BVwG W178 2003965-1

BVwGW178 2003965-129.5.2015

ASVG §51
ASVG §58
ASVG §59
ASVG §67a
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
ASVG §51
ASVG §58
ASVG §59
ASVG §67a
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W178.2003965.1.00

 

Spruch:

W178 2003965-1/15E

Im NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin Maria Parzer als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX GmbH, vertreten durch die Masseverwalterin Drin Katharina Widhalm-Budak, Rechtsanwältin in 1030 Wien, gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom 28.06.2013, XXXX, betreffend aushaftende Sozialversicherungsbeiträge und Verzugszinsen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.04.2015 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG teilweise stattgegeben und Folgendes festgestellt:

I.

Für die Beitragszeiträume 5/2011 und 6/2011 haften seitens der XXXX GmbH als ehemalige Dienstgeberin gemäß §§ 51, 58 und 59 ASVG iVm § 67a ASVG per 31.5.2012 € 10.625,78 (inklusive Verzugszinsen bis 31.5.2012 aus € 9.827,07 in Höhe von € 798,71) unberichtigt aus.

Für die Beitragszeiträume NV 5/2011 bis 7/2011 haften seitens der XXXX GmbH als ehemalige Dienstgeberin gemäß §§ 51, 58 und 59 ASVG iVm § 67a ASVG per 31.5.2012 € 178.642,00 (inklusive Verzugszinsen bis 31.5.2012 aus € 157.889,27 in Höhe von € 20.752,73) unberichtigt aus.

II.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) hat mit Bescheid vom 13.06.2012, XXXX, festgestellt, dass auf dem Beitragskonto der XXXX XXXX GmbH (im Folgenden Beschwerdeführerin) Nr. XXXX Sozialversicherungsbeiträge in der Gesamthöhe von € 384.788,65 (Beitragszeiträume 12/2010 bis 08/2011) inklusive Verzugszinsen aushaften.

I.2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch Frau RA Dr. Widhalm-Budak als Masseverwalterin, einen Einspruch an den Landeshauptmann von Wien, wobei die Beiträge für die Zeiträume 12/2010, 03/2011, 04/2011 sowie 08/2011 in der Höhe von € 97.655,70 bestritten blieben.

I.3. Mit einem Bescheid vom 15.04.2013, XXXX, behob der Landeshauptmann von Wien den angefochtenen Bescheid und verwies die Angelegenheit gemäß § 417a ASVG in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung zur Ergänzung der Ermittlungen und der Begründung sowie zur Erlassung eines neuen Bescheides an die WGKK zurück.

I.4. Die WGKK hat in der Folge mit Bescheid vom 28.06.2013, XXXX, festgestellt, dass auf dem Beitragskonto der Beitragsschuldnerin mit Stand 28.06.2013 Sozialversicherungsbeiträge in der Gesamthöhe von €

331.163,28 (Beitragszeiträume 12/2010 bis 08/2011) inklusive Verzugszinsen unberichtigt aushaften.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im Zuge des Konkursverfahrens der Beitragsschuldnerin zu 5 S 60/11z des Handelsgerichtes Wien eine Beitragsprüfung durchge-führt worden sei. Aufgrund der Prüfungsergebnisse seien sowohl Beiträge nachverrechnet als auch Gutschriften durchgeführt worden. Durch Einzahlung von Haftungszahlungen gemäß § 67a Abs 3 Z 2 ASVG iVm § 67a Abs 4 ASVG seien die offenen Beitragsforderungen teilweise abgedeckt worden. Als Ergebnis der Schlussbesprechung der Beitragsprüfung sei ein Betrag von € 97.581,27 als Nachverrechnung für die Beitragszeiträume 12/2010, 03/2011, 04/2011 und 08/2011 verbucht worden; diese Beträge seien unstrittig.

Für die Beitragszeiträume 05/2011 und 06/2011 würden € 9.827,07 - ohne Verzugszinsen - zum 13.06.2012 aushaften.

Zusätzlich habe es zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung am 13.06.2012 für die Zeiträume 05/2011 bis 07/2011 offene Beitragsforderungen in der Höhe von € 253.205,53 gegeben. Diese Beiträge seien "systembedingt" als Nachverrechnung geführt worden, tatsächlich handle es sich um seitens der Gemeinschuldnerin gemeldete Beiträge. Aufgrund einer sich aus der Beitragsprüfung ergebenden Gutschrift auf Masseforderungen in der Höhe von € 71.471,23 habe sich die offene Beitragsforderung für die Zeiträume 05/2011 bis 07/2011 auf €

181.734,30 verringert.

I.5. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin, vertreten durch Frau RA Dr. Katharina Widhalm-Budak als Masseverwalterin, rechtzeitig Einspruch an den Landeshauptmann von Wien (die nunmehrige Beschwerde) erhoben.

In der Beschwerde wird einerseits eingewendet, dass bezüglich des Betrages von € 97.655,70 eine Doppelfestsetzung erfolgt sei. Andererseits sei die Beitragsvorschreibung sowohl unverständlich als auch unberechtigt. Es seien die AGH-Zahlungen weder betragsmäßig festgehalten noch sei erkennbar, ob und mit welchen Beitragsforderungen sie verrechnet worden seien. Auch sei unklar, welche Verzugszinsen verrechnet worden seien.

Weiters hafte der von der WGKK festgestellte Betrag von € 191.561,37 keinesfalls unberichtigt aus:

Die WGKK habe offensichtlich unberücksichtigt gelassen, dass nach Insolvenzeröffnung im Wege der Auftraggeberhaftung (AGH) € 75.542,89 bezahlt worden seien. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin seien für die angefochtenen Zeiträume (als Masseforderungen zu qualifizierenden) Beiträge in der Höhe von maximal € 116.018,18 (€ 191.561,37 abzüglich € 75.542,89 an AGH-Zahlungen) offen bzw. wäre bei Festsetzung der Beiträge in Höhe von € 191.561,37 zuzüglich Verzugszinsen eine an die Insolvenzmasse auszahlbare Gutschrift über die nach Insolvenzeröffnung eingegangenen AGH-Zahlungen von €

75.452,89 zu erstellen gewesen. Die WGKK vertrete offensichtlich die Auffassung, dass die AGH-Zahlungen nicht auf die angefochtenen Beitragszeiträume und somit auf die Masseforderungen anzurechnen seien, sondern auf die als Insolvenzforderung zu qualifizierenden sonstigen Rückstände. Dies sei rechtswidrig: Die Aufrechnungsvorschriften der Insolvenzordnung würden die Tilgung von Insolvenzforderungen mit nach Insolvenzeröffnung einlangenden Zahlungen verbieten (§ 19 IO). Die BF habe mehrfach schriftlich die entsprechende Verrechnung erklärt und somit die Zahlungen gewidmet. Daran ändere auch § 67a ASVG nichts, darin sei nur eine Haftung des Auftraggebers normiert, von der er sich durch entsprechende Zahlung an das Dienstleistungszentrum (DLZ) der WGKK befreien könne; die WGKK habe somit lediglich einen Haftungsanspruch, keinesfalls aber einen Zahlungsanspruch gegenüber dem Auftraggeber. Es handle sich auch nicht um die Zahlung durch einen Dritten, wie das die WGKK interpretiere. Bei den von den Auftraggebern geleisteten Zahlungen handle es sich um Bestandteile der Werkslohnforderung der Schuldnerin, die zum Massevermögen zählen; sofern zur Vermeidung von Haftungen nicht an die Schuldnerin, sondern an das DLZ geleistet werde, seien diese wie Zahlungen des Masseverwalters zu werten und daher mit den Masseforderungen zu verrechnen.

§ 67a ASVG normiere lediglich, dass die Zahlung des Auftraggebers als Drittleistung gelte, was bereits belege, dass sie eben keine solche sei. Diese Formulierung im Abs 4 sei nur aufgenommen worden, um die Anfechtungsfestigkeit zu unterstreichen.

§ 67a ASVG gewähre keine prozentuelle Legalzession des Werklohnanspruches.

§ 67a Abs 4 ASVG enthalte daher auch die Bestimmung, dass die Überweisung des Aauftraggebers gegenüber dem beauftragten Unternehmen schuldbefreiend wirkt. Daraus werde ersichtlich, dass es sich gerade um keine Zahlung eines Dritten, sondern um konkursverfangenes Vermögen handle. Die Zahlung durch den Auftraggeber, die aufgrund gesetzlicher Anordnung schuldbefreiend wirke, sei nicht anders zu beurteilen als eine Zahlung des Schuldners selbst. Eine nach Insolvenzeröffnung vom Schuldner geleistete Zahlung könne nur mit Masseforderungen verrechnet werden und nicht mit Insolvenzforderungen. Eine andere Auslegung würde gegen zwingendes Insolvenzrecht verstoßen und eine Gläubigerbegünstigung der GKK darstellen, die ohne sachliche Rechtfertigung sei. Bei der Interpretation, dass mit nach Insolvenzeröffnung getätigten AGH-Zahlungen Insolvenzforderungen statt Masseforderungen verrechnet würden, wäre diese Bestimmung verfassungswidrig, was ausdrücklich geltend gemacht werde.

Die verfassungskonforme Interpretation gebiete, dass die Sozialversicherungsträger durch diese Bestimmung nicht gegenüber den anderen Insolvenzgläubigern bevorzugt würden.

Gemäß § 3 Abs 2 IO werde der Verpflichtete (= Auftraggeber) durch einen nach Insolvenzeröffnung an den Schuldner geleistete Zahlung zwar diesem gegenüber leistungsfrei, der Insolvenzmasse gegenüber aber nur insoweit, als das Geleistete auch der Insolvenzmasse zugewendet worden sei. Nach herrschender Ansicht erfasse § 3 Abs 2 IO auch Zahlungen an vom Schuldner namhaft gemachte Dritte, eine Zahlstelle des Schuldners oder an einen Zessionar und damit auch die an das Dienstleistungszentrum geleisteten Zahlungen. Eine AGH-Zahlung des Auftraggebers an das DLZ sei somit ebenso gemäß § 3 Abs 2 IO als Zahlung an den Schuldner zu verstehen, dies werde schließlich in § 67a Abs 4 ASVG auch ausdrücklich so angeordnet.

Dass im § 67a ASVG/§ 82a EStG ausdrücklich die schuldbefreiende Wirkung gegenüber den Auftragnehmer angeordnet werde, stehe der - gegenüber der Insolvenzmasse gemäß § 3 Abs 2 IO bloß eingeschränkt leistungsbefreienden - Wirkung nicht entgegen. Gemäß der ausdrücklichen Anordnung im § 3 Abs 2 IO, die zum Schutz aller Insolvenzgläubiger die Insolvenzmasse vor vermögensmindernden Beeinträchtigungen schützen soll, wirke eine solche an den Schuldner (bzw an das DLZ geleistete) Zahlung jedoch nur insofern schuldbefreiend, als diese Leistung der Insolvenzmasse auch zugewendet worden sei, in dem entweder deren Aktiva vermehrt oder aber deren Verbindlichkeiten getilgt worden seien, die wegen ihres Vorrechts aus der Masse voll hätten befriedigt werden müssen. Die Befriedigung einer Insolvenzforderung wirke daher nur im Ausmaß der insoweit ersparten Insolvenzquote schuldbefreiend. Unter Berücksichtigung des § 3 Abs 2 IO würde daher bei Zugrundelegung der Auslegung der WGKK diese Zahlung des Auftraggebers an das DLZ nur im Ausmaß der insoweit ersparten Insolvenzquote schuldbefreiend sein.

Im vorliegenden Fall bestehe Masseinsuffizienz. Mit der Tilgung von Insolvenzforderungen erspare sich nach derzeitigem Verfahrensstand die Insolvenzmasse daher überhaupt keine Quote, sodass die AGH-Teilungen gemäß § 3 Abs 2 IO bei Verrechnung mit Insolvenzforderungen der WGKK den Auftraggeber gegenüber der Insolvenzmasse nicht befreien würden und daher dieser nochmals Zahlung an die Insolvenzmasse leisten müsste. Diese Rechtsfolge würde den Auftraggeber in ein für ihn nicht lösbares Dilemma bringen: Entweder er überweise an das DLZ und vermeide damit seine Auftraggeberhaftung, laufe aber Gefahr vom Insolvenzverwalter bezüglich des noch offenen Werklohnanteiles in Anspruch genommen zu werden und damit nochmals zahlen zu müssen oder er bezahle den vollen Werklohn an die Insolvenzmasse und riskiere von der Gebietskrankenkasse/dem Finanzamt für fremde Verbindlichkeiten in Haftung genommen zu werden. Dieses wäre verfassungsrechtlich bedenklich. Dieser Widerspruch ließe sich dadurch vermeiden, dass die Bestimmung des § 67a ASVG dahingehen verstanden werde, dass nach Insolvenzeröffnung geleistete Zahlungen lediglich mit Masseforderung der Gebietskrankenkasse verrechnet werden dürfen und zwar auch nur im jenem Ausmaß als die Gläubiger in diesem Insolvenzverfahren überhaupt zum Zug kommen würden, damit bei vorliegender Masseinsuffizienz auch nur quotenmäßig (§ 47 IO). Nach Tilgung sämtlicher Masseforderung verbleibende Beträge aus Auftraggeberzahlungen seien an die Insolvenzmasse auszufolgen.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, dass der Gesetzeszweck auch bei der von ihr vertretenen Interpretation erreicht wäre: Der Gesetzeszweck werde dadurch erreicht, dass noch vor Insolvenzeröffnung der Auftraggeber allein zur Vermeidung der persönlichen Haftung den Haftungsbetrag an die Gebietskrankenkasse direkt zur Überweisung bringe und durch diese Zahlung außerhalb eines Insolvenzverfahrens bereits eine verbesserte Befriedigungssituation für die Sozialversicherungsträger erreicht werde. Sollte das erkennende Gericht hingegen eine andere Interpretation für richtig erachten, so wende die Beschwerdeführerin bereits jetzt ein, dass die Bestimmung des § 67a ASVG diesfalls verfassungswidrig sei, da es keine sachliche Rechtfertigung für eine solche Ausnahme von den allgemeinen insolvenzrechtlichen und strafrechtlichen Grundsätzen gebe und die erwähnte Bestimmung die Gebietskrankenkasse gegenüber allen sonstigen Insolvenzgläubigern, die auf den verbleibenden Haftungsfonds verwiesen werden, unrechtmäßig bevorzugen würde. Dabei werde insbesondere darauf verwiesen, dass der Haftungsbetrag für die Sozialversicherungsträger 20% der Werklohnforderungen ausmache, die Werklohnforderungen bei Baufirmen das relevante "asset" und damit einen maßgeblichen Teil der Haftungsmasse (Insolvenzmasse) darstellten, sodass die Interpretation der WGKK zu einer Masseschmälerung und damit einer verringerten Verteilungsmasse für alle Insolvenzgläubiger im Ausmaß von 20% (bzw. unter Berücksichtigung des § 82a EStG von 25%) führen würde.

Zusammengefasst bringt die Beschwerdeführerin vor, dass die AGH-Zahlungen, die die WGKK erhalten habe, im Bescheid betraglich nicht angeführt seien, sodass die vorgeschriebenen Beiträge bereits der Höhe nach nicht nachvollzogen werden könnten.

Ebenso sei auch nicht ersichtlich mit welchen Beitragsforderungen die nach Insolvenzeröffnung erfolgten AGH-Zahlungen verrechnet worden seien. Richtigerweise reduzieren diese die Masseforderungen und nicht die Insolvenzforderungen.

Die nach Insolvenzeröffnung erfolgten AGH-Zahlungen von € 75.542,89 hätten daher auf die Beitragsforderungen für 5/2011 und 6/2011 und die "Nachverrechnung" für 5/2011 bis 7/2011 aufgerechnet werden müssen bzw. hätte die Gebietskrankenkasse aufgrund der Masseinsuffizienz die nach Insolvenzeröffnung erhaltenen AGH-Zahlungen in der genannten Höhe an die Insolvenzmasse auszahlen bzw. eine auszahlbare Gutschrift erteilen müssen.

Die Beschwerdeführerin stellte schließlich den Antrag, den angefochtenen Bescheid insoweit ersatzlos aufzuheben als für die Zeiträume 12/2010, 03/2010, 04/2011 und 08/2011 Sozialversicherungsbeiträge von € 97.655,70 festgesetzt worden seien und ansonsten dahingehend abzuändern, dass für die Beitragszeit 05/2011 sowie 06/2011 sowie die Nachverrechnung 05/2011 bis 07/2011 unberechtigte Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von € 116.018.48 festgestellt werden, in eventu den angefochtenen Bescheid für die oben genannten Zeitraum ersatzlos zu beheben und ansonsten dahingehend abzuändern, dass für die Beitragszeiträume 05/2011 und 06/2011 sowie Nachverrechnungen von 05/2011 bis 07/2011 unberechtigte Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von €

191.561,37 zuzüglich Verzugszinsen festgestellt werden - dies unter gleichzeitiger Erteilung einer an die Insolvenzmasse auszahlbaren Gutschrift über die nach Insolvenzeröffnung eingegangenen AGH-Zahlungen von € 75.542,89.

I.6 Zu dieser Beschwerde erstattete die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK), vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG, eine Stellungnahme vom 27.09.2013.

Zur angeblichen Unverständlichkeit des angefochtenen Bescheides wird festgestellt, dass der Beschwerdeführerin schon seit der Beitragsprüfung, beendet mit 20.04.2012, bekannt sei, dass am Beitragskonto der GmbH Auftraggeberzahlungen von € 75.542,98 berücksichtigt worden seien. Es handle sich hierbei um jene AGH-Zahlungen, die bereits vor Konkurseröffnung an das DLZ geleistet worden seien. Die genannten AGH-Zahlungen seien zur Tilgung der ältesten Beitragsschulden der GmbH herangezogen worden. Da jedoch im beeinspruchten Bescheid nicht über Zeiträume abgesprochen werde, deren Beitragsrückstände durch diese AGH-Zahlung getilgt worden seien, seien diese AGH-Zahlungen im gegenständlichen Verfahren unbeachtlich, weshalb auf diese im Bescheid nicht eingegangen werde. Die Vermutung der Einspruchswerberin, dass Nachzahlungen von Auftraggebern nach § 67a Abs 3 Z 2 ASVG (AGH-Zahlungen) bei der Feststellung der Beitragsrückstände am Beitragskonto der GmbH nicht berücksichtigt worden seien, sei unrichtig. Richtig sei jedoch, dass sie im beeinspruchten Bescheid nicht berücksichtigt seien. Diese AGH-Zahlungen wären nur insoweit für die Feststellungen der Beitragsrückstände für Beitragszeiträume, über die im angefochtenen Bescheid abgesprochen worden sei, maßgeblich, soweit mit ihnen diese Zeiträume betreffende Beitragsforderungen getilgt worden seien. Da zum Zeitpunkt des Eingangs der genannten AGH-Zahlungen jedoch ältere Beitragsrückstände am Beitragskonto der GmbH bestanden haben, seien diese AGH-Zahlungen zur Tilgung dieser Beitragsrückstände im Sinne des § 1416 ABGB verwendet worden. Da davon ausschließlich Zeiträume betroffen gewesen seien, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH liegen, scheinen diese Zahlungen im angefochtenen Bescheid nicht auf. Diese seien vielmehr bei der Ausstellung des Rückstandsausweises über die bis Insolvenzeröffnung angefallenen Beitragsschulden berücksichtigt worden. Auf Grundlage dieses Rückstandsausweises seien die Beitragsrückstände für die betreffenden Zeiträume vor Insolvenzeröffnung als Insolvenzforderung bei Insolvenzgericht angemeldet worden. Der angefochtene Bescheid betreffe aber nur die Beitragszeiträume ab Insolvenzeröffnung weshalb diese AGH-Zahlungen hier nicht nochmals zu berücksichtigen wären. Entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin finde beim Einlangen von AGH-Zahlungen auf dem Beitragskonto des Auftragnehmers keine Aufrechnung, sondern eine Tilgung von Beitragsschulden durch Zahlung statt. Nach der allgemeinen Tilgungsregel des § 1416 ABGB werden dadurch die ältesten Beitragsschulden am Beitragskonto getilgt, unabhängig davon, ob diese im insolvenzrechtlichen Sinn als Insolvenz- oder Masseforderungen zu qualifizieren seien. Eine Widmungserklärung der Beschwerdeführerin sei unbeachtlich. Eine Aufrechnungssituation sei nicht gegeben, weil schon die Gegenseitigkeit von Forderungen fehle. § 19 IO könne deshalb nicht zur Anwendung gelangen.

Weiters bringt die WGKK vor, dass die Auffassung der BF, dass die Zahlungen des Auftraggebers als Zahlungen des Masseverwalters zu werten wären und daher mit Masseforderungen zu verrechnen seien, unrichtig sei, weil der Auftraggeber im Sinne des § 67a ASVG im Rahmen der Leistung seiner Zahlung an das DLZ keinen insolvenzrechtlichen Vorschriften unterworfen sei. Er zahle nicht im Namen des Masseverwalters bzw. für diesen, sondern um sich selbst von einer ihm sonst drohenden Haftung nach § 67a ASVG zu befreien. Im Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und der WGKK bestehe kein Raum für die Anwendung der Insolvenzordnung. Die AGH-Zahlung werde daher - unabhängig davon, ob über das Vermögen des Auftragnehmers ein Insolvenzverfahren anhängig sei - auf dem Beitragskonto des Auftragnehmers verbucht und dort zur Tilgung der jeweils ältesten Beitragsschuld verwendet. Es sei unrichtig, dass es sich bei der Zahlung des Auftraggebers nach § 67a Abs 2 Z 3 ASVG um keine Drittleistung handle. Bei der genannten Anordnung der § 67a Abs 4 ASVG handle es sich um eine gesetzliche Fiktion. Mit dieser stelle der Gesetzgeber klar, dass die Zahlung an das DLZ bei der Anwendung aller Gesetze als Drittleistung anzusehen und als solche zu behandeln sei. Mit dieser gesetzlichen Klarstellung erübrige sich jedes weitere Eingehen auf die Frage, ob die AGH-Zahlung ohne Anordnung der Fiktion eine Drittleistung wäre.

Es handle sich bei der AGH-Zahlung daher um eine Drittleistung durch den Auftraggeber an die WGKK, mit der die jeweils ältesten Beitragsschulden des Auftragnehmers getilgt werden. Zur behaupteten verfassungswidrigen Begünstigung eines Insolvenzgläubigers führt die Beschwerdegegnerin an, dass es richtig sei, dass es durch eine AGH-Zahlung zu einer faktischen Begünstigung der Gebietskrankenkasse gegenüber anderen Insolvenzgläubigern kommen könne. Dies diene genau dem Sicherungszweck des § 67a ASVG, weshalb es sich bei dieser Vorschrift um ein Instrument der Sicherung der Ansprüche der Sozialversicherungsträger handle, zu denen auch die Insolvenzforderungen zählten (unter Hinweis auf die Erläuterungen des Gesetzes). Es sei daher nicht richtig, wie die Beschwerdeführerin behauptet, dass diese Bevorzugung vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen sei. Auch die Insolvenzordnung selbst enthalte Vorschriften, die bestimmte Gläubiger begünstigen, wie zum Beispiel § 11 Abs 1 IO betreffend die Absonderungsrechte, beispielsweise Pfandrechte. Es gäbe auch keinen Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber einen Vorrang der Insolvenzordnung vor den Bestimmungen des ASVG vorsehen wollte. Die Rechtsfolgen der Auftraggeberhaftung nach § 67a ASVG im Falle der Insolvenz des Auftragnehmers seien dem System der Absonderungsansprüche gemäß IO sehr ähnlich: Falls der Auftraggeber nämlich keine Zahlung an das Dienstleistungszentrum leiste, hafte er der Gebietskrankenkasse für die Beitragsrückstände des Auftragnehmers mit dem Höchstausmaß von 20% des Werklohnes. Durch diese gesetzlich vorgesehene Haftung sei die Gebietskrankenkasse ähnlich begünstigt wie ein Absonderungsgläubiger, weil sie dann eben nicht nur die Quote in der Insolvenz erhalte, sondern einen zusätzlichen Anspruch in der Höhe von 20% des Werklohnes gegenüber dem Auftraggeber habe. Es erscheine daher nur logisch, dass diese Privilegierung auch im Falle der Leistung einer AGH-Zahlung durch den Auftraggeber Platz greifen solle, allein schon deshalb, weil die Gebietskrankenkassen keinen Einfluss darauf habe, ob der Auftraggeber 20% des Werklohnes an den Auftragnehmer (die Konkursmasse) oder an das DLZ zahle.

Es handle sich bei einer AGH-Zahlung des Auftraggebers an das DLZ um keine Zahlung an den Schuldner gemäß § 3 Abs 2 IO. Es komme vielmehr § 3 Abs 2 IO überhaupt nicht zur Anwendung. Bei der AGH-Zahlung handle es sich weder um die Zahlung an einen vom Schuldner namhaft gemachten Dritten, an eine Zahlstelle des Schuldners noch an einen Zessionar. Wie die Beschwerdeführerin selbst mehrfach anführe, habe die Gebietskrankenkasse bzw. das Dienstleistungszentrum überhaupt keinen Anspruch gegenüber dem Auftraggeber auf Zahlung, solange die Haftung nach § 67a Abs 1 ASVG nicht schlagend werde. § 3 Abs 2 IO komme mangels Erfüllung der Voraussetzungen nicht zur Anwendung, weshalb die weiteren Ausführungen ins Leere gehen.

Aber selbst wenn man die Ansicht vertrete, dass § 3 Abs 2 IO grundsätzlich zur Anwendung käme, wäre dies dennoch hier nicht der Fall, weil es sich bei § 67a ASVG um eine lex specialis handle, die im Abs 4 die schuldbefreiende Wirkung der AGH-Zahlung anordne, was wiederum nicht zu dem von der Beschwerdeführerin gewünschten Ergebnis führen könne.

Zusammengefasst wird festgestellt, dass bei einer anderen Interpretation als der der Beschwerdegegnerin eine Zweckerfüllung des § 67a ASVG nicht eintrete. Gerade im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens würden den Gebietskrankenkassen hohe (Sozialversicherungs)Beträge entgehen, während sie gleichzeitig gesetzlich gezwungen seien, trotz der Insolvenz des Dienstgebers Leistungen an dessen Dienstnehmer zu erbringen. Durch § 67a AVSG sollen gerade jene Nachteile, die die Sozialversicherungsträger als Gläubiger im Insolvenzverfahren hätten, soweit wie möglich reduziert werden. Würde man die Tilgung von Beitragsrückständen durch AGH-Zahlungen untersagen, weil es sich dabei im Verhältnis zwischen GKK und Auftragnehmer um Insolvenzforderungen handle, wäre die Zielsetzung des § 67a nicht zu erreichen.

I.7. Mit einem Schreiben vom 31.10.2014 wurde die belangte Behörde vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) aufgefordert, die Beitragsnachverrechnung im Sinne des Beschwerdevorbringens zu präzisieren und zur Frage der sich aus der Neuberechnung ergebenden Höhe der aushaftenden Verzugszinsen Stellung zu nehmen.

I.8. Mit einer Eingabe vom 24.03.2015 übermittelte die WGKK, vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG, eine neue Aufstellung der offenen Beiträge sowie Daten über die vor bzw. nach der Insolvenzeröffnung erledigten Bauaufträge. Dieses Schreiben wurde der BF zur Stellungnahme übermittelt.

I.9. Am 28.04.2015 fand vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung statt. Zur Lösung der in der mündlichen Verhandlung nicht durchführbaren Rechenoperation wurde von der WGKK eine ergänzende Stellungnahme vom 30.04.2015 abgegeben, die wiederum der BF zur Stellungnahme übermittelt wurde, wobei seitens der BF die rechnerische Richtigkeit in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten wurde.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II. Sachverhalt:

Die XXXX GmbH hat unstrittig in den verfahrensgegenständlichen Beitragszeiträumen Bauleistungen im Sinne des § 19 Abs 1a Umsatzsteuergesetz 1994 als beauftragtes Unternehmen/Auftragnehmerin - kurz AufN - für ein anderes Unternehmen (auftraggebendes Unternehmen - kurz AufG) geleistet. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 20.04.2011, 5 S60/11z, wurde der Konkurs über das Unternehmen eröffnet, als Masseverwalterin wurde Frau RA Dr. Katharina WIDHALM-BUDAK bestellt. Die XXXX GmbH war in den streitgegenständlichen Zeiträumen nicht in die HFU-Liste (Liste der haftungsfreistellenden Unternehmen) gemäß § 67a Abs 3 ASVG eingetragen.

Das insolvenzverhangene Unternehmen war nach der Konkurseröffnung weiter wirtschaftlich tätig und hat Dienstnehmer beschäftigt.

Nach Eröffnung des Konkurses wurden Zahlungen von AufG zur Hintanhaltung ihrer Haftung nach § 67a Abs 3 Z 2 ASVG in der Höhe von insgesamt € 75.542,89 geleistet, wobei € 23.845,-- für vor Konkurseröffnung durchgeführte Bauaufträge geleistet wurden, 51.697,87 für die nach Konkurseröffnung durchgeführten Aufträge.

Die nach der Konkurseröffnung eingegangenen Haftungsbeträge für Beitragsschulden der Beschwerdeführerin wurden von der WGKK den dort offenen Beitragsforderungen (Insolvenzforderungen) angerechnet (vgl Beschwerdebeantwortung).

III. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Ergebnis der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung, insbesondere aus den mit Schreiben der WGKK vom 24.03.2015 vorgelegten Unterlagen (Bauaufträge, Aufstellungen über eingegangene Haftungsersatzbeträge) und dem sonstigen Akteninhalt.

Der Sachverhalt sowie die rechnerische Höhe sind unbestritten.

IV. Rechtliche Beurteilung:

IV.1. Zuständigkeit und verfahrensrechtliche Grundlagen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG: Mit 1. Jänner 2014 werden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern, das Bundesvergabeamt und der unabhängige Finanzsenat (im Folgenden: unabhängige Verwaltungsbehörden) aufgelöst; ferner werden die in der Anlage genannten Verwaltungsbehörden (im Folgenden: sonstige unabhängige Verwaltungsbehörden) aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei diesen Behörden anhängigen Verfahren sowie der bei den Aufsichtsbehörden anhängigen Verfahren über Vorstellungen (Art 119a Abs 5) geht auf die Verwaltungsgerichte über; dies gilt auch für die bei sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, mit Ausnahme von Organen der Gemeinde.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

IV.2. Zum Spruchpunkt I:

IV.2.1. Sache des Verfahrens:

Sache des Verfahrens ist die Höhe der aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge der Beschwerdeführerin gegenüber der WGKK zum Feststellungszeitpunkt. Als entscheidende Vorfrage dazu ist zu klären, wie mit jenen Haftungsbeträgen, die nach Konkurseröffnung vom Auftraggeber der XXXX GmbH (in Konkurs) an das Dienstleistungszentrum bei der WGKK (und in der Folge an die WGKK) geleistet wurden, zu berücksichtigen sind.

IV.2.2. Gesetzliche Grundlagen:

§ 67a ASVG (in der im verfahrensgegenständlichen Fall anwendbaren Fassung BGBl I 2008/91) regelt die Haftung bei Beauftragung zur Erbringung von Bauleistungen:

(1) Wird die Erbringung von Bauleistungen nach § 19 Abs 1a des Umsatzsteuergesetzes 1994 von einem Unternehmen (Auftrag gebendes Unternehmen) an ein anderes Unternehmen (beauftragtes Unternehmen) ganz oder teilweise weitergegeben, so haftet das Auftrag gebende Unternehmen für alle Beiträge und Umlagen (§ 58 Abs 6), die das beauftragte Unternehmen an österreichische Krankenversicherungsträger abzuführen hat oder für die es nach dieser Bestimmung haftet, bis zum Höchstausmaß von 20 % des geleisteten Werklohnes, wenn kein Befreiungsgrund nach Abs 3 vorliegt.

(2) Die Haftung nach Abs 1 tritt mit dem Zeitpunkt der Zahlung des Werklohnes ein und umfasst alle vom beauftragten Unternehmen zu entrichtenden Beiträge und Umlagen, die bis zum Ende jenes Kalendermonates fällig werden, in dem die Leistung des Werklohnes erfolgt. Als Werklohn gilt das gesamte für die Erfüllung des Auftrages zu leistende Entgelt; als Leistung des Werklohnes gilt auch jede Teilleistung dieses Entgeltes; als Leistung gilt insbesondere auch die Erfüllung durch Aufrechnung seitens des Auftrag gebenden Unternehmens oder des beauftragten Unternehmens. Die Haftung kann geltend gemacht werden, wenn zur Hereinbringung der in Abs 1 genannten Beiträge und Umlagen erfolglos Exekution geführt wurde oder bezüglich des beauftragten Unternehmens ein Insolvenztatbestand nach § 1 IESG vorliegt. Die Haftung besteht unbeschadet von Ansprüchen nach § 13a IESG.

(3) Die Haftung nach Abs 1 entfällt,

1. wenn das beauftragte Unternehmen zum Zeitpunkt der Leistung des Werklohnes in der Gesamtliste der haftungsfreistellenden Unternehmen (HFU-Gesamtliste) nach § 67b Abs 6 geführt wird oder

wenn Z 1 nicht zutrifft - das Auftrag gebende Unternehmen 20 % des zu leistenden Werklohnes (Haftungsbetrag) gleichzeitig mit der Leistung des Werklohnes an das Dienstleistungszentrum (§ 67c) überweist.(Hervorhebung durch das Gericht)

Als Leistungszeitpunkt nach Z 1 gilt der Kalendertag, an dem die entscheidende Rechtshandlung zur Erfüllung der Werklohnschuld gesetzt wurde; den Zeitpunkt der entscheidenden Rechtshandlung hat das Auftrag gebende Unternehmen nachzuweisen. Abweichend davon ist der dem Leistungszeitpunkt vorangehende Kalendertag maßgeblich, wenn an diesem die elektronische Einsichtnahme in die HFU-Gesamtliste erfolgte und die tagesgleiche Erteilung des Auftrages zur Zahlung des Werklohnes unmöglich oder unzumutbar war.

(4) Die Überweisung nach Abs 3 Z 2 wirkt gegenüber dem beauftragten Unternehmen schuldbefreiend; sie gilt als Drittleistung und unterliegt nicht dem Zweiten Abschnitt des Ersten Hauptstückes des Ersten Teiles der Insolvenzordnung(Hervorhebung durch das Gericht).

Der Überweisungsdatensatz bzw. die elektronische Überweisung ist mit dem Vermerk "AGH" zu versehen und hat folgende Daten zu enthalten

1. die DienstgeberInnennummer, wenn nicht vorhanden den Firmennamen und die Adresse des Auftrag gebenden Unternehmens,

2. die DienstgeberInnennummer sowie den Firmennamen des beauftragten Unternehmens und

das Datum und die Nummer der Rechnung über den Werklohn.

(5) Das Dienstleistungszentrum (§ 67c) hat die bei ihm eingelangten Haftungsbeträge unverzüglich an den oder die für die Beitragseinhebung zuständigen Krankenversicherungsträger weiterzuleiten. Sind mehrere Krankenversicherungsträger zuständig, so sind die Haftungsbeträge im Verhältnis der Zahl der versicherten Personen, die im Weiterleitungszeitpunkt auf die jeweiligen DienstgeberInnenkonten (Beitragskonten) des beauftragten Unternehmens entfallen, aufzuteilen. Das Nähere ist durch Richtlinien des Hauptverbandes zu regeln.

(6) Guthaben auf einem Beitragskonto des beauftragten Unternehmens, die sich auf Grund der Überweisung von Haftungsbeträgen nach Abs 3 Z 2 ergeben, sind auf schriftlichen Antrag, der innerhalb von fünf Jahren ab Einlangen der Zahlung an das Dienstleistungszentrum (§ 67c) zu richten ist, durch den jeweils zuständigen Krankenversicherungsträger auszuzahlen. Dem Antrag ist insbesondere dann nicht stattzugeben, wenn am Letzten des Kalendermonats nach dem Einlangen des Antrages beim Dienstleistungszentrum (§ 67c)

1. nicht alle Beitragskonten des beauftragten Unternehmens ausgeglichen sind oder

2. eine oder mehrere Beitragsnachweisungen fehlen oder

3. die vorliegenden Beitragsnachweisungen in auffälligem Widerspruch zur Zahl der versicherten Personen stehen, die beim beauftragten Unternehmen beschäftigt sind, oder

4. die Höhe des Werklohnes in auffälligem Widerspruch zur Zahl der versicherten Personen steht, es sei denn, das beauftragte Unternehmen weist nach, dass

a) für die Erbringung der Bauleistung nur die entsprechende Zahl von Dienstnehmern und Dienstnehmerinnen notwendig war oder

ein weiteres Unternehmen ganz oder teilweise mit der Erbringung der Leistungen beauftragt wurde und hinsichtlich dieser Beauftragung ein Haftungsbefreiungsgrund nach Abs 3 vorliegt.

Wird dem Antrag nicht stattgegeben, so ist das Guthaben mit offenen Beitragsschulden des beauftragten Unternehmens sowie mit Ansprüchen gegenüber dem beauftragten Unternehmen auf Grund einer Haftung nach Abs 1 zu verrechnen.

(7) Zum Zweck der Antragstellung nach Abs 6 haben die Dienstgeber das Recht, auf elektronischem Weg uneingeschränkt und kostenlos Einsicht in ihr Beitragskonto zu nehmen.

(8) Die Auftrag gebenden Unternehmen haben den Krankenversicherungsträgern wahrheitsgemäß längstens binnen 14 Tagen Auskunft über die von ihnen beauftragten Unternehmen und über die weitergegebenen Bauleistungen zu erteilen. Erteilt ein auskunftspflichtiges Unternehmen keine Auskunft, so gilt es, so lange die erforderliche Auskunft nicht erteilt wird, bezüglich der weitergegebenen Bauleistungen jedenfalls als Auftrag gebendes Unternehmen aller nachfolgend beauftragten Unternehmen, wenn gegen diese Unternehmen zur Hereinbringung von Beiträgen und Umlagen erfolglos Exekution geführt wurde oder bezüglich dieser Unternehmen ein Insolvenztatbestand nach § 1 IESG vorliegt, es sei denn, dass ein Haftungsbefreiungsgrund nach Abs 3 nachgewiesen werden kann.

(9) Die Auftrag gebenden Unternehmen haben den gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Krankenversicherungsträger während der Betriebszeit Einsicht in alle Geschäftsbücher und Belege sowie sonstige Aufzeichnungen zu gewähren, die für die Haftung nach Abs 1 von Bedeutung sind.

(10) Die Haftung des Auftrag gebenden Unternehmens nach Abs 1 erstreckt sich auf jedes weitere beauftragte Unternehmen, wenn die Auftragserteilung als Rechtsgeschäft anzusehen ist, das darauf abzielt, die Haftung zu umgehen (Umgehungsgeschäft), und das Auftrag gebende Unternehmen dies wusste oder auf Grund offensichtlicher Hinweise ernsthaft für möglich halten musste und sich damit abfand.

(11) Liegen Gründe für die Annahme eines Umgehungsgeschäftes nach Abs 10 vor, so haben die Auftrag gebenden Unternehmen auf Anfrage durch die Krankenversicherungsträger binnen 14 Tagen alle Auskünfte über die weitergegebenen Bauleistungen zu erteilen, soweit diese Auskünfte nicht vom beauftragten Unternehmen innerhalb von 14 Tagen gegeben werden.

(12) Die Abgabenbehörden des Bundes, die örtliche Baupolizei sowie die Baustellenkoordinatoren haben den Krankenversicherungsträgern auf deren Anfrage Auskunft über alle für die Geltendmachung der Haftung nach Abs 1 maßgebenden Umstände zu erteilen, soweit ihnen diese aus ihrer Vollzugstätigkeit bekannt sind. Die Baustellenkoordinatoren und haben darüber hinaus besondere Aufzeichnungen über die Arbeitgeber und die auf der Baustelle tätigen Selbständigen zu führen.

(13) Ansprüche aus der Haftung der Auftrag gebenden Unternehmen sind im Zivilrechtsweg vor den zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen berufenen Gerichten geltend zu machen.

§ 67b ASVG (Fassung BGBl I 2008/91) bestimmt über die Liste der haftungsfreistellenden Unternehmen (HFU-Liste):

(1) Unternehmen, die insgesamt mindestens drei Jahre lang Bauleistungen nach § 19 Abs 1a des Umsatzsteuergesetzes 1994 erbracht haben und als DienstgeberInnen nach diesem Bundesgesetz angemeldete DienstnehmerInnen beschäftigen, sind auf schriftlichen Antrag, der an das Dienstleistungszentrum (§ 67c) zu richten ist, vom beitragskontenführenden Krankenversicherungsträger in eine von diesem jeweils tagesaktuell zu führende elektronische HFU-Liste aufzunehmen, wenn sie zum Antragszeitpunkt keine rückständigen Beiträge (§ 59) für Zeiträume bis zu dem der Antragstellung zweitvorangegangenen Kalendermonat aufweisen und keine Beitragsnachweisungen nach § 34 Abs 2 für diesen Zeitraum ausständig sind; eine förmliche Entscheidung über das Bestehen eines Beitragsrückstandes ist nicht erforderlich. Außer Betracht bleiben dabei Beitragsrückstande, die 10 % der im Kalendermonat vor Antragstellung abzuführenden Beiträge nicht übersteigen, sowie vereinbarungsgemäße Beitragsstundungen und Ratenzahlungen. Über die Versagung der Aufnahme in die HFU-Liste ist das Unternehmen zu verständigen; ein Bescheid ist nur dann zu erlassen, wenn dies das Unternehmen im Fall der Versagung verlangt.

(2) Ein in die HFU-Liste aufgenommenes Unternehmen ist unverzüglich aus dieser Liste zu streichen, wenn es die bis zum zweitvorangegangenen Kalendermonat fälligen Beiträge nicht entrichtet oder Beitragsnachweisungen nach § 34 Abs. 2 für diesen Zeitraum nicht vorgelegt hat. Abs. 1 zweiter Satz ist entsprechend anzuwenden. Im Mahnschreiben ist auf die drohende Streichung aus der HFU-Liste hinzuweisen. Über die Streichung aus der HFU-Liste ist das Unternehmen zu verständigen; ein Bescheid ist nur dann zu erlassen, wenn dies das Unternehmen verlangt.

(3) Über den Antrag auf (Wieder)Aufnahme in die HFU-Liste ist innerhalb von acht Wochen ab Antragstellung zu entscheiden. Die Streichung aus der HFU-Liste ist auch dann zulässig, wenn die dafür maßgebenden Umstände im Zeitpunkt der Aufnahme in die Liste bereits vorgelegen sind, dem Krankenversicherungsträger aber nicht bekannt waren.

(4) Unbeschadet der Abs. 1 und 2 kann die Aufnahme in die HFU-Liste versagt oder ein Unternehmen aus dieser Liste gestrichen werden, wenn schwerwiegende verwaltungsrechtliche oder strafrechtliche Verstöße vorliegen oder zu erwarten ist, dass das Unternehmen seine sozialversicherungsrechtlichen Pflichten als DienstgeberIn nicht erfüllen wird. Bei der Ausübung des Ermessens ist insbesondere Bedacht zu nehmen auf

1. einen DienstnehmerInnenzuwachs um mehr als 200 % gegenüber der durchschnittlichen DienstnehmerInnenzahl des vorangegangenen Kalenderjahres, jedoch um mindestens 20 DienstnehmerInnen;

2. das Aufscheinen des betreffenden Unternehmens in der zentralen Verwaltungsstrafevidenz nach § 28b des Ausländerbeschäftigungsgesetzes;

3. die rechtskräftige Verhängung einer Verwaltungsstrafe nach § 111 über das betreffende Unternehmen, wenn diese nicht länger als drei Jahre zurückliegt;

4. die Verhängung eines Beitragszuschlages nach § 113 über das betreffende Unternehmen in schwerwiegenden Fällen;

5. die rechtskräftige Verurteilung des betreffenden Unternehmens nach den §§ 146, 153c, 153d oder 153e des Strafgesetzbuches, wenn diese nicht länger als drei Jahre zurückliegt.

Handelt es sich beim betreffenden Unternehmen um eine juristische Person oder Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit, so sind diesem im Fall der Z 3 und 5 alle Personen gleichzuhalten, die seinem zur Vertretung berufenen Organ angehören. Bei der Entscheidung über die Versagung der Aufnahme oder die Streichung sind auch die Größe des Unternehmens, die Dauer seiner Tätigkeit in der Baubranche und die Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen DienstgeberInnenpflichten innerhalb eines dreijährigen Beobachtungszeitraumes zu berücksichtigen.

(5) Die Entscheidung in den Fällen des Abs 4 obliegt unbeschadet der eigenen Verantwortlichkeit des Vorstandes einem besonderen Vorstandsausschuss des jeweils zuständigen Krankenversicherungsträgers (Haftungsausschuss). Dieser Ausschuss besteht aus vier vom Vorstand zu wählenden Mitgliedern der Generalversammlung; zwei Mitglieder haben der DienstgeberInnengruppe, zwei der DienstnehmerInnengruppe anzugehören. Den Vorsitz im Haftungsausschuss hat ein aus seiner Mitte gewähltes Mitglied zu führen, wobei die Vorsitzführung kalenderhalbjährlich zwischen den Angehörigen der DienstgeberInnen- und der DienstnehmerInnengruppe wechselt. Die §§ 422 bis 425, 438 und 456a sind sinngemäß anzuwenden.

(6) Die von den Krankenversicherungsträgern geführten HFU-Listen sind vom Dienstleistungszentrum (§ 67c) zu einer Gesamtliste der haftungsfreistellenden Unternehmen (HFU-Gesamtliste) tagesaktuell zusammenzuführen. Es ist dafür zu sorgen, dass die betroffenen Unternehmen in die HFU-Gesamtliste auf elektronischem Weg kostenlos Einsicht nehmen können. Unternehmen, deren Aufnahme in eine HFU-Liste versagt wurde oder die aus einer HFU-Liste gestrichen wurden, sind nicht in die HFU-Gesamtliste aufzunehmen.

Gemäß § 67d ASVG (Fassung BGBl I 2008/91) hat der Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz bis zum 31. Oktober jedes Jahres - erstmals im Jahr 2010, wenn die AuftraggeberInnenhaftung nach § 635 Abs 1 bis spätestens 1. April 2009 in Kraft tritt, sonst erstmals im Jahr 2011 - zu prüfen, ob die im vorangegangenen Kalenderjahr eingegangenen Haftungsbeträge in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der Auszahlungen nach § 67a Abs 6 annähernd den in diesem Kalenderjahr uneinbringlichen Beiträgen nach § 67a Abs 1 entsprechen, wobei Beitragsrückstände von Unternehmen, die mehr als die Hälfte des vorangegangenen Kalenderjahres in der HFU-Liste geführt wurden, außer Betracht bleiben. Liegt keine annähernde Entsprechung vor, so hat der Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit den in § 67a Abs 1 und 3 genannten Prozentsatz durch Verordnung bis zum Ablauf des 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres so zu ändern, dass die Haftungsbeträge den uneinbringlichen Beiträgen nach § 67a Abs 1 entsprechen. Zu diesem Zweck hat das Dienstleistungszentrum (§ 67c) dem Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz bis zum 31. Juli jedes Jahres eine Aufstellung der im vorangegangenen Kalenderjahr eingegangenen Haftungsbeträge, erfolgten Auszahlungen nach § 67a Abs 6 und uneinbringlichen Beiträge nach § 67a Abs 2 sowie der Beitragsrückstände von Unternehmen, die mehr als die Hälfte des vorangegangenen Kalenderjahres in der HFU-Liste geführt wurden, zu übermitteln. Vor der Herstellung des Einvernehmens zu dieser Verordnung ist der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Eine Änderung des Prozentsatzes wird erst mit dem ersten Beitragszeitraum des folgenden Kalenderjahres wirksam.

IV.2.3. Grundsätzliches zur AuftraggeberInnenhaftung (AGH):

§ 67a ASVG normiert die Haftung des AufG bis 20 % des geleisteten Werklohnes, die entsprechende Bestimmung des § 82a EStG regelt eine weitere Haftung im Ausmaß von 5 % des Werklohnes, letztere ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Die Haftung entfällt entweder weil das beauftragte Unternehmen (AufN) im Zeitpunkt der Zahlung des Werklohnes in die Liste der haftungsfreistellenden Unternehmen (HFU-Liste) eingetragen ist oder wenn der AufG 20 % des Werklohnes (Haftungsbetrag) gleichzeitig mit der sonstigen Werklohnzahlung an das DLZ (vgl §67c ASVG) leistet. Nach dem Wortlaut des § 67a Abs 4 ASVG wirkt die Überweisung an das DLZ gegenüber dem AufN schuldbefreiend. § 67a Abs 4 ASVG stellt auch fest, dass es sich um eine Drittleistung handelt und der entrichtete Haftungsbetrag damit anfechtungsfest im Sinne der §§ 27 ff IO ist.

Wie oben angeführt ist in diesem Verfahren vor allem die Frage zu klären, wie mit den nach der Konkurseröffnung mit 20.04.2011 von AufG der BF an die WGKK (im Wege des DLZ) gezahlten Haftungsbeträge zu verfahren ist, konkret, ob sie auf die Konkursforderungen der Kasse oder die Masseforderungen anzurechnen sind.

Unter "Aufträge" sind die zwischen der Beschwerdeführerin als Auftragnehmerin eines Bauauftrages (Subunternehmerin in einem Bauprojekt) einerseits und einem anderen Unternehmen der Baubranche als Auftraggeber andererseits geschlossenen Werkverträge zu verstehen, die durch die Dienstnehmer der Beschwerdeführerin ausgeführt wurden.

Als Durchführungszeitraum wird der Zeitraum gesehen, in dem von den nach dem ASVG versicherten Dienstnehmern der Beschwerdeführerin die Bauleistungen erbracht und - in den laufenden Dienstverhältnissen - die Beiträge zur Sozialversicherung fällig wurden.

IV.2.4. Keine ausdrückliche Regelung im Gesetz:

Eine ausdrückliche Regelung der anstehenden Frage ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (vgl. auch Widhalm-Budak, ZIK 2013, 54 ff).

Für eine Lösung ist jedenfalls auf die Regelungen des § 67a Abs 3 Z 2 und Abs 4 ASVG Bedacht zu nehmen. Darin wird einerseits die Anfechtbarkeit der Haftungsbeiträge bei Insolvenz geregelt (§ 67 Abs 4 ASVG). Andererseits wird geregelt, dass die Überweisung von Haftungsbeträgen nach Abs 3 Z 2 durch einen AufG gegenüber dem beauftragten Unternehmen (hier die Beschwerdeführerin) schuldbefreiend wirkt; sie gilt als Drittleistung und unterliegt nicht den Bestimmungen der IO über die Anfechtung der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommenen Rechtshandlungen.

Diese Regelung betrifft nicht unmittelbar die hier zu lösende Frage, weil sie auf die Zahlungen vor Konkurseröffnung Bezug nimmt, während es im gegenständlichen Fall um die danach gezahlten Haftungsbeiträge geht; sie ist aber für die Lösung der anstehenden Frage von Bedeutung, weil sie nach Meinung des Gerichts die Regelungsabsicht des Gesetzgebers im Konkursfall zum Ausdruck bringt.

IV.2.5. Es ist daher durch die Auslegung eine Lösung zu finden:

Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des AuftraggeberInnen-Haftungsgesetz (BGBl. I Nr 91/2008, ErläutRV 523 Blg NR 23.GP, 5) ist Folgendes zu entnehmen:

Die Leistung des Haftungsbetrages durch das Auftrag gebende Unternehmen wirkt nach Abs 4 des vorgeschlagenen § 67a ASVG gegenüber dem beauftragten Unternehmen schuldbefreiend und gilt als sogenannte Drittleistung, d. h. sie unterliegt nicht der Anfechtung im Konkursverfahren des beauftragten Unternehmens.

Die konkursrechtliche Privilegierung punkto Anfechtbarkeit der Leistung des Haftungsbetrages findet ihre Rechtfertigung darin, dass die Sozialversicherungsträger zum einen über ihre BeitragsschuldnerInnen nicht disponieren können, zum anderen (im Unterschied zum Fiskus) jedoch konkrete Leistungspflichten gegenüber den Versicherten und sonstigen Anspruchsberechtigten haben, die im Wesentlichen durch Beiträge zu finanzieren sind. Hieraus resultiert ein vehementes öffentliches Interesse an der Sicherung der Finanzierung der Sozialversicherung, die durch Praktiken der Beitragshinterziehung - wie sie gerade durch die vorgeschlagene Haftungsregelung eingedämmt werden sollen - bedroht ist. Durch die Statuierung, den geleisteten Haftungsbetrag der Anfechtung im Konkursverfahren zu entziehen, wird somit eine sachlich begründete, stark eingegrenzte Ausnahmeregelung getroffen, die zur Hintanhaltung der spezifischen Probleme im Baubereich beiträgt.

Aus den Erläuterungen erschließt sich nach Ansicht des Gerichts die Wertung und die Absicht des Gesetzgebers, dass hinsichtlich der Sozialversicherungsbeträge eine von den allgemeinen Regelungen des Insolvenzrechts abweichende Behandlung der Haftungseiträge geschaffen werden sollte.

Zwar bestimmt § 65 ASVG, dass für die Behandlung der Beiträge im Insolvenzverfahren die Vorschriften der Insolvenzordnung maßgebend sind, allerdings sieht das Gesetz nach Auffassung des Gerichts mit § 67a ASVG eine Sondernorm vor, wenn auch ohne ausdrückliche Erwähnung dieser Absicht des Gesetzgebers in § 65 ASVG, allerdings wird in den Erläuterungen von einem Sonderhaftungsrecht gesprochen (RV 523 BlgNR 23. GP , 2).

Widhalm-Budak, ZIK 2013, 54 ff wendet gegen die Anrechnung auf die Insolvenzforderungen ein, dass zwar § 67a ASVG die haftungsbefreiende Zahlung des Auftraggebers als Drittleistung definiert, jedoch sei diese Formulierung gewählt worden, um die im unmittelbaren Anschluss daran normierte Anfechtungsfestigkeit dieser Zahlung zu begründen. Unter Bedachtnahme auf die Materialien zur Novelle BGBl. I 91/2008 (RV 523 BlgNR, 23.GP , 5) hat nach Meinung des Gerichts diese Feststellung eher klarstellenden Charakter. Es kann auch aus dem Willen des Gesetzgebers abgeleitet werden, dass im Konkursfall die Haftungsbeiträge der Kasse verbleiben sollen. Es ist der Beschwerdeführerin zuzustimmen, dass konkrete Sonderregelungen, in denen ausdrücklich normiert wird, dass § 67a ASVG den insolvenzrechtlichen Bestimmungen vorgeht - abgesehen von Abs 4 leg cit - nicht im Gesetz zu finden sind. Gleichzeitig ist - auch im Sinne von Bartos/Derntl in Sonntag (Hrsg), ASVG6 (2015) § 67a Rz 26-28 - die gesamte Regelung der Auftraggeberhaftung eine materiell-gesetzliche Sonderregelung gegen die Uneinbringlichkeit von Sozialversicherungsbeiträgen (vgl. die oben zitierten Erläuterungen) und daher in diesem Sinne auszulegen.

Der Beschwerdeführerin ist daher in allen Punkten zu widersprechen, in denen sie ihre Auffassung auf die prioritäre Anwendung der Bestimmungen der Insolvenzordnung stützt.

Es ist der Beschwerdeführerin weiters nicht zu folgen, wenn sie die schuldbefreiende Wirkung der Leistung des AufG von 20 % des Werklohnes an das DLZ nur dann als schuldbefreiend ansieht, wenn die Zahlung der Insolvenzmasse zugewendet wird. Zuerst ist darauf hinzuweisen, dass diese Auffassung dem Wortlaut des § 67a Abs 4

1. Satz ASVG widerspricht. Wenn die Beschwerdeführerin einwendet, dass auch hier § 3 Abs 2 IO vorrangig zu beachten sei, ist dem entgegenzuhalten, dass bei der gebotenen verfassungsmäßigen Interpretation der Norm diese Auffassung auszuschließen ist, weil sie - wie die BF selbst anführt - den AufG in eine doppelte Zahlungspflicht (gegenüber der Kasse aus dem Titel der AGH und gegenüber der Insolvenzmasse aus dem Titel des Werklohnes) führen würde, was als unsachliche Lösung und damit als gleichheitswidrig zu beurteilen ist. Es muss ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber eine solche Rechtsfolge regeln wollte bzw. in Kauf genommen hat.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass es im § 67a ASVG Abs 2 ASVG für die Haftungsbegründung auf den Zeitpunkt der Zahlung des Werklohnes ankommt, ebenso in Abs 3 auf den "Leistungszeitpunkt" und dass diese Regelung auch auf die Anrechenbarkeit zu übertragen sei.

Nach Auffassung des Gerichts ist für die hier zu lösende Frage daraus wenig zu gewinnen, weil der Zeitpunkt des Eintritts der Haftung des AufG grundsätzlich nur das Verhältnis zwischen der Kasse und den AufG betrifft, der ohne die Zahlung eines Teiles des Werklohnes an die Kasse (Haftungsbetrag) dieser gegenüber haften würde (so nicht Z 1 des Abs 3 zutrifft) und nicht auf das Verhältnis zwischen dem AufN und der Kasse ohne weiteres zu übertragen ist.

IV.2.6. Für eine Lösung ist vorerst daran zu erinnern, dass in der Sozialversicherung grundsätzlich eine zeitraumbezogene Betrachtung typisch ist (vgl. VwGH 2011/08/0055, 2010/08/0029, 2009/08/0123, 2003/08/0032, 99/08/0081 mwN). Bartos/Derntl (Sonntag (Hrsg), ASVG6 - Kommentar, (2015), § 67a, Rz 26-28) argumentieren zu der Frage, ob nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des AufN einlangende Zahlungen auf Insolvenz- oder Masseforderungen anzurechnen sind, dass gegen einen absoluten Vorrang der Insolvenzforderungen die in Sanierungsfeindseligkeit und Verhinderung wirtschaftlich sinnvoller Fertigstellungen liegenden Konsequenzen sprechen, unter Hinweis auf zur ähnlich gelagerten insolvenzrechtlichen Problematik der Umsatzsteuer bei halbfertigen Bauten - die mittlerweile durch den Übergang der Umsatzsteuerschuld gemäß § 19 Abs 1 a UStG entschärft wurde. Gegen einen Vorrang der Masseforderungen lasse sich ins Treffen führen, dass dadurch der mit der AGH intendierte Schutz für die Sozialversicherung und damit die eigentliche Absicht des Gesetzgebers leichtfertig aufgegeben würde. Es seien demnach nicht haftungsrechtliche Aspekte (Zahlung des Werklohns gemäß § 67a Abs 2 ASVG) entscheidend, sondern die zeitraumbezogene Verwirklichung des Grundtatbestandes, der in der Erbringung der Werkleistung liegt und über die Beschäftigung von Dienstnehmern erst zu einem Beitragsrückstand, der eine Haftung auslösen kann, führt. AGH-Zahlungen (sowohl zur Vermeidung der Haftung nach 67 Abs 3 Z 2 als auch gerade in Erfüllung der Haftung) für Leistungen, die bis zum Tag der Insolvenzeröffnung erbracht werden, sind in diesem Sinne dem als Insolvenzforderung zu wertenden Beitragsrückstand anzurechnen. Wird die Werkleistung ab dem der Insolvenzeröffnung folgenden Tag (§ 2 Abs 1 IO) erbracht, sind die AGH-Zahlungen der Masse zugute zu halten. Ein allfälliges Guthaben ist auf Antrag dem Insolvenzverwalter auszufolgen (weitere Ausführungen in Derntl, AGH nach Insolvenzeröffnung, ZIK 2013/67, 127, 90).

Eine andere Auffassung wird im Artikel von Widhalm-Budak, Ausgewählte Rechtsfragen zur AGH gemäß § 67a ASVG, ZIK 2013/67, 56 ff vertreten, die Argumente im Artikel decken sich im Wesentlichen mit jenen in diesem Verfahren. Es wird vor allem - neben dem Vorrang der insolvenzrechtlichen Bestimmungen - eingewandt, dass es nach § 67a Abs 2 und 3 ASVG auf den Leistungszeitpunkt ankomme und dieser auch bei der hier zu entscheidende Frage zur Beurteilung, ob eine Insolvenz- oder eine Masseforderung anzunehmen sei, maßgeblich sei.

Nach Auffassung des Gerichtes kommt es - in Übereinstimmung mit der Auffassung Bartos/Derntl - nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Werklohn (als Gegenleistung zur Erfüllung eines Bauleistungsauftrages) vom AufG gemäß § 67a Abs 2 Z 3 ASVG haftungsbefreiend an die Kasse entrichtet wurde, sondern darauf, wann die Werkleistung erbracht wurde (und durch die Beschäftigung der Dienstnehmer die Beitragsforderungen und -rückstände entstehen).

Sind diese Beschäftigungszeiträume/Werkentstehungszeiträume vor der Insolvenzeröffnung angesiedelt, mindern die Haftungszahlungen die Insolvenzforderungen der WGKK, sind sie nach der Insolvenzeröffnung entstanden, mindern sie die Masseforderungen der WGKK.

Rebhahn in Mosler/Müller/Pfeil, SV-Komm § 67a ASVG, RZ 77, führt dazu aus, dass der Ausschluss der Anfechtung bei Insolvenz des Auftragnehmers auch gilt, wenn der Vertrag bereits vor Insolvenzeröffnung geschlossen, der Abzug aber erst nach Insolvenzeröffnung vorgenommen wird (unter Hinweis auf Reisenhofer, ZIK 2008/2 48,153). § 67a Abs 3 Z 2 ASVG sei auch anwendbar, wenn das Entgelt erst nach Eröffnung der Insolvenz des Auftragnehmers fällig wird, der Vertrag aber bereits vor Eröffnung abgeschlossen war. Der Gesetzeswortlaut erfasse auch diesen Fall. Überdies liege die Zuordnung des Abzugsbetrages zur SV in der Insolvenz des Auftragnehmers (RZ 78 f) auch im Interesse des Auftraggebers. Das Abzugsrecht sichere ihn davor, aus § 68 a ASVG zu haften. Gebe es den Abzug nicht, dann wäre das Haftungsrisiko gerade bei Insolvenz des Auftragnehmers weit größer. Das Abzugsrecht habe daher eine ähnliche Funktion wie ein gesetzliches Pfandrecht. Die Überweisung an die Sozialversicherung wirkt im Verhältnis zum Auftragnehmer auch dann schuldbefreiend, wenn der Auftraggeber die Insolvenzeröffnung bei Zahlung des Abzugsbetrags übersehen habe. § 67a ASVG erfasse überdies den Fall, dass der Vertrag über die Bauleistung erst nach Eröffnung der Insolvenz über den Auftragnehmer abgeschlossen wird. Die SV darf den Abzugsbetrag, dann aber nur mit Beitragsschulden, die Masseforderungen sind, verrechnen. Dies belastet den Auftraggeber nicht weiter.

Das Gericht sieht in diesen Ausführungen unterstützende Argumente für die oben angeführte Lösung.

Als Gegenargument könnten die Aufführungen in den Gesetzesmaterialen (RV 523 BlgNR 23. GP , 4) herangezogen werden:

"...... Es handelt sich bei der vorgeschlagenen

AuftraggeberInnenhaftung um eine vom konkreten Auftrag losgelöste Haftung für alle Beitragsschulden des beauftragten Unternehmens bei den Krankenversicherungsträgern. Sie tritt nach Abs 2 des vorgeschlagenen § 67a ASVG mit dem Zeitpunkt der Leistung (eines Teiles) des Werklohnes an das beauftragte Unternehmen ein und soll alle (d. h. nicht nur die aus dem konkreten Auftrag resultierenden) Beiträge und Umlagen des beauftragten Unternehmens umfassen, die bis spätestens zum Ende des Kalendermonats fällig werden, in dem die (teilweise) Zahlung des Werklohnes erfolgt ist. Die Haftung wird schlagend, wenn der Krankenversicherungsträger gegen das beauftragte Unternehmen zur Hereinbringung der geschuldeten Beiträge und Umlagen erfolglos Exekution geführt hat oder das beauftragte Unternehmen bereits insolvent ist. Die Konstruktion einer vom konkreten Auftrag losgelösten Haftung wurde gewählt, da die bisherigen Erfahrungen in Österreich, aber auch die einschlägigen Erfahrungen mit der GeneralunternehmerInnenhaftung in Deutschland, gezeigt haben, dass die Sozialversicherungsträger häufig vor unlösbaren Situationen stehen, wenn sie eine auf den konkreten Auftrag bezogene Haftung geltend machen sollen. Auf Grund der sich rasch ändernden rechtlichen Verhältnisse in der Baubranche, der für Außenstehende undurchsichtigen Abläufe und Konstruktionen sowie der Tatsache, dass die Krankenversicherungsträger auf die Informationen der Betroffenen angewiesen sind, ist eine Zuordnung der Tätigkeit der DienstnehmerInnen zu einzelnen Baustellen und zu bestimmten Zeiträumen bzw. eine Zuordnung der Tätigkeiten zu einzelnen Aufträgen in der Praxis vielfach nur schwer oder gar nicht möglich. Zudem können die Betroffenen durch gezielte Vorgehensweisen die Krankenversicherungsträger leicht "ins Leere laufen lassen", das heißt eine Zuordnung gänzlich unmöglich machen. Im Übrigen ist auch eine mit einem fixen Prozentsatz des Werklohnes begrenzte Haftung für die AuftraggeberInnen wesentlich leichter kalkulierbar".

Nach Auffassung des Gerichts sind diese Argumente auf die laufende Umsetzung der AGH zu beschränken; sie sind von praktischen Überlegungen geprägt. Diese treffen in einem Fall wie dem gegenständlichen, in dem eine Masseverwalterin die von ihr gesichteten Unterlagen zur Verfügung hat und diese der Zurechnung der Haftungsbeträge zugrunde gelegt werden können, nicht zu.

Treffender ist der von Derntl a.a.O. mit § 46 Z 2 IO gewählte Ansatzpunkt, wonach Beiträge zur Sozialversicherung dann Masseforderungen seien, wenn der die Abgabenpflicht auslösende Sachverhalt während des Insolvenzverfahrens verwirklicht werde. In Anknüpfung an §§ 46 und 150 IO sei der relevante Sachverhalt in der zeitraumbezogenen Verwirklichung des Grundtatbestandes auszumachen, der in der Erbringung der Werkleistung liege und über die Beschäftigung von Dienstnehmern erst zu einem Beitragsrückstand führen könne, der eine Haftung auslöse.

IV.2.7. Zusammenfassung:

Unter Heranziehung der oben dargelegten Rechtsansicht, wonach die Haftungsbeträge, die für Beschäftigungszeiträume und die Werklöhne geleistet werden, die vor der Insolvenzeröffnung angesiedelt sind, die Insolvenzforderungen der WGKK mindern während sie dann, wenn sie nach der Insolvenzeröffnung entstanden, die Masseforderungen der WGKK mindern, ist der im Spruch genannte Betrag an Beitragsforderungen der WGKK (und Verzugszinsen) für die näher genannten Zeiträume gegenüber der Beschwerdeführerin offen.

IV.2.8. Anrechung auf die älteste Schuld?

Eine gänzliche Unbeachtlichkeit der Insolvenzeröffnung wie von der Beschwerdegegnerin in der Beschwerdebeantwortung vorgebracht in dem Sinn, dass das Insolvenzrecht unbeachtlich sei und beliebig auch vor der Konkurseröffnung entstandene Beitragsforderungen - nach dem Grundsatz der Verpflichtung zur Tilgung der ältesten Schuld nach § 1416 ABGB - durch nach Konkurseröffnung geleistete Haftungsbeträge getilgt werden können, wird vom Gericht nicht vertreten (vgl. oben Bartos/Derntl in Sonntag(Hrsg), ASVG6 (2015) § 67a Rz 26-28). Diese Auffassung wurde in der mündlichen Verhandlung von der WGKK nicht mehr ausdrücklich vertreten.

IV.2.9. Behauptete Verfassungswidrigkeit bei der oben gewählten Auslegung des Gesetzes:

Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage

findet die konkursrechtliche Privilegierung in punkto Anfechtbarkeit der Leistung des Haftungsbetrages ihre Rechtfertigung darin, dass die Sozialversicherungsträger zum einen über ihre BeitragsschuldnerInnen nicht disponieren können, zum anderen (im Unterschied zum Fiskus) jedoch konkrete Leistungspflichten gegenüber den Versicherten und sonstigen Anspruchsberechtigten haben, die im Wesentlichen durch Beiträge zu finanzieren sind. Hieraus resultiert ein vehementes öffentliches Interesse an der Sicherung der Finanzierung der Sozialversicherung, die durch Praktiken der Beitragshinterziehung - wie sie gerade durch die vorgeschlagene Haftungsregelung eingedämmt werden sollen - bedroht ist. Durch die Statuierung, den geleisteten Haftungsbetrag der Anfechtung im Konkursverfahren zu entziehen, wird somit eine sachlich begründete, stark eingegrenzte Ausnahmeregelung getroffen, die zur Hintanhaltung der spezifischen Probleme im Baubereich beiträgt.

(vgl ErläutRV 523 Blg NR 23.GP, 5)

Die Regelung gilt zudem nur für AuftraggeberInnen, die Unternehmen sind, da grundsätzlich nur Unternehmen über eine ausreichende Professionalität verfügen und in der Lage sind, auf ihre Subunternehmen entsprechend einzuwirken. Werden Unternehmen, die keine Bauunternehmen sind, sondern nur als "Bauherren", also als LetztbestellerInnen eines Werkes auftreten, tätig, so fallen sie nicht unter die Haftungsregelung des § 67a ASVG.

(vgl. ErläutRV 523 Blg NR 23.GP, 3)

Bei der gewählten Auslegung besteht nach Auffassung des Gerichts keine Verfassungswidrigkeit der Norm; vielmehr liegt eine derartige Regelung im rechtspolitischen Spielraum des Gesetzgebers.

Als sachliche Rechtfertigung sieht das Gericht - in Übereinstimmung mit der WGKK und Rebhan in Mosler/Müller/Pfeil Der SV-Komm §67a ASVG Rz 79 - die Leistungspflicht der Sozialversicherungsträger (in allen Sparten der Sozialversicherung), die gegenüber den versicherten DienstnehmerInnen besteht, auch wenn die Beiträge, die aufgrund ihrer Versicherungspflicht/Beschäftigung vom Dienstgeber geschuldet werden, tatsächlich nicht gezahlt wurden. Die Verhinderung der Belastung der Solidargemeinschaft aller Versicherten durch die Insolvenz des Beitragsschuldners ist ein sachlicher Grund für eine Sonderregelung betreffend die Betragsverbindlichkeiten.

Die Argumentation, dass der Gesetzeszweck auch durch die von der Beschwerdeführerin getroffene Interpretation erreicht werde, ist nicht nachvollziehbar, zumal sie dem Gesetzgeber unterstellt, nur auf eine mittelbare Wirkung gezielt zu haben.

IV.2.10. Dem Beschwerdevorbringen, dass der Bescheid hinsichtlich des Betrages von € 97.655,70 wegen res iudicata aufzuheben sei, ist entgegenzuhalten, dass mangels Teilbarkeit der Sache - es handelt sich jeweils um eine Abrechnung zu einem bestimmten Zeitpunkt - der unstrittig geschuldete Betrag nicht aus der Abrechnung herauszunehmen ist, sondern weiter in der strittigen Gesamtsumme zu berücksichtigen ist.

Im Übrigen wurde dieses Vorbringen in der mündlichen Verhandlung nicht aufrechterhalten.

IV.3. Zu Spruchpunkt II:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 67a Abs 4 ASVG im Zusammenhang mit einer Insolvenzeröffnung des Auftragnehmers gänzlich fehlt. Die hier anzuwendende Bestimmung hat keinen klaren Wortlaut bzw. trifft sie für die Lösung der zu lösenden Rechtsfrage keine Regelung. Auch in der Literatur werden unterschiedliche Meinungen vertreten (vgl. Punkte IV.2.5.-IV.2.6.).

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