VwGH 2009/08/0123

VwGH2009/08/012327.4.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der

S GmbH in S, vertreten durch Dr. Roland Gerlach, Dr. Sieglinde Gahleitner und Mag. Eva Graf-Hohenauer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Köllnerhofgasse 6/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 9. April 2009, Zl. BMSK-329965/0001-II/A/3/2008, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. LS

z. Hd. Dr. Gerlach, Dr. Gahleitner in 1010 Wien, Köllnerhofgasse 6/2, 2. Tiroler Gebietskrankenkasse in 6020 Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2-4, 3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65- 67, und 4. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §4 Abs2;
ASVG §4 Abs4;
ASVG §4;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §4 Abs4;
ASVG §4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 9. April 2009 stellte die belangte Behörde fest, dass der Erstmitbeteiligte auf Grund seiner Tätigkeit für die beschwerdeführende Partei als Dienstgeberin am 4., 8. und 22. November 2004, 27. und 31. Jänner 2005, 4. und 17. Februar 2005, 10., 13. und 17. Juni 2005, 26. November 2005, 1., 2., 3., 9., 10. und 19. Dezember 2005, 24., 30. und 31. März 2006, 7. und 13. April 2006, sowie am 10., 14., 18. und 23. Juni 2006 der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG, § 471a ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlag.

Der Erstmitbeteiligte sei seit dem Jahr 2004 für die beschwerdeführende Partei als Referent im Rahmen der Ausbildung neuer Mitarbeiter zu Flughafensicherheitskontrollorganen tätig. Jedes künftige Sicherheitsorgan habe insgesamt 60 Stunden Theorie und 40 Stunden Praxis zu absolvieren, bevor es für die Durchführung von Fluggastkontrollen eingesetzt werden dürfe. Der Erstmitbeteiligte habe im Bereich des Luftfahrtrechts und Sicherheitsrechts Vorträge in der Dauer von insgesamt 16 Stunden (pro Lehrgang) übernommen und dabei an zwei Tagen jeweils 8 Stunden unterrichtet. Die jeweiligen Gruppen hätten zwischen 20 und 25 Personen pro Lehrgang umfasst. Zwischen dem Erstmitbeteiligten und der beschwerdeführenden Partei sei kein schriftlicher Vertrag abgeschlossen worden. Die Termine seien immer in Absprache mit der beschwerdeführenden Partei fixiert worden. Wenn der Erstmitbeteiligte zu bestimmten Terminen keine Zeit gehabt habe, sei ein neuer Termin vereinbart worden. In diesem Fall habe der Erstmitbeteiligte diesen Kurs auch abhalten müssen. Er habe sich nie vertreten lassen und sei seiner Vortragstätigkeit im Schulungsraum der beschwerdeführenden Partei am Flughafen I nachgekommen. Ihm sei alles Erforderliche wie Beamer und Laptop zur Verfügung gestellt worden. Es sei ein Stundenhonorar von EUR 75,-- brutto vereinbart worden. Er habe nach Abschluss eines Lehrgangs Honorarnoten an die beschwerdeführende Partei gelegt. Durch die beschwerdeführende Partei gebe es "keine inhaltlichen Anweisungen - diese ergeben sich aus den diesbezüglichen Gesetzen und Verordnungen". Der Erstmitbeteiligte sei für die beschwerdeführende Partei an den oben angeführten Tagen als Referent tätig gewesen. Hauptberuflich sei der Erstmitbeteiligte in der Sicherheitsdirektion I tätig.

Das Vortragen von Fachwissen aus den Bereichen des Luftfahrtrechts und des Sicherheitsrechts für jeweils 16 Stunden pro Kurs an zwei Tagen stelle die Erbringung von Dienstleistungen dar. Es sei nicht ersichtlich, worin ein individualisiertes und konkretisiertes Werk begründet sein solle. Es liege keine "gewährleistungstaugliche" Leistung vor.

Habe der Erstmitbeteiligte die Abhaltung eines Kurses zu einem bestimmten Termin zugesagt, so habe eine entsprechende Verpflichtung zur Tätigkeit bestanden. Das Fehlen ausdrücklicher Weisungen spreche nicht gegen das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit, weil der Erstmitbeteiligte auf Grund seiner Qualifikation und des vertraglich Vereinbarten von sich aus gewusst habe, wie er sich bei seiner Tätigkeit zu verhalten habe. Die Bindung an den Arbeitsort ergebe sich daraus, dass dem Erstmitbeteiligten von der beschwerdeführenden Partei ein Seminarraum am Flughafen I zur Verfügung gestellt worden sei. Eine Bindung an die Einhaltung bestimmter Arbeitszeiten sei dadurch gegeben, dass der Erstmitbeteiligte jeweils 8 Stunden pro Tag habe vortragen müssen.

Nach Zusage eines bestimmten Vortragstermins sei der Erstmitbeteiligte persönlich zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen. Eine Vertretungsbefugnis im Krankheitsfall stelle keine generelle Vertretungsbefugnis dar, die die persönliche Arbeitspflicht ausschließen könne. Darüber hinaus habe sich der Erstmitbeteiligte niemals vertreten lassen. Dass die beschwerdeführende Partei an einer Vertretung des Erstmitbeteiligten nicht interessiert gewesen sei bzw. versucht habe diese zu verhindern, zeige sich daran, dass die beschwerdeführende Partei und der Erstmitbeteiligte immer wieder versucht hätten, einen gemeinsamen Termin zu finden. Die erforderlichen Betriebsmittel hätten sich im Eigentum der beschwerdeführenden Partei befunden und seien dem Erstmitbeteiligten zur Verfügung gestellt worden. Insgesamt überwögen die Merkmale persönlicher Abhängigkeit gegenüber jenen der persönlichen Unabhängigkeit.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die beschwerdeführende Partei und Erstattung einer Gegenschrift durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erwogen hat:

Die beschwerdeführende Partei hält in der Beschwerde nicht an ihrem im Verwaltungsverfahren u.a. erstatteten Vorbringen fest, dass es sich bei der Vortragstätigkeit des Erstmitbeteiligten um die Erbringung von Werkleistungen im Rahmen von "Kettenwerkverträgen" gehandelt habe (vgl. das Erkenntnis vom 25. April 2007, Zl. 2005/08/0162). Sie behauptet auch nicht, dass der Erstmitbeteiligte Dienste unter solchen Rahmenbedingungen erbracht habe, die zu einer Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG führen würden.

Die Beschwerde wendet sich aber gegen ein Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG und bringt dazu vor, es gehöre zur Erfüllung eines jeden zivilrechtlichen Vertragsverhältnisses, dass terminliche Vorgaben beachtet würden. Dies könne nicht als "weitgehende Ausschaltung" der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten qualifiziert werden. Der Erstmitbeteiligte habe keine inhaltlichen Weisungen benötigt. Er sei von der beschwerdeführenden Partei wegen seines besonderen Sachverstandes beschäftigt worden. Eine tageweise ausgeübte "Sachverständigentätigkeit" ohne jede inhaltliche Beeinflussung des Auftraggebers könne geradezu typisch als Tätigkeit qualifiziert werden, die nicht im Rahmen eines echten Dienstverhältnisses absolviert werde. Dies gelte umso mehr, wenn der "Sachverständige" - wie im vorliegenden Fall - die Schulungstätigkeit nur in einem sehr geringen Umfang im Verhältnis zu seiner sonst ausgeübten sozialversicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung ausübe. Die Durchführung der Vorträge in den Seminarräumen der beschwerdeführenden Partei am Flughafen I erkläre sich aus rein praktischen Erwägungen und nicht etwa daraus, einen Dienstnehmer - etwa aus Kontrollerwägungen - in der Ausübung seiner Tätigkeit örtlich einzuschränken. Für die rechtliche Qualifikation eines Vertragsverhältnisses könne auch nicht ausschlaggebend sein, dass ein Auftraggeber (aus wirtschaftlich jederzeit nachvollziehbaren Gründen, die keinerlei Verdacht der Umgehung nahe legten) für die Ausübung der Tätigkeit auf eigene Rechnung Räumlichkeiten zur Verfügung stelle. Der Umstand, dass die Arbeitsleistung persönlich erbracht worden sei, könne nicht als Kriterium für die Einordnung unter einen besonderen Vertragstypus herangezogen werden.

Das ASVG in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I

Nr. 132/2005 lautet auszugsweise:

"ABSCHNITT II

Umfang der Versicherung

1. Unterabschnitt

Pflichtversicherung

Vollversicherung

§ 4. (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:

1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;

(...)

(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBl. I Nr. 45/2005, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um

1. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG 1988 oder

2. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen.

(3) Aufgehoben.

(4) Den Dienstnehmern stehen im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für

1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit), wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen;

(...)"

Der freie Dienstvertrag unterscheidet sich von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG durch das Fehlen der persönlichen Abhängigkeit des Dienstnehmers vom Dienstgeber (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2006, Zl. 2004/08/0101, mwN). Die belangte Behörde hat, anders als die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse, das Bestehen einer Versicherungspflicht auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG und nicht auf Grund eines freien Dienstvertrages im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG angenommen.

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Slg. Nr. 12.325/A) davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung - nur beschränkt ist. Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit.

Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z. B. einer längeren Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder eines das Arbeitsverfahren betreffenden Weisungsrechtes des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgeblicher Bedeutung sein.

Nach den obigen rechtlichen Darlegungen können trotz der Beachtlichkeit der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses in Grenzfällen auch Personen, die - wie im Beschwerdefall der Erstmitbeteiligte - nur tageweise Beschäftigungen ausüben, (sofern dadurch nicht ein durchgehendes Beschäftigungsverhältnis während eines größeren Zeitraumes begründet wird) jedenfalls in den tatsächlichen Beschäftigungszeiten in versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen stehen, wenn nach dem Gesamtbild der jeweils konkret zu beurteilenden tageweisen Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet und nicht nur beschränkt ist (vgl. das Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Slg. Nr. 13.223/A mwN).

Nach der Rechtsprechung kommt die Erteilung von Weisungen an den Dienstnehmer im Zusammenhang mit einem Beschäftigungsverhältnis im Wesentlichen in zwei (voneinander nicht immer scharf zu trennenden) Spielarten in Betracht, nämlich in Bezug auf das Arbeitsverfahren einerseits und das arbeitsbezogene Verhalten andererseits (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 2007, VwSlg 17185 A/2007). Auch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH 30.10.2003, 8ObA45/03f) unterscheidet bei der Beurteilung der Weisungsunterworfenheit entsprechend zwischen sachlichen Weisungen, die auch bei Werkverträgen oder Dauerschuldverhältnissen ohne echten Arbeitsvertragscharakter vorkommen (wobei in vielen Fällen derartige Verträge ohne Weisungen nicht vorstellbar sind), und persönlichen Weisungen, die die persönliche Gestaltung der Dienstleistung zum Gegenstand haben.

Für die Prüfung der persönlichen Abhängigkeit ist nicht die Weisungsgebundenheit betreffend das Arbeitsverfahren und die Arbeitsergebnisse maßgebend, sondern in erster Linie jene betreffend das arbeitsbezogene Verhalten. Weisungen in Bezug auf das Arbeitsverfahren können nämlich in der Realität des Arbeitslebens nicht immer erwartet werden, weil sich schon bei einer geringen Qualifikation des Arbeitenden ein gewisser fachlich eigener Entscheidungsbereich findet, der sich mit steigender Qualifikation und Erfahrung ständig erweitert, weshalb das Fehlen von das Arbeitsverfahren betreffenden Weisungen in der Regel von geringer Aussagekraft ist, jedoch - bei verbleibenden Unklarheiten hinsichtlich der sonstigen vom Verwaltungsgerichtshof als maßgebend angesehenen Kriterien (nämlich der Weisungsgebundenheit hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und des arbeitsbezogenen Verhaltens) - hilfsweise (nach Maßgabe der Unterscheidungskraft im Einzelfall) auch heranzuziehen ist (vgl. nochmals das Erkenntnis VwSlg 17185 A/2007).

Ausgehend von den Feststellungen der belangten Behörde war der Erstmitbeteiligte in die Betriebsorganisation der beschwerdeführenden Partei nicht eingebunden. Eine Eingliederung der Dienstnehmer in die vom Dienstgeber bestimmte Ablauforganisation am Ort der Arbeitserbringung würde eine persönliche Abhängigkeit indizieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1992, Zl. 91/08/0077), weil sie in der Regel bedeuten würde, dass der Dienstnehmer nicht die Möglichkeit hat, den insoweit vorgegebenen Ablauf der Arbeit jederzeit selbst zu regeln und auch zu ändern, wie es für den freien Dienstvertrag typisch ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1995, Zl. 93/08/0092, mwN). Seine Beziehung zur beschwerdeführenden Partei beschränkte sich auf die Abhaltung von Lehrgängen, auf deren Inhalt von der beschwerdeführenden Partei kein Einfluss ausgeübt wurde. Wie der Erstmitbeteiligte sein Wissen an die Kursteilnehmer vermittelte, blieb seiner Entscheidung und Einschätzung überlassen.

Die belangte Behörde hat nicht festgestellt, dass der Erstmitbeteiligte Richtlinien unterworfen gewesen wäre, die seine Vortragstätigkeit und sein arbeitsbezogenes Verhalten in bestimmter Weise geregelt und dazugehörige Kontrollmaßnahmen vorgesehen hätten. Es war auch kein anderes auf die Kontrolle des arbeitsbezogenen Verhaltens des Erstmitbeteiligten ausgerichtetes Kontrollsystem vorgesehen, wie etwa die Beurteilung seiner Vortragstätigkeit durch die Kursteilnehmer und in weiterer Folge durch die beschwerdeführende Partei.

Es liegt in der Natur einer Vortragstätigkeit, dass sich der Vortragende und seine Zuhörer zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort einfinden müssen. Die Festsetzung von Zeit und Ort seiner Tätigkeit sind Ausdruck der organisatorischen Notwendigkeit, die Termine zwischen der beschwerdeführenden Partei, dem Erstmitbeteiligten und der Kursteilnehmer zu koordinieren, nicht aber einer Einschränkung der persönlichen Bestimmungsfreiheit des Erstmitbeteiligten im Hinblick auf sein arbeitsbezogenes Verhalten.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte schon mehrfach Gelegenheit, sich mit der Frage der Pflichtversicherung von Vortragenden zu beschäftigen. In den hg. Erkenntnissen vom 25. September 1990, Zl. 88/08/0227 (Vortragende an den medizinisch-technischen Schulen des Landes Tirol) vom 20. April 2005, Zl. 2001/08/0074 (Trainer für EDV-Schulungen), vom 25. April 2007, Zl. 2005/08/0162 (Leitung eines Tutorenseminars für die Österreichische Hochschülerschaft), vom 7. Mai 2008, Zl. 2005/08/0142 (Lektorentätigkeit eines Sprachlehrers), vom 4. Juni 2008, Zl. 2004/08/0012 (Vortragender an einer Fachhochschule), und vom 22. Dezember 2009, Zl. 2006/08/0317 (Fluglehrer in einer Paragleitschule) ist er jeweils zum Ergebnis gekommen, dass (tageweise) Beschäftigungsverhältnisse iSd § 4 Abs. 2 ASVG vorliegen. In all diesen Fällen waren die Vortragenden jedoch in den Betrieb der Dienstgeber organisatorisch eingebunden oder ihre Tätigkeit war durch Richtlinien determiniert oder es bestand zumindest eine die persönliche Bestimmungsfreiheit des Vortragenden einschränkende Kontrollmöglichkeit.

All dies ist beim Erstmitbeteiligten nicht gegeben. Eine Abwägung iSd § 4 Abs. 2 ASVG ergibt, dass bei seiner Tätigkeit die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit nicht überwiegen. Er verpflichtete sich gegenüber der beschwerdeführenden Partei im Rahmen deren Geschäftsbetriebs zur Abhaltung der Kurse gegen Entgelt. Er verfügte über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel und hatte - was die beschwerdeführende Partei nicht bestreitet - seine Dienstleistungen persönlich zu erbringen. Er ist daher iSd § 4 Abs. 4 ASVG Dienstnehmern lediglich gleich zu halten.

Die Frage der Pflichtversicherung nach § 4 ASVG ist Gegenstand eines einzigen Verfahrens (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2006, Zl. 2004/08/0101, mwN). Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weil sie für die angegebenen - nicht bestrittenen - Zeiträume eine (tageweise) Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 2 ASVG statt eine durchlaufende (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 2008, Zl. 2007/08/0340) Pflichtversicherung iSd § 4 Abs. 4 ASVG festgestellt hat.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Ein Ersatz für Eingabengebühren war wegen der sachlichen Abgabenfreiheit (vgl. § 110 ASVG) nicht zuzusprechen.

Wien, am 27. April 2011

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