BVwG W200 2123582-1

BVwGW200 2123582-110.5.2016

AsylG 2005 §3
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W200.2123582.1.00

 

Spruch:

W200 2123582-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike Scherz als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Stmk, vom 18.02.2016, Zl. 1066396000-150427902, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012 als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die in Teheran gebürtige minderjährige beschwerdeführende Partei führt nach eigenen Angaben den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehörige Afghanistans, gehört der hazarischen Volksgruppe und dem schiitischen Glauben an, war im Iran wohnhaft, reiste am 27.04.2015 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung am 28.04.2015 gab der Beschwerdeführer an, dass seine Eltern vor seiner Geburt Afghanistan aufgrund von Feindschaften verlassen hätten. Einzelheiten kenne er nicht. Den Iran hätte er verlassen müssen, weil Afghanen dort benachteiligt würden. Es gebe keine guten Ausbildungsmöglichkeiten. Die Lage sei schlecht, er sei im Iran nicht gut behandelt, aber nicht verfolgt oder bedroht worden. Sein Leben sei im Iran nicht in Gefahr, dies sei sein einziger Fluchtgrund.

Im Rahmen der Auflistung der Wohnanschriften führte er aus, dass er vor einem Jahr in die Türkei einreisen hätte wollen, von den iranischen Behörden aufgegriffen worden sei und nach Afghanistan abgeschoben worden sei. Nach einem einmonatigen Aufenthalt in Mazar-e Sharif sei er sofort wieder in den Iran zurückgekehrt.

Dem Akt ist ein Abschlussbericht über die Beteiligung des Beschwerdeführers an einem Raufhandel in der Asylwerberunterkunft zu entnehmen.

Im Rahmen der Einvernahme beim BFA am 02.09.2015 in Anwesenheit seiner gesetzlichen Vertretung konnte der Beschwerdeführer kein Identitätsdokument vorlegen. Er nannte die konkrete Adresse und Telefonnummer seiner Eltern im Iran und wurde darauf hingewiesen, dass zwecks Identitätsüberprüfung mit diesen Kontakt aufgenommen werden würde.

Auf den Vorhalt, dass der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung Teheran als Geburtsort angab und im Rahmen der Einvernahme nunmehr Mazar - e - Sharif als Geburtsort genannt hätte, gab er an, dass ihn der Dolmetscher nicht richtig verstanden hätte. Auf den wiederholten Vorhalt, dass er in verschiedenen Arten von seiner Geburt im Iran gesprochen hätte, antwortete er abermals, in Afghanistan geboren zu sein.

Im Iran hätte er einen Ausweis der Migrantenbehörde für einen begrenzten Zeitraum besessen.

Zu seinen Fluchtgründen befragt nannte er Feindschaften seines Großvaters in Afghanistan, weshalb die Eltern Afghanistan verlassen hätten müssen. Afghanen dürften jedoch im Iran weder arbeiten noch eine Schule besuchen, weshalb er nach Österreich gereist sei. Er hätte im Iran eine Schule besucht, sei 50jähriger Vater sei aber schwer zuckerkrank, sie hätten sehr wenig zu essen gehabt und er sei gezwungen gewesen in der Landwirtschaft zu arbeiten. Sein Vater könne nicht mehr arbeiten, die Mutter sei zu Hause, sein ca. 21jähriger Bruder arbeite.

Befragt, weshalb seine Angehörigen nicht nach Afghanistan zurückkehren könnten, antwortete er dies nicht zu wissen. Er wisse nur, dass sein Großvater ein mächtiger Mann gewesen sei und immer gegen die Taliban gekämpft hätte.

Am 22.09.2015 teilte die Staatendokumentation dem BFA mit, dass die (vom BFA angekündigte) Überprüfung der Aussagen des Beschwerdeführers durch den Vertrauensanwalt im Iran ergeben hätte, dass die angegebene Adresse den Tatsachen entsprochen hätte. Es handle sich dabei um ein Elendsviertel in Teheran. Die Familie lebe im Haus des Cousins des Beschwerdeführers väterlicherseits unentgeltlich. Der Vater und der Bruder seien Aushilfsbauarbeiter, die Mutter sei Hausfrau. Der Beschwerdeführer sei von der Familie anhand des Fotos identifiziert worden und der Vertrauensanwalt konnte in das Familienalbum (Fotos des Beschwerdeführers mit Eltern und Geschwistern) einsehen. Laut Angaben der Eltern des Beschwerdeführers seien diese vor über 30 Jahren während des sowjetischen Einmarsches und der daraus resultierenden Kampfhandlungen in Mazar Sharif in den Iran gekommen. Alle Kinder seien im Iran geboren. Die Familie spreche mehr Farsi als Dari. Der Auskunft angeschlossen waren iranische Identitätsdokumente des Vaters, des Bruders, der Mutter sowie ein Familienfoto in Farbkopie.

Am 30.10.2015 wurde dem Beschwerdeführer in Anwesenheit der gesetzlichen Vertretung das Ermittlungsergebnis vorgehalten. Er wiederholte alles gesagt zu haben und auch die Wahrheit gesagt zu haben.

Mit Bescheid des BFA vom 18.02.2016 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, diesem jedoch gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Nach Wiedergabe der Einvernahmeprotokolle, der Feststellung, dass die Überprüfung seiner Angaben im Iran ergeben hätten, dass seine Angaben im Wesentlichen der Wahrheit entsprochen hätten, wurde die Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit, Religionszugehörigkeit sowie der Geburtsort Teheran festgestellt. Er hätte in Teheran gelebt, die Schule besucht und als Hilfsarbeiter gearbeitet.

Weiters hätte nicht festgestellt werden können, dass er in seinem Herkunftsland Afghanistan bedroht worden sei oder werde.

Im Fall der Rückkehr könnte er nach einer Rückkehr in Afghanistan in eine bedrohliche Situation geraten.

Zu Afghanistan stellte das BFA fest:

1. Sicherheitslage

Im Zeitraum 1.8.-31.10.2015 verzeichnete die UNO landesweit 6.601 sicherheitsrelevante Vorfälle. Diese Vorfälle beziehen sich auf Arbeit, Mobilität und Sicherheit von zivilen Akteuren in Afghanistan. Dies bedeutet eine Steigerung von 19% zum Vergleichszeitraum des Jahres 2014. 62% dieser Vorfälle fanden in den südlichen, südöstlichen und östlichen Regionen statt. Im Berichtszeitraum gelang es den Taliban neben Kunduz City weitere 16 Distriktzentren einzunehmen. Deren Großteil befindet sich im Norden (Badakhshan, Baghlan, Faryab, Kunduz, Sar-e Pul und Takhar), im Westen (Faryab) und im Süden (Helmand und Kandahar) des Landes. Den afghanischen Sicherheitskräften war es jedoch möglich bis Ende Oktober 13 Distriktzentren wieder zurückzuerobern (UN GASC 10.12.2015).

Im Zeitraum 1.6.-31.7.2015 registrierte die UNO landesweit 6.096 sicherheitsrelevante Vorfälle, ein Rückgang von 4,6% zum Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die geographische Reichweite des Konfliktes fokussierte sich hauptsächlich auf die nord-östlichen Regionen rund um Kunduz, Badakhshan und Badghis, im Nordwesten auf die Provinz Faryab und im Südosten auf Nangarhar und im Süden auf Helmand. Der Großteil der Vorfälle wurde in den südlichen und östlichen Teilen des Landes registriert. In Kandahar, Nangarhar, Ghazni, Helmand und Kunar wurden 44.5% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle des Berichtszeitraumes registriert (UN GASC 1.9.2015).

Einige Experten haben auf Leistungsverbesserungen der afghanischen Sicherheitskräfte hingewiesen (SCR 9.2015). Ein erhöhtes Operationstempo hat zu einer signifikant höheren Opferzahl unter den afghanischen Sicherheitskräften geführt (+27% im Zeitraum von 1.1. -15.11.2015 im Vergleich zu 2014) (USDOD 12.2015). Ähnliche Zahlen nennt WP, mit 7.000 getöteten und und 12.000 verletzten Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte (+26% zum Jahr 2014). Im gesamten Jahr 2014 wurde hingegen von 5.000 getöteten afghanischen Polizisten und Soldaten berichtet (SCR 9.2015). Zudem haben die Taliban ihre Angriffe auf Sicherheitskräfte seit Beginn ihrer jährlichen Frühjahrsoffensive im April 2015 erhöht (BBC 29.6.2015).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast allen Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte sind im Allgemeinen fähig die größeren Bevölkerungszentren effektiv zu beschützen, bzw. verwehren es den Taliban, für einen längeren Zeitraum Einfluss in einem Gebiet zu halten. Gleichzeitig haben die Taliban bewiesen, dass sie ländliche Gegenden einnehmen, Schlüsselgebiete bedrohen (z.B. in Helmand) und gleichzeitig high-profile Angriffe in Kabul durchführen können (USDOD 12.2015). Laut Angaben der afghanischen Regierung, kontrollieren die Taliban nur vier der mehr als 400 Bezirke landesweit, aber es ist bekannt, dass diese Zahl stark untertrieben ist. Die afghanische Regierung hat außerdem oftmals nur Kontrolle über die Distriktzentren, aber nicht über die ländlichen Gebiete (The Long War Journal 22.9.2015)

Es gab Vorschläge zur Gründung regierungsfreundlicher Milizen - sogenannter lokaler Verteidigungskräfte - um die afghanischen Sicherheitskräfte zu unterstützen. Diese existieren angeblich bereits in einer Anzahl von Provinzen (UNGASC 10.12.2015).

Es gibt drei Gründe für das Wiederaufleben der Taliban: Erstens das Ende der US-amerikanischen und NATO-Mission Ende 2014, sowie der Abzug der ausländischen Kräfte aus Afghanistan, hat den militärischen Druck auf die Taliban verringert. Krisen in anderen Teilen der Welt (Syrien, Irak und Ukraine) nährten bei den Taliban die Hoffnungen auf ein Desinteresse der internationalen Gemeinschaft. Wenn Taliban militärische Stützpunkte, Distriktzentren und Check-Points Afghanistans überrennen, erbeuten sie jedes Mal Waffen für den Kampf gegen die afghanische Regierung. Zweitens vertrieb die pakistanische Militäroperation Zarb-e Azb in den Stammesgebieten Nordwaziristans im Juni 2014 tausende Aufständische - hauptsächlich Usbeken, Araber und Pakistanis - die nach Afghanistan strömten und in den Rängen der Taliban aufstiegen. Die Taliban lenkten ohnehin eine große Anzahl ihrer eigenen Kämpfer von Pakistan aus. Drittens mangelt es den afghanischen Sicherheitskräften an Ausbildung und Ausstattung, vor allem in den Bereichen Luftstreitkräfte und Aufklärung. Außerdem nützen die Taliban interne Machtkämpfe der Kabuler Zentralregierung und deren scheinbare Schwäche in verschiedenen Bereichen in Kabul aus (BBC 5.1.2016).

Rebellengruppen

Durch die Talibanoffensiven in den Provinzen Helmand und Kunduz entsteht der Eindruck, dass die afghanischen Sicherheitskräfte die Hauptbevölkerungszentren nicht kontrollieren können. Dies untergräbt das öffentliche Vertrauen, selbst dann, wenn es afghanischen Sicherheitskräften möglich ist, die Zentren zurückerobern, und überschattet die zahlreichen Erfolge der afghanischen Sicherheitskräfte (USDOD 12.2015).

Militärische Operationen im pakistanischen Nordwaziristan haben hunderte gut ausgebildete ausländische Kämpfer nach Afghanistan abgedrängt, wo sie nun die Taliban und den islamischen Staat unterstützen (WP 27.12.2015; vgl. Pakistan Today 22.12.2015; UN GASC 10.12.2015; Tolonews 21.12.2015).

Doch die Taliban haben auch mit Rückschlägen zu kämpfen. Nach der Nachricht vom Tod Mullah Omars hat sich die Bewegung zersplittert und Auseinandersetzungen zwischen Talibanführern begünstigen Fortschritte des IS, vor allem im östlichen Afghanistan (DS 6.1.2016).

Taliban und Frühlingsoffensive

Während der warmen Jahreszeit (ca. Mai - Oktober) spricht man von der "Fighting Season", in der die meist koordinierten, Angriffe von Aufständischen, in Gruppenstärke oder stärker, auf Einrichtungen der ANSF (Afghan Security Forces) oder GIROA (Government of Islamic Republic of Afghanistan) stattfinden. Manchmal sind auch Einrichtungen der IC (International Coalition) betroffen. Diese werden aber meist gemieden, da es sich hierbei um sogenannte "harte Ziele" handelt. Gegen die IC werden nach wie vor nicht-konventionelle Mittel eingesetzt (Sprengfallen, Magnetbomben). Außerhalb der "Fighting Season" verlegen kampfwillige Aufständische ihre Aktivtäten in die Städte, da hier die ungünstige Witterung kein Faktor ist (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Die Taliban haben signifikante Verluste zu verzeichnen - abgesehen von der temporären Einnahme der Stadt Kunduz, war es ihnen nicht möglich ihre Hauptstrategie und ihre Operationsziele für die Fighting Season 2015 zu erreichen. Auch in Kunduz war es ihnen nicht möglich, das Territorium für einen längeren Zeitraum zu halten. Während der gesamten Fighting Season bewiesen die Taliban Erfahrung in der Durchführung von Angriffen und Bedrohungen von ländlichen Distrikten und zwangen so die afghanischen Sicherheitskräfte in eine reaktive Position (USDOD 12.2015).

Al-Qaida

Die amerikanischen Behörden gehen von einer Zahl von weniger als 100 Kämpfern der al-Qaida in Afghanistan aus. Die meisten von ihnen sind in den nordöstlichen Provinzen Afghanistans, wie Kunar, aktiv. Manche dieser Kämpfer gehören zu Gruppen, die an al-Qaida angegliedert und in Kunduz aktiv sind (CRS 22.12.2015).

Haqqani-Netzwerk

Die Gruppe wurde in den späten 1970er Jahren durch Jalaluddin Haqqani gegründet. Sie ist mit al-Qaida und afghanischen Taliban verbündet, sowie mit anderen terroristischen Organisationen in der Region (Khaama Press 16.10.2014). Die Stärke des Haqqani-Netzwerks wird auf 3.000 Kämpfer geschätzt (NYT 17.10.2014).

Obwohl angenommen wird, dass das Netzwerk der al-Qaida näher steht als den Taliban (CRS 9.10.2014), wurde nach der Meldung vom Tod Mullah Omars, Siraj Haqqani zum stellvertretenden Talibanführer befördert. Dies signalisiert, dass das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin eine wichtige Komponente des Taliban-geführten Aufstandes ist (USDOD 12.2015).

Der Aufstand des Haqqani-Netzwerks ist vermehrt in den östlichen Provinzen Khost, Paktia, Paktika und Kunar vorzufinden (DW 17.10.2014).

Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG)

Die radikal-islamistische Rebellengruppe Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG) [Anmerkung: auch Hizb-i-Islami Gulbuddin] wird von Mujahed Gulbuddin Hikmatyar geführt (CRS 22.12.2015). Er war ein ehemaliger Verbündeter der USA im Kampf gegen die Besatzungstruppen der Sowjetunion in den 1980er Jahren. Die HIG wird als kleiner Akteur in den Kampfzonen Afghanistans gesehen (CRS 9.10.2014). Sie ist über die Jahre für ihre Grausamkeit bekannt geworden, sodass sogar die Taliban sich von ihr abwendeten (BBC 2.9.2014). Die Gruppe selbst ist ideologisch wie auch politisch mit al-Qaida und den Taliban verbündet. In der Vergangenheit kam es mit den Taliban jedoch zu Kämpfen um bestimmte Gebiete. (CRS 9.10.2014).

IS/ISIS/ISIL/Daesh - Islamischer Staat

Der Islamische Staat hat seinen Einfluss in Afghanistan seit Mitte des Jahres 2014 erhöht. Es wird berichtet, dass der Führer des Islamischen Staates Abu Bakr al-Baghdadi, Berichten zufolge, unter dem Talibanregime in Kabul gelebt und mit al-Qaida kooperiert hat. Die Präsenz der Gruppe in Afghanistan hat sich Anfang des Jahres 2013 aus mehreren kleinen afghanischen Taliban- und anderen Aufständischenfraktionen herausentwickelt (CRS 22.12.2015). Die Präsenz des islamischen Staates hat sich ausgeweitet, als immer mehr Talibanfraktionen dem IS Treue schworen. So kam es zur Einnahme kleiner Gebiete, hauptsächlich im östlichen Afghanistan, durch den IS (CRS 22.12.2015; vgl. Tolonews 12.7.2015). Ende 2015 gab es Berichte, über finanzielle Hilfe des IS für seinen afghanischen Zweig (CRS 22.12.2015). Ehemalige Kämpfer von al-Qaida, Taliban und Haqqani-Netzwerk steigen in den Rängen des IS auf (Pajhwok 26.5.2015).

Der afghanische Geheimdienst NDS hat eine Spezialeinheit damit beauftragt Razzien gegen den IS durchzuführen (Pajhwok 1.7.2015). Das afghanische Innenministerium konzentriert sich auf bessere Ausbildung und Ausrüstung der nationalen und lokalen Polizei, damit nicht die Notwendigkeit zur Selbstjustiz für Anrainer/innen entsteht (Pajhwok 26.5.2015).

Drogenanbau

Es ist im Jahr 2015 zu einer Reduzierung der Opiumproduktion um

3.300 Tonnen (48%) gekommen (UN News Centre 14.10.2015).

Zivile Opfer

Zwischen 1.1. und 30.6.2015 registrierte UNAMA 4.921 zivile Opfer (1.592 Tote und 3.329 Verletzte) - dies deutet einen Rückgang von 6% bei getöteten bzw. von 4% bei verletzten Zivilisten (UNAMA 8.2015).

Konfliktbedingte Gewalt hatte in der ersten Hälfte 2015 Auswirkungen auf Frauen und Kinder. UNAMA verzeichnete 1.270 minderjährige Opfer (320 Kinder starben und 950 wurden verletzt). Das ist ein Anstieg von 23% im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2014. Es gab 559 weibliche Zivilopfer, davon wurden 164 Frauen getötet und 395 verletzt. Das bedeutet einen Anstieg von 13% gegenüber 2014 (UNAMA 8.2015).

Laut UNAMA waren 70% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben, 16% regierungsfreundlichen Kräften (15% den ANSF und regierungsfreundlichen bewaffneten Gruppen, sowie 1% den internationalen militärischen Kräften). UNAMA rechnete 4% der zivilen Opfer Unfällen mit Blindgängern zu (8.2015).

3.436 zivile Opfer (1.213 Tote und 2.223 Verletzte) gehen auf Operationen regierungsfeindlicher Elemente zurück. Das bedeutet einen Rückgang von 3% gegenüber 2014. UNAMA verzeichnete einen Anstieg von 78% bei zivilen Opfer aufgrund von komplexen Angriffen und Selbstmordattentaten, sowie einen Anstieg von individuellen Tötungen. UNAMA registrierte ebenso 46% Rückgang an zivilen Opfern in Bodenkämpfen und 21% Rückgang ziviler Opfer aufgrund von IEDs (improvised explosive devices) (UNAMA 8.2015). Regierungsfreundliche Kräfte - speziell ANSF - waren auch weiterhin Grund für einen Anstieg bei zivilen Opfern im Jahr 2015. UNAMA registrierte hierzu 796 zivile Opfer (234 wurden getötet und 562 verletzt). Dies deutet einen Anstieg von 60% im Vergleich zum Jahr 2014. Der Großteil dieser zivilen Opfer geht auf Bodenkämpfe regierungsfreundlicher Gruppen, bei denen hauptsächlich Explosivwaffen, wie Mörser, Raketen oder Granaten verwendet wurden. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2015 waren regierungsfreundliche Gruppen für mehr zivile Opfer verantwortlich, als regierungsfeindliche Elemente. Im Jahr 2015 haben die ANSF ihre Anzahl von Operationen, die am Boden durchgeführt wurden, signifikant erhöht, um den Regierungsbildungsprozess zu unterstützen und Angriffen regierungsfeindlicher Elemente entgegenzuwirken (UNAMA 8.2015).

Die UNAMA verzeichnete 37% Anstieg bei Entführungen von Zivilisten durch regierungsfeindliche Elemente, und mehr Morde und Körperverletzungen an den Entführungsopfern. Von 76 Entführten Zivilisten wurden im Berichtszeitraum (1.1. - 30.6.2015) 62 getötet und 14 verletzt. UNAMA dokumentierte die Entführung von Zivilist/innen durch regierungsfeindliche Elemente für finanzielle Zwecke, zur Einschüchterung der Bevölkerung und um Zugeständnisse von anderen Parteien im Konflikt zu erhalten, z.B. Geiselaustausch (UNAMA 8.2015).

Mitarbeiter/innen internationaler Organisationen und der US-Streitkräfte

In einem Bericht der norwegischen COI-Einheit Landinfo wurde im September 2015 berichtet, dass zuverlässige Dokumentation von konfliktbezogener Gewalt gegen Afghanen im aktiven Dienst für internationale Organisationen, existiert. Andererseits, konnte nur eingeschränkte Dokumentation zu konfliktbezogener Gewalt gegen ehemalige Übersetzer, Informanten oder andere Gruppen lokale Angestellte ziviler oder militärischer Organisationen festgestellt werden (Landinfo 9.9.2015). Ferner werden reine Übersetzerdienste, die auch geheime Dokumente umfassen, meist von US-Staatsbürgern mit lokalen Wurzeln durchgeführt, da diese eine Sicherheitszertifizierung benötigen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Grundsätzlich sind Anfeindungen afghanischer Angestellter der US-Streitkräfte üblich, da diese im Vergleich zu ihren Mitbürgern verhältnismäßig viel verdienen. Im Allgemeinen hält sich das aber in Grenzen, da der wirtschaftliche Nutzen für die gesamte Region zu wichtig ist. Tätliche Übergriffe kommen vor, sind aber nicht nur auf ein Arbeitsverhältnis zu ISAF zurückzuführen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 10.11.2014). Des Weitern bekommen afghanische Angestellte bei den internationalen Streitkräften Uniformen oder Dienstbekleidung, Verpflegung und Zugang zu medizinischer Versorgung nach westlichem Standard. Es handelt sich somit meist um Missgunst. Das Argument der Gefahr im Job für lokale Dolmetscher wurde von den US-Streitkräften im Bereich der SOF (Special Operation Forces), die sehr sensible Aufgaben durchführen, dadurch behoben, dass diesen Mitarbeitern nach einer gewissen Zeit die Mitnahme in die USA angeboten wurde. Dieses Vorgehen wurde von einer militärischen Quelle aus Deutschland bestätigt (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Quellen:

Grundversorgung/Wirtschaft

Für das Jahr 2013 belegte Afghanistan im 'Human Development Index' (HDI) den 169 Platz von mehr als 187 (Anm.: darunter befanden sich auch einige ex aequo Platzierungen) (UNDP 2014).

Die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans wird trotz Wachstumsraten in der letzten Dekade weiterhin nicht durch ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum, sondern durch die Zuflüsse aus der internationalen Gebergemeinschaft stimuliert (AA 8.2015). Die Übergangsphase in Politik und Sicherheit haben die afghanische Wirtschaft stärker beeinträchtigt als erwartet. Das Wirtschaftswachstum ist im Jahr 2014 auf 1,3% gesunken, wobei es im Jahr davor noch 3,7% betrug (WB 10.2015; vgl. IMF 9.6.2015).

Das Wirtschaftswachstum war zum Größtenteil getrieben von Expansion in Industrie (2,4%) und Dienstleistung (2,2%). Private Investitionsaktivitäten zeigten im Jahr 2014 Anzeichen eines Rückgangs, gekennzeichnet durch einen 50%igen Rückgang an neuen Firmenregistrierungen seit dem Jahr 2012. Die Anzahl der neuen Firmenregistrierungen im ersten Halbjahr 2015, welche ein Indikator für Investorenvertrauen ist, blieb auf demselben Niveau, wie im ersten Halbjahr des Jahres 2014. Eine sanfte Erholung wird für das Jahr 2016 erwartet. (WB 2015).

Den größten Anteil am BIP (2014: 21,7 Mrd. USD) hat der Dienstleistungssektor mit 53,5%, gefolgt von der Landwirtschaft mit 27,7% des BIP. Industrieproduktion ist kaum vorhanden. Trotz einer großen Bedeutung des Außenhandels - Afghanistan ist in hohem Maße von Importen abhängig - sind afghanische Produkte bisher auf internationalen sowie regionalen Märkten kaum wettbewerbsfähig (AA 8.2015).

Es wird geschätzt, dass das reale Wachstum des Bruttoinlandprodukts um 3,1% im Jahr 2016 und 3,9% im Jahr 2017 wachsen wird, bedingt durch Verbesserungen im Bereich der Sicherheitslage und einer starken Reformdynamik (WB 10.2015). Wichtige Erfolge wurden im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur erzielt. Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden (AA 8.2015).

Trotz des seit drei Jahren hohen landwirtschaftlichen Produktionsniveaus, , konnten die starken Landwirtschaftserträge des Jahres 2013 nicht mehr erreicht werden und so war die Landwirtschaft nicht Teil des Wirtschaftswachtums (WB 10.2015). Die neue Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklung zur Priorität erhoben. Dadurch sollen auch gering qualifizierte Afghaninnen und Afghanen bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz bekommen. Insbesondere sollen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Afghanistans wieder eine stärkere Rolle auf den Weltmärkten spielen. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringem Ausbildungsstand der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90 %) aber groß. Sicher ist, dass die jährlich rund 400.000 neu auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen nicht vollständig vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden können (AA 8.2015).

Große wirtschaftliche Erwartungen werden an die zunehmende Erschließung der afghanischen Rohstoffressourcen geknüpft. In Afghanistan lagern die weltweit größten Kupfervorkommen sowie Erdöl, Erdgas, Kohle, Lithium, Gold, Edelsteine und Seltene Erden. Das seit langem erwartete Rohstoffgesetz wurde im August 2014 verabschiedet. Damit wurden die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in diesem Bereich verbessert. Entscheidend für Wachstum, Arbeitsplätze und Einnahmen aus dem Rohstoffabbau ist die Umsetzung des Gesetzes. Darüber hinaus müssen Mechanismen zum Einnahmenmanagement etabliert werden. Der Abbau der Rohstoffe erfordert große und langfristige Investitionen in die Exploration und Infrastruktur durch internationale Unternehmen. Bisher sind diese noch kaum im Abbau von Rohstoffen im Land aktiv (AA 8.2015).

Afghanistan bleibt weiterhin der weltweit größte Produzent für Opium, Heroin und Cannabis (AA 8.2015; vgl. UN GASC 6.9.2015). Rund 2,2 Mio. Afghanen leben mittelbar oder unmittelbar vom Drogenanbau, -handel und -verkauf (AA 8.2015). Trotz einer breit angelegten Strategie verhindern die angespannte Sicherheitslage in den Hauptanbaugebieten im Süden des Landes sowie die weit verbreitete Korruption eine effiziente Bekämpfung des Drogenanbaus (AA 8.2015; vgl. UN GASC 6.9.2015). Die hohen Gewinnmargen erschweren zudem die Einführung von alternativen landwirtschaftlichen Produkten (AA 8.2015).

Die Internationale Gemeinschaft und Hauptgeber haben ihr Engagement und ihre Partnerschaft für Afghanistan im Rahmen der London Konferenz im Dezeber 2014 bestätigt. Sie begrüßren das Engagement der neuen afghanischen Regierung für macroökonomische Stabilität und Reformen, welche Nachhaltigkeit und integratives Wachstum beinhaltet (IMF 5.2015).

Quellen:

4.1. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF)

Die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF), die in Europa um Asyl ansuchen, hat sich seit dem Jahr 2010 stetig erhöht. Im Jahr 2014 lag die Zahl der asylansuchenden UMF bei 24.075, was 4% der Gesamtzahl aller Asylansuchenden ausmachte. Etwa 70% dieser UMFs wurde von den folgenden Ländern aufgenommen: Schweden 7.050, Deutschland 4.400, Italien 2.505, Österreich 1.975 und Großbritannien 1.860. Buben machten 86% der UMFs aus, während die restlichen 14% Mädchen waren. Afghanistan war das Herkunftsland mit der höchsten Zahl von UMF, die nach Europa kamen. Die Zahl afghanischer UMF betrug 6.155 oder 26% (Andere Länder waren: Eritrea (4.475 bzw. 19%), Syrien (3.170 bzw.13%), Somalia (2.335 bzw. 10%), Gambia (1.075 bzw. 4%) und Marokko (615 bzw. 3%) (EC 5.2015). Im Jahr 2012 haben vergleichsweise mehr als 21.300 unbegleitete oder von den Eltern getrennte Kinder, zum Großteil aus Afghanistan und Somalia, in Europa um Asyl angesucht (UNHCR 19.8.2013).

Laut UNHCR handelt es sich bei afghanischen UMF allgemein um männliche unbegleitete Kinder im Alter zwischen 13 und 17 Jahren, die die Reise auf sich nehmen. Sie werden aus unterschiedlichen Gründen dazu motiviert, eine solche Reise auf sich zu nehmen. Diese zusammenhängenden Faktoren inkludieren Armut, Unsicherheit, inadäquate Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten, sowie Erwartungshaltung von Familie und Peergruppe. Sowohl aus Gegenden mit einer geringen Zahl an entsandten Kindern, als auch aus Gegenden mit einer hohen Zahl entsandter Kinder, waren europäische Länder typischerweise das gewünschte Ziel. Teilweise wurde der Iran als Zwischenstation ausgewählt, aufgrund der Anwesenheit von Familienmitgliedern und Verwandten, die helfen konnten Arbeit zu finden. Die Hauptabreiseorte waren Herat, Islam Qala [Anm.: im Westen von Herat] und Nimroz. Es ist allgemein bekannt, dass Schmuggelnetzwerke für diese Reise verwendet werden (UNHCR 12.2014).

Waisenhäuser

Es gibt 16.700 Kinder in den Waisenhäusern in Afghanistan, 440 dieser Kinder sind in Kandahar (WP 10.8.2012). In der Provinz Nangahar gibt es laut UNAMA neun Waisenhäuser, in denen hunderte Waisen, inklusive Mädchen leben und lernen (UNAMA 18.4.2013).

Die Bedingungen für Kinder in Waisenhäusern waren schlecht (USDOS 25.6.2015). Die Regierung leitete 84 Kinderschutz-Netzwerk-Zentren und 78 Wohngemeinschaften für Waisen (USDOS 25.6.2015; vgl. Khaama Press 20.4.2015), die vor allem die Berufsausbildung von Kindern unterstützten, die aus armen Familien stammen. 30 dieser Waisenhäuser wurden privat finanziert, während 48 von ihnen von der Regierung über NGOs unterstützt wurden (USDOS 25.6.2015). Berichten zufolge gibt es in Kabul 20 Zufluchtstätten für Kinder mit eingeschränkten Kapazitäten (Daily Mail UK 29.10.2015). NGOs berichteten, dass 80% der vier- bis 18-jährigen in den Waisenhäusern nicht wirklich Waisen sind, sondern aus Familien stammen, die nicht für Essen, Behausung und Schule aufkommen konnten (USDOS 25.6.2015; vgl. Daily Mail UK 29.10.2015). Es wurde berichtet, dass Kinder in den Waisenhäusern mental, physisch und sexuell misshandelt wurden und manchmal Menschenhandel ausgesetzt waren. Auch hatten Kinder in den Waisenhäusern nicht immer Zugang zu fließendem Wasser, Heizung, Sanitäranlagen, Gesundheitsversorgung, Freizeiteinrichtungen oder Bildung (USDOS 25.6.2015).

Waisenhäuser werden von unterschiedlichen Organisationen betrieben, wie z.B.: Hagar International (Daily Mail UK 29.10.2015), The Afghan Orphan Project, Waisenhaus Afghanistan und Shelter Now Germany (The Afghan Orphan Project o.D.; Shelter Now o.D.).

Quellen:

Beweiswürdigend führte das BFA, betreffend die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aus, dass seine diesbezüglichen Angaben schlüssig gewesen seien, durch Erhebungsergebnisse belegt und somit glaubhaft seien. Anzumerken sei hier lediglich, dass die Behauptung, in Mazar-e-Sharif in Afghanistan geboren zu sein, nicht nachvollziehbar sei. Er habe zuerst selbst angegeben, im Iran geboren zu sein und auch seine Eltern hätten bei der Befragung im Iran angegeben, dass alle Kinder und somit auch er, im Iran geboren seien. Der Versuch, den Geburtsort nach Afghanistan zu verlegen, könne nur so gewertet werden, dass er seiner Geschichte mehr Gewicht zu geben versuche, als diese tatsächlich hätte.

Er habe sein gesamtes Leben im Iran verbracht. Alleine deshalb sei auszuschließen, dass ihm aufgrund persönlicher Probleme in Afghanistan Verfolgung drohen sollte.

Von einer Verfolgung in Afghanistan könne nicht ausgegangen werden, zumal die Eltern im Zuge der Erhebung im Iran klar angegeben hätten, dass die ganze Familie wegen der Kriegsfolgen nach dem Einmarsch der Sowjets Afghanistan verlassen hätte. Von einem Zwist mit irgendwelchen Feinden in Afghanistan, wie er dies in der Einvernahme vom 02.09.2015 behauptet hätte, sei von seinen Eltern überhaupt nichts erwähnt worden. Der Versuch, einen Streit in Afghanistan zu behaupten, könne nur so gewertet werden, dass er seiner Geschichte mehr Gewicht zu geben versuche, als diese tatsächlich hätte.

Das BFA gehe aufgrund der Aussage der Eltern davon aus, dass er selbst in Afghanistan nie einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt gewesen wäre und dass ihm eine solche auch in Zukunft nicht drohen werde.

Anschließend folgten Ausführungen zur Subsidiären-Schutz-Gewährung.

Im Rahmen der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde führte die gesetzliche Vertretung aus, dass das BFA ausführe, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft darstellen hätte können, dass er in Afghanistan wohlbegründete Furcht vor Verfolgung haben müsse - dies erkläre sich daraus, dass er außerhalb Afghanistans geboren sei und der Beschwerdeführer sich nur für etwas ein Monat in Afghanistan aufgehalten hätte. Er hätte laut BFA sein ganzes Leben im Iran verbracht, weshalb auszuschließen sei, dass ihm aufgrund persönlicher Probleme in Afghanistan Verfolgung drohen sollte, zumal die Eltern im Zuge der Erhebungen klar angegeben hätten, dass die ganze Familie wegen Kriegsfolgen nach dem Einmarsch der Sowjets Afghanistan verlassen hätten. Von einem Zwist mit irgendwelchen Feinden wie am 02.09.2015 angegeben, sei von den Eltern nichts erwähnt worden, weshalb die Ausführungen als Versuch gewertet werden, der Geschichte mehr Gewicht zu geben.

Die gesetzliche Vertretung verwies auf das Erkenntnis des VwGH vom 08.04.2003, Zl 2002/01/0438), wonach die Stellungnahme eines Vertrauensanwaltes keinen Beweis durch Sachverständige iSd § 52 AVG und der dazu ergangenen Rechtsprechung darstelle. Dies bedeute, dass das BFA nicht allein aufgrund dieses Ermittlungsergebnisses als gegeben annehmen dürfe, dass die vom Beschwerdeführer geschilderte Bedrohung aufgrund von Feindschaften seiner Familie in Afghanistan nicht stattgefunden haben dürfe. Es erfolgte ein weiterer Verweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 26.06.2012, Zl 2009/22/0300, wonach keine schlüssige Beweiswürdigung der Schluss von der Stellung als Vertrauensanwalt auf die Richtigkeit der Ausführungen sei.

Dem Beschwerdeführer sei weder der genaue Inhalt noch die Identität des Vertrauensanwaltes zur Kenntnis gebracht worden, weshalb nicht nachvollziehbar sei, auf welche Art und Weise und bezüglich was seine Eltern genau befragt worden seien, auch nicht ob den Eltern der Hintergrund sowie der Sinn und Zweck der Befragung erklärt worden sei bzw. klar gewesen sei. Auch sei nicht ersichtlich, in welcher Funktion der Vertrauensanwalt gegenüber den Eltern des minderjährigen Beschwerdeführers aufgetreten sei. Die Nichterwähnung der in Afghanistan resultierenden Probleme könne an einer restriktiven Informationsherausgabe gegenüber einer fremden Person sowie aus Angst vor den Taliban liegen. Seitens der Vertretung wurde auf das Erkenntnis des VwGH vom 21.04.2011, Zl 2011/01/0129 verwiesen, wonach die Nicht-Zur-Kenntnisbringung des genauen Inhaltes des Ermittlungsberichtes bzw. der Identität des Sachverständigen oder des ermittelnden Anwaltes nicht ausreiche, um den Beschwerdeführer in die Lage zu versetzen, dazu entsprechend Stellung zu nehmen.

Weiters wurde auf das Erkenntnis des VwGH vom 22.01.2009, Zl 2007/19/0671 und das Erkenntnis des AsylGH vom 22.04.2009, A5 262.006-0/2008 verwiesen.

Bezüglich des Vorhaltes, dass der Beschwerdeführer den Streit in Afghanistan konstruiert hätte, um seiner Fluchtgeschichte mehr Relevanz zu verliehen, wurde auf das junge Alter des Beschwerdeführers hingewiesen, worauf vom BFA nicht Rücksicht genommen worden sei. Dies werde vom VwGH im Erkenntnis 2014/19/0020 vom24.09.2014 und auch im Erkenntnis des BVwG W183 1420797-1 vom 16.05.2014, W142 1421535-1 vom 18.09.2014, W151 1421673 vom 28.02.2014 und A5 411235-1/2010 vom 11.08.2010 jedoch gefordert.

Zum Länderbericht wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zur besonders vulnerablen sozialen Gruppe der verlassenen Kinder in Afghanistan gehöre, die zu einer asylrelevanten Verfolgung führe und wurde auf den USDOS-Bericht vom 25. Juni 2015 (der in den Länderfeststellungen verwertet ist), den Bericht des IWPR vom 19.08.2915,... verwiesen, die auf die Gefahr des (sexuellen, körperlichen,...) Missbrauches, der Zwangsrekrutierung in Form von Ausführungen von Selbstmordanschlägen, der Bildungsverweigerung und der Kinderarbeit hinwiesen. Auch die auf Gefährdung der Hazara in Form einer Diskriminierung, der Zwangsrekrutierung durch die Taliban wurde hingewiesen.

Rechtlich begründete die gesetzliche Vertretung eine asylrelevante Verfolgung mit dem jugendlichen Alter des Beschwerdeführers und der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe.

Am 19.04.2016 teilte die BH Leoben mit, dass der jugendliche Beschwerdeführer das UMF-Quartier verlassen hätte und seither abgängig sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person:

Die minderjährige beschwerdeführende Partei führt den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehörige Afghanistans, gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist muslimisch-schiitischen Glaubens, wurde in Teheran geboren, war ihr ganzes Leben im Iran aufhältig, reiste am 27.04.2015 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Eltern, der ältere Bruder und die Schwester des Beschwerdeführers leben in Teheran.

Nicht festgestellt werden kann, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat asylrelevante Verfolgung droht.

Hinsichtlich der Länderfeststellungen zu Afghanistan wird auf die im angefochtenen Bescheid verwendeten Länderfeststellungen verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des Beschwerdeführers, resultieren aus seiner Erstbefragung und seinen Einvernahmen beim BFA in Anwesenheit seiner gesetzlichen Vertretung sowie dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens durch den Vertrauensanwalt im Iran.

Die Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und Religionszugehörigkeit gelten auf Grund seiner diesbezüglich glaubwürdigen Angaben vor der Behörde erster Instanz und dem Ermittlungsergebnis als erwiesen.

Das BFA hat in seiner Beweiswürdigung schlüssig die Feststellungen begründet, insbesondere verwies es auf das Ergebnis der Iran durchgeführten Ermittlungen. Dieses Ermittlungsergebnis entsprach den Ausführungen des Beschwerdeführers in der Erstbefragung, konkret, dass die Eltern des Beschwerdeführers bereits vor der Geburt des Beschwerdeführers in den Iran gingen, die Familie an der vom Beschwerdeführer angegebenen Adresse wohnhaft war. Auch die Identität des Beschwerdeführers konnte durch Vorhalt eines Fotos geklärt werden sowie, dass alle drei Kinder im Iran geboren wurden. Die Angaben der Eltern des Beschwerdeführers aufgrund des sowjetischen Einmarsches und der daraus resultierenden Kampfhandlungen vor über 30 Jahren in den Iran gegangen zu sein, sind nachvollziehbar. (Der Vollständigkeit halber wird ausgeführt, dass dies regelmäßig in Asylverfahren verfahrensgegenständlich ist, d. h. der Erfahrung des BFA und des BVwG entspricht.)

Nicht glaubwürdig ist in diesem Zusammenhang die Änderung der Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Geburtsort, der laut seinen Angaben in der Einvernahme vom 02.09.2015 in Afghanistan liegen soll. Dies widerspricht dem Ermittlungsergebnis ebenso wie die Angaben zum Fluchtgrund der Eltern - die angeblichen Probleme des Großvaters des Beschwerdeführers. Wenn auch der Beschwerdeführer ein jugendliches Alter aufweist, so geht das BVwG davon aus, dass dem Beschwerdeführer im Zuge des beinahe fünfmonatigen Aufenthaltes in Österreich klar geworden ist, dass alleine von ihm geschilderten Fluchtgründe - die Benachteiligung von Afghanen im Iran, die geringen Bildungsmöglichkeiten,.... - nicht ausreichen, um eine Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zu erreichen, zumal der Beschwerdeführer auch mit anderen afghanischen Asylwerbern in einer Unterkunft untergebracht war.

Vom VwGH wurde in diesem Zusammenhang wie folgt judiziert:

VwGH vom 16.09.1992, Zl 92/01/0181:

Der Umstand, dass ein Asylwerber bei der Erstbefragung gravierende Angriffe gegen seine Person unerwähnt gelassen hat (hier Schläge, Ziehen an den Haaren, Begießen mit kaltem Wasser) spricht gegen seine Glaubwürdigkeit.

VwGH vom 21.06.1994, Zl 94/20/0102

Auf Grund der nicht im Einklang mit den Ausführungen anlässlich der Einvernahme des Asylwerbers bei seinem ersten Aufenthalt in Österreich stehenden bzw gesteigerten Angaben im Asylverfahren durfte die Behörde dem Asylwerber (hier: türkischer Staatsangehöriger) die Glaubwürdigkeit versagen.

Zweifel an den Ergebnissen der Ermittlungen durch den Vertrauensanwalt im Iran hegt das BVwG - ebenso wie das BFA - keine. Wie zuvor ausgeführt sind diese mit den Aussagen des Beschwerdeführers in der Erstbefragung gleichlautend - insbesondere die Verifizierung der ersten Angaben des Beschwerdeführers lassen umso mehr den Schluss zu, dass das Ergebnis den Tatsachen entspricht. Auch in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides wurde begründet, dass die Angaben des Beschwerdeführers durch die Ermittlungsergebnisse belegt worden seien und somit glaubhaft seien.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass insofern die Rüge in der Beschwerde, dass das Ergebnis von Ermittlungen durch einen Vertrauensanwalt nicht denselben Anspruch an Rechtmäßigkeit hat wie Ermittlungsergebnisse eines Sachverständigen, sowie die Ausführungen, dass der genaue Inhalt des Ermittlungsergebnisses sowie die Identität des Vertrauensanwaltes dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht worden seien, aus demselben Grund ins Leere geht - konkret, dass die Ermittlungsergebnisse mit den ursprünglichen Angaben des Beschwerdeführer übereinstimmen. Anders verhielte es sich bei gravierend abweichenden Ergebnissen der Recherchen.

Nicht nachvollzogen werden können auch nicht die Ausführungen in der Beschwerde, dass die Eltern des Beschwerdeführers konkret über den Hintergrund und Sinn und Zweck der Befragung informiert hätten werden müssen. Keinesfalls sollen Ermittlungen in die Richtung von Falschaussagen zum Nutzen eines Beschwerdeführers gelenkt werden, sondern nur dazu dienen, einen Sachverhalt aufklären zu können. In diesem Zusammenhang wird wieder auf die Verifizierung der ursprünglichen Angaben des Beschwerdeführers verwiesen.

Dass plötzlich aus Angst vor der Verfolgung durch die Taliban von den Eltern keine korrekten Angaben gemacht werden sollten, widerspricht jeglicher Sinnhaftigkeit, da gerade diese Angaben in einem konkreten Fall eventuell zur Asylgewährung führen könnte und deshalb dessen Verschweigen in einem Asylverfahren kontraproduktiv ist.

Der Rüge, dass das BFA die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers nicht ausreichend berücksichtigt hätte, widersprechen die Einvernahmeprotokolle: In den Einvernahmen vor dem BFA war eine gesetzliche Vertretung anwesend. Hätte es irgendeinen Anlass gegeben, einzuschreiten, so geht das BVwG davon aus, dass dies von der gesetzlichen Vertretung im Rahmen ihrer Verpflichtungen auch erfolgt sei. Von der gesetzlichen Vertretung wurde auch während der Einvernahme nicht moniert, dass das BFA dem Beschwerdeführer das Ermittlungsergebnis zusammengefasst zur Kenntnis gebracht hat.

Die Beweise anders zu würdigen als das BFA, wäre unplausibel und unschlüssig, zumal auch von einem Minderjährigen jedenfalls erwartet werden kann, dass er seinen Geburtsort auf Befragung unverzüglich ordnungsgemäß nennen kann und auch insbesondere die in der Erstbefragung geschilderten Ausreisegründe nachvollziehbar und logisch sind. Diese werden auch in einer großen Anzahl von Asylverfahren immer wieder als Begründung für die Reise vom Iran nach Europa genannt.

Wie nunmehr ausgeführt sind die ursprünglichen Angaben des Beschwerdeführers glaubwürdig und werden der Entscheidung zu Grunde gelegt, alleine die Ausführungen zum Geburtsort und auch zum Fluchtgrund aufgrund des Großvaters sind - wie zuvor ausgeführt - unglaubwürdig.

Die Ausführungen in der Beschwerde zu asylrelevanten Gründen wie die Zugehörigkeit zur besonders vulnerablen sozialen Gruppe der verlassenen Kinder in Afghanistan, die der Gefahr des (sexuellen, körperlichen,...) Missbrauches, der Zwangsrekrutierung in Form von Ausführungen von Selbstmordanschlägen, der Bildungsverweigerung und der Kinderarbeit unterlägen, sowie die Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Hazara aufgrund einer Diskriminierung und die Gefahr der Zwangsrekrutierung durch die Taliban, weist keinen glaubhaften Kern auf. Zu keinem Zeitpunkt hat der Beschwerdeführer nur eine dieser Gefahren m Verfahren vor dem BFA geltend gemacht - dies trotz Anwesenheit von für Verfahren vor dem BFA zuständigen Vertreterinnen der Caritas bei beiden Einvernahmen. Bestünde tatsächlich eine der in der Beschwerde aufgelisteten Gefahren, so wäre dies von den in Asylverfahren erfahrenen Vertreterinnen geltend gemacht worden. Es wird auch in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer im Iran bereits gearbeitet hat.

Es verhält sich hier gleichlautend wie zu den Ausführungen zum Geburtsort und der Flucht wegen der Gefährdung durch den Großvater - diese dienen nur dazu, einen Sachverhalt zu konstruieren, um als Flüchtling anerkannt zu werden.

Darüber hinaus gilt das in § 20 BFA-VG verankerten Neuerungsverbot.

Die Länderfeststellungen gründen sich auf die darin genannten unterschiedlichen Quellen und werden als ausgewogen erachtet.

Abschließend weist das BVwG darauf hin, dass der Beschwerdeführer untergetaucht ist - dies spricht - selbst unter Berücksichtigung seines jugendlichen Alters - nicht für die Person des Beschwerdeführers.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u. a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG. (Z. 3).

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Zu A):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung."

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. (vgl. zB. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen.

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, 94/19/0183, 18.02.1999, 98/20/0468).

Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011).

Es sei weiters betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung einnimmt (VwGH vom 20.06.1990, Zl. 90/01/0041).

Die Angaben des Beschwerdeführers zu den Gründen, weshalb er letztlich in seinen Herkunftsstaat nicht zurückkehren könne, waren aus den im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Erwägungen unglaubwürdig.

Dass der Beschwerdeführer aus anderen in seiner Person gelegenen Gründen einer - ausreichend wahrscheinlichen - asylrelevanten Verfolgung maßgeblicher Intensität in Afghanistan ausgesetzt wäre, wurde vom Beschwerdeführer nicht ausreichend konkret behauptet, und ist auch sonst nicht ersichtlich. Auch steht dem Großteil des Vorbringens in der Beschwerde § 20 BFA-VG entgegen.

Da der Beschwerdeführer weder glaubhaft machen konnte noch auf Grund des Ermittlungsverfahrens hervorgekommen wäre, dass ihm asylrelevante Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht, war die Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

Entfall der Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (in der Folge GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, Seite 389 (2010/C 83/02), entgegenstehen.

Gemäß Art. 47 Abs. 1 GRC hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Zufolge des Abs. 2 leg. cit. hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

Nach Art. 52 Abs. 1 GRC muss jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

Zur Frage der Verhandlungspflicht brachte der VfGH etwa in seinem Erkenntnis vom 14.03.2012, U 466/11, ua. zum Ausdruck, er hege vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR zur Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung weder Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 41 Abs. 7 AsylG, noch könne er finden, dass der Asylgerichtshof der Bestimmung durch das Absehen von der Verhandlung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt habe. Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergebe, dass das Vorbringen tatsachenwidrig sei, stehe im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt worden sei.

Übertragen auf den vorliegenden Beschwerdefall erfordert ein Unterbleiben einer Verhandlung vor dem BVwG somit, dass aus dem Akteninhalt die Grundlage des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar ist.

Der VwGH hat zur Frage der Verhandlungspflicht mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 ausgesprochen, dass sich die bisher zu § 67d AVG ergangene Rechtsprechung auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten weitgehend übertragen lässt. Für den Anwendungsbereich der vom BFA-VG erfassten Verfahren ist primär § 21 Abs. 1 und subsidiär § 24 Abs. 4 VwGVG als maßgeblich heranzuziehen. Für die Auslegung der Wendung in § 21 Abs. 7 BFA-VG, "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint", sind nunmehr folgende Kriterien beachtlich: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt habe und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalte behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch das BFA vorangegangen. Für eine mögliche Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des BVwG keine Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Auch die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers steht dem nicht entgegen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht durch detaillierte Befragung in Anwesenheit der gesetzliche Vertretung sowie dadurch, dass dem Beschwerdeführer der Inhalt des nachvollziehbaren Ermittlungsergebnisses zur Kenntnis gebracht wurde, nachgekommen. Der geltend gemachte Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung des BFA festgestellt, und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet. Es wurde nur die Minderjährigkeit und als Randbemerkung die Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers mit allen möglichen Gefährdungen abstrakt in Verbindung gebracht.

Aus dem Akteninhalt ist die Grundlage des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar. Die Ermittlungstätigkeit bzw. Beweiswürdigung des BFA wurde insofern unsubstantiiert kritisiert als diese - obwohl diese die ursprünglichen Aussagen des Beschwerdeführers bestätigten - inhaltlich in Zweifel gezogen wurden. Eine nachvollziehbare Begründung, warum die Ermittlungsergebnisse - obwohl sie dem Ergebnis der Erstbefragung entsprechen - falsch sein sollten, konnte der Beschwerde nicht entnommen werden. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass der Name des Vertrauensanwaltes dem Beschwerdeführer nicht bekannt gegeben wurde (allerdings wurde das BFA auch weder vom Beschwerdeführer noch von dessen gesetzlicher Vertretung zu dessen Bekanntgabe aufgefordert).

Dem BVwG liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem Beschwerdeführer, der untergetaucht ist, mündlich erörtert hätte werden müssen.

Die Behauptungen in der Beschwerde sind somit nicht geeignet, erheblich erscheinende neue Tatsachen oder Beweise (vergleiche § 10 VwGVG) darzustellen und eine Verhandlungspflicht auszulösen.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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