B-VG Art133 Abs4
FPG §61
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2025:W161.2306412.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.01.2025, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
1. Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin, eine afghanische Staatsangehörige, reiste unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 29.11.2024 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.
2. Eine EURODAC-Abfrage ergab keinen Treffer.
Die Beschwerdeführerin hatte bei ihrer Einreise einen Aufenthaltstitel von Schweden, gültig von 17.11.2022 bis 17.11.2024.
3. Im Rahmen ihrer Erstbefragung am 29.11.2024 gab die Beschwerdeführerin an, sie habe die Staatsangehörigkeit von Afghanistan, sei aber im Iran geboren und habe nie in Afghanistan gelebt, sie sei noch nie in Afghanistan gewesen. Sie habe den Iran in die Türkei legal im November/Dezember 2022 verlassen und sei über die Türkei nach Schweden gelangt wo sie am 26.01.2023 angekommen wäre und ca. 1 Jahr gelebt habe. Dann sei sie am 13.01.2024 in den Iran zurückgekehrt, von dort sei sie am 11.02.2024 nach Dänemark gekommen. Anschließend habe sie sich ca. einen Monat in Schweden aufgehalten, dann ca. zwei Monate bis 20.04.2024 in Belgien, dann sei sie wieder 6 Monate im Iran gewesen und über die Türkei am 16.09.2024 nach Österreich gekommen. Sie sei nicht legal nach Österreich gereist. Sie habe vor ihrer Einreise nach Österreich von den schwedischen Behörden bei E-Mail erfahren, dass ihr Aufenthaltstitel nicht mehr gültig sei. Sie habe dieses E-Mail aber damals nicht ganz verstanden und daher gedacht, dass sie trotzdem mit diesem Aufenthaltstitel reisen könne. In Schweden habe sie mit ihrem Ex-Mann gelebt. Sie habe sich von ihm scheiden lassen, jedoch noch keine Bestätigung darüber erhalten. Als Fluchtgrund gab die Beschwerdeführerin an, sie habe keinen Aufenthaltstitel für den Iran, seit sie einen Aufenthaltstitel von Schweden bekommen habe, habe sie das Aufenthaltsrecht für den Iran nicht mehr zurückbekommen. Sie kenne in Afghanistan niemanden. Dort herrschen die Taliban und habe sie Angst davor, nach Afghanistan zu müssen. Sie wolle in Österreich bleiben, weil ihre Schwester hierherkommen werde. Sie habe einen Bruder in Belgien und einen Schwager in Österreich.
4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) richtete am 17.12.2024 ein auf Art. 12 Abs. 4 VO (EG) Nr. 604/2013 des Rates (in Folge: Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen mit Hinweis auf die EURODAC-Treffer an Schweden.
Mit Schreiben vom 19.12.2024 stimmte die schwedische Dublin-Behörde der Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO ausdrücklich zu.
5. Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 08.01.2025 gab die Beschwerdeführerin an, sie sei psychisch und physisch in der Lage, die Einvernahme durchzuführen. Sie habe keine Krankheiten, sei nicht schwanger und nehme keine Medikamente. Sie habe die afghanische Staatsbürgerschaft und sei geschieden. Sie habe drei Brüder und eine Schwester, zwei Brüder leben im Iran ein Bruder in Belgien, ihre Schwester lebe noch im Iran, aber sie werde bald nach Österreich kommen, weil ihr Ehemann und ihre Tochter in Österreich leben. Ihre Angaben bei der Erstbefragung seien richtig und halte sie diese aufrecht. Ihr namentlich genannter Schwager lebe in XXXX , die genaue Adresse wisse sie nicht. Sein Geburtsdatum wisse sie nicht, er sei ca. XXXX Jahre alt und inzwischen österreichischer Staatsbürger. Er lebe seit ca. 8 Jahren in Österreich. Sie wisse, dass ihr Schwager in Österreich aufhältig sei, seit er ihre Schwester geheiratet habe, das sei vor ca. 5 oder 6 Jahren gewesen. Befragt, warum sie nicht mit ihrem Schwager nach Österreich gereist wäre, gab die Beschwerdeführerin an, sie sei eigentlich in Schweden gewesen, damit meine sie, sie habe geheiratet und aufgrund dieser Ehe sei sie nach Schweden gereist. Dort habe sie dann Probleme gehabt und sich für Österreich entschieden. Sie habe mit ihrem in Österreich aufhältigen Schwager nie in einen gemeinsamen Haushalt gelebt, nur die letzten zwei Monate als sie vom Iran nach Österreich gereist sei. Befragt ob sie von ihrem in Österreich aufhältigen Schwager je finanziell oder auf andere Art und Weise unterstützt worden wäre, gab die Beschwerdeführerin an, sie habe bei ihm in seiner Wohnung bleiben dürfen. Wenn sie gefragt werde, warum sie nun nicht gemeinsam mit ihrer Schwester nach Österreich gereist wäre, gebe sie an, die Schwester dürfe noch nicht nach Österreich einreisen, aber bis Ende Ende Jänner bekomme sie ihr Visum. Die Beschwerdeführerin nannte in der Folge den Namen ihrer Schwester und gab an, diese sei 1,5 Jahre älter als sie. Sie sei von ihrem Schwager in Schweden nicht besucht worden. Sie sei von ihrem Ex-Mann in Schweden nicht offiziell geschieden. Dieser habe sie von der Wohnung hinausgeworfen, dann sei sie einen Monat in Schweden geblieben und habe an XXXX gelitten, danach sei sie in den Iran gereist, um sich dort behandeln zu lassen. Als es ihr wieder bessergegangen wäre, habe sie sich entschieden, nach Österreich zu reisen und hier einen Asylantrag zu stellen. In diesem Monat in Schweden sei sie in einer Sozialwohnung gewesen. Aber als es ihr immer schlechter gegangen wäre, habe sie dort nicht mehr bleiben können. Sie habe sich letztes Jahr im Winter ungefähr vor einem Jahr von ihrem in Schweden aufhältigen Ex-Mann getrennt. In Schweden habe ihr Ex-Mann eine Wohnung gemietet und dort hätten sie ca. 1 Jahr gelebt. Sie sei nach Schweden legal eingereist, durch ein Heiratsvisum. Sie sei mit ihrem Ex-Mann ca. 5 Jahre lang verlobt gewesen. Am Anfang habe er noch keine Arbeit in Schweden gehabt und sie nicht nach Schweden holen können. Insgesamt habe es aber ca. drei Jahre lang gedauert, bis alle Formalitäten erledigt gewesen wären. Sie sei zu ihrem Mann nach Schweden gegangen und hätten sie dort zusammen sein und eine Familie gründen wollen, sie hätten aber dann ihre Differenzen gehabt, es habe nicht geklappt. Es habe keine Probleme bei der Ausstellung des schwedischen Aufenthaltstitels gegeben. Ihr Mann und sie hätten miteinander Probleme gehabt, sonst hätte sie keine Probleme gehabt. Sie habe nicht um Verlängerung des schwedischen Aufenthaltstitels angesucht. Die schwedische Behörde habe ihr mehrere E-Mails geschickt, sie sei aber krank gewesen und habe ihre E-Mails nicht gecheckt. Sie habe nur in Österreich einen Asylantrag gestellt, und wolle hierbleiben. Befragt von wann bis wann sie in Schweden gewesen wäre, gab die Beschwerdeführerin an, im Jahr 2023. Im jahr 2024 sei sie dann von Schweden in den Iran gereist. Sie habe in Schweden keine Verwandte oder Familienmitglieder. Befragt, ob sie Schweden jetzt freiwillig verlasse habe, gab die Beschwerdeführerin an:
„Mein Mann hat mich manipuliert und in den Iran gebracht. Er hat gemeint, XXXX , weil ich meine Familie sehr vermisse und hat vorgeschlagen, dass wir gemeinsam in den Iran reisen. Als wir im Iran waren, hat er all meine schwedischen Dokumente und Unterlagen, auch den Reisepass, abgenommen und ist heimlich nach Schweden zurückgekehrt. Ich blieb im Iran, ohne irgend ein Dokument. Dann war ich bei schwedischen Botschaft im Iran und habe um Erneuerung dieser Unterlagen ersucht. Mein Schwiegervater hat mich kontaktiert und sagte, dass ich meinen Antrag bei der schwedischen Botschaft zurückziehen muss und er sich kümmern wird, dass ich die schwedischen Unterlagen bekommen kann. So bekam ich meine schwedischen Unterlagen und flog nach Schweden zurück. Dort hat mein Mann mich aus der Wohnung rausgeworfen und in diesem einen Monat XXXX . Deshalb reiste ich freiwillig in den Iran um mich behandeln zu lassen. Jetzt geht es mir besser und ich will in Österreich bleiben. Schweden tut mir nicht gut. Alleine an Schweden zu denken, macht mir gesundheitlich Probleme.“
Solange sie verheiratet gewesen wäre, habe ihr Mann die Miete und die Lebensmittel bezahlt. Ein Monat habe sie in Schweden Unterstützung vom Sozialamt bekommen. Jetzt sei sie alleine gereist. Wenn sie gefragt werde, warum sie jetzt Schweden verlassen habe, gebe sie an, weil sie Angst vor ihrem Ex-Mann habe und XXXX . Schweden sei ein sehr gutes Land und die Flüchtlinge würden dort wirklich unterstützt. Aber sie können es XXXX nicht ertragen in diesem Land zu sein. Auch hätte sie immer Probleme mit dem schwedischen Klima gehabt. Sie sei in Schweden nie in medizinischer Behandlung gewesen. Sie sei in Schweden von ihrem Mann bedroht worden. Er habe gesagt, dass sie Schweden verlassen müsse und dort nicht bleiben dürfe. Sie habe keine Anzeige bei der Polizei in Schweden erstattet. Sie sei zu dieser Zeit XXXX . Sie habe auch bei keiner Menschenrechtsorganisation in Schweden um Hilfe und Unterstützung angesucht. Sie sei alleine gewesen und habe sich nicht ausgekannt. Zu den Länderfeststellungen zu Schweden möchte sie sagen, dass sie nicht nach Schweden zurückwolle. Sie sei nicht bereit, freiwillig nach Schweden oder in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Sie wolle hierbleiben. In Afghanistan habe sie niemanden, dort werde sie es auch mit den Taliban zu tun bekommen. Nach Schweden wolle sie auch nicht. Das Geld für ihre zahlreichen Reisen in den Iran und nach Europa habe sie von ihrem Vater. Dieser habe Geld ausgeliehen und es ihr zur Verfügung gestellt. Sie habe in Schweden keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, weil XXXX . Ihr Mann habe sie dort schlecht behandelt und geschlagen. Sie habe nicht vorgehabt, in Schweden zu bleiben. Hier in Österreich habe sie aber eine Familie. Ihre Schwester werde bald hierherkommen. Sie habe sämtliche Gründe, die sie veranlasst hätten, Schweden zu verlassen, vollständig geschildert.
7. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 09.01.2025 wies das BFA der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO zur Prüfung des Antrages Schweden zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig ordnete das BFA die Außerlandesbringung der Beschwerdeführerin gemäß § 61 Abs. 1 FPG an und stellte fest, dass demzufolge deren Abschiebung nach Schweden gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Begründend wurden nachstehende Länderfeststellungen zur Situation in Schweden getroffen:
Allgemeines zum Asylverfahren
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (SRLC/ECRE 1.4.2024; vgl. Migrationsverket o.D., USDOS 23.4.2024).
Schematischer Ablauf des Asylverfahrens:
(Quelle: SRLC/ECRE 1.4.2024)
Quellen:
- SRLC / ECRE - Swedish Refugee Law Center (SRLC) (Autor), European Council on Refugees and Exiles (ECRE) (Veröffentlicher) (1.4.2024): Country Report: Sweden; 2023 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2024/04/AIDA-SE_2023-Update.pdf , Zugriff 25.6.2024
- Migrationsverket [Schweden] (o.D.): Protection and asylum in Sweden, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden.html , Zugriff 27.6.2024
- USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Sweden, 23. April 2024, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107666.html , Zugriff 27.6.2024
Dublin-Rückkehrer
Wenn das Asylverfahren eines Dublin-Rückkehrers in Schweden noch läuft, wird er entsprechend untergebracht und das Verfahren weitergeführt. Dublin-Rückkehrer mit einer rechtskräftig negativen Entscheidung in Schweden fallen unter die Zuständigkeit der Polizei und werden normalerweise geschlossen untergebracht und Maßnahmen zu ihrer Außerlandesbringung getroffen (SRLC/ECRE 1.4.2024).
Quellen:
- SRLC / ECRE - Swedish Refugee Law Center (SRLC) (Autor), European Council on Refugees and Exiles (ECRE) (Veröffentlicher) (1.4.2024): Country Report: Sweden; 2023 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2024/04/AIDA-SE_2023-Update.pdf , Zugriff 25.6.2024
Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA)/ Vulnerable
Vulnerable Gruppen sind nicht eindeutig gesetzlich definiert, aber die Asylbehörde hat Standards für die Versorgung vulnerabler Antragsteller formuliert, die im Wesentlichen (unbegleitete) Minderjährige, Behinderte, Alte, Schwangere, Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, Opfer von Menschenhandel, mental Kranke und Opfer von Folter, Vergewaltigung oder anderen schweren Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt, wie zum Beispiel weiblicher Genitalverstümmelung, umfassen. Allen Asylwerbern wird ein Gesundheitscheck angeboten und der Großteil nimmt diesen in der Praxis auch wahr. Er ist wichtig für die Identifizierung von Folteropfern etc. Wegen der Schweigepflicht wird das Ergebnis dem verfahrensführenden Referenten aber nicht automatisch bekannt gegeben. Der Rechtsberater des Asylwerbers kann mit Zustimmung des Antragstellers jedoch darauf zugreifen (SRLC/ECRE 1.4.2024).
Die Bedürfnisse vulnerabler Asylwerber werden bei der Unterbringung berücksichtigt und diese werden bei Bedarf in der Nähe von Einrichtungen untergebracht, die eine fachkundige Versorgung bieten können. Wenn die existierenden Unterbringungsmöglichkeiten nicht ausreichen, können die Betreffenden verlegt werden. Derzeit gibt es keine eigenen Zentren für Vulnerable, sondern es werden entweder Anpassungen an den Wohnverhältnissen in bereits bestehenden Zentren vorgenommen, oder die Betroffenen in privaten Wohnungen untergebracht. Berichten zufolge sind die Unterkünfte sehr unterschiedlich und einige nicht gut geeignet, um geschlechtsspezifische Gewalt zu verhindern. Alleinstehende Frauen werden zusammen mit anderen alleinstehenden Frauen oder alleinstehenden Müttern untergebracht. Familien werden zusammen untergebracht. Besonderes Augenmerk wird auf die Unterbringung von LGBTIQ-Personen gelegt. Das Migrationsamt verfügt über spezielle Wohnungen für Rollstuhlfahrer. Es gibt keine speziellen Unterkünfte für traumatisierte Personen (SRLC/ECRE 1.4.2024).
Asylwerber unter 18 Jahren werden als Minderjährige eingestuft und sind rechtlich schwedischen Minderjährigen gleichgestellt. Wenn Minderjährige ohne Begleitung der Eltern Asyl beantragen, gelten sie als unbegleitete Minderjährige und haben Anspruch auf besondere Unterstützung (Migrationsverket 27.9.2023a).
Bei Zweifeln an der Minderjährigkeit eines Antragstellers sollen zuerst verfügbare Dokumente zur Überprüfung des Alters herangezogen werden. Erst wenn dies nicht ausreicht, ist eine medizinische Altersfeststellung möglich, zu der das Einverständnis des Antragstellers und seines Vormundes nötig ist, eine Verweigerung kann zur Annahme der Volljährigkeit führen. Die gängigen Methoden der medizinischen Altersbestimmung sind Röntgen der Weisheitszähne und Magnetresonanztomographie der Kniegelenke. Ausgewertet werden die Ergebnisse durch den schwedischen Nationalen Rat für Forensische Medizin. 2023 wurden 161 medizinische Altersbestimmungen vorgenommen, von denen 146 in unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsgraden auf eine Volljährigkeit hindeuteten. Während des Prozesses der Altersfeststellung wird der unbegleitete Minderjährige weiterhin als Minderjähriger betrachtet, bis eine Entscheidung getroffen wurde, die etwas anderes besagt. Die Zuverlässigkeit der Methoden zur Altersfeststellung, insbesondere der Knieuntersuchung, ist Gegenstand von Kritik (SRLC/ECRE 1.4.2024).
Nach dem Gesetz ist für unbegleitete Minderjährige (UM) so bald als möglich ab Asylantragstellung ein Vormund zu bestellen, Die Gemeinden, als zuständige Stelle für die Versorgung von unbegleiteten Minderjährigen, verfügen über einen „chief guardian“ (överförmyndare), welcher geeignete Personen als Vormunde zu identifizieren und zu ernennen hat. Die Gemeinde ist auch verantwortlich für eine Unterbringung gemäß den Bedürfnissen des unbegleiteten Minderjährigen.(SRLC/ECRE 1.4.2024; vgl. Migrationsverket 27.9.2023a). Dabei kann es sich sowohl um eine Pflegefamilie, als auch Unterbringung bei Verwandten des Kindes, oder eine spezielle Unterkunft für unbegleitete Minderjährige handeln. Sie werden niemals mit Erwachsenen zusammen untergebracht (SRLC/ECRE 1.4.2024).
Bedürftige unbegleitete Minderjährige haben Anspruch auf finanzielle Unterstützung in Form eines Taggeldes für persönliche Bedürfnisse, das einmal im Monat ausgezahlt wird. Besteht ein besonderer Bedarf, für den das Taggeld nicht ausreicht, kann eine Sonderförderung beantragt werden (etwa für Brillen, Winterkleidung, etc.). Der Vormund ist bei unbegleiteten Minderjährigen unter 16 Jahren für die Finanzen verantwortlich. Haben sie das 16. Lebensjahr vollendet, haben unbegleitete Minderjährige das Recht, das Taggeld und Sonderbeihilfen selbst zu beantragen und zu verantworten. Sie erhalten eine eigene Bankkarte, auf welche die Gelder gebucht werden (Migrationsverket 27.9.2023b).
Asylsuchende Minderjährige haben, wie alle Kinder in Schweden, Anspruch auf Gesundheitsversorgung und zahnärztliche Versorgung (Migrationsverket 15.1.2024). Minderjährige haben in den meisten Fällen Anspruch auf kostenlose medizinische Versorgung, bis sie 18 Jahre alt sind. Die zahnärztliche Versorgung ist für Minderjährige bis zum Alter von 23 Jahren kostenlos, in einigen Regionen ist jedoch eine Patientengebühr (Zuzahlung) für Minderjährige möglich (SRLC/ECRE 1.4.2024).
Asylwerbende Minderjährige haben vollen Zugang zum schwedischen Schulsystem und werden weitgehend in reguläre Schulen integriert (SRLC/ECRE 1.4.2024). Die Schule ist kostenlos. Die Pflichtschule dauert zehn Jahre und beginnt in der Regel mit dem sechsten Lebensjahr. Die Sekundarstufe ist freiwillig (Migrationsverket 27.9.2023c).
Quellen:
- SRLC / ECRE - Swedish Refugee Law Center (SRLC) (Autor), European Council on Refugees and Exiles (ECRE) (Veröffentlicher) (1.4.2024): Country Report: Sweden; 2023 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2024/04/AIDA-SE_2023-Update.pdf , Zugriff 25.6.2024
- Migrationsverket [Schweden] (27.9.2023a): Your rights, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/Children-seeking-asylum/Without-parents/Your-rights.html , Zugriff 27.6.2024
- Migrationsverket [Schweden] (27.9.2023b): Finances, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/Children-seeking-asylum/Without-parents/Finances.html , Zugriff 27.6.2024
- Migrationsverket [Schweden] (27.9.2023c): School, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/Children-seeking-asylum/Without-parents/School.html , Zugriff 27.6.2024
- Migrationsverket [Schweden] (15.1.2024): Health, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/Children-seeking-asylum/Without-parents/Health.html , Zugriff 27.6.2024
Non-Refoulement
Schweden verfügt über eine Liste sicherer Herkunftsstaaten. Die Verfahren von Antragstellern aus diesen Ländern können verstärkt beschleunigt abgewickelt werden. Das Konzept des sicheren Drittstaates gilt in Schweden als Unzulässigkeitsgrund. Es existiert zwar keine Liste sicherer Drittstaaten, in der Praxis wird das Konzept in Einzelfällen jedoch regelmäßig angewendet. Das Refoulement-Risiko muss dabei immer geprüft werden. Das Konzept des ersten Asyllandes wird auch als Unzulässigkeitsgrund betrachtet und auch hier muss das Refoulement-Risiko geprüft werden. Es gibt keine Berichte über Pushbacks von Asylsuchenden an den schwedischen Grenzen (SRLC/ECRE 1.4.2024).
Quellen:
- SRLC / ECRE - Swedish Refugee Law Center (SRLC) (Autor), European Council on Refugees and Exiles (ECRE) (Veröffentlicher) (1.4.2024): Country Report: Sweden; 2023 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2024/04/AIDA-SE_2023-Update.pdf , Zugriff 25.6.2024
Versorgung
Das schwedische Migrationsamt ist für die Versorgung von Asylwerbern zuständig, während diese auf eine Entscheidung über ihren Antrag auf internationalen Schutz warten. Die Unterbringungskosten werden vom Amt gedeckt, wenn der Antragsteller nicht über ausreichende Mittel verfügt. Der Antragsteller kann seine Unterkunft auch selbst organisieren (etwa bei Freunden oder Verwandten), wenn er nicht in einer offiziellen Unterkunft wohnen möchte. Wer über entsprechende Mittel verfügt, muss für die Unterbringung bezahlen (SRLC/ECRE 1.4.2024.; vgl. Migrationsverket 20.11.2023a)
Die monatliche finanzielle Beihilfe für Asylwerber (Taggeld) unterscheidet sich, je nachdem ob Antragsteller in Unterbringungszentren mit inbegriffener Verpflegung leben, oder in einer Unterkunft ohne Verpflegung. Das Taggeld wird vom Migrationsamt auf eine Debitkarte gebucht. Es schwankt je nach Familiengröße (SRLC/ECRE 1.4.2024; vgl. Migrationsverket 15.4.2024):
(Beträge pro Tag; Quelle: SRLC/ECRE 1.4.2024)
Ab dem dritten Kind wird die Beihilfe um 50% gekürzt. Einige NGOs kritisieren diese Beträge als zu niedrig. Für besondere Ausgaben (z.B. Winterkleidung, Brillen, usw.) kann eine Sonderzulage beantragt werden (SRLC/ECRE 1.4.2024).
Asylwerber haben nach Erfüllung bestimmter Kriterien Zugang zum Arbeitsmarkt, ohne dass für sie eine Arbeitsgenehmigung erforderlich wäre, sind jedoch im wesentlichen auf den ungelernten Bereich beschränkt, wo ihnen hohe Arbeitslosigkeit und die Sprachbarriere zu schaffen machen (SRLC/ECRE 1.4.2024).
Auf der Netzseite des Migrationsamtes findet sich eine Liste mit Links zu elf Organisationen, die Unterstützung für Asylwerber anbieten (Migrationsverket 30.10.2023).
Quellen:
- SRLC / ECRE - Swedish Refugee Law Center (SRLC) (Autor), European Council on Refugees and Exiles (ECRE) (Veröffentlicher) (1.4.2024): Country Report: Sweden; 2023 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2024/04/AIDA-SE_2023-Update.pdf , Zugriff 25.6.2024
- Migrationsverket [Schweden] (30.10.2023): While you are waiting for a decision, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/While-you-are-waiting-for-a-decision.html , Zugriff 27.6.2024
- Migrationsverket [Schweden] (20.11.2023a): Accommodation, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/While-you-are-waiting-for-a-decision/Accommodation.html , Zugriff 27.6.2024
- Migrationsverket [Schweden] (15.4.2024): Financial support for asylum seekers, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/While-you-are-waiting-for-a-decision/Financial-support.html , Zugriff 27.6.2024
Unterbringung
Schweden verfügt über 14.784 offizielle Unterbringungsplätze. Bei den Unterbringungseinrichtungen des Migrationsamts handelt es sich überwiegend um Wohnungen in normalen Wohngegenden oder in Unterbringungszentren. Oft sind die Wohnungen in großen Wohnblöcken, die dann als Unterbringungszentrum gelten, aber immer noch individuelle Unterbringung bieten (SRLC/ECRE 1.4.2024). Familien bekommen immer ein eigenes Zimmer. Singles müssen sich in der Regel ein Zimmer mit einer Person des gleichen Geschlechts teilen (SRLC/ECRE 1.4.2024; vgl. Migrationsverket 20.11.2023b).
Die schwedische Migrationsbehörde hat Anfang 2024 einen neuen Rahmenvertrags für Gemeinschaftsunterkünfte mit einer Kapazität von mindestens 4.500 Plätzen ausgeschrieben. Diese sollen von privaten Dienstleistern verwaltet und bei Bedarf in Anspruch genommen werden (Migrationsverket 8.3.2024).
Die schwedische Migrationsbehörde verfügt über sogenannte "Ausreisezentren" für Personen, die sich zur freiwilligen Ausreise ins Heimatland entschieden haben bzw. für Dublin-out-Fälle (SRLC/ECRE 1.4.2024).
Die schwedische Migrationsbehörde betreibt seit 2023 auch sogenannte Rückkehrzentren, das sind offene Zentren für Personen mit rechtskräftiger Entscheidung zur Außerlandesbringung, die sich noch im Unterbringungssystem befinden und auf einen Platz in einem Rückkehrzentrum berechtigt sind. Das betrifft in der Praxis meist Familien mit Kindern, da bei Erwachsenen ohne Kinder generell das Recht auf Unterbringung endet, wenn ihre Rückkehrentscheidung rechtskräftig wird. Die Rückkehrzentren verfügen über 650 Plätze an fünf Standorten. Angestrebt wird die Schaffung von 2.000 solcher Plätze bis Ende 2024 (SRLC/ECRE 1.4.2024; vgl. Migrationsverket 20.11.2023b).
Quellen:
- SRLC / ECRE - Swedish Refugee Law Center (SRLC) (Autor), European Council on Refugees and Exiles (ECRE) (Veröffentlicher) (1.4.2024): Country Report: Sweden; 2023 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2024/04/AIDA-SE_2023-Update.pdf , Zugriff 25.6.2024
- Migrationsverket [Schweden] (8.4.2024): Migrationsverket förbereder för reformerat mottagningssystem – nu upphandlas boendeplatser [Schwedische Migrationsbehörde bereitet sich auf reformiertes Aufnahmesystem vor - Unterbringungsplätze werden jetzt ausgeschrieben], https://www.migrationsverket.se/Om-Migrationsverket/Pressrum/Nyhetsarkiv/Nyhetsarkiv-2024/2024-03-08-Migrationsverket-forbereder-for-reformerat-mottagningssystem---nu-upphandlas-boendeplatser.html , Zugriff 27.6.2024
- Migrationsverket [Schweden] (20.11.2023b): Accommodation with the Migration Agency, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/While-you-are-waiting-for-a-decision/Accommodation/Accommodation-with-the-Migration-Agency.html , Zugriff 27.6.2024
Medizinische Versorgung
Allen Asylwerbern wird ein Gesundheitscheck angeboten und der Großteil nimmt diesen in der Praxis auch wahr. Während des Asylverfahrens und bis sie Schweden verlassen oder eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, haben Asylwerber Anspruch auf unaufschiebbare medizinische (auch zahnärztliche) Versorgung, einschließlich gynäkologische Betreuung. Sollte über diese kostenlose ärztliche Versorgung hinaus Bedarf an medizinischer Versorgung bestehen, können je nach Bezirk, Region und Art der Versorgung unterschiedlich hohe Patientengebühren (Zuzahlungen) fällig werden (SRLC/ECRE 1.4.2024; vgl. Migrationsverket 28.9.2023). Mit der Asylwerberkarte (LMA-Karte) zahlen Asylwerber bei Arztkonsultationen oder in Apotheken manchmal geringere Patientengebühren (Migrationsverket 30.10.2023). Wenn ein Asylwerber innerhalb von sechs Monaten mehr als 400 SEK (€ 34,92) für Arztbesuche, Krankentransporte und verschreibungspflichtige Medikamente bezahlt hat, kann er eine Sonderbeihilfe beantragen, und die Migrationsbehörde kann die Kosten über 400 SEK hinaus erstatten. Diese Regelung gilt individuell für Erwachsene und gemeinsam für Geschwister unter 18 Jahren (SRLC/ECRE 1.4.2024). Asylwerber mit psychischen Problemen können sich an das örtlich zuständige Gesundheitszentrum wenden (Migrationsverket 28.9.2023).
Wenn das Recht auf Versorgung – aus welchem Grund auch immer – reduziert oder aufgehoben wird, bleibt das Recht auf medizinische Versorgung (medizinische Notversorgung, mütterliche Gesundheitsversorgung, Gesundheitsversorgung im Zusammenhang mit Abtreibung und Gesundheitsversorgung in Bezug auf Empfängnisverhütung) bestehen (SRLC/ECRE 1.4.2024).
MedCOI bearbeitet keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten (EUAA MedCOI 19.2.2021).
Quellen:
- SRLC / ECRE - Swedish Refugee Law Center (SRLC) (Autor), European Council on Refugees and Exiles (ECRE) (Veröffentlicher) (1.4.2024): Country Report: Sweden; 2023 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2024/04/AIDA-SE_2023-Update.pdf , Zugriff 25.6.2024
- Migrationsverket [Schweden] (28.9.2023): Health care for asylum seekers, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/While-you-are-waiting-for-a-decision/Health-care.html , Zugriff 27.6.2024
- Migrationsverket [Schweden] (30.10.2023): LMA card for asylum seekers, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/While-you-are-waiting-for-a-decision/LMA-card.html , Zugriff 27.6.2024
- EUAA MedCOI – Medical COI (19.2.2021): Auskunft von EUAA MedCOI, per E-Mail
Schutzberechtigte
Anerkannte Flüchtlinge erhalten eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung, subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für 13 Monate (SRLC/ECRE 1.4.2024; vgl. Migrationsverket 21.12.2023a). In beiden Fällen ist diese befristete Aufenthaltsberechtigung um zwei Jahre verlängerbar, wenn die Schutzgründe weiterhin bestehen. Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben ein Recht auf Familienzusammenführung. Während anerkannte Flüchtlinge, welche innerhalb von drei Monaten ab Statuszuerkennung die Familienzusammenführung beantragen, von Einkommens- und anderen Erfordernissen befreit sind, gilt dies seit 1. Dezember 2023 nicht mehr für subsidiär Schutzberechtigte (SRLC/ECRE 1.4.2024; vgl. Migrationsverket 6.3.2024).
Wer einen Schutzstatus erhält, darf noch für zwei Monate in der Asylwerberunterkunft bleiben, bis die Verantwortung für Unterbringung und Unterstützung, Sprachkurse und Einschulung auf die zukünftige Wohnsitzgemeinde übergegangen ist. Diese Verantwortung verbleibt dann für die nächsten zwei Jahre bei dieser Gemeinde. Danach müssen die Betreffende selbst eine Unterkunft finden. Gelingt ihnen dies nicht, können sie eine Sozialwohnung als temporäre Lösung beantragen. Im Jahr 2023 wurden insgesamt 7.689 Personen zur Aufnahme in Gemeinden in ganz Schweden zugewiesen, darunter 541 Resettlement-Fälle. Ende 2023 lebten 1.006 Schutzberechtigte noch in einer Unterkunft der Migrationsbehörde. Wenn Schutzberechtigte das Unterbringungsangebot der Gemeinde ablehnen, erhalten sie keine Unterstützung oder Unterkunft mehr von der der Migrationsbehörde (SRLC/ECRE 1.4.2024).
Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben das Recht in Schweden zu arbeiten (Migrationsverket 21.12.2023b, Migrationsverket 21.12.2023c). Schutzberechtigte zwischen 18 und 64 Jahren haben Anspruch auf einen zweijährigen sogenannten „Introduction Plan“ des Arbeitsamtes, um ihren Zugang zu Bildung, Sprachkursen, Kursen über die schwedische Gesellschaft, Berufsausbildung usw. zu planen. Zu den Hindernissen bei der Jobsuche gehören mangelnde Sprachkenntnisse, komplizierte Verfahren zur Anerkennung von Diplomen, das Fehlen von Beschäftigungsmöglichkeiten für Geringqualifizierte und die Einstellung der Aufnahmegesellschaft (SRLC/ECRE 1.4.2024).
Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben das Recht auf Sozialhilfe nach den gleichen Bedingungen wie Staatsangehörige. Schutzberechtigte, die unter den o.g. „Introduction Plan“ des Arbeitsamtes fallen, haben Zugang zu Sozialhilfe, wenn sie nach dessen Laufzeit von zwei Jahren nicht selbsterhaltungsfähig sind. Die Sozialhilfe wird von der schwedischen Nationalen Versicherungsbehörde und der kommunalen Wohlfahrtsbehörde verwaltet (SRLC/ECRE 1.4.2024).
Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis haben den gleichen Zugang zu Gesundheitsversorgung wie jede in Schweden lebende Person. Der Zugang zu Gesundheitsversorgung ist von Bezirk zu Bezirk etwas unterschiedlich. Folteropfer mit Rehabilitierungsbedarf erhalten nicht immer umgehend Hilfe und die Wartezeiten werden tendenziell länger. Die Gesundheitsbehörden des Bezirks sind die wichtigsten Gesundheitsdienstleister, aber auch das Schwedische Rote Kreuz hat eine Reihe von Rehabilitationszentren und langjährige Erfahrung in der Behandlung von Folteropfern (SRLC/ECRE 1.4.2024).
Quellen:
- SRLC / ECRE - Swedish Refugee Law Center (SRLC) (Autor), European Council on Refugees and Exiles (ECRE) (Veröffentlicher) (1.4.2024): Country Report: Sweden; 2023 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2024/04/AIDA-SE_2023-Update.pdf , Zugriff 25.6.2024
- Migrationsverket [Schweden] (21.12.2023a): If you are allowed to stay, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/After-a-decision-on-your-application-for-asylum/If-you-are-allowed-to-stay.html , Zugriff 27.6.2024
- Migrationsverket [Schweden] (21.12.2023b): Residence permits for those granted refugee status, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/After-a-decision-on-your-application-for-asylum/If-you-are-allowed-to-stay/Residence-permits-for-those-granted-refugee-status.html , Zugriff 27.6.2024
- Migrationsverket [Schweden] (21.12.2023c): Residence permits for those granted subsidiary protection status, https://www.migrationsverket.se/English/Die Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/After-a-decision-on-your-application-for-asylum/If-you-are-allowed-to-stay/Residence-permits-for-those-granted-subsidiary-protection-status-.html, Zugriff 27.6.2024
- Migrationsverket [Schweden] (6.3.2024): Family reunification, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/After-a-decision-on-your-application-for-asylum/If-you-are-allowed-to-stay/Family-reunification.html , Zugriff 27.6.2024
Begründend führte die belangte Behörde aus, die Identität der Beschwerdeführerin stehe fest. Die Beschwerdeführerin habe keine Krankheiten und nehme keine Medikamente ein. Am 17.12.2024 sei ein Aufnahmeersuchen an die schwedische Dublin-Behörde übermittelt worden. Mit Schreiben vom 19.12.2024 hätte die schwedische Dublin Behörde der Rückübernahme der Beschwerdeführerin gem. Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO zugestimmt. Der Ex-Mann der Beschwerdeführerin befände sich in Schweden, ihr Schwager befände sich in Österreich. Sie habe auch einen Bruder in Belgien. Sie habe keine weiteren Familienmitglieder oder enge Verwandte in Österreich. Ihr Schwager sei in Österreich aufhältig und subsidiär schutzberechtigt. Obwohl dieser bereits seit 2020 immer an derselben Adresse wohnhaft sei, sei der Beschwerdeführerin die Wohnanschrift ihres Schwagers gänzlich unbekannt gewesen, sondern sei ihr nur bekannt gewesen, dass er in XXXX lebe. Sie habe nun erstmals und das einzige Mal bei ihrem Schwager gewohnt, als sie nach Österreich eingereist sei. Sie habe den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz erst nach Ablauf des schwedischen Aufenthaltstitels gestellt und sei seitdem in der Betreuungsstelle untergebracht. Bis auf eine zweimonatige Unterkunftnahme sei sie von ihrem in Österreich aufhältigen Schwager niemals unterstützt worden. Sie sei von ihrem Schwager auch während ihres Aufenthaltes in Schweden nicht besucht worden, noch habe sie ihren Schwager in Österreich besucht. Auch sei der Beschwerdeführerin der Aufenthaltstitel des in Österreich aufhältigen Schwagers unbekannt, da sie angeführt habe, dass dieser bereits österreichischer Staatsbürger sei. Aus diesen Gründen sei weder ein enges Familienleben noch ein – gegenseitiges – Abhängigkeitsverhältnis, welches auch nie behauptet worden wäre, erkennbar. Der Ehemann, von dem die Beschwerdeführerin seit einem Jahr getrennt lebe und sich scheiden lassen möchte, sei in Schweden aufhältig. Ein schützenwertes Privatleben in Österreich könne nicht festgestellt werden. Ein im besonderen Masse substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer bescheinigter außergewöhnliche Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung des Art. 4 GRC bzw. von Art. 4 EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen lassen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe zu und es läge kein zwingender Anlass vom Selbsteintrittsrecht des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO Gebrauch zu machen vor.
8. Gegen den Bescheid richtete sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 21.01.2025, mit der insbesondere vorgebracht wird, die Beschwerdeführerin sei ursprünglich nach Schweden gereist, weil dort ihr Mann gelebt habe. Sie habe ca. 1 Jahr in Schweden bei dem Mann gelebt, und in Schweden viel Schlimmes erlebt, ihr Ehemann habe sie mehrmals geschlagen und gewürgt. Schließlich habe ihr Mann sie aus der Wohnung geworfen. Ihr Ehemann und die Schwester ihres Ehemannes hätten sie bedroht und der Beschwerdeführerin gesagt, dass sie nie wieder nach Schweden kommen solle. Aufgrund der schlechten Erfahrungen sei es ihr XXXX in Schweden sehr schlecht gegangen. Zudem hätten das Wetter und Klima in Schweden eine negative Wirkung auf ihren Gesundheitszustand gehabt. Es gebe in Schweden nicht viel Sonne, XXXX . Auch gegen Kälte sei sie sehr empfindlich. Nach der Trennung von ihrem Mann sei sie in Schweden ganz alleine gewesen und habe Angst gehabt. Hier in Österreich habe sie zumindest die Familie der Schwester, die ihr helfen könne. Der Ehemann und die Tochter der Schwester würden in Österreich leben und auch ihre Schwester sollte bald nachkommen können. Die Beschwerdeführerin könne auf keinen Fall nach Schweden zurückkehren. Sie habe große Angst, dass ihr Ex-Mann sie im Fall der Rückkehr sie finden und töten werde. Die Beschwerdeführerin XXXX . Hier in Österreich fühle sie sich sicher und habe Hoffnung durch die Unterstützung ihrer Schwester bzw. deren Familie. Sie befürchte im Falle ihrer Überstellung nach Schweden eine gravierende Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und XXXX . Die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid seien mangelhaft, im konkreten Fall wäre auch eine Einzelfallprüfung durchzuführen gewesen zur Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführerin in Schweden einer Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe. Die Behörde hätte zu dem Ergebnis kommen müssen, dass gegenständlich eine Anwendung der humanitären Klausel des Art. 17 Dublin III. Verordnung und somit eine Zuständigkeit Österreichs gegeben sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist afghanische Staatsangehörige, lebt aber seit ihrer Geburt im Iran. Sie reiste im Jahr 2023 mit einem schwedischen Aufenthaltstitel, gültig von 17.11.2022 bis 17.11.2024 nach Schweden, wo sie heiratete und sich zunächst ca. ein Jahr aufhielt. Nach Problemen in ihrer Ehe ging sie zurück in den Iran, wo sie am 13.01.2024 ankam. Am 11.02.2024 begab sie sich nach Dänemark, und von dort weiter nach Schweden, wo sie sich etwa ein Monat aufhielt. In diesem Monat lebte sie bereits getrennt von ihrem Ehemann. Anschließend war sie für ca. zwei Monate in Belgien, wo ihr Bruder lebt, kehrte von dort neuerlich in den Iran zurück und kam schließlich am 16.09.2024 nach Österreich, wo sie nach Ablauf ihres schwedischen Visums am 29.11.2024 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 17.12.2024 ein auf Art. 12 Abs. 4 Dublin III-Verordnung gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Schweden, welchem die schwedischen Behörden mit Schreiben vom 19.12.2024 gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO ausdrücklich zustimmten.
Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Schwedens wieder beendet hätte, liegt nicht vor.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Schweden an. Bezugnehmend auf das am 28.06.2024 neu erschienene Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Schweden wird festgestellt, dass sich bezüglich der Lage für Dublin-Rückkehrer in Schweden fallspezifisch keine neuen Informationen oder maßgebliche Veränderungen ergeben haben.
Konkrete, in der Person der Beschwerdeführerin gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaaten sprechen, liegen nicht vor.
In Österreich lebt ein Schwager der Beschwerdeführerin mit seiner Tochter. Dieser ist subsidiär schutzberechtigt und lebt in XXXX . Eine Abhängigkeit in finanzieller oder sonstiger Hinsicht zu diesem Schwager und der Nichte kann nicht festgestellt werden. Ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen bestehen im österreichischen Bundesgebiet jedoch nicht.
Besondere, individuelle Gründe, die für ein Verbleiben der beschwerdeführenden Partei in Österreich sprechen würden, wurden weder bei den Befragungen, noch in der Beschwerde vorgebracht.
Die Beschwerdeführerin hat aktuell keine schwere Erkrankung. Sie legte im Laufe des Verfahrens keine medizinischen Unterlagen vor und befand sich bis dato auch nicht in stationärer Spitalsbehandlung.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Reiseweg der Beschwerdeführerin, zu ihrem Aufenthaltstitel in Schweden sowie ihren persönlichen Verhältnissen ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen im Zusammenhang mit dem Antwortschreiben der schwedischen Behörden.
Die Feststellung zur Identität der Beschwerdeführerin ergibt sich aus dem von ihr vorgelegten afghanischen Reisepass.
Die Feststellung bezüglich der Zustimmung der Wiederaufnahme der beschwerdeführenden Partei seitens Schweden leitet sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren – der diesbezügliche Schriftwechsel liegt dem Verwaltungsakt bei – zwischen der österreichischen und der schwedischen Dublin-Behörde ab.
Eine die Beschwerdeführerin treffende konkrete individuelle Bedrohungssituation in Schweden wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den umfangreichen und durch hinreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Nach Vergleich der in den Bescheiden herangezogenen Länderinformationen mit den am 28.06.2024 erschienenen aktuellsten Berichten lassen sich keine wesentlichen Veränderungen in Schweden erkennen, die eine andere Beurteilung der Lage in Schweden bedingen würden.
Weder aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen noch aus dem am 28.06.2024 neu erschienenen Länderinformationsblatt in Zusammenschau mit laufender Medienbeobachtung ergeben sich Hinweise darauf, dass das schwedische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens sowie auf die Versorgungslage von Asylsuchenden in Schweden den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat die Beschwerdeführerin nicht dargetan.
Die Feststellungen des Nichtvorliegens besonderer privater, familiärer oder beruflicher Bindungen der beschwerdeführenden Partei in Österreich basiert auf ihren eigenen Angaben. Aus den Angaben der Beschwerdeführerin zu ihrem in Österreich aufhältigen Schwager kann nicht auf ein im Sinn des Art. 8 EMRK zu beachteten Familienleben geschlossen werden. Der erstinstanzliche Bescheid verweist zutreffend darauf, dass der Beschwerdeführerin weder die genaue Anschrift des Schwagers noch dessen Aufenthaltstitel in Österreich bekannt waren. Sie hat mit diesem auch nur sehr kurz in einem gemeinsamen Haushalt gelebt und befragt nach einer finanziellen oder sonstigen Unterstützung lediglich angegeben, dass sie bei ihm in seiner Wohnung habe bleiben dürfen. Wenn sich die Beschwerdeführerin immer wieder auf ihre Schwester beruft, die angeblich bald nach Österreich komme, so ist von der im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegenden Situation auszugehen, wonach ihre Schwester sich aktuell noch im Iran befindet und keinesfalls feststeht, ob und wann diese tatsächlich eine Aufenthaltsbewilligung für Österreich bekommen wird.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich ebenfalls aus der Aktenlage. Die Beschwerdeführerin gab im Verfahren keine Erkrankungen an. Im Übrigen ergibt sich aus den Länderfeststellungen zu Schweden, dass die Gesundheitsversorgung von Asylwerbern in Schweden ausreichend sichergestellt ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 57/2018, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.
Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 18 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013).
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Zu A) Abweisung der Beschwerden:
3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:
§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. …
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Abs. 1 Z 22) von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3);
2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3);
2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Asylgerichtshof.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:
§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. …
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) lauten:
Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU–Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
Art. 7 Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Art. 16 Abhängige Personen
(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.
(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.
(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.
(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Art. 12 Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.
(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.
Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.
Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.
Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.
Art 29 Modalitäten und Fristen
(1) ..............
(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedsstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedsstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.
3.2. In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Schwedens zur Prüfung des Asylantrages der Beschwerdeführerin in Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO begründet: Schweden hat ausdrücklich seine Verantwortlichkeit zur Prüfung des Antrages der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bekundet und ist bereits in ein diesbezügliches Verfahren eingestiegen.
Mängel im Konsultationsverfahren sind im gegenständlichen Fall nicht hervorgekommen, insbesondere wurden alle von der Dublin III-VO normierten Fristen eingehalten.
Für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates als Schweden finden sich keine Anhaltspunkte. Die Zuständigkeit Schwedens ist auch nicht etwa zwischenzeitig wieder erloschen.
Auch aus Art. 16 (Abhängige Personen) und Artikel 17 Abs. 2 Dublin-III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich mangels familiärer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages der beschwerdeführenden Partei.
Das Bundesamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.
3.3.1. Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:
Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 09.05.2003, 98/18/0317; 26.11.1999, 96/21/0499; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 25.04.2006, 2006/19/0673; 31.05.2005, 2005/20/0025; 31.03.2005, 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung³, K13 zu Art. 19).
Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.
Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den EGMR zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO auszuüben ist, hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S. ua./Vereinigtes Königreich, befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des EGMR in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung vom 21.01.2011 (GK), 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten.
Somit ist zum einen unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und zum anderen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen, ob die beschwerdeführende Partei im Falle der Zurückweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz und ihrer Außerlandesbringung gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG - unter Bezugnahme auf ihre persönliche Situation - in ihren Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist.
Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.
Zudem hat der EuGH in seinem Urteil vom 07.06.2016, C-63/15, Gezelbash (Große Kammer), festgestellt, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Verordnung dahin auszulegen ist, dass […] ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die fehlerhafte Anwendung eines in Kapitel III dieser Verordnung festgelegten Zuständigkeitskriteriums […] geltend machen kann.
Damit im Einklang steht das Urteil des EuGH, ebenfalls vom 07.06.2016, C-155/15, Karim (Große Kammer), wonach ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung einen Verstoß gegen die Regelung des Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung geltend machen kann.
Somit ist zum einen unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und zum anderen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen, ob die beschwerdeführende Partei im Falle der Zurückweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz und ihrer Außerlandesbringung gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG - unter Bezugnahme auf ihre persönliche Situation - in ihren Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist.
In diesem Zusammenhang führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass „mit § 5 Abs. 3 AsylG 2005 eine gesetzliche „Beweisregel“ geschaffen wurde, die es – im Hinblick auf die vom Rat der Europäischen Union vorgenommene normative Vergewisserung – grundsätzlich nicht notwendig macht, die Sicherheit des Asylwerbers vor „Verfolgung“ im nach dem Dublin-System zuständigen Mitgliedstaat von Amts wegen in Zweifel zu ziehen. Die damit aufgestellte Sicherheitsvermutung ist jedoch unter näher bezeichneten Voraussetzungen widerlegbar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 2015, Ra 2015/18/0113 bis 0120, mwN auf die bisherige hg. Rechtsprechung). Dieser Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass die Sicherheitsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 nur durch eine schwerwiegende, die hohe Schwelle des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC übersteigende allgemeine Änderung der Rechts- und Sachlage im zuständigen Mitgliedstaat widerlegt werden kann“ (vgl. VwGH vom 20. Juni 2017, Ra 2016/01/0153-16, RZ 33, 35).
Von Relevanz wären bei einer Grobprüfung erkennbare grundsätzliche schwerwiegende Defizite im Asylverfahren des zuständigen Mitgliedstaates (also etwa: grundsätzliche Ablehnung aller Asylanträge oder solcher bestimmter Staatsangehöriger oder Angehöriger bestimmter Ethnien, kein Schutz vor Verfolgung "Dritter", kein Rechtsmittelverfahren).
Die angefochtenen Bescheide enthalten – wie oben dargestellt – ausführliche Feststellungen zum schwedischen Asylwesen. Diese Länderberichte basieren auf einer im Zeitpunkt der Bescheiderlassung aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA, zu den einzelnen Passagen sind jeweils detaillierte Quellenangaben angeführt.
3.3.2. Kritik am schwedischen Asylwesen/die Situation in Schweden:
Vor dem Hintergrund dieser und der am 20.12.2021 erschienenen Länderberichte sowie der erstinstanzlichen Erwägungen kann nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin III-VO nach Schweden überstellt werden, aufgrund der schwedischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden, oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde.
Eine wie in der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011 in der Rechtssache M.S.S./Belgien und Griechenland in Bezug auf Griechenland beschriebene Situation systematischer Mängel im Asylverfahren in Verbindung mit schweren Mängeln bei der Aufnahme von Asylwerbern kann jedoch in Schweden weder im Hinblick auf die erstinstanzlichen Länderfeststellungen noch auf die neu erschienen Länderberichte erkannt werden. Des Weiteren vermögen einzelne Grundrechtsverletzungen, respektive Verstöße gegen Asylrichtlinien, die Anwendung der Dublin II-VO (und nunmehr der Dublin III-VO) demgegenüber unionsrechtlich nicht zu hindern und bedingen keinen zwingenden, von der Beschwerdeinstanz wahrzunehmenden, Selbsteintritt (EuGH C-411/10 und C-493/10).
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin weder systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylwerber, noch eine sie konkret widerfahrene unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK in Schweden jemals glaubhaft geltend machte. Anhaltspunkte dafür, dass Schweden der Beschwerdeführerin Unterkunft als auch eine sonstige Betreuung verweigert hätte, sind somit schon ihrem eigenen Vorbringen nicht zu entnehmen. Insbesondere gab die Beschwerdeführerin selbst an, in Schweden eine Schule und Sprachkurse besucht zu haben und erst im Zuge der Auseinandersetzung mit ihrer Familie die Wohnung verlassen zu haben.
Zu den Drohungen und Übergriffen gegen die Beschwerdeführerin durch ihren Noch- Ehemann ist anzumerken, dass es sich dabei um Probleme mit Privatpersonen in Schweden handelt. Grundsätzlich ist von der Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der schwedischen Sicherheitsorgane auszugehen. Dafür, dass Übergriffe welcher Art auch immer gegen Asylwerber in Schweden nicht verfolgt würden, liegen keine Anhaltspunkte vor. Aus der dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegten Berichtslage ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die schwedischen Sicherheitsbehörden die öffentliche Sicherheit in Schweden nicht regelmäßig gewährleisten könnten. Insbesondere ist diesbezüglich darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin keine Anzeige erstattet hat.
Mängel in der Unterbringung, der Versorgung oder bezüglich des Zuganges zu medizinischen Behandlungen brachte die Beschwerdeführerin im Verfahren nicht vor, auch Übergriffe durch Sicherheitsorgane wurden nicht erwähnt.
Der sehr pauschale Beschwerdeeinwand, wonach eine Überstellung nach Schweden eine reale Gefahr der Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC gewährleisteten Rechte darstellen würde und das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht behandelt worden sei, gestaltete sich bei Weitem als zu unsubstantiiert, als dass darin eine tatsächliche Gefahr einer Grundrechtsverletzung erkannt werden könnte. Weiters besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass Schweden Asylwerber mit glaubhaft gemachtem Schutzbedürfnis in deren Herkunftsstaaten zurückverbringt, sodass eine Grundrechtsverletzung auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu befürchten ist.
Die von der Beschwerdeführerin bei ihren Einvernahmen und in der Beschwerde ins Treffen geführte schlechte Verträglichkeit des Wetters in Schweden stellt kein Kriterium dar, welches nach der Dublin III–VO zu prüfen wäre und ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es nicht dem Asylwerber obliegt, sich das Land, welches den Asylantrag prüft, aussuchen zu können, sondern sind hierfür die Bestimmungen der Dublin-Verordnung heranzuziehen.
Jedenfalls hätte die Beschwerdeführerin die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen ihrer Rechte, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Schweden und letztlich beim EGMR geltend zu machen.
3.3.3. Medizinische Krankheitszustände/Behandlung in Schweden
Nach der Rechtsprechung von EGMR, VfGH und VwGH zu Art 3 EMRK im Zusammenhang mit der Abschiebung von Kranken hat im Allgemeinen kein Fremder das Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat beziehungsweise in einem bestimmten Teil desselben gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art 3 EMRK. Solche würden etwa vorliegen, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt werden würde, unter qualvollen Umständen zu sterben. Bei der Ausweisung und Abschiebung Fremder in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union ist auch zu berücksichtigen, dass dieser Mitgliedstaat zur Umsetzung der Aufnahmerichtlinie verpflichtet ist. Nach Art 15 dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass Asylwerber die erforderliche medizinische Versorgung, welche zumindest die Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten umfasst, erhalten beziehungsweise dass Asylsuchende mit besonderen Bedürfnissen die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe erlangen. Dennoch könnte der Transport vorübergehend oder dauerhaft eine Verletzung des Art 3 EMRK darstellen, etwa bei fortgeschrittener Schwangerschaft oder der Erforderlichkeit eines ununterbrochenen stationären Aufenthalts (EGMR 22.6.2010, 50068/08, Al-Zawatia/Schweden; 27.5.2008 (GK), 26565/05, N./Vereinigtes Königreich; 3.5.2007, 31246/06, Goncharova und Alekseytsev/Schweden; 7.11.2006, 4701/05, Ayegh/Schweden; 4.7.2006, 24171/05, Karim/Schweden; 10.11.2005, 14492/03, Paramsothy/Niederlande; VfGH 21.9.2009, U 591/09; 6.3.2008, B 2400/07; VwGH 31.3.2010, 2008/01/0312; 23.9.2009, 2007/01/0515).
Wie festgestellt, leidet die Beschwerdeführerin an keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Nach den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides ist im zuständigen Mitgliedstaat der Zugang zur Gesundheitsversorgung gesichert, sodass davon ausgegangen werden kann, dass für den Fall, dass die beschwerdeführende Partei im Zielstaat eine Behandlung benötigen sollten, eine solche gewährleistet ist.
Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Fremdenpolizeibehörde bei der Durchführung einer Abschiebung im Falle von bekannten Erkrankungen des Fremden durch geeignete Maßnahmen dem jeweiligen Gesundheitszustand Rechnung zu tragen hat. Insbesondere erhalten kranke Personen eine entsprechende Menge der benötigten verordneten Medikamente. Anlässlich einer Abschiebung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen entsprechende Maßnahmen gesetzt.
Auch im Übrigen konnte die beschwerdeführende Partei keine auf sich selbst bezogenen besonderen Gründe, welche für eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK sprechen würden, glaubhaft machen, weshalb die Rechtsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG zur Anwendung kommt, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet.
3.7. Mögliche Verletzung des Art. 7 GRC bzw. 8 EMRK:
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
Im gegenständlichen Fall leben zwar ein Schwager und angeblich auch die Nichte der Beschwerdeführerin in Österreich. Zur Nichte wurden weder Namen noch Alter noch sonstige Details von der Beschwerdeführerin im Verfahren genannt. Zum Schwager ist auf die Ausführungen in der Beweiswürdigung zu verweisen. Daraus ergibt sich, dass kein im Sinn des Art. 8 EMRK zu beachtendes Familienleben zu diesem besteht. Andere Familienmitglieder leben derzeit nicht in Österreich.
Der Aufenthalt im Bundesgebiet in der nachweislichen Dauer von weniger als etwa drei Monaten war nur ein vorläufig berechtigter. Gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ist dieser Zeitraum als kein ausreichend langer zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen überwiegen können (9.5.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (5.7.2005, 2004/21/0124). Es liegen sonst keine Hinweise auf eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer, vor (VfGH 26.02.2007, 1802, 1803/06-11), da der bisherige Aufenthalt der Beschwerdeführerin nur eine sehr kurze Dauer aufweist Die beschwerdeführende Partei musste sich ihres unsicheren Aufenthaltsstatus auch bewusst sein.
Die privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib im Bundesgebiet haben nur sehr geringes Gewicht und treten fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund. Der durch die normierte Außerlandesbringung der Beschwerdeführerin aus dem Bundesgebiet erfolgende Eingriff in ihr Privatleben ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu ihrem Privatinteresse am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt.
Im Verfahren sind wie dargelegt keine relevanten familiären Bezüge in Österreich hervorgekommen, ebenso wenig – schon aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer – schützenswerte Aspekte des Privatlebens wie beispielsweise eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer (vgl. VfGH 26.02.2007, Zl 1802, 1803/06-11).
Folglich verstößt die Überstellung der Beschwerdeführerin nach Schweden weder gegen Art. 16 VO 604/2013 , noch einen unzulässigen Eingriff in die durch Art. 8 EMRK verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens bedeuten.
Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Daher bestand auch keine Veranlassung, von dem in Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehenen Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz vorzunehmen.
Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 61 Abs. 1 FPG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt. Wie oben ausgeführt, stellt die Anordnung zu ihrer Außerlandesbringung keinen unzulässigen Eingriff in das Recht der beschwerdeführenden Partei auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens dar, sodass die Anordnung gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist. Die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 61 Abs. 2 FPG ist gegeben, da oben festgestellt wurde, dass dadurch keine Verletzung von Art. 3 EMRK bewirkt wird, und auch sonst keinerlei Hinweise auf eine Bedrohungssituation im Sinne des § 50 FPG vorliegen.
Die Anordnung zur Außerlandesbringung war auch nicht gemäß § 61 Abs. 3 FPG für eine gewisse Zeit aufzuschieben, weil sich aus den Sachverhaltsfeststellungen nichts ergibt, wonach diese aus vorübergehenden Gründen, die in der Person der Beschwerdeführerin liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK hätte darstellen können.
Gemäß § 21 Abs. 6 a und 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Nach Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S. 389 entgegenstehen.
Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG lagen zu keinem Zeitpunkt des gegenständlichen Verfahrens vor.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im vorliegenden Fall liegen die tragenden Elemente der Entscheidung allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedsstaat, die auf den umfassenden und aktuellen Feststellungen der Behörde über die Lage im Vertragsstaat beruht, sowie in der Bewertung der Intensität des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers und demgemäß in Tatbestandsfragen.
Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.
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