BVwG I401 2166662-1

BVwGI401 2166662-19.11.2017

AlVG §11
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:I401.2166662.1.00

 

Spruch:

I401 2166662-1/9E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Andreas BRUGGER und Kurt DAPRÉ als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Innsbruck, vom 13.07.2017 betreffend "Erteilung einer Nachsicht nach dem AlVG" nach nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1.1. Mit Bescheid vom 22.05.2017 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Innsbruck (im Folgenden als belangte Behörde oder als AMS bezeichnet) aus, dass XXXX (im Folgenden als Beschwerdeführer bezeichnet) für den Zeitraum vom 09.05. bis 05.06.2017 gemäß § 11 AlVG kein Arbeitslosengeld erhalte und eine Nachsicht nicht erteilt werde.

 

Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe das Dienstverhältnis bei der K GmbH während der Probezeit freiwillig gelöst. Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

 

1.2. Mit Bescheid vom 07.07.2017 behob die belangte Behörde diesen Bescheid gemäß § 68 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 11 Abs. 2 AlVG zur Gänze.

 

Eine nochmalige Überprüfung des Falles habe ergeben, dass der Beschwerdeführer am 01.06.2017 zu arbeiten begonnen habe.

 

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

 

2.1. Mit Bescheid vom 22.02.2017 sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 15.02. bis 14.03.2017 kein Arbeitslosengeld erhalte und eine Nachsicht nicht erteilt werde.

 

Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe das Dienstverhältnis bei der Firma B. R. während der Probezeit freiwillig gelöst. Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

 

2.2. In einer (per eAMS-Konto an das AMS übermittelten) E-Mail vom 11.07.2017 äußerte der Beschwerdeführer, dass Leute, die sich schwer tun, eine ordentliche Arbeit zu finden, bestraft würden. So bekomme beispielsweise sein Nachbar, der schon ein Jahr zu Hause sei, Notstandshilfe bzw. Mindestsicherung. Außerdem bewohne dieser alleine eine 120² große Wohnung. Finde das AMS das in Ordnung? Dieser Person fehle es an gar nichts. Das wäre etwas für die Öffentlichkeit, nämlich wie in Österreich verschiedene Personen willkürlich behandelt würden.

 

2.3.1. Mit Bescheid vom 13.07.2017 wurde der Bescheid vom 22.02.2017 gemäß § 68 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 11 Abs. 2 AlVG dahingehend abgeändert, dass für den Zeitraum vom 15.02. bis 19.02.2017 eine Nachsicht erteilt wurde.

 

Begründend wurde dargelegt, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Beschwerdeführer am 15.03.2017 ein Dienstverhältnis bei der H. E. GmbH aufgenommen habe, welches nach fünf Tagen geendet habe. Da es sich nicht um eine nachhaltige Aufnahme einer Arbeit gehandelt habe, könne nur für diese fünf Tage (15.2. - 19.2.) eine Nachsicht erteilt werden.

 

2.3.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer eine als Einspruch bezeichnete Beschwerde vom 17.07.2017.

 

Er begründete sie im Wesentlichen damit, dass er schon am 11.07.2017 einen Einspruch bzw. eine Frage an das AMS gestellt habe, welche jedoch bis dato nicht beantwortet worden sei. Sollte die Vorgehensweise für die belangte Behörde so in Ordnung sein, werde er sich mit Sicherheit an diverse Stellen wenden. Er bitte daher, seine Fragen zu beantworten, ob das für sie so korrekt sei bzw. ersuche er nochmals um Nachsicht für den Zeitraum von 19.02. bis 15.03.2017, da er als Familienvater das Geld wirklich brauche.

 

Es sei nicht immer so, dass der Arbeitnehmer nicht arbeiten wolle. Auch die Arbeitgeber sollten sich an der Nase nehmen (Transport), besonders die beim AMS ein Jahres-ABO hätten. Sei es in Ordnung, wenn ein Langzeitarbeitsloser auf gut deutsch "pfusche"?

 

In der Hoffnung, dass seine Fragen beantwortet werden, verbleibe er.

 

2.4. In einer über das e-AMS Konto zugesandten Nachricht vom 17.07.2017 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass ihm der Bescheid erst am 14.07.2017 zugestellt worden sei. Er werde ersucht, die Gründe für die Beschwerde anzuführen, damit diese an die Landesgeschäftsstelle weitergeleitet werden könne. Die Beschwerde müsse folgende Kriterien erfüllen, und zwar die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, die Bezeichnung der belangten Behörde (= Geschäftsstelle des AMS, die den Bescheid erlassen habe), die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stütze bzw. - falls dies nicht zutreffe - eine Erklärung über den Umfang der Anfechtung, das Begehren und die Angaben, die erforderlich seien, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht worden sei, wobei der Tag, an dem er den Bescheid erhalten habe, anzugeben sei.

 

Der Bescheid vom 13.07.2017 wurde dem Beschwerdeführer über das e-AMS Konto nochmals zugestellt.

 

2.5. In der darauf folgenden Korrespondenz äußerte einerseits der Beschwerdeführer, die belangte Behörde könne seine gestellten Fragen beantworten, wenn sie sein Schreiben vielleicht einmal durchlesen würde, wobei es aber auch sein könnte, dass sie dies nicht wolle bzw. mit zweierlei Maß entscheide, andererseits teilte die belangte Behörde ihm unter anderem mit, dass die Beschwerde an die Landesgeschäftsstelle zur weiteren Bearbeitung weitergeleitet worden sei.

 

3. Mit Schreiben vom 04.08.2017 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Der Beschwerdeführer war am 03.02.2017 und im Zeitraum vom 06.02. bis 14.02.2017 als Arbeiter bei der T. B. GmbH voll- und arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt; er beendete das Dienstverhältnis in der Probezeit.

 

Im Zeitraum vom 15.03. bis 19.03.2017 unterlag er als Angestellter auf Grund des bei der H. E. GmbH begründeten Dienstverhältnisses der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht; es wurde in beiderseitigem Einvernehmen beendet.

 

Am 11.04.2017 war der Beschwerdeführer bei der t. p. s. GmbH, am 24.04.2017 bei der W. H. GmbH und am 08.05.2017 bei der K. P. E. GmbH beschäftigt. Diese Beschäftigungsverhältnisse wurden von ihm in der Probezeit gelöst.

 

In der Zeit vom 01.06. bis 30.06.2017 bzw. auf Grund der gewährten Urlaubsersatzleistung bis 02.07.2017 unterlag er der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht bei der H. H. Ö. GmbH. Dieses Beschäftigungsverhältnis wurde von der Dienstgeberin in der Probezeit gelöst.

 

Seit 03.07.2017 steht er in einem voll- und arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis zur S.-H. H. m. b.H.

 

1.2. Der Beschwerdeführer stellte am 24.11.2016, am 21.03.2017 und am 25.04.2017 einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld, welches ihm für den Zeitraum vom 24.11. bis 04.12.2016, vom 14.12. bis 26.12.2016, vom 30.01. bis 02.02.2017, vom 04.02. bis 05.02.2017, vom 15.02.bis 19.02.2017, vom 20.03. bis 10.04.2017, vom 25.04. bis 07.05.2017 und vom 09.05. bis 31.05.2017 gewährt wurde.

 

Im zuletzt angeführten Zeitraum bezog er zunächst kein Arbeitslosengeld. Es wurde ihm aber auf Grund einer nachträglich erteilten Nachsicht mit der Begründung wieder ausbezahlt, am 01.06.2017 (eine bis 02.07.2017 der Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG unterliegende) Beschäftigung aufgenommen zu haben.

 

Im relevanten Zeitraum vom 15.02. bis 14.03.2017 erhielt er zunächst kein Arbeitslosengeld. Für die Zeit vom 15.02. bis 19.02.2017 wurde es dem Beschwerdeführer im Nachhinein ausbezahlt.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zu den Beschäftigungszeiträumen, den Arbeitgebern, der Art der Beendigung der Beschäftigungsverhältnisse, den Anträgen auf Zuerkennung und den Zeiträumen des (Nicht‑) Bezuges von Arbeitslosengeld, und dazu, dass der Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 15.02. bis 14.03.2017 und vom 09.05. bis 31.05.2017 zunächst kein Arbeitslosengeld erhielt, es ihm auf Grund einer später erfolgten Nachsichterteilung für den Zeitraum vom 15.02. bis 19.02.2017 und für den gesamten zweiten Zeitraum nachträglich ausbezahlt wurde, ergeben sich aus einem Versicherungsdatenauszug des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger vom 30.10.2017 bzw. dem vorliegenden erstinstanzlichen Akt.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Zuständigkeit und anwendbares Recht:

 

§ 56 Abs. 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) in der geltenden Fassung lautet wie folgt:

 

"Über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle beträgt zehn Wochen."

 

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

 

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

 

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

 

Zu Spruchpunkt A):

 

3.2. Zulässigkeit der Beschwerde:

 

3.2.1. Gemäß § 9 Abs. 1 des VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

 

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

 

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

 

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

 

4. das Begehren und

 

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

 

3.2.2. Der mit "Prüfungsumfang" überschriebene § 27 des VwGVG lautet:

 

"Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

 

3.3.1. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht, dass für die Beurteilung des Charakters einer Eingabe ihr wesentlicher Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, und die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend ist.

 

Mangelt es der Beschwerde an den in § 9 Abs. 1 VwGVG genannten Inhaltserfordernissen, sind diese Mängel gemäß der - gemäß § 17 VwGVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anzuwendenden - Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG grundsätzlich einer Verbesserung zuzuführen.

 

Nach der zu § 63 Abs. 3 AVG ergangenen ständigen Rechtsprechung ist auch das Fehlen eines begründeten Berufungsantrages einer Verbesserung zugänglich. An die Begründung eines Rechtsmittels sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Die Berufung muss, um den gesetzlichen Erfordernissen zu entsprechen, nur erkennen lassen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. den Beschluss des VwGH vom 30.03.2017, Ra 2015/07/0121, mwN).

 

3.3.2. Im vorliegenden Fall lässt sich aus dem gesamten unter Punkt I. 2.3.2. wiedergegebenen Vorbringen in der Beschwerde entnehmen, dass sich diese gegen den Bescheid vom 13.07.2017, mit dem (nur) für den Zeitraum vom 15.02 bis 19.02.2017 eine Nachsicht erteilt wurde, richtet. Die Beschwerde enthält zudem ein klar zum Ausdruck gebrachtes Begehren, eine Nachsicht auch für den Zeitraum vom 19.02. bis 15.03.2017 zu erteilen. Aus der Begründung, als Familienvater brauche er das (Arbeitslosen‑) Geld, lässt sich der Standpunkt des Beschwerdeführers, der Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes treffe ihn unverhältnismäßig, hinreichend erkennen, aus welchen Gründen er den Bescheid vom 13.07.2017 bekämpft.

 

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid daher rechtzeitig und zulässig eine begründete Beschwerde.

 

3.4. Entscheidung in der "Sache":

 

3.4.1. § 11 AlVG in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2007 lautet:

 

"(1) Arbeitslose, deren Dienstverhältnis in Folge eigenen Verschuldens beendet worden ist oder die ihr Dienstverhältnis freiwillig gelöst haben, erhalten für die Dauer von vier Wochen, gerechnet vom Tage der Beendigung des Dienstverhältnisses an, kein Arbeitslosengeld. Dies gilt auch für gemäß § 3 versicherte Personen, deren Erwerbstätigkeit in Folge eigenen Verschuldens oder freiwillig beendet worden ist.

 

(2) Der Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes ist in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie zB wegen Aufnahme einer anderen Beschäftigung, freiwilliger Beendigung eines Dienstverhältnisses oder einer Erwerbstätigkeit aus zwingenden gesundheitlichen Gründen oder Einstellung der Erwerbstätigkeit wegen drohender Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit oder bei Saisonabhängigkeit wegen Saisonende, nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen."

 

3.4.2. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in seinem Erkenntnis vom 19.01.2011, Zl. 2009/08/0272, unter anderem folgende Rechtsansicht:

 

"Seit der Novelle BGBl I Nr. 142/2000 lautet § 11 erster Satz:

 

"Arbeitslose, deren Dienstverhältnis infolge eigenen Verschuldens beendet worden ist oder die ihr Dienstverhältnis freiwillig gelöst haben, erhalten für die Dauer von vier Wochen, gerechnet vom Tage der Beendigung des Dienstverhältnisses an, kein Arbeitslosengeld."

 

§ 11 AlVG zweiter Satz in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 104/2007 lautet:

 

"Der Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes ist in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie zB wegen Aufnahme einer anderen Beschäftigung, freiwilliger Beendigung eines Dienstverhältnisses oder einer Erwerbstätigkeit aus zwingenden gesundheitlichen Gründen oder Einstellung der Erwerbstätigkeit wegen drohender Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit oder Saisonabhängigkeit wegen Saisonende, nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen."

 

Die Anforderungen an die Arbeitswilligkeit werden in den (systematisch miteinander zusammenhängenden) §§ 9 bis 11 AlVG näher geregelt. Während § 9 AlVG jene Fälle regelt, in denen Arbeitslosigkeit bereits eingetreten ist, der Arbeitslose jedoch an der Beendigung dieses Zustandes nicht hinreichend mitwirkt, bestimmt § 11 in Ergänzung dazu, dass die in § 10 AlVG vorgesehene Sanktion des Verlustes des Anspruches auf Arbeitslosengeld auch denjenigen treffen soll, der den Zustand der Arbeitslosigkeit infolge Auflösung seines Dienstverhältnisses selbst herbeiführt (vgl. das zur Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 142/2000 ergangene Erkenntnis vom 04.042002, Zl. 99/08/0092, mwN).

 

Gemäß § 11 zweiter Satz AlVG ist der Ausschluss vom Leistungsbezug in berücksichtigungswürdigen Fällen ganz oder teilweise nachzusehen. Mit der Novelle BGBl I Nr. 142/2000 fiel die Formulierung "ohne triftigen Grund" in § 11 erster Satz AlVG weg. Nach dem Bericht des Budgetausschusses (369 BlgNR 21. GP ) sollen bei einer freiwilligen Lösung des Dienstverhältnisses allenfalls vorliegende Nachsichtgründe, die die Auflösung eines Dienstverhältnisses rechtfertigen können, künftig nur mehr im Wege eines Nachsichtsverfahrens nach Anhörung des Regionalbeirats geprüft werden.

 

Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber mit der Änderung des § 11 durch die Novelle BGBl. I Nr. 77/2004 die Prüfung von im Einzelfall vorliegenden subjektiven Faktoren der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung in den Bereich der Nachsichtgewährung verlegen wollte. Weder dem Gesetz noch den Materialien ist aber zu entnehmen, dass dabei der Maßstab für deren Beachtlichkeit geändert werden soll. Die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätze zum Vorliegen von "triftigen Gründen" im Sinne des § 11 erster Satz AlVG alte Fassung sind daher auch für die Beurteilung der "berücksichtigungswürdigen Gründe" im Sinne des § 11 erster Satz AlVG neue Fassung heranzuziehen. Insbesondere sind für die Beurteilung des Vorliegens von Nachsichtsgründen im Sinne des § 11 erster Satz AlVG neue Fassung Zumutbarkeitsgesichtspunkte maßgebend, wie sie etwa § 9 Abs. 2 und 3 AlVG auch für den arbeitslos gewordenen Versicherten im Hinblick auf dessen Verpflichtung, eine vom Arbeitsmarktservice vermittelte oder sich bietende Arbeitsgelegenheit zu ergreifen, vorsieht. Soweit das Arbeitsverhältnis betreffende Umstände für die Auflösung eines Dienstverhältnisses in Betracht kommen, wird es sich zwar nicht nur um Vorfälle handeln müssen, die einen Austrittsgrund im Sinne des Arbeitsvertragsrechtes (etwa im Sinne des § 26 Angestelltengesetz und verwandter Rechtsvorschriften) darstellen, zumindest aber um solche, die einem solchen wichtigen Grund zumindest nahe kommen. Jedenfalls hat die bei Anwendung des § 11 AlVG vorzunehmende Zumutbarkeitsprüfung die gänzlich anders geartete Situation des in Beschäftigung Stehenden (zum Unterschied zu dem bereits arbeitslos Gewordenen) zu berücksichtigen (vgl. dazu das Erkenntnis vom 04.06.2008, Zl. 2007/08/0063).

 

Durch die Novelle zum AlVG mit BGBl. I Nr. 104/2007 wurde durch die Einbeziehung neuer Personengruppen in die Arbeitslosenversicherung lediglich eine Erweiterung der in § 11 Abs. 2 AlVG beispielsweise aufgezählten berücksichtigungswürdigen Fällen vorgenommen; es bleibt aber durch die unveränderte Einleitung des Nebensatzes in § 11 Abs. 2 leg. cit. ("wie zB ") weiterhin evident, dass neben den aufgezählten Fällen auch andere Umstände berücksichtigungswürdige Fälle darstellen können (so auch ein Wohnsitzwechsel, vgl. das Erkenntnis vom 26.01.2000, Zl. 99/08/0137)."

 

3.4.3. Freiwillige Beendigung des Dienstverhältnisses:

 

Im konkreten Fall wurde vom Beschwerdeführer nicht bestritten und es ergeben sich auch aus dem vorliegenden Verwaltungsakt der belangten Behörde keine gegenteiligen Anhaltspunkte dafür, dass er das bei der T. B. GmbH im Zeitraum vom 06.02. bis 14.02.2017 bestehende Dienstverhältnis in der Probezeit gelöst hat.

 

Damit verfügte die belangte Behörde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 22.02.2017 zu Recht, dass er für die Zeit vom 15.02. bis 14.03.2017 kein Arbeitslosengeld erhält.

 

3.4.4. Vorliegen von Nachtsichtsgründen:

 

Der Beschwerdeführer nahm unmittelbar nach der mit 14.03.2017 endenden vierwöchigen Sperrfrist am 15.03.2017 eine die Arbeitslosigkeit ausschließende andere Beschäftigung auf. Damit lag die Voraussetzung für einen der beiden im § 11 Abs. 2 AlVG explizit angeführten Tatbestände eines berücksichtigungswürdigen Falles für eine Nachsichterteilung jedenfalls vor (vgl. das Erk. des VwGH vom 01.06.2001, Zl. 2000/19/0136, wonach die Aufnahme einer neuen Beschäftigung binnen acht Wochen [das ist die Frist gemäß § 10 Abs. 1 AlVG] nach dem Ende des Dienstverhältnisses rechtzeitig war, um die Erteilung einer Nachsicht zu rechtfertigen).

 

3.4.5. Gegenständlich ist damit zu beurteilen, ob infolge der fünf Tage dauernden Beschäftigung der Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes ganz, worauf das Begehren des Beschwerdeführers gerichtet ist, oder teilweise, wie die belangte Behörde im bekämpften Bescheid zum Ausdruck brachte, nachzusehen ist.

 

Im vorliegenden Fall lag ein Grund nur für eine teilweise Nachsicht vor. Bei einer Aufnahme einer Beschäftigung, welche nur für die Dauer von fünf Tagen erfolgt ist, kann keine Rede davon sein, dass dadurch ein Ausgleich der durch eine kurze Beschäftigung entstandenen negativen Konsequenzen für die Versichertengemeinschaft bewirkt wird (vgl. zur Erteilung einer Nachsicht nach § 10 Abs. 3 AlVG das Erk. des VwGH vom 24.02.2016, Ra 2016/08/0001, mwN).

 

Sonstige berücksichtigungswürdige Gründe wurden vom Beschwerdeführer nicht behauptet und konnten solche nicht festgestellt werden.

 

3.4.6. Auf die in der E-Mail vom 11.07.2017 geäußerten Vorwürfe des Beschwerdeführers, dass Leute, die sich schwer tun, eine ordentliche Arbeit zu finden, bestraft würden, sein Nachbar, der schon ein Jahr zu Hause in einer großen Wohnung lebe, Notstandshilfe bzw. Mindestsicherung bekomme und es diesem an nichts fehle sowie in Österreich Personen willkürlich unterschiedlich behandelt werden, braucht mangels eines konkreten Bezuges zum gegenständlichen Beschwerdefall nicht näher eingegangen zu werden.

 

3.4.7. Was die Ausführungen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, als Familienvater brauche er das Arbeitslosengeld, ihn also der Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes unverhältnismäßig treffe, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, dass berücksichtigungswürdig im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG Gründe sind, die dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug der Leistung den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter träfe, als dies sonst allgemein der Fall ist. Es kommt dabei aber nicht auf persönliche finanzielle Umstände an, wie etwa Sorgepflichten (vgl. das Erk. des VwGH vom 12.09.2012, Zl. 2009/08/0247; u.a.).

 

3.4.8. Im gegenständlichen Fall lag zwar durch die Aufnahme einer anderen Beschäftigung durch den Beschwerdeführer unmittelbar nach der vierwöchigen Sperrfrist jedenfalls ein berücksichtigungswürdiger Grund im Sinne des § 11 Abs. 2 AlVG für die Erteilung einer Nachsicht vor, durch die kurze Dauer der Beschäftigung vom 15.03. bis 19.03.2017 jedoch ein solcher, der eine Nachsicht vom Ausschluss des Arbeitslosengeldes nur von fünf Tagen rechtfertigt.

 

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet.

 

3.4.9. Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung:

 

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

 

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. Es wurden für die gegenständliche Entscheidung keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (vgl. das Erk. des VwGH vom 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080).

 

Der tatsächlich entscheidungsrelevante Sachverhalt ist unstrittig. In der gegenständlichen Entscheidung war nur über eine Rechtsfrage abzusprechen. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt näher zu erörtern (vgl. die Erk. des VwGH vom 23.01.2003, Zl. 2002/20/0533, vom 01.04.2004, Zl. 2001/20/0291).

 

Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung zur Ermessensübung dahingehend, in welchem Ausmaß eine Nachsicht von der Sperrfrist ganz oder teilweise zu gewähren ist. noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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