BVwG I415 1416250-3

BVwGI415 1416250-314.3.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.130 Abs1 Z3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §8

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:I415.1416250.3.00

 

Spruch:

I415 1416250-3/13E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX alias XXXX) XXXX (alias XXXX alias XXXX), geb. XXXX (alias XXXX alias XXXX), StA. Marokko (alias Algerien alias Italien), vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Weber, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl betreffend den am 10.08.2010 gestellten Antrag auf internationalen Schutz, Zl. IFA: 527783605 + VZ: 1287839, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.01.2018, zu Recht erkannt:

 

A)

 

I. Der Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht wird gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG stattgegeben.

 

II. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird

XXXX (alias XXXX alias XXXX) XXXX (alias XXXX alias XXXX) gemäß § 57 Asylgesetz 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 Asylgesetz 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wird gegen XXXX (alias XXXX alias XXXX) XXXX (alias XXXX alias XXXX) eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen. Es wird gemäß § 52 Abs 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 festgestellt, dass die Abschiebung des XXXX (alias XXXX alias XXXX)

XXXX (alias XXXX alias XXXX) nach Algerien zulässig ist. Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise von XXXX (alias XXXX alias XXXX) XXXX (alias XXXX alias XXXX) zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

BEGRÜNDUNG:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer reiste nach eigenen Angaben im März 2010 irregulär in das Bundesgebiet ein. Bei seiner fremdenrechtlichen Kontrolle am 07.08.2010 wies sich der Beschwerdeführer mit einem gestohlenen italienischen Personalausweis lautend auf XXXX, geboren am XXXX in XXXX/Italien, aus. Eine fremdenpolizeiliche Recherche ergab, dass diese Person in Italien unbekannt ist und das Blankodokument am 06.10.2008 in Italien gestohlen wurde, weshalb er wegen unbefugten Aufenthaltes festgenommen wurde. Dabei gab der Beschwerdeführer an, XXXX zu heißen, am XXXX geboren und Staatsangehöriger von Algerien zu sein.

 

2. Am 10.08.2010 stellte der Beschwerdeführer im Stande der Schubhaft den einen Antrag auf internationalen Schutz. Anlässlich seiner Erstbefragung am selben Tag gab er ergänzend zu seiner Person an, dass er Berber und Moslem sei. Er habe in seiner Heimat 14 Jahre die Grund- und Mittelschule sowie zwei Jahre die Berufsschule besucht. Seine Eltern leben noch in Algerien. Er sei Mitte 2009 nach Griechenland gereist. Vor etwa 20 Tagen sei er von dort nach Österreich gefahren. Sein eigentliches Zielland sei Norwegen gewesen, aber sein Geld habe für eine Weiterreise nicht ausgereicht, weshalb er hier geblieben sei, um zu arbeiten und seine Weiterfahrt finanzieren zu können. Seine Landsleute hätten ihm geraten, sich mit dem gefälschten italienischen Dokument zu melden, um problemlos arbeiten zu können. In der Folge habe er sich an einer Adresse in Wien gemeldet und nach einer Arbeit gesucht. Er habe keine Familienangehörige in Österreich.

 

3. Bei seiner weiteren Einvernahme am 20.10.2010 gab der Beschwerdeführer an, dass er aus Angst falsche Angaben zu seiner Person gemacht habe. Er wolle diese nun richtig stellen. Er heiße XXXX, sei am XXXX geboren und Staatsangehöriger von Marokko. Im Verlauf der weiteren Einvernahme wurde der Beschwerdeführer zu seinem Aufenthalt in Griechenland befragt und ihm vorgehalten, dass beabsichtigt sei, seinen Asylantrag wegen der Zuständigkeit Griechenlands für sein Verfahren zurückzuweisen. Auf Nachfrage führte der Beschwerdeführer aus, dass er weder in Österreich noch in der EU aufhältige Familienangehörige habe.

 

4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.10.2010, Zl. 10 07.091-EAST Ost, den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 10 Abs. 2 Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates Griechenland zuständig sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Griechenland ausgewiesen und wurde gemäß § 10 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Griechenland zulässig sei.

 

5. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 22.11.2010, Zl. S22 416.250-1/2010-5E, gemäß § 22 Abs. 3 iVM Abs. 12 AsylG 2005 idgF als verspätet zurückgewiesen.

 

6. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.05.2011, Zl. 10 07.091-EAST Ost wurde der Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.10.2010, Zl. 10 07.091-EAST Ost, gemäß § 68 Abs. 2 AVG von Amts wegen behoben und das Asylverfahren in Österreich zugelassen.

 

7. Im Verwaltungsakt liegt eine Kopie der beglaubigten Übersetzung des marokkanischen Führerscheins des Beschwerdeführers auf, aus dem die von ihm in der Einvernahme am 20.10.2010 gemachten Identitätsangaben zu entnehmen sind. Des Weiteren liegt im Akt ein eine Unterhaltsvereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und der Mutter seines am XXXX2010 geborenen Sohnes vom 05.01.2011 sowie ein Mahnschreiben der Bezirkshauptmannschaft XXXX vom 28.02.2011 vor. Aus dem Letztgenannten geht hervor, dass der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung zum vereinbarten monatlichen Unterhaltsbeitrag von €

150,- nicht nachgekommen sei, weshalb er aufgefordert wurde, den Unterhaltsrückstand von € 300,- nachzuzahlen.

 

8. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 29.08.2011, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 127, 229 Abs. 1, 223 Abs. 2, 224, 241e Abs. 3 StGB (Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden, Vergehen des Diebstahls, Vergehen der Urkundenunterdrückung, Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel) zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, unter Festsetzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.

 

9. Bei seiner darauffolgenden niederschriftlichen Einvernahme am 11.10.2011 führte der Beschwerdeführer zu seinen familiären Verhältnissen an, dass seine Eltern noch in Marokko leben. Er habe keine Geschwister, ein namentlich genannter Bruder sei 21-jährig verstorben. Er habe in Marokko die Hotelfachschule besucht und als Dekorateur gearbeitet. Er habe seine Heimat im Jahr 2009 verlassen und sei im Jänner 2010 in Österreich eingereist. Zu seinem Familienleben in Österreich führte er an, dass er nicht verheiratet sei, aber einen Sohn habe, der am XXXX2010 geboren worden sei. Die Mutter seines Sohnes sei österreichische Staatsangehörige. Er lebe mit ihr jedoch nicht im gemeinsamen Haushalt. Er zahle Alimente und besuche sie fallweise. Zu seinem Privatleben führte er auf Nachfrage aus, dass er keine Freunde in Österreich habe. Er finanziere seinen Lebensunterhalt durch Gelegenheitsarbeiten. Er arbeite manchmal als Blumenverkäufer und Pizzakoch. Er spreche ein wenig Deutsch. Er sei wegen des gefälschten italienischen Ausweises gerichtlich verurteilt worden.

 

10. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.11.2011, Zl. 10 07.091-BAW, wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz in Spruchpunkt I. gem. §§ 3 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab und erklärte, dass dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt werde. In Spruchpunkt II. des Bescheides wurde dem Antragsteller gem. §§ 8 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko nicht zuerkannt. In Spruchpunkt III. des Bescheides wurde der im Betreff Genannte gem. § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Marokko ausgewiesen.

 

Die belangte Behörde begründete im angefochtenen Bescheid ihre abweisende Entscheidung zusammengefasst im Wesentlichen damit, dass die Angaben des Beschwerdeführers nicht glaubwürdig seien.

 

Zu Spruchpunkt II führte das Bundesasylamt aus, dass aufgrund der getroffenen Länderfeststellungen nicht davon auszugehen wäre, dass jedem Rückkehrer nach Marokko Gefahr für Leib und Leben in einem solchen Maße drohe, dass eine Abschiebung zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führe.

 

Zu Spruchpunkt III legte das Bundesasylamt dar, dass die Intensität des Familienlebens des Beschwerdeführers zu seinem Sohn und dessen Mutter dadurch entscheidend getrübt sei, als dass er mit den beiden Genannten nicht an einem gemeinsamen Wohnsitz wohne bzw. mit ihnen zusammenlebe und die Genannten entsprechend seinen eigenen Behauptungen bloß fallweise besuche sowie Alimentationszahlungen leiste. Selbst die Unterhaltsvereinbarung habe er nicht konsequent eingehalten, zumal er via Mahnschreiben der Bezirkshauptmannschaft XXXX (datiert mit 28.02.2011) aufgefordert worden sei, den Unterhaltsrückstand zu begleichen. Abgesehen davon bestehe für die Kindesmutter bzw. seinen Sohn jederzeit die Möglichkeit, ihn in seinem Heimatland zu besuchen. Seinem Privat- und Familienleben sei entgegenzuhalten, dass er trotz seines erst kurzen Aufenthaltes in Österreich mittlerweile von einem österreichischen Gericht wegen der Begehung von strafrechtlich relevanten Tatbeständen rechtskräftig verurteilt worden sei, wodurch seine Gleichgültigkeit gegenüber der österreichischen Rechtsordnung klar zu erkennen und hervorzuheben sei. Hingegen habe er die meiste Zeit seines Lebens außerhalb von Österreich gelebt und verfüge er nach wie vor über familiäre und soziale Beziehungen in Marokko. Sohin hätte die die Interessensabwägung nicht zu seinen Gunsten ausfallen können, weshalb seine Ausweisung gerechtfertigt sei.

 

11. Gegen den oben genannten Bescheid des Bundesasylamtes erhob der Vertreter des Beschwerdeführers Beschwerde an den Asylgerichtshof. Darin wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer ein asylrelevantes Vorbringen erstattet habe, weshalb ihm Asyl oder zumindest subsidiärer Schutz gewährt hätte werden müssen. Unabhängig davon bestehe eine starke familiäre Bindung zu Österreich, da der Beschwerdeführer der leibliche Vater eines österreichischen Staatsangehörigen sei, weshalb eine Ausweisung unzulässig sei.

 

12. Mit Schreiben vom 23.06.2012 übermittelte der Beschwerdeführer die bereits im Akt aufliegende Unterhaltsvereinbarung unter Verweis auf die Entscheidung des EuGH vom 08.03.2011, Zl. C34/09 8, wonach eine Ausweisung des Beschwerdeführers aufgrund der zitierten Entscheidung unzulässig sei.

 

13. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 01.04.2013, Zl. 1296380/FrB/13, wurde gegen den Beschwerdeführer aufgrund seiner rechtskräftigen Verurteilung ein ein bis 04.04.2019 gültiges Rückkehrverbot erlassen.

 

14. Gem. § 75 Abs. 19 AsylG sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 leg. cit zu Ende zu führen.

 

15. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für den 22.08.2014 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung an, die jedoch aufgrund des Schriftsatzes des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers vom 21.08.2014 abberaumt wurde. Im besagten Schriftsatz wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Ladung für den Verhandlungstermin zu spät erhalten habe, sodass eine Teilnahme an der Verhandlung nicht möglich sei. Es würde jedoch voraussichtlich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet sowie die Beschwerde lediglich im Punkt "Ausweisung" aufrechterhalten werden. Grund hierfür sei, dass der Beschwerdeführer Vater eines österreichischen Kindes sei, das bei seiner Mutter gelebt habe. Die Mutter des Kindes sei jedoch nach Deutschland ausgewandert und befinde sich das Kind nun in der Obhut der Jugendfürsorge. Am 28.08.2014 solle entschieden werden, ob das Kind in die Obsorge des Beschwerdeführers übergeben werde. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer mit einer freizügigkeitsberechtigten polnischen Staatsangehörigen verheiratet. Um den Verzicht auf die Durchführung der mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie Rückziehung der Beschwerdepunkte (ausgenommen Ausweisung) tatsächlich vornehmen zu können, bedürfe es einer ausdrücklichen Zustimmung des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer verfüge zwar über gute Deutschkenntnisse, jedoch reichen diese nicht aus, um ohne einen Dolmetscher eine Erklärung abgeben zu können, die den rechtsfreundlichen Vertreter zur besagten Vornahme ermächtige.

 

19. Mit Schriftsatz vom 14.11.2014 wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt I und II zurückgezogen und erneut auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Der Grund für den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sei das Bemühen um Erhalt der Obsorge für seinen Sohn. Die Kinder- und Jugendhilfe des Landes Steiermark könne einer Obsorge jedoch bereits deswegen nicht zustimmen, da der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich nicht gesichert sei. Entsprechende Nachweise würden dem Gericht innerhalb der nächsten 14 Tage nachgereicht.

 

20. Auf Anfrage des Bundesverwaltungsgerichts teilte die Jugendwohlwahrt Steiermark am 20.11.2014 mit, dass der Jugendwohlfahrt kein Antrag des Beschwerdeführers auf Übertragung der Obsorge bekannt sei. Es habe zwar ein Telefonat mit dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers gegeben, worauf jedoch noch nicht reagiert worden sei. Hinsichtlich der Obsorge wurde mitgeteilt, dass zwischen dem Beschwerdeführer und dem Kind keine emotionale Bindung bestehe. Eine solche müsse erst langsam und allmählich aufgebaut werden. Das Kind sei aus der Obsorge der Mutter entfernt worden und lebe derzeit bei einer Pflegefamilie.

 

21. Eine Abfrage des Bundesverwaltungsgerichts beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger ergab, dass der Beschwerdeführer bei drei Dienstgebern für die Zeiträume vom 03.07.2013 bis zum 10.10.2013, vom 04.02.2013 bis zum 31.05.2013 sowie vom 11.01.2013 bis zum 31.01.2013 sozialversicherungsrechtlich gemeldet war.

 

22. Mit Beschluss des Bezirksgericht XXXX vom XXXX2014, Zl. XXXX, wurde die am XXXX2013 in Wien geschlossene Ehe zwischen dem Beschwerdeführer und XXXX, geb. XXXX, StA. Polen, geschieden. Aus der Begründung geht hervor, dass die Ehe unheilbar zerrüttet und die eheliche Gemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben sei. Der Beschluss erwuchs am XXXX2014 in Rechtskraft.

 

23. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.01.2015, Zl. I405 1416250-2/17Z, wurde das Verfahren über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II des angefochtenen Bescheides vom 25.11.2011, Zl. 10 07.091-BAW - Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz vom 10.08.2010 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG - wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 13 Abs. 7 AVG idgF iVm §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG idgF eingestellt.

 

24. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.01.2015, Zl. I405 1416250-2/18E, wurde gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

 

25. Mit Schreiben des BFA vom 17.02.2015 wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seiner Rechtsvertretung ein Schreiben betreffend die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme unter Einbeziehung der Familienlebens, des Privatlebens sowie der aktuellen Situation in Marokko mit der Möglichkeit innerhalb von 14 Tagen eine Stellungnahme abzugeben, übermittelt. Der Möglichkeit der Beantwortung der darin gestellten Fragen wurde nicht nachgekommen.

 

26. Mit Schreiben des Amtes der Wiener Landesregierung Magistratsabteilung 35 Einwanderung und Staatsbürgerschaft vom 29.01.2016 wurde das BFA aufgrund der geschiedenen Ehe des Beschwerdeführers und dem damit verbundenen Wegfall der Entscheidungsvoraussetzungen darüber informiert, dass ein Verfahren gemäß § 55 NAG eingeläutet werden müsse. Gemäß § 55 Abs 3 NAG wurde zudem um Überprüfung einer möglichen Aufenthaltsbeendigung ersucht.

 

27. Mit Schreiben seiner Rechtsvertretung vom 28.04.2016 brachte der Beschwerdeführer seine Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse betreffend seine Tätigkeit in einer Pizzeria über 40 Wochenstunden in Vorlage. Zudem wurde ein Schreiben der BH XXXX über die vereinbarte Besuchsregelung mit dem Sohn des Beschwerdeführers, welcher derzeit bei einer Pflegefamilie untergebracht ist, getroffen. Mitgeteilt wurde weiters, dass die Mutter kein Sorgerecht habe und es mit dem zuständigen Gericht besprochen sei, dass dem Beschwerdeführer das Sorgerecht übertragen werde, wobei vorerst einmal der Kontakt mit dem Beschwerdeführer intensiviert werden solle. Wenn dies funktioniere, könne über eine Übertragung der Obsorge entschieden werden, so die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers.

 

28. Am 28.10.2016 wurde der Beschwerdeführer vom BFA niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab auf Nachfrage an gesund zu sein und sich seit dem Jahr 2009 durchgehend im Bundesgebiet zu befinden. Er gab weiters an als Tourist nach Österreich gekommen zu sein, in XXXX zu wohnen, jede zweite Woche mit seiner Mutter in Marokko telefonischen Kontakt zu haben, seit XXXX2014 geschieden zu sein und mit seiner österreichischen Lebensgefährtin XXXX zusammenzuwohnen. Befragt nach etwaigen Obsorgepflichten führte der Beschwerdeführer aus, dass er für seinen österreichischen Sohn die Obsorge beantragen könne, wenn er einen Nachweis über eine Arbeit und eine Wohnung vorlege. Danach befragt wie er sich seinen Lebensunterhalt verdiene, gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dreieinhalb Jahre gearbeitet zu haben, derzeit aber keiner Beschäftigung nachzugehen. Weil er gerade ein Auto gekauft habe, verfüge er aber derzeit über keine Barmittel. Jedoch unterstütze ihn seine Lebensgefährtin finanziell. Finanziell habe er zudem keine Probleme, weil ihm seine Familie aus Marokko Geld schicken könne. Weiters sei er krankenversichert, ein Sprachzertifikat auf A2 Niveau habe er nicht, er habe Deutsch so gelernt. Seine Lebensgefährtin sei selbständig und sehe er seinen Sohn einmal im Monat, er könnte ihn aber auch öfter sehen. Manchmal komme der Sohn auch mit seinen Pflegeeltern zu ihm. Danach befragt, ob er bereits eine Arbeit in Aussicht habe, führte er aus, einen Vorvertrag zu haben. Dazu brachte er seinen marokkanischen Reisepass, welcher vom BFA zur Sicherung des Verfahrens sichergestellt wurde, seine Geburtsurkunde sowie jene seines Sohnes XXXX, geb. XXXX2010, sowie dessen österreichischen Staatsbürgerschaftsnachweis, sowie diversere Unterstützungsschreiben, u.a. von seiner polnischen Ex-Frau, seiner langjährigen Vermieterin sowie seiner aktuellen Lebensgefährtin, welche eine baldige Heirat mit dem Beschwerdeführer in Aussicht stellte, in Vorlage.

 

29. Mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 20.01.2017 erhob der Beschwerdeführer gegen die mehr als sechsmonatige Untätigkeit des BFA bei Erledigung auf Feststellung der Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung wegen Verletzung in seinem Recht auf Entscheidung Säumnisbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 3 B-VG und stellte den Antrag das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst erkennen und feststellen, dass eine Rückkehrentscheidung unzulässig sei sowie eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen.

 

30. Mit Schreiben des BFA vom 30.01.2017 wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seiner Rechtsvertretung ein neuerliches Schreiben betreffend die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme mit der Möglichkeit innerhalb von 14 Tagen eine Stellungnahme abzugeben, übermittelt. Zusammengefasst habe eine Prüfung der persönlichen, familiären und beruflichen Verhältnisse ergeben, dass die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des Beschwerdeführers überwiegen. Der Beschwerdeführer sei in Österreich nicht derart integriert, als dass eine Rückkehrentscheidung unzulässig wäre. Es sei daher beabsichtigt, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zu erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festzustellen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko zulässig sei. Der Möglichkeit der Beantwortung der darin gestellten Fragen wurde nicht nachgekommen.

 

31. Mit Schreiben des BFA vom 24.04.2017 wurde dem Bundesverwaltungsgericht die Säumnisbeschwerde vom 20.01.2017 sowie der Verfahrensakt übermittelt.

 

32. Mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 12.12.2017 brachte der Beschwerdeführer einen Fristsetzungsantrag gemäß § 38 VwGG wegen Verletzung der Entscheidungspflicht beim Bundesverwaltungsgericht ein.

 

33. Am 19.01.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Ein informierter Vertreter des BFA nahm an der Beschwerdeverhandlung ebenso wenig teil wie der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers. Gemeinsam mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurden dem Beschwerdeführer die aktuellen Länderberichte zu Marokko mit Stand vom 07.07.2017 übermittelt. In der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seinem Privat- und Familienleben sowie seiner Integration in Österreich befragt. Seine nunmehrige Lebensgefährtin, die nicht zur Verhandlung geladene, aber als Vertrauensperson anwesende slowakische Staatsbürgerin Frau XXXX, geb. XXXX, wurde zeugenschaftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer legte verschiedene Unterlagen zur Integration vor, unter anderem einen Versicherungsdatenauszug vom 18.01.2018, die Kopie der Bestätigung über die Absolvierung eines Erste Hilfe Grundkurses im Ausmaß von 16 Stunden beim ÖJRK datiert vom 14.07.2011, die Kopie des Antrages über die Neuanlage eines monatlichen Dauerauftrages bei der XXXX zur Unterhaltszahlung in Höhe von € 50,- für seinen minderjährigen Sohn datiert vom 28.05.2015, seine Lohnabrechnung vom Dezember 2017, einen Dienstzettel für Arbeiter (Arbeitsvertrag vom 29.07.2016) sowie Fotos seiner Arbeitstätigkeit als Stuckateur.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zum Sachverhalt:

 

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

 

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer führt die im Spruch genannte Identität. Er ist Staatsangehöriger von Marokko und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b Asylgesetz. Er gehört der berberischen Volksgruppe an und ist moslemischen Glaubens. Die Mutter des Beschwerdeführers lebt nach wie vor in Marokko und hat der Beschwerdeführer regelmäßigen Kontakt zu ihr. Der Vater des Beschwerdeführers ist verstorben.

 

Der Beschwerdeführer heiratete am XXXX2013 die gebürtige polnische Staatsangehörige XXXX, geb. XXXX. Die Ehe mit Frau XXXX wurde am XXXX2014 rechtskräftig geschieden.

 

Er hat einen minderjährigen Sohn aus einer Vorbeziehung, der österreichischer Staatsbürger ist und bei Pflegeeltern lebt. Der Beschwerdeführer hat jedoch zu keinem Zeitpunkt mit seinem minderjährigen Sohn im gemeinsamen Haushalt gewohnt und verfügt auch nicht über dessen Obsorge. Der Beschwerdeführer ist der aus der Unterhaltsvereinbarung ergehenden Verpflichtung zur Zahlung des monatlichen Unterhaltsbeitrages für seinen Sohn nicht durchgehend nachgekommen. Der Beschwerdeführer ist bemüht Kontakt zu seinem Sohn zu halten und besucht ihn etwa einmal im Monat bei der Pflegefamilie und hat regen Kontakt zu ihm über WhatsApp.

 

Der geschiedene Beschwerdeführer befindet sich seit Juli 2017 in einer Lebensgemeinschaft mit einer slowakischen Staatangehörigen. Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer zumindest vom 02.11.2017 bis laufend an derselben Adresse wie seine Lebensgefährtin mit Hauptwohnsitz gemeldet ist.

 

Der Beschwerdeführer hat keinen Deutschkurs besucht bzw. abgeschlossen, er spricht aber dennoch qualifiziert Deutsch. Sonst konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer ist derzeit auch kein Mitglied eines Vereines oder sonstigen integrationsbegründenden Institution.

 

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig und ist er daher auch erwerbsfähig. Der Beschwerdeführer verfügt über einen Abschluss einer Hotelfachschule. Er hat zuletzt in Marokko als Dekorateur und Stuckateur gearbeitet.

 

Der Beschwerdeführer befindet sich eigenen Angaben nach seit Anfang 2010 durchgehend im Bundesgebiet. Wann genau der Beschwerdeführer in das Bundesgebiet eingereist ist und welcher Reiseroute er von Marokko bis nach Österreich folgte, konnte nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer ist in der Vergangenheit Gelegenheitsarbeiten als Blumenverkäufer bzw. Pizzakoch nachgegangen. Entsprechend seiner vorgelegten Abfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger war der Beschwerdeführer vom 18.01.2018 bis zum 31.01.2013, vom 04.02.2013 bis zum 31.05.2013, vom 03.07.2013 bis zum 10.10.2013, vom 01.07.2015 bis 22.02.2016, vom 30.03.2016 bis 31.05.2016, vom 01.06.2016 bis zum 26.06.2016, vom 29.07.2016 bis zum 17.08.2016, vom 24.03.2017 bis 28.03.2017, vom 10.04.2017 bis 30.06.2017 sowie vom 22.11.2017 bis laufend sozialversicherungsrechtlich gemeldet.

 

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 29.08.2011, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 127, 229 Abs. 1, 223 Abs. 2, 224, 241e Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, unter Festsetzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.

 

Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 01.04.2013, Zl. XXXX, wurde gegen den Beschwerdeführer aufgrund seiner rechtskräftigen Verurteilung ein bis 04.04.2019 gültiges Rückkehrverbot erlassen.

 

1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Marokko:

 

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers ist unter Zugrunde-legung des maßgeblichen "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Marokko Folgendes festzustellen: "Zur politischen Lage wird festgestellt, dass am 07.10.2016 zum mittlerweile zweiten Mal Parlamentswahlen in Marokko stattgefunden haben, wobei die gemäßigte islamistische Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung des amtierenden Minister-präsidenten wiederum stärkste Partei geworden ist. Zur Sicherheitslage ist ganz allgemein festzustellen, dass Marokko ein politisch stabiles Land mit guter sicherheitspolitischer Infra-struktur ist, Marokko steht darüberhinaus auch im Kampf gegen den Terrorismus im Lager des Westens, wobei die marokkanischen Dienste als gut unterrichtet gelten und operationell fähig sind, was auch für deren Effizienz bei der laufenden Aushebung von Terrorzellen spricht. Hinsichtlich der Justizwesens ist festzustellen, dass die Gremien teilweise noch am Beginn der Tätigkeit stehen bzw. muss deren rechtlicher Unterbau erst geschaffen werden, sodass noch schwer absehbar ist, inwieweit sie für Rechtsstaatlichkeit, gute Regierungsfüh-rung und Achtung der Grundrechte in der Praxis Bedeutung gewinnen, wobei in allen Ver-fahren grundsätzlich die Unschuldsvermutung gilt und gesetzlich ein faires Verfahren mit dem Recht auf Berufung für alle Bürger vorgesehen ist. Die zivile Kontrolle über die Sicher-heitskräfte ist abgesehen von Einzelfällen effektiv und Folter gemäß Verfassung unter Strafe gestellt. Zur wirtschaftlichen Lage in Marokko wird festgestellt, dass die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet ist, wobei einige Grundnahrungsmittel und Grundgüter des täglichen Bedarfs (z.B.: Brot und Zucker) subventioniert werden. Weiters führt die marokkanische Regierung Programme der Armutsbekämpfung (INDH) und des sozialen Wohnbaus und erhalten unter 30-jährige mit einem bestimmten Bildungsniveau Hilfe für weiterführende Berufsausbildung. Betreffend die medizinische Grundversorgung ist festzustellen, dass der Zugang zu den öffentlichen Krankenhäusern kostenfrei möglich ist und die Kosten für kostenpflichtige medizinische Dienste bei Mittellosigkeit erlassen werden. So wurde im Bereich der Basis-Gesundheitsversorgung 2012 das Programm RAMED eingeführt und erstreckt sich auf 8,5 Mio. Einwohner der untersten Einkommensschichten bzw. vulnerable Personen, die bisher keinen Krankenversicherungsschutz genossen, wobei die Teilnahme an RAMED gratis ist ("Carte RAMED"), lediglich vulnerable Personen zahlen einen geringen Beitrag (11 € pro Jahr pro Person). Ansprechbar sind die Leistungen im staatlichen Gesundheitssystem (Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung und Vorsorge sowie Krankenhäuser) im Bereich der Allgemein- und Fachmedizin, stationärer Behandlung, Röntgendiagnostik etc.. Mittellose Personen können auf Antrag bei der Präfektur eine "Carte RAMED" erhalten. Bei Vorlage dieser Karte sind Behandlungen kostenfrei. Betreffend der Behandlung nach der Rückkehr ist festzustellen, dass, das Stellen eines Asyl-antrages nicht strafbar ist, finanzielle Rückkehrhilfe jedoch nicht angeboten wird, Rückkehrer ohne finanzielle Mittel primär den Beistand ihrer Familie ansprechen würden, wobei auch gelegentlich NGOs Unterstützung anbieten."

 

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin wurden dem Beschwerdeführer mit der Ladung zur mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 19.01.2018 das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Marokko mit Stand 07.07.2017 übermittelt. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung erstattete der Beschwerdeführer kein substantiiertes Vorbringen hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr und ergaben sich auch amtswegig keine diesbezüglichen Hinweise.

 

Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rück-kehr keiner lebensbedrohenden Situation überantwortet wird, er selbst hat hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet und haben sich auch amtswegig keine Anhaltspunkte dafür ergeben.

 

Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG idgF in seinen Heimatstaat Marokko unzulässig wäre.

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1. Zum Sachverhalt:

 

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

 

Außerdem konnte im vorliegenden Beschwerdefall auf die Ermittlungsergebnisse im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2018 vor dem Bundesverwaltungsgericht zurückgegriffen werden.

 

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Die Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum) und zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers beruhen auf den im Verwaltungsverfahren vorgelegten marokkanischen Führerscheins, auf den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Feststellungen betreffend das Familienleben des Beschwerdeführers beruhen auf den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers, auf der Auskunft der Jugendwohlfahrt Steiermark und auf dem Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX2014.

 

Die Feststellung zu den Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers beruht auf seinen diesbezüglich Angaben sowie dem gewonnenen Eindruck des erkennenden Richters im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Aus den in der Verhandlung beigebrachten Unterlagen ergeben sich durchaus Integrationsbemühungen, die jedoch insgesamt nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privatleben im Sinne der EMRK entsprechen.

 

Die Feststellung zum Gesundheitszustand beruht auf dem Umstand, dass keine gesundheitlichen Einschränkungen vorgebracht wurden.

 

Die Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner Lebensgefährtin ergibt sich aus seinen und ihren Aussagen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.01.2018. Dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von November 2017 bis laufend an derselben Wohnsitzadresse wie seine Lebensgefährtin gemeldet war, ergibt sich aus einer ZMR Abfrage.

 

Eine entscheidungsrelevante Intensität des Zusammenlebens kann unter Zugrundelegung des angeführten kurzen Zeitraumes jedoch nicht abgeleitet werden.

 

Die Feststellung betreffend die sozialversicherungspflichtigen Tätigkeiten des Beschwerdeführers in Österreich entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Abfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger).

 

Die Feststellung betreffend die strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers in Österreich sowie das Rückkehrverbot entspricht ebenfalls dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich und Auszug aus dem Informationsbundsystem Zentrales Melderegister).

 

Die Feststellung betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG iVm § 50 FPG nach Marokko beruht darauf, dass der Beschwerdeführer weder vor der säumig gewordenen Behörde noch in seinem Beschwerdeschriftsatz konkrete Angaben getätigt hat, denen zufolge eine rechtliche oder tatsächliche Unzulässigkeit der Abschiebung anzunehmen gewesen wäre. Es wurden keine Umstände vorgebracht, die nahelegen würden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Marokko in irgendeiner Form gefährdet wäre.

 

2.3. Zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführers:

 

Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel der "Human Rights Watch", herangezogen.

 

Zur politischen Situation und zu Sicherheitslage wird ausgeführt, dass die Marokkaner am 7.10.2016 zum zweiten Mal seit dem "Arabischen Frühling" im Jahr 2011 ein neues Parlament gewählt haben (STERN 7.10.2016). Die gemäßigte islamistische Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) von Ministerpräsident Abdelilah Benkirane hat die Wahl erneut gewonnen und bleibt damit stärkste Kraft, wobei anzuführen ist, dass die PJD im Wahlkampf mit der Fortsetzung der Sozial- und Wirtschaftsreformen geworben hatte. Marokko ist gemäß Verfassung eine konstitutionelle und demokratische Erbmonarchie, mit direkter männlicher Erbfolge und dem Islam als Staatsreligion. Die am 1.7.2011 in Kraft getretene Verfassung bringt im Grundrechtsbereich einen deutlichen Fortschritt für das Land. Das Parlament wurde als Gesetzgebungsorgan durch die neue Verfassung aufgewertet und es ist eine spürbare Verlagerung des politischen Diskurses in die Volksvertretung hinein erkennbar. Die Judikative wird als unabhängige Staatsgewalt gleichberechtigt neben Legislative und Exekutive gestellt. Das System der checks and balances als Ergänzung zur Gewaltenteilung ist in der Verfassung vergleichsweise wenig ausgebildet (ÖB 9.2015). Marokko ist ein politisch stabiles Land mit guter sicherheitspolitischer Infrastruktur (AA 20.1.2016). Marokko steht im Kampf gegen den Terrorismus im Lager des Westens. Die marokkanischen Dienste gelten als gut unterrichtet und operationell fähig; die laufende Aushebung von Terrorzellen spricht für deren Effizienz. Auf dem Gipfel der Afrikanischen Union (AU) in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba am 30.1.2017 wurde Marokko wieder in die AU aufgenommen (DS 31.1.2017).

 

Die Justiz ist laut Verfassung unabhängig (USDOS 3.3.2017). Die Staatsführung bezeichnet die Reform des Justizwesens als eine der Hauptbaustellen der Regierungsagenda. Hauptverhandlungsgegenstand bilden das Verfassungs- Durchführungsgesetz über den Obersten Justizrat, als zentrales Organ richterlicher Selbstverwaltung, und das Richter- und Staatsanwaltsdienstgesetz. Parallel werden Novellierungen von Prozessrecht, Strafvollzugsrecht und Materiegesetzen wie dem Presserecht vorangetrieben (ÖB 9.2015). In Marokko gilt außerdem die Unschuldsvermutung. Gesetzlich ist ein faires Verfahren mit dem Recht auf Berufung für alle Bürger vorgesehen. Angeklagte haben das Recht bei ihrer Verhandlung anwesend zu sein und rechtzeitig einen Anwalt zu konsultieren, obwohl diese Rechte nicht immer gewährleistet sind (USDOS 25.6.2015). Ebenso gilt gesetzlich die Unschuldsvermutung. Der Rechtsweg ist formal sichergestellt. Angeklagte haben das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren, auf rechtzeitigen Zugang zu ihrem Anwalt und das Recht, Berufung einzulegen. Das marokkanische Recht sieht Pflichtverteidiger für mittellose Angeklagte vor. Der Zugang zu juristischem Beistand ist in der Praxis noch immer unzulänglich (AA 10.3.2017; vgl. USDOS 3.3.2017). NGOs kritisieren, dass die Beschuldigten zu Geständnissen gedrängt werden. Im Rahmen der Strafrechtsreform und der Entwicklung seiner Untersuchungsbehörden bemüht sich Marokko darum, Beschuldigtenrechte besser zu wahren und andere Möglichkeiten des Tatbeweises zu nutzen. Im Bereich der Strafzumessung wird häufig kritisiert, dass bestehende Möglichkeiten zur Vermeidung von Haft bei minderschweren Delikten (z.B. Geldstrafen, Sozialstunden) nicht genutzt werden. Auch die Möglichkeit der Entlassung auf Bewährung (libération conditionnelle) wird kaum genutzt (AA 10.3.2017). Im Juli 2015 wurde ein Gesetz verabschiedet, wonach Zivilisten nicht mehr von Militärgerichten verurteilt werden können. Die zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte ist abgesehen von Einzelfällen effektiv. Es besteht jedoch kein systematischer Mechanismus, Menschenrechtsverletzungen und Korruption wirksam zu untersuchen und zu bestrafen, was Straffreiheit bei Vergehen durch die Sicherheitskräfte begünstigt (USDOS 26.5.2015). Folter ist gemäß Verfassung unter Strafe gestellt. Marokko hat das Fakultativprotokoll zur Antifolter-Konvention Ende 2014 ratifiziert, eine Durchführungsgesetzgebung (nationaler Mechanismus) muss aber erst erfolgen (ÖB 9.2015). Bezüglich der allgemeinen Menschrechtslage in Marokko ist darauf hinzuweisen, dass der Grundrechtskatalog (Kapitel I und II) der Verfassung substantiell ist; wenn man noch die durch internationale Verpflichtungen übernommenen Grundrechte hinzuzählt, kann man von einem recht umfassenden Grundrechtsrechtsbestand ausgehen. Staatliche Repressionsmaßnahmen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sind nicht festzustellen, sofern die Tabuthemen "König", "Islam" und "territoriale Integrität" nicht berührt werden. Die marokkanische Regierung begründet Strafverfolgungsmaßnahmen stets mit Verstößen gegen marokkanische Strafgesetze.

 

Marokko erkennt ausdrücklich in seiner Verfassung die Diversität der Nation an. Staatliche Diskriminierung gegenüber ethnischen Minderheiten ist nicht vorhanden (AA 10.3.2017). Etwa die Hälfte der Bevölkerung macht eine berberische Abstammung geltend und spricht eine der drei in Marokko vertretenen Berbersprachen. Dies ist wichtiger Teil ihrer Identität. Die meisten Berber in Marokko sehen sich jedoch nicht als ethnische Minderheit. Marokko fördert Sprache und Kultur der Berber inzwischen aktiv (AA 10.3.2017). Wer sich den Berbern, die eine recht heterogene, auf drei Hauptstämme aufgegliederte Bevölkerungsgruppe darstellen, zugehörig fühlt, hängt vom familiären, geographischen und soziokulturellen Hintergrund ab. Im Allgemeinen verweisen Berberstämmige mit Stolz auf ihre Abkunft, insbesondere wenn sie zu den alteingesessenen Familien oder Clans der historischen Städte im Berbergebiet (Fes, Marrakesch, Ouarzazate usw.) gehören. Der berberische Sprachunterricht im Schulsystem ist nur wenig dicht und führt über die 6. Schulstufe nicht hinaus (d.h. keine höhere Bildung in berberischer Sprache möglich). Aussagen über den Anteil von Berbern in bestimmten Bereichen (öffentlicher Dienst, Militär, freie Berufe, Wirtschaftstreibende) sind nicht greifbar. Nach Einschätzung der Botschaft mag eine Diskriminierung auf Grund der berberischen Herkunft im Einzelfall vorkommen, ein generelles diskriminierendes Verhaltensmuster ist nicht erkennbar (ÖB 9.2015).

 

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet, Brot und Zucker, wie auch Treibstoffe werden subventioniert. Zur Sicherung des sozialen und politischen Friedens werden einige Grundnahrungsmittel und Grundgüter des täglichen Bedarfs über die Caisse de Compensation subventioniert. Das jährliche Budget allein dieser Institution liegt bei rund fünf Milliarden Euro, d.h. knapp ein Viertel des Staatshaushaltes. Die entscheidende Rolle bei der Betreuung Bedürftiger spielt nach wie vor die Familie (AA 10.3.2017; vgl. ÖB 9.2015).

 

Die Staatsverschuldung hat in den vergangenen Jahren zugenommen (GIZ 6.2017c). Staatliche soziale Unterstützung ist kaum vorhanden, vielfach sind religiös-karitative Organisationen tätig. Das Sozialversicherungssystem ist unzureichend (AA 28.11.2014). Eine entscheidende Rolle bei der Betreuung Bedürftiger hat nach wie vor die Großfamilie (AA 28.11.2014; vgl. ÖB 9.2015). Die marokkanische Regierung führt Programme der Armutsbekämpfung (INDH) und des sozialen Wohnbaus. Eine staatlich garantierte Grundversorgung/arbeitsloses Basiseinkommen existiert allerdings nicht. Arbeitssuchenden steht die Internet-Plattform des nationalen Arbeitsmarktservices ANAPEC zur Verfügung (www.anapec.org ), die neben aktueller Beschäftigungssuche auch Zugang zu Fortbildungsmöglichkeiten vermittelt. Unter 30-Jährige, die bestimmte Bildungsebenen erreicht haben, können mit Hilfe des OFPPT (www.ofppt.ma/ ) eine weiterführende Berufsausbildung einschlagen.

 

Die medizinische Grundversorgung ist vor allem im städtischen Raum weitgehend gesichert. Medizinische Dienste sind kostenpflichtig, die Kosten werden bei Mittellosigkeit aber erlassen (AA 28.11.2014). Das marokkanische Gesundheitssystem ist in den Städten im Allgemeinen gut entwickelt, während die ländlichen Gebiete schlechter ausgestattet sind. Der Zugang zu öffentlichen Krankenhäusern ist kostenfrei möglich. In privat geführten Krankenhäusern müssen die Leistungen bezahlt werden, und können später über die Versicherung abgerechnet werden (IOM 8.2015). In größeren Städten ist die medizinische Versorgung bei Notfällen (Unfälle, Herz-Kreislauf-Erkrankungen etc.) möglich. Dagegen ist die Notfallversorgung auf dem Land, insbesondere in den abgelegenen Bergregionen, unzureichend (AA 28.11.2014). Private Spitäler, Ambulanzen und Ordinationen bieten medizinische Leistungen in ähnlicher Qualität wie in Europa an, wenn auch nicht in allen fachmedizinischen Bereichen gleich und örtlich auf die Städte beschränkt (Casablanca, Rabat, Tanger und andere größere Städte). Diese Dienstleistungen sind freilich mit entsprechenden Honoraren verbunden. Eine Konsultation beim Wahlarzt (Allgemeinmedizin) kostet ab 150 Dirham (13 €), beim Facharzt ab 200 Dirham (17 €) bis 500 Dirham (45 €) und mehr bei Spezialisten (zum Vergleich der Mindestlohn: 2.570 Dirham/234 €) (ÖB 9.2014). Der Regionalarzt des Auswärtigen Amtes hat bei seinem Besuch im Oktober 2012 festgehalten, dass die medizinische Versorgung in Rabat, soweit sie durch private Institutionen/Krankenhäuser erfolgt, "größtenteils mitteleuropäischen Standard" hat. Selbst modern gut ausgestattete medizinische Einrichtungen garantieren allerdings nicht, dass im Krankheitsfalle Versorgung und Management des Patienten angemessen funktionieren. Insbesondere das Hilfspersonal ist oft unzureichend ausgebildet, Krankenwagen sind in der Regel ungenügend ausgestattet. Die Notfallversorgung ist wegen Überlastung der Notaufnahmen in den Städten nicht immer gewährleistet, auf dem Land ist sie insbesondere in den abgelegenen Bergregionen unzureichend (AA 10.3.2017).

 

Im Bereich der Basis-Gesundheitsversorgung wurde 2012 das Programm RAMED eingeführt und erstreckt sich auf 8,5 Mio. Einwohner der untersten Einkommensschichten bzw. vulnerable Personen, die bisher keinen Krankenversicherungsschutz genossen. Im Oktober 2012 waren bereits 1,2 Mio. Personen im RAMED erfasst (knapp 3 Prozent der Haushalte). RAMED wird vom Sozialversicherungsträger ANAM administriert, der auch die Pflichtkrankenversicherung AMO der unselbständig Beschäftigten verwaltet. Zugang haben Haushaltsvorstände und deren Haushaltsangehörige, die keiner anderen Pflicht-Krankenversicherung unterliegen. Die Teilnahme an RAMED ist gratis ("Carte RAMED"), lediglich vulnerable Personen zahlen einen geringen Beitrag (11 € pro Jahr pro Person). Ansprechbar sind die Leistungen im staatlichen Gesundheitssystem (Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung und Vorsorge sowie Krankenhäuser) im Bereich der Allgemein- und Fachmedizin, stationärer Behandlung, Röntgendiagnostik etc. Die Dichte und Bestückung der medizinischen Versorgung ist auf einer Website des Gesundheitsministeriums einsehbar (ÖB 9.2015). Mittellose Personen können auf Antrag bei der Präfektur eine "Carte RAMED" erhalten. Bei Vorlage dieser Karte sind Behandlungen kostenfrei (AA 10.3.2017). Auf 1.775 Einwohner entfällt ein Arzt. 141 öffentliche Krankenhäuser führen etwas mehr als 27.000 Betten (ein Spitalsbett auf ca. 1.200 Einwohner); daneben bestehen

2.689 Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung. Inhaber der Carte RAMED können bei diesen Einrichtungen medizinische Leistungen kostenfrei ansprechen. Freilich ist anzumerken, dass dieser öffentliche Gesundheitssektor in seiner Ausstattung und Qualität und Hygiene überwiegend nicht mit europäischen Standards zu vergleichen ist. Lange Wartezeiten und Mangel an medizinischen Versorgungsgütern und Arzneien sind zu beobachten. Wer weder unter das RAMED-System fällt, noch aus einem Anstellungsverhältnis pflichtversichert ist, muss für medizinische Leistungen aus eigenem aufkommen (ÖB 9.2015).

 

Gesetzlich sind innerhalb des Landes Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung gewährleistet. Die Behörden respektieren diese Rechte üblicherweise (USDOS 3.3.32017).

 

Hinsichtlich der Behandlung rückgeführter Asylwerber ist auszuführen, dass das Stellen eines Asylantrags im Ausland ist nicht strafbar ist und nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts von den Behörden nicht als Ausdruck oppositioneller Gesinnung gewertet wird. Den Behörden ist bekannt, dass Asylanträge auch dazu dienen, eine längerfristige Aufenthaltsmöglichkeit im Ausland zu erlangen. Aus den letzten Jahren sind keine Fälle bekannt, in denen es zu einem Gerichtsurteil wegen der Stellung eines Asylantrags oder wegen des in einem Asylantrag enthaltenen Vorbringens gekommen wäre (AA 10.3.2017).

 

Eine Rückkehrhilfe für aus dem Ausland nach Marokko Heimkehrende durch staatliche Institutionen ist nicht bekannt. Auf institutioneller Basis wird Rückkehrhilfe von IOM organisiert, sofern der abschiebende Staat mit IOM eine diesbezügliche Vereinbarung (mit Kostenkomponente) eingeht; Österreich hat keine solche Abmachung getroffen. Rückkehrer ohne eigene finanzielle Mittel dürften primär den Beistand ihrer Familie ansprechen; gelegentlich bieten auch NGOs Unterstützung. Der Verband der Familie und Großfamilie ist primärer sozialer Ankerpunkt der Marokkaner. Dies gilt mehr noch für den ländlichen Raum, in welchem über 40% der Bevölkerung angesiedelt und beschäftigt sind. Rückkehrer würden in aller Regel im eigenen Familienverband Zuflucht suchen. Der Wohnungsmarkt ist über lokale Printmedien und das Internet in mit Europa vergleichbarer Weise zugänglich, jedenfalls für den städtischen Bereich (ÖB 9.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

FD - France Diplomatie (5.7.2017): Conseils aux Voyageurs - Maroc - Sécurité,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/maroc/ , Zugriff

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Zu den zur Feststellung, ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210). Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegen, auch in der Beschwerde findet sich kein substantiiertes Vorbringen, welches die Richtigkeit der, der Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichte in Zweifel ziehen würde.

 

Überdies wird darauf hingewiesen, dass Marokko ein "sicherer Herkunftsstaat" im Sinne des § 1 Ziffer 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr. 47/2016, ist.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Stattgebung der Säumnisbeschwerde (Spruchpunkt A.I.)

 

Gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

 

Gemäß § 8 Abs 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

Ist die Säumnisbeschwerde zulässig und nicht abzuweisen, geht die Zuständigkeit zur Entscheidung auf das Verwaltungsgericht über.

 

Der Beschwerdeführer hat am 10.08.2010 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.01.2015, Zl. I405 1416250-2/18E, wurde gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Am 20.01.2017 erhob er eine Säumnisbeschwerde. Zum Zeitpunkt der Einbringung der gegenständlichen Beschwerde bei der zuständigen Behörde war die Entscheidungsfrist verstrichen. Daher erweist sich die gegenständliche Säumnisbeschwerde als zulässig. Sie erweist sich auch als berechtigt, weil die Verzögerung auf ein überwiegendes Verschulden der belangten Behörde zurückzuführen ist.

 

Die Verzögerung ist jedenfalls dann auf ein überwiegendes Verschulden der belangten Behörde zurückzuführen, wenn in der Entscheidungsfrist keinerlei Verfahrensschritte durch die Behörde gesetzt wurden (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2, 2017, § 8 VwGVG, K 8). Für diese Beurteilung gilt es auch auszumachen, ob die Ursache einer Verzögerung des Verwaltungsverfahrens (überwiegend) im Einflussbereich des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl liegt; gegebenenfalls ist das Verschulden der Partei an der Verzögerung des Verfahrens gegen jenes der Behörde abzuwägen (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 126 ff).

 

Ein überwiegendes Verschulden ist auch anzunehmen, wenn die Behörde nicht durch ein schuldhaftes Verhalten der Partei (vgl VwGH 22.12.2010, 2009/06/0134; VwGH 18.11.2003, 2003/05/0115) oder durch unüberwindliche Hindernisse von der Entscheidung abgehalten wurde (vgl VwGH 26.09.2011/2009/10/0266); etwa wenn die Behörde, die für eine zügige Verfahrensführung notwendigen Schritte unterlässt, oder mit diesem grundlos zuwartet (vgl. VwGH 26.01.2012/2008/07/0036). In der Abwägung des Verschuldens der Partei an der Verzögerung gegen jenes der Behörde genügt ein "überwiegendes" Verschulden der Behörde (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2013, § 8 VwGVG, Anm 9).

 

Da sich aus dem Akteninhalt auch nicht ergibt, dass die Ermittlungsverzögerung durch ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers, oder durch unüberwindliche Hindernisse verursacht war, war der Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht stattzugeben. Daraus folgt auch, dass die Zuständigkeit hinsichtlich des Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen ist und es in der Folge über diesen Antrag selbst zu entscheiden hat.

 

3.2. Zur anzuwendenden Rechtslage:

 

3.2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des § 10 Abs. 1 Ziffer 3 und § 57 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl I Nr. 145/2017, lauten:

 

"Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

 

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

3.-der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

 

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz"

 

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1.-wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2.-zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3.-wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist."

 

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der § 50, § 52 Abs. 2 Ziffer 2 und Abs. 9, sowie § 55 Abs. 1 bis 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, lauten:

 

"Verbot der Abschiebung

 

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

 

Rückkehrentscheidung

 

§ 52. (2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

 

2.-dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

(3) ...

 

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

Frist für die freiwillige Ausreise

 

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

 

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

 

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt."

 

Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde:

 

3.3. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

 

3.3.1 Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I.):

 

3.3.1.1. Zur Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt I., erster Teil des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

 

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

 

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG (bis zum FrÄG 2015: "rechtskräftig") auf Dauer für unzulässig erklärt wird (bis zum FrÄG 2015: "wurde"). Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

 

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Im ersten Spruchteil des Spruchpunktes I. wurde dem Beschwerdeführer eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Asylgesetz 2005 nicht erteilt.

 

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung wurde weder vom Beschwerdeführer behauptet, noch gibt es dafür im Verwaltungsakt irgendwelche Hinweise.

 

Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

 

Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Antragstellung am 10.08.2010 bis dato zwar eine gewisse, auch auf - dem Beschwerdeführer nicht zuzurechnende - Verzögerungen zurückgehende Dauer. Der seit 10.08.2010 andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers beruhte dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.

 

Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der Beschwerdeführer führt seinen eigenen Angaben zwar eine Lebensgemeinschaft mit einer slowakischen Staatsbürgerin in Österreich, kennt diese Person seinen eigenen Angaben zufolge aber erst seit Sommer 2017 und wohnt erst seit November 2017 mit ihr an derselben Adresse.

 

Im Lichte des Art. 8 EMRK ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt des volljährigen und gesunden Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit seiner Einreise in das Bundesgebiet rund sieben Jahre und sieben Monate gedauert hat. (vgl. dazu etwa das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 8. April 2008, Nnyanzi gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06, demzufolge der Gerichtshof es nicht erforderlich erachtete, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob während des fast zehnjährigen Aufenthalts des betreffenden Beschwerdeführers ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist).

 

Sofern der Beschwerdeführer vermeint, dass ihm insbesondere auch aufgrund seines bereits seit mittlerweile sieben Jahren und sieben Monaten andauernden Aufenthalts ein Aufenthaltsrecht zukäme, ist zunächst herauszustreichen, dass es in diesem Zusammenhang keinen Rechtserwerb allein durch Zeitablauf (im Sinne einer "Ersitzung") geben kann, zumal dafür keine gesetzliche Grundlage existiert. Vielmehr enthält § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz eine bloß demonstrative Aufzählung jene Umstände, die bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind (arg: "insbesondere"). Die "Dauer des bisherigen Aufenthaltes" ist dabei nur einer von mehreren Aspekten, die zugunsten oder zuungunsten des Fremden ins Kalkül zu ziehen sind.

 

Im Erkenntnis vom 26. Juni 2007, Zl. 2007/01/0479, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 17. März 2005, VfSlg. 17.516, und die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Fremdensachen darauf hingewiesen, dass auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen ist, zumal etwa das Gericht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (VwGH 17. 2. 2007. 2006/01/0216). Eine lange Dauer des Asylverfahrens macht für sich allein keinesfalls von vornherein eine Ausweisung unzulässig (VwGH 2010/22/0094).

 

Zugunsten des Beschwerdeführers ist ins Treffen zu führen, das er sich um seine berufliche Integration gekümmert hat und nicht sich entschied, von der Grundversorgung zu leben. Weiters spricht der Beschwerdeführer, obwohl er einen Deutschkurs weder besucht noch abgeschlossen hat, qualifiziert Deutsch.

 

Zu seinem Familienleben ist grundsätzlich auszuführen, dass das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK das Zusammenleben der Familie schützt. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979).

 

Unbestritten besteht zwischen jedem Elternteil und seinem Kind ein unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls schützenswertes familiäres Band, also grundsätzlich auch zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn. Wie der EGMR in seinem von der Beschwerdeführervertreterin selbst zitierten Urteil vom 12.07.2001, Rs 25702/94 in Rz 150 ausführt, bedarf es aber auch hier einer Beurteilung faktischer Umstände ("..the existence or non-existence of "family life" is essentially a question of fact depending upon the real existence in practice of close personal ties"). Der Beschwerdeführer ist zwar bemüht Kontakt zu seinem Sohn zu halten und besucht ihn etwa einmal im Monat bei der Pflegefamilie und hat regen Kontakt zu ihm über WhatsApp. Es ist aber zu relevieren, dass der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt mit seinem minderjährigen Sohn im gemeinsamen Haushalt gelebt hat, das Kind aktuell bei Pflegeeltern lebt, der Beschwerdeführer nicht über die Obsorge seines Sohnes verfügt und Beschwerdeführer der aus der Unterhaltsvereinbarung ergehenden Verpflichtung zur Zahlung des monatlichen Unterhaltsbeitrages für seinen Sohn nicht durchgehend nachgekommen ist. Dass er seinen Sohn nicht öfter als einmal pro Monat besuchen könne, rechtfertigte der Beschwerdeführer mit finanziellen Gründen.

 

Der Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn beschränkt sich also auf einen Besuch etwa einmal pro Monat, ansonsten stehen sie via Whatsapp in regem Kontakt wie der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung anhand von Fotos von seinem Sohn über dieses social media App nachweisen konnte. So mag es richtig sein, wie auch die vorgelegten Fotos darlegen, dass der Beschwerdeführer während dieser Treffen mit seinem Sohn z.B. Fußball spielt oder mit diesem auf dem Spielplatz oder zu Hause gespielt hat, es ist aber auch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer sein Kind lediglich einmal pro Monat besucht, weshalb für den erkennenden Richter allein aus diesen Umständen kein derartig ausgeprägtes Familienleben ersichtlich ist, welches eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen lassen würde. Dies auch insbesondere da der Beschwerdeführer nie über ein Obsorgerecht verfügt hat. Ein solches werde vom Beschwerdeführer zwar nach eigener Aussage angestrebt, aber ist indes nicht absehbar, ob ihm dieses auch jemals übertragen wird.

 

Es ist schließlich noch die Frage zu klären, (vgl VfGH 01.07.2009, U 992/08) ob ein Kontakt zu seinem Kind auch bei einer Ausweisung des Beschwerdeführers fortgesetzt werden kann, hier ob Besuche - respektive auch längere Aufenthalte - oder sonstiger Kontakt (etwa telefonischer oder mit Internettechnologien) zum Kind faktisch möglich und rechtlich ausreichend wären. Es ist für den Beschwerdeführer unabhängig vom Ausgangsstaat möglich und auch zumutbar seinen Sohn zu besuchen, bzw. Kontakt über das Internet oder Telefon zu halten, dies insbesondere da sich schon der bisherige Kontakt trotz derzeitiger räumlicher Nähe auf ein untergeordnetes Maß des Möglichen/Erlaubten beschränkt hat.

 

Im gegenständliche Fall ist zusammengefasst auszuführen, dass mit der Ausweisung des Beschwerdeführers weder eine besonders intensive Bindung abgebrochen und noch ein Familienband zerrissen werden. Dass die Trennung des Beschwerdeführers von seinem Sohn eine Traumatisierung des Kindes nach sich ziehen und die psychologische Entwicklung beeinflussen würde, wurde nicht behauptet und findet sich dafür auch kein Anhaltspunkt im Akt. Abgesehen davon ist aber, wenn selbst in einem Fall, in dem eine Trennung von einem Elternteil eine Traumatisierung mit sich bringt, eine solche laut EGMR angesichts mehrfacher Verurteilungen wegen schwerwiegender Vergehen keine Verletzung von Art 8 EMRK bedeutet (vgl. den Fall Sarközi und Mahran gegen Österreich), in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem zwar eine biologische Elternschaft besteht, aber kein tatsächliches Familienleben, ein Eingriff jedenfalls auch als verhältnismäßig angesehen werden muss.

 

Im gegenständlichen Verfahren liegt ein wenig ausgeprägtes Familienleben vor, die Ausweisung des Beschwerdeführers erweist sich demnach unter dem Aspekt des Familienlebens als rechtlich zulässig.

 

Der Beschwerdeführer führt zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt eine Beziehung mit einer slowakischen Staatsbürgerin in Österreich, kennt diese Person seinen eigenen Angaben zufolge aber erst seit Sommer letzten Jahres und wohnt erst seit November 2017 mit ihr an derselben Adresse. Zur Mutter seines Kindes hat er keinen Kontakt, sondern befindet sich sich laut Aussage des Beschwerdeführers nunmehr in Deutschland. Die Kindesmutter verfügt ebenso wie der Beschwerdeführer nicht über die Obsorge des gemeinsamen Sohnes.

 

Es wird seitens des erkennenden Richters nicht verkannt, dass die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers laut ZMR erst seit November 2017 und damit erst fünf Monate mit diesem an gemeinsamer Adresse wohnhaft ist. In der Beschwerdeverhandlung gab die Lebensgefährtin zeugenschaftlich befragt zwar an, schon seit August 2017 mit dem Beschwerdeführer zusammenzuwohnen, jedoch machen hier drei Monate Unterschied ohnehin keinen maßgeblichen Unterschied bei der Entscheidungsfindung aus.

 

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

 

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Im Fall des Beschwerdeführers, der keine nennenswerten Integrationsschritte in Österreich vorzuweisen hat, kommt hinzu, dass er mit den durch das Landesgerichts XXXX am 29.08.2011 rechtskräftig festgestellten Übertretungen gegen §§ 127, 229 Abs. 1, 223 Abs. 2, 224, 241e Abs. 3 StGB ein Verhalten gesetzt hat, das keine Achtung der (straf)rechtlich in Österreich (und insgesamt in der Union) geschützten Werte zeigt. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

 

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.

 

Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

 

Betreffend die mit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 9 FPG gleichzeitig festzustellenden Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. den Herkunftsstaat, ist auszuführen, dass keine Gründe vorliegen, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre.

 

Dementgegen kann auch nach wie vor von einem Bestehen von Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Heimatstaat Marokko ausgegangen werden. Der Beschwerdeführer reiste erst im Jahr 2010 aus Marokko aus und bestätigte er selbst, dass seine Mutter und seine beiden Halbschwestern noch dort aufhältig sind und auch zur Mutter regelmäßiger Kontakt bestehe. Von einer vollkommenen Entwurzelung des Beschwerdeführers kann daher nicht ausgegangen werden.

 

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.12.2003, 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.")

 

Vor diesem Hintergrund und nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen kann ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers jedenfalls als im Sinne des Artikels 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden.

 

Die im vorliegenden Beschwerdefall vorzunehmende Interessenabwägung schlägt somit zuungunsten des Beschwerdeführers und zugunsten des öffentlichen Interesses an seiner Außerlandesschaffung aus.

 

Zur Feststellung, dass eine Abschiebung gemäß § 46 nach Marokko zulässig ist (§ 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz 2005), ist ausführen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 2003, Zl. 2003/01/0059). Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich gesund und daher erwerbsfähig. Zudem handelt es sich bei dem Beschwerdeführer um einen gut ausgebildeten Mann und ist daher kein Grund ersichtlich, weshalb er seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht durch eine Arbeit als Stuckateur oder im Gastronomiebereich decken sollte. Zudem besteht ganz allgemein in Marokko derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

 

3.3.2. Zur Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

 

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Derartige "besondere Umstände" wurden von der Beschwerdeführerin nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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