Normen
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 18. Dezember 2000 nahm die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Bischofshofen mit dem Beschwerdeführer eine Niederschrift über das Nichtzustandekommen der ihm am 4. Dezember 2000 zugewiesenen Beschäftigung als Schiliftwart beim Dienstgeber B.F. mit möglichem Arbeitsantritt am 18. Dezember 2000 auf. Der Beschwerdeführer gab an, dass er hinsichtlich körperlicher Fähigkeiten, Gesundheit und Sittlichkeit folgende Einwendungen hätte: Er habe gegenüber dem Dienstgeber erklärt, dass er an Tinnitus leide. Im Zuge des Gespräches habe er erwähnt, dass es vorkommen könnte, dass er öfters den Arzt aufsuchen müsste. Er habe vor allem Schlafprobleme (Einschlafen), sodass er sehr oft morgens völlig erschöpft sei und dann vormittags schlafen müsse. Daraufhin habe der Dienstgeber von einer Einstellung Abstand genommen. Der Beschwerdeführer könne generell bei Tätigkeiten mit fixen Zeitregelungen vermehrte Krankenstände bzw. Arztbesuche nicht ausschließen.
Mit Bescheid vom 22. Dezember 2000 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Bischofshofen aus, der Beschwerdeführer habe den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für den Zeitraum vom 18. Dezember 2000 bis 28. Jänner 2001 verloren. Der angeführte Zeitraum verlängere sich um die in ihm liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen würde. Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, der Beschwerdeführer habe die zugewiesene Beschäftigung bei dem Unternehmen B.F. nicht angenommen. Gründe für die Erteilung einer Nachsicht lägen nicht vor.
In seiner Berufung gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer vor, dass er die Nichtannahme der Beschäftigung bestreite. Es sei aus seiner Sicht selbstverständlich, dass er erwähnt habe, seit Jahren an schwerem Tinnitus zu leiden, da ansonsten der Arbeitgeber ihm hätte später vorwerfen können, er hätte ihn in die Irre geführt bzw. nicht alles über sich gesagt. Es sei ihm nie mitgeteilt worden, dass er bezüglich seines Gesundheitszustandes lügen müsse, um die Notstandsunterstützung nicht zu verlieren.
Mit Schreiben vom 27. Jänner 2001 legte der Beschwerdeführer den Verlauf und die Erscheinungsformen sowie die Auswirkungen seiner Erkrankung näher dar.
Die belangte Behörde holte eine amtsärztliche Stellungnahme vom 6. März 2001 ein. Daraus ergibt sich, dass aus ärztlicher Sicht durch das Tinnitusleiden an sich keine Einwände gegen die berufliche Verwendung als Liftwart oder jegliche andere Tätigkeit bestehen. Wegen des Tinnitus sei auch eine Einschränkung der Arbeitszeit tagsüber oder nachts nicht gegeben. Der Tinnitus führe beim Beschwerdeführer eher zu einem psychischen Problem, das sich in Schlaflosigkeit und Unkonzentriertheit ausdrücke. Es wäre ein zusätzliches psychiatrisches Konsil notwendig und eine entsprechende Medikation die psychischen Folgeerscheinungen betreffend erschiene sinnvoll.
Der Beschwerdeführer erklärte vor der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Bischofshofen am 23. März 2001 niederschriftlich, dass er das Ergebnis der amtsärztlichen Stellungnahme vollinhaltlich teile. Er wies nochmals darauf hin, dass er die zugewiesene Beschäftigung nicht verweigert, sondern lediglich auf die auch von amtsärztlicher Seite in Diskussion gestellten psychischen Folgeerscheinungen, die er aber selbst sehr wohl als körperliche Leiden empfinde, wie Schlaflosigkeit und Unkonzentriertheit (und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Leistungsfähigkeit), hingewiesen habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Begründend wurde ausgeführt, dass im Hinblick auf das amtsärztliche Gutachten und die Akzeptanz dieses Gutachtens durch den Beschwerdeführer eine Unzumutbarkeit der zugewiesenen Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen auszuschließen sei. Andere Umstände, die eine Unzumutbarkeit des angebotenen Beschäftigungsverhältnisses begründen würden, habe der Beschwerdeführer nicht vorgebracht und seien nicht festgestellt worden. Durch das Verhalten des Beschwerdeführers, nämlich dem Dienstgeber von seinen Beschwerden, die eine Arbeitsfähigkeit jedoch nicht ausschließen, zu erzählen und auf die Wahrscheinlichkeit häufiger Arztbesuche hinzuweisen, habe der Beschwerdeführer die Annahme der ihm vom Arbeitsmarktservice zugewiesenen zumutbaren Beschäftigung vereitelt. Durch sein Verhalten beim Einstellungsgespräch habe er es in Kauf genommen, dass ihn der Dienstgeber nicht einstellen wird. Es liege daher zwar keine Arbeitsverweigerung, jedoch eine Arbeitsvereitelung vor. Es seien auch keine berücksichtigungswürdigen Gründe festgestellt worden, die eine Nachsicht gemäß § 10 Abs. 2 AlVG bewirken könnten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (unter anderem) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen.
Nach § 10 Abs. 1 AlVG verliert ein Arbeitsloser, der sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs (unter näher umschriebenen Voraussetzungen: acht) Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Auf Grund des § 38 AlVG sind diese Regelungen auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.
Die genannten Bestimmungen sind nach der auch in der Beschwerde zutreffend zitierten Judikatur Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung einer ihm zumutbaren Beschäftigung in den Arbeitsmarkt einzugliedern und ihn so wieder in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten (vgl. auch z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2000, Zl. 98/08/0392). Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung auch anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. in diesem Sinn schon das Erkenntnis vom 16. Oktober 1990, Zl. 89/08/0141, Slg. Nr. 13.286/A, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potenziellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht (so - ausgehend von dem hg. Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 92/08/0132 - etwa das Erkenntnis vom 27. April 1993, Zl. 92/08/0219, und zahlreiche weitere Erkenntnisse).
Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/08/0042, Slg. Nr. 13.722/A, und vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0050).
In der Beschwerde wird nicht bestritten, dass der Beschwerdeführer bei dem Vorstellungsgespräch mit Bezug auf seine Tinnituserkrankung erwähnt hat, dass es vorkommen kann, dass er öfters den Arzt aufsuchen muss. Die belangte Behörde war angesichts dieses feststehenden Sachverhaltes nicht verpflichtet, weitere Erhebungen über den genauen Verlauf des Vorstellungsgespräches anzustellen, wie dies in der Beschwerde gefordert wird. Der Beschwerdeführer hat nämlich dadurch, dass er seine Krankheit, die daraus resultierenden Arztbesuche und seine Schlafprobleme mit den erwähnten Konsequenzen in den Vordergrund seines Vorstellungsgesprächs gerückt hat, gegenüber dem potenziellen Arbeitgeber seine gesundheitliche Eignung, die zugewiesene Beschäftigung auszuüben, in Zweifel gezogen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in vergleichbaren Fällen ausgesprochen hat, wäre der Arbeitssuchende in einer solchen Situation aber verpflichtet gewesen, diese Umstände in erster Linie gegenüber der regionalen Geschäftsstelle des AMS schon aus Anlass der Zuweisung bekannt zu geben, um dieser eine Überprüfung der Zumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung für den Beschwerdeführer zu ermöglichen (vgl. die Erkenntnisse vom 27. April 1993, Zl. 92/08/0219 und vom 26. März 1996, Zl. 94/08/0087). Hat der Beschwerdeführer die Unzumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung aber nicht schon bei der Zuweisung geltend gemacht und ist sein Verhalten beim Vorstellungsgespräch geeignet, den potenziellen Arbeitsgeber von der Einstellung abzuhalten, dann ist der Tatbestand der Vereitelung jedenfalls dann verwirklicht, wenn - wie hier - die nachträgliche Überprüfung der Zumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung durch ein amtsärztliches Gutachten (dessen Richtigkeit der Beschwerdeführer nicht in Zweifel zieht) rechtlich relevante Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit nicht zu erweisen vermag.
Dem Beschwerdeführer musste aber auch bewusst sein, dass seine Äußerungen beim Vorstellungsgespräch nach allgemeiner Erfahrung geeignet waren, den potenziellen Dienstgeber von der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit ihm abzubringen. Es ist damit auch bedingter Vorsatz im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gegeben. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde ist es nicht erforderlich, dass der Beschwerdeführer dem Arbeitgeber von seinen gesundheitlichen Problemen "in jenem Wissen erzählt hat, dass dieser deswegen wahrscheinlich kein Dienstverhältnis begründet, wobei es dem Beschwerdeführer völlig gleichgültig war, ob nun ein Arbeitsverhältnis zustande kommt oder nicht." Der bedingte Vorsatz erfordert nicht die damit angesprochene Wissentlichkeit.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 4. April 2002
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