BVwG W109 2122706-1

BVwGW109 2122706-17.10.2016

AVG 1950 §62 Abs1
AVG 1950 §62 Abs2
AVG 1950 §62 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
GdO 1994 §39 Abs3
MinroG §116
MinroG §119
VwGVG §24 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7
ZustG §6
AVG 1950 §62 Abs1
AVG 1950 §62 Abs2
AVG 1950 §62 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
GdO 1994 §39 Abs3
MinroG §116
MinroG §119
VwGVG §24 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7
ZustG §6

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W109.2122706.1.00

 

Spruch:

W109 2122706-1/ 8E

W109 2122705-1/ 8E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. BÜCHELE über die Beschwerden der Marktgemeinde XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gerhard LEBITSCH, gegen die Bescheide des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 13.12.2007, BMWA-66.100/0337-IV/9/2007, (erstangefochtener Bescheid) und des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend vom 18.02.2009, BMWFJ- 66.100/0039-IV/9/2009, (zweitangefochtener Bescheid) im Zusammenhang mit Anträgen der XXXX als mitbeteiligte Partei, vertreten durch Onz-Onz-Kraemmer-Hüttler Rechtsanwälte GmbH:

A) Die Beschwerden werden als verspätet zurückgewiesen.

B) Die Revision ist nicht zulässig.

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 13.12.2007 des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) wurde der XXXX die "Bewilligung zur Herstellung (Errichtung) der Bohrungen ‚ XXXX ' bis ‚ XXXX '" gemäß § 119 Abs. 1 und 2 des Mineralrohstoffgesetzes (MinroG), BGBl. I Nr. 38/1999 idF BGBl. I Nr. 113/2006, erteilt.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 18.02.2009 des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ) wurde der XXXX die "Bewilligung zur Herstellung (Errichtung) der Sonden ‚ XXXX ' bis ‚ XXXX ' jeweils samt Verbindungsleitung" gemäß § 119 Abs. 1 und 2 des MinroG, BGBl. I Nr. 38/1999 idF BGBl. I Nr. 113/2006, erteilt.

Die beiden Bescheide des BMWFJ sowie des BMWA wurden jeweils im Rahmen einer Verhandlung gemäß § 62 Abs. 1 AVG mündlich verkündet und in der Verhandlungsschrift gemäß Abs. 2 protokolliert. Bei den Verhandlungen war auch jeweils der stellvertretende Amtsleiter der beschwerdeführenden Marktgemeinde anwesend. Aus den Verhandlungsschriften geht hervor, dass in Entsprechung des § 62 Abs. 3 AVG die Anwesenden von der Möglichkeit einer schriftlichen Bescheidausfertigung belehrt worden sind. Die jeweilige Verhandlungsschrift wurde samt der beurkundeten mündlichen Verkündung der Bescheide u.a. jeweils an den Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde zugestellt. Die Bescheide wurden bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts nicht weiter bekämpft.

Mit Schriftsätzen jeweils vom 08.02.2016 wurden gegen diese Bescheide Beschwerden eingebracht. Zur Rechtzeitigkeit der Einbringung der Beschwerden wurde wie folgt ausgeführt:

"Im Zusammenhang mit dieser Rechtsverfolgung hat auch die Beschwerdeführerin, gestützt auf das Umweltinformationsgesetz und unter Berufung auf ihre Rechte nach Art 11 UVP-Richtlinie den Antrag auf Übermittlung der einzelnen Genehmigungsbescheide gestellt. Dies mit Schriftsatz vom 11.11.2015 bzw mit dem in der Folge präzisierten Schriftsatz vom 9.12.2015. Diesem Antrag wurde zwar nicht fristgerecht, jedoch insoweit entsprochen als mit Eingang 11.1.2016 sämtliche Genehmigungsbescheide zugunsten der XXXX gemäß § 119 Mineralrohstoffgesetz, zurück bis in das Jahr 2000 den antragstellenden Standortgemeinden zu Händen ihres Rechtsvertreters übermittelt worden sind. Dies gilt nach Ansicht der Beschwerdeführerin als rechtswirksame Zustellung des hiermit beschwerdegegenständlichen Genehmigungsbescheides an die im Sinne der Erwägungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs, ZI 2014/06/0078 [richtig wohl: Ro 2014/06/0078], insoweit ‚übergangene Partei'. Der beschwerdegegenständliche Bescheid ist sohin bislang nicht rechtskräftig."

Die mitbeteiligte Partei nahm zu den Beschwerden mit Schriftsatz vom 15.03.2016 Stellung und beantragte deren Zurückweisung.

Mit Schreiben vom 21.03.2016 hielt das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin vor, dass nach der Aktenlage von einer verspäteten Beschwerdeeinbringung auszugehen sei. Mit Schreiben vom 04.04.2016 führte die beschwerdeführende Gemeinde u.a. dazu aus:

"[...] Eindeutig ist nämlich, dass die nunmehr beschwerdeführende Marktgemeinde von der Behörde nicht als ‚Partei' geführt worden ist, weiter auch die Manuduktion gemäß § 13a AVG auf die Stellung der Anwesenden gemäß § 119 Abs 6 und Abs 7 MinroG bezogen war, ja sogar im Detail darauf eingegangen wurde, wem eben nach diesen Bestimmungen Parteistellung zukommt und wem nur ein Anhörungsrecht - somit der nunmehr beschwerdeführenden Marktgemeinde keine Parteistellung zugebilligt wurde, sondern nur ein Anhörungsrecht. Das heißt, die beschwerdeführende Marktgemeinde ist dem Verfahren nicht als Partei beigezogen worden, sie wurde ausdrücklich auch dahin manuduziert eben keine Parteistellung zu haben und jegliche Belehrung über Rechte von Parteien bezog sich daher nicht auf sie bzw wurde eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass eben nur jenen dieses Recht zukommt, die von der Behörde als Parteien zufolge des Wortlautes des § 119 Abs 6 MinroG begriffen wurden.

[...]

Im Ergebnis heißt dies: Gegenüber der im Verfahren nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertretenen nunmehrigen Beschwerdeführerin ist damit der Bescheid schon mangels Anwesenheit bei der Verkündung und weiter auf Grund falscher Rechtsbelehrung gemäß § 13a AVG - nämlich dahin, dass ihr keine Parteistellung zukommt - nicht rechtswirksam erlassen worden und ist sie damit insoweit auch übergangene Partei.

[...]

Keine rechtswirksame Erlassung der angefochtenen Bescheide gegenüber der beschwerdeführenden Marktgemeinde:

Unabhängig von der Frage der Anwesenheit des Vertreters der beschwerdeführenden Marktgemeinde:

Der mündlich verkündete Bescheid wurde jedoch in keinem Fall in der Verhandlung rechtswirksam gegenüber der beschwerdeführenden Marktgemeinde erlassen: Es fehlte dazu am Bescheidwillen, da die Behörde eindeutig die nunmehr beschwerdeführende Marktgemeinde nicht als Partei begriffen hat, gegenüber welcher sie den Bescheid erlassen wollte.

Dies ergibt sich auch hier eindeutig aus der Protokollierung der erfolgten Rechtsbelehrung in Bezug auf die Regelung der Partei- und bloßen Beteiligtenstellung im MinroG (§ 119 Abs 6 und Abs 7). Dh selbst wenn die nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertretene nunmehr beschwerdeführende Marktgemeinde anlässlich der Verkündung des Bescheides anwesend war, dann konnte mangels Bescheidwillen der Behörde gegenüber der von ihr nicht als Partei begriffenen Marktgemeinde in der Verhandlung am 13.12.2007 der Bescheid nicht rechtswirksam erlassen werden.

Das ‚autoritative Wollen' hat sich in beiden Fällen (also weder beim erstangefochtenen noch beim zweit angefochtenen Bescheid) nicht auf die beschwerdeführende Marktgemeinde bezogen, der Bescheid - hier in Form der Verkündung mit Beurkundung in der jeweiligen Verhandlungsschrift - war nicht auf die beschwerdeführende Marktgemeinde bezogen, der Bescheid war daher jeweils nicht an sie ‚adressiert'. Es ist allerdings für eine rechtswirksame Bescheiderlassung, besser gesagt für das Existentwerden eines Bescheides gegenüber allen Parteien Voraussetzung, dass diese als Adressaten auch ausreichend individuell bestimmt sind. Dies gilt auch bei einer mündlichen Verkündung eines Bescheides, es kommt auf die deutliche Bezeichnung der Bescheidadressaten, also aller Parteien gegenüber denen der Bescheid erlassen werden soll, bei der Verkündung an und sind die Bescheidadressaten auch in der darüber aufgenommenen Niederschrift entsprechend zu individualisieren (vgl dazu Rz 48 zu § 56 AVG in Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, mwN). Das war im Gegenstand in beiden Fällen nicht der Fall, da die nunmehr beschwerdeführende Marktgemeinde bloß unter ‚weitere amtliche Organe und sonstige Anwesende' geführt wurde und erklärter Maßen nur als Anhörungsberechtigte ohne Parteistellung behandelt und begriffen wurde. Wenn daher in einer mündlichen Verhandlung - entsprechend dem objektiven Inhalt der Verhandlungsschrift - eine Partei ausdrücklich nicht als solche beigezogen wird, ihr also insoweit die Parteistellung explizit versagt wird (siehe die Bezeichnung ‚weitere amtliche Organe und sonstige Anwesende' und eindeutige Manuduktion im Hinblick auf eine nicht gegebene Parteistellung) und sodann in selbiger Verhandlung der Bescheid verkündet wird, dann ist der Bescheid nicht gegenüber dieser Person erlassen, weil das ‚autoritative Wollen' (also der Bescheidwille, dokumentiert durch die Niederschrift) diese Person nicht als Adressaten einschließt. Es verhält sich so, dass in den Verhandlungen auch die vermeintlich nicht gegebene Partei Stellung der nunmehr beschwerdeführenden Marktgemeinde, sondern bloße Anhörungsberechtigung stets besonders betont worden ist. Es ist daher eindeutig, dass der Beschwerdewille [gemeint: Bescheidwille] - der sich so nach dem objektiven Erklärungswert der Niederschrift im Hinblick auf die Führung der beschwerdeführenden Marktgemeinde als ‚Nicht-Partei', insbesondere auch wegen der klaren Manuduktion - nicht darauf gerichtet war, gegenüber der Marktgemeinde einen Bescheid zu erlassen.

Der Bescheidwille im Zusammenhang mit der Bescheiderlassung in der mündlichen Verkündung in beiden Fällen konnte sich nie auf die beschwerdeführende Marktgemeinde beziehen, deren Rechte als Partei wurde dadurch nie gestaltet. Eine rechtswirksame Bescheiderlassung im Zusammenhang mit den beiden Verhandlungen wäre im Übrigen auch nicht in einer bloß zur Kenntnis des Bürgermeisters (also nicht der Marktgemeinde!) erfolgenden Übermittlung der Verhandlungsschrift zu erblicken (was das Bundesverwaltungsgericht auch nicht vorhält!). Auch diesbezüglich gilt das zum Bescheidwillen Ausgeführte in vergleichbarer Weise, abgesehen davon, dass sich eine solche ‚Verständigung" nur auf den Bürgermeister bezogen hätte!

Der Verspätungsvorhalt des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.3.2016 geht aus den genannten Gründen daher ins Leere. Die Beschwerden sind daher aus den in der Beschwerde angeführten Gründen rechtzeitig: Die Zustellung wurde unter Hinweis auf die Rechte der Beschwerdeführerin nach Art 11 UVP-Richtlinie, damit auch die Parteistellung geltend gemacht, und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung begehrt. Das Bundesministerium hat diesem Begehren entsprochen und sind die beschwerdegegenständlichen Bescheide am 11.1.2016 beim ausgewiesenen Rechtsvertreter eingegangen.

Mit ergänzendem Schriftsatz vom 12.04.2016 führte die beschwerdeführende Gemeinde zum Vorhalt in einem gleichgelagerten Verfahren des Bundesverwaltungsgerichtes, wo der Beschwerdeführerin vorgehalten wurde, dass Ausfertigungen der angefochtenen Bescheide jeweils "an den Bürgermeister der Gemeinde" zugestellt worden seien, aus:

"Die beschwerdegegenständlichen Bescheide wurden durch mündliche Verkündung in der jeweiligen mündlichen Verhandlung erlassen, wobei mit der Stellungnahme vom 4.4.2016 nachgewiesen worden ist, dass ein Vertreter der Beschwerdeführerin bei der mündlichen Bescheiderlassung in beiden Verhandlungen nicht anwesend war.

Soweit sodann nach der mündlichen Verhandlung die Verhandlungsschrift ausgesendet wurde, erging dies in Form einer ‚Verständigung', wobei eine solche ‚Verständigung' ‚zur Kenntnis' der ‚Bürgermeister der Gemeinde' erhielt und wurde bereits in der Stellungnahme vom 4.4.2016 im Hinblick auf die dort enthaltenen Ausführungen zum ‚autoritativen Wollen der Behörde' bereits darauf hingewiesen, dass eine derartige Verständigung ‚des Bürgermeisters der Gemeinde' durch Übermittlung der Verhandlungsschrift ‚zur Kenntnis' keine rechtswirksame Bescheiderlassung gegenüber der Beschwerdeführerin darstellen kann.

• Nun ist schon der ‚Bürgermeister der Gemeinde' von ‚der Gemeinde' (sie ist Beschwerdeführerin) zu unterscheiden und ist auch der ‚Bürgermeister der Gemeinde' nicht die Partei, zumal es sich um unterschiedliche Rechtspersonen handelt und auch dem Bürgermeister der Gemeinde kommt keine Parteistellung zu, er ist auch nicht betroffene Öffentlichkeit iSd Art 11 UVP-Richtlinie bzw Art 10a Richtlinie 86/337/EWG. Auch ist stets zwischen Organfunktionen und die Rechtsstellung der Gebietskörperschaft zu unterscheiden, wozu auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hingewiesen wird (siehe dazu zB VwGH 19.5.2015, Ra 2015/16/0032, in welcher Revisionssache eine von einer Gemeinde eingebrachte Revision zurückgewiesen wurde, weil richtigerweise als belangte Behörde die Gemeindevorstehung revisionsberechtigt gewesen wäre, obwohl sowohl Gemeinde als auch Gemeindevorstehung vom Bürgermeister nach gemeinderechtlichen Organisationsvorschriften vertreten werden und auch ein behördliches Handeln der Gemeindevorstehung der Gemeinde zurechenbar ist). Eine Umdeutung des Adressaten dahin etwa, dass die Gemeinde gemeint gewesen wäre, scheidet daher schon auf Grund der Behörden wie dem Bundesministerium (dem das oberste Organ Bundesminister vorsteht) jedenfalls zu unterstellenden Verwendung der richtigen Bezeichnung aus, die nach der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch geboten ist.

• Weiter erging die Verhandlungsschrift jeweils an den Bürgermeister ausdrücklich lediglich ‚zur Kenntnis', womit zum Ausdruck kommt, dass mit der Übermittlung keinesfalls Parteirechte gestaltet werden sollten.

• Dazu kommen die Festhaltungen in den Niederschriften der Verhandlungen im Hinblick auf die Regelung der Parteistellung gemäß § 119 Abs 6 MinroG und bloßen Anhörungsberechtigung der Gemeinde nach § 119 Abs 7 MinroG sowie der diesbezüglichen Rechtsbelehrung gemäß § 13a AVG gegenüber der nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertretenen Gemeinde, sodass das ‚autoritative Wollen' auch soweit dem Bürgermeister der Gemeinde die Verhandlungsschrift, in welcher der mündliche Bescheid beurkundet ist, übermittelt wurde, nicht darauf gerichtet war, die Rechte der beschwerdeführenden Gemeinde als Partei zu gestalten. Besser gesagt:

In der genannten Übermittlung liegt keinerlei ‚autoritatives Wollen', also keinerlei Bescheidwille. Es wurde lediglich der ‚Bürgermeister der Gemeinde' davon in Kenntnis gesetzt, dass eine Verhandlung mit dem entsprechenden Verlauf und einer mündlichen Bescheidverkündung gegenüber den von der Behörde als Partei Begriffenen stattgefunden hat. Der Bescheidwille der Behörde - belegt durch den objektiven Erklärungswert des Inhalts der jeweiligen Verhandlungsschrift in der Form, dass die Gemeinde erklärtermaßen nicht als Parteien, sondern als bloß Anhörungsberechtigte beigezogen war - war nicht darauf gerichtet, gegenüber der Gemeinde einen Bescheid zu erlassen.

• Schließlich verbietet auch das Unionsrecht in den gegenständlichen Beschwerdefällen eine Betrachtungsweise, nämlich, dass im quasi unmittelbaren Anschluss an die Verhandlung durch die Übermittlung, an den Bürgermeister der Gemeinde' ein Bescheid erlassen worden wäre: Art 11 UVP- Richtlinie bzw Art 10a Richtlinie 85/337/EWG verfolgt das Ziel einen möglichst weiten Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung zu geben, sodass bei vorstehendem Sachverhalt eine rechtswirksame Bescheiderlassung gegenüber der beschwerdeführenden Gemeinde ausgeschlossen ist. Andernfalls wäre auch die praktische Wirksamkeit der UVP-Richtlinie in Frage gestellt. Zur Wahrung des Unionsrechtes sind die nationalen Behörden verpflichtet und müssen sie daher die Anfechtbarkeit der Entscheidungen im Rahmen des Art 11 UVP-Richtlinie garantieren, sodass es im Ergebnis nicht der Partei zur Last fallen kann, wenn im Rahmen eines Verfahrens die Gebotenheit der Anerkennung der Rechte der betroffenen Öffentlichkeit durch die nationale Behörde nicht erkannt worden ist, vielmehr die Partei sogar explizit angeleitet wurde, keine derartigen Rechte zu haben. Dadurch können Rechte der betroffenen Öffentlichkeit gemäß Art 11 UVP-Richtlinie nicht verloren gehen, auf die Rechtsprechung des EuGH - zum Beispiel vergleichsweise auf die Erwägungsgründe im Urteil des EuGH vom 15.10.2015, C-137/14 - wird verwiesen."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die Beschwerden erwogen:

1.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundesverfassungsgesetz (B-VG) entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im vorliegenden Fall stützen sich der erst- und der zweitangefochtene Bescheid jeweils auf das MinroG. Es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Zu den Rechtsgrundlagen:

§ 62 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, lautet:

"§ 62. (1) Wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Bescheide sowohl schriftlich als auch mündlich erlassen werden.

(2) Der Inhalt und die Verkündung eines mündlichen Bescheides ist, wenn die Verkündung bei einer mündlichen Verhandlung erfolgt, am Schluß der Verhandlungsschrift, in anderen Fällen in einer besonderen Niederschrift zu beurkunden.

(3) Eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides ist den bei der Verkündung nicht anwesenden und jenen Parteien zuzustellen, die spätestens drei Tage nach der Verkündung eine Ausfertigung verlangen; über dieses Recht ist die Partei bei Verkündung des mündlichen Bescheides zu belehren.

(4) [...]"

Nach § 39 Abs. 3 Salzburger Gemeindeordnung 1994, LGBl. Nr. 107/1994, vertritt der Bürgermeister die Gemeinde nach außen.

2. Zu Spruchpunkt A - zur Zurückweisung der Beschwerden:

2.1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Der erst- und der zweitangefochtene Bescheid wurden jeweils in der mündlichen Verhandlung des BMWA am 13.12.2007 bzw. des BMWFJ 18.02.2009 verkündet und in der Verhandlungsschrift beurkundet. Die Verhandlungsschrift wurde jeweils dem Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde zugestellt. Beide Bescheide wurden gegenüber der beschwerdeführenden Gemeinde erlassen und wurden von dieser nicht weiter angefochten.

Dass die Verhandlungsschriften der beschwerdeführenden Gemeinde zugegangen sind ergibt sich auch aus den Zustellverfügungen der Verwaltungsakte des BMWA und des BMWFJ und wurde im Verfahren nicht bestritten.

2.2. Rechtliche Würdigung:

Die beiden angefochtenen Bescheide wurden mündlich in der Verhandlung verkündet und ordnungsgemäß nach § 62 Abs. 1 AVG in der Verhandlungsschrift beurkundet. Dass der Vertreter der beschwerdeführenden Gemeinde sich offensichtlich vor Schluss der Verhandlung entfernte (er ist unter den Anwesenden zwar angeführt, jedoch fehlt seine Unterschrift auf der Verhandlungsschrift), hindert nicht das Zustandekommen des mündlich verkündeten Bescheides. Dies wird auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

Die Beschwerdeführerin stellte in ihrer Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt bzw. Ergänzungsschriftsatz vom 12.04.2016 die Zustellung der Verhandlungsschrift an den Bürgermeister nicht in Abrede. Die in der Verhandlungsschrift beurkundeten Bescheide wurden zulässig dem Bürgermeister als Vertreter für die Gemeinde zugestellt. Vertritt dieser doch nach § 39 Abs. 3 Salzburger Gemeindeordnung 1994 die Gemeinde "nach außen". Somit wurden die Bescheide auch gegenüber der Gemeinde erlassen (vgl. die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.09.2010, 2009/06/0055; 30.01.1990, 89/05/0181; 26.02.2014, 2012/04/0142; 16.10.2010, 2007/09/0299; 22.06.2011, 2009/04/0152; 15.11.2007, 2005/07/0100, 25.04.2002, 2002/07/0005). Der Hinweis der beschwerdeführenden Gemeinde unter Hinweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.05.2015, Ra 2015/16/0032, wonach stets zwischen Organfunktionen und der Rechtsstellung der Gebietskörperschaft zu unterscheiden sei, führt daher in diesem Zusammenhang nicht zum Ziel. Die Rechtsmittelfrist hat daher spätestens mit der Zustellung der Verhandlungsschriften zu laufen begonnen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin trifft es somit nicht zu, dass die angefochtenen Bescheide des BMWFJ und des BMWA erst mit Schreiben des BMWFW vom 08.01.2016 der Beschwerdeführerin rechtswirksam zugestellt worden sind. Eine nochmalige Übermittlung der schriftlichen Bescheidausfertigungen löst keine Rechtswirkungen mehr aus (§ 6 Zustellgesetz).

Entgegen den Beschwerdevorbringen ist es in diesem Zusammenhang unerheblich, ob die Bescheide der Gemeinde als Partei oder nur Anhörungsberechtigter von der belangten Behörde zugestellt worden sind. Es wäre ihr jedenfalls offen gestanden, die behauptete fehlende UVP - und somit die fehlende Zuständigkeit der belangten Behörde - in einem Beschwerdeverfahren an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts mit dem Argument der partiellen Parteistellung in Bezug auf eine mögliche UVP-Pflicht zu rügen, wie sie es auch im gegenständlichen Beschwerdeverfahren argumentiert (vgl. dazu die von der Beschwerdeführerin zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 05.11.2015, Ro 2014/06/0078). Ungeachtet dessen kommt einer Standortgemeinde, ungeachtet ihrer allfälligen Parteistellung als Trägerin von Privatrechten, im Verfahren zur Genehmigung von Gewinnungsbetriebsplänen nach § 116 MinroG ausdrücklich Parteistellung zu.

Die mit Schriftsatz vom 08.02.2016 eingebrachten Beschwerden sind somit als verspätet zurückzuweisen.

Vor diesem Hintergrund erübrigt es sich weiter auf das von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 05.11.2015, Ro 2014/06/0078, im Zusammenhang mit dem Abnahmeverfahren zum "Vorhaben Spielberg Neu" einzugehen, da die diesem Erkenntnis zugrunde liegende Sachverhaltskonstellation mit dem vorliegenden Beschwerdefall nicht vergleichbar ist. Denn anders als in der vom VwGH bereits entschiedenen Rechtssache wurden im gegenständlichen Fall die bekämpften Bescheide bereits (auch) gegenüber der Beschwerdeführerin rechtswirksam erlassen, sodass eine weitere Zustellung der schriftlichen Bescheidausfertigung keine Rechtswirkungen mehr entfalten konnte.

Bei diesem Ergebnis war auch nicht weiter darauf einzugehen, ob es sich bei der beschwerdeführenden Gemeinde um "die betroffene Öffentlichkeit" iS der Aarhus-Richtlinie bzw. UVP-RL handelt und ob die fraglichen UVP-Tatbestände des UVP-G 2000 nicht dem Unionsrecht entsprechen. Denn die Möglichkeit eine allfällige UVP-Pflicht der erteilten Bewilligungen für die mitbeteiligte Partei wäre in einem materienrechtlichen Bewilligungsverfahren einzufordern (vgl. wiederum die von der Beschwerdeführerin zitierte Entscheidung des VwGH vom 05.11.2015, Ro 2014/06/0078). Das wurde jedoch von der Beschwerdeführerin verabsäumt, da beide Bescheide nicht weiter angefochten wurden. Beide Bescheide wurden vom BMWFJ bzw. BMWA erlassen und wurden - nach der damaligen Rechtslage - nicht weiter bei den beiden Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts bekämpft und sind somit in Rechtskraft erwachsen.

Auch unter dem Aspekt des Unionsrechts sind die beiden angefochtenen Verfahren nicht mehr anfechtbar. Auch der EuGH hat sich in seinem Urteil vom 05.10.2015 in der Rechtssache C-137/14 (Kommission/Deutschland) zum Institut der Rechtskraft bekannt. In RZ 96 führt er aus:

"Was den Grundsatz der Rechtskraft angeht, den die Bundesrepublik Deutschland geltend macht, hat der Gerichtshof die Bedeutung anerkannt, die diesem Grundsatz sowohl in der Unionsrechtsordnung als auch in den nationalen Rechtsordnungen zukommt. Zur Gewährleistung des Rechtsfriedens und der Beständigkeit rechtlicher Beziehungen sowie einer geordneten Rechtspflege sollen nämlich die nach Ausschöpfung des Rechtswegs oder nach Ablauf der entsprechenden Rechtsmittelfristen unanfechtbar gewordenen Gerichtsentscheidungen nicht mehr in Frage gestellt werden können (vgl. Urteil Fallimento Olimpiclub, C-2/08 , EU:C:2009:506, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung)."

Es erübrigt sich somit auch auf das von der Beschwerdeführerin angeführte Urteil des EuGH in der Rechtssache C-531/13 (und in diesem Zusammenhang das Erkenntnis des VwGH 215/04/0001) weiter einzugehen, da diesem Verfahren ein noch laufendes Verfahren nach dem MinroG zu einem anderen Vorhaben der mitbeteiligten Partei zugrunde liegt.

3. Zur Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung:

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte trotz Antrags gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG abgesehen werden, da über die Beschwerden ausschließlich auf Grund der Aktenlage entschieden werden konnte. Das Bundesverwaltungsgericht konnte nach Einsicht in den Verfahrensakt der belangten Behörde aufgrund des schriftlichen Beschwerdevorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK oder Art. 47 Grundrechte-Charta bedeutet hätte (VwGH 20.03.2014, 2013/07/0146 und VwGH 27.02.2013, 2010/05/0080, jeweils mit Hinweisen auf die Judikatur des EGMR).

4. Zu Spruchpunkt B - zur Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da sich die Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters für die Gemeinde nach außen aus der gesicherten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt (vgl. die unter Punkt II.2.2. angeführten Judikatur-Zitate). Es war im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.

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