BVwG W293 2290054-1

BVwGW293 2290054-19.12.2024

AVG §17
BDG 1979 §106
B-VG Art133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W293.2290054.1.00

 

Spruch:

 

W293 2290054-1/16E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Monika ZWERENZ, LL.M. über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion XXXX vom 26.02.2024, Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

 

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 25.01.2023 ersuchte der damalige Beschwerdeführervertreter beim XXXX um Zumittlung des vollständigen Verfahrensakts betreffend den Erhebungsakt/Ermittlungsakt mit der GZ: XXXX Mit einem Kurzbrief vom 07.02.2023 rief der damalige Beschwerdeführervertreter das vorgenannte Schreiben in Erinnerung.

2. Mit Schreiben vom 27.02.2023 legte der damalige Beschwerdeführervertreter der Landespolizeidirektion XXXX (in der Folge: belangte Behörde) sein Schreiben vom 25.01.2023 an das XXXX sowie den Kurzbrief vor. Seitens des XXXX sei bis dato offenbar keinerlei Entsprechung erfolgt. Es wurde um Zumittlung des entsprechenden vollständigen Verfahrensakts in Fotokopie per Post bzw. per E-Mail oder webERV seitens der Dienstbehörde an die Kanzlei ersucht.

3. Mit Schreiben vom 14.03.2023 wurde das Schreiben in Erinnerung gerufen und für den Fall, dass seitens der belangten Behörde dem Akteneinsichtsersuchen nicht entsprochen werde, um Zustellung eines entsprechenden Bescheides ersucht.

4. Mit Schreiben vom 21.03.2023 teilte die Personalabteilung der Landespolizeidirektion XXXX dem Beschwerdeführer mit, dass laut derzeitigem Stand keine Parteistellung des Beschwerdeführers vorliege, da in dieser Causa bis dato kein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei. Ob in diesem Zusammenhang eine Verwaltungsstrafanzeige gegen den Beschwerdeführer erstattet worden sei, sei der Personalabteilung nicht bekannt. Aus diesem Grund müsse sich der Beschwerdeführer betreffend das Anliegen an die XXXX wenden.

5. Mit Schreiben vom 27.03.2023 informierte der damalige Beschwerdeführervertreter die Landespolizeidirektion XXXX (in der Folge: belangte Behörde), dass seitens des XXXX bislang keinerlei Entsprechung erfolgt sei, und ersuchte sohin die belangte Behörde um Zumittlung des entsprechenden Verfahrensakts.

6. Mit Schreiben vom 28.03.2023 teilte die XXXX der Landespolizeidirektion XXXX dem damaligen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit, dass im Bereich der belangten Behörde kein Erhebungsakt/Ermittlungsakt betreffend den Beschwerdeführer geführt werde.

7. Am 01.02.2024 erhob der Beschwerdeführer eine Säumnisbeschwerde betreffend sein Ersuchen vom 14.03.2023.

8. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 14.03.2023 zurückgewiesen. Inhaltlich führte die belangte Behörde nach Anführung von § 17 AVG sowie § 106 BDG 1979 aus, dass der Beschwerdeführer, nachdem ihm bis dato keine Disziplinaranzeige zugestellt worden sei, auch nicht Partei sei und ihm daher kein Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG zukomme. Er sei folglich bis dato auch nicht in einem subjektiven Recht beschwert und komme ihm auch kein Erledigungsanspruch dahingehend zu, dass die Behörde verhalten wäre, ihm Akteneinsicht zu gewähren oder Abschriften zuzumitteln.

9. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27.03.2024, eingelangt in der belangten Behörde am 02.04.2024, Beschwerde. Inhaltlich wurde ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten insoweit verletzt fühle, als die belangte Behörde formell/materiell rechtswidrig die bescheidmäßige Zurückweisung ausgesprochen habe. Vorgelegt wurden zahlreiche Schreiben betreffend die Korrespondenz des Beschwerdeführers mit der XXXX sowie der belangten Behörde. Diese würden zum Inhalt der Beschwerdeausführungen erhoben werden. Aus diesen Schreiben ergäbe sich das rechtliche Interesse an der Akteneinsicht bzw. an der Zumittlung des Verfahrensaktes in Ablichtung. Ferner würden auch die Ausführungen des Beschwerdeführers in dessen Säumnisbeschwerde vom 01.02.2024 hier wiederholt werden. Es gehe hier – offenkundig – keinesfalls um ein allfälliges Disziplinarverfahren. Aus Sicht des Beschwerdeführers sei der bekämpfte Bescheid aus allen nur in Betracht kommenden Sachverhalten und Rechtsgründen auch formell rechtswidrig.

Sodann stellte der Beschwerdeführer die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen und den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Ersuchen des Beschwerdeführers vom 14.03.2024 stattgegeben werde, sowie die Zumittlung einer entsprechenden vollständigen Aktenkopie anordnen. In eventu wurde beantragt, den Bescheid aufzuheben und der belangten Behörde den Auftrag zu erteilen, das Dienstrechtsverfahren entsprechend dem Ersuchen des Beschwerdeführers vom 14.03.2023 abzuführen und dem Ersuchen des Beschwerdeführers stattzugeben, jedenfalls diese Akteneinsichtsangelegenheit in sämtliche Richtungen hin zu überprüfen und dem Ersuchen des Beschwerdeführers vom 14.03.2023 stattzugeben. In eventu wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Verwaltungssache an die belangte Behörde zur Ergänzung des Sachverhalts bzw. Ergänzung der Ermittlungen und neuerlichen Bescheiderlassung zurückzuverweisen und den Beschwerdeanträgen des Antragstellers in der Säumnisbeschwerde vom 01.02.2024, insb. dort auch zu Punkt C. stattzugeben.

10. Die Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 09.04.2024, einlangend mit 11.04.2024, vorgelegt.

11. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für den 17.07.2024 eine mündliche Verhandlung an. Mit Schreiben vom 10.07.2024 ersuchte der Beschwerdeführer aufgrund Erkrankung um Verlegung der Verhandlung um mindestens einen Monat. Daraufhin wurde die Verhandlung abberaumt. Die Parteien wurden aufgefordert, inzwischen schriftlich darzulegen, worum es inhaltlich beim Ersuchen um Aktenübermittlung vom 14.03.2024 geht, nachdem dies für das Bundesverwaltungsgericht aus dem vorgelegten Verwaltungsakt nicht ersichtlich war.

12. Mit Stellungnahme vom 17.07.2024 teilte die belangte Behörde mit, dass ihr durch den unmittelbaren Vorgesetzten des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 18.07.2022 mitgeteilt worden sei, dass durch den Beschwerdeführer nach seiner Versetzung zur hiesigen Dienstbehörde und damit einhergehender Veränderung des Lebensmittelpunkts keine entsprechende Richtigstellung des Hauptwohnsitzes (Ummeldung) erfolgt sei. Dieser Meldung des unmittelbaren Vorgesetzten sei ein persönliches Gespräch zwischen dem Vorgesetzten und dem Beschwerdeführer vorangegangen. In weiterer Folge seien aufgrund des aufgezeigten Umstandes und des begründeten Verdachts von Dienstpflichtverletzungen gestützt auf § 109 Abs. 1 BDG 1979 durch die vorgesetzte Abteilungsleitung dienstrechtliche Erhebungen eingeleitet und Wohnsitzüberprüfungen über die Landespolizeidirektion XXXX veranlasst worden, welche bis dato nicht abgeschlossen seien. Dem Beschwerdeführer sei einerseits mit Schreiben der belangten Behörde vom 21.03.2023 und andererseits mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 12.06.2023 mitgeteilt worden, dass eine Parteistellung und damit einhergehend das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 106 BDG 1979 ab dem Zeitpunkt der Zustellung einer Disziplinaranzeige bestehe. Diese Rechtsansicht sei mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid wiederholt worden. Bis dato sei keine Disziplinaranzeige erstattet worden und stehe dem Beschwerdeführer daher im Erhebungsstadium kein Recht auf Akteneinsicht zu. Die dienstrechtlichen Erhebungen seien derzeit noch nicht abgeschlossen.

13. Mit Schreiben vom 01.08.2024 nahm der Beschwerdeführer Stellung. Aus Sicht des Beschwerdeführers liege ein entsprechender Dienstrechtsverfahrensakt vor. Soweit ersichtlich, stelle die belangte Behörde das Vorliegen eines entsprechenden Verfahrensakts nicht bzw. gar nicht in Abrede, sondern argumentiere letztlich bloß mit einer angeblichen Nichteinsichtsberechtigung wegen angeblichen Mangels einer Disziplinaranzeige. Eine GZ mit der Zahl XXXX sei fernmündlich am 25.01.2023 seitens des XXXX mitgeteilt worden. Offensichtlich gehe es insbesondere um ein Verfahren/ein Dienstrechtsverfahren/um Aktenbestandteile betreffend insbesondere auch das Thema Wohnsitzüberprüfung, sodass auch diesbezüglich aus Sicht des Beschwerdeführers dessen u.a. Akteneinsichtsberechtigung erhelle/erhellen sollte.

14. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 25.09.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der die Sach- und Rechtslage in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seines damaligen Rechtsvertreters und eines Vertreters der belangten Behörde ausführlich erörtert wurde. In der Verhandlung bot der Behördenvertreter dem Beschwerdeführer an, mit diesem einen gemeinsamen Termin zur Besprechung der Probleme durchzuführen. Zu diesem Zweck wurde das Bundesverwaltungsgericht ersucht, mit der Entscheidung bis Ende November zuzuwarten. Ein Gespräch zwischen der belangten Behörde und dem Beschwerdeführer kam laut Auskunft eines Behördenvertreters in der Folge nicht zustande.

15. Der ehemalige Beschwerdeführervertreter gab mit Schreiben vom 11.11.2024 bekannt, dass das Vollmachtsverhältnis zum Beschwerdeführer beendet worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer steht als Exekutivbeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist dem XXXX zur Dienstleistung zugewiesen.

1.2. Mit Schreiben vom 27.02.2023 beantragte er bei der Landespolizeidirektion XXXX (in der Folge: belangte Behörde), ihm unter Bezug auf sein Schreiben vom 25.01.2023 bzw. Kurzbrief vom 07.02.2023 (gerichtet an die Stammdienststelle XXXX ) eine vollständige Ablichtung des Verfahrensaktes mit der GZ: XXXX zuzumitteln.

1.3. Beim Dokument XXXX handelt es sich um ein behördeninternes Dokument, zu dem im Bereich der belangten Behörde kein Verfahren anhängig ist.

Das Dokument ist kein Teil des Personalakts des Beschwerdeführers.

1.4. Dem Beschwerdeführer wurde die Akteneinsicht in dieses Dokument verwehrt.

1.5. Gegen den Beschwerdeführer ist kein Disziplinarverfahren im Zusammenhang mit etwaigen Meldevergehen anhängig, insbesondere wurde dem Beschwerdeführer keine diesbezügliche Disziplinaranzeige zugestellt.

2. Beweiswürdigung:

1.1. Die Feststellungen konnten aufgrund des Verfahrensakt im Zusammenhang mit den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung getroffen werden.

1.2 Der verfahrensgegenständliche Antrag liegt im Akt ein, ebenso sämtliche im Verfahrensgang erwähnten Schreiben.

Im Akt einliegend findet sich der im Verfahrensgang erwähnte und zusätzlicher Schriftverkehr mit dem XXXX , der Polizeiinspektion XXXX , dem XXXX , dem Bundesministerium für Inneres, Referat XXXX , mit dem der Beschwerdeführer Einsicht in den Erhebungsakt zu GZ: XXXX ersucht.

In der mündlichen Verhandlung schilderte der Beschwerdeführer, was Anlass für das Ersuchen um Akteneinsicht war, konkret ein Vorfall im Jahr 2022, bei dem Polizeibeamte seine Mutter in XXXX aufgesucht und sie mit Fragen zur Person des Beschwerdeführers konfrontiert hätten. Der Beschwerdeführervertreter führte aus, dass dem Beschwerdeführer nicht bekannt sei, ob die angegebene Geschäftszahl eindeutig diesen Anlassfall betreffen würden. Diese Zahl sei dem Beschwerdeführer von der Polizei mitgeteilt worden (vgl. Verhandlungsprotokoll, S. 4 f.).

1.3. In der mündlichen Verhandlung schilderte der Behördenvertreter das polizeiinterne Datenverarbeitungssystem und schilderte den Aufbau und die Zugriffsberechtigungen auf Dokumente in dieser internen Applikation. Glaubwürdig schilderte dieser, dass aus dem Kürzel ersichtlich sei, dass es sich dabei um eine Aktenanlage im System im Bereich XXXX handle. Sodann führte er aus, dass zu der betreffenden PAD-Zahl kein Verfahren im Bereich der belangten Behörde anhängig sei (vgl. Verhandlungsprotokoll, S. 8 ff.).

Dass das Dokument kein Teil des Personalakts des Beschwerdeführers ist, bestätigte der Behördenvertreter in der mündlichen Verhandlung und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht in Frage gestellt. Für das Bundesverwaltungsgericht bestanden keine Gründe, dies in Zweifel zu ziehen (vgl. Verhandlungsprotokoll, S. 10).

1.4. Dass dem Beschwerdeführer keine Akteneinsicht in das Dokument XXXX gewährt wurde, ergibt sich aus dem Verfahrensakt und den Angaben sämtlicher Beteiligter in der mündlichen Verhandlung.

1.5. Der Behördenvertreter gab in der mündlichen Verhandlung glaubhaft an, dass hinsichtlich der vorliegenden Angelegenheit im Zusammenhang mit der Meldung des Hauptwohnsitzes des Beschwerdeführers kein Disziplinarverfahren anhängig sei. Es habe diesbezügliche Überlegungen gegeben, sei jedoch kein Auftrag zur Erstattung einer Disziplinaranzeige erstattet worden. (vgl. Verhandlungsprotokoll, S. 10).

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen, womit im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vorliegt.

Zu A)

3.1. Die hier maßgebliche Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) lautet auszugsweise wie folgt:

Akteneinsicht

§ 17. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann der Partei auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden.

(2) Allen an einem Verfahren beteiligten Parteien muß auf Verlangen die Akteneinsicht in gleichem Umfang gewährt werden.

(3) Von der Akteneinsicht sind Aktenbestandteile ausgenommen, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.

(4) Die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber der Partei eines anhängigen Verfahrens erfolgt durch Verfahrensanordnung.

3.2. Allgemein hat der Verwaltungsgerichtshof zum Recht auf Akteneinsicht festgehalten, dass dieses den Parteien die Möglichkeit geben soll, sich durch unmittelbaren Einblick in die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens selbst eine Meinung zu bilden und dadurch genaue Kenntnis vom Gang des Verfahrens und von den Entscheidungsgrundlagen der Behörde zu erlangen (VwGH 30.01.2014, 2012/05/0011).

§ 17 Abs. 1 AVG gewährt nur der Partei des Verwaltungsverfahrens ein subjektives prozessuales Recht auf Akteneinsicht (VwGH 19.04.2023, Ra 2023/07/0007). Das Recht auf Akteneinsicht steht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs somit nur den Parteien des Verwaltungsverfahrens, in dessen Akten Einsicht genommen werden soll, zu, nicht aber den Parteien eines anderen Verfahrens, für deren Rechtsverfolgung die Einsicht in die Akten eines Verfahrens, in dem sie nicht Partei sind bzw. waren, von Bedeutung wäre. Ob einer Person in einem bestimmten Verfahren Parteistellung zukommt, regelt grundsätzlich § 8 AVG im Zusammenhang mit den jeweils zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften (VwGH 19.12.2023, Ra 2023/05/0265). Bestehen in Materiengesetzen davon abweichende Regelungen, gehen diese Spezialnormen vor.

Ist über das Akteneinsichtsbegehren einer Person abzusprechen, der im laufenden Verwaltungsverfahren Parteistellung nicht zukommt (oder deren Parteistellung sich auf ein bereits abgeschlossenes Verfahren bezogen hat, oder ist das betreffende Verwaltungsverfahren nicht mit Bescheid abzuschließen), so hat die Verweigerung der Akteneinsicht durch einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erfolgen (VwGH 11.11.2015, Ra 2015/11/0085).

Ein auf § 17 AVG gestützter Antrag auf Akteneinsicht erfordert das Vorliegen eines konkreten – etwa auf Bescheiderlassung zielenden – Verwaltungsverfahrens nach dem AVG (VwGH 16.02.2023, Ra 2023/03/0009 mit Verweis auf VwGH 25.09.2018, Ra 2017/02/0149 sowie 28.03.2008, 2007/02/0325). Es steht die Einsicht in bestimmte Schriftstücke losgelöst von der Führung eines konkreten Verfahrens nicht zu, wenn diese Schriftstücke nicht Entscheidungsgrundlage in einem von der Behörde geführten konkreten Verfahren waren (VwGH15.10.2020, Ro 2019/04/0021 mit Verweis auf VwGH 28.01.2004, 2003/12/0173).

Parteistellung kann dabei nur im Zusammenhang mit einem konkreten Verwaltungsverfahren bestehen (VwGH 17.01.1992, 89/17/0239). Die Parteistellung besteht somit nicht losgelöst von einem Verwaltungsverfahren, vielmehr ist die Partei der künftige Adressat des (bei amtswegigen Verfahren: möglicherweise) zu erlassenden Bescheides (VwGH 04.11.2024, Ro 2022/12/0011). Schritte, die lediglich die Einleitung eines behördlichen Verfahrens (durch eine andere Behörde) anregen sollen (vgl. VwGH 17.03.2016, Ro 2014/11/0012), können eine Akteneinsicht nicht begründen.

In einem Disziplinarverfahren sind Parteien der Beschuldigte und der Disziplinaranwalt. Die Stellung als Partei kommt ihnen mit dem Zeitpunkt der Zustellung der Disziplinaranzeige zu (§ 106 BDG 1979). Ein Beamte, der unter dem Verdacht steht, eine Dienstpflichtverletzung begangen zu haben, genießt erst mit Zustellung der Disziplinaranzeige durch die Dienstbehörde Parteistellung iSd AVG (siehe u.a. Schmid in Reissner/Neumayr, ZellKomm ÖffDR § 106 BDG Rz 2 [Stand 1.1.2022, rdb.at] mwN). Zur vergleichbaren Regelung des RStDG sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass vor einem Einleitungsbeschluss noch kein Disziplinarverfahren gegen einen Beschuldigten bestehe, dem (oder dessen Rechtsvertreter) Akteneinsicht gewährt werden könne. Für Disziplinarverfahren gelten derart die besonderen Regelungen der § 126 und § 129 Abs. 1 RStDG, weshalb dafür schon deshalb die allgemeine Bestimmung zur Akteneinsicht des § 25 VwGG nicht zum Tragen kommen kann (vgl. VwGH 26.06.2019, So 2019/03/0001).

3.3. Wenn die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (VwGH 27.02.2024, Ro 2022/12/0004 und Ro 2022/12/0010, mwN). Das Verwaltungsgericht ist in einem solchen Fall ausschließlich befugt, darüber zu entscheiden, ob die von der belangten Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen ist. Dies allein bildet den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens (VwGH 14.11.2023, Ra 2020/22/0012 mwN). Der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis ist die „Sache“ des bekämpften Bescheides im Sinne des § 27 VwGVG (VwGH 16.03.2016, Ra 2015/04/0042; 26.03.2015, Ra 2014/07/0077). Dem Verwaltungsgericht ist es demnach verwehrt, über diesen Rahmen hinaus in einer Entscheidung über die „Hauptsache“ vorzugehen, weil dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrags und damit den Parteien eine Instanz genommen würde (VwGH 09.03.2023, Ra 2020/07/0121 mwN).

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Akteneinsicht von der belangten Behörde zurückgewiesen. Somit ist vom Bundesverwaltungsgericht ausschließlich zu prüfen, ob die inhaltliche Behandlung des Antrags auf Akteneinsicht von der belangten Behörde zu Recht verweigert worden ist.

Eine inhaltliche Entscheidung über den verfahrensgegenständlichen Antrag ist dem Bundesverwaltungsgericht hingegen verwehrt. Auch eine Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG kommt nicht in Betracht (VwGH 16.12.2009, 2008/12/0219). Der diesbezügliche Beschwerdeantrag geht somit ins Leere. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher lediglich zu prüfen, ob die Zurückweisung des Feststellungsantrags rechtmäßig erfolgt ist, somit ob die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zu Recht eine Sachentscheidung verwehrt hat.

3.4. Verfahrensgegenständlich wurden von der belangten Behörde Erhebungen durchgeführt, um die Frage einer bestehenden Disziplinaranzeige zu klären. Es kam jedoch nie zu einem Disziplinarverfahren, sodass auch nie eine Disziplinaranzeige zugstellt wurde. Insofern besteht, wie die belangte Behörde ausführt, keine Parteistellung und kommt dem Beschwerdeführer mangels Bestehens von Parteistellung auch kein Recht auf Akteneinsicht zu. Im Übrigen ist das Dokument im PAD, in das der Beschwerdeführer Akteneinsicht begeht, nicht Teil eines Verfahrensakts.

Nachdem es sich verfahrensgegenständlich auch nicht um einen Teil des Personalakts handelt, in den unabhängig von § 17 AVG und von der Anhängigkeit eines den Beamten betreffenden Verwaltungsverfahrens ein Recht auf Einsicht bestehen würde (vgl u.a. VwGH 02.07ö.1997, 05/12/0219), war auch aus diesem Grund nicht zwingend Einsicht zu gewähren.

Die belangte Behörde hat somit den Antrag auf Akteneinsicht rechtmäßig zurückgewiesen.

3.5. Sofern der Beschwerdeführer in eventu eine Aufhebung und Zurückverweisung beantragt, ist auszuführen, dass eine Zurückverweisung an die Behörde zur Ergänzung des Sachverhalts im Übrigen jedenfalls nicht in Frage kommt, weil es sich bei der Frage der Gewährung der Akteneinsicht um eine Rechtsfrage handelt, weswegen eine Aufhebung und Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde von Vornherein nicht in Betracht kommt (vgl. VwGH 17.01.2022, Ra 2021/02/0236 mit Verweis auf VwGH 06.04.2021, Ra 2021/02/0018).

3.6. Zum Antrag des Beschwerdeführers auf Einvernahme von zwei Beamten des XXXX , konkret von XXXX und XXXX als Zeug:innen ist anzumerken, dass es auf diesen Beweis nicht ankommt. Von der belangten Behörde wurde gar nicht bestritten, dass es im Zuge der Überlegungen hinsichtlich der Vornahme disziplinarischer Konsequenzen zu einem Amtshilfeersuchen an die Landespolizeidirektion XXXX gekommen sei und zieht das auch die erkennende Richterin nicht in Zweifel. Von der Einvernahme dieser Zeug:innen konnte daher – nachdem diese Beweistatsachen als wahr unterstellt werden – abgesehen werden (siehe u.a. VwGH 13.09.2023, Ra 2022/14/0221).

3.7 Sofern der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung sein Akteneinsichtsersuchen bzw. sein Aktenübersendungsersuchen sowie die Bescheidbeschwerde erstmalig zusätzlich auf das Thema Datenschutz bzw. auf das DSG iVm der DSGVO stützt, ist anzumerken, dass im vorliegenden Fall nur zu prüfen ist, ob die inhaltliche Behandlung des Antrags auf Akteneinsicht von der belangten Behörde zu Recht verweigert wurde. Eine Prüfung, inwieweit gegenständlich etwaige datenschutzrechtliche Probleme bestanden, ist nicht Gegenstand des Verfahrens und würde eine Behandlung derartiger Fragestellungen – wie unter Punkt 3.3. ausgeführt – eine Überschreitung des Verhandlungsgegenstandes darstellen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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