BVwG W183 2000787-1

BVwGW183 2000787-130.12.2014

AVG 1950 §59
B-VG Art.133 Abs4
DMSG §1 Abs1
DMSG §1 Abs2
DMSG §1 Abs8
DMSG §3
VwGVG §28 Abs3 Satz2
AVG 1950 §59
B-VG Art.133 Abs4
DMSG §1 Abs1
DMSG §1 Abs2
DMSG §1 Abs8
DMSG §3
VwGVG §28 Abs3 Satz2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W183.2000787.1.00

 

Spruch:

W183 2000787-1/2E

W183 2000787-2/2E

BESCHLUSS

I.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Dr. Erika PIELER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Helmut STEINER, Dr. Thomas WEBER, Mag. Gerald HEGENBART und Mag. Claus STEINER, gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 12.06.2008, Zl. 5.477/3/2008, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesdenkmalamt zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Dr. Erika PIELER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Helmut STEINER, Dr. Thomas WEBER, Mag. Gerald HEGENBART und Mag. Claus STEINER, gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 17.01.2011, Zl. 5.477/1/2010, beschlossen:

A)

Das Verfahren wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 03.03.2008 teilte das Bundesdenkmalamt den Verfahrensparteien mit, dass beabsichtigt sei, den XXXX in folgendem Umfang: die Außenerscheinung des 19-achsigen Nordtraktes (XXXX) einschließlich des Verbindungstraktes zur Cäcilienkapelle, der beiden Westtrakte entlang der XXXX, des frei stehenden Traktes im Süden sowie der Cäcilienkapelle außen und innen in XXXX, XXXX, Gst.Nr. XXXX, Grundbuch XXXX, gemäß §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz, BGBl. Nr. 533/1923 (DMSG), unter Denkmalschutz zu stellen. Unter einem wurde ein Amtssachverständigengutachten von Mag. XXXX zum Parteiengehör gebracht, aus dem sich zusammengefasst ergibt, dass die hofseitigen Zubauten im Westen und Osten sowie der Ostflügel kein Denkmalbestand seien.

Der Hof sei 1278 an das Stift Kleinmariazell gelangt und 1802 in eine Badeanstalt umgestaltet worden. Der Kernbau sei 1825 weitgehend neu errichtet worden. Die Kapelle stamme aus dem 18. Jh. Eine geschichtliche, künstlerische und kulturelle Bedeutung sei gegeben, weil der Baukomplex ein historisches Zeugnis des kulturellen Lebens der Stadt sei und die Baukultur des Biedermeier und des späten Historismus im Bereich von Sozialeinrichtungen dokumentiere. Der kleine Sakralbau greife auf mittelalterliche Traditionen zurück. Stilistisch sei er dem 18. Jh. zuzurechnen. Es finde sich eine architekturgeschichtliche Dokumentation im Umfang von drei Stilperioden. Als einer für die lokale Herrschafts- und Sozialgeschichte aussagekräftigen Kuranstalt komme dem Hof auch bundesweit betrachtet ein wichtiger Stellenwert in Bezug auf Qualität, ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht zu.

2. Mit Schriftsatz vom 17.03.2008 gab die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin das Bevollmächtigungsverhältnis bekannt und ersuchte um Erstreckung der Frist zur Abgabe einer Stellungnahme.

Mit Schriftsatz vom 23.04.2008 nahm die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertretung Stellung und brachte vor, dass auf das Gebäude bei Umbauten Rücksicht genommen worden sei und außerdem keine solche Bedeutung vorliege, welche eine Unterschutzstellung rechtfertigen würde. In nächster Zeit seien Renovierungen geplant und bei einem Denkmalschutz würde das zu wirtschaftlichen Problemen führen.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid (der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin am 19.06.2008 zugestellt) stellte das Bundesdenkmalamt das Objekt im Sinne einer Teilunterschutzstellung unter Denkmalschutz. Begründend wurden das Amtssachverständigengutachten sowie der weitere Verfahrensgang wiedergegeben. Anschließend legte das Bundesdenkmalamt seine Erwägungsgründe dar. Das öffentliche Interesse an der Erhaltung wird mit denselben Argumenten wie die Denkmaleigenschaft begründet.

4. Mit Schriftsatz vom 01.07.2008 (eingebracht am 02.07.2008) brachte die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Berufung ein und führte im Wesentlichen aus, dass keine Bedeutung vorliege und eine Unterschutzstellung wirtschaftliche Nachteile bringe. Auch gebe es in der Stadt viele vergleichbare Gebäude. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 DMSG liegen nicht vor. Ein unabhängiges Sachverständigengutachten wäre erforderlich. Für die nächsten Jahre seien Modernisierungsmaßnahmen geplant. Es werde daher beantragt, der Berufung Folge zu geben, in eventu die Angelegenheit an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.

5. Mit Schriftsatz vom 17.07.2008 legte das Bundesdenkmalmt die Berufung (nun Beschwerde) samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen der damals für Berufungsverfahren zuständigen Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vor.

6. Mit Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 17.01.2011, Zl. 5.477/1/2010 (der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin am 19.01.2011 zugestellt), wurde der Berufung gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 12.06.2008, Zl. 5.477/3/2008, gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung mit der Begründung aberkannt, es sei bekannt geworden, dass Renovierungsarbeiten und der Austausch der Fenster geplant seien. Da somit die Gefahr einer negativen Veränderung bestehe, müsse die Befassung des Bundesdenkmalamtes garantiert werden, um diese Gefahr vom Denkmal abzuwenden.

7. Mit Schriftsatz vom 01.02.2011 (eingebracht am 02.02.2011) brachte die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertretung dagegen binnen offener Frist das Rechtsmittel der Berufung ein und führte im Wesentlichen aus, dass seit Erlassung des Unterschutzstellungsbescheides bereits mehr als zwei Jahre vergangen seien und somit kein öffentliches Interesse bestehe. Beweisergebnisse seien nicht enthalten.

8. Mit Schriftsatz vom 04.02.2011 legte das Bundesdenkmalmt die Berufung (nun Beschwerde) samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen der damals für Berufungsverfahren zuständigen Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vor.

9. Mit Schriftsatz vom 05.10.2012 teilte die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin mit, dass mit dem Bundesdenkmalamt ein teilweiser Konsens gefunden worden sei, und folglich um Zurückverweisung der Angelegenheit an das Bundesdenkmalamt ersucht werde.

10. Aus dem am 30.12.2014 durchgeführten Grundbuchsauszug ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin weiterhin grundbücherliche Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.1. Aus Art. 131 Abs. 2 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl I Nr. 51/2012, iVm Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG ergibt sich, dass Berufungsverfahren betreffend die Stellung unter Denkmalschutz (§§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz, BGBl. Nr. 533/1923, DMSG), welche bis zum 31.12.2013 bei der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur anhängig waren, mit 01.01.2014 auf das Bundesverwaltungsgericht übergehen. Die gegenständlichen Verfahren sind somit vom Bundesverwaltungsgericht als Beschwerdeverfahren weiterzuführen und zu erledigen.

1.2. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

1.4. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

2. Zu I. A)

2.1.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG durch die Verwaltungsgerichte hat der Verwaltungsgerichtshof ausgehend von einem prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch das Verwaltungsgericht präzisierend wie folgt festgehalten (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063):

"Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f)."

2.2.1. Gemäß § 1 Abs. 1 DMSG sind Denkmale von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung. Diese Bedeutung ergibt sich aus der in der Fachwelt vorherrschenden Wertschätzung und ist die ausschließliche Grundlage des öffentlichen Interesses an einer Erhaltung (VwGH 30.10.1991, 91/09/0047). Für die Begründung der Denkmaleigenschaft genügt es, wenn die Bedeutung in einem der drei genannten Bereiche (geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung) besteht (VwGH 03.06.2004, 2001/09/0010).

Die Bedeutung ist eine Tatsache, die durch Sachverständigenbeweis zu ermitteln ist (Bazil/Binder-Krieglstein/Kraft, Denkmalschutzrecht § 1 Anm. 29). Der Sachverständige hat die Tatsachen zu erheben (Befund) und aus diesen Tatsachen aufgrund besonderer Fachkunde tatsächliche Schlussfolgerungen zu ziehen (Gutachten). Ein Gutachten besteht somit aus zwei Teilen: dem Befund und dem eigentlichen Gutachten (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht 2009, 199). Um die Überprüfung der Schlüssigkeit zu ermöglichen, muss der Sachverständige darlegen, auf welchem Wege er zu den Schlussfolgerungen gekommen ist (VwGH 04.11.1992, 92/09/0187). Grundsätzlich erfolgen Unterschutzstellungen gemäß § 3 DMSG von Amts wegen (Bazil/Binder-Krieglstein/Kraft, Denkmalschutzrecht, § 3 Anm. 1). Es ist daher Aufgabe des Bundesdenkmalamtes, die Denkmaleigenschaft zu ermitteln und durch Gutachten zu belegen, um in der Folge ein öffentliches Erhaltungsinteresse festzustellen.

Zur Begründung einer Denkmaleigenschaft hielt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 09.11.2009, 2008/09/0322, fest: "Für die Lösung der Frage, ob einem Objekt eine geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung zukommt, ist die in der Fachwelt vorherrschende Meinung ausschlaggebend. Dabei ist insbesondere auf den Wissens- und Erkenntnisstand sachverständiger Kreise Bedacht zu nehmen. Grundlage der Feststellung kann nur ein Fachgutachten sein, aus dem sich jene geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung ableiten lässt, aus der der rechtliche Schluss gezogen werden kann, dass die Erhaltung des Denkmals im öffentlichen Interesse gelegen ist." Vgl. auch VwGH 20.02.2014, 2013/09/0154 mwN.

In ähnlicher Weise erkannte der Verwaltungsgerichtshof, dass Grundlage einer Unterschutzstellung ein Fachgutachten ist, aus dem sich die geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung ergibt sowie jener Dokumentationscharakter iSd § 1 Abs. 2 DMSG näher dargelegt wird, aus dem der rechtliche Schluss gezogen werden kann, dass die Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist (VwGH 22.03.2012, 2009/09/0248). Inhalt eines Denkmalschutzgutachtens sollen Ausführungen zur geschichtliche Entwicklung, eine Beschreibung des Objektes samt Veränderungen sowie Ausführungen zur Bedeutung sein (vgl. VwGH 16.09.2009, 2009/09/0044).

2.2.2. Welche Kriterien für die Entscheidung der Rechtsfrage, somit der Frage, ob die Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist, maßgeblich sind, ergibt sich aus § 1 Abs. 2 DMSG. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Erhaltung dann im öffentlichen Interesse liegt, wenn es sich bei dem Denkmal aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich ist auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann.

Die relevanten Kriterien sind somit Qualität, Vielzahl, Vielfalt und Verteilung sowie geschichtliche Dokumentation.

Eine Konkretisierung dieser Kriterien ergibt sich aus den Materialien zum DMSG bzw. erfolgt sie durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Demnach besteht ein öffentliches Interesse jedenfalls, wenn ein Denkmal einmalig oder selten ist, über ähnliche Denkmale deutlich hinaus ragt oder ein besonders gutes oder gut erhaltenes Beispiel einer bestimmten Art von Denkmalen ist; Als "selten" beachtlich ist aber auch, ob ein bestimmtes Denkmal etwa für ein Bundesland eine Seltenheit darstellt, auch wenn es in anderen Bundesländern weit verbreitet ist (Regierungsvorlage 1769 BlgNR XX GP, S 37). Nicht jedes Objekt von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung ist als Denkmal unter Schutz zu stellen. Voraussetzung für eine Feststellung gem. § 1 Abs. 2 DMSG ist vielmehr ein Mindestmaß an Seltenheit sowie ein Dokumentationscharakter (VwGH 12.11.2013, 2012/09/0077 mwN). Wesentlich ist auch, ob ein Denkmal als Repräsentant einer bestimmten Epoche anzusehen ist (VwGH 15.09.2004, 2001/09/0126) und ob ähnliche Denkmale regional häufig sind, von Anfang an selten waren oder wegen Zerstörung selten geworden sind (VwGH 03.06.2004, 2002/09/0134). Die Erhaltung kann auch im öffentlichen Interesse liegen, wenn das Denkmal in einem Übergangsstil errichtet wurde (VwGH 29.03.1982, 81/12/0194) oder verschiedene Stile miteinander verbindet (VwGH 09.01.1980, 2369/79).

2.2.3. § 1 DMSG enthält einige Tatbestände, welche eine Unterschutzstellung einschränken bzw. ausschließen. Es sind dies die Teilunterschutzstellung gem. § 1 Abs. 8 DMSG sowie ein "schlechter" Erhaltungszustand iSd § 1 Abs. 10 DMSG. Im Zuge eines Unterschutzstellungsverfahrens sind daher diese Aspekte zu berücksichtigen und gegebenenfalls entsprechende, durch Gutachten belegte Feststellungen zu treffen.

2.2.4. Vor diesem Hintergrund ist daher festzuhalten, dass die notwendigen Sachverhaltsermittlungen in einem Unterschutzstellungsverfahren die Denkmaleigenschaft wie auch die in § 1 Abs. 2 DMSG genannten Kriterien zu umfassen haben. Betreffend die Denkmaleigenschaft ist diese inhaltlich in Bezug auf eine geschichtliche, künstlerische und/oder kulturelle Bedeutung zu ermitteln. Des Weiteren sind sowohl zum Inneren wie auch zum Äußeren des Objektes sowie gegebenenfalls zum Erhaltungszustand Ermittlungen anzustellen. Ohne Feststellungen zu diesen Sachverhaltselementen ist eine Entscheidung über das öffentliche Erhaltungsinteresse nicht möglich.

2.3. Im gegenständlichen Fall hat es das Bundesdenkmalamt unterlassen, hinreichende und nachvollziehbare Feststellungen zum Sachverhalt zu treffen und ist festzuhalten, dass bloß ansatzweise ermittelt wurde:

2.3.1. Eine Ermittlungslücke betrifft die Begründung der Denkmaleigenschaft in grundsätzlicher Weise. Wie oben ausführlich dargestellt, besteht ein Gutachten nicht nur aus dem Befund, sondern insbesondere aus dem Gutachten im engeren Sinn. Ein solches hat schlüssig darzulegen, ob und warum dem Gebäude eine geschichtliche, künstlerische oder kulturelle Bedeutung zukommt. Die Bedeutung kann in einem, zwei oder auch allen drei Bereichen gegeben sein. Aus der Formulierung "oder" in § 1 Abs. 1 DMSG ist der Schluss zu ziehen, dass eine allgemeine Feststellung der geschichtlichen, künstlerischen und kulturellen Bedeutung nicht Grundlage für die Denkmaleigenschaft ist, sondern sehr wohl konkretisiert werden muss, welche Form der Bedeutung im konkreten Fall gegeben ist. Eine derartige schlüssige Begründung liegt im gegenständlichen Fall nicht vor und ist nicht nachvollziehbar, warum welche Art von Bedeutung vorliegt. Gegenständlich wird im Amtssachverständigengutachten bloß allgemein eine geschichtliche, künstlerische und kulturelle Bedeutung behauptet. Worin aber die jeweiligen Bedeutungen begründet sein sollen, bleibt gänzlich offen. Nicht nachvollziehbar ist überdies, warum das Gebäude ein historisches Zeugnis des kulturellen Lebens der Stadt ist und woran die Dokumentationsfunktion ablesbar ist. Es ist daher erforderlich, dass im fortgesetzten Verfahren ein neues Gutachten eingeholt wird, welches genau und auf Grundlage des Befundes nachvollziehbar ausführen muss, warum in welchem Bereich eine Bedeutung gegeben ist.

Ergänzend wird angemerkt, dass im Amtssachverständigengutachten ein wichtiger Stellenwert im Hinblick auf Qualität, Vielzahl, Vielfalt und Verteilung festgestellt wird. Dies ist jedoch eine rechtliche Beurteilung, welche der Behörde und nicht dem (Amts)sachverständigen obliegt (zur Abgrenzung der Rechtsfrage von der Sachfrage im Denkmalschutz vgl. VfGH 27.02.1981, B 504/79; VwGH 23.05.1979, 125/79).

2.3.2. Das Bundesdenkmalamt hat es überdies unterlassen, Ermittlungen hinsichtlich der in § 1 Abs. 2 DMSG genannten Kriterien anzustellen. Es wird im gegenständlichen Amtssachverständigengutachten bloß allgemein festgehalten, dass dem Gebäude "bundesweit betrachtet ein herausragender Stellenwert hinsichtlich Qualität, ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung des österreichischen Kulturbestandes" zukommt. Eine tatsächliche, sachverständige Auseinandersetzung mit vergleichbaren Gebäuden ist jedoch nicht erfolgt und wurde dies auch seitens der Beschwerdeführerin gerügt. Auch wurde ein weiterer regionaler Vergleich nicht angestellt und fehlt die - gesetzlich erforderliche - Relation zu vergleichbaren Objekten regional bzw. österreichweit. Aufgrund der vorliegenden Akten ist es nicht möglich festzustellen, welchen Stellenwert das gegenständliche Gebäude regional/bundesweit einnimmt. Erst nach Vorliegen entsprechender umfassender Daten ist es der Behörde und den nachprüfenden Gerichten möglich zu entscheiden, ob vor dem Hintergrund der Kriterien Vielzahl, Vielfalt und Verteilung eine Unterschutzstellung des gegenständlichen Objektes als Einzeldenkmal gerechtfertigt ist.

2.3.3. Im gegenständlichen Verfahren wurde eine Teilunterschutzstellung gem. § 1 Abs. 8 DMSG vorgenommen. Um eine solche nachvollziehbar zu machen wäre es aber erforderlich gewesen, Ermittlungen zum Gebäudekomplex insgesamt anzustellen und in schlüssiger Weise darzulegen, warum bestimmten, abgrenzbaren Teilen eine Bedeutung als Denkmal zukommt und anderen nicht. Die Behauptung des Amtssachverständigen, bestimmte Zubauten "sind kein Denkmalbestand", genügt den Anforderungen an ein schlüssiges Sachverständigengutachten nicht.

In diesem Zusammenhang wird auch auf das sich aus § 59 AVG ergebende Determinierungsgebot (siehe dazu Hengstschläger/Leeb, AVG, § 59 Rz 86ff) verwiesen, wonach ein Spruch deutlich gefasst sein muss. Zwar ist es nicht erforderlich, dass nur verba legalia verwendet werden und ist auch auf materienspezifische Besonderheiten Rücksicht zu nehmen, doch ist es aus Rechtsschutzgedanken unerlässlich, dass ein Bescheid vollzogen werden kann und die sich aus dem Bescheid ergebenden Pflichten insbesondere für die Bescheidadressaten und ihre Nachfolger sowie andere Behörden zweifelsfrei ergeben. Die Behörde hat daher in einem neuerlichen Unterschutzstellungsverfahren planlich zweifelsfrei festzulegen, welche Gebäudeteile Denkmalbestand sind. Andernfalls bestünde nach längerer Zeit und allfälliger Umbauarbeiten die Gefahr, dass der Unterschutzstellungsumfang nicht mehr zweifelsfrei nachvollzogen werden kann.

2.4. In einem fortgesetzten Verfahren wird das Bundesdenkmalamt daher neuerliche Sachverhaltsermittlungen durchführen und insbesondere ein (Amts-)sachverständigen-gutachten einholen müssen, welches nachvollziehbar begründet, warum welchen Teilen des Gebäudes eine geschichtliche, künstlerische und / oder sonstige kulturelle Bedeutung zukommt. Von den Sachverhaltsermittlungen müssen schließlich auch jene Kriterien umfasst sein, welche in der Folge eine rechtliche Beurteilung gem. § 1 Abs. 2 DMSG ermöglichen. Die Durchführung eines Augenscheins unter Beiziehung eines Sachverständigen und die anschließende Gewährung von Parteiengehör gemäß § 45 Abs. 3 AVG sind unerlässlich.

Die genannten Ermittlungen sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts für eine abschließende Beurteilung der Frage, ob die Erhaltung des gegenständlichen Gebäudes gemäß § 1 Abs. 2 und § 3 DMSG im öffentlichen Interesse gelegen ist, notwendig, weil ohne deren Vorliegen nicht beurteilt werden kann, ob und aus welchen Gründen es sich bei dem gegenständlichen Gebäude um ein Denkmal handelt und welchen Stellenwert es innerhalb des österreichischen Kulturgutbestandes einnimmt. Da zu den offenen Fragestellungen aufwendige und umfassende Sachverhaltsermittlungen samt Einholung eines Sachverständigengutachtens und Durchführung eines Augenscheins erforderlich sind, der Sachverhalt in mehrfacher Hinsicht nicht ermittelt wurde und es sich dabei um besonders gravierende Ermittlungslücken handelt, welche nicht durch bloße Einschau in Akten oder sonstige Dokumente vom Bundesverwaltungsgericht zu schließen wären (vgl. VwGH 21.08.2014, Ro 2014/11/0060), macht das Bundesverwaltungsgericht vor dem Hintergrund verwaltungsökonomischer Überlegungen und den Effizienzkriterien des § 39 Abs. 2 AVG von dem ihm in § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eingeräumten Ermessen Gebrauch (vgl in diesem Sinne VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

Der angefochtene Bescheid ist daher gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit an das Bundesdenkmalamt zurückzuverweisen.

3. Zu II. A)

3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen Entscheidungen und Anordnungen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, durch Beschluss.

3.2. Gemäß § 64 Abs. 2 AVG idF zum 15.01.2009 kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass Anträge, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, mit der Entscheidung in der Hauptsache gegenstandslos werden (vgl. VwGH 16.05.1995, 95/08/0118; 20.12.1995, 95/03/0288). Bescheide nach § 64 Abs. 2 AVG haben einen akzessorischen Charakter zu der Hauptsache (vgl. VwGH 24.02.2012, 2011/02/0142).

3.3. Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht unter Spruchpunkt I. A festgestellt, dass der Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 12.06.2008, Zl. 5.477/3/2008, behoben und die Angelegenheit an das Bundesdenkmalamt zurückverwiesen wird. Der auf diesem Bescheid aufbauende Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 17.01.2011, Zl. 5.477/1/2010, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist somit gegenstandslos geworden und ist für die Beschwerdeführerin die Beschwer weggefallen. Das diesbezügliche Beschwerdeverfahren ist somit gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG einzustellen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 28 VwGVG, Anm. 5).

4. Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

4.1. Zu I. B) Unzulässigkeit der Revision:

4.1.1. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

4.1.2. Unter Punkt 2. wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass im Verfahren vor dem Bundesdenkmalamt notwendige Ermittlungen unterlassen wurden. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, weil mit der Entscheidung VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, bereits Judikatur vorliegt, und vor diesem Hintergrund auch das gegenständliche Verfahren zu entscheiden war.

4.2. Zu II. B) Unzulässigkeit der Revision:

4.2.1. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

4.2.2. Unter Punkt 3. wurde unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass die gegenständliche Beschwerde gegenstandlos geworden ist (vgl. VwGH 16.05.1995, 95/08/0118; 20.12.1995, 95/03/0288; 24.02.2012, 2011/02/0142).

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

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