erhoben. Auch beim dritten Prüfungsantritt habe er die Umstände des Verfahrensmangels nicht rechtzeitig erkennen können, weshalb er ein Rechtsmittel nicht fristgerecht ergriffen habe. Der Irrtum des Beschwerdeführers sei jeweils von der Universität verursacht und nicht rechtzeitig aufgeklärt worden; aufgrund der Aussagen der belangten Behörde habe er gedacht, dass eine Beschwerde keinen Erfolg haben werde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Im Rahmen des Diplomstudiums „Rechtswissenschaften“ an der Universität Wien trat der Beschwerdeführer am 7. Oktober 2021 zum dritten Mal zur schriftlichen Prüfung „FÜM II (schriftliche MP Privatrecht) (WiSe 2021)“ an.
Diese Prüfung wurde mit „Nicht genügend“ beurteilt, was dem Beschwerdeführer am 3. November 2021 bekanntgegeben wurde.
Am 13. September 2022 und am 14. Februar 2024 stellte der Beschwerdeführer jeweils einen Antrag auf Aufhebung dieser Prüfung wegen des Vorliegens eines schweren Mangels bei der Prüfung. Zudem stellte er am 14. Februar 2024 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der am 7. Oktober 2021 abgelegten Prüfung.
Am 22. April 2024 stellte der Beschwerdeführer (im Rahmen der gegenständlichen Beschwerde) einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 15. September 2021 bezüglich des zweiten Prüfungsantritts am 5. März 2021.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt A)
3.1.1. Die §§ 46 und 143 UG, BGBl. I Nr. 120/2002, i.d.F. BGBl. I Nr. 50/2024, lauten (auszugsweise):
„Verfahren in behördlichen Angelegenheiten
§ 46. (1) Die Universitätsorgane haben in allen behördlichen Angelegenheiten das AVG anzuwenden.
(2) […]
In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten von Rechtsvorschriften
§ 143. (1) […]
(76) Die studienrechtlichen Bestimmungen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 93/2021, mit Ausnahme der §§ 76, 76a, 79 Abs. 2, 4 und 5, sind ab dem Studienjahr 2022/23 und die dafür durchzuführenden Aufnahme-, Eignungs- und Zulassungsverfahren und die Zulassungen für Studien für das Studienjahr 2022/23 anzuwenden. Bis dahin sind die studienrechtlichen Bestimmungen in der Fassung des Tages vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 93/2021 anzuwenden.“
§ 79 UG i.d.F. BGBl. I Nr. 129/2017 lautet (auszugsweise):
„Rechtsschutz bei Prüfungen
§ 79. (1) Gegen die Beurteilung einer Prüfung ist kein Rechtsmittel zulässig. Wenn die Durchführung einer negativ beurteilten Prüfung einen schweren Mangel aufweist, hat das für die studienrechtlichen Angelegenheiten zuständige Organ diese Prüfung auf Antrag der oder des Studierenden bzw. einer Person, deren Zulassung gemäß § 68 Abs. 1 Z 3 erloschen ist, mit Bescheid aufzuheben. Der Antrag ist innerhalb von vier Wochen ab der Bekanntgabe der Beurteilung einzubringen und der schwere Mangel ist glaubhaft zu machen. Der Antritt zu einer Prüfung, die aufgehoben wurde, ist nicht auf die zulässige Zahl der Prüfungsantritte anzurechnen.
(2) […]“
Die (hier) maßgeblichen Bestimmungen des AVG lauten:
„5. Abschnitt: Fristen
§ 32. (1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.
(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.
[…]
Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:1. […]2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;4. […]
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.
[…]
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
§ 71. (1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, daß kein Rechtsmittel zulässig sei.
(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.
(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.
(4) Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.
(5) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt.
(6) Die Behörde kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerkennen.
(7) Der Wiedereinsetzungsantrag kann nicht auf Umstände gestützt werden, die die Behörde schon früher für unzureichend befunden hat, um die Verlängerung der versäumten Frist oder die Verlegung der versäumten Verhandlung zu bewilligen.“
3.1.2. Das Verwaltungsgericht hat – wenn es in der Sache selbst entscheidet – seine Entscheidung grundsätzlich an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten. Nur in Fällen, in denen die Rechtsvorschriften auf die Rechts- und Sachlage während eines bestimmten, in der Vergangenheit liegenden Stichtages oder Zeitraumes abstellen, kommt es hingegen nicht auf die Rechts- und Sachlage im Entscheidungszeitpunkt an (siehe VwGH 07.11.2024, Ro 2022/10/0021, m.w.N.).
Wenn in der Beschwerdesache eine Beschwerdevorentscheidung ergangen ist, kann das Verwaltungsgericht in der meritorischen Beschwerdeentscheidung nur die an die Stelle des Ausgangsbescheides (Erstbescheides) getretene Beschwerdevorentscheidung aufheben, abändern oder bestätigen, weil im Verfahren nach dem VwGVG der Ausgangsbescheid durch die Beschwerdevorentscheidung endgültig derogiert wird (siehe VwGH 29.06.2022, Ra 2021/15/0072, m.w.N.).
Der Charakter einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung als Sacherledigung ist aus dem Gesamtinhalt des Bescheides abzuleiten. Der auf Zurückweisung lautende Spruch eines Bescheides ist einer Umdeutung nur in Fällen zugänglich, in welchen der gesamte Bescheidinhalt eindeutig erkennen lässt, dass die Behörde eine Sachentscheidung beabsichtigte und daher die Zurückweisung zweifelsfrei ein den wahren behördlichen Willen verfälschendes Vergreifen im Ausdruck darstellt (siehe VwGH 18.12.2020, Ra 2019/10/0163, m.w.N.).
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 71 AVG) nur gegen die Versäumung einer verfahrensrechtlichen Frist zulässig; gegen die Versäumung einer Frist lediglich materiell-rechtlichen Charakters kommt eine solche Wiedereinsetzung nicht in Betracht (vgl. etwa VwGH 05.09.2018, Ra 2018/03/0085, m.w.N.).
Ist eine Handlung auf den Eintritt materieller Rechtswirkungen gerichtet, so stellt eine allenfalls dafür vorgesehene Frist eine materiell-rechtliche Frist dar (vgl. VwGH 28.08.2008, 2008/22/0348, m.w.N.).
Für die Annahme einer materiell-rechtlichen Frist ist nicht erforderlich, dass in der Rechtsgrundlage ausdrücklich angeführt wird, dass der Anspruch bei verspäteter Geltendmachung untergeht (siehe VwGH 12.09.2024, Ro 2023/08/0020, m.w.N.).
Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt wird, sodass den Antragsteller die Obliegenheit trifft, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat (siehe VwGH 23.03.2023, Ra 2022/10/0160, m.w.N.).
Ein bewusstes Verstreichenlassen der Rechtsmittelfrist wegen Verkennung der materiellen Rechtslage oder wegen – vermeintlich – fehlender Erfolgsaussichten vermag keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund darzustellen (siehe VwGH 13.09.2017, Ra 2017/12/0086, m.w.N.).
3.1.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:
3.1.3.1. Zu den Aufhebungsanträgen vom 13. September 2022 und 14. Februar 2024
Vorab ist festzuhalten, dass gemäß § 143 Abs. 76 UG die Bestimmungen des § 79 UG i.d.F. BGBl. I Nr. 93/2021 erst ab dem Studienjahr 2022/2023 anzuwenden waren. Da die gegenständliche Prüfung jedoch (noch) im Studienjahr 2021/2022 abgelegt wurde, kommt im vorliegenden Fall § 79 UG i.d.F. BGBl. I Nr. 129/2017 zur Anwendung (vgl. dazu auch VwGH 07.11.2024, Ro 2022/10/0021, m.w.N.).
Der Aufhebungsantrag nach § 79 Abs. 1 UG dient der Durchsetzung eines materiell-rechtlichen Anspruchs eines Studierenden, nämlich der Aufhebung einer mit einem schweren Mangel behafteten Prüfung. Dieser Antrag ist somit unmittelbar auf die Herbeiführung materieller Rechtswirkungen gerichtet. Bei der in § 79 Abs. 1 UG angeführten Frist handelt es sich daher um eine materiell-rechtliche Frist. Eine Wiedereinsetzung in den Stand vor Ablauf dieser Frist ist daher generell – und somit auch im gegenständlichen Fall – unzulässig (vgl. wiederum VwGH 05.09.2018, Ra 2018/03/0085, m.w.N.).
Wie festgestellt, wurde dem Beschwerdeführer die Beurteilung der gegenständlichen Prüfung am 3. November 2021 bekanntgegeben. Die in § 79 Abs. 1 UG i.d.F. BGBl. I Nr. 129/2017 vorgesehene zweiwöchige Antragsfrist endete somit am 17. November 2021. Die Anträge des Beschwerdeführers auf Aufhebung der gegenständlichen Prüfung vom 13. September 2022 bzw. vom 14. Februar 2024 sind demnach verspätet.
Die belangte Behörde ging daher zutreffend davon aus, dass die gegenständlichen Aufhebungsanträge verspätet gestellt wurden und die Wiedereinsetzung in den Stand vor Ablauf der Frist zur Stellung des Aufhebungsantrages bezüglich der am 7. Oktober 2021 abgelegten Prüfung unzulässig ist.
Folglich ist die Beschwerde mit der Maßgabe der (hier) im Spruch ausgeführten Änderung des Spruchs der Beschwerdevorentscheidung abzuweisen.
3.1.3.2. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 22. April 2024
Vorab ist festzuhalten, dass der – ein rechtswissenschaftliches Studium betreibende – Beschwerdeführer aufgrund des klaren Wortlautes seines Antrages („Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“) einen Wiedereinsetzungsantrag nach § 71 AVG stellte.
Um eine Wiedereinsetzung zu rechtfertigen, müsste das betreffende Ereignis für den Beschwerdeführer entweder unvorhergesehen oder unabwendbar gewesen sein. Der Beschwerdeführer müsste an der zeitgerechten Vornahme einer befristeten Prozesshandlung durch ein Ereignis verhindert gewesen sein, das er nicht vorhergesehen hat oder dessen Eintritt er nicht abwenden konnte (vgl. etwa Hengstschläger/Leeb, AVG § 72 Rz 37 [Stand 01.01.2020, rdb.at] mit zahlreichen Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Der Beschwerdeführer stützte seinen Wiedereinsetzungsantrag zunächst lediglich sinngemäß auf „neu hervorgekommene Tatsachen“, welche allenfalls für einen Wiederaufnahmeantrag nach § 69 AVG relevant gewesen wären, jedoch keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund darstellen können. Im Vorlageantrag brachte er darüber hinaus vor, kein Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 15. September 2021 erhoben zu haben, da er aufgrund von Aussagen seitens der belangten Behörde gedacht habe, dass eine Beschwerde keinen Erfolg haben werde. Auch dieses Vorbringen stellt keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund dar (vgl. wieder VwGH 13.09.2017, Ra 2017/12/0086).
Folglich erweist sich der Wiedereinsetzungsantrag vom 22. April 2024 als unbegründet, weshalb er als unbegründet abzuweisen war und der Spruch der Beschwerdevorentscheidung entsprechend zu ändern ist.
3.1.4. Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (siehe etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
3.2. Zu Spruchpunkt B)
3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass es sich bei der in § 79 Abs. 1 UG vorgesehenen Frist um eine materiell-rechtliche Frist handelt, welche eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließt, entspricht der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs. Ebenso entspricht es der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, dass ein bewusstes Verstreichenlassen der Rechtsmittelfrist wegen Verkennung der materiellen Rechtslage oder wegen – vermeintlich – fehlender Erfolgsaussichten keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund darzustellen vermag.
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