BVwG I423 2261812-2

BVwGI423 2261812-22.8.2023

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:I423.2261812.2.00

 

Spruch:

I423 2261812-2/4E

BESCHLUSS

 

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag.a Daniela GREML in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.07.2023, Zl: IFA: XXXX , VZ INT: XXXX , VZ FAS: XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch den Verein LegalFocus:

A)Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte am 15.07.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz, der zweitinstanzlich vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit 08.06.2006 rechtskräftig abgewiesen wurde. In weiterer Folge ehelichte der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsangehörige, weshalb ihm als Familienangehöriger eine Aufenthaltsberechtigung erteilt wurde.

2. Aufgrund mehrmaliger Straffälligkeiten im Zeitraum Mai 2009 bis Februar 2015 prüfte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, im Weiteren als belangte Behörde oder BFA bezeichnet, erstmals die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen den Beschwerdeführer, sah jedoch wegen der langen Aufenthaltsdauer und den familiären Anbindungen davon ab.

3. In Anbetracht dreier weiterer strafgerichtlicher Verurteilungen im Jahr 2017 leitete das BFA im September 2017 erneut ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein, welches letztendlich trotz sechs rechtskräftiger Verurteilungen aufgrund seiner drei minderjährigen Kinder und einer neuen Lebensgemeinschaft eingestellt wurde.

4. Im Oktober 2019 wurde der Beschwerdeführer erneut straffällig und deswegen im Februar 2020 strafgerichtlich verurteilt. Mit 16.09.2021 wurde er zur Festnahme ausgeschrieben. Am 28.09.2021 versuchte der Beschwerdeführer seine Festnahme zu verhindern, indem er vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes flüchtete und zunächst eine falsche Identität angab.

5. Mit Bescheid vom 05.10.2022 erließ das Bundesamt gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I.), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt II.) und erließ gegen ihn ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III.). Ferner wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 10.11.2022, GZ XXXX , als unbegründet ab. Die Behandlung einer gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 27.02.2023 zu XXXX abgelehnt. Eine gegen das Erkenntnis erhobene Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 25.05.2023 zu Ra 2023/21/0069 zurückgewiesen.

6. Am 13.06.2023 wurde der Beschwerdeführer unmittelbar nach seiner bedingten Entlassung aus der Strafhaft in Schubhaft genommen.

7. Am 10.07.2023 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande seiner Schubhaft einen Asyl(folge-)antrag. Dazu führte er aus, dass sein Vater bereits Probleme mit Politikern in Nigeria gehabt habe, bevor der Beschwerdeführer geboren wurde. Während eines Streits um das Grundstück sei der Vater ermordet und der Beschwerdeführer selbst am Kopf verletzt worden. Er sei damals noch sehr klein gewesen. Ein Priester aus Nigeria habe ihm geholfen, aus dem Land zu fliehen.

8. Im Zuge seiner Einvernahme am 26.07.2023 vor dem BFA schilderte der Beschwerdeführer befragt zu seinen Fluchtgründen, die Polizei hätte seinen Vater getötet, als er sieben Jahre alt gewesen sei. Er wäre drei Wochen im Krankenhaus gewesen und habe seitdem eine Kopfverletzung. Die Probleme mit der Polizei habe er gehabt, weil er dem Polizisten das Bein zurückgehalten habe. Die Politiker in Nigeria, die die Polizei geschickt hätten, würden auch den Beschwerdeführer in Nigeria verfolgen. Schließlich sei 2023 seine Schwester von seinen Verfolgern in Nigeria getötet worden. Zudem habe der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2009 der Polizei in Österreich geholfen, viele Nigerianer ins Gefängnis zu bringen und sei er eine Vertrauensperson der Regierung gewesen, weshalb er in der Haftanstalt bedroht worden wäre. Aggressoren würden sich sowohl in Nigeria, als auch in der Justizanstalt befinden.

9. Sogleich erfolgte im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme die Verkündung des mündlichen Bescheides, mit welchem gegenüber dem Beschwerdeführer der faktische Abschiebeschutz aufgehoben wurde, den das BFA damit begründete, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit der Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert habe und die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 vorliegen würden.

10. Mit Schriftsatz vom 26.07.2023, physisch eingelangt bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts I423 am 31.07.2023, übermittelte die belangte Behörde sogleich dem Bundesverwaltungsgericht den Akt zur Beurteilung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der volljährige, geschiedene Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger Nigerias. Er bekennt sich zum christlichen Glauben und ist der Volksgruppe der Igbo zugehörig. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen. Medikamente gegen Bluthochdruck sind in Nigeria sowohl erhältlich als auch für den Beschwerdeführer finanzierbar. Der Beschwerdeführer fällt nicht unter die Risikogruppe gemäß der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/2020. Seine Arbeitsfähigkeit ist gegeben.

In seinem Herkunftsstaat besuchte er die Grundschule und absolvierte anschließend eine Ausbildung für den Beruf KFZ-Mechaniker an einer berufsbildenden Schule.

In Österreich ist der Beschwerdeführer seit mindestens seit 15.07.2004 aufhältig. Am 01.09.2006 heiratete er eine österreichische Staatsangehörige und wurde ihm in Anbetracht dieser Ehe eine Aufenthaltsberechtigung als Familienangehöriger erteilt. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Mit seiner – nunmehr ehemaligen – Gattin und den Kindern bestand vom 04.05.2006 bis 28.11.2014 ein gemeinsamer Haushalt, danach führte der Beschwerdeführer getrennt von ihnen einen eigenen Wohnsitz. Am 08.02.2023 wurde die Ehe rechtskräftig geschieden.

Kurz nach der Trennung von seiner Gattin lernte der Beschwerdeführer eine neue Partnerin, eine Staatsangehörige von Österreich, kennen, mit welcher er eine Beziehung und im Zeitraum von 01.02.2016 bis 30.09.2019 einen gemeinsamen Haushalt führte. Mit dieser hat er einen gemeinsamen Sohn, der – während eines Haftaufenthaltes des Beschwerdeführers – im Jahr 2017 geboren wurde.

Seit der Geburt war der Beschwerdeführer für seine ehemalige Lebensgefährtin keine große Unterstützung bei der Erziehung, da er die meiste Zeit in Haft verbrachte. Bei den bisher stattgefundenen Kontakten stellte der Beschwerdeführer ihre Erziehungskompetenz in Frage und versuchte sie zu untergraben. Weiters hat der Beschwerdeführer seine ehemalige Partnerin unter Druck gesetzt und dazu gedrängt, ihn nach der Haftentlassung wieder im Haushalt aufzunehmen, was diese im September 2022 jedoch strikt ablehnte.

Während seines Aufenthalts in Österreich war der Beschwerdeführer im Zeitraum von 01.02.2013 bis 06.03.2020 immer wieder kurzzeitig geringfügig beschäftigt oder als Arbeiter tätig. Seit 07.04.2010 bezog er des Öfteren Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe.

Er spricht Deutsch auf Niveau A2 und absolvierte einen Werte und Orientierungskurs. Eine tiefgreifende Integration in beruflicher, sprachlicher und kultureller Hinsicht liegt nicht vor.

Insgesamt wurde der Beschwerdeführer in Österreich bis dato siebenmal rechtskräftig verurteilt:

1.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 29. Mai 2009 wurde er wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen, verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat in der Zeit von 01.03.2008 bis 11.03.2009 in XXXX und an anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge überschreitenden Menge, nämlich zumindest zwei Gramm Cannabiskraut, 4 Gramm Heroin und 565 Gramm Kokain mit einem durchschnittlich hohen Reinheitsgehalt von 21,4 % abgesondert verfolgten Personen, einem verdeckten Ermittler, einem unbekannten Täter und einem nicht ausgemittelten Suchtgiftabnehmer teils angeboten, und zwar im Umfang von 60 Gramm Kokain, und teils, nämlich im übrigen Umfang, entgeltlich überlassen.

Bei den Strafbemessungsgründen wurde der lange Deliktszeitraum und die mehrfache Grenzmengenüberschreitung erschwerend gewertet. Sein Geständnis und die strafgerichtliche Unbescholtenheit zum damaligen Zeitpunkt flossen mildernd in die Entscheidung mit ein.

2.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 7. Mai 2012 wurde er wegen der Vergehen Suchtgifthandel, Urkundenunterdrückung, versuchte Nötigung und versuchte Bestimmung zur falschen Beweisaussage zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer wurde für schuldig befunden;

I. in XXXX und anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge überschreitenden Menge gewerbsmäßig angeboten und überlassen zu haben, und zwar im Juli 2011 zumindest 100 Gramm Kokain, in der Zeit von Anfang September 2009 bis 13.12.2011 insgesamt 14 Gramm Kokain.

II. in der Zeit von 09.12.2011 bis 13.12.2011 eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, nämlich den Führerschein einer anderen Person, den dieser verloren hatte, durch Ansichnehmen mit dem Vorsatz unterdrückt zu haben, um zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht wird.

III. am 22.01.2012 eine Person durch die sinngemäße Äußerung, wenn er seine Aussage gegen ihn vor der Polizei vor Gericht wiederhole, werde er sowie auch er selbst im Krankenhaus landen, wobei er zur Untermauerung mit einer Hand heftig in die Richtung der Person gestikulierte, durch eine gefährliche Drohung zu einer Unterlassung bzw. Abstandnahme von der neuerlichen Abgabe einer ihn belastenden Zeugenaussage vor Gericht zu nötigen versucht und die Person zu einer falschen Beweisaussage vor Gericht zu bestimmen versucht zu haben.

Vom Widerruf der mit Urteil vom 29.05.2009 gewährten bedingten Strafnachsicht wurde abgesehen, jedoch die Probezeit auf 5 Jahre verlängert.

Im Rahmen der Strafbemessung fiel das Geständnis des Beschwerdeführers sowie der Umstand, dass es sich bei den strafbaren Handlungen zu III. um einen Versuch handelte, mildernd ins Gewicht. Erschwerend wurden das Zusammentreffen von vier Vergehenstatbeständen, eine einschlägige Vorstrafe sowie der rasche Rückfall gewertet.

3.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 10. Februar 2015 wurde er wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften und dem Vergehen des Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt.

In der Zeit von Oktober 2013 bis 5. Oktober 2014 hatte der Beschwerdeführer vorschriftswidrig Suchtgift, und zwar insgesamt mindestens 84 Gramm Kokain, gewinnbringend verkauft bzw. weitergegeben, in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung der Tat ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen. Am 5. Oktober 2014 war er zudem im Besitz von insgesamt 3,6 Gramm Kokain und hat am 18. Mai 2014 in XXXX ein Iphone 5s im Wert von EUR 250,-- einer anderen Person mit dem Vorsatz weggenommen, um sich unrechtmäßig zu bereichern.

In der Strafbemessung sind die zwei einschlägigen Vorstrafen, die Begehung während offener Probezeiten sowie die mehreren Vergehen als erschwerend, hingegen das Geständnis des Beschwerdeführers als mildernd berücksichtigt worden.

Vom Wiederruf der mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 29. Mai 2009 gewährten bedingten Strafnachsicht wurde abgesehen. Dagegen wurde eine bedingte Entlassung des Beschwerdeführers widerrufen.

4.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 10. Jänner 2017 wurde er wegen des Vergehens der versuchten Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt.

Dem Strafurteil lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Beschwerdeführer im August 2016 seine Ehefrau durch gefährliche Drohung, indem er im Zuge eines Telefonats äußerte, er werde ihr Haus anzünden, zu einer Handlung, und zwar der Gewährung seines Besuchsrechts hinsichtlich der gemeinsamen Kinder, zu nötigen versucht hat.

Das Landesgericht wertete die einschlägige Vorverurteilung des Beschwerdeführers und die Begehung innerhalb der offenen Probezeit im Rahmen der Strafbemessung als erschwerend. Mildernd blieb nur der Umstand übrig, dass es bei der Tat beim Versuch geblieben ist. Eine bedingte Strafnachsicht schloss das Strafgericht aus spezialpräventiven Gründen aus, weil dies nicht ausreicht, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Taten abzuhalten und die bisher unbedingten Freiheitsstrafen bezughabend keine Wirkung zeigten. Zudem würde laut dem Gericht eine Strafnachsicht den Unwert der Tat nicht adäquat zum Ausdruck bringen und beim Beschwerdeführer einen Bagatellisierungseffekt auslösen.

Gegen das Urteil vom 10. Jänner 2017 erhob der Beschwerdeführer eine Berufung, welche vom Oberlandesgericht XXXX mit Urteil vom 25. April 2017 abgewiesen wurde.

5.) Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 6. Februar 2017 wurde er wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat in XXXX vorschriftswidrig Suchtgift, und zwar

1. in der Zeit zwischen 1. Dezember 2015 und 17. März 2016 von zwei Nigerianern eine unbekannte Menge Kokain erworben und besessen

2. zwischen 8. September 2015 und 17. März 2016 acht Kugeln Kokain erworben und besessen

3. zwischen Mitte Februar 2016 und 29. Februar 2016 ein Gramm Kokain durch Verkauf überlassen

4. zirka Ende 2016 ein Gramm Kokain durch Verkauf überlassen.

Bei der Strafbemessung fielen die drei einschlägigen Vorstrafen sowie das Zusammentreffen mehrerer Vergehen erschwerend und das zumindest teilweise abgegebene Tatsachengeständnis als mildern hinein.

Aus spezial- und generalpräventiven Gründen hielt das Strafgericht eine unbedingte Freiheitsstrafe für erforderlich.

Der Beschwerdeführer wurde aus dem Vollzug der über ihn verhängten Freiheitsstrafe zu der Verurteilung mit Urteil vom 10.02.2015 mit Beschluss des Landesgericht XXXX bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren entlassen. Das Bezirksgericht XXXX wiederrief diese gewährte bedingte Entlassung mit Beschluss, weil der Beschwerdeführer trotz des offenen Strafrestes vom teilweisen Vollzug der Freiheitsstrafe völlig unbeeindruckt blieb und von seinem deliktischen Verhalten nicht Abstand genommen hat und in diesem Verhalten verharrt ist.

6.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 30. Juni 2017 wurde er wegen dem Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt und des Vergehens der schweren Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat am 22. Februar 2017 einen Beamten mit Gewalt an einer Amtshandlung, und zwar an der Festnahme zur Vorführung zum Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe und seiner Durchsuchung gehindert, indem er den Beamten mit beiden Händen von sich wegstieß und ihm danach einen Schlag gegen dessen Oberkörper versetzte, sodass dieser stürzte und er fliehen konnte. Durch das Versetzen eines Schlages gegen den Oberkörper des Beamten, der dadurch zu Boden stürzte und Hautabschürfungen an beiden Knien erlitt, hat er den Beamten während der Vollziehung seiner Aufgaben am Körper verletzt.

Zudem hat der Beschwerdeführer am 3. April 2017 Beamte mit Gewalt an seiner Festnahme zu verhindern versucht, indem er Gegenwehr in Form von Kopfstöße, Schläge mit den Händen und Fußtritten leistete. Durch die Leistung von Gegenwehr stürzten zwei Beamte zu Boden und erlitten Hautabschürfungen an beiden Knien und an der Nase.

Im Rahmen der Strafbemessung wirkten die vier einschlägigen Vorstrafen, die Tatbegehung während offener Probezeit, anhängigem Verfahren und offenem Vollzug, das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, der rasche Rückfall sowie das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 39 StGB erschwerend. Mildernd fielen sein Geständnis und der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, aus. Eine bedingte Strafnachsicht kam aufgrund des belasteten Vorlebens des Beschwerdeführers nicht in Betracht.

7.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 13. Februar 2020 wurde er wegen die Vergehen des teils versuchten und teils vollendeten Widerstands gegen die Staatsgewalt zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt.

Am 3. Oktober 2019 hinderte der Beschwerdeführer im Bereich einer Kreuzung einen Beamten an seiner Anhaltung, indem er mit seinem KFZ auf den zu seinem Fahrzeug herantretenden Beamten losfuhr, sodass sich der Beamte nur durch einen Sprung zur Seite vor einer Kollision in Sicherheit bringen konnte. Außerdem hinderte er am 3. Oktober 2019 im Bereich eines Leitenweges zwei Beamten an seiner Festnahme, indem er sich gegen deren Festhaltegriffe durch Winden und Zerren zur Wehr setzte, wobei diese Tat beim Versuch blieb.

Während das Geständnis des Beschwerdeführers sowie der Umstand, dass es teilweise beim Versuch blieb, im Rahmen der Strafbemessung mildernd zu werten war, wirkten die Begehung während mehrere offener Probezeiten, die Mehrzahl von insgesamt fünf einschlägigen Vorstrafen, der letztlich raschestmögliche und einschlägige Rückfall, das Vorliegen der Rückfallsvoraussetzungen, die Tatwiederholung und die mit der Art und Weise der Begehung besonderen Schwere der Tat erschwerend.

Das Landesgericht hielt fest, dass nur mehr eine längere unbedingte Freiheitsstrafe als erfolgversprechende Sanktion erscheine, weil Strafnachsichten, Probezeiten und selbst bedingte Entlassungen aus verbüßten Haften den Beschwerdeführer nicht von der nunmehr mit zunehmender Deliktschwere und krimineller Energie verbundenen neuerlichen Begehung gleich gelagerter Straftaten abhielten. Es bedürfe einer exemplarischen Sanktion.

Aufgrund der neuerlichen Tatbegehung widerrief das Strafgericht weiters eine gewährte bedingte Entlassung aus der Haft, die dem Beschwerdeführer nur wenige Wochen vor den Taten zugutekam.

Sowohl der gegen das Urteil vom 13. Februar 2020 erhobenen Berufung als auch der gegen den Beschluss über die Widerrufung der gewährten bedingten Entlassung eingebrachten Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht XXXX mit Urteil vom 8. Juli 2020 nicht Folge gegeben.

Seit dem 13.11.2020 ist der Beschwerdeführer mit Ausnahme seiner Haft- bzw. Anhaltezentrenaufenthalte nicht mehr melderechtlich im Bundesgebiet erfasst. Zuletzt war der Beschwerdeführer von September 2021 bis Juni 2023 in einer Justizanstalt inhaftiert. Am 13.06.2023 wurde der Beschwerdeführer aus der Haftanstalt bedingt entlassen und befindet sich seither in Schubhaft.

1.2. Zu den bisherigen Verfahren des Beschwerdeführers

Der am 15.07.2004 gestellte Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers wurde zweitinstanzlich vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 08.06.2006 rechtskräftig abgewiesen.

In weiterer Folge stellte sich sein Aufenthalt im Bundesgebiet in Anbetracht seiner Verehelichung am 01.09.2006 mit einer österreichischen Staatsangehörigen als rechtmäßig dar.

Mehrmals wurde gegen den Beschwerdeführer in Anbetracht seiner Straffälligkeiten ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet, jedoch zweimalig wegen der langen Aufenthaltsdauer und den familiären Anbindungen davon abgesehen.

Aufgrund seiner letzten strafgerichtlichen Verurteilung im Februar 2020 wurde ein drittes Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen ihn eingeleitet und erließ das Bundesamt schließlich mit Bescheid vom 05.10.2022 gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I.), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt II.) und erließ gegen ihn ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III.). Ferner wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 10.11.2022, GZ XXXX , als unbegründet ab. Die Behandlung einer gegen dieses Erkenntnis erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 27.02.2023 zu XXXX abgelehnt. Eine gegen das Erkenntnis erhobene Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 25.05.2023 zu Ra 2023/21/0069 zurückgewiesen.

1.3. Zu den Fluchtgründen und zur Rückkehrsituation des Beschwerdeführers

Im Verfahren über den Folgeantrag auf Asyl machte der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt keine neuen, entscheidungswesentlichen Fluchtgründe, welche nach dem negativen Abschluss des ersten Asylverfahrens entstanden sind, geltend, die eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ließen.

Der arbeitsfähige Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr nach Nigeria nicht in Lebensgefahr sein, auch nicht in eine existenzgefährdende aussichtlose Situation gelangen. Die allgemein herrschende Situation in Nigeria stellt keine Bedrohung iSv Art. 2, 3 EMRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK dar. Es kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Er kann seine existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger oder unselbständiger Arbeit sichern bzw. auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Der Folgeantrag wurde klar rechtsmissbräuchlich gestellt und wird voraussichtlich zurückzuweisen sein.

Eine Verletzung des Art. 8 EMRK ist nicht gegeben.

1.4. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im mündlich verkündeten Bescheid vom 26.07.2023 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. In diesem wurden die wesentlichen Auszüge aus dem aktuellen "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist keine Änderung eingetreten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde samt den darin befindlichen Vorakteninhalten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zum Sachverhalt

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde samt den darin befindlichen Vorakteninhalten unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie in die Beurkundung des mündlich verkündeten Bescheids. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister, dem Fremdenregister, der Grundversorgung sowie ein Sozialversicherungsdatenauszug wurden ergänzend zum vorliegenden Akt zur Person des Beschwerdeführers eingeholt.

2.3. Zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers wurden bereits im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.11.2022, GZ XXXX , getroffen und haben sich im gegenständlichen Verfahren keine Hinweise auf etwaige verfahrenswesentliche Änderungen dazu ergeben. Das Scheidungsurteil liegt im Verwaltungsakt ein (AS 71 ff). Die Umstände zu seinen Berufstätigkeiten im Bundesgebiet, den Wohnsitzmeldungen in Österreich sowie seinen strafgerichtlichen Verurteilungen erfahren dabei in den jeweiligen Auszügen (Sozialversicherungsdatenauszug, ZMR-Auszug und Strafregisterauszug) ihre Bestätigung. Aus dem ZMR-Auszug geht in diesem Zusammenhang auch hervor, dass der Beschwerdeführer seit dem 13.11.2020 mit Ausnahme seiner Haft- bzw. Anhaltezentrenaufenthalte nicht mehr melderechtlich im Bundesgebiet erfasst ist sowie zuletzt von September 2021 bis Juni 2023 in einer Justizanstalt inhaftiert war bzw. sich seitdem in Schubhaft befindet.

Der Beschwerdeführer führte zuletzt vor dem BFA aus, mit Ausnahme von Blutdruckproblemen gesund zu sein (Protokoll vom 26.07.2023, AS 82), wobei die Rechtsvertretung dezidiert auf Bluthochdruck Bezug nahm (Protokoll vom 26.07.2023, AS 89 und AS 93). Zwar gilt Hypertonie als wichtiger Risikofaktor für Nieren-, Gefäß- und Herzerkrankungen (vgl. beispielsweise https://www.cardio-guide.com/erkrankung/bluthochdruck/#:~:text=Hypertonie%20gilt%20als%20wichtiger%20Risikofaktor ,(Bauchfettleibigkeit)%20und%20Rauchen%20hinzukommen., Zugriff am 02.08.2023), jedoch stellt Hypertonie per se keine lebensbedrohliche Erkrankung dar. Gängige Bluthochdruckmedikamente sind in Apotheken in Nigeria verfügbar (vgl. https://drugstore.ng/products , Zugriff am 02.08.2023), auch wenn diese nicht unter allen Umständen kostenfrei zur Verfügung stehen. In Anbetracht seiner Arbeitsfähigkeit, die der Beschwerdeführer selbst bestätigte (Protokoll vom 26.07.2023, AS 88), ist auch die Finanzierbarkeit etwaiger notwendiger Medikamente gewährleistet. Aus diesem Grunde ist auch eine medizinische Untersuchung bezüglich des Blutdrucks, wie in der mündlichen Verhandlung beantragt (Protokoll vom 26.07.2023, AS 89) nicht vonnöten, ist doch eine Versorgung in Nigeria gewährleistet.

In Ermangelung der Vorlage entsprechender ärztlicher Belege war schließlich festzustellen, dass der Beschwerdeführer nicht unter die Risikogruppe gemäß der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/2020, fällt. Ein „Abschiebehindernis“, wie in der niederschriftlichen Einvernahme unsubstantiiert behauptet wurde (Protokoll vom 26.07.2023, AS 89), stellt Bluthochdruck in der COVID-19-Risikogruppe-Verordnung nicht dar, vielmehr definiert diese – wie der Verordnungstitel bereits indiziert – die konkreten medizinischen Indikationen zur Zuordnung zur selbigen. In Hinblick auf eine arterielle Hypertonie erfordert die Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe entsprechend § 2 Abs. 1 Z 9 COVID-19-Risikogruppe-Verordnung dabei bestehende Endorganschäden, insbesondere chronische Herz- oder Niereninsuffizienz, oder nicht kontrollierbarer Blutdruckeinstellung, was gegenständlich gar nicht erst behauptet wurde.

2.4. Zu den bisherigen Verfahren des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zu den bisherigen Verfahren sind ebenfalls im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.11.2022 verschriftlicht und erfahren darüber hinaus im Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister zur Person des Beschwerdeführers ihre Bestätigung.

2.5. Zu den Fluchtgründen und zur Rückkehrsituation des Beschwerdeführers

Der aus Nigeria stammende Beschwerdeführer brachte im ersten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vor, dass sein Vater das Oberhaupt der Juju-Gemeinde gewesen sei und verstorben wäre. Der Beschwerdeführer habe sich geweigert, die Aufgaben des Vaters zu übernehmen. Da niemand dem Juju, den er als Geist definierte, Lebensmittel gegeben habe, seien mehrere Leute im Dorf gestorben, weshalb Anhänger des Juju nach Lagos gekommen wären, um den Beschwerdeführer ins Dorf zurückzubringen. Daraufhin sei der Beschwerdeführer geflohen (Protokoll vom 19.07.2004, AS 27). Diesem Vorbringen wurde seitens der Behörden kein Glauben geschenkt, wobei die Entscheidung letztlich auch zweitinstanzlich vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 08.06.2006 rechtskräftig bestätigt wurde.

Im gegenständlichen Verfahren hält der Beschwerdeführer seine bisherigen Fluchtgründe explizit aufrecht (Protokoll vom 26.07.2023, AS 91). Die Fluchtgründe seien „die gleichen“ wie im Erstverfahren, nur, dass nun seine Schwester von seinen Verfolgern in Nigeria getötet worden sei und es Bedrohungen im Gefängnis gegeben habe (Protokoll vom 26.07.2023, AS 90). Dabei wäre in Nigeria sein Vater aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten mit dem Staat von der Polizei getötet worden, als er sieben Jahre alt gewesen sei. Davon habe der Beschwerdeführer eine Kopfverletzung davongetragen, weil er einem Polizisten das Bein zurückgehalten habe. Die Politiker, die die Polizei in Nigeria geschickt hätten, würden auch ihn in Nigeria verfolgen. Seine Schwester sei im Jänner 2023 von seinen Verfolgern in Nigeria getötet worden. Darüber hinaus sei er eine Vertrauensperson beim Innenministerium LKA XXXX gewesen und hätte er mit der Polizei seit dem Jahr 2009 zusammengearbeitet (Protokoll vom 26.07.2023, AS 83 und AS 90). Im Gefängnis wäre ihm deshalb vorgeworfen worden, dass er ein Polizeiinformant wäre und den Bruder von einem Insassen verraten hätte. Dieser habe 15/20 Jahre Gefängnis bekommen. Ein Insasse hätte dann vor seinem Fenster geschrien, er sei ein Polizeiinformant und sei es besser hier [im Gefängnis], als in Nigeria zu sterben. In Nigeria würden sie ihn finden und kriegen. Aggressoren würden sich somit sowohl in Nigeria als auch in der österreichischen Justizhaft finden.

Bereits eine Grobprüfung seines Vorbringens lässt erhebliche Widersprüche bzw. die gänzliche Abänderung seines Vorbringens der im Erstverfahren im Jahr 2004 bzw. 2006 vorgebrachten Ausreisegründen erkennen. Zwar nimmt der Beschwerdeführer in Hinblick auf seine Ausreise stets auf etwaige Vorkommnisse in Zusammenhang mit seinem Vater Bezug. Diese lagen jedoch im Erstverfahren in dessen Tätigkeiten als Juju-Oberhaupt in der Gemeinde begründet (Protokoll vom 19.07.2004, AS 27), nunmehr sollen Grundstücksstreitigkeiten mit dem Staat die Ursache gewesen sein (Protokoll vom 11.07.2023, AS 18; Protokoll vom 26.07.2023, AS 83). Eine wesentliche Steigerung stellt in diesem Zusammenhang auch dar, dass in der ursprünglichen Version des Beschwerdeführers der Vater verstorben (Protokoll vom 19.07.2004, AS 27), hingegen im Folgeverfahren von Polizisten getötet worden wäre (Protokoll vom 26.07.2023, AS 88). Seinen nunmehrigen Angaben ist damit jegliche Glaubhaftigkeit zu versagen. Vor diesem Hintergrund sind die im nunmehrigen Verfahren geltend gemachten – gänzlich anders lautenden – Ausreisegründe nicht geeignet, neue, nach rechtskräftiger Entscheidung des ersten Asylverfahrens entstandene, entscheidungsrelevante Sachverhaltselemente darzutun.

Auch den darüberhinausgehenden Steigerungen ist jeglicher glaubhafte Kern zu versagen. Dass seine Schwester im Jänner 2023 von seinen Verfolgern in Nigeria getötet worden sei, stellt sich schon in Anbetracht des rechtskräftig negativ entschiedenen Erstverfahrens, in dem die Darlegungen des Beschwerdeführers für nicht glaubhaft befunden wurden, als ebenso wenig glaubhaft dar. Zudem liegen zwischen dem vermeintlichen Vorfall, bei dem der Beschwerdeführer sieben Jahre alt gewesen sei, und dem angeblichen Tod der Schwester durch Verfolger des Beschwerdeführers 32 Jahre, was jedenfalls gegen einen etwaigen Zusammenhang spricht. Bemerkenswert ist zudem, dass der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung noch angegeben hat, dass seine Schwester verstorben wäre (Protokoll vom 11.07.2023, AS 14), ohne auf die vermeintliche Ermordung ihrer Person Bezug zu nehmen.

Die Angabe, dass der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2009 als Vertrauensperson beim Innenministerium LKA XXXX gewesen sei und mit der Polizei hätte, lässt ebenso jeglichen glaubhaften Kern vermissen, geht dieses Vorbringen doch nicht über die bloße Behauptungsebene hinaus. Eine Bestätigung vom Innenministerium zu dieser Tätigkeit, deren Existenz er im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme zu seiner Schubhaft behauptete (Protokoll vom 19.07.2023, S 8), legte er zu keinem Zeitpunkt vor. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer selbst ab dem Jahr 2009 immer wieder in Zusammenhang mit Suchtgiftdelinquenz verurteilt, wie sein Strafregisterauszug erkennen lässt. Eine Zusammenarbeit mit der Polizei als Vertrauensperson stellt sich damit bereits schon aus diesem Grunde als unglaubwürdig dar. Eine Anfrage an die Staatsanwaltschaft in Hinblick auf die in diesem Zusammenhang gegen ihn ergangenen Drohungen im Gefängnis, wie er in der niederschriftlichen Einvernahme vorgebracht hat (Protokoll vom 26.07.2023, AS 89), vermag daran ebenfalls nichts ändern, ist doch schon seinen Vorbringen in Hinblick auf die vermeintliche Position als Vertrauensperson jegliche Glaubwürdigkeit zu versagen. Dessen ungeachtet vermag selbst bei einer Wahrunterstellung damit nicht aufgezeigt werden, weshalb er bei einer Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ausgesetzt wäre. Vielmehr wäre er ja gerade in Österreich der Gefahr vieler (privater) „Feinde“ ausgesetzt, wie er selbst vorbrachte (Protokoll vom 19.07.2023, S 11).

Im vorliegenden Fall ist somit der Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie zur Auffassung gelangt ist, dass dem Vorbringen ein glaubhafter Kern zu versagen ist bzw. sich eine entscheidungsrelevante Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht ergeben hat.

Vielmehr liegt nahe, dass der Beschwerdeführer den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz nur gestellt hat, um seine – in Anbetracht der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.11.2022 durchsetzbare – Abschiebung zu vereiteln. Dies zeigt sich einerseits bereits dadurch, dass die von ihm als „gleich“ angeführten Fluchtgründe gänzlich divergierten, anderseits auch dadurch, dass er den verfahrensgegenständlichen Asylfolgeantrag erst im Stande seiner Schubhaft stellte, obgleich sich jedenfalls die Bedrohung im Gefängnis bereits im Jahr 2021 zugetragen haben sollen (Protokoll vom 26.07.2023, AS 83). Die Annahme erhärtet sich zudem durch seine Angaben in der Schubhaftverhandlung, denen zufolge er „einen neuen Start in sein Leben haben wolle“ (Protokoll zu GZ W291 2274170-2 vom 19.07.2023, S 8) bzw. er ein gutes Leben in Österreich führen und eine Arbeit annehmen wolle (Protokoll vom 26.07.2023, AS 93).

Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen war festzustellen, dass der Folgeantrag klar rechtsmissbräuchlich zur Verhinderung seiner Abschiebung gestellt wurde.

Im mündlich verkündeten Bescheid wurden die wesentlichen Auszüge des aktuellen Länderinformationsblatts der Staatendokumentation zu Nigeria zitiert und wurde dem Beschwerdeführer im Rahmen der voran gegangenen niederschriftlichen Einvernahme auch die Möglichkeit geboten, eine Stellungnahme abzugeben. Eine solche gab der Beschwerdeführer in Hinblick auf seinen Herkunftsstaat jedoch nicht ab, sondern nahm ausschließlich auf seine Hilfe für die österreichische Regierung Bezug (Protokoll vom 26.07.2023, AS 93).

Generell verkennt das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers nicht, dass es in einzelnen Bereichen des Herkunftsstaates zu Gewaltausbrüchen kommt, jedoch ist nach den Länderfeststellungen Nigeria kein klassisches Bürgerkriegsland. Ein bewaffneter innerstaatlicher oder zwischenstaatlicher Konflikt besteht demnach nicht, sodass eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle der Rückkehr aufgrund solcher Konflikte ausgeschlossen werden kann. Die allgemein herrschende Situation in Nigeria stellt generell keine Bedrohung im Sinne des Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK dar.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt aufgrund des erhobenen Sachverhaltes zum Ergebnis, dass selbiger im Falle einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auch in keine ausweglose Situation geraten und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird. Beim arbeitsfähigen Beschwerdeführer sind im Zuge des Verfahrens auch keine besonderen Vulnerabilitäten hervorgekommen, welche es zu berücksichtigen gäbe. Vielmehr hat er über die Hälfte seines Lebens in Nigeria verbracht, ist dort aufgewachsen und hat in Nigeria seine Enkulturation erfahren, weshalb von einem Vertrautsein mit den regionalen Sitten und Gebräuchen der nigerianischen Kultur auszugehen ist. Letztlich besteht kein Zweifel daran, dass sich der Beschwerdeführer in die dortige Gesellschaft problemlos wieder eingliedern wird können. Dabei wird selbst eine alleinstehende Person, die nach Nigeria zurückgeführt wird und dort in keinem privaten Verband Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet, insbesondere, da für den Beschwerdeführer die Möglichkeit besteht, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Er wird seine existenziellen Grundbedürfnisse zudem aus unselbständiger oder selbständiger Arbeit sichern können, insbesondere vor dem Hintergrund seiner schulischen Bildung und Berufserfahrung. Gegenständlich ist damit jedenfalls davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer in Nigeria wird ansiedeln können und eine (in Nigeria vor dem Hintergrund der aktuellen Länderberichte auch sichergestellte) Grundversorgung mit Trinkwasser, sanitärer Infrastruktur, Strom und Grundnahrungsmitteln zur Verfügung stehen wird.

Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der Fremde somit keine neuen Gründe, die eine Änderung des Sachverhalts begründen können, für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

 

3.1. Rechtslage

Der mit „faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen“ betitelte § 12a AsylG 2005 lautet in seinen wesentlichen Auszügen:

„§ 12a

(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

[…]“

Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 ergehen Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

Der mit „Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes“ titulierte § 22 BFA-VG lautet:

„§ 22.

(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.“

3. 2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Zunächst ist festzuhalten, dass der Fremde einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 gestellt hat und dass kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG 2005 vorliegt.

Zu den einzelnen Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 bleibt nun auszuführen wie folgt:

3.2.1. Zum Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung (Z 1):

Das Vorliegen einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, einer Ausweisung gemäß § 66 FPG oder eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG ist notwendiges Tatbestandselement des § 12a Abs. 2 AsylG 2005.

Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.11.2022, GZ XXXX , wurde gegen den Fremden eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in Verbindung mit einem (achtjährigen) Einreiseverbot gemäß § 53 FPG getroffen.

Ziffer 1 des § 12a Abs. 2 AsylG ist damit erfüllt.

3.2.2. Zum Vorliegen einer res iudicata (Z 2):

Eine weitere Voraussetzung für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes ist, dass "der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist". Es ist also eine Prognose darüber zu treffen, ob der Antrag voraussichtlich (insbesondere wegen entschiedener Sache) zurückzuweisen sein wird (§ 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005).

Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags auf Grund geänderten Sachverhalts hat - von allgemein bekannten Tatsachen abgesehen - im Beschwerdeverfahren nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/14/0213, vom 22.11.2017, Ra 2017/19/0198, mwN).

Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. etwa VwGH 27.09.2000, 98/12/0057; VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100; VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344; VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783). Wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, ist eine neue Sachentscheidung auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266; VwGH 15.10.1999, 96/21/0097; VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100; VwGH 17.9.2008, 2008/23/0684).

Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 („wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist“) führen die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) aus, dass „eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags“ zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für „klar missbräuchliche Anträge“ beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern. Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet - unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU - etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine (bevorstehende) Abschiebung verhindern oder verzögern möchte (vgl. VwGH 26.03.2020, Ra 2019/14/0079).

Ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Gegenständlich ist der Antrag vom 10.07.2023 voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist. Der Beschwerdeführer änderte – obgleich er selber betonte, seine Fluchtgründe seien „die gleichen“ – sein Vorbringen aus dem Erstverfahren in Hinblick auf die mit seinem Vater in Verbindung stehenden Gründe gänzlich ab und ist seinen Ausführungen zu seinen Fluchtgründen in seinem nunmehr zweiten Asylverfahren in Anbetracht der unter Punkt II. 2.4. genannten Erwägungen jegliche Glaubhaftigkeit zu versagen, was bereits die nach der von der Rechtsprechung geforderten Grobprüfung im Vorhinein klar aufzeigt. Unter Zugrundelegung der unter II. 1. getroffenen Feststellungen ist damit keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten, jedenfalls wurden keine neuen Tatsachen vorgebracht, die zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.02.2009, 2008/01/0344, mwN).

Das Vorgehen des Beschwerdeführers lässt vielmehr deutlich erkennen, dass er mit dem gegenständlichen Asylantrag in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung der vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern und ist sein Antrag damit klar missbräuchlich erfolgt.

Nach den obigen Feststellungen und Beweiswürdigung ist im Ergebnis – bei der hier vorzunehmenden Grobprüfung – damit zu rechnen, der der Folgeantrag internationalen Schutz wegen res iudicata zurückzuweisen sein wird, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist.

3.2.3. Prüfung auf Verletzung von Rechten nach der EMRK (Z 3):

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutz ist weiters nur zulässig, wenn die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung für den Asylwerber keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeutet und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt (§ 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005).

Zuletzt wurde im – letztlich durch den Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof bestätigten – Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.11.2022, GZ XXXX , ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson als ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde.

Auch nunmehr im Verfahren zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 sind keine glaubhaften Umstände dargetan worden oder hervorgekommen, die gegen die Abschiebung des arbeitsfähigen und nicht an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leidenden Beschwerdeführer in seinen Heimatstaat Nigeria im Sinne dieser Bestimmungen sprechen. Eine akut lebensbedrohliche Krankheit, sodass jenes sehr außergewöhnliche Ausmaß an Leidenszuständen, wie es in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für das Vorliegen eines Abschiebehindernisses nach Art. 3 EMRK im Zusammenhang mit gesundheitlichen Problemen gefordert wird, ist im vorliegenden Fall nicht hervorgekommen. Bluthochdruck als Risikofaktor für Nieren-, Gefäß- und Herzerkrankungen stellt per se keine lebensbedrohliche Erkrankung dar und ist zudem in Nigeria behandelbar, wobei entsprechende Medikamente in Apotheken zur Verfügung stehen, welche sich der Beschwerdeführer bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auch leisten wird können (vgl. Ausführungen unter Punkt II. 2.3.).

In Hinblick auf Art. 8 EMRK ist für den Beschwerdeführer ebenfalls nichts gewonnen:

Bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.11.2022 erfolgte eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, das aufgrund der massiven Straffälligkeit des Beschwerdeführers hintanzustehen hat. Zwar ist der Beschwerdeführer Vater von drei Kindern, dem öffentlichen Interesse an seiner Aufenthaltsbeendigung ist jedoch aufgrund seiner gravierenden Straffälligkeit ein sehr starkes Gewicht beizumessen. Es liegen spezifische Umstände vor, die im konkreten Fall die Trennung von seinen Kindern rechtfertigen.

Insbesondere der von ihm in der Zeit von 01.03.2008 bis 11.03.2009 begangene Suchtgifthandel stellt unter Berücksichtigung der hohen Menge an überlassenem Suchtgift von über 500 Gramm und dem langen Tatzeitraum ein besonders schweres Verbrechen dar. Auch seine zuletzt gesetzten Handlungen weisen einen besonders hohen Schweregrad auf. Gegenüber Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes leistete er Gegenwehr in Form von Kopfstöße, Schläge mit den Händen und Fußtritten, um eine Festnahme zu verhindern, und am 03.10.2019 fuhr er mit seinem KFZ auf einen Beamten los, der nur durch einen Sprung auf die Seite eine Kollision vermeiden konnte. Im Urteil des Landesgerichts XXXX vom 13.02.2020 wurde zuletzt festgehalten, dass nur mehr eine längere unbedingte Freiheitsstrafe als erfolgversprechende Sanktion erscheine, weil Strafnachsichten, Probezeiten und selbst bedingte Entlassungen aus verbüßten Haften den Beschwerdeführer nicht von der nunmehr mit zunehmender Deliktschwere und krimineller Energie verbundenen neuerlichen Begehung gleich gelagerter Straftaten abhielten. Es bedürfe einer exemplarischen Sanktion. Das sich ebenfalls in dieser Strafbemessung niederschlagende und der Verhängung der unbedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 24 Monaten aus general- und spezialpräventiven Gründen manifestierte gravierende Fehlverhalten des Beschwerdeführers rechtfertigt die Annahme, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet schwerwiegend gefährdet wäre. Ein weiterer Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet stünde mit den essentiellen öffentlichen Interessen an seiner Aufenthaltsbeendigung im Widerspruch.

Hinzu kommt, dass die Beziehung des Beschwerdeführers zu seinen Kindern nicht intensiv ist. Zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Kindern besteht nur ein sehr eingeschränkter Kontakt und kein ausgeprägtes sowie tiefergehendes Naheverhältnis, was nicht zuletzt auch im seit September 2021 währenden Aufenthalt in einer Strafanstalt, der nahtlos in eine Schubhaft überging, begründet liegt bzw. die bereits zuvor vorhandene Zerrüttung noch weiter verschärfte. Eine besondere wirtschaftliche Abhängigkeit der Kinder zu ihm wurde ebenfalls nicht aufgezeigt und leben die Kinder generell dauerhaft bei ihren Müttern.

Trotz mehrmaliger Einleitungen eines Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. auch die Geburt des jüngsten Kindes ließ ihn nicht davon abhalten, eine Vielzahl bzw. weitere Straftaten zu begehen. Er nahm bewusst in Kauf, im Falle von Verurteilungen keinen oder einen nur sehr eingeschränkten Kontakt zu seinen Kindern zu haben.

Generell bleibt festzuhalten, dass die für die Integration eines Fremden wesentliche soziale Komponente durch vom Fremden begangene Straftaten erheblich beeinträchtigt wird (vgl. etwa VwGH 30.01.2007, 2004/21/0045 mwH). Insbesondere strafrechtliche Verurteilungen stellen Umstände dar, die die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland und eine erfolgte Integration relativieren können, wie in dem Zusammenhang auch länger zurückliegende Straftaten berücksichtigt werden können (vgl. VwGH 16.07.2020, Ra 2020/21/0113). Der Beschwerdeführer beging neben den besonders verpönten Suchtgiftdelikten auch Delikte gegen Leib und Leben und Vermögensdelikte, an deren Verhinderung ebenfalls ein gewichtiges öffentliches Interesse besteht.

Die Umstände des konkreten Falls, vor allem die vom Beschwerdeführer ausgehende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und die nicht ausgeprägte Beziehungsintensität zu seinen Kindern, rechtfertigen daher die gegenüber ihm erlassene aufenthaltsbeendende Maßnahme und die Trennung von seinen Kindern. Auch unter Beachtung des Kindeswohles liegen keine außergewöhnlichen Umstände vor, die eine Verletzung des Art. 8 EMRK erkennen lassen.

Im Ergebnis ist damit nicht anzunehmen, dass eine Rückkehrentscheidung für ihn eine Verletzung seiner in Art. 8 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde.

Entsprechend den obigen Ausführungen stellt aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 und 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK dar. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig ist. Da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu treffen.

Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG war ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Abschließend bleibt grundsätzlich festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch die Behörde ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist, wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichen Gehören zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt; es wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 11.07.2023 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie am 26.07.2023 durch die Behörde einvernommen, und es wurden ihm die Länderfeststellungen zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen.

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