VfGH V434/2020

VfGHV434/20201.10.2020

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einer COVID-19-Lockerungsverordnung zur Gänze mangels Darlegung und Zuordnung der Bedenken zu den unterschiedlichen Tatbeständen; keine unmittelbare Betroffenheit des Antragstellers durch die gesamte Verordnung

Normen

B-VG Art139 Abs1 Z3
COVID-19-LockerungsV BGBl II 197/2020 idF BGBl II 207/2020
VfGG §7 Abs1, §57 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2020:V434.2020

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Mit auf Art139 B‑VG gestütztem Antrag begehrt der Antragsteller, die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lockerungen der Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 ergriffen wurden, BGBl II 197/2020 idF BGBl II 207/2020, zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben.

Zur Antragslegitimation führt der Antragsteller aus, er sei Gastwirt und als Adressat der bekämpften Verordnung durch sämtliche Bestimmungen, insbesondere durch deren §6, unmittelbar nachteilig betroffen. Weiters stünde ihm kein anderer Weg zur Verfügung, die Frage der Gesetzmäßigkeit der bekämpften Verordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

In der Sache begründet der Antragsteller den Antrag zusammengefasst damit, dass die in §1 bzw §2 Z1 des Bundesgesetzes betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz), BGBl I 12/2020 idF BGBl I 23/2020, normierte Erforderlichkeit bzw das in §15 Abs1 Epidemiegesetz 1950, BGBl 186/1950 idF BGBl I 43/2020, festgelegte Kriterium der unbedingten Erforderlichkeit im Zeitpunkt der Antragstellung – gestützt auf die Zahl der aktuell in Vorarlberg bzw Österreich erkrankten Personen – nicht mehr gegeben sei. Die Aufrechterhaltung der Maßnahmen widerspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die bekämpfte Verordnung sei zur Gänze gesetzwidrig und folglich aufzuheben.

2. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat als verordnungserlassende Behörde eine Äußerung erstattet, in der er, teilweise unter Bezugnahme auf seine, in dem zu der Zahl G195/2020 geführten Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof erstattete Äußerung, die Zulässigkeit des Antrages bestreitet und den Bedenken der antragstellenden Partei entgegentritt.

II. Rechtslage

Die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lockerungen der Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 ergriffen wurden (COVID-19-Lockerungsverordnung – COVID-19-LV), BGBl II 197/2020 idF BGBl II 207/2020, lautet:

"Öffentliche Orte

 

§1. (1) Beim Betreten öffentlicher Orte im Freien ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten.

(2) Beim Betreten öffentlicher Orte in geschlossenen Räumen ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten und eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen.

(3) Im Massenbeförderungsmittel ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten und eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen. Ist auf Grund der Anzahl der Fahrgäste sowie beim Ein- und Aussteigen die Einhaltung des Abstands von mindestens einem Meter nicht möglich, kann davon ausnahmsweise abgewichen werden.

 

Kundenbereiche

 

§2. (1) Das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten ist unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

1. Gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ist ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten.

2. Kunden haben eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen.

3. Der Betreiber hat sicherzustellen, dass er und seine Mitarbeiter bei Kundenkontakt eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung tragen, sofern zwischen den Personen keine sonstige geeignete Schutzvorrichtung zur räumlichen Trennung vorhanden ist, die das gleiche Schutzniveau gewährleistet.

4. Der Betreiber hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass sich maximal so viele Kunden gleichzeitig im Kundenbereich aufhalten, dass pro Kunde 10 m2 zur Verfügung stehen; ist der Kundenbereich kleiner als 10 m2, so darf jeweils nur ein Kunde die Betriebsstätte betreten. Bei Betriebsstätten ohne Personal ist auf geeignete Weise auf diese Voraussetzung hinzuweisen.

5. Für baulich verbundene Betriebsstätten (z. B. Einkaufszentren, Markthallen) gilt Z4 mit der Maßgabe, dass die Flächen der Kundenbereiche der Betriebsstätten und des Verbindungsbauwerks zusammenzuzählen sind und dass sich sowohl auf der so ermittelten Fläche als auch im Kundenbereich der jeweiligen Betriebsstätten maximal so viele Kunden gleichzeitig aufhalten dürfen, dass pro Kunde 10 m² der so ermittelten Fläche bzw des Kundenbereichs der Betriebsstätte zur Verfügung stehen.

(2) Kann auf Grund der Eigenart der Dienstleistung

1. der Mindestabstand von einem Meter zwischen Kunden und Dienstleister und/oder

2. vom Kunden das Tragen von einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung nicht eingehalten werden,

ist diese nur zulässig, wenn durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann.

(3) Abs1 Z1 bis 3 ist sinngemäß auf geschlossene Räume von Einrichtungen zur Religionsausübung anzuwenden.

(4) Abs1 Z1 bis 3 ist sinngemäß auf Märkte im Freien anzuwenden.

(5) Beim Betreten von Pflegeheimen, Krankenanstalten und Kuranstalten sowie beim Betreten von Orten, an denen Gesundheits- und Pflegedienstleistungen erbracht werden, hat der Betreiber bzw Dienstleistungserbringer durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko zu minimieren.

 

Ort der beruflichen Tätigkeit

 

§3. (1) Am Ort der beruflichen Tätigkeit ist zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, sofern nicht durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann.

(2) Die Verpflichtung zum Tragen von einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung in Bereichen, wo dies nicht ohnehin auf Grund anderer Rechtsvorschriften verpflichtend erforderlich ist, ist nur im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zulässig.

(3) Kann auf Grund der Eigenart der beruflichen Tätigkeit der Abstand von mindestens einem Meter zwischen Personen nicht eingehalten werden, ist durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko zu minimieren.

(4) Die Abs1 bis 3 sind sinngemäß auf Fahrzeuge des Arbeitgebers anzuwenden, wenn diese während der Arbeitszeit zu beruflichen Zwecken verwendet werden.

 

Fahrgemeinschaften

 

§4. (1) Die gemeinsame Benützung von Kraftfahrzeugen durch Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ist nur zulässig, wenn dabei eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung getragen wird und in jeder Sitzreihe einschließlich dem Lenker nur zwei Personen befördert werden.

(2) Gleiches gilt auch für Taxis und taxiähnliche Betriebe sowie an Bord von Luftfahrzeugen, welche nicht als Massenbeförderungsmittel gelten. Abweichend von Abs1 ist auch für Schülertransporte im Sinne der §§30a ff Familienlastenausgleichsgesetz 1967, für Transporte von Personen mit besonderen Bedürfnissen und für Kindergartenkinder-Transporte §1 Abs3 sinngemäß anzuwenden.

 

Ausbildungseinrichtungen

 

§5. (1) Das Betreten von Ausbildungseinrichtungen ist durch Auszubildende bzw Studierende ausschließlich zu folgenden Zwecken zulässig:

1. Ausbildung in Gesundheits-, Pflege- sowie Sozial- und Rechtsberufen,

2. Vorbereitung und Durchführung von Reifeprüfungen, Schulabschlussprüfungen, Studienberechtigungsprüfungen, Basisbildungsabschlüssen und beruflichen Qualifikations- bzw Abschlussprüfungen sowie Zertifikationsprüfungen,

3. Vorbereitung und Durchführung von Fahr-, Schienen-, Flug- und Schiffsaus- und -weiterbildungen sowie allgemeine Fahr-, Schienen-, Flug- und Schiffsprüfungen,

4. Ausbildungseinrichtungen nach dem Sicherheitspolizeigesetz einschließlich Vorbereitungstätigkeiten,

5. zur Erfüllung des Integrationsgesetzes, BGBl I Nr 68/2017, erforderliche Integrationsmaßnahmen,

6. Schulungen durch das Arbeitsmarktservice (AMS) und im Auftrag des AMS, Angebote im Rahmen des Europäischen Sozialfonds sowie Angebote des Sozialministeriumsservice (SMS) gemäß Ausbildungspflichtgesetz, BGBl I Nr 62/2016.

(2) Auszubildende bzw Studierende haben gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, einen Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten und eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen.

(3) Kann auf Grund der Eigenart der Ausbildung

1. der Mindestabstand von einem Meter zwischen Personen und/oder

2. von Personen das Tragen von einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung nicht eingehalten werden, ist durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko zu minimieren.

(4) Das Betreten von Ausbildungseinrichtungen gemäß Abs1 ist auch für beruflich erforderliche Zwecke zulässig.

 

Gastgewerbe

§6. (1) Das Betreten von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe ist unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen zulässig.

(2) Der Betreiber darf das Betreten der Betriebsstätte für Kunden nur im Zeitraum zwischen 06.00 und 23.00 Uhr zulassen. Restriktivere Sperrstunden und Aufsperrstunden aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

(3) Der Betreiber hat sicherzustellen, dass die Konsumation von Speisen und Getränken nicht in unmittelbarer Nähe der Ausgabestelle erfolgt.

(4) Der Betreiber hat die Verabreichungsplätze so einzurichten, dass zwischen den Besuchergruppen ein Abstand von mindestens einem Meter besteht. Dies gilt nicht, wenn durch geeignete Schutzmaßnahmen zur räumlichen Trennung das Infektionsrisiko minimiert werden kann.

(5) Der Betreiber darf Besuchergruppen nur einlassen, wenn diese

1. aus maximal vier Erwachsenen zuzüglich ihrer minderjährigen Kinder oder minderjährigen Kindern, denen gegenüber Obsorgepflichten vorhanden sind, bestehen oder

2. aus Personen bestehen, die im gemeinsamen Haushalt leben.

(6) Der Betreiber hat sicherzustellen, dass jeder Kunde in geschlossenen Räumen der Betriebsstätte durch den Betreiber oder einen Mitarbeiter platziert wird.

(7) Der Betreiber hat sicherzustellen, dass er und seine Mitarbeiter bei Kundenkontakt eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung tragen.

(8) Vom erstmaligen Betreten der Betriebsstätte bis zum Einfinden am Verabreichungsplatz hat der Kunde gegenüber anderen Personen, die nicht zu seiner Besuchergruppe gehören, einen Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten und in geschlossenen Räumen eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen. Beim Verlassen des Verabreichungsplatzes hat der Kunde gegenüber anderen Personen, die nicht zu seiner Besuchergruppe gehören, einen Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten.

(9) Der Betreiber hat sicherzustellen, dass sich am Verabreichungsplatz keine Gegenstände befinden, die zum gemeinsamen Gebrauch durch die Kunden bestimmt sind. Selbstbedienung ist nur zulässig, wenn die Speisen und Getränke vom Betreiber oder einem Mitarbeiter ausgegeben werden oder zur Entnahme vorportionierter und abgedeckter Speisen und Getränke.

(10) Bei der Abholung vorbestellter Speisen und/oder Getränke ist sicherzustellen, dass diese nicht vor Ort konsumiert werden und gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten wird sowie eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung getragen wird. Bei der Abholung können zusätzlich auch nicht vorbestellte Getränke mitgenommen werden.

(11) Die Abs1 bis 10 gelten nicht für Betriebsarten der Gastgewerbe, die innerhalb folgender Einrichtungen betrieben werden:

1. Krankenanstalten und Kureinrichtungen;

2. Pflegeanstalten und Seniorenheime;

3. Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung von Kindern und Jugendlichen einschließlich Schulen und Kindergärten;

4. Betrieben, wenn diese ausschließlich durch Betriebsangehörige genützt werden dürfen;

5. Massenbeförderungsmittel.

 

Beherbergungsbetriebe

 

§7. (1) Das Betreten von Beherbergungsbetrieben zum Zweck der Erholung und Freizeitgestaltung ist untersagt.

(2) Beherbergungsbetriebe sind Unterkunftsstätten, die unter der Leitung oder Aufsicht des Unterkunftgebers oder eines von diesem Beauftragten stehen und zur entgeltlichen oder unentgeltlichen Unterbringung von Gästen zu vorübergehendem Aufenthalt bestimmt sind. Beaufsichtigte Camping- oder Wohnwagenplätze, sofern es sich dabei nicht um Dauerstellplätze handelt, sowie Schutzhütten und Kabinenschiffe gelten als Beherbergungsbetriebe.

(3) Abs1 gilt nicht für Beherbergungen

1. von Personen, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Bestimmung bereits in Beherbergung befinden, für die im Vorfeld mit dem Beherbergungsbetrieb vereinbarte Dauer der Beherbergung,

2. zum Zweck der Betreuung und Hilfeleistung von unterstützungsbedürftigen Personen,

3. aus beruflichen Gründen,

4. zu Ausbildungszwecken,

5. zur Stillung eines dringenden Wohnbedürfnisses,

6. von Rehabilitationspatienten in einer Rehabilitationseinrichtung und Kurgästen in einer Kuranstalt gemäß §42a KAKuG, BGBl Nr 1/1957, die als Beherbergungsbetriebe mit angeschlossenem Ambulatorium gemäß §2 Abs1 Z5 KAKuG organisiert sind, sowie deren Begleitpersonen,

7. von Schülern zum Zwecke des Schulbesuchs (Internate, Lehrlingswohnheime).

(4) Abs1 gilt nicht für gastronomische Einrichtungen in Beherbergungsbetrieben zur Verabreichung von Speisen und zum Ausschank von Getränken. §6 Abs2 bis 10 gilt.

 

Sport

 

§8. (1) Das Betreten von Sportstätten gemäß §3 Z11 BSFG 2017, BGBl I Nr 100/2017, ist untersagt.

(2) Abweichend von Abs1 dürfen Sportstätten zur Sportausübung im Freiluftbereich betreten werden, wenn während der Sportausübung gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens zwei Metern eingehalten wird.

(3) Bei der Ausübung von Mannschaftssport im Freiluftbereich durch Spitzensportler gemäß §3 Z6 BSFG 2017, auch aus dem Bereich des Behindertensports, die aus ihrer sportlichen Tätigkeit Einkünfte erzielen, kann der Abstand von zwei Metern unterschritten werden, wenn der verantwortliche Mannschaftsarzt ein dem Stand der Wissenschaft entsprechendes COVID-19-Präventionskonzept ausgearbeitet hat, wodurch das Infektionsrisiko minimiert werden kann, und der dessen Einhaltung laufend kontrolliert. Dieses ist zu befolgen. Vor erstmaliger Aufnahme des Trainings- und Wettkampfbetriebes ist durch molekularbiologische Testung nachzuweisen, dass Sportler, Betreuer und Trainer SARS-CoV-2 negativ sind. Bei Bekanntwerden einer SARS-CoV2-Infektion bei einem Sportler, Betreuer oder Trainer ist in den folgenden 14 Tagen nach Bekanntwerden der Infektion vor jedem Spiel die gesamte Mannschaft, alle Betreuer und Trainer einer molekularbiologischen Testung auf das Vorliegen von SARS-CoV-2 zu unterziehen.

(4) Das COVID-19-Präventionskonzept gemäß Abs3 hat zumindest folgende Themen zu beinhalten:

1. Schulung von Sportlern und Betreuern in Hygiene, Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen zum Gesundheitszustand,

2. Verhaltensregeln von Sportlern, Betreuern und Trainern außerhalb der Trainings- und Wettkampfzeiten,

3. Gesundheitschecks vor jeder Trainingseinheit und jedem Wettkampf,

4. Vorgaben für Trainings- und Wettkampfinfrastruktur,

5. Hygiene- und Reinigungsplan für Infrastruktur und Material,

6. Nachvollziehbarkeit von Kontakten im Rahmen von Trainingseinheiten und Wettkämpfen,

7. Regelungen zum Verhalten beim Auftreten von COVID-19-Symptomen,

8. bei Auswärtswettkämpfen Information der dort zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde, dass ein Erkrankungsfall an COVID-19 bei einem Sportler, Betreuer oder Trainer aufgetreten ist.

(5) Abweichend von Abs1 ist das Betreten von Sportstätten gemäß §3 Z11 BSFG 2017 zur Sportausübung in geschlossenen Räumlichkeiten nur durch Spitzensportler gemäß §3 Z6 BSFG 2017, auch aus dem Bereich des Behindertensports, zulässig. Bei der Sportausübung hat pro Spitzensportler 20m² der Gesamtfläche der jeweiligen Räumlichkeit zur Verfügung zu stehen und ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens zwei Metern einzuhalten.

(6) Flugfelder gemäß Luftfahrtgesetz, BGBl Nr 253/1957, sind Sportstätten gleichgestellt. Bei der Sportausübung ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens zwei Metern einzuhalten.

(7) Das Betreten von Sportstätten gemäß §3 Abs11 BSFG 2017 ist auch Betreuern, Trainern und Schiedsrichtern unter den in Abs2 bis 6 jeweils genannten Voraussetzungen gestattet. Das Betreten von Sportstätten durch Vertreter der Medien ist zulässig, wenn gegenüber anderen Personen ein Abstand von mindestens zwei Metern eingehalten wird.

 

Sonstige Einrichtungen

 

§9. (1) Das Betreten folgender Einrichtungen durch Besucher ist untersagt:

1. Freizeiteinrichtungen, ausgenommen im privaten Wohnbereich,

2. Seil- und Zahnradbahnen.

(1a) Das Betreten des Besucherbereichs von Museen, Ausstellungen, Bibliotheken, Büchereien und Archiven samt deren Lesebereichen sowie von Tierparks und Zoos ist unter den Voraussetzungen des §2 Abs1 Z1 bis 5 zulässig. Sofern sich der Besucherbereich im Freien befindet, gilt §1 Abs1.

(1b) Das Betreten der Einrichtungen und Teilnahme an Angeboten der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit ist unter den Voraussetzungen des §2 Abs1 Z1 bis 4 und §1 Abs1 und 2 zulässig.

(2) Als Freizeiteinrichtungen gemäß Abs1 Z1 gelten Betriebe und Einrichtungen, die der Unterhaltung, der Belustigung oder der Erholung dienen. Das sind:

1. Schaustellerbetriebe, Freizeit- und Vergnügungsparks,

2. Bäder und Einrichtungen gemäß §1 Abs1 Z1 bis 7 des Bäderhygienegesetzes – BHygG, BGBl Nr 254/1976; in Bezug auf Bäder gemäß §1 Abs1 Z6 BHygG (Bäder an Oberflächengewässern) gilt das Verbot gemäß Abs1 nicht, wenn in diesen Bädern ein Badebetrieb nicht stattfindet,

3. Tanzschulen,

4. Wettbüros, Automatenbetriebe, Spielhallen und Casinos,

5. Schaubergwerke,

6. Einrichtungen zur Ausübung der Prostitution,

7. Theater, Konzertsäle und -arenen, Kinos, Varietees und Kabaretts,

8. Indoorspielplätze,

9. Paintballanlagen,

10. Museumsbahnen,

11. Ausflugsschiffe im Gelegenheitsverkehr.

(3) Abs1 Z3 gilt nicht für Unterkünfte von Vereinsmitgliedern auf dem Gelände von Freizeiteinrichtungen.

(4) Abs2 Z3 gilt nicht für Betretungen durch Tanzpaare, die im gemeinsamen Haushalt leben, sofern pro Paar 10 m² Tanzfläche zur Verfügung stehen. Auch Einzelunterricht ist zulässig.

(5) Abs2 Z7 gilt nicht für Betretungen mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen.

 

Veranstaltungen

 

§10. (1) Veranstaltungen mit mehr als 10 Personen sind untersagt.

(2) Als Veranstaltung gelten insbesondere geplante Zusammenkünfte und Unternehmungen zur Unterhaltung, Belustigung, körperlichen und geistigen Ertüchtigung und Erbauung. Dazu zählen jedenfalls kulturelle Veranstaltungen, Sportveranstaltungen, Hochzeiten, Filmvorführungen, Ausstellungen, Kongresse, Angebote zur Förderung von Pflege und Erziehung in Familien, Hilfen zur Bewältigung von familiären Problemen.

(3) Bei Begräbnissen gilt eine maximale Teilnehmerzahl von 30 Personen.

(4) Beim Betreten von Veranstaltungsorten gemäß Abs1 ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten. Weiters ist in geschlossenen Räumen eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen. Für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen muss darüber hinaus pro Person eine Fläche von 10 m2 zur Verfügung stehen.

(5) Abs1 bis 4 gelten nicht für

1. Veranstaltungen im privaten Wohnbereich,

1a. Veranstaltungen zur Religionsausübung mit Ausnahme von Begräbnissen,

2. Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl Nr 98/1953. Diese sind unter den Voraussetzungen des genannten Bundesgesetzes zulässig.

3. Zusammenkünfte zu beruflichen Zwecken, wenn diese zur Aufrechterhaltung der beruflichen Tätigkeit erforderlich sind,

4. Betretungen nach §5, §8 und §9 Abs5,

5. Zusammenkünfte von Organen politischer Parteien,

6. Zusammenkünfte von Organen juristischer Personen.

(6) Bei Religionsausübung im Freien ist, sofern sich dies nicht ohnedies aus §1 Abs1 ergibt, gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten. Darüber hinaus hat der Veranstalter sicherzustellen, dass durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert wird.

 

Ausnahmen

 

§11. (1) Diese Verordnung gilt nicht für

1. Elementare Bildungseinrichtungen, Schulen gemäß Schulorganisationsgesetz, BGBl Nr 242/1962, ArtV Z2 der 5. SchOGNovelle, BGBl Nr 323/1975 und Privatschulgesetz, BGBl Nr 244/1962, sowie land- und forstwirtschaftliche Schulen,

2. Universitäten gemäß Universitätsgesetz 2002, BGBl I Nr 120/2002 und Privatuniversitätengesetz, BGBl I Nr 74/2011, Fachhochschulen gemäß Fachhochschul-Studiengesetz, BGBl Nr 340/1993, und Pädagogische Hochschulen gemäß Hochschulgesetz 2005, BGBl I Nr 30/2006,

3. Tätigkeiten im Wirkungsbereich der Organe der Gesetzgebung und Vollziehung.

(2) Betretungsverbote sowie Bedingungen und Auflagen nach dieser Verordnung gelten nicht

1. zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum,

2. zur Betreuung und Hilfeleistung von unterstützungsbedürftigen Personen oder

3. zur Wahrnehmung der Aufsicht über minderjährige Kinder.

(2a) Die Pflicht zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung und die Pflicht der Einhaltung eines Abstands gelten nicht, wenn dies die Vornahme religiöser Handlungen von anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften und religiösen Bekenntnisgemeinschaften erfordert.

(3) Das Tragen von einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung gilt nicht für Kinder bis zum vollendeten 6. Lebensjahr und für Personen, denen aus gesundheitlichen Gründen das Tragen der Vorrichtung nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Verpflichtung zur Einhaltung des Abstandes gilt nicht zwischen Menschen mit Behinderungen und deren Begleitpersonen, die persönliche Assistenz- oder Betreuungsleistungen erbringen.

(5) Sofern zwischen den Personen geeignete Schutzvorrichtungen zur räumlichen Trennung vorhanden sind, muss ein Abstand von einem Meter nicht eingehalten werde.

(6) Im Fall der Kontrolle durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind die Gründe der Inanspruchnahme der Ausnahme glaubhaft zu machen.

(7) Personen, die nur zeitweise im gemeinsamen Haushalt leben, sind Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, gleichgestellt.

(8) Abweichend von §1 Abs3 gilt die Verpflichtung zur Einhaltung des Abstands nicht in Luftfahrzeugen.

 

ArbeitnehmerInnenschutz und Bundesbedienstetenschutz

 

§12. Durch diese Verordnung werden das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, BGBl Nr 450/1994, und das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, BGBl I Nr 70/1999, nicht berührt.

 

Inkrafttreten

 

§13. (1) Diese Verordnung tritt mit 1. Mai 2020 in Kraft und mit Ablauf des 30. Juni 2020 außer Kraft.

(2) Mit Ablauf des 30. April 2020 treten

1. die Verordnung betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, BGBl II Nr 96/2020, und

2. die Verordnung gemäß §2 Z1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl II Nr 98/2020, außer Kraft.

(3) §2 Abs3, §4 Abs2, §5 Abs1 Z3, 4 bis 6, der Entfall des §5 Abs5, §6, §7 Abs2, §7 Abs3 Z4 und 6, §7 Abs4, §8, §9 Abs1, 1a und 1b, Abs2, Abs4 und 5, §10 Abs2, 5 und 6, §11 Abs1 Z1, Abs2a und Abs5 in der Fassung BGBl II Nr 207/2020 treten mit Ablauf des 14. Mai 2020 in Kraft."

III. Zulässigkeit

1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie – im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 Z3 B‑VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl zB VfSlg 8594/1979, 15.527/1999, 16.425/2002 und 16.426/2002).

2. Der Antrag, die COVID-19-LV, BGBl II 197/2020 idF BGBl II 207/2020, zur Gänze aufzuheben, ist unzulässig.

2.1. Gemäß §57 Abs1 erster Satz VfGG muss ein Verordnungsprüfungsantrag das Begehren enthalten, die – nach Auffassung des Antragstellers gesetzwidrige – Verordnung ihrem ganzen Inhalt nach oder bestimmte Stellen aufzuheben. Ein Antrag, der sich gegen den ganzen Inhalt einer Verordnung richtet, muss die Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit aller Bestimmungen der Verordnung "im Einzelnen" darlegen und insbesondere auch dartun, inwieweit alle angefochtenen Verordnungsregelungen unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreifen. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu untersuchen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 Z3 B‑VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl zB VfSlg 10.353/1985, 14.277/1995, 15.306/1998, 16.890/2003, 18.357/2008, 19.919/2014). Anträge, die dem Erfordernis des §57 Abs1 VfGG nicht entsprechen, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfSlg 14.320/1995, 14.526/1996, 15.977/2000, 18.235/2007) nicht im Sinne von §18 VfGG verbesserungsfähig, sondern als unzulässig zurückzuweisen (vgl etwa VfSlg 12.797/1991, 13.717/1994, 17.111/2004, 18.187/2007, 19.505/2011, 19.721/2012).

2.2. Gemäß §57 Abs1 zweiter Satz VfGG hat der Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, ferner die gegen die Verordnung sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Dieses Erfordernis ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Gesetzwidrigkeit – in überprüfbarer Art– präzise ausgebreitet werden, mithin dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Gesetzesbestimmung die bekämpfte Verordnungsstelle in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (vgl im Allgemeinen zB VfSlg 14.802/1997, 17.651/2005, 17.752/2006; spezifisch zum Individualantrag zB VfGH 2.7.2016, G53/2016, V13/2016). Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, pauschal vorgetragene Bedenken einzelnen Bestimmungen zuzuordnen und so – gleichsam stellvertretend – das Vorbringen für den Antragsteller zu präzisieren (VfGH 9.6.2016, G56/2016; 25.9.2017, G8/2017 ua, V6/2017 ua).

2.3. Diesen Erfordernissen gemäß §57 Abs1 VfGG wird der vorliegende Antrag auf Aufhebung der Verordnung nicht gerecht.

Die COVID-19-LV, BGBl II 197/2020 idF BGBl II 207/2020, enthält mehrere unterschiedliche Tatbestände. So werden in §1 dieser Verordnung die Voraussetzungen für das Betreten öffentlicher Orte angeführt. §2 der genannten Verordnung regelt das Betreten des Kundenbereiches von Betriebsstätten. §6 der Verordnung schreibt Voraussetzungen für das Betreten von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe vor.

Ausgehend von dem Vorbringen der antragstellenden Partei, insbesondere zu ihrer Antragslegitimation, besteht für den Verfassungsgerichtshof kein Zweifel, dass die antragstellende Partei nicht von der bekämpften Verordnung zur Gänze unmittelbar betroffen sein kann (vgl etwa VfSlg 9620/1983, 12.442/1990, 14.031/1995). Der Antrag wird somit dem Erfordernis der Darlegung der unmittelbaren Betroffenheit der antragstellenden Partei durch sämtliche Regelungen der bekämpften Verordnung nicht gerecht.

3. Ihre Bedenken legt die antragstellende Partei dahingehend dar, dass "[d]ie angefochtene Verordnung" gesetzwidrig sei, weil sie gegen §§1 und 2 Z1 COVID‑19-Maßnahmengesetz bzw gegen §15 Epidemiegesetz 1950 verstoße, da die in diesen Gesetzesbestimmungen geforderte (unbedingte) Erforderlichkeit nicht mehr gegeben sei. Die Aufrechterhaltung der angeordneten Maßnahmen widerspreche klar und eindeutig dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die antragstellende Partei unterlässt es aber gänzlich, diese Bedenken im Hinblick auf die einzelnen Bestimmungen der angefochtenen COVID-19-LV, BGBl II 197/2020 idF BGBl II 207/2020, näher darzulegen und den einzelnen Bestimmungen dieser Verordnung zuzuordnen. Auch im Hinblick auf die gemäß §57 Abs1 VfGG erforderliche Zuordnung der Bedenken erweist sich der Antrag auf Aufhebung somit als unzulässig.

Da es sich bei den vom Verfassungsgerichtshof dargelegten Mängeln um keine behebbaren Formgebrechen, sondern um ein Prozesshindernis handelt (vgl VfSlg 15.342/1998 mwN), ist der Antrag auf Aufhebung zur Gänze als unzulässig zurückzuweisen.

IV. Ergebnis

1. Der Antrag, die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lockerungen der Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID‑19 ergriffen wurden, BGBl II 197/2020 idF BGBl II 207/2020, zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben, ist daher schon aus diesen Gründen als unzulässig zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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