Normen
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 6. September 2012, mit dem der Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 28. August bis 22. Oktober 2012 ausgesprochen wurde, abgewiesen.
Die belangte Behörde ging nach Darstellung des Verfahrensganges von folgendem Sachverhalt aus:
Zuletzt habe der Beschwerdeführer am 27. April 2012 einen Antrag auf Zuerkennung der Notstandshilfe gestellt. Im Zeitraum vom 8. Mai bis 2. Juli 2012 sei über den Beschwerdeführer eine Ausschlussfrist gemäß § 38 iVm § 10 AIVG verhängt worden. Seit 3. Juli 2012 befinde er sich in Notstandshilfefortbezug.
Am 21. August 2012 sei dem Beschwerdeführer von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Lienz eine Beschäftigung als Möbelverkäufer bei der A GmbH zugewiesen worden. Angeboten worden sei dabei eine Stelle als Möbelverkäufer für den Außendienst mit einer Fixentlohnung von EUR 2.300,-- + EUR 400,-- Spesenersatz + Provision. Das Anforderungsprofil sei wie folgt beschrieben worden:
"Lehrabschluss Tischler/in, Meisterprüfung erwünscht, Planungskenntnisse, Grundkenntnisse Raumplanung, Außendiensterfahrung, Führerschein B. Aufgabengebiet:
Fachverkäufer für Möbel und Möbelteile,
Arbeitsort/Erreichbarkeit: Tirol, Vorarlberg, Südtirol, teilweise Salzburg, Bewerber/in idealerweise aus Tirol, Firmenauto wird zur Verfügung gestellt".
Der Beschwerdeführer habe sich in der Folge telefonisch bei der Firma A GmbH beworben, zu einer Einstellung sei es jedoch nicht gekommen. Am 28. August 2012 habe die Firma A GmbH der Abteilung Service für Unternehmen eine Rückmeldung zur Bewerbung des Beschwerdeführers abgegeben. Im Zuge eines längeren Telefonates mit dem Beschwerdeführer habe dieser darauf hingewiesen, dass er seit ca. acht Jahren arbeitslos sei. Im Originalton habe er gesagt, dass es nicht gehe, dass er für "den Kollektiv" bei Kollegen arbeite. Auch sei man in seinem Alter nicht mehr so leistungsfähig. Seitens der Firma A GmbH sei darauf hingewiesen worden, dass ein Kunde mit diesen Einstellungen nicht vermittelbar sei.
In der Folge sei am 3. September 2012 bei der regionalen Geschäftsstelle eine Niederschrift mit dem Beschwerdeführer wegen Nichtzustandekommens der zugewiesenen Beschäftigung aufgenommen worden. Dabei habe er angegeben, dass es aus seiner Sicht gegen die ihm zugewiesene Beschäftigung keine Einwendungen gebe. Er habe noch am selben Tag, nachdem er den Stellenvorschlag per E-Mail erhalten habe, per E-Mail rückgemeldet. Daraufhin habe er ein Bewerbungsschreiben mit Lebenslauf an die bekanntgegebene E-Mail-Adresse geschickt. Kurz daraufhin habe ihn ein Mitarbeiter der A GmbH, Herr M., telefonisch kontaktiert. In diesem Vorgespräch sei ihm mitgeteilt worden, dass eine Entscheidung erst nach dem Anhören einiger Bewerber getroffen werde. Einige Tage später habe ihn Herr M. neuerlich telefonisch kontaktiert und mit ihm ein Gespräch hinsichtlich seiner Bewerbungsunterlagen geführt. Dabei sei auch über die Ausbildungen des Beschwerdeführers, seine Tätigkeit als Sachverständigengutachter und frühere Dienstverhältnisse gesprochen worden. Das Gespräch sei aus Sicht des Beschwerdeführers neutral verlaufen und habe damit geendet, dass Herr M. ihm gesagt habe, dass seine Bewerbung im Gespräch bleiben werde.
Nach Vorhalt der Rückmeldung der Firma A GmbH habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er sich diese Rückmeldung des Betriebes nicht vorstellen könne und es sich wohl um ein Missverständnis handeln müsse. Diese Anstellung wäre von ihm sehr erwünscht gewesen, da sie auf ihn maßgeschneidert erscheine. Die Rückmeldung des Dienstgebers könne er sich nicht erklären.
Die Berufungsbehörde habe in der Folge am 1. Oktober 2012 telefonisch Kontakt mit Herrn M. aufgenommen. Dabei sei von diesem erklärt worden, dass er zwei- bis drei Mal mit dem Beschwerdeführer ein längeres Telefonat geführt habe. Im Rahmen dieser Telefonate seien die Qualifikationen des Beschwerdeführers besprochen worden. Herr M. habe den Gesamteindruck gewonnen, dass der Beschwerdeführer die von ihm selbst im Bewerbungsschreiben angeführten Qualifikationen (Tischlermeister und gerichtlicher Sachverständiger) abgeschwächt und in Frage gestellt habe. Der Beschwerdeführer habe bei Herrn M. keine Arbeitsfreude und Dynamik erkennen lassen, da dieser wiederholt auf seine langjährige Arbeitslosigkeit hingewiesen und gemeint habe, dass man im Alter auch nicht mehr so leistungsfähig sei. Für Herrn M. sei das Alter aber an sich kein Ablehnungsgrund gewesen, da er selbst 58 Jahre alt sei. Herr M. habe gegenüber der Berufungsbehörde betont, dass die Ablehnung der Bewerbung des Beschwerdeführers jedenfalls auf Grund bestimmter Äußerungen des Beschwerdeführers und des Gesamteindrucks erfolgt sei.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach Zitierung der für sie maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen aus, dass die an den Beschwerdeführer zugewiesene Beschäftigung als zumutbar im Sinn des § 9 AIVG beurteilt werde. Dadurch, dass der Beschwerdeführer gegenüber seinem potentiellen Dienstgeber die von ihm im Bewerbungsschreiben selbst angeführten Qualifikationen beim persönlichen Gespräch in der Folge wieder abgeschwächt bzw. auf seine altersbedingte geringere Leistungsfähigkeit hingewiesen habe, habe er Aussagen getätigt, die einen potentiellen Dienstgeber nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht zu einer Einstellung des Bewerbers motivieren. Somit habe der Beschwerdeführer durch seine Aussagen bei den Telefonaten mit Herrn M. die Arbeitsaufnahme vereitelt, weshalb der Ausspruch des Verlustes der Notstandshilfe für den angegebenen Zeitraum zu Recht erfolgt sei. Da im Zeitraum eines Jahres vor Beginn dieser Ausschlussfrist bereits eine weitere Ausschlussfrist über den Beschwerdeführer verhängt worden sei, verlängere sich die nunmehrige Ausschlussfrist auf die Dauer von acht Wochen. Nachsichtsgründe im Sinn des § 10 Abs. 3 AIVG lägen nicht vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
1. Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (unter anderem) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen.
Nach § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG verliert ein Arbeitsloser, der sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs (unter näher umschriebenen Voraussetzungen: acht) Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Gemäß § 38 AlVG sind diese Regelungen auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.
Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, dh bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. zB das hg Erkenntnis vom 19. September 2007, 2006/08/0157, mwN).
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht. Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Es ist dabei nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Jänner 2012, 2008/08/0243).
Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl das hg Erkenntnis vom 25. Oktober 2006, 2005/08/0049, uva).
2. Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Beschwerdeführer das Zustandekommen einer ihm zugewiesenen, zumutbaren Beschäftigung bei der A GmbH durch seine Aussagen bei den Telefonaten (im Rahmen von Vorstellungsgesprächen) mit einem Mitarbeiter der A GmbH vereitelt hat.
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerde die inkriminierten Aussagen, nämlich die Hinweise auf seine acht Jahre lange Arbeitslosigkeit, auf sein Alter und die damit verbundene geringere Leistungsfähigkeit sowie auf die Unzulänglichkeit der Kollektiventlohnung ausdrücklich zugesteht, die Abschwächung seiner Qualifikationen beim persönlichen Gespräch bestreitet er in der Beschwerde nicht.
Der Beschwerdeführer will vielmehr darauf hinaus, dass seine Äußerungen keine Vereitelung wären.
Den Feststellungen folgend gab es zwischen dem Beschwerdeführer und dem Mitarbeiter der A GmbH mehrere Telefongespräche, worin der Beschwerdeführer einerseits auf seine lange Arbeitslosigkeit, sein Alter, den Umstand, nicht mehr so leistungsfähig zu sein und nicht in dem Maße über die noch in seinem Bewerbungsschreiben angeführten Qualifikationen zu verfügen tätigte. Demzufolge lehnte die A GmbH die Bewerbung des Beschwerdeführers auf Grund dieser Äußerungen und des dadurch entstandenen Gesamteindrucks im Hinblick auf eine mangelnde Motivation des Arbeitssuchenden ab.
Wenn die belangte Behörde daher bei Würdigung dieses Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers von einer Vereitelung im Sinn des § 10 Abs. 1 AIVG ausgegangen ist, ist dem nicht entgegenzutreten. Die belangte Behörde durfte nämlich auf Grund der Aussagen des potentiellen Dienstgebers davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer bei den Telefongesprächen zum Ausdruck gebracht hatte, an den ihm angebotenen Beschäftigungsverhältnis nicht interessiert zu sein. Der Beschwerdeführer hat nämlich dadurch, dass er seine Arbeitslosigkeit, sein Alter, die daraus resultierende geringere Leistungsfähigkeit und abgeschwächte Qualifikationen in den Vordergrund seines Vorstellungsgesprächs gerückt hat, gegenüber dem potentiellen Arbeitgeber seine Eignung, die zugewiesene Beschäftigung auszuüben, in Zweifel gezogen.
Dem Beschwerdeführer musste aber auch bewusst gewesen sein, dass seine Äußerungen beim Vorstellungsgespräch nach allgemeiner Erfahrung geeignet waren, den potentiellen Dienstgeber von der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit ihm abzubringen. Es ist damit auch bedingter Vorsatz im Sinn der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gegeben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. April 2002, 2002/08/0051).
Der Beschwerdeführer moniert, die belangte Behörde hätte seine Aussagen genauer hinterfragen müssen. Zu diesem Vorbringen ist zunächst anzumerken, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren keine Beweisanträge gestellt hat. Er hat auch sonst kein Vorbringen erstattet, das die belangte Behörde zu weiteren Ermittlungen veranlassen hätte müssen. In seiner Beschwerde legt er zudem nicht dar, welches - zu einem anderen Ergebnis führende - Vorbringen er bei einer persönlichen Einvernahme erstattet hätte. Die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels wird damit nicht aufgezeigt.
Zuletzt moniert der Beschwerdeführer, aus dem Akteninhalt und dem Ermittlungsverfahren ergebe sich nicht, warum keine Gründe für eine Nachsicht bestanden hätten. Berücksichtigungswürdigend im Sinn des § 10 Abs. 3 AIVG sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Gründe, die dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug der Leistung den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter trifft, als dies sonst allgemein der Fall ist, weder der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt noch der vorgelegte Verwaltungsakt (insbesondere auch die Berufung des Beschwerdeführers) bieten Anhaltspunkte für das Vorliegen von Nachsichtsgründen im Sinn des § 10 Abs. 3 AIVG. Sonstige Nachsichtsgründe werden auch in der Beschwerde nicht behauptet.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH - Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 8. September 2014
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