BVwG W249 2164710-1

BVwGW249 2164710-19.10.2017

B-VG Art.133 Abs4
TKG 2003 §107 Abs1
TKG 2003 §107 Abs2 Z1
TKG 2003 §107 Abs3
TKG 2003 §109 Abs3 Z20
TKG 2003 §113 Abs5a
TKG 2003 §92 Abs3
VStG 1950 §19 Abs1
VStG 1950 §19 Abs2
VStG 1950 §21
VStG 1950 §45 Abs1
VStG 1950 §45 Abs1 Z4
VStG 1950 §5 Abs1
VStG 1950 §5 Abs2
VStG 1950 §64
VStG 1950 §9 Abs1
VStG 1950 §9 Abs7
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §38
VwGVG §52 Abs1
VwGVG §52 Abs2
VwGVG §52 Abs6

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W249.2164710.1.00

 

Spruch:

W249 2164710-1/15E

 

W249 2165009-1/15E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ingrid ZEHETNER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX und

2.) XXXX , beide vertreten durch XXXX , gegen die Straferkenntnisse des FERNMELDEBÜROS FÜR WIEN, NIEDERÖSTERREICH UND BURGENLAND vom 06.06.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.09.2017 und 04.10.2017 zu Recht:

 

A)

 

I. Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

 

II. Gemäß § 52 Abs. 1, 2 und 6 VwGVG hat XXXX einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von EUR XXXX ,-- binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

 

III. Gemäß § 52 Abs. 1, 2 und 6 VwGVG hat XXXX einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von EUR XXXX ,-- binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

 

IV. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 9 Abs. 7 VStG haftet die XXXX für die dem Erstbeschwerdeführer in Spruchpunkt II. auferlegten Kosten des Strafverfahrens im angeführten Ausmaß zu ungeteilter Hand.

 

V. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 9 Abs. 7 VStG haftet die XXXX für die dem Zweitbeschwerdeführer in Spruchpunkt III. auferlegten Kosten des Strafverfahrens im angeführten Ausmaß zu ungeteilter Hand.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Mit dem ersten angefochtenen Straferkenntnis entschied die belangte Behörde betreffend XXXX (im Folgenden: Erstbeschwerdeführer) wie folgt:

 

"Sie sind und waren zum ua Zeitpunkt Geschäftsführer der XXXX , somit deren außenvertretungsbefugtes Organ und gem § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz - VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher und haben daher dafür einzustehen, dass von Ihrem Unternehmen aus am 3.11.2016, 16:59 Uhr eine E-Mail (Absenderadresse XXXX ), somit elektronische Post, zu Zwecken der Direktwerbung für die Veranstaltung XXXX und die dabei vorgestellten Produkte/Dienstleistungen Ihres Unternehmens an Herrn XXXX (E-Mailadresse XXXX ) versendet wurde, ohne dass dieser Ihnen oder Ihrem Unternehmen vorher eine Einwilligung zur Zusendung von Werbe-E-Mails erteilt hat."

 

Es wurde festgehalten, dass der Erstbeschwerdeführer dadurch "§ 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003, BGBl. I 70/2003 idF BGBl. I 6/2016 iVm § 9 Abs. 1 VStG" verletzt habe. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über Erstbeschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von EUR XXXX ,-- (Ersatzfreiheitsstrafe XXXX Stunden) gemäß § 109 Abs. 3 Z 20 TKG verhängt. Samt dem Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von EUR XXXX ,-- (§ 64 VStG) betrug der zu zahlende Gesamtbetrag insgesamt EUR XXXX ,--. Gemäß § 9 Abs. 7 VStG wurde verfügt, dass die XXXX für die verhängte Geldstrafe im angeführten Ausmaß zur ungeteilten Hand zu haften habe.

 

Das zweite, ebenfalls angefochtene Straferkenntnis hatte - bis auf den Beschuldigten - einen identen Wortlaut und erging unter derselben Geschäftszahl zum selben Datum an XXXX (im Folgenden: Zweitbeschwerdeführer).

 

2. In ihrer Begründung führte die belangte Behörde insbesondere aus:

 

Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer seien zum Zeitpunkt der Versendung der verfahrensgegenständlichen E-Mail Geschäftsführer der XXXX (in Folge kurz XXXX ) gewesen. Der XXXX sei auch die E-Mailadresse XXXX zuzuordnen.

 

Feststehe und es sei auch vom Erst- und Zweitbeschwerdeführer zugegeben worden, dass ausgehend von dieser E-Mailadresse die ggstl. E-Mail an den Anzeiger XXXX gesendet wurde. Die E-Mailadresse XXXX des Anzeigers sei ihrem Unternehmen seit 2013 bekannt gewesen, da sich dieser 2013 für Produkte der XXXX interessiert habe. Weder habe eine aufrechte Geschäftsbeziehung zwischen der XXXX und dem Anzeiger bestanden, noch bestehe diese. Der Anzeiger habe vorher keine ausdrückliche Einwilligung zur gegenständlichen Zusendung erteilt. Die XXXX verwende ein Customer Relationship Management System (CRM-System), in das unter anderem E-Mailadressen von Personen und Unternehmen eingetragen würden, die Interesse an den Produkten der XXXX hätten, ohne dass diese bezüglich der Produkte tatsächlich einen Vertrag mit der XXXX abgeschlossen hätten.

 

Nach Vorhalt des strafbaren Verhaltens mit Aufforderung zur Rechtfertigung und Akteneinsicht hätten der Erst- und Zweitbeschwerdeführer durch ihren Rechtsvertreter eine schriftliche Rechtfertigung erstattet. In dieser hätten sie im Wesentlichen ausgeführt, dass keine Verwaltungsübertretung vorliege, da der Anzeiger seit dem Jahr 2013 im System als Interessent an Produkten von XXXX hinterlegt sei und die Möglichkeit erhalten habe, weitere Nachrichten abzulehnen, indem der Hyperlink XXXX in dem E-Mail klar und deutlich ersichtlich gewesen sei. Weiters sei der subjektive Tatbestand nicht erfüllt, da fahrlässiges Handeln einen doppelten Sorgfaltsverstoß voraussetze. Es läge kein schuldhaftes Handeln vor. Der Erst- und Zweitbeschwerdeführer hätten ein geeignetes und ausreichend funktionierendes Kontrollsystem eingerichtet, das schuldhaftes Handeln eines Geschäftsführers ausschließe. Es handle sich bei dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren um das erste seiner Art gegen den Erst- und Zweitbeschwerdeführer. Es liege, wenn überhaupt, ein einmaliges Versehen vor. Sollte die Behörde der Ansicht sein, dass tatsächlich eine Verwaltungsübertretung vorliege und die Beeinträchtigung für das gesetzliche Rechtsgut derart intensiv sei, dass keine Einstellung des Verfahrens in Frage komme, sei aus Gründen der General- und Spezialprävention eine Ermahnung ausreichend.

 

Rechtlich hielt die belangte Behörde in den angefochtenen Straferkenntnissen insbesondere fest, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen E-Mail um elektronische Post iSd Bestimmung des § 107 Abs. 2 TKG 2003 und der Definition des § 92 Abs. 3 Z 10 leg. cit. handle. Es gebe im TKG 2003 keine Definition der Direktwerbung. Im Sinne der Gesetzesmaterialien und der höchstgerichtlichen Judikatur sei der Begriff der Werbung weit auszulegen. Er erfasse jede elektronische Post, die für ein bestimmtes Produkt, aber auch für eine bestimmte Idee werbe oder dafür Argumente liefere. Darunter falle auch jede Maßnahme, die dazu diene, auf ein eigenes Bedürfnis und die Möglichkeit seiner Befriedigung hinzuweisen, wobei auch schon die Anregung zur Inanspruchnahme bestimmter Leistungen diesem Begriff unterstellt werden könne. Dabei hindere eine Gestaltung als Newsletter oder Informationsmail die Qualifikation als Werbung nicht (vgl dazu OGH 30.9.2009, 7 Ob 168/09w mwH, VwGH 19.12.2013, Zl 2011/03/0198). In Anbetracht der Tatsache, dass durch die Bestimmung des § 107 TKG die Privatsphäre geschützt werden solle, sei der Begriff der Direktwerbung daher weit auszulegen und umfasse nicht nur das, was gemeinhin als Werbung verstanden werde und sich auf die Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen beziehe. Der von der Rechtsprechung in Anlehnung an die Gesetzesmaterialien herausgebildete Begriff "Direktwerbung" sei somit weiter als jener, der in der Rechtfertigung des Erst- und Zweitbeschwerdeführers wiedergegeben sei.

 

Auch eine bloße Einladung – wie in der Rechtfertigung vorgebracht - entspreche der von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Definition der Direktwerbung. Mit einer Einladung zu einer Veranstaltung sei auch eine Darstellung der bzw. eine Information über die wesentlichen Eckpunkte einer Veranstaltung verbunden; überdies enthalte der Text der versendeten Nachricht nicht nur um eine bloße Veranstaltungseinladung, sondern werde für den bei der Veranstaltung behandelten Themenkreis darauf hingewiesen, dass XXXX für diesen entsprechende Produkte und Dienstleistungen anbiete und sollten diese bei der Veranstaltung " XXXX " auch vorgestellt werden, wobei bei lebensnaher Betrachtung das Ziel einer solchen Vorstellung selbstredend eine Absatzsteigerung der vertriebenen Produkte sei. Es bestehe somit aus Sicht der belangten Behörde kein Zweifel daran, dass die versendete Nachricht elektronische Post zu Zwecken der Direktwerbung darstelle.

 

Gemäß § 107 Abs. 2 Z 1 TKG dürfe elektronische Post zu Zwecken der Direktwerbung nur an Empfänger versendet werden, die dazu vorher eine Einwilligung erteilt hätten. Eine eigenständige Definition der Einwilligung oder Zustimmung fehle im TKG 2003. Gemäß § 92 Abs. 1 S. 2 TKG 2003 seien, soweit das TKG nicht anderes bestimme, auf die im TKG geregelten Sachverhalte die Bestimmungen des Datenschutzgesetztes 2000 (DSG 2000) anzuwenden, sodass eine Einwilligung dann vorliege, wenn entweder eine ausdrückliche Willenserklärung oder eine konkludente Willenserklärung gegeben sei, wobei es bei Letzterer darauf ankomme, ob ein bestimmtes Verhalten unzweifelhaft als Einwilligung zum Erhalt von elektronischer Post zu Werbezwecken verstanden werden könne.

 

In der Rechtfertigung sei zuerst ausgeführt, der Anzeiger habe keine einwilligungslose Zusendung erhalten und sei auf dessen "ältere" und "neuere" E-Mailadresse verwiesen worden. Warum aus der Tatsache, dass die verfahrensgegenständliche E-Mail an eine "ältere" E-Mailadresse des Anzeigers, die dieser anscheinend nicht mehr verwende, gesendet wurde, das Vorliegen einer Einwilligung folgen solle, erschließe sich für die belangte Behörde nicht. Dass es bezüglich der angeschriebenen E-Mailadresse XXXX eine entsprechende Einwilligungserklärung gebe, sei nicht behauptet worden. Die belangte Behörde gehe zwar davon aus, dass die E-Mailadresse seit 2013 als E-Mailadresse eines Interessenten an den Produkten der XXXX in deren System gespeichert sei. Die Bekundung eines Interesses an Produkten oder Dienstleistungen stelle aber keine Einwilligungserklärung iSd Definition des DSG 2000 dar. Eine ausdrückliche Einwilligung des Anzeigers habe somit nicht vorgelegen.

 

Zum Vorbringen in der Rechtfertigung, dass aufgrund § 107 Abs. 3 TKG eine Einwilligung auch gar nicht erforderlich gewesen sei, führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass dafür zunächst Voraussetzung sei, dass der Versender der Nachricht die elektronische Kontaktinformation im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware/eines Produkts oder einer Dienstleistung an seinen Kunden erhalten habe. Damit normiere das TKG 2003 in Übereinstimmung mit dem Erwägungsgrund 41 der RL 2002/58/EG und deren Art. 13 Abs. 2, dass Grundvoraussetzung für eine Zusendung ohne Zustimmung ein bestehendes Kunden- bzw. Geschäftsverhältnis sei. Der Anzeiger habe in seiner Anzeige angegeben, XXXX nicht zu kennen. Für die belangte Behörde sei das ein eindeutiges Indiz für eine nicht bestehende Geschäftsbeziehung, wenn die belangte Behörde auch davon ausgehe, dass der Anzeiger sich für die Produkte der XXXX interessiert habe. In der Rechtfertigung werde auch nur davon gesprochen, dass der Anzeiger Interesse an Produkten der XXXX geäußert habe; im vorliegenden Fall könne damit von einer bestehenden Kundenbeziehung nicht gesprochen werden, da es zu keinem Vertragsabschluss gekommen sei. Die Wortfolge "im Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat" sei keinesfalls so auszulegen, dass damit jede Handlung gemeint sein solle, die nur irgendwie im Zusammenhang mit einem Warenkauf oder dem Bezug einer Dienstleistung stehe - wie zB das Einholen einer Offerte oder eines Kostenvoranschlags oder etwa die Bestellung eines Katalogs per E-Mail. In diesen Fällen bestehe eine Kundenbeziehung gerade noch nicht. Man könne hier lediglich von Personen sprechen, die ein Interesse an der Ware oder Dienstleistung hätten, somit allenfalls von potentiellen, nicht jedoch bestehenden Kunden. Die Voraussetzung des § 107 Abs. 3 Z 1 TKG 2003 sei somit nicht erfüllt.

 

Aus diesen Gründen sei der objektive Tatbestand der angelasteten Übertretung erfüllt. Es handele sich bei dieser um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 VStG, sodass bereits eine fahrlässige Tatbegehung für die Strafbarkeit ausreichend sei. In der Rechtfertigung sei das bei XXXX vorhandene Kontrollsystem umrissen worden, es sei aber nicht im Detail dargelegt worden, wie dieses funktioniere, sodass die belangte Behörde nicht in der Lage zu beurteilen sei, ob das System an sich geeignet sei, Übertretungen des § 107 Abs. 2 TKG hintan zu halten. Auch wenn das eingerichtete Kontrollsystem durchaus abstrakt dazu geeignet sein möge, Verstöße gegen die verletzte Bestimmung zu vermeiden, so beruhe dieses allerdings zT auf einer nicht rechtskonformen Annahme, die dazu führe, dass dem System zwangsläufig in Konstellationen wie der vorliegenden der Erfolg versagt bleiben müsse, womit ein taugliches Kontrollsystem nicht vorliege. Entsprechend dem Vorbringen in der Rechtfertigung sei davon auszugehen, dass jede der XXXX bekannte Kontaktinformation in deren CRM-System gespeichert werde, was an sich aus telekommunikationsrechtlicher Sicht keinen Einwänden begegne. An die gespeicherten Kontakte würden dann auch - solange diese weiteren Zusendungen nicht widersprochen haben - Werbe-E-Mails versendet. Das passiere offenbar in der Annahme, dass auch - neben tatsächlichen Kunden und angemeldeten Newsletterbeziehern - an die an den Produkten des Unternehmens interessierten Personen ohne Vorliegen einer Einwilligung Werbe-E-Mails versendet werden könnten oder dass die Kontaktaufnahme als Einwilligung zu sehen sei. Jedoch reiche eine bloße Kontaktaufnahme nicht aus, um eine Einwilligung zur Zusendung von Werbe-E-Mails zu vermitteln und führe auch nicht dazu, dass eine Einwilligung zur Zusendung von Werbe-E-Mails gar nicht notwendig sei. Es befänden sich somit Daten im CMR-System, die aus Unternehmenssicht verständlicher Weise gespeichert werden, die aber für die Versendung von Werbe-E-Mails nicht herangezogen werden dürften, weil sie mit keiner entsprechenden Einwilligung verknüpft seien. Da diese Daten genauso behandelt würden, wie die Daten von bestehenden Kunden oder angemeldeten Newsletterbeziehern, könne das vorhandene Kontrollsystem bei diesen Daten nicht greifen, sodass letztlich Übertretungen sehr wahrscheinlich seien. Dieses Risiko habe sich im konkreten Fall auch verwirklicht. Es sei somit diesbezüglich von einer fahrlässigen Unternehmensorganisation zu sprechen und einem nicht tauglichen Kontrollsystem.

 

Das entsprechende Organisationsverschulden sei dem Erst- und Zweitbeschwerdeführer als jeweils verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher Person anzulasten. Jeder Normunterworfene habe sich mit den für seine Tätigkeiten bestehenden Rechtsvorschriften vertraut zu machen, woraus folge, dass man entsprechende Erkundigungen bei den zuständigen Behörden einzuholen habe, was nicht vorgebracht worden sei. Ein mangelndes Verschulden sei damit nicht glaubhaft gemacht worden und der Erst- sowie der Zweitbeschwerdeführer hätten daher für die angelastete Übertretung auch in subjektiver Hinsicht einzustehen.

 

Bei der Bemessung der Strafe sei auf § 19 VStG Bedacht zu nehmen. Das rechtlich geschützte Interesse, keine unerbetenen Werbenachrichten zu erhalten, sei durch die Übertretung nicht nur unerheblich verletzt, sodass der Unrechtsgehalt der Tat und die Beeinträchtigung des Rechtsgutes durch die unerbetene Nachricht nicht gering seien. Auch der Gesetzgeber habe durch die mögliche Höchststrafe von 37.000,-- Euro deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er Übertretungen dieser Art einen sehr hohen Unrechtsgehalt beimesse. Das geschützte Rechtsgut sei daher jedenfalls als bedeutend anzusehen und sei durch die Übertretung auch nicht nur unwesentlich beeinträchtigt worden. Das den Tatbestand verwirklichende Verhalten bleibe auch nicht erheblich hinter dem in der verletzten Bestimmung normierten Unrechts- und Schuldgehalt zurück, unterscheide sich somit nicht von den regelmäßig durch die Behörde bestraften Übertretungen des § 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003, sodass ein Absehen von der Strafe und der Ausspruch einer Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG oder gar eine Verfahrenseinstellung nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG nicht in Frage kämen. Dem Erst- und Zweitbeschwerdeführer sei ein Verschulden in Form von nicht nur leichter Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Als Milderungsgrund seien die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu berücksichtigen gewesen. Erschwerungsgründe seien keine hervorgekommen. Zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie zu allfälligen Sorgepflichten seien keine Angaben gemacht worden. Die finanziellen Verhältnisse seien daher zu schätzen und als zumindest durchschnittlich einzustufen gewesen. Die Strafe sei somit jedenfalls tat- und schuldangemessen.

 

3. Gegen diese Straferkenntnisse erhoben der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer jeweils fristgerecht Beschwerde, mit welcher die beiden Straferkenntnisse wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten wurden. Es wurde jeweils der Antrag gestellt, "das Verwaltungsgericht möge (i) gemäß § 44 VwGVG eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen, (ii) gemäß § 130 Abs. 4 B-VG und § 28 Abs. 2 VwGVG in der Sache selbst entscheiden und (iii) die angefochtenen Straferkenntnisse ersatzlos beheben und das Verfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 VStG einstellen, in eventu (iv) es aufgrund der Geringfügigkeit des Verschuldens der Beschwerdeführer sowie der unbedeutenden Folgen der allfällig begangenen Verwaltungsübertretung bei einer Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG bewenden lassen, in eventu (v) die Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß herabsetzen".

 

3.1. Der Erst- und Zweitbeschwerdeführer führten dabei insbesondere aus, dass die belangte Behörde sich nicht mit dem vorgebrachten Sachverhalt auseinander gesetzt habe; sie stelle ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, das dem Grundsatz der materiellen Wahrheit entspreche, einen den Ausführungen der Beschwerdeführer abweichenden Sachverhalt fest. Jedenfalls wären die beteiligten Mitarbeiter der XXXX zu befragen gewesen.

 

3.2. Zum Kontrollsystem wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Mitarbeiter der Marketingabteilung den Inhalt von Werbe-E-Mails erstellen würden und sich um die optische Gestaltung kümmerten. Dabei würden sie auf die Einhaltung wettbewerbsrechtlicher Gesetzesbestimmungen achten. Die nachfolgende Kontrolle und Freigabe durch den zuständigen Mitarbeiter der Sales Abteilung, XXXX , umfasse daraufhin die Kontrolle der Eihaltung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften. Unter anderem überprüfe er, dass Werbe-E-Mails nicht an Kunden übermittelt würden, die dies nicht wünschten. Dies anhand der in dem CRM-System ersichtlichen Kennzeichnung jener Kunden, die die Zusendung von Werbung ablehnen. Alle anderen in dem CRM-System abgespeicherten Kunden hätten die Zustimmung bezüglich Werbe-Emails erteilt. Zudem überprüfe er, ob in den Werbe-E-Mails die Möglichkeit geboten werde, sich von weiteren Werbezusendungen abzumelden (Beweis: Zeuge XXXX ). Eine fahrlässige Unternehmensorganisation läge jedenfalls nicht vor; das von den Beschwerdeführern eingerichtete Kontrollsystem sei ausreichend und tauglich und begründe daher das Versagen dieses Kontrollsystems im Einzelfall keinen zur Strafbarkeit führenden Fehler.

 

3.3. Weiters sei der Tatbestand nach § 107 Abs. 2 TKG nicht erfüllt, da es sich bei dem versendeten E-Mail nicht um Direktwerbung handle. Direktwerbung läge erst dann vor, wenn für ein bestimmtes Produkt bzw. eine Idee geworben werde, dafür Argumente geliefert oder ein Hinweis auf ein eigenes Bedürfnis mit der Möglichkeit der Befriedigung desselben gegeben werde (OGH 30.09.2009, 7 Ob 168/09w). In dem ggstl. Email habe die XXXX weder für ein bestimmtes Produkt oder eine Idee geworben, noch habe sie Argumente für den Kauf ihrer Produkte geliefert oder auf ein Bedürfnis hingewiesen. Die XXXX habe lediglich auf die gemeinhin voranschreitende, digitale Entwicklung in modernen Unternehmensstrukturen hingewiesen und den Empfängern der E-Mail angeboten, sich über die neuesten Entwicklungen bei einer XXXX Veranstaltung zu informieren. Dass die beworbene Veranstaltung selbst möglicherweise der Absatzförderung diene, was jedenfalls nicht der Fall sei, wäre nicht tatbestandsmäßig, da die elektronische Post selbst Direktwerbung darstellen müsse. Das versendete E-Mail und die beworbene Veranstaltung hätten informativen Charakter. Nur einer von vier Vortragenden sei Angestellter der XXXX . Hätte das E-Mail oder die Veranstaltung einen Werbezweck verfolgt, hätten sicherlich nur Angestellte der XXXX Vorträge gehalten, da Angestellte von Drittfirmen keine Produkte der XXXX bewerben würden.

 

3.4. Die E-Mail-Adresse, an die das verfahrensgegenständliche E-Mail versandt worden sei, sei nicht öffentlich einsehbar; daraus sei ableitbar, dass der Anzeiger seine nicht öffentlich einsehbare E-Mail-Adresse der XXXX bewusst zur Verfügung gestellt haben müsse, um Informationen und Newsletter (Werbung) zu erhalten; die XXXX hätte sonst nie Kenntnis von dieser E-Mail-Adresse erlangt. Der Anzeiger habe eine konkludente Zustimmung zum Empfang von Direktwerbung abgegeben, da der einzige Grund, weshalb man einem Unternehmen seine E-Mail-Adresse zur Verfügung stelle, sei, um Informationen über Produkte und Entwicklungen des Unternehmens zu erhalten. Gerade weil die E-Mail-Adresse nicht öffentlich einsehbar sei, werde die Intention der Überlassung des Anzeigers, Werbung und Produktinformationen zu erhalten, deutlich.

 

3.5. In Erwägungsgrund 41. der RL 202/58/EG sei nur von einer bestehenden Kundenbeziehung die Rede; diese liege regelmäßig früher als eine Geschäftsbeziehung vor, da bei einer (bestehenden) Geschäftsbeziehung bereits ein Vertrag abgeschlossen worden sei, während eine Kundenbeziehung vom Erstberatungsgespräch an vorliege. Somit reiche die bloße Interessensbekundung regelmäßig aus, damit eine Kundenbeziehung vorliege und die Voraussetzung zur einwilligungslosen Zusendung von Direktwerbung erfüllt sei. Der Gesetzgeber habe den Wortlaut "in Zusammenhang mit" bewusst gewählt um klarzustellen, dass nicht nur der Verkauf oder eine Dienstleistung selbst, sondern auch bei davor oder danach gesetzten Handlungen die Voraussetzung für einwilligungslose Direktwerbung vorliege. Die Voraussetzung nach § 107 Abs. 3 TKG für zustimmungslose Übermittlung von Direktwerbung sei durch das vom Anzeiger gezeigte Interesse an Produkten, somit seine Bitte um Übermittlung von Informationen, erfüllt. Die Behauptung des Anzeigers, dass er die XXXX nicht kenne, sei unglaubhaft; es sei auch möglich, dass der Anzeiger Produkte der XXXX besitze und nutze, ohne zu wissen, dass diese von der XXXX stammten.

 

3.6. Weiters würden die Kunden der XXXX bei der Mitteilung ihrer Kontaktdaten den Hinweis erhalten, dass sie Direktwerbung erhalten werden und sie ihre diesbezügliche Ablehnung zum Ausdruck bringen können. In den AGB der XXXX werde ebenfalls auf die Verwendung der Daten zu Werbezwecken hingewiesen. Zudem werde den Empfängern in jeder Benachrichtigung die Möglichkeit gegeben, weitere Zusendungen abzulehnen (Hyperlink).

 

3.7. Weiters hätten die Beschwerdeführer den subjektiven Tatbestand nach § 107 TKG nicht erfüllt, da ein doppelter Sorgfaltsverstoß nötig sei und die Beschwerdeführer die für die Erstellung von Kunden-E-Mails zuständigen Mitarbeiter regelmäßig kontrolliert hätten. Das Versagen eines nach objektivem Maßstab hinreichend tauglichen Regel- und Kontrollsystems stelle im Einzelfall keinen zur Strafbarkeit führenden Fehler dar (VwGH 23.04.1996, 95/11/0411). Ebenso sei im vorliegenden Fall das durch § 107 TKG geschützte Rechtsgut nur geringfügig beeinträchtigt, weswegen das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 einzustellen gewesen wäre.

 

4. Am 08.08.2017 erstattete die XXXX nach Übermittlung der Beschwerden des Erst- und Zweitbeschwerdeführers durch das Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme, in der sie sich den Ausführungen und Anträgen dieser anschloss.

 

5. Am 19.09.2017 und am 04.10.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt; zu diesen erschienen der Rechtsvertreter des Erst- und Zweitbeschwerdeführers (RV), ein Vertreter der belangten Behörde (BehV), der Anzeiger als Zeuge (Z) sowie der Mitarbeiter der Sales Abteilung XXXX als Zeuge 2 (Z2). Auszugsweise wurde in den Verhandlungen wie folgt erörtert:

 

"[ ]

 

R: Haben Sie der Firma XXXX die Einwilligung für die Zusendung von Werbe-Emails erteilt?

 

Z: Nein.

 

R: Kennen Sie die Firma XXXX ?

 

Z: Natürlich, wer nicht.

 

R: Hatten oder haben Sie eine Geschäftsbeziehung zur Firma XXXX ?

 

Z: Meines Wissens nicht.

 

R: Können Sie sich erklären, wie die Firma XXXX zu Ihrer Email-Adresse gekommen ist?

 

Z: Nein.

 

R: Haben Sie vielleicht irgendwann einmal Interesse an Produkten dieser Firma bekundet? Können Sie sich erinnern, wie und wann?

 

Z: Nein, daran kann ich mich nicht erinnern; bei XXXX selbst nicht.

 

R: Ist die Email-Adresse XXXX eine alte Email-Adresse bzw. verwenden Sie diese auch aktuell? In welchem Verhältnis stehen die Email-Adressen XXXX sowie XXXX zu dieser Adresse?

 

Z: Die " XXXX " ist eine nicht mehr genutzte E-Mail-Adresse. Die XXXX ist die Firmen-E-Mail-Adresse, die XXXX meine Persönliche.

 

Nachgefragt gebe ich an, dass ich nicht weiß, wann ich die E-Mail-Adressen gewechselt habe.

 

RV an Z: Besitzen Sie selbst Produkte der Firma XXXX ?

 

Z: Nein.

 

RV an Z: Wenn Sie die E-Mail-Adresse XXXX nicht mehr benutzen, wie haben Sie dann überhaupt gemerkt, dass Sie ein E-Mail an diese Adresse bekommen haben?

 

Z: Diese E-Mail-Adresse ist zwar noch aktiv, steht aber auf keiner Homepage mehr.

 

RV an Z: Rufen Sie noch regelmäßig E-Mails von dieser Adresse ab?

 

Z: Die E-Mails von dieser Adresse werden automatisch an XXXX weitergeleitet.

 

RV an Z: War die E-Mail-Adresse XXXX jemals öffentlich?

 

Z: Ja.

 

RV an Z: Sie haben gesagt, Sie haben kein Interesse bei XXXX selbst bekundet; aber z. B. bei Vertragspartnern?

 

Z: Nein.

 

RV an Z: Haben Sie sich in weiterer Folge von dem Newsletter bei XXXX abgemeldet?

 

Z: Nein.

 

RV an Z: Warum nicht?

 

Z: Bei unbekannten E-Mails klicke ich grundsätzlich keine Links an.

 

RV an Z: In diesem E-Mail gab es auch eine E-Mail-Adresse zur Abbestellung des Newsletters, warum haben Sie diese nicht angeschrieben?

 

Z: Da ich nicht sagen konnte, ob diese z.B. ein Fake-Mail ist, habe ich nicht zurückgeschrieben, so etwas mache ich grundsätzlich nicht. Ich habe diesen Newsletter ja nicht bestellt, warum sollte ich etwas zurückschreiben.

 

RV an Z: Wenn Sie angenommen haben, dass das ein Fake-E-Mail oder ein Fishing-E-Mail ist, warum haben Sie das dann zur Anzeige gebracht?

 

Z: Ich habe nicht geglaubt, dass es ein Fake-E-Mail ist, ich habe gesagt, dass es eines sein könnte, ich möchte mit solchen E-Mails nichts zu tun haben.

 

BehV an Z: Haben Sie jemals von XXXX oder deren Vertragspartner eine Information darüber erhalten, dass diese die Adresse XXXX gespeichert haben und zur Versendung von Werbung verwenden wollen?

 

Z: Nein.

 

[ ]

 

R: BF1 und BF2 haben angegeben, dass der Anzeiger seit 2013 im System als Interessent an Produkten von XXXX hinterlegt ist. Können Sie Angaben machen, aus welchem Grund er als Interessent hinterlegt wurde?

 

Z2: Nein, ich kann keine Angaben dazu machen.

 

R: Können Sie Angaben dazu machen, wie der Anzeiger aus Ihrer Sicht seine Einwilligung zur Zusendung von Werbe-Emails erteilt hat?

 

Z2: Nein, dazu kann ich auch keine Angaben machen.

 

R: Wissen Sie, ob es mit dem Anzeiger jemals eine Geschäfts- oder Kundenbeziehung gegeben hat?

 

Z2: Ich habe in unserem CRM-Software-Tool nachgesehen. Mein früherer Mitarbeiter, XXXX , hatte mit dem Anzeiger telefonischen Kontakt. Nachgefragt gebe ich an, dass ich nicht nachvollziehen kann, aus welchem Grund dieser telefonische Kontakt bestand.

 

Nachgefragt gebe ich an, dass ich auch nicht sagen kann, wann dieser telefonische Kontakt stattgefunden hat.

 

R: Wie sieht das Kontrollsystem aus um zu verhindern, dass Werbe-Emails oder Newsletter ohne zuvor vorliegende Einwilligung verschickt werden?

 

Z2: Im CRM-System gibt es die Möglichkeit, ein Hackerl zu setzen, wenn keine Werbe E-Mails an den Kunden oder Interessenten verschickt werden sollen. Der Account-Manager/Verkäufer ist verpflichtet, dieses Hackerl zu setzen. Im vorliegenden Fall war das Hackerl, aus welchem Grund auch immer, nicht gesetzt.

 

R: Wie wird vor Aussendung einer Email geprüft, dass die entsprechenden Sperrvermerke bei den ausgewählten Adressaten einer Email berücksichtigt werden?

 

Z2: Es gibt eine automatische Selektion der Kundendaten; jene Kunden ohne Sperrvermerk werden in eine Excel-Liste exportiert, um Werbe E-Mails bzw. – wie im vorliegenden Fall, Einladungs E-Mails – zu erhalten.

 

R: Welche Prüfungen genau nehmen die erste und die zweite Kontrollinstanz vor?

 

Z2: Von meiner Seite erfolgt keine zusätzliche Prüfung. Das bedeutet, es gibt die CRM-Software-Maske, in die die Account-Manager die Daten eintragen; ich bin dafür verantwortlich, dass die Kundendaten gut gepflegt sind. Danach geht es in die Marketing-Abteilung, diese schaut noch einmal über die Liste, ob keine Kunden enthalten sind, wo es Anmerkungen gibt. Die Marketing-Abteilung hat die Endkontrolle über die Liste und gibt den Versand der E-Mails frei.

 

R: Was ist nötig, damit das Hackerl gesetzt wird oder nicht gesetzt wird?

 

Z2: Es gibt verschiedenen Möglichkeiten:

 

1. Bei dem Newsletter gibt es eine automatische Abmeldemöglichkeit.

 

2. Der Kunde kann ein E-Mail schreiben und beantragen, keine Zusendungen mehr zu erhalten.

 

3. Wenn man telefonisch kontaktiert wird, kann man sich auch telefonisch abmelden.

 

Zusätzlich liegt es am Account-Manager, "nach Gefühl" eine Selektion vorzunehmen.

 

R: Welche Anweisung gibt es an den Account-Manager, ober er ein Hackerl setzen soll oder nicht?

 

Z2: Wir brauchen nur die Info vom Kunden, dass er keine E-Mails haben möchte.

 

R: Wenn jemand lediglich Interesse an Produkten der XXXX bekundet, wie sehen dann Ihre internen Richtlinien aus? Würden an so jemanden Werbe E-Mails bzw. Newsletter verschickt werden?

 

Z2: Sofern wir seine Kundendaten bekommen, d.h. seine E-Mail Adresse, seinen Namen und seine Anschrift, dann bekommt er Zusendungen von uns.

 

R: ZB wenn jemand einen Katalog per Email bestellt und Ihnen seine Daten übermittelt, werden ihm dann hinkünftig Werbe-Emails und Newsletter geschickt?

 

Z2: Ja, wir haben zwar keinen Katalog, aber prinzipiell ist das das Prinzip.

 

R: Und wenn jemand eine Offerte oder einen Kostenvoranschlag für ein Produkt einholt?

 

Z2: Ja.

 

R: Verlangen Sie die ausdrückliche Zustimmung von jemanden, um Werbe E-Mails zu bekommen?

 

Z2: Nein.

 

BehV: Um es noch einmal zusammenzufassen, im CRM-System werden also Interessenten und Kunden abgespeichert, unabhängig davon, ob es tatsächlich zu einem Kauf gekommen ist?

 

Z2: Ja.

 

BehV: Werden reine Interessenten informiert, dass ihre E-Mail Adresse gespeichert wird und dazu benutzt wird, ihnen Werbe E-Mails zu schicken?

 

Z2: Nein.

 

BehV: Sie haben gesagt, dass es einen Telefonkontakt zum Anzeiger gegeben hat. Daher meine Frage: Werden E-Mail Adressen nur dann in das System eingepflegt, wenn sie vom Kunden kommen, oder gibt es auch selbständige Recherchen, ob eine E-Mail Adresse jemanden zuzuordnen ist?

 

Z2: Entweder werden die Daten aus der Herold-Datenbank gezogen oder der Kunde gibt sie uns. Im konkreten Fall kann ich nicht mehr nachvollziehen, welche der beiden Varianten vorliegend gegeben war.

 

RV: Haben die Leute, die in CRM-System gespeichert sind, im Vorhinein die Möglichkeit zu sagen, dass sie keine Werbe E-Mails erhalten wollen, d.h. noch bevor sie im CRM-System gespeichert werden?

 

Z2: Das System besteht ja sowohl aus den Herold-Daten als auch den Daten, die uns ein Kunde gibt. Wenn uns der Kunde die Daten gibt, kann er natürlich dazu sagen, dass er keine Werbe E-Mails erhalten möchte.

 

RV: Wird die Möglichkeit mitgeteilt, dass man sagen kann, dass man keine Werbe E-Mails haben möchte? Z.B. wenn man sich im Internet wo anmeldet, kann man ja oft ein Hackerl setzten, dass man keine Werbe E-Mails bekommen möchte.

 

Z2: Beim telefonischen Kontakt geht das ja nicht, das ist auch nicht Inhalt des Kundengesprächs. Es wird nicht explizit angesprochen, aber bei einem Telefongespräch kann natürlich jeder alles sagen. Es kann z.B. auch der Kunde ansprechen.

 

[ ]

 

R: Den Parteien kommt gemäß § 47 Abs. 3 VwGVG die Möglichkeit eines "Schlusswortes" zu (Beschuldigter als letzter). Möchten Sie noch etwas ergänzen?

 

BehV: Wir haben in der letzten Verhandlung den Anzeiger als Zeuge gehört. Dieser hat im Rahmen seiner Anzeige und seiner Aussage unter Wahrheitspflicht das Vorliegen einer Einwilligung zur verfahrensgegenständlichen E-Mail bestritten. Das Fehlen einer Einwilligung wurde weder durch das Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren noch durch das in der Beschwerde oder die Angaben des Zeugen XXXX widerlegt. Auch das Vorliegen einer Geschäftsbeziehung kann entsprechend der heutigen Zeugenaussage nicht erkannt werden. Dass potentiellen E-Mail Empfängern gegebenenfalls die Möglichkeit offen steht, im Zuge des Erstkontaktes E-Mail Zusendungen abzulehnen, entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben, die für Österreich in diesem Bereich ein Opt-In System vorsehen, weil ohne diesen Einwand lt. Zeugenaussage jedenfalls E-Mails versendet werden, sodass im Unternehmen der BFs letztlich ein Opt-Out System verwirklicht ist. Aus den Aussagen des Zeugen XXXX ergibt sich weiter für die Behörde, dass von einem tauglichen Kontrollsystem nicht die Rede sein kann. Das scheitert eben daran, dass Kunden und Interessenten zum einen ohne jede Unterscheidung in das CRM-System aufgenommen werden und zum anderen Daten sogar in Eigeninitiative anhand der Herold-Datenbank vervollständigt werden. Damit laufen selbstredend alle geschilderten Kontrollmechanismen ins Leere. Beantragt wird daher nochmals die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

 

RV: Aus der Zeugenaussage des Zeugen Marion XXXX ergibt sich, dass die BFs ein zweischichtiges Kontrollsystem installiert haben, in dem einerseits eine Kontrolle durch das CRM-System und andererseits die Kontrolle durch die Marketing-Abteilung der XXXX erfolgt. Es ist daher nicht, wie gesetzlich gefordert, von fahrlässigem Handeln auszugehen, sondern von einem geringen Verschulden der beiden BFs. Der Ausspruch einer Strafe ist daher überschießend. Die belangte Behörde hätte es daher bei einer Ermahnung belassen können oder das Verfahren nach § 45 VStG einstellen können. Die BFs beantragen daher, die angefochtenen Straferkenntnisse ersatzlos zu beheben, in eventu es wegen der Geringfügigkeit des Verschuldens bei einer Ermahnung bewenden zu lassen, in eventu die Strafhöhe auf eine tat- und schuldangemessene Höhe herabzusetzen."

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Der Erst- sowie der Zweitbeschwerdeführer waren im Tatzeitpunkt jeweils Gesellschafter der XXXX ) und somit jeweils deren außenvertretungsbefugtes Organ und gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

1.2. Ausgehend von der E-Mail-Adresse XXXX , die der XXXX zuzuordnen ist, wurde am 03.11.2016 um 16.59 Uhr eine E-Mail-Nachricht mit dem Betreff " XXXX " an XXXX an die E-Mail-Adresse XXXX zugesendet.

 

1.3. Der Text dieser E-Mail lautete:

 

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1.4. Die E-Mailadresse XXXX des Anzeigers war der XXXX seit 2013 bekannt, da sich dieser 2013 für Produkte der XXXX interessiert hat.

 

1.5. Es bestand zum Zeitpunkt des Versandes der verfahrensgegenständlichen E-Mail-Nachricht und besteht keine aufrechte Kundenbeziehung zwischen der XXXX und dem Anzeiger.

 

1.6. Der Anzeiger hat vorher keine ausdrückliche Einwilligung zur gegenständlichen Zusendung erteilt.

 

1.7. Die XXXX verwendet ein Customer Relationship Management System (CRM-System), in das unter anderem E-Mailadressen von Personen und Unternehmen eingetragen werden, die Interesse an den Produkten der XXXX haben, ohne dass diese bezüglich der Produkte tatsächlich einen Vertrag mit der XXXX abgeschlossen haben. Im CRM-System gibt es die Möglichkeit, ein Häkchen zu setzen, wenn keine Werbe-E-Mails an den Kunden oder Interessenten verschickt werden sollen. Auch an Personen, die lediglich Interesse an Produkten der XXXX bekundet haben, werden Werbe-E-Mails und Newsletter verschickt, wenn die Kundendaten vorliegen, wobei reine Interessenten nicht informiert werden, dass ihre E-Mail-Adresse gespeichert und zum Versand von Werbe-E-Mails benutzt wird. Eine ausdrückliche Zustimmung zum Erhalt von Werbe-E-Mails wird nicht verlangt.

 

Das oa. Häkchen wird vom Account-Manager in folgenden Fällen gesetzt: Abmeldung vom Newsletter durch den Kunden, Beantragung per E-Mail oder telefonisch. Zusätzlich nimmt der Account-Manager eine Selektion nach Gefühl vor.

 

Bei Aussendung einer E-Mail (Werbe-E-Mail, Einladung) werden jene Kunden ohne Sperrvermerk automatisiert in eine Excel-Liste exportiert, die von der Marketing-Abteilung endkontrolliert und freigegeben wird.

 

1.8. Am 05.11.2016 erstattete XXXX die verfahrensgegenständliche Anzeige an das Fernmeldebüro für Wien, Niederösterreich und Burgenland.

 

1.9. Es bestehen hinsichtlich des Erst- und Zweitbeschwerdeführers keine Strafvormerkungen in Bezug auf § 107 Abs. 2 TKG 2003.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben mittels Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde – insbesondere in das angefochtene Straferkenntnis vom 06.06.2017 – und in die Beschwerde.

 

Die Feststellungen unter 1.1. bis 1.4. entsprechen den von Seiten des Erst- und Zweitbeschwerdeführers in ihrer Beschwerde unbestritten gelassenen Feststellungen im angefochtenen Straferkenntnis und können insoweit auch dieser Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

Zu den Feststellungen unter 1.5. siehe unter II.3.5.

 

Die Feststellungen unter 1.6. und 1.7. ergeben sich aus den Zeugenaussagen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. So hat der Anzeiger glaubhaft vorgebracht, der XXXX keine ausdrückliche Einwilligung für die Zusendung von Werbe-E-Mails erteilt zu haben, und wird dies von den Beschwerdeführern auch nicht bestritten. Die Feststellungen zur Funktionsweise des CRM-Systems ergeben sich aus dem glaubhaften Vorbringen des Zeugen XXXX (s. Verhandlungsprotokoll vom 04.10.2017, S. 6f).

 

Die Feststellungen unter 1.8. und 1.9. ergebe sich aus dem Verwaltungsakt.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Zu A)

 

3.2. Die im vorliegenden Fall relevanten Regelungen des Telekommunikationsgesetzes 2003 (TKG 2003) BGBl. I Nr. 70/2003 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 6/2016 lauten auszugsweise:

 

"Unerbetene Nachrichten

 

§ 107. (1) Anrufe – einschließlich das Senden von Fernkopien – zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers sind unzulässig. Der Einwilligung des Teilnehmers steht die Einwilligung einer Person, die vom Teilnehmer zur Benützung seines Anschlusses ermächtigt wurde, gleich. Die erteilte Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden; der Widerruf der Einwilligung hat auf ein Vertragsverhältnis mit dem Adressaten der Einwilligung keinen Einfluss.

 

[ ]

 

(2) Die Zusendung einer elektronischen Post – einschließlich SMS – ist ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig, wenn

 

1. die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder

 

2. an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist.

 

(3) Eine vorherige Zustimmung für die Zusendung elektronischer Post gemäß Abs. 2 ist dann nicht notwendig, wenn

 

1. der Absender die Kontaktinformation für die Nachricht im Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat und

 

2. diese Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen erfolgt und

 

3. der Empfänger klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen und

 

4. der Empfänger die Zusendung nicht von vornherein, insbesondere nicht durch Eintragung in die in § 7 Abs. 2 E-Commerce-Gesetz genannte Liste, abgelehnt hat."

 

"Verwaltungsstrafbestimmungen

 

§ 109. [ ]

 

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 37 000 Euro zu bestrafen, wer

 

[ ]

 

20. entgegen § 107 Abs. 2 oder 5 elektronische Post zusendet;

 

[ ]"

 

Erwägungsgrund 41 der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) und deren Art. 13 lauten auszugsweise:

 

"(41) Im Rahmen einer bestehenden Kundenbeziehung ist es vertretbar, die Nutzung elektronischer Kontaktinformationen zuzulassen, damit ähnliche Produkte oder Dienstleistungen angeboten werden; dies gilt jedoch nur für dasselbe Unternehmen, das auch die Kontaktinformationen gemäß der Richtlinie 95/46/EG erhalten hat. Bei der Erlangung der Kontaktinformationen sollte der Kunde über deren weitere Nutzung zum Zweck der Direktwerbung klar und eindeutig unterrichtet werden und die Möglichkeit erhalten, diese Verwendung abzulehnen. Diese Möglichkeit sollte ferner mit jeder weiteren als Direktwerbung gesendeten Nachricht gebührenfrei angeboten werden, wobei Kosten für die Übermittlung der Ablehnung nicht unter die Gebührenfreiheit fallen."

 

"Art. 13 Unerbetene Nachrichten

 

(1) Die Verwendung von automatischen Anruf- und Kommunikationssystemen ohne menschlichen Eingriff (automatische Anrufmaschinen), Faxgeräten oder elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung darf nur bei vorheriger Einwilligung der Teilnehmer oder Nutzer gestattet werden.

 

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 kann eine natürliche oder juristische Person, wenn sie von ihren Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung gemäß der Richtlinie 95/46/EG deren elektronische Kontaktinformationen für elektronische Post erhalten hat, diese zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen verwenden, sofern die Kunden klar und deutlich die Möglichkeit erhalten, eine solche Nutzung ihrer elektronischen Kontaktinformationen zum Zeitpunkt ihrer Erhebung und bei jeder Übertragung gebührenfrei und problemlos abzulehnen, wenn der Kunde diese Nutzung nicht von vornherein abgelehnt hat.

 

(3) [ ]"

 

3.3. Im vorliegenden Fall steht fest und ist unstrittig, dass das in den Feststellungen dargestellte E-Mail (s. II.1.3.) ausgehend von einer E-Mail-Adresse, die der XXXX zuzuordnen ist, für die sowohl der Erst- als auch der Zweitbeschwerdeführer im Tatzeitpunkt jeweils Gesellschafter waren und sind, dem Anzeiger zugesendet wurde.

 

Strittig ist zunächst auf objektiver Tatbestandsebene die Frage, ob es sich bei dem unter II.1.3. wiedergegebenen E-Mail um elektronische Post zu Zwecken der Direktwerbung iSd § 107 Abs. 2 Z 1 TKG handelt.

 

Die Beschwerde bringt dazu insbesondere vor, dass es sich bei dem versendeten E-Mail nicht um Direktwerbung handle, da Direktwerbung erst dann vorläge, wenn für ein bestimmtes Pordukt bzw. eine Idee geworben werde, dafür Argumente geliefert oder ein Hinweis auf ein eigenes Bedürfnis mit der Möglichkeit der Befriedigung desselben gegeben werde (OGH 30.09.2009, 7 Ob 168/09w). In dem ggstl. E-Mail habe die XXXX weder für ein bestimmtes Produkt oder eine Idee geworben, noch habe sie Argumente für den Kauf ihrer Produkte geliefert oder auf ein Bedürfnis hingewiesen. Die XXXX habe lediglich auf die gemeinhin voranschreitende, digitale Entwicklung in modernen Unternehmensstrukturen hingewiesen und den Empfängern der E-Mail angeboten, sich über die neuesten Entwicklungen bei einer XXXX Veranstaltung zu informieren. Dass die beworbene Veranstaltung selbst möglicherweise der Absatzförderung diene, was jedenfalls nicht der Fall sei, sei nicht tatbestandsmäßig, da die elektronische Post selbst Direktwerbung darstellen müsse. Das versendete E-Mail und die beworbene Veranstaltung hätten informativen Charakter. Nur einer von vier Vortragenden sei Angestellter der XXXX . Hätte das E-Mail oder die Veranstaltung einen Werbezweck verfolgt, hätten sicherlich nur Angestellte der XXXX Vorträge gehalten, da Angestellte von Drittfirmen keine Produkte der XXXX bewerben würden.

 

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

 

In den Gesetzesmaterialien bei Erlassung des TKG 2003 (ErlRV 128 BlgNR 22. GP 20) wurde zum Begriff der Direktwerbung in § 107 Abs. 2 TKG 2003 festgehalten, dass dieser "im Sinne dieser Bestimmung [...] im Lichte der Erfahrungen und Bedürfnisse der Praxis zu sehen und daher weit zu interpretieren [ist]. Er erfasst jeden Inhalt, der für ein bestimmtes Produkt, aber auch für eine bestimmte Idee einschließlich bestimmter politischer Anliegen wirbt oder dafür Argumente liefert."

 

An diese Ausführungen anschließend haben der Oberste Gerichtshof und - ihm folgend - der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass der Begriff der Direktwerbung weit auszulegen ist und darunter auch "jede Maßnahme [fällt], die dazu dient, auf ein eigenes Bedürfnis und die Möglichkeit seiner Befriedigung hinzuweisen, wobei auch schon die Anregung zur Inanspruchnahme bestimmter Leistungen diesem Begriff unterstellt werden kann [...]. Dabei hindert die Gestaltung als Newsletter oder Informationsmail die Qualifikation als Werbung nicht [...]" (vgl OGH 30.09.2009, 7 Ob 168/09w mwH, VwGH 19.12.2013, Zl. 2011/03/0198).

 

Weiter hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 19.12.2013, 2011/03/0198, ausgesprochen:

 

"Auf dem Boden der dargestellten Rechtsnormen ergibt sich, dass § 107 Abs 2 TKG 2003 dem ‚Spamming-Verbot' in Umsetzung der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation als Spezialvorschrift für den Telekommunikationssektor insbesondere zum Schutze des Grundrechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens (und damit des Rechtes auf Achtung der Kommunikation) sowie des Grundrechtes zum Schutze personenbezogener Daten, dient. Für den vorliegenden Zusammenhang ist der Schutzzweck der angesprochenen Grundrechte und Richtlinien im Lichte der oben genannten Erwägungsgründe und Gesetzesmaterialen klar ersichtlich: Es soll eine Verletzung der Privatsphäre durch unerwünschte elektronische Zusendung zu Werbezwecken unterbunden werden. Unerbetene Werbenachrichten können zum einen relativ leicht und preiswert versendet werden, und zum anderen eine Belastung und/oder einen Kostenaufwand für den Empfänger bedeuten. Unerwünschte elektronische Post kann einen etwaigen knappen Daten-Speicherplatz ungebührlich in Anspruch nehmen. Eine diesbezügliche Zusendung ist daher nur statthaft, sofern einem Empfang zuvor zugestimmt wurde.

 

Zur Erreichung dieses Schutzzweckes ist der Begriff ‚Direktwerbung' weit und umfassend auszulegen. Schon von daher ist nicht ersichtlich, warum das direkte Bewerben einer politischen Gruppe im Wege eines ohne vorherige Zustimmung des Empfängers zugeschickten E-Mail nicht die oben beschriebenen verpönten Wirkungen zeitigen sollte. Eine weite Auslegung des Begriffes verlangen aber auch die zitierten Gesetzesmaterialen zum TGK 2003, die unter dem Begriff ‚Direktwerbung' jeden Inhalt verstehen, der für ein bestimmtes Produkt, aber auch für eine bestimmte Idee einschließlich bestimmter politischer Anliegen wirbt oder dafür Argumente liefert. [ ]"

 

Verneint hat der Verwaltungsgerichtshof die Qualifikation einer SMS-Nachricht als Nachricht zu Zwecken der Direktwerbung iSd § 107 Abs. 2 Z 1 TKG im Erkenntnis vom 26.06.2013, Zl. 2012/03/0089: Nach der Rechtsprechung hindere zwar auch die Gestaltung als Informationsmail die Qualifikation als Werbung nicht. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass damit - ungeachtet der Bezeichnung und Gestaltung der Nachricht - Absatzförderung betrieben werde. Derartiges könne bei einer SMS-Nachricht, die sich neben der Angabe einer Kontaktmöglichkeit auf die Bekanntgabe des Entgeltbetrages von bereits bezogenen Leistungen beschränkte und der Warnung des Kunden dienen sollte, nicht erkannt werden.

 

Für das hier in Rede stehende E-Mail (Wortlaut s. unter II.1.3.) ist daraus Folgendes abzuleiten: Anders als die Beschwerdeführer in ihrer Beschwerde vermeinen, fällt das ggstl. E-Mail selbst aufgrund seines Wortlauts unter einen "Inhalt, der für ein bestimmtes Produkt wirbt oder dafür Argumente liefert" und eine "Maßnahme, die dazu dient, auf ein eigenes Bedürfnis und die Möglichkeit seiner Befriedigung hinzuweisen". Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass "die Gestaltung als Newsletter oder Informationsmail die Qualifikation als Werbung" nicht hindert. So weist schon der Betreff des E-Mails darauf hin, dass bei der angepriesenen Veranstaltung " XXXX ° erleb[t]" werden kann und wird im ersten Absatz auf die Leistungen von XXXX hingewiesen: "Als verlässlicher Partner unterstützt Sie XXXX in diesem Prozess, mit maßgeschneiderten Lösungen und modernster Hardware, von der Identifikation von Optimierungspotenzial über Konzeption und Implementierung bis hin zum erfolgreichen Betrieb." Auch die beworbene Veranstaltung nimmt zuerst auf Produkte der XXXX Bezug ("möchten wir Ihnen zeigen, wie Sie Ihre Arbeitsabläufe noch effizienter gestalten: Mit der neuesten Generation unserer Office-MFPs, Produktionsdrucksysteme und Workflowlösungen.").

 

Aus diesen Gründen wurde mit dem in Rede stehenden E-Mail Absatzförderung betrieben, sodass das E-Mail - ungeachtet seiner (teilweisen) Gestaltung als "Einladung" - als Direktwerbung iSd § 107 Abs. 2 Z 1 TKG zu qualifizieren ist.

 

3.4. Von den Beschwerdeführern wird nicht bestritten, dass der Anzeiger ihnen gegenüber nicht direkt seine Einwilligung zum Empfang des ggstl. E-Mails erteilt hat. Sie bringen jedoch das Vorliegen einer konkludenten Zustimmung vor (s. I.3.4.).

 

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

 

Der Verwaltungsgerichtshof sprach in Bezug auf das allfällige Vorliegen einer Einwilligung im Sinne des § 107 Abs. 1 TKG 2003 in seinem Erkenntnis vom 26.06.2013, 2013/03/0048, Folgendes aus:

 

"Bei der nach § 107 Abs 1 TKG erforderlichen vorherigen Einwilligung handelt es sich um eine zustimmende Willenserklärung des (zukünftigen) Anrufempfängers, wobei für diese Zustimmung ein gesetzliches Formerfordernis nicht besteht, sodass auch eine konkludente Zustimmung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl in dieser Richtung VwGH vom 26. April 2007, 2005/03/0143, und VwGH vom 24. März 2010, 2007/03/0177). Eine konkludente Erklärung kann nur dann angenommen werden, wenn eine Handlung oder Unterlassung nach der Verkehrssitte und nach den üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig in eine Richtung zu verstehen ist; es darf kein vernünftiger Grund bestehen, daran zu zweifeln, dass ein Rechtsfolgewillen in einer bestimmten Richtung vorliegt; dass also - bezogen auf den Beschwerdefall - ein bestimmtes Verhalten nur als Einwilligung zum Erhalt eines Anrufs zu Werbezwecken verstanden werden kann (vgl VwGH vom 24. März 2010, 2007/03/0177, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs)."

 

Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf das Vorliegen einer Einwilligung bei Anrufen zu Werbezwecken im Sinne des § 107 Abs. 1 TKG 2003 Folgendes ausgesprochen (vgl. VwGH 26.06.2013, Zl. 2013/03/0048):

 

"Dass der Teilnehmer im Internet (oder in einem Telefon-Teilnehmerverzeichnis) insbesondere seine Kontaktdaten und seinen Unternehmensgegenstand veröffentlicht, ist nicht zwingend so zu verstehen, dass damit die vorherige Zustimmung zum Erhalt von Anrufen zu Werbezwecken erteilt worden wäre. Selbst wenn nämlich angesichts der Gestaltung dieser Hinweise des Teilnehmers kein Zweifel daran bestünde, dass der Teilnehmer werbend auf seine gewerbliche Tätigkeit hinweist, rechtfertigt das nicht die Annahme, dass damit schlechthin die Zustimmung zum Erhalt von Anrufen zu Werbezwecken gegeben werde (Hinweis dazu E vom 26. April 2007, 2005/03/0143)."

 

Die zitierten Erkenntnisse des VwGH sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ebenso auf die Prüfung einer konkludenten Zustimmung zur Zusendung von elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung anzuwenden. Die Beschwerdeführer argumentieren in ihrer Beschwerde, dass die E-Mail-Adresse, an die das verfahrensgegenständliche E-Mail versandt worden sei, nicht öffentlich einsehbar sei, woraus ableitbar sei, dass der Anzeiger seine nicht öffentlich einsehbare E-Mail-Adresse der XXXX bewusst zur Verfügung gestellt haben müsse, um Informationen und Newsletter (Werbung) zu erhalten und eine konkludente Zustimmung zum Empfang von Direktwerbung abgegeben habe. Dem ist zu einerseits zu entgegnen, dass nach der glaubhaften Aussage des Anzeigers vor dem Bundesverwaltungsgericht seine E-Mail-Adresse zu einem früheren Zeitpunkt durchaus öffentlich war (s. Verhandlungsprotokoll vom 19.09.2017, S. 6); andererseits aus der bloßen Tatsache, dass man eine (öffentliche oder nicht öffentliche) E-Mail-Adresse erhält, dies keineswegs "nach der Verkehrssitte und nach den üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig" in die Richtung zu verstehen ist und "kein vernünftiger Grund besteh[t], daran zu zweifeln", dass derjenige hinkünftig Werbe-E-Mails oder Newsletter erhalten möchte.

 

3.5. Um in den Anwendungsbereich des § 107 Abs. 3 TKG 2003 gelangen zu können, muss der Absender die elektronischen Kontaktinformationen "im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produktes oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten" haben. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts setzt der Wortlaut des Gesetzes – anders als die Beschwerdeführer in ihrer Beschwerde vorbringen – einen Konnex mit dem Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung voraus, sodass der Ansicht der belangten Behörde zu folgen ist, dass eine Interessensbekundung an Produkten der XXXX im Jahr 2013 nicht zu einer "bestehenden Kundenbeziehung" im Jahr 2016 führt, die im konkreten Fall in den Anwendungsbereich des § 107 Abs. 3 Z 1 TKG fällt. Auch Erwägungsgrund 41 der Richtlinie 2002/58/EG stellt auf eine bestehende Kundenbeziehung ab.

 

Eine Prüfung der anderen Voraussetzungen des § 107 Abs. 3, die kumulativ vorliegen müssen, erübrigt sich demnach. So ist insbesondere im vorliegenden Fall nicht relevant, ob/dass es im verfahrensgegenständlichen E-Mail die Möglichkeit gab, sich vom Newsletter abzumelden, da bereits die Voraussetzung des § 107 Abs. 3 Z 1 TKG nicht gegeben war.

 

3.6. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall das objektive Tatbild des § 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003 erfüllt ist.

 

3.7. § 45 Abs. 1 VStG lautet auszugsweise folgendermaßen:

 

"§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

 

[ ]

 

4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

 

[ ]

 

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten."

 

Es ist im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon auszugehen, dass beide Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG [(1) geringe Bedeutung des strafrechtliche geschützten Rechtsgutes und geringe Intensität seiner Beeinträchtigung sowie (2) geringfügiges Verschulden des Beschuldigten] für eine Vorgehensweise im Sinne des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG kumulativ vorzuliegen haben (so auch Fister, in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG [2013] § 45 Anm 3).

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verschulden geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. VwGH 23.06.2010, 2009/06/0129, zu § 21 Abs. 1 VStG).

 

Abgesehen davon, dass vom Bundesverwaltungsgericht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht erkannt werden kann, dass sich die den Beschwerdeführern vorgeworfene Verwaltungsübertretung von der Mehrzahl der bestraften Übertretungen der verfahrensgegenständlichen Bestimmung des § 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003 wesentlich unterschiede, folglich von einem in atypischer Weise hinter dem Durchschnittsfall zurückbleibenden tatbildmäßigen Verhalten der Beschwerdeführer auszugehen und daher das Vorliegen eines "geringfügigen Verschuldens" der Beschwerdeführer zu bejahen wäre, ist dessen Vorliegen aus folgendem Grund bereits zu verneinen:

 

Bei der im Beschwerdefall vorgeworfenen Verwaltungsübertretung des § 107 Abs. 2 Z 1 TKG handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, da zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung nicht der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr gehört. In einem solchen Fall besteht gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG von Vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welches aber von ihm widerlegt werden kann (vgl. u.a. VwGH 13.12.1990, 90/09/0141; 12.03.1990, 90/09/0066).

 

Bei einem Ungehorsamsdelikt iS des § 5 Abs. 1 VStG liegt es daher am Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (zu § 107 Abs. 2 Z 1 TKG vgl. VwGH 24.05.2012, 2010/03/0056). Zu einer solchen Glaubhaftmachung ist es erforderlich, dass der Beschuldigte initiativ von sich aus in substantiierter Form alles darlegt, was für seine Entlastung spricht (vgl. VwGH 19.01.1994, 93/03/0220; 14.10.1976, 1497/75; 20.05.1968, 0187/67). Dazu gehört u.a. die Darlegung, dass er Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift mit gutem Grund erwarten haben lassen. Bloß allgemein gehaltene Behauptungen sind nicht geeignet, um diese Entlastungsbescheinigung für mangelndes Verschulden zu erbringen (vgl. VwGH 25.07.2013, 2012/07/0079).

 

Im vorliegenden Fall wäre es daher am Erst- und Zweitbeschwerdeführer gelegen, alles zu ihrer Entlastung Dienende vorzubringen, z.B. durch Darlegung eines Kontrollsystems in Bezug auf die Einhaltung der Vorschriften des TKG, um zu beweisen, dass sie an der Übertretung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (vgl. VwGH 28.03.2014, 2014/02/0004; 24.05.2012, 2010/03/0056).

 

Im gegenständlichen Fall wurde ein Kontrollsystem zwar in der Beschwerde dargelegt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 04.10.2017 durch den Zeugen XXXX näher erklärt (zur Funktionsweise des Kontrollsystems s. die Feststellungen unter II.1.7.). Allerdings ist den Ausführungen der belangten Behörde zuzustimmen, dass, möge das eingerichtete Kontrollsystem auch abstrakt dazu geeignet sein, Verstöße gegen die verletzte Bestimmung zu vermeiden, es allerdings zum Teil auf einer nicht rechtskonformen Annahme beruht, die dazu führt, dass dem System zwangsläufig in Konstellationen wie der vorliegenden der Erfolg versagt bleiben muss, womit ein taugliches Kontrollsystem nicht vorliegt. Bei dem vorliegenden Kontrollsystem werden nämlich, wie der Zeuge ausgeführt hat, Werbe-E-Mails und Newsletter auch an Personen, die lediglich Interesse an Produkten der XXXX bekundet haben, verschickt, wenn die Kundendaten vorliegen, wobei reine Interessenten nicht informiert werden, dass ihre E-Mail-Adresse gespeichert und zum Versand von Werbe-E-Mails benutzt wird; eine ausdrückliche Zustimmung zum Erhalt von Werbe-E-Mails wird nicht verlangt (s. Verhandlungsprotokoll vom 04.10.2017, S. 6f). Dieses Vorgehen entspricht jedoch nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 107 TKG (s. auch unter II.3.5.).

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH in Verwaltungsstrafsachen zur Fahrlässigkeit nach § 5 Abs. 1 VStG 1991 kann nur eine auf einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage erteilte, unrichtige Rechtsauskunft durch die zuständige Behörde als Entschuldigungsgrund bei Gesetzesverstößen anerkannt werden (Ro 2015/09/0014). Unterlässt der Beschuldigte die Einholung einer solchen Auskunft durch die zuständige Behörde, kann er deswegen einem Schuldspruch nicht mit Erfolg entgegen treten (vgl. E 12. November 2013, 2012/09/0133).

 

§ 5 Abs. 2 VStG normiert, dass "Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, [ ] nur dann [entschuldigt], wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte". Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 18.03.2015, 2013/10/0141 dazu ausgesprochen, dass "gemäß § 5 Abs. 2 VStG die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift den Täter nur dann entschuldigt, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschriften nicht einsehen konnte. Die Unkenntnis des Gesetzes, wie auch eine irrige Gesetzesauslegung, müssen somit unverschuldet sein. Die bloße Argumentation mit einer - allenfalls sogar plausiblen - Rechtsauffassung allein vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen. Es bedarf vielmehr einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen bei der zuständigen Stelle; wer dies verabsäumt, trägt das Risiko des Rechtsirrtums (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 12. August 2014, Zl. 2013/10/0203, und vom 6. März 2014, Zl. 2013/11/0110)."

 

Der Erst- und Zweitbeschwerdeführer hätten sich daher als Unternehmer mit den einschlägigen Vorschriften wie dem TKG 2003 vertraut machen und allenfalls Erkundigungen bei der zuständigen Behörde einholen müssen, um ein für die vorliegende Fallkonstellation taugliches Kontrollsystem zu errichten, was im konkreten Fall nicht geschehen ist. In Fällen, in denen ein geeignetes Maßnahmen- und Kontrollsystem nicht eingerichtet wurde, kann aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr von einem geringfügigen Verschulden gesprochen werden (siehe VwGH 28.10.1991, 91/19/0225; 12.06.1992, 90/19/0499; 22.10.1992, 92/18/0342).

 

Abgesehen davon kann im Beschwerdefall auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung geringfügig gewesen wären. Das durch die verletzte Norm geschützte Rechtsgut ist insbesondere die Privatsphäre von natürlichen Personen, der Schutz vor Belästigungen und unerbetenen Nachrichten, wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat. Das rechtlich geschützte Interesse, keine unerbetenen Werbenachrichten zu erhalten, wenn diesen vorher nicht zugestimmt wurde, wurde durch die Übertretung nicht nur unerheblich verletzt, sodass der Unrechtsgehalt der Tat und die Beeinträchtigung des Rechtsgutes durch die unerbetene Nachricht nicht gering war. Auch der Gesetzgeber hat durch die mögliche Höchststrafe von 37.000,-- Euro deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er Übertretungen dieser Art einen sehr hohen Unrechtsgehalt beimisst. Das geschützte Rechtsgut ist daher jedenfalls als bedeutend anzusehen und wurde durch die Übertretung auch nicht nur unwesentlich beeinträchtigt. Die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG scheidet daher aus.

 

Aufgrund des Nichtvorliegens eines geringfügigen Verschuldens und der mangelnden Geringfügigkeit des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung, kommt auch der Ausspruch einer Ermahnung im Sinne des § 45 Abs. 1 VStG nicht in Betracht.

 

3.8. In Bezug auf die Strafbemessung ist Folgendes zu erwägen:

 

Die Bestimmung des § 19 VStG lautet wie folgt:

 

"§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."

 

Wird ein ordentliches Verfahren (§§ 40 ff VStG) geführt, sind zusätzlich zu den objektiven Kriterien des § 19 Abs. 1 VStG auch die subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat bei der Strafbemessung miteinzubeziehen. Demzufolge sind folgende drei subjektive, dh in der Person des Täters gelegene Umstände, bei der Strafbemessung zu berücksichtigen: Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens sowie Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten (vgl. Weilguni in Lewisch/ Fister/Weilguni, VStG [2013] § 19 Anm 8).

 

Hinsichtlich Milderungs- und Erschwerungsgründe verweist § 19 Abs. 2 VStG auf die §§ 32 ff StGB, die unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sinngemäß anzuwenden sind. Die Aufzählung im StGB ist jedoch lediglich demonstrativ. Eine abschließende Auflistung der Erschwerungs- und Milderungsgründe gibt es demzufolge nicht. Gemäß § 34 StGB kommen zB folgende Milderungsgründe in Betracht: bisheriger ordentlicher Lebenswandel, Begehung der Tat aus achtenswerten Beweggründen, aus Furcht oder Gehorsam, reumütiges Geständnis, unverhältnismäßig lange Dauer des Verfahrens aus einem nicht vom Täter zu vertretenden Grund, ein die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließender Rauschzustand. Jedenfalls von Amts wegen zu berücksichtigen ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Unbescholtenheit des Täters (vgl. Weilguni, in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG [2013] § 19 Anm 10 und 14 mwN).

 

Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 23.02.1994, 93/09/0383, in Bezug auf die Strafzumessung ua Folgendes aus:

 

"Zwar ist die Behörde nicht verpflichtet ohne entsprechendes Parteienvorbringen, Ermittlungen über das allfällige Vorliegen jedes nur denkmöglichen Milderungsgrundes anzustellen. Sie ist auch nicht verpflichtet, die für die Strafbemessung angestellten Erwägungen mit dem Beschuldigten zu erörtern, solange dieser nicht diesbezüglich konkrete Behauptungen aufgestellt oder Beweise angeboten hat (vgl. dazu z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1970, Zl. 1769/69)."

 

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführer fand bei der Bemessung der Strafe im Verfahren vor der belangten Behörde ausreichende Berücksichtigung. Weitere Milderungsgründe wurden von Seiten der Beschwerdeführer nicht vorgebracht, und deren Vorliegen war für das Bundesverwaltungsgericht auch nicht erkennbar. Ferner ist gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 23.02.1994, 93/09/0383) die Behörde auch nicht verpflichtet, jeden erdenklichen Milderungsgrund mit dem Beschuldigten zu erörtern.

 

Zudem berücksichtigte die belangte Behörde die Familien-, Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beschwerdeführer bei der Strafzumessung in ausreichender Weise. Der Beschwerdeführer trat diesen Erwägungen der belangten Behörde in seiner Beschwerde auch nicht entgegen.

 

Hinweise, dass von der belangten Behörde auf das Ausmaß des Verschuldens der Beschwerdeführer nicht ausreichend Bedacht genommen worden sei, sind im Verfahren nicht hervorgekommen (s. auch unter II.3.7.). Wie oben dargelegt, ist das Ausmaß des Verschuldens der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall auch keinesfalls als nur gering anzusehen. Die jeweils verhängte Strafe von EUR XXXX ,-- für den Erst- und Zweitbeschwerdeführer ist am untersten Bereich des bis zu einem Geldbetrag von EUR 37.000,-- reichenden Strafrahmens angesiedelt und ist (auch aus den Gründen der General- und Spezialprävention) daher im vorliegenden Fall tat- und schuldangemessen.

 

Die für die Strafzumessung relevanten Umstände wurden von der belangten Behörde daher insgesamt richtig beurteilt und besteht für das Bundesverwaltungsgericht somit kein Anlass, diesbezüglich von der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde abzuweichen.

 

3.9. Die Beschwerden waren aus den dargestellten Gründen als unbegründet abzuweisen.

 

3.10. Die Entscheidungen über den Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens bzw. über den entsprechenden Haftungsausspruch gründen sich auf § 52 Abs. 1, 2 und 6 VwGVG bzw. § 38 VwGVG iVm § 9 Abs. 7 VStG (Spruchpunkte II. bis V.).

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

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