BFA-VG §9 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §75 Abs20
BFA-VG §9 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W205.1417587.1.00
Spruch:
W205 1417587-1/33E
IM NAMEN DER REPUBLIK
I. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka über die Beschwerde von XXXX, StA. Nigeria, gegen Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 18.01.2011, AZ. 09 12.942-BAE, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm § 75 Abs. 20 1. Satz, 1. Fall AsylG 2005 idgF auf Dauer unzulässig ist.
B)
Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka über die Beschwerde von XXXX, StA. Nigeria, gegen die Spruchpunkte I. und II. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 18.01.2011, AZ. 09 12.942-BAE, beschlossen:
A) Das Verfahren wird insoweit gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 VwGVG
eingestellt.
B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht
zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Nigerias, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 19.10.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Antrag der Beschwerdeführerin bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II.) und die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
Gegen diesen Bescheid - und zwar gegen alle Spruchpunkte - richtete sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 01.02.2011, die das Bundesasylamt dem damals zuständigen Asylgerichtshof samt Verwaltungsakt vorlegte, welche Aktenvorlage am 07.02.2011 einlangte (OZ 1).
3. Im Zuge des Beschwerdeverfahrens wurde - soweit für die Entscheidung über Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides noch entscheidungswesentlich - mit Beschwerdeergänzung vom 01.10.2013 (OZ 21) ua eine die Beschwerdeführerin betreffende Kurskarte "Deutsch Integrationskurs A2", und eine Kursbesuchsbestätigung für Deutsch Niveau A1 vorgelegt, mit Schreiben vom 18.06.2014 langte ein Empfehlungsschreiben einer namentlich genannten Heimhelferin ein, die der Beschwerdeführerin große Hilfsbereitschaft und Offenherzigkeit sowie den in der Zwischenzeit erkennbaren Erwerb guter Deutschkenntnisse bescheinigte (OZ 27). Mit Schreiben vom 22.08.2014 legte die Beschwerdeführerin die Geburtsurkunde ihrer am
XXXX in Österreich geborenen Tochter vor, führte an, dass diese österreichische Staatsbürgerin sei und belegte dies mit dem die Tochter betreffenden Staatsbürgerschaftsnachweis. Weiters ist ausgeführt, dass die gemeinsame Obsorge der Tochter gemäß § 177 Abs. 2 ABGB die Beschwerdeführerin sowie der Vater des Kindes, der ebenfalls österreichischer Staatsbürger ist, inne hätten, eine entsprechende vor dem Standesamt XXXX abgegebene Erklärung der Eltern vom 05.08.2014 ist dem Schriftsatz ebenfalls beigelegt (OZ 28).
4. Mit Eingabe vom 11.03.2015 (OZ 32) zog die - rechtsanwaltlich vertretene - Beschwerdeführerin die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. zurück, die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wurde aufrechterhalten und beantragt, fest zu stellen, dass die Ausweisung auf Dauer unzulässig sei.
5. Nach einer aktuellen Auskunft aus dem Strafregister ist der Beschwerdeführerin strafgerichtlich unbescholten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu I. der gegenständlichen Entscheidung (Rückkehrentscheidung;
Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist nigerianische Staatsbürgerin, reiste illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am 19.10.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am XXXX brachte die Beschwerdeführerin in Österreich ihre Tochter zur Welt. Die Tochter der Beschwerdeführerin besitzt - wie auch der Vater des Kindes - die österreichische Staatsbürgerschaft. Die Eltern haben vor dem Standesamt erklärt, gemeinsam die Obsorge für ihre Tochter zu übernehmen. Die Beschwerdeführerin lebt mit ihrem Kind im gemeinsamen Haushalt.
Die Beschwerdeführerin spricht Deutsch zumindest auf dem Niveau A1 und hat große Anstrengungen unternommen, sich mit Erfolg in die österreichische Gesellschaft zu integrieren.
Die Beschwerdeführerin ist unbescholten, das sie betreffende Asylverfahren ist nach wie vor anhängig, es handelt sich bei diesem Asylantrag um ihren einzigen Asylantrag; Folgeanträge wurden nicht gestellt und die Beschwerdeführerin kam ihrer Mitwirkungspflicht im Asylverfahren stets nach. Familiäre Bindungen der Beschwerdeführerin zum Heimatstaat liegen nicht vor.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie in die im Laufe des Verfahrens vorgelegten Beweismittel (siehe die oben unter Punkt I. angeführten Aktenteile).
Die Feststellungen zur Identität, den persönlichen Verhältnissen und Familienbezug der Beschwerdeführerin stützen sich auf diese - vom Bundesverwaltungsgericht für unbedenklich erachteten - Beweismittel iZm dem Vorbringen der Beschwerdeführerin.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil I. A):
3.1. Gemäß § 75 Abs. 19 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 144/2013 sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.
§ 75 Abs. 20 AsylG 2005 lautet:
"Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Abs. 18 und 19 in Bezug auf An-träge auf internationalen Schutz
1. den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes,
2. jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,
3. den zurückweisenden Bescheid gemäß § 4 des Bundesasylamtes,
4. jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 4 folgenden zurückweisen-den Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,
5. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt, oder
6. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 aberkannt wird,
so hat das Bundesverwaltungsgericht in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Ver-fahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen."
Da das gegenständliche Beschwerdeverfahren mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängig war, ist nunmehr das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht im Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung demnach dem jeweils nach der geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in den dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 11 VwGVG sind, soweit in diesem und im vorangehenden Abschnitt nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren nach diesem Abschnitt jene Verfahrensvorschriften anzuwenden, die die Behörde in einem Verfahren anzuwenden hat, das der Beschwerde beim Verwaltungsgericht vorangeht.
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbar verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
§ 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG lauten: "Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist."
Die Beschwerdeführerin zog ihre Beschwerde mit Schriftsatz vom 11.03.2015 hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides zurück, somit erwuchs die Entscheidung hinsichtlich des Antrages auf internationalen Schutz (Absprache über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria) in Rechtskraft. Inhaltlich ist demnach lediglich über die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme - vormals Ausweisungsentscheidung - zu entscheiden, wobei hierbei grundsätzlich § 10 AsylG 2005, § 9 BFA-VG sowie die entsprechenden Bestimmungen des FPG anzuwenden sind.
Da es sich um ein Beschwerdeverfahren nach § 75 Abs. 19 AsylG 2005 handelt - das gegenständliche Beschwerdeverfahren war wie oben bereits ausgeführt am 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängig - ist dieses nach der Maßgabe des § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zu Ende zu führen.
3.2. Gemäß § 75 Abs. 20 1. Satz, 2. Fall und 2. Satz AsylG 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht in jedem Übergangsverfahren nach Abs. 19 leg. cit. in dem es den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes bestätigt (Z1), zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesasylamt zurückverwiesen wird. Dadurch, dass durch die Zurückziehung der Beschwerde zu den Spruchteilen I. und II. die negative Entscheidung des Bundesasylamtes zu Asyl und subsidiärem Schutz in Rechtskraft erwachsen ist, liegt im Ergebnis eine mit § 75 Abs. 20 Z 1 AsylG 2005 vergleichbare Situation vor.
Da demnach ein "Übergangsfall" gemäß § 75 Abs. 19 vorliegt, bei dem meritorisch lediglich über die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu entscheiden ist, ist nunmehr eine Entscheidung darüber zu treffen, ob die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, oder ob das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird (§ 75 Abs. 20 1. Satz, 2. Fall und 2. Satz Asylgesetz 2005).
3.3. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
[...]
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
[...]
und in den Fällen der Z. 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z. 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."
Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
3.4. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt.
Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).
Allerdings ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0126, mit weiterem Nachweis).
3.5. Die Beschwerdeführerin reiste illegal in das Bundesgebiet ein, sie hält sich aber seit ihrer Antragstellung am 19.10.2009 aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet auf. Zwar musste ihr klar sein, dass ihr weiterer Aufenthalt in Österreich möglicherweise lediglich ein vorübergehender und über den Ausgang des Asylverfahrens bestimmter sein würde. Doch dauert das gegenständliche Verfahren nun bereits mehr als fünf Jahre. Während dieses Verfahrens hat die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt ihre Mitwirkungspflichten verletzt oder das Verfahren mutwillig verzögert. Vielmehr kam sie behördlichen Aufforderungen fristgerecht nach. Demnach ist die Dauer ihres bisherigen Aufenthaltes in den Behörden/Gerichten zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet.
Weiters besteht ein Familienleben zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer am XXXX in Österreich geborenen Tochter, die - wie ihr Vater- die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Auch deshalb würde durch die in Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides verfügte Ausweisung der Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria jedenfalls in ihr durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Privat- und Familienleben eingegriffen werden, weshalb im hier vorliegenden Fall eine Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK durchzuführen ist.
Im Beschwerdefall ist die leibliche Tochter der Beschwerdeführerin österreichische Staatsbürgerin, eine Rückkehrentscheidung hinsichtlich der Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria würde nun dazu führen, dass die Beschwerdeführerin Österreich ohne ihr Kind, das aktuell noch nicht einmal ein Jahr alt ist, verlassen müsste. Eine Fortführung des gemeinsamen Familienlebens im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin Nigeria, ist unter Berücksichtigung der oben dargestellten Familiensituation nicht zumutbar. Hinweise auf die Möglichkeit, das Familienleben in einem anderen Staat fortsetzen zu können, sind ebenfalls nicht hervorgekommen. Schon unter besonderer Berücksichtigung dieser familiären Konstellation wäre daher nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts eine Rückkehrentscheidung hinsichtlich der Beschwerdeführerin unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und würde zudem dem Kindeswohl der Tochter der Beschwerdeführerin abträglich sein.
Zudem verfügt die Beschwerdeführerin aufgrund des mehrjährigen Aufenthaltes über eine soziale Verfestigung in Österreich und hat einen großen Bekannten- und Freundeskreis, wohin gegen ihr Bezug zum Herkunftsstaat Nigeria aufgrund ihrer langjährigen Abwesenheit nicht mehr gegeben ist.
Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, sind im gegenständlichen Fall - abgesehen von der illegalen Einreise der Beschwerdeführerin in das österreichische Bundesgebiet - nicht ersichtlich. Wie oben bereits angeführt, kann die mehrjährige Verfahrensdauer auch nicht auf das Verhalten der Beschwerdeführerin (beispielsweise in Form unterlassener Mitwirkungspflichten oä.) zurückgeführt werden. Außerdem ist die Beschwerdeführerin strafgerichtlich unbescholten.
Zwar kommt dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa VfGH 1. 7. 2009, U992/08 bzw. VwGH 17. 12. 2007, 2006/01/0216; 26. 6. 2007, 2007/01/0479; 16. 1. 2007, 2006/18/0453; 8. 11. 2006, 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; 22. 6. 2006, 2006/21/0109; 20. 9. 2006, 2005/01/0699), im gegenständlichen Fall überwiegen aber aufgrund der dargestellten Umstände dennoch die familiären und privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung, für die sich in der vorliegenden Konstellation keine begründete Rechtfertigung erkennen lässt (vgl. VwGH 22. 2. 2005, 2003/21/0096; vgl. ferner VwGH 26. 3. 2007, 2006/01/0595, sowie VfSlg 17.457/2005).
Zusammengefasst war der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides somit stattzugeben und eine die Beschwerdeführerin betreffende Rückkehrentscheidung aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 75 Abs. 20 1. Satz, 1. Fall Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, für auf Dauer unzulässig zu erklären.
3.6. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Beschwerdefall erweist sich der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt, weshalb von der Durchführung einer Verhandlung Abstand genommen wurde.
Zu I. B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Zu II. der gegenständlichen Entscheidung (Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung):
Zu II. A) Verfahrenseinstellung
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss.
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).
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