BVwG L511 2001759-2

BVwGL511 2001759-216.12.2019

AlVG §10
AlVG §38
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:L511.2001759.2.00

 

Spruch:

L511 2001759-2/12E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Sandra Tatjana JICHA als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichterinnen Mag.a Martina LEITNER und Mag.a Iris WOLTRAN als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 13.05.2019, Zahl: XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 26.07.2019, Zahl: XXXX , nach mündlicher Verhandlung am 06.11.2019 zu Recht erkannt:

 

A)

 

Der Beschwerde wird stattgegeben und der Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX , vom 26.07.2019, Zahl: XXXX , gemäß § 28 Abs. 2 und Abs. 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ersatzlos behoben.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang und Verfahrensinhalt

 

1. Verfahren vor dem Arbeitsmarktservice [AMS]

 

1.1. Der Beschwerdeführer bezieht verfahrensgegenständlich seit März 2016 mit Unterbrechungen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung (Aktenzahl der elektronisch übermittelten Aktenteile [im Folgenden: AZ] 2, 3).

 

1.2. Mit Bescheid des AMS vom 13.05.2019, Zahl: XXXX , wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für den Zeitraum von 26.04.2019 bis 06.06.2019 verloren habe. Der Zeitraum verlängere sich um die in ihm liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde. Nachsicht wurde nicht erteilt (AZ 8).

 

Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die Arbeitsaufnahme bei der Firma XXXX [P] vereitelt.

 

1.3. Mit Schreiben vom 07.06.2019 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den oben bezeichneten Bescheid (AZ 11).

 

Begründend führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, ihm sei die Akteneinsicht verweigert worden, der Bescheid sei mangelhaft begründet und nicht er, sondern die Mitarbeiterin der Firma P habe die Arbeitsaufnahme vereitelt.

 

1.4. Im Zuge des vom AMS weitergeführten Ermittlungsverfahrens (AZ 14-17, 28) gab die Miterarbeiterin der Firma P als Zeugin [im Folgenden: Zeugin] einvernommen an, der Beschwerdeführer sei aggressiv und unfreundlich gewesen, habe immer gesagt "Warum fragen Sie mich das alles? Ich habe Ihnen alles geschickt." Sie habe das Gespräch abgebrochen, weil sie bei einem derartigen Verhalten keinen Vorstellungstermin bei einem Beschäftigerbetrieb vereinbaren könne (AZ 28). Der Beschwerdeführer gab dazu eine Stellungnahme ab (AZ 27, 32).

 

1.5. Mit Bescheid vom 26.07.2019, Zahl: XXXX , zugestellt am 15.02.2019, wies das AMS im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG die Beschwerde vom 07.06.2019 ab (AZ 33).

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Verhalten des Beschwerdeführers im Rahmen des Telefonats sei dafür verantwortlich gewesen, dass eine weitere Berücksichtigung des Beschwerdeführers als möglicher Arbeitnehmer der Firma P ausgeschlossen worden sei. Die Stelle als Maschinenschlosser sei dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen, er habe aber die Arbeitsaufnahme mit bedingten Vorsatz vereitelt.

 

1.6. Mit Schreiben vom 08.08.2019, eingebracht beim AMS am 01.03.2019, beantragte der Beschwerdeführer fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (AZ 3).

 

2. Die belangte Behörde legte am 16.08.2019 dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] die Beschwerde samt Auszügen aus dem Verwaltungsakt in elektronischer Form vor (OZ 1 [=AZ 1-36]).

 

2.1. Das BVwG führte am 05.11.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der alle Verfahrensparteien teilnahmen, die Zeugin erschien entschuldigt nicht. Sämtliche Parteien verzichteten auf eine neuerliche zeugenschaftliche Einvernahme der Zeugin (OZ 8).

 

II. Zu A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. entscheidungswesentliche Feststellungen

 

1.1. Der Beschwerdeführer ist gelernter Maschinenschlosser und bezog im verfahrensgegenständlichen Zeitraum seit März 2016 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung (AZ 2, 3).

 

1.2. Am 23.04.2019 wurde ihm vom AMS eine Stelle als Maschinenschlosser bei der Firma P, einer Leasingfirma, zu EUR 12,73 pro Stunde vermittelt (AZ 4), wofür sich der Beschwerdeführer auch am selben Tag noch per E-Mail bewarb (VHS/A). Am 24.04.2019 versuchte die Zeugin den Beschwerdeführer telefonisch zu erreichen. Dieser rief am 25.04.2019 zurück. Die Mitarbeiterin beabsichtigte während dieses Telefonats mit dem Beschwerdeführer ein Bewerberprofil zu erstellen, da dieser aufgrund seiner Ausbildung für mehrere Stellen in Frage gekommen wäre, nicht nur für die vom AMS vermittelte Stelle. Zu Beginn des Telefonates druckte die Mitarbeiterin den Lebenslauf des Beschwerdeführers aus und erkundigte sich bezüglich einer abgeschlossenen Ausbildung des Beschwerdeführers, welcher hierauf ihr gegenüber angab "Ich habe Ihnen das Zeugnis geschickt. Ich habe bestanden." In der Folge ging die Mitarbeiterin alle früheren Arbeitgeber durch und begann zu jeder einzelnen Stelle nachzufragen, was die genaue Tätigkeit gewesen sei. Der Beschwerdeführer verwies bei der Beantwortung der Fragen dabei mehrmals auf seinen Lebenslauf und seine mitübermittelten Unterlagen. Das Telefonat wurde in der Folge von der Zeugin vorzeitig beendet (AZ 28, OZ 8).

 

1.3. Die Zeugin gab an, das Gespräch abgebrochen zu haben, weil Sie das Gespräch als unangenehm empfunden hatte. Der Beschwerdeführer sei nicht kooperativ, sondern "ruppig, ungehalten, unfreundlich, kurz angebunden und sehr schnippisch" gewesen (AZ 6). Sie habe in diesem Telefonat kein Profil des Beschwerdeführers erstellen können, weil dieser auf ihre Fragen nur ungenügende, unwillige Antworten gegeben habe. Aus ihrer Sicht sei es nicht denkbar gewesen, ihn einem Kunden vorzuschlagen (AZ 28).

 

1.4. Der Beschwerdeführer gab an, er sei darüber irritiert gewesen, dass die Zeugin sich seinen Lebenslauf erst ausdrucken musste und sich auch seine Unterlagen nicht durchgesehen hatte, bevor sie ihn anrief. Er habe seinen Namen 4x nennen müssen. Die Zeugin habe auch nicht gewusst für welche Stelle er sich beworben habe, und seiner Wahrnehmung nach habe sich ihr Verhalten ihm gegenüber verändert, nachdem er mitgeteilt habe, dass er sich auf ein Stellenangebot des AMS beworben habe. Sie sei ihm immer wieder ins Wort gefallen und sei laut und aggressiv gewesen. Er sei korrekt und höflich gewesen und habe die Fragen alle beantwortet (AZ 7; OZ 8).

 

1.5. Der Beschwerdeführer sandte nach seiner niederschriftlichen Einvernahme beim AMS ein E-Mail an die Firma P, mit folgendem Inhalt: "Guten Tag, das AMS XXXX behauptet, dass eine Mitarbeiterin Infos über mich verbreitet hat. Sollte das der Realität entsprechen, wird ihr mein Anwalt eine Verleumdungsklage zukommen lassen und sie wird sich vor dem Richter verantworten müssen! [...]". Das AMS übermittelte dem Beschwerdeführer in der Folge die Aussage der Zeugin nur in anonymisierter Form, woraufhin der Beschwerdeführer das AMS aufforderte, ein aussagepsychologisches Gutachten der Zeugin erstellen zu lassen und ihm darüber hinaus den Namen der Zeugin zu nennen, oder eine ausreichende Begründung, weshalb er diese Unterlagen nicht bekomme (AZ 27, 32, 35).

 

1.6. Im Verfahren richtete der Beschwerdeführer auch zwei Sachverhaltsdarstellungen an das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung [BKK]. In der ersten verwies er darauf, dass er im Rahmen einer Akteinsicht keine Beweise [gegen ihn] gefunden habe, es handle sich daher um Verleumdung und Amtsmissbrauch (AZ 21). In der zweiten kritisierte er erneut die fehlenden Beweise, da keine Niederschrift mit der Zeugin existiere, und verwies darauf, dass er das Recht habe den Namen einer Zeugin zu erfahren, was ihm jedoch verweigert werde (AZ 25).

 

1.7. Im Zuge der Verhandlung beantwortete der Beschwerdeführer die ihm gestellten Fragen oft sehr kurz und knapp und zog sich auf ihm zustehenden Rechte zurück. Gegenüber vermeintlichen Vorwürfen oder empfundenen Ungerechtigkeiten nahm der Beschwerdeführer schnell eine abwehrende Position ein: "Weil es mein Recht ist."; "Der Name steht mir zu, ich habe das Recht den Namen zu erfahren. Ich habe das Recht alle Beweise zu sehen."; "Ich bin nicht verpflichtet eine Niederschrift zu unterschreiben."; "Die Vorwürfe weise ich zurück.".

 

Ergänzend schilderte der Beschwerdeführer aber auch die ihn derzeit treffende Problematik, einer dritten Sperre sehr emotionsreduziert:

 

"VR: [...] Sie bekommen seit 16.09.2019 weder einen Leistungsbezug noch sind Sie in einem Dienstverhältnis. Ist das richtig?

 

BF: Ja ich bin auch nicht sozialversichert.

 

VR: Warum?

 

BF: Weil mich das AMS abgemeldet hat, ich habe drei Sperren bekommen."

 

2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

 

2.1. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Auszüge aus dem Verwaltungsverfahrensakt, aus denen sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang ergibt (OZ 1 [=AZ 1-36]). Zur Entscheidungsfindung wurden vom BVwG insbesondere folgende Unterlagen herangezogen:

 

* Stellenangebot (AZ 4)

 

* Bescheid und Beschwerdevorentscheidung des AMS (AZ 8, 33)

 

* Beschwerde und Vorlageantrag des Beschwerdeführers (AZ 11, 36)

 

* Bezugs- und Versicherungsverlauf (AZ 2, 3)

 

* Zeugeneinvernahme vom 02.07.2019 (AZ 28)

 

* Schriftsätze des Beschwerdeführers (AZ 21, 25, 27)

 

* Verhandlungsschrift (OZ 8)

 

* Abfrage beim HVB (OZ 9)

 

2.2. Beweiswürdigung

 

2.2.1. Der verfahrensgegenständlich festgestellte Zeitraum des Arbeitslosengeldbezuges (Punkt 1.1.) und die Feststellungen zum übermittelten Stellenangebot (Punkt 1.2) ergeben sich aus den vorliegenden Auszügen aus dem Verwaltungsverfahrensakt und sind im Verfahren usntrittig.

 

2.2.2. Die Feststellungen zum Verlauf des Telefonates (Punkt 1.2) ergeben sich schlüssig aus den Aussagen der Mitarbeiterin der Firma P (AZ 28) und des Beschwerdeführers in der Verhandlung (OZ 8). Der Verlauf und Inhalt des Telefonats vom 25.04.2019 wurde in den wesentlichen Teilen vom Beschwerdeführer und der Mitarbeiterin gleichlautend geschildert, es gibt jedoch divergierende Wahrnehmungen im Hinblick auf das Verhalten und die Tonalität des jeweiligen anderen Gesprächspartners. Die Feststellungen zu den Wahrnehmungen (Punkt 1.3 und 1.5) der Zeugin und des Beschwerdeführers im Telefonat ergeben sich jeweils aus den diesbezüglichen Aussagen (AZ 6, 28; AZ 7, OZ 8) der Beteiligten.

 

2.2.3. Die Feststellungen zu den Aktivitäten des Beschwerdeführers im Verfahren (Punkt 1.5 und 1.6) ergeben sich unmittelbar aus den im Akt einliegenden entsprechenden Schriftstücken (AZ 21, 25, 27, 32, 35) und sind unstrittig im Verfahren.

 

2.2.4. Die Feststellungen zum Verhalten in der Verhandlung ergeben sich aus der Wahrnehmung der Senatsmitglieder (OZ 8).

 

3. Rechtliche Beurteilung

 

3.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 56 Abs. 2 AlVG (vgl. VwGH vom 07.09.2017, Ra2017/08/0081). Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die das AMS im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).

 

3.1.2. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die an die Stelle des Ausgangsbescheides getretene Beschwerdevorentscheidung, wobei der Ausgangsbescheid Maßstab dafür bleibt, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht, da sich diese gegen den Ausgangsbescheid richtet und ihre Begründung auf diesen beziehen muss (VwGH 20.05.2015, Ra2015/09/0025; 17.12.2015, Ro2015/08/0026). Mit der Beschwerdevorentscheidung wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Leistungsbezug von 26.04.2019 bis 06.06.2019 verloren habe, da die Abweisung der Beschwerde im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung als Erlassung eines mit dem Erstbescheid spruchmäßig übereinstimmenden Bescheides anzusehen ist (vgl. VwGH 18.03.2014, 2013/22/0332 mit Verweis auf 19.03.2013, 2012/21/0082 und 08.10.1996, 96/04/0046).

 

3.1.3. Die Beschwerde und der Vorlageantrag sind rechtzeitig und auch sonst zulässig.

 

3.2. Stattgabe der Beschwerde

 

3.2.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z1 AlVG verliert eine arbeitslose Person für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn sie sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt.

 

3.2.1.1. Eine Beschäftigung ist zumutbar (§ 9 Abs. 2 AlVG), wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung.

 

3.2.1.2. Unter "Vereitelung" im Sinn des § 10 Abs. 1 AlVG ist ein auf das zugewiesene Beschäftigungsverhältnis bezogenes Verhalten des Vermittelten zu verstehen, das (bei Zumutbarkeit der Beschäftigung) das Nichtzustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses herbeiführt. Es ist dabei nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre; vielmehr ist Kausalität bereits dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (VwGH 18.06.2014, 2012/08/0187; 15.10.2014, 2013/08/00248; 08.09.2014, 2013/08/0005 jeweils mwN). Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes hingegen nicht hin (VwGH 19.10.2011, 2008/08/0251 mwN).

 

3.2.2. Gegenständlich ist der Beschwerdeführer der Zumutbarkeit des vermittelten Stellenangebotes nicht entgegengetreten und ergeben sich auch aus Sicht des erkennenden Senates auch keine Hinweise auf eine allfällige Unzumutbarkeit.

 

3.2.3. Das AMS legte seiner rechtlichen Beurteilung die Schilderung der Zeugin im Hinblick auf das Verhalten des Beschwerdeführers während des per Telefonat geführten Bewerbungsgespräches zu Grunde, wonach sich dieser aus Sicht der Zeugin am Telefon aggressiv verhalten habe und sah im Verhalten des Beschwerdeführers eine Vereitelungshandlung gelegen.

 

3.2.4. Das Verhalten des Beschwerdeführers beim Telefonat war zweifellos kausal für das Nichtzustandekommen des Dienstverhältnisses, da es die Zeugin veranlasste das Telefonat zu beenden, und den Beschwerdeführer nicht für die Stelle vorzuschlagen. Kernfrage des gegenständlichen Verfahrens bildet somit die Frage, ob der Beschwerdeführer das Nichtzustandekomen des Dienstverhältnisses vorsätzlich, zumindest mit bedingtem Vorsatz, herbeigeführt hatte.

 

3.2.4.1. Bedingter Vorsatz (dolus eventualis) ist dann gegeben, wenn der Betroffene den tatbestandsmäßigen Erfolg zwar nicht bezweckt, den Eintritt auch nicht als gewiss voraussieht, den Erfolg aber für möglich hält und sich mit ihm abfindet (VwGH 25.03.2010, 2007/09/0268 mwN). Erforderlich ist dafür nicht, dass die Tatbestandsverwirklichung mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit erwartet wird, und auch nicht ausreichend, dass sie sie bloß für möglich gehalten wird, entscheidend ist vielmehr die Ernstlichkeit des Für-möglich-Haltens. Ernstnehmen in diesem Sinne kann der Betroffene bloß Umstände, mit denen er sich bewusst auseinander gesetzt hat. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung (13Os65/81, 10 Os 257/64) geht davon aus, dass es für die Annahme des bedingten Vorsatzes nicht ausreicht, wenn man bloß feststellen kann, dass der Täter um die Tatbestandsverwirklichung hätte wissen müssen oder können oder mit ihr hätte rechnen können (vgl. dazu Reindl-Krauskopf in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 5 Rz36).

 

3.2.4.2. Aus Sicht des entscheidenden Senates ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mit dem Abbruch des Telefonates gerechnet hatte. So löste das Ausdrucken des Lebenslaufes ohne seine beigelegten Unterlagen erst während des Telefonates sowie das Nichtwissen der Zeugin um welche Stelle er sich beworben hatte, beim Beschwerdeführer Irritation aus und er machte im Zug der von der Zeugin gestellten Fragen mehrfach darauf aufmerksam, dass er alle diesbezüglichen Unterlagen der Bewerbung beigelegt habe. Dass die Zeugin dies als "ruppig, kurz angebunden, ..." wahrnahm, ist aus Sicht des entscheidenden Senates nachvollziehbar, da die Antworten des Beschwerdeführers auch in der Verhandlung sehr knapp ausfielen und er sich immer wieder auf seine ihm zustehenden Rechte zurückzog. Im Zusammenhang mit der Mimik und Gestik hinterließ der Beschwerdeführer jedoch eher das Bild einer (mittlerweile) sehr misstrauischen Person, die gegenüber vermeintlichen Vorwürfen oder empfundenen Ungerechtigkeiten schnell eine abwehrende Position einnimmt, was sich etwa auch in den Sachverhaltsdarstellungen an das BKK, oder der E-Mail an die Firma widerspiegelt. Der Zeugin war dieser Gesamteindruck verwehrt, da es sich um ein Telefonat handelte, so dass sie das Verhalten als ruppig und schnippisch empfunden hatte.

 

3.2.4.3. Der entscheidende Senat geht davon aus, dass der Beschwerdeführer sich seines Gesprächsstils nicht bewusst ist und er es daher nicht für möglich gehalten hatte, dass der mehrfache Hinweis auf seine Unterlagen und seinen Lebenslauf sowie sein Tonfall dazu führen könnte, dass das Telefonat abgebrochen wird.

 

3.2.5. Zusammenfassend war das Verhalten des Beschwerdeführers zweifellos, zumal dieses Verhalten die Zeugin dazu veranlasste das Telefonat zu beenden, kausal für die Nichteinstellung. Dass er die Nichteinstellung aber zumindest mit dolus eventualis in Kauf genommen hätte, kann ihm nicht angelastet werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden ist.

 

III. ad B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

 

Im gegenständlichen Verfahren lag der Schwerpunkt auf der Beurteilung des Vorliegens eines dolus eventualis. Die sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergebende rechtliche Subsumtion bedurfte angesichts der einheitlichen im Zuge der rechtlichen Ausführungen ausführlich wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 9 und § 10 AlVG, keiner Lösung einer erheblichen Rechtsfrage. Zum Erfordernis des Vorliegens von dolus eventualis bei der Verwirklichung einer Vereitelungshandlung, etwa VwGH 25.03.2010, 2007/09/0268 mwN; VwGH 27.05.2014, 2011/11/0025; VwGH 19.10.2011, 2008/08/0251 mwN. Es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

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