Normen
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei im Dezember 2001 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe am 5. März 2002 (nach der Aktenlage schon im Februar 2002) einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates am 28. Oktober 2002 rechtskräftig abgewiesen worden sei. (Die gegen den Asylbescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 12. Dezember 2002 abgelehnt.) Der Beschwerdeführer verfüge seither über keine Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG oder dem FrG. Unter Bezugnahme auf § 37 Abs. 1 FrG wies die belangte Behörde darauf hin, dass der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und damit auch der rechtmäßige Aufenthalt während des Asylverfahrens nicht lange angedauert hätten. Seit Abschluss des Asylverfahrens weigere sich der Beschwerdeführer, Österreich zu verlassen und seinen unrechtmäßigen Aufenthalt zu beenden. Mit der Ausweisung sei zwar ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden, weil dieser in Österreich eine türkische Staatsangehörige kennen gelernt habe, mit der und deren beiden Kindern der Beschwerdeführer eine Lebensgemeinschaft eingegangen sei. Zudem stehe im Juni 2003 die Geburt des ersten gemeinsamen Kindes bevor. Da der Beschwerdeführer seinen unrechtmäßigen Aufenthalt gemäß § 14 Abs. 2 FrG nicht vom Inland aus legalisieren könne, der illegale Aufenthalt aber der öffentlichen Ordnung widerspreche, sei die Ausweisung des Beschwerdeführers zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten. Dem Beschwerdeführer bleibe es unbenommen, nach Verlassen des Bundesgebietes unter Einhaltung der fremdenrechtlichen Vorschriften neuerlich nach Österreich einzureisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde erwogen hat:
In der Beschwerde bleiben die Feststellungen der belangten Behörde unbestritten, sodass keine Bedenken gegen die im angefochtenen Bescheid vertretene Ansicht bestehen, der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG sei erfüllt.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Beurteilung nach § 37 Abs. 1 FrG und bringt vor, dass seine Lebensgefährtin, die er in Österreich kennen gelernt habe, ihren Ehemann durch einen Unfall verloren habe und dass der Beschwerdeführer daher für die beiden Kinder seiner Lebensgefährtin wie ein leiblicher Vater sei. Außerdem sei am 10. Juni 2003 das gemeinsame Kind des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin in Österreich zur Welt gekommen.
Die Ausweisung eines Fremden, durch die in dessen Privat- oder Familienleben eingegriffen wird, ist gemäß § 37 Abs. 1 FrG nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
In der Berufung hat der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf Art. 8 EMRK vorgebracht, dass sich seine Lebensgefährtin, die von ihm ein Kind erwarte, seit dem Jahr 1993 in Österreich befinde und hier über eine Niederlassungsbewilligung verfüge. Die beiden Kinder der Lebensgefährtin aus früherer Ehe besuchten in Österreich die zweite bzw. dritte Volksschulklasse. Durch die Ausweisung des Beschwerdeführers würde daher eine intakte Familie auseinander brechen.
Dieses Vorbringen hätte weitere behördliche Feststellungen zur Integration der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers und deren Familie, zu der der Beschwerdeführer nicht zuletzt durch das gemeinsame Kind eine starke Bindung aufweist, erfordert. Trifft nämlich zu, worauf das genannte Berufungsvorbringen hindeutet, dass die beiden Kinder der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers bereits in Österreich geboren wurden und hier sehr stark verankert sind und verfügten sie und ihre Mutter auch nicht mehr über wesentliche Bindungen zum Heimatstaat, so läge gegenständlich ein Fall vor, in dem (vergleichbar mit dem dem Urteil des EGMR vom 21. Dezember 2001 zugrunde liegenden Fall "Sen gegen die Niederlande", zusammengefasst wiedergegeben im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Oktober 2003, G 119/03) ausnahmsweise ein gemeinsames Familienleben im Heimatstaat nicht zumutbar wäre.
Dieser Verfahrensmangel wäre nur dann nicht von Bedeutung, wenn es vertretbar wäre, den Beschwerdeführer durch die Ausweisung von der neu gegründeten Familie, insbesondere vom eigenen Kind, zu trennen. Dem steht allerdings entgegen, dass dem Beschwerdeführer abgesehen vom unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet kein weiteres Fehlverhalten zur Last liegt, welches die Ausweisung auch bei einer dadurch bewirkten Familientrennung als dringend geboten erscheinen ließe.
Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid somit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 22. Februar 2005
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)