BVwG W221 2149894-1

BVwGW221 2149894-116.5.2017

B-VG Art.133 Abs4
GehG §12 Abs3
RPG §2 Abs1
RPG §5 Abs2
RStDG §2 Abs1 Z5
RStDG §211b
RStDG §67
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W221.2149894.1.00

 

Spruch:

W221 2149894-1/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts XXXX vom 18.01.2017, Zl. 200 Jv 2894-4/15p, betreffend eine Angelegenheit nach dem Gehaltsgesetz, zu Recht:

 

A)

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

Mit im Spruch genannten Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts XXXX vom 18.01.2017, zugestellt am 23.01.2017, wurden dem Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs. 5 Gehaltsgesetz 1956 (GehG 1956) für die Ermittlung des Besoldungsdienstalters Vordienstzeiten im Ausmaß von einem Jahr, acht Monaten und fünfzehn Tagen angerechnet. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen. Begründend wurde darin ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in seinem Erhebungsblatt angegeben habe, von XXXX bis XXXX in XXXX das Gymnasium besucht zu haben, vom XXXX bis XXXX und von XXXX bis XXXX als Praktikant bei der Gemeinde XXXX tätig gewesen zu sein. Seinen Zivildienst habe er von XXXX bis XXXX abgeleistet, und von XXXX bis XXXX das Diplomstudium der Politikwissenschaften sowie von XXXX bis XXXX das Diplomstudium der Rechtswissenschaften absolviert. Weiters habe er von XXXX bis XXXX als Angestellter sowie von XXXX bis XXXXals Selbständiger bei der Medizinischen Universität XXXX gearbeitet und von XXXX bis XXXX die Gerichtspraxis absolviert. Die jeweiligen Zeiten bei der Gemeinde XXXX sowie die Zeiten unselbständiger Anstellung bei der Medizinischen Universität XXXX wurden dem Beschwerdeführer als Vordienstzeiten angerechnet. Von der Zeit des Zivildienstes wurden gemäß § 12 Abs. 2 Z 4 GehG 1956 neun Monate berücksichtigt. Die Zeit der Gerichtspraxis wurde insoweit als anrechenbar gewertet, als sie die Dauer der Ausbildung als Rechtspraktikant nach § 5 Abs. 2 Rechtspraktikantengesetz in der Höhe von fünf Monaten überschreitet. Dies ergebe sich aus § 211b Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (RStDG). Die Anrechnung des Diplomstudiums der Politikwissenschaften sei nicht möglich, da Ausbildungszeiten jedweder Art von einer Anrechnung ausgeschlossen seien.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, welche am 03.03.2017 bei der belangten Behörde einlangte. Darin führt er aus, dass er den Bescheid insoweit anfechte, als ihm fünf Monate der von ihm absolvierten Gerichtspraxis, drei Monate des von ihm abgeleisteten Zivildienstes und vierzig Monate des von ihm absolvierten Studiums der Politikwissenschaften nicht als Vordienstzeiten iSd § 12 GehG 1956 angerechnet wurden. In der Sache behauptet der Beschwerdeführer eine Verfassungswidrigkeit des § 211b RStDG. Dieser verstoße gegen Art. 7 B-VG aufgrund einer unsachlichen Differenzierung zwischen einzelnen Dienstverhältnissen des Bundes. Die Gerichtspraxis sei für den Beruf als Richter eine einschlägige Berufstätigkeit. Rechtspraktikanten seien beim Bezirksgericht und beim Landesgericht oder einer Staatsanwaltschaft einzusetzen und hätten an der Bearbeitung der bei Gericht vorkommenden Angelegenheiten der Rechtspflege mitzuhelfen, um einen möglichst umfassenden Einblick in die richterliche Tätigkeit sowie in die Aufgaben der Geschäftsstelle zu erhalten. Die Hochwertigkeit der den Rechtspraktikanten übertragenen und von ihnen ausgeführten Tätigkeiten ergebe sich etwa aus § 5 Abs. 2 RPG iVm §§ 32 Abs. 3 und 38 Abs. 2 StAG, wonach Rechtspraktikanten in Strafsachen hinsichtlich der Vertretungsbefugnis vor Gericht Richteramtsanwärtern (ohne Richteramtsprüfung) gleichgestellt seien. Die Anwendung des § 211b RStDG führe zu folgenden Situationen bei der Anrechnung der Gerichtspraxis: Personen, die nach der Absolvierung der Gerichtspraxis in den richterlichen Vorbereitungsdienst übernommen und anschließend zu Richtern ernannt werden würden, werde die Gerichtspraxis im Ausmaß von fünf Monaten nicht angerechnet. Personen, die zwar die Gerichtspraxis absolvieren, allerdings nicht zu Richtern ernannt, aber dennoch einen Bundesdienst eintreten würden, könne gemäß § 12 Abs. 3 GehG 1956 die gesamte absolviert Zeit der Gerichtspraxis angerechnet werden. Der hohe Stellenwert der Gerichtspraxis und die dabei erlangten wertvollen fachlichen Zusatzqualifikationen zeigten sich auch dadurch, dass eine abgeschlossene Gerichtspraxis oftmals als Voraussetzung für juristische Tätigkeiten im Bundesdienst gefordert werde. Die Auffassung, wonach eine Anrechnung der Gerichtspraxis bei allen Verwendungen im Bundesdienst außerhalb des richterlichen Vorbereitungsdienstes ausgeschlossen sei, sei einerseits vom Gesetzeswortlaut nicht gedeckt und verkenne zudem den von der Praxis anerkannten Mehrwert einer absolvierten Gerichtspraxis. Durch die Regelung des § 211b RStDG würden somit an gleiche Tatbestände unterschiedliche Rechtsfolgen geknüpft, wobei eine sachliche Rechtfertigung für diese Differenzierung nicht vorliege. Darüber hinaus liege auch eine unsachliche Differenzierung zwischen Verwaltungspraktika und der Gerichtspraxis vor: Der Gesetzgeber erkläre einschlägige Verwaltungspraktika zur Gänze als Vordienstzeiten für das Besoldungsdienstalter für anrechenbar, während die Anrechenbarkeit der Zeit der Gerichtspraxis ausgeschlossen werde. Die durch die Gerichtspraxis und Verwaltungspraktika erfolgten Ziele seien jedoch ident. Sowohl Gerichtspraxis als auch Verwaltungspraktika seien aufgrund der erworbenen Fertigkeiten für eine spätere Tätigkeit als Richter einschlägig und bei beiden Beschäftigungsverhältnissen lägen faktisch mehr als schlichte Ausbildungsverhältnisse vor. Somit liege eine nicht begründbare Diskriminierung der Gerichtspraxis vor, wenn Verwaltungspraktika die einzige Ausnahme bei den Anrechnungen bilden sollten. Zum Zivildienst führte der Beschwerdeführer aus, es seien lediglich neun des von ihm in der Dauer von zwölf Monaten absolvierten Zivildiensts berücksichtigt worden. Er sei jedoch, da er den Zivildienst vor dem XXXX angetreten habe, verpflichtet gewesen, seinen Zivildienst in der Dauer von zwölf Monaten zu absolvieren. Die Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 4 GehG 1956 sei verfassungskonform im Sinne einer Anrechnung der Dauer des tatsächlich geleisteten Zivildiensts auszulegen, da sich daraus sonst eine Ungleichbehandlung zwischen Personen, die aufgrund des Alters zur Ableistung eines längeren Zivildienstes verpflichtet gewesen wären und jenen, deren Einberufung nach dem 31.12.2005 erfolgte, und deren kürzere Zivildienstzeiten somit im vollen Ausmaß angerechnet werde, ergeben würde. Durch § 12 Abs. 2 Z 4 GehG 1956 werde jedoch eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung hinsichtlich der Rechtsfolgen vorgesehen, weshalb eine Verfassungswidrigkeit der Bestimmung evident sei. Diese Gesetzesbestimmung sei darüber hinaus altersdiskriminierend und somit unionsrechtswidrig. Hinsichtlich des Diplomstudiums der Politikwissenschaften führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, das dieses nicht notwendig gewesen sei, um den angestrebte Beruf als Richter ausüben zu können, weshalb es sich um eine "fachliche Erfahrung" iSd § 12 GehG 1956 handeln müsse, welche auch zu berücksichtigen sei. Durch das Politikwissenschaftsstudium habe er ein fundiertes und spezifisches, vom Studium der Rechtswissenschaft nicht erfasstes Fachwissen erworben, das ihn hinsichtlich seiner Verwendbarkeit deutlich von typischen Berufseinsteigern abhebe, und über die Aufnahmeerfordernisse des § 2 RStDG bzw. Ernennungserfordernisse des § 26 RStDG hinausginge. Bei richtiger Anwendung des § 12 Abs. 3 GehG 1956 hätte die belangte Behörde den Begriff der "Berufstätigkeit" weit auslegen und das absolvierte Politikwissenschaftsstudium bei der Anrechnung der Vordienstzeiten berücksichtigen müssen. Sollte das Bundesverwaltungsgericht dieser Rechtsauffassung nicht folgen, sei der Beschwerdeführer durch das enge Verständnis auch durch § 12 Abs. 3 GehG 1956 in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz iSd Art. 2 StGG und Art. 7 B-VG verletzt, weil es keinen Unterschied machen könne, wie Zusatzqualifikationen (ob im Beruf oder im Studium) erworben würden.

 

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Oberlandesgericht XXXX vorgelegt und sind am 23.03.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Der Beschwerdeführer leistete seinen Zivildienst im Zeitraum von XXXX bis XXXX ab, und absolvierte von XXXX bis XXXX das Diplomstudium der Politikwissenschaften, sowie die Gerichtspraxis von XXXX bis XXXX. Mit Wirksamkeit vom XXXX wurde er auf eine Planstelle eines Richteramtsanwärters für den Sprengel des Oberlandesgerichts XXXX ernannt. Mit Wirksamkeit vom XXXX wurde er zum Richter des Landesgerichts XXXX ernannt.

 

Der Beschwerdeführer steht somit seit XXXX in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

 

Mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 18.01.2017 wurden dem Beschwerdeführer Vordienstzeiten im Ausmaß von einem Jahr, acht Monaten und fünfzehn Tagen angerechnet.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und sind soweit unstrittig.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

 

Gemäß der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK kann eine mündliche Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen unterbleiben, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Äußerungen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, 28.394/95, Döry vs. Schweden; 08.02.2005, 55.853/00, Miller vs. Schweden).

 

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und auch unstrittig ist, kann von einer mündlichen Verhandlung, welche der Beschwerdeführer auch nicht beantragt hat, abgesehen werden.

 

Zu A)

 

1. Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen lauten – auszugsweise – wie folgt:

 

"§ 211b des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetzes, BGBl. 305/1961 idF BGBl. I 65/2015, lautet:

 

"Anrechnung von Zeiten der Gerichtspraxis

 

§ 211b. Bei Bediensteten, bei denen das Besoldungsdienstalter nach § 12 GehG festgesetzt wird, sind Zeiten der Gerichtspraxis als Zeiten nach § 12 Abs. 3 GehG anrechenbar, soweit sie die Dauer nach § 5 Abs. 2 des Rechtspraktikantengesetzes (RPG), BGBl. Nr. 644/1987, überschreiten."

 

Die maßgebliche Bestimmung des Gehaltsgesetzes 1956 idF BGBl. I 64/2016 lautet auszugsweise:

 

"Besoldungsdienstalter

 

§ 12. (1) Das Besoldungsdienstalter umfasst die Dauer der im Dienstverhältnis verbrachten für die Vorrückung wirksamen Zeiten zuzüglich der Dauer der anrechenbaren Vordienstzeiten.

 

(2) Als Vordienstzeiten auf das Besoldungsdienstalter anzurechnen sind die zurückgelegten Zeiten

 

Z 1 – Z 3 [ ]

 

4. der Leistung

 

a) des Grundwehrdienstes nach § 20 Wehrgesetz 2001 – WG 2001, BGBl. I Nr. 146/2001,

 

b) des Ausbildungsdienstes nach § 37 Abs. 1 WG 2001,

 

c) des Zivildienstes nach § 1 Abs. 5 Z 1 Zivildienstgesetz 1986 – ZDG, BGBl. Nr. 679/1986, oder eines anderen Dienstes nach § 12a Abs. 1 oder § 12c Abs. 1 ZDG, aufgrund dessen der Zivildienstpflichtige nicht mehr zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes heranzuziehen ist,

 

d) eines militärischen Pflichtdienstes, eines vergleichbaren militärischen Ausbildungsdienstes oder eines zivilen Ersatzpflichtdienstes in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums, in der Türkischen Republik oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

 

Zeiten der militärischen Dienstleistung nach lit. a, b und d sind bis zur Dauer von insgesamt höchstens sechs Monaten, Zeiten einer zivilen oder sonstigen Ersatzdienstleistung nach lit. c und d bis zur Dauer von insgesamt höchstens neun Monaten anzurechnen.

 

(3) Über die in Abs. 2 angeführten Zeiten hinaus sind Zeiten der Ausübung einer einschlägigen Berufstätigkeit oder eines einschlägigen Verwaltungspraktikums bis zum Ausmaß von insgesamt höchstens zehn Jahren als Vordienstzeiten anrechenbar. Eine Berufstätigkeit oder ein Verwaltungspraktikum ist einschlägig, insoweit eine fachliche Erfahrung vermittelt wird, durch die

 

1. eine fachliche Einarbeitung auf dem neuen Arbeitsplatz überwiegend unterbleiben kann oder

 

2. ein erheblich höherer Arbeitserfolg durch die vorhandene Routine zu erwarten ist.

 

[ ]"

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Rechtspraktikantengesetzes, BGBl. 644/1987 idF BGBl. I 111/2010 lauten auszugsweise wie folgt:

 

"Gerichtspraxis

 

§ 1. (1) Die Gerichtspraxis soll Personen, die die vorgesehene wissenschaftliche Berufsvorbereitung für einen Beruf abgeschlossenen haben, für den die Gerichtspraxis gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist, die Möglichkeit geben, ihre Berufsvorbildung durch eine Tätigkeit in der Gerichtsbarkeit fortzusetzen und dabei ihre Rechtskenntnisse zu erproben und zu vertiefen.

 

(2) – (3) [ ]

 

Zulassung zur Gerichtspraxis

 

§ 2. (1) Auf die Zulassung zur Gerichtspraxis besteht in dem Ausmaß ein Rechtsanspruch, in dem die Gerichtspraxis gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist. Die Zulassung für einen längeren Zeitraum kann nach Maßgabe der budgetären, personellen und räumlichen Möglichkeiten erfolgen.

 

(2) – (4) [ ]

 

Ablauf der Ausbildung

 

§ 5. (1) [ ]

 

(2) Die Ausbildung in der Dauer von fünf Monaten hat jedenfalls beim Bezirksgericht und beim Landesgericht zu erfolgen. Einer Ausbildung in Strafsachen bei Gericht steht jene bei einer Staatsanwaltschaft unter sinngemäßer Anwendung dieses Bundesgesetzes gleich. Für die Verwendung bei der Staatsanwaltschaft gelten sinngemäß die Bestimmungen der §§ 32 Abs. 3 und 38 Abs. 2 des Staatsanwaltschaftsgesetzes (StAG), BGBl. Nr. 164/1986.

 

(3) – (4) [ ]

 

Ausbildungsbeitrag

 

§ 16. Den Rechtspraktikanten gebührt für die Dauer der Gerichtspraxis ein Ausbildungsbeitrag."

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948, BGBl. 86 idF BGBl. I 64/2016 lauten auszugsweise wie folgt:

 

"Verwaltungspraktikum

 

Allgemeines

 

§ 36a. (1) Um Personen die Möglichkeit einzuräumen, ihre Berufsvorbildung oder Schulbildung durch eine entsprechende praktische Tätigkeit in der Bundesverwaltung zu ergänzen und zu vertiefen und auf diese Weise die Verwendungen im Bundesdienst kennen zu lernen, kann mit ihnen ein Ausbildungsverhältnis als Verwaltungspraktikant (Verwaltungspraktikum) begründet werden. Durch das Eingehen dieses Ausbildungsverhältnisses wird kein Dienstverhältnis begründet. [ ]

 

Rechte des Verwaltungspraktikanten

 

§ 36b. (1) Der Verwaltungspraktikantin oder dem Verwaltungspraktikanten gebührt für die Dauer der ordnungsgemäßen Teilnahme am Verwaltungspraktikum ein monatlicher Ausbildungsbeitrag. [ ]"

 

2. Nach dem klaren Wortlaut des § 211b RStDG sind Zeiten der Gerichtspraxis als Zeiten nach § 12 Abs. 3 GehG 1956 anrechenbar, soweit sie die Dauer nach § 5 Abs. 2 RPG (somit fünf Monate) überschreiten.

 

Der Beschwerdeführer behauptet nun die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung. Die Ansicht wird vom Bundesverwaltungsgericht aus folgenden Gründen nicht geteilt:

 

Den Erläuterungen zur Dienstrechts-Novelle 2015 (RV 585 BlgNR 25. GP , 8) ist auszugsweise Folgendes zu entnehmen:

 

"Zu § 12 Abs. 3 GehG und § 26 Abs. 3 VBG:

 

Mit dieser Änderung wird klargestellt, dass die Höchstgrenze von zehn Jahren für die Berufstätigkeit und das Verwaltungspraktikum gemeinsam gilt. Darüber hinaus wird klargestellt, dass die Vordienstzeiten nur teilweise anzurechnen sind, wenn sie nur zum Teil einschlägig sind. Im Übrigen bleiben die Kriterien zur Beurteilung, ob eine Berufstätigkeit oder ein Verwaltungspraktikum einschlägig ist, im Vergleich zur Stammfassung der Novelle BGBl. I Nr. 32/2015 unverändert:

 

 

 

 

 

[ ]"

 

Vorweg ist auf die ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, der zu Folge dem Gesetzgeber auf dem Gebiet des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechts (vgl. VfSlg. 16.176/2001 mwH und 17.452/2005) ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum offen gelassen ist (er ist lediglich gehalten, das Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrecht derart zu gestalten, dass es im Großen und Ganzen in einem angemessenen Verhältnis zu den dem Beamten obliegenden Pflichten steht).

 

Nach dem durch die zitierten Erläuterungen zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers ist die Gerichtspraxis als Tätigkeit, die überwiegend der Ausbildung dient, keinesfalls als Berufstätigkeit anrechenbar.

 

Insofern ist dem ersten Argument des Beschwerdeführers, wonach es sachlich nicht gerechtfertigt sei, dass die Gerichtspraxis bei Richtern nicht voll angerechnet werde, wohingegen sie im Bundesdienst gemäß § 12 Abs. 3 GehG 1956 voll angerechnet werde, entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber dies eben gerade nicht vor Augen hatte, wenn er die Gerichtspraxis als überwiegend der Ausbildung dienend wertet, die nach § 12 Abs. 3 GehG 1956 nicht unter den Begriff der "einschlägigen Berufstätigkeit" fällt.

 

Dem Einwand des Beschwerdeführers, dass eine solche Auffassung nicht vom Gesetz gedeckt sei, kann nicht gefolgt werden, da § 12 Abs. 3 GehG 1956 ausschließlich die Ausübung einer einschlägigen Berufstätigkeit für anrechenbar erachtet und dem Gesetz kein verfassungswidriger Inhalt unterstellt wird, wenn im Sinne der Erläuterungen davon ausgegangen wird, dass die Gerichtspraxis, die überwiegend der Ausbildung dient, keine solche einschlägige Berufstätigkeit darstellt.

 

Darüber hinaus ergibt sich aus den Erläuterungen, dass nur solche Zeiten anrechenbar sind, die nicht ohnehin von der Mehrheit der potentiellen Bewerber vorgewiesen werden können oder die gar vorausgesetzte Ausbildungszeiten für den jeweiligen Arbeitsplatz sind. Es geht daher vor allem um Zeiten, durch welche sich der Bedienstete hinsichtlich seiner Verwendbarkeit deutlich vom typischen Berufseinsteiger abhebt.

 

§ 211b RStDG stellt demgegenüber eine Privilegierung der Richter in dem Sinn dar, dass in ihrem Fall das Gerichtsjahr, obwohl es grundsätzlich von der Anrechenbarkeit in § 12 Abs. 3 GehG 1956 ausgeschlossen ist, hinsichtlich jener Zeiten, die über fünf Monate hinausgehen, für anrechenbar erklärt wird. Damit wird auch zum Ausdruck gebracht, dass insbesondere die ersten fünf Monate, auf deren Absolvierung ein Rechtsanspruch besteht, der Ausbildung dienen und erst die darüber hinausgehenden Monate einer "einschlägigen Berufstätigkeit" iSd § 12 Abs. 3 GehG 1956 hinsichtlich einer möglichen Ernennung zum Richter entsprechen.

 

Dem zweiten Argument des Beschwerdeführers, wonach eine unsachliche Differenzierung zwischen Verwaltungspraktika und der Gerichtspraxis vorliege, ist Folgendes entgegenzuhalten: Wie sich aus den Erläuterungen zu § 12 Abs. 3 GehG 1956 ergibt, sind Verwaltungspraktika nicht schlechthin anrechenbar, sondern nur dann, wenn sie einschlägig sind, was dann gegeben sein wird, wenn das Verwaltungspraktikum unmittelbar vor der Aufnahme in das Dienstverhältnis absolviert wurde und der Bedienstete im Dienstverhältnis weitgehend mit denselben Aufgaben betraut werden soll wie während des Verwaltungspraktikums.

 

Insbesondere ist auch darauf hinzuweisen, dass die Erläuterungen zum Ausdruck bringen, dass die Absolvierung von Ausbildungen wie die Gerichtspraxis und das Unterrichtspraktikum bereits mit dem Einstiegsgehalt pauschal abgegolten wird. Dies ist erkennbar am höheren Einstiegsgehalt eines Richters in der Gehaltsstufe 1 mit €

3.711,60 (§ 66 RStDG) gegenüber einem Beamten des Allgemeinen Verwaltungsdienstes (A1) in der Gehaltsstufe 1 mit € 2.382,60 (§ 28 GehG 1956).

 

Der entscheidende Unterschied zwischen einem Verwaltungspraktikum und der Gerichtspraxis liegt darin, dass auf die Zulassung zur Gerichtspraxis gemäß § 2 Abs. 1 RPG ein Rechtsanspruch besteht, weshalb es dem Gesetzgeber innerhalb seines Gestaltungsspielraums zuzugestehen ist, dass er diese Zeit von der Anrechnung ausschließt und stattdessen die Absolvierung dieser Ausbildung im Einstiegsgehalt pauschal abgeltet.

 

Bezüglich der vom Beschwerdeführer angeführten Zeiten seines Universitätsstudiums ergibt sich, dass diese als Tätigkeiten, die einer Ausbildung dienten, nicht einer Anrechnung als Berufstätigkeit zugänglich sind. Im Lichte obiger Ausführungen zum weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers kann auch hinsichtlich dieser Bestimmung keine Gleichheitswidrigkeit erblickt werden.

 

Soweit es den vom Beschwerdeführer geleistete Zivildienst (damals ein Jahr) betrifft, wurde ihm dieser nach dem klaren Wortlaut des § 12 Abs. 2 Z 4 GehG 1956 nur mehr im gesetzlichen Ausmaß von neun Monaten angerechnet. Zur behaupteten Altersdiskriminierung hinsichtlich der Anrechnung der Zeit des Zivildiensts als Vordienstzeit ist festzuhalten, dass sich für eine solche keine sachlichen Anhaltspunkte finden: Die Gleichbehandlungs-Richtlinie 2000/78/EG definiert Altersdiskriminierung als Sachverhalt, bei dem eine Person gegenüber einer anderen Person in einer vergleichbaren Situation aufgrund des Alters benachteiligt wird, sei es unmittelbar aufgrund des Alters oder auch aufgrund von Regelungen, die mittelbar Personen dieses Alters benachteiligen (Art. 2 Abs. 2 RL). Für das Vorliegen einer Altersdiskriminierung muss daher eine tatsächliche Benachteiligung erlitten worden sein, wobei eine Benachteiligung nur unter Betrachtung anderer (fiktiver) Personen in einer vergleichbaren Situation festgestellt werden kann (vgl. ua. VwGH 01.07.2015, Ro 2014/12/0055, uva).

 

Die getroffene Neuregelung der beschränkten Anrechnung von Zeiten einer Zivildienstleistung knüpft jedoch nicht an ein bestimmtes Alter an, welches für die Vollanrechnung oder die beschränkte Anrechnung solcher Zeiten maßgeblich wäre, sondern stellt unabhängig davon lediglich darauf ab, ob auf solche Zeiten die Altrechtslage bzw. die Neurechtslage anzuwenden ist. Da somit das Kriterium des Alters kein Anhaltspunkt für die getroffene Neuregelung bildete, kann auch keine Altersdiskriminierung gegenüber jenem Personenkreis gesehen werden, auf welche noch das Altrecht anzuwenden ist. Darüber hinaus fehlt es bereits an einer tatsächlichen "Benachteiligung", da die verringerte Anrechnungsdauer durch die erhöhten Gehaltsansätze kompensiert wird.

 

Diese rechtlichen Ausführungen hinsichtlich der Verfassungskonformität des § 211b RStDG sowie des § 12 Abs. 2 Z 4 GehG 1956 wurden mittlerweile vom Verfassungsgerichtshof bestätigt. In seiner Beschwerdeablehnung wird ausgeführt, dass der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf die in §§ 2 und 26 RStDG normierten Ernennungsvoraussetzungen keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der angewendeten Bestimmung des § 211b RStDG iVm § 5 Abs. 2 RPG iVm § 12 Abs. 3 GehG idF BGBl I 64/2016 hegt. Auch gegen das Festlegen einer einheitlichen gesetzlichen Höchstgrenze für die Anrechnung von Zeiten, in denen der Zivildienst abgeleistet wurde, in § 12 Abs. 2 Z 4 GehG 1956, bestünden vor diesem Hintergrund keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VfGH 14.03.2017, E 623/2017).

 

Da sich aus dem Wortlaut des § 211b RStDG eindeutig ergibt, dass Zeiten der Gerichtspraxis als Zeiten nach § 12 Abs. 3 GehG 1956 nur anrechenbar sind, soweit sie die Dauer nach § 5 Abs. 2 RPG (somit fünf Monate) überschreiten und dem Beschwerdeführer dementsprechend alle Zeiten seiner Gerichtspraxis, die über fünf Monaten liegen, angerechnet wurden, die Zeiten seines Universitätsstudiums der Politikwissenschaften als Ausbildungszeiten einer Anrechnung als Vordienstzeiten nicht unterliegen und hinsichtlich des abgeleisteten Zivildienst eine Anrechnung gemäß § 12 Abs. 2 Z 4 GehG 1956 nur im Ausmaß von neun Monaten möglich ist, ist die Beschwerde abzuweisen.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Der Wortlaut der angewendeten Bestimmungen ist eindeutig.

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