Kleinunternehmerregelung auf im Ausland ansässige Vermieterin einer Eigentumswohnung nicht anwendbar
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Rudolf Wanke und die weiteren Mitglieder Hofrat Mag. Christian Seywald, Bundesinnungsmeister Kommerzialrat Friedrich Nagl und Kammerrätin Ingrid Brunner über die Berufungen der mittlerweile verstorbenen Bw, seinerzeit vertreten durch Dr. Walter Kossarz, Rechtsanwalt, 3500 Krems an der Donau, Roseggerstraße 4, nunmehr repräsentiert durch die Erben Erbe1, und Erbe2, beide vertreten durch Mag. Franz Müller, Rechtsanwalt, 3470 Kirchberg am Wagram, Georg Ruck Straße 9, gegen die Bescheide des Finanzamtes Waldviertel, vertreten durch Amtsdirektor Alfred Maurer, am betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2006 und 2007 am 24. April 2012 entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Die im Berufungszeitraum in Deutschland gelebt habende, rechtsfreundlich vertreten gewesene Berufungswerberin (Bw.) erzielte in Österreich Einkünfte aus der Vermietung einer Wohnung. Ein Wohnsitz oder Sitz in Österreich bestand nicht.
Aktenkundig ist ein Mietvertrag vom 3. September 2004, wonach diese Wohnung in der Zeit vom 1. Oktober 2004 bis 30. September 2009 zu einem wertgesicherten Mietzins von EUR 330 monatlich zuzüglich Betriebskosten vermietet wurde. Eine Umsatzsteuer wurde nicht ausgewiesen.
Die mit 25. Mai 2007 datierte Umsatzsteuererklärung 2006 wurde am 5. Juni 2007 beim zuständigen Finanzamt eingereicht. In dieser wurden die Umsätze aus sonstiger Leistung (KZ 000) mit EUR 5.890,90 angegeben, die mit dem ermäßigter Steuersatz 10% zu versteuern seien, woraus sich (KZ 029) eine Umsatzsteuer von EUR 589,10 ergäbe. Die abziehbare Vorsteuer (KZ 060) wurde mit EUR 254,16 angegeben, woraus sich eine Zahllast (KZ 095) und eine Restschuld von EUR 334,94 ergibt.
Diese Umsätze aus der Vermietung lagen unter der Umsatzgrenze des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994; eine Erklärung gemäß § 6 Abs. 3 leg. cit. (Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung) wurde nicht abgegeben.
Mit gleichfalls am 5. Juni 2007 beim Finanzamt eingelangtem Schreiben vom 31. Mai 2007 wurde durch den rechtsfreundlichen Vertreter der Bw. darauf hingewiesen, dass diese als Kleinunternehmerin i.S.d. § 6 Abs. 1 Z 27 leg. cit. zu sehen sei und ihre - jedenfalls nicht den Betrag von EUR 22.000,-- überschreitenden - Umsätze daher nicht der Umsatzsteuer unterlägen.
"Die Einschränkung der Regelung nach § 6 Abs. (1) Zif. 27 UStG, dass als Kleinunternehmer nur ein Unternehmer gilt, der im Inland einen Wohnsitz oder Sitz hat, ist aus europarechtlicher Sicht und unter Gleichheitsaspekten nicht zulässig. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass ein Vertragsverletzungsverfahren beim EuGH anhängig ist."
Es werde daher beantragt festzustellen, dass die Kleinunternehmerregelung auch für die Bw. anzuwenden ist und aus den von der Bw. im Jahr 2006 erzielten Umsätzen aus der Vermietung keine Umsatzsteuer abzuführen ist.
Mit dem Umsatzsteuerbescheid 2006 des zuständigen Finanzamtes vom 19. Juni 2007 folgte das Finanzamt diesem Vorbringen nicht und wurde die Umsatzsteuer gemäß der eingereichten Erklärung mit EUR 334,93 festgesetzt.
Gegen diesen Umsatzsteuerbescheid 2006 wurde mit Datum 18. Juli 2007 durch den rechtsfreundlichen Vertreter Berufung unter anderem mit dem Antrag erhoben, dieser Berufung Folge zu geben und festzustellen, dass von der Bw. für das Jahr 2006 eine Umsatzsteuer nicht zu entrichten ist.
"Sollte diesem Antrag nicht stattgegeben werden, wird beantragt, den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 19.06.2007 aufzuheben und die Abgabensache an die Abgabenbehörde I. Instanz zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen."
Nach einer Darstellung des Sachverhalts - mit der Angabe, die Bw. sei österreichische Staatsbürgerin, habe aber im Bundesgebiet der Republik Österreich keinen ordentlichen Wohnsitz - wurde in rechtlicher Hinsicht nochmals darauf verwiesen, dass die Bw. Kleinunternehmerin sei.
"Die Einschränkung der Regelung nach § 6 Abs. 1 Zif. 27 Umsatzsteuergesetz, dass als Kleinunternehmer nur ein Unternehmer gilt, der im Inland einen Wohnsitz oder Sitz hat, ist aus europarechtlicher Sicht und unter Gleichheitsaspekten nicht zulässig. Durch die gesetzliche Regelung, wonach die Befreiung des § 6 Abs. 1 Zif. 27 UStG nur für Kleinunternehmer mit Sitz oder Wohnsitz im Inland gelte, wird [die Bw.] in rechtswidriger Weise benachteiligt. Es liegt daher eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit vor, die von der Abgabenbehörde zu berücksichtigen ist. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass ein Vertragsverletzungsverfahren beim EuGH anhängig ist."
Daraufhin erließ das zuständige Finanzamt mit Datum 1. August 2007 eine Berufungsvorentscheidung mit folgender Begründung:
"... § 6 Abs.1 Z. 16 UStG normiert, das folgende Umsätze grundsätzlich nicht befreit sind:
"- die Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Grundstücken für Wohnzwecke;"
D.h., dass die Umsätze aus der Vermietung von Grundstücke für Wohnzwecke grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig sind.
Zur Anwendbarkeit der Kleinunternehmerregelung gem. § 6 Abs. 1 Z. 27 UStG wird ausgeführt: Gem. oben zitierter gesetzliche Bestimmung ist die Regelung nur auf Unternehmer, die einen Wohnsitz oder Sitz in Österreich haben und deren laufende Umsätze im Veranlagungszeitraum höchstens 22.000 Euro betragen, anwendbar.
... Als steuerlicher Vertreter führen sie vom 19.07.2007 jedoch selbst aus, dass [die Bw.] zwar österreichische Staatsbürgerin ist, jedoch im Bundesgebiet keinen ordentlichen Wohnsitz hat.
Die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Z. 27 sind daher nicht anwendbar. Die Berufung war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen."
Mit Schreiben vom 27. August 2007 beantragte der rechtsfreundliche Vertreter der Bw. die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde der zweiten Instanz und brachte ergänzend vor:
"Verfassungswidrigkeit
[Die Bw.] ist österreichische Staatsbürgerin, hat jedoch im Bundesgebiet der Republik Österreich keinen Wohnsitz.
Die gesetzliche Regelung, wonach die Befreiung des § 6 Abs. 1 Zif. 27 UStG nur für Kleinunternehmer mit Sitz oder Wohnsitz im Inland gilt, ist verfassungswidrig. [Die Bw.] wird als österreichische Staatsbürgerin durch diese gesetzliche Bestimmung in einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Weise gegenüber anderen österreichischen Staatsbürgern diskriminiert und benachteiligt.
Der durch die Verfassung garantierte Gleichheitsgrundsatz ist ein allgemeines Sachlichkeitsgebot für die Gesetzgebung und ein generelles Willkürverbot für die Vollziehung und Gerichtsbarkeit. Der Gesetzgeber hat diesem Grundsatz nach Gleiches gleich zu regeln.
Die gesetzliche Differenzierung, dass die Befreiung des § 6 Abs. 1 Zif. 27 UStG nur für Kleinunternehmer mit Sitz in Österreich gilt, ist - soweit es sich bei dem Kleinunternehmer um einen österreichischen Staatsbürger handelt - sachlich nicht gerechtfertigt.
Der Gleichheitsgrundsatz des Art. 7 B-VG gilt für alle österreichischen Staatsbürger. Er ist demnach ein "Bürgerrecht". Die oben angeführte Bestimmung des § 6 Abs. 1 Zif. 27 UStG stellt eine unsachliche Diskriminierung eines österreichischen Staatsbürgers dar, der seinen Wohnsitz nicht im Bundesgebiet der Republik Österreich hat.
Dass einem österreichischen Staatsbürger, der im Bundesgebiet keinen Wohnsitz hat, die Kleinunternehmereigenschaft nicht zukommt, ist sachlich nicht nachvollziehbar und auch nicht begründbar, zumal sich auch die "Betriebsstätte" (das vermietete Wohnungseigentumsobjekt) im Bundesgebiet der Republik Österreich befindet.
[Die Bw.] war unselbständig erwerbstätig und bezieht nunmehr eine Pension. [Die Bw.] hat keine weiteren Mieteinnahmen außer dem gegenständlichen Wohnungseigentumsobjekt in ...
Bei der Vermietung des gegenständlichen Wohnungseigentumsobjektes handelt es sich um keine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Die bloße Vermietung einer einzigen Wohnung an einen Mieter stellt keine unternehmerische Tätigkeit dar.
Auch aus diesem Grund ist [die Bw.] nicht zur Entrichtung von Umsatzsteuer verpflichtet.
Gemeinschaftsrechtswidrigkeit
Seit dem Beitritt Österreichs zur EU hat das Umsatzsteuerrecht dem Rechtssystem der Europäischen Union zu entsprechen. Mangels einer entsprechenden Sonderregelung widerspricht die Einschränkung der "Kleinunternehmerregelung" auf Personen, die ihren Sitz im Bundesgebiet der Republik Österreich haben, dem Gemeinschaftsrecht (abgesehen von der Verfassungswidrigkeit dieser Regelung, soweit dadurch österreichische Staatsbürger betroffen sind)."
Mit beim Unabhängigen Finanzsenat am 18. September 2007 eingelangtem Bericht legte das Finanzamt Waldviertel die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz mit dem Bemerken vor, dass auf Grund der ausdrücklichen Regelung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 eine ausländische Vermieterin, die weder im Vermietungsobjekt noch in einen anderen Gebäude über einen Wohnsitz im Inland verfügt, nicht unter die Kleinunternehmerregelung fallen könne.
Mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 hielt der Referent der Bw. zu Handen ihres rechtsfreundlichen Vertreters vor:
"In dem hier zur Zahl RV/2694-W/07 anhängigen Berufungsverfahren gegen das Finanzamt Waldviertel ist strittig, ob Sie die Kleinunternehmerregelung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 in Anspruch nehmen und die erzielten Umsätze steuerfrei belassen dürfen. Unstrittig ist, dass mit Ausnahme der in § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 genannten weiteren Voraussetzung des Wohnsitzes oder Sitzes des Unternehmers im Inland alle übrigen Voraussetzungen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung vorliegen.
Sie sind österreichische Staatsbürgerin und in Deutschland ansässig. Sie vermieten eine Eigentumswohnung in Österreich und erzielten hieraus im Jahr 2006 Umsätze von 5.880,90 €, woraus - abzüglich Vorsteuern - eine Umsatzsteuerzahllast von 33,94 € resultierte.
§ 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 setzt Art. 24 der Sechsten Richtlinie ( Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ) in das nationale österreichische Recht um. Gemäß Art. 24 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie in der Fassung der Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG und zur Einführung von Vereinfachungsmaßnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer sind Steuerpflichtige, "die nicht im Inland ansässig sind", von der Befreiung gemäß Art. 24 Abs. 2 der 6. Richtlinie (Kleinunternehmerregelung) ausgeschlossen. Der Ausschluss von nicht in Österreich ansässigen Steuerpflichtigen von der Kleinunternehmerregelung erfolgte somit konform zur Sechsten Richtlinie (und zu der späteren Regelung in Art. 283 Abs. 1 Buchstabe der Mehrwertsteuersystemrichtlinie, Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. 11. 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem).
Sie bringen im Berufungsverfahren neben der Behauptung der Verfassungswidrigkeit der österreichischen Regelung (behaupteter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz) auch Gemeinschaftsrechtswidrigkeit von § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 vor.
Sie werden gebeten, innerhalb von vier Wochen ab Zustellung dieses Schreibens die in der Berufung und im Vorlageantrag nur sehr kursorisch behauptete Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 in einer Weise darzulegen, die eine Auseinandersetzung mit dieser Behauptung sowie ein allfälliges Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft ermöglicht, wobei bemerkt wird, dass § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 - wie oben dargestellt - Art. 24 der Sechsten Richtlinie umsetzt und diese Richtlinie anzuwendendes Recht der Europäischen Gemeinschaft darstellt. Sofern die fehlende Gültigkeit von Art. 24 der Sechsten Richtlinie (i. S. v. Art. 234 Buchstabe b EGV ) behauptet wird, wäre auch dies entsprechend darzulegen."
Ebenfalls am 14. Oktober 2008 lud der Referent nach Darstellung des Sachverhalts und der strittigen Rechtsfrage das Finanzamt Waldviertel und das Bundesministerium für Finanzen ein, sich im Hinblick auf ein allfälliges Vorabentscheidungsersuchen an den (damaligen) Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu äußern, ob ihrer Ansicht nach der Ausschluss von Steuerpflichtigen, die nicht im Inland ansässig sind, von der Kleinunternehmerregelung durch Art. 24 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie mit dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV), insbesondere mit der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit, vereinbar erscheine und bejahendenfalls aus welchen Gründen dies der Fall sein solle.
In diesem Zusammenhang wurde auf die Ausführungen von Pülzl/Reitschuler, Kleinunternehmerregelung nur für Inländer?, RdW 2001/638, 622; Endfellner, Wie klein ist der Kleinunternehmer in der Umsatzsteuer?, Finanz-Journal 2006, 251; Endfellner, Wie groß ist der Kleinunternehmer in der Umsatzsteuer?, Finanz-Journal 2006, 426; Pülzl, Kleinunternehmerregelung nur für Inländer?, SWK 29/2006, S 823; Pülzl, Europarechtswidrigkeit der Kleinunternehmerregelung, SWK 25/2008, S 674, verwiesen und bemerkt, dass sich die Berufungsentscheidungen UFS 4.6.2008, RV/1612-W/07, UFS 12.3.2007, RV/0097-S/07, und UFS 29.5.2006, RV/0530-I/0, mit der Frage der Vereinbarkeit der Regelung mit dem Primärrecht der Gemeinschaft nicht auseinandersetzen und sich - soweit ersichtlich - der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bislang zu dieser Frage nicht geäußert hat.
Mit Schreiben vom 12. November 2008 gab die Bw. durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter zunächst bekannt, dass sie entgegen ihrem bisherigen Vorbringen nicht österreichische Staatsbürgerin, sondern Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland sei.
Es sei der Bw. bekannt, "dass der UFS die Rechtsansicht vertritt, dass sich das Erfordernis der Ansässigkeit unmittelbar aus der 6. MwSt-RL ergebe, weshalb sich § 6 Abs. 1 Z 27 UStG als richtlinienkonforme Umsetzung von EU-Recht in innerstaatliches Recht darstelle".
"Der VwGH hat den Vorrang primärrechtlicher Rechtsnormen gegenüber dem Sekundärrecht der EG erkannt. Der VwGH hat zu GZ 2006/15/0056 dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 234 EG folgende Fragen zur Entscheidung vorgelegt:
[Es folgt die Wiedergabe des Spruches des Beschlusses VwGH 24.9.2007, 2006/15/0056 ]
Wegen der im vorliegenden Abgabenverfahren zu entscheidenden Rechtsfrage ist beim Verwaltungsgerichtshof und beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ein Verfahren anhängig, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung ist."
Die Bw. stelle daher den Antrag, das hier anhängige Verfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des beim VwGH zur Zahl 2006/15/0056 anhängigen Verfahrens auszusetzen, und verzichte ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.
Mit Datum 17. November 2008 erließ das Finanzamt Waldviertel einen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007, mit welchem - ausgehend von einem Gesamtbetrag der Umsätze von 5.936,37 €, daraus resultierend Umsatzsteuer von 593,64 €, und Vorsteuern von 277,49 € - eine Zahllast von 316,15 € an Umsatzsteuer vorgeschrieben wurde.
Unter Bezug auf die Vorhaltsbeantwortung vom 12. November 2008 hielt der Referent mit Datum 19. November 2008 der Bw. zu Handen ihres rechtsfreundlichen Vertreters unter anderem vor:
"... Dass das Primärrecht der Gemeinschaft Vorrang vor dem Sekundärrecht der Gemeinschaft genießt und das Primärrecht der Maßstab für die Rechtmäßigkeit des Sekundärrechts ist, da die Gemeinschaftsorgane - Art. 7 Abs. 1 letzter Satz EGV , Art. 249 Abs. 1 EGV - nur nach Maßgabe der vertraglichen Befugnisse handeln dürfen, entspricht der herrschenden Auffassung und bedarf nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenats keiner weiteren Klärung durch den EuGH. Dass dieser Vorrang besteht, ist auch nicht Gegenstand des Vorabentscheidungsverfahrens zur Zahl C-460/07 des EuGH, sondern wird implizit vorausgesetzt (siehe die einleitenden Ausführungen in Punkt IV. der Begründung des Vorlagebeschlusses des VwGH).
Gegenstand des Vorabentscheidungsverfahrens zur Zahl C-460/07 des EuGH ist im Wesentlichen die Frage, in welchem Umfang Vorsteuern in Zusammenhang mit der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes geltend gemacht werden können, und ob Art. 17 der Sechsten Richtlinie gegen gemeinschaftsrechtliche Grundrechte verstoße.
Im hier gegenständlichen Verfahren geht es hingegen darum, ob die Berufungswerberin die Kleinunternehmerreglung in Anspruch nehmen kann; allenfalls, ob Art. 24 oder bestimmte Teile des Art. 24 der Sechsten Richtlinie gegen das Primärrecht verstoßen. Ein Zusammenhang dieses Verfahrens mit dem Vorabentscheidungsverfahren zur Zahl C-460/07 des EuGH ist vorerst nicht ersichtlich.
Sie werden daher gebeten, bis zum 2. Dezember 2008 darzulegen,
- aus welchen Gründen der Ausgang des beim VwGH zur Zahl 2006/15/0056 (beim EuGH zur Zahl C-460/07 ) anhängigen Verfahrens für das hier gegenständliche Verfahren von wesentlicher Bedeutung sei,
- worin konkret Sie die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Kleinunternehmerregelung erblicken und wie Sie dies begründen.
Bemerkt wird, dass der Referent nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens weder eine Veranlassung zur Aussetzung der Entscheidung noch - mangels Konkretisierung der vermeintlichen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit - zur Einholung einer Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften sieht.
Die Sechste Richtlinie wurde vom Rat gemäß den Vorschriften des EGV einstimmig erlassen; der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hatte in seinem Urteil vom 28. September 2006, C-128/05 , Kommission/Österreich, auch die Kleinunternehmerregelung des Art. 24 der Sechsten Richtlinie auszulegen, ohne dass von diesem primärrechtliche Bedenken gegen diese Regelung geäußert wurden (siehe Rz. 22 ff. des Urteils). Ein Vortrag der Berufungswerberin, aus welchen Gründen ein Verstoß gegen das Recht der Gemeinschaft vorliegen soll, ist bislang unterblieben.
Nach Ansicht des Referenten wird das dem nicht letztinstanzlich entscheidenden nationalen Gericht durch Art. 234 2. Absatz EGV eingeräumte Ermessen, ob dieses ein Vorabentscheidungsverfahren einleitet, dahingehend auszuüben sein, ohne substantiiertes Parteivorbringen bloße Behauptungen einer fehlenden Gemeinschaftsrechtskonformität, die es an jeglicher Konkretisierung fehlen lassen, nicht an den Gerichtshof heranzutragen..."
Mit Schreiben vom 21. November 2008 (eingelangt am 26. November 2008) beantragte die Bw. durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter, "die Frist zur Beantwortung des Vorhaltes vom 19.11.2008 bis 25.03.2009 zu erstrecken", "nachdem hinsichtlich der gegenständlichen Rechtsfrage eine ausführliche Stellungnahme einzuholen ist."
Mit verfahrensleitendem Bescheid vom 27. November 2008 wurde der Antrag der Bw., die Frist zur Beantwortung des Vorhaltes vom 19. November 2008 bis 25. März 2009 zu erstrecken, durch den Unabhängigen Finanzsenat abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt:
"Im erstinstanzlichen Verfahren wurde bereits mit Schreiben vom 31. Mai 2007 durch den rechtsfreundlichen Vertreter der Berufungswerberin (Bw.) behauptet: "Die Einschränkung der Regelung nach § 6 Abs. (1) Zif. 27 UStG, dass als Kleinunternehmer nur ein Unternehmer gilt, der im Inland einen Wohnsitz oder Sitz hat, ist aus europarechtlicher Sicht und unter Gleichheitsaspekten nicht zulässig. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass ein Vertragsverletzungsverfahren beim EuGH anhängig ist." Weitere Ausführungen zur behaupteten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit wurden nicht getätigt.
Auch in der mit 18. Juli 2007 datierten Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2006 wurde diesbezüglich lapidar ausgeführt: "Die Einschränkung der Regelung nach § 6 Abs. 1 Zif. 27 Umsatzsteuergesetz, dass als Kleinunternehmer nur ein Unternehmer gilt, der im Inland einen Wohnsitz oder Sitz hat, ist aus europarechtlicher Sicht und unter Gleichheitsaspekten nicht zulässig. Durch die gesetzliche Regelung, wonach die Befreiung des § 6 Abs. 1 Zif. 27 UStG nur für Kleinunternehmer mit Sitz oder Wohnsitz im Inland gelte, wird [die Bw.] in rechtswidriger Weise benachteiligt. Es liegt daher eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit vor, die von der Abgabenbehörde zu berücksichtigen ist. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass ein Vertragsverletzungsverfahren beim EuGH anhängig ist."
Im Vorlageantrag vom 27. August 2007 wird zur behaupteten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit ausgeführt: "Seit dem Beitritt Österreichs zur EU hat das Umsatzsteuerrecht dem Rechtssystem der Europäischen Union zu entsprechen. Mangels einer entsprechenden Sonderregelung widerspricht die Einschränkung der "Kleinunternehmerregelung" auf Personen, die ihren Sitz im Bundesgebiet der Republik Österreich haben, dem Gemeinschaftsrecht (abgesehen von der Verfassungswidrigkeit dieser Regelung, soweit dadurch österreichische Staatsbürger betroffen sind)."
In Beantwortung eines Vorhalts der Abgabenbehörde zweiter Instanz, in welchem die gemeinschaftsrechtliche Rechtslage dargestellt wurde, wurde erstmals eingeräumt, dass der Bw. bekannt sei, "dass der UFS die Rechtsansicht vertritt, dass sich das Erfordernis der Ansässigkeit unmittelbar aus der 6. MwSt-RL ergebe, weshalb sich § 6 Abs. 1 Z 27 UStG als richtlinienkonforme Umsetzung von EU-Recht in innerstaatliches Recht darstelle" und weiter dargelegt: "Der VwGH hat den Vorrang primärrechtlicher Rechtsnormen gegenüber dem Sekundärrecht der EG erkannt. Der VwGH hat zu GZ 2006/15/0056 dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 234 EG folgende Fragen zur Entscheidung vorgelegt: [Es folgt die Wiedergabe des Spruches des Beschlusses des VwGH vom 24.9.2007, 2006/15/0056 ]. Wegen der im vorliegenden Abgabenverfahren zu entscheidenden Rechtsfrage ist beim Verwaltungsgerichtshof und beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ein Verfahren anhängig, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung ist."
Mit Vorhalt vom 19. November 2008 wurde die Bw. - nach Rechtsausführungen - aufgefordert, bis zum 2. Dezember 2008 darzulegen,
"- aus welchen Gründen der Ausgang des beim VwGH zur Zahl 2006/15/0056 (beim EuGH zur Zahl C-460/07 ) anhängigen Verfahrens für das hier gegenständliche Verfahren von wesentlicher Bedeutung sei,
- worin konkret Sie die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Kleinunternehmerregelung erblicken und wie Sie dies begründen."
Mit Eingabe vom 21. November 2008 wurde von der Bw. beantragt, die Frist zur Beantwortung dieses Vorhaltes "bis 25.03.2009" zu erstrecken, da "hinsichtlich der gegenständlichen Rechtsfrage eine ausführliche Stellungnahme einzuholen ist".
Gemäß § 110 Abs. 2 BAO können von der Abgabenbehörde festgesetzte Fristen verlängert werden.
Die Bw. hat es unterlassen darzulegen, aus welchen Gründen "aus europarechtlicher Sicht" die Nichtanwendung der Kleinunternehmerregelung auf die (nur) im Ausland ansässige Bw. unzulässig sein solle.
Zunächst wurde auf ein nicht näher bezeichnetes Vorabentscheidungsverfahren verwiesen, dann behauptet, die Beschränkung der Kleinunternehmerregelung auf im Inland Ansässige sei gemeinschaftsrechtswidrig.
Nach Vorhalt des Art. 24 der Sechsten Richtlinie ( Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ) führte die Bw. erstmals aus, ihr sei die diesbezügliche Entscheidungspraxis des UFS bekannt, aber der VwGH habe "den Vorrang primärrechtlicher Rechtsnormen gegenüber dem Sekundärrecht der EG erkannt" und beantragte die Aussetzung der Entscheidung zu dem zur Zahl 2006/15/0056 anhängigen Vorabentscheidungsverfahren. Worin die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit konkret bestehen solle, wurde nach wie vor nicht dargelegt.
Der nunmehrige Fristerstreckungsantrag ist als in Verschleppungsabsicht gestellt anzusehen und abzuweisen.
Wenngleich die Berufung vom 18. Juli 2007 begründet im Sinne von § 250 Abs. 1 lit. d BAO ist, da - neben Ausführungen zur nach Ansicht der Bw. fehlenden Verfassungskonformität der eine vermeintlich österreichische Staatsbürgerin betreffenden Regelung - das Fehlen einer gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgrundlage behauptet wurde, ist nunmehr nicht erkennbar, worin die Bw. eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt:
Nach Mitteilung der gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgrundlage - Art. 24 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie - behauptet die Bw. zwar weiterhin Gemeinschaftsrechtswidrigkeit, führt aber nicht an, worin diese bestehen solle.
Die Bw. hat auch in ihrem Fristerstreckungsantrag nicht dargelegt, worin konkret sie die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt.
Der Bw. ist zwar beizupflichten, dass eine "ausführliche Stellungnahme" zu Fragen des Gemeinschaftsrechts durchaus Zeit in Anspruch nehmen kann, allerdings hätte die Bw. im Rechtsmittelverfahren mehr als ein Jahr Zeit gehabt, sich mit der von ihr behaupteten Verletzung des Gemeinschaftsrechtes auseinanderzusetzen.
Es kann nicht angehen, zunächst bloße Behauptungen aufzustellen und dann mehrmonatige Fristerstreckungen zu beantragen, um diese Behauptungen (vielleicht) zu substantiieren. Hierdurch würden sich auch die gesetzlichen Regelungen über die Berufungsfrist ( § 245 Abs. 1 BAO ) ad absurdum führen.
Unter Berücksichtigung des Gesetzesauftrages zur Einhaltung der Grundsätze der der Einfachheit, Raschheit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§§ 10 Abs. 5, 12 Abs. 1 UFSG ) war daher die beantragte Fristverlängerung nicht zu gewähren."
Mit Eingabe vom 2. Dezember 2008 führte die Bw. durch ihren rechtsfreundliche Vertreter unter anderem aus:
"Durch die Regelung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 werden Unternehmer mit Sitz im übrigen Gemeinschaftsgebiet bzw Drittlandsgebiet benachteiligt, da bei inländischen Kleinunternehmern die inländische Wertschöpfung nicht der Mehrwertsteuer unterzogen wird.
Zwar ist den Mitgliedstaaten gem. Art. 24 Abs. 1 der 6. MwSt-RL erlaubt, vereinfachte Modalitäten für die Besteuerung von Kleinunternehmern anzuwenden sowie gem. Art. 24 Abs. 2 lit. a bereits eingeführte Steuerbefreiungen oder degressive Steuerermäßigungen beizubehalten, ,wenn diese mit dem System der Mehrwertsteuer im Einklang stehen'. Jedoch dürfen diese Möglichkeiten nicht ausschließlich an europa- und primärrechtswidrige Kriterien geknüpft sein, wie diese in Abs. 3 geschieht.
Art. 24 Abs. 3 der 6. MwSt-RL besagt, dass Leistungen, die von einem Steuerpflichtigen, der nicht im Inland ansässig ist, bewirkt bzw. erbracht werden, von der Befreiung auf jeden Fall auszuschließen sind.
Dies stellt eine sachlich nicht gerechtfertigte und willkürliche Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs dar und ist somit unzulässig.
Wenngleich es sich hier nicht um eine unmittelbare Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit handelt, sondern eine mittelbare Diskriminierung auf Grund des Kriteriums des unterschiedlichen Wohnsitzes vorliegt, werden im Wesentlichen Angehörige anderer Mitgliedstaaten faktisch benachteiligt, da die unterschiedliche steuerliche Behandlung an das Ansässigkeitskriterium knüpft und die Anwendung dieses Unterscheidungsmerkmals zum gleichen Ergebnis führt wie eine direkte Diskriminierung (Diskriminierungsverbot gem. Art. 12 EGV ). Nach ständiger Rsp des EuGH besteht bei einer nationalen Rechtsvorschrift, die eine Unterscheidung auf Grund des Kriteriums des Wohnsitzes trifft, die Gefahr, dass es sich im überwiegenden Maße zum Nachteil der Angehörigen anderer Mitgliedstaaten auswirkt, da Gebietsfremde meist Ausländer sind (vgl. Rs C-224/98 , Ciola/Land Vorarlberg, Slg. 1999, S. I-251 ff. - Urteil vom 29. April 1999 sowie Rs C-350/96 , Clean Car Autoservice, Slg. 1996, S. I-521, Randnr. 29).
Im vorliegenden Fall liegt hiermit ein - wenngleich mittelbarer - grober und eklatanter Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 49 EGV vor. Aus europarechtlicher Sicht und unter Gleichheitsaspekten ist Zusammenrechung des inländischen und ausländischen Umsatzes für die Ermittlung der Umsatzgrenze des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG für alle Unternehmer zu fordern (vgl. Pülzl in SWK 2006, S 824).
Diese sekundärrechtlichen Bestimmungen des Art. 24 widersprechen eindeutig europäischem Primärrecht ( Art. 12 , Art. 49 EGV ), was einen groben Verstoß gegen den Stufenbau der europäischen Rechtsordnung darstellt (vgl. auch die Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in Rs C-128/05 ). Somit sind auch innerstaatliche Bestimmungen (wie insbesondere jene des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 ), die auf Grund einer primärrechtswidrigen Richtlinie erlassen worden sind, von vornherein gemeinschaftsrechtswidrig.
Auf Grund dieser als überaus bedenklich zu beurteilenden Gemeinschaftsrechtswidrigkeit von innerstaatlichen Rechtsnormen ist daher auch der Ausgang des Verfahrens zur Zahl C-460/07 vor dem EuGH von größter Bedeutung. Auch dort stellt die Inländereigenschaft die zentrale Anknüpfung für die Beurteilung einer allfälligen Europarechtswidrigkeit dar. Wie im vorliegenden Verfahren wird auch dort der Verstoß der in Frage stehenden 6. MwSt-RL (dort ihr Art. 17) sowie die dadurch ergangene, innerstaatliche Bestimmung (der § 12 UStG 1994 ) gegen gemeinschaftsrechtliche Grundrechte überprüft."
Mit Schreiben vom 9. Dezember 2008 wurde die Bw. ersucht, bis 16. Feber 2009 - gegliedert nach den einzelnen Staaten, in denen die Umsätze ausgeführt wurden - mit Ausnahme der den österreichischen Abgabenbehörden bekannten Umsätze aus der Vermietung der Wohnung in Krems an der Donau alle weiteren von ihr im Gemeinschaftsgebiet im Jahr 2006 erzielten Umsätze bekannt zu geben und ferner darzulegen, woraus sie ableite, dass in der Rechtssache C-460/07 (Beschluss des VwGH vom 24. September 2007, 2006/15/0056) "die Inländereigenschaft die zentrale Anknüpfung für die Beurteilung einer allfälligen Europarechtswidrigkeit" darstelle, da sich diese Annahme jedenfalls der im RIS veröffentlichten Fassung des Beschlusses des VwGH nicht entnehmen lasse. Ferner erging die Einladung, die bisherigen Ausführungen zu dem ihrer Ansicht nach gegebenen "groben Verstoß gegen den Stufenbau der europäischen Rechtsordnung" im Hinblick auf ein allfälliges Vorabentscheidungsersuchen des Unabhängigen Finanzsenats im gegenständlichen Verfahren zu ergänzen.
Dem Finanzamt Waldviertel wurde mit Schreiben vom gleichen Tag die Stellungnahme der Bw. vom 2. Dezember 2008 mitgeteilt, wobei zur Äußerung (und Beantwortung des Vorhalts vom 14. Oktober 2008) eine Frist ebenfalls bis 16. Feber 2009 gesetzt wurde.
Mit Schreiben vom 15. Dezember 2008 erhob die Bw. durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007 mit dem Antrag "festzustellen, dass von [der Bw.] für das Jahr 2007 eine Umsatzsteuer nicht zu entrichten ist."
Begründet wurde die Berufung im Wesentlichen wie im Vorbringen betreffend das Jahr 2006, insbesondere wie in der Eingabe vom 2. Dezember 2008, obwohl für das Jahr 2007 Art. 24 der Sechsten Richtlinie nicht zur Anwendung kommt.
Auch die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007 wurde vom Finanzamt Waldviertel dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt und hier zur GZ. RV/0153-W/09 erfasst.
Mit Schreiben vom 9. Feber 2009 gab das Finanzamt Waldviertel nachstehende Stellungnahme ab und teilte informativ mit, "dass die zuständige Fachabteilung des BMF diesbezüglich keine (zusätzliche) Stellungnahme an den UFS abgeben wird":
"Bezugnehmend auf Ihre Schreiben vom 14.10. bzw. 9.12.2008 ergeht seitens des Finanzamtes Waldviertel (nach Rücksprache mit BMF u. bundesw. Fachbereich) hinsichtlich eines beabsichtigten Vorabentscheidungsersuchens zur Gemeinschaftswidrigkeit der österreichischen Kleinunternehmerregelung folgende Stellungnahme:
Die innerstaatliche Regelung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 wurde richtlinienkonform umgesetzt. Die Ansässigkeit im Inland als Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung für Kleinunternehmer gem. § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 verstößt nicht gegen Gemeinschaftsrecht sondern ergibt sich unmittelbar aus Art. 24 Abs. 3 dritter Unterabsatz der 6. MWSt-RL bzw. aus Art 283 der MWSt-RL 2006/112 . Ein Verstoß der in Frage stehenden Bestimmungen der 6. MWSt-RL und der MWSt-RL 2006/112 gegen Primärrecht der Gemeinschaft ist nicht ersichtlich."
Eine fristgerechte Antwort der Bw. auf das Ergänzungsersuchen vom 9. Dezember 2009 erfolgte nicht.
Da im Hinblick auf die bisherige Entscheidungspraxis des UFS die Einholung einer Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften geboten erscheine, beantragte der Referent in weiterer Folge gemäß § 282 Abs. 1 Z 2 BAO unter Hinweis auf Ritz, BAO, 3. Auflage, § 282 Tz. 9 m. w. N. die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat.
Mit durch den gesamten Berufungssenat getroffenem Beschluss UFS 4. 3. 2009, RV/0679-W/09, legte der Unabhängige Finanzsenat dem EuGH (von diesem zur Zahl RS C-97/09 erfasst) gemäß Artikel 234 EGV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:
"1. Verstößt die Wortfolge "sowie die Lieferungen von Gegenständen bzw. die Dienstleistungen, die von einem Steuerpflichtigen, der nicht im Inland ansässig ist, bewirkt bzw. erbracht werden" in Artikel 24 Absatz 3 und in Artikel 28i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerliche Bemessungsgrundlage (in der Folge: Sechste Richtlinie) in der Fassung der Ziffer 21 der Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG und zur Einführung von Vereinfachungsmaßnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer sowie eine diese Bestimmung in das nationale Recht umsetzende Regelung gegen den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (in der Folge: EGV ), insbesondere gegen das Diskriminierungsverbot ( Artikel 12 EGV ), gegen die Niederlassungsfreiheit (Artikel 43 ff. EGV ), die Dienstleistungsfreiheit (Artikel 49 ff. EGV ), oder gegen gemeinschaftsrechtliche Grundrechte (den gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz), weil die Bestimmung bewirkt, dass Unionsbürger, die nicht im jeweiligen Inland ansässig sind, von der Steuerbefreiung nach Artikel 24 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie (Sonderregelung für Kleinunternehmen) ausgeschlossen sind, während Unionsbürger, die im jeweiligen Inland ansässig sind, diese Steuerbefreiung in Anspruch nehmen können, sofern der jeweilige Mitgliedstaat richtlinienkonform eine Steuerbefreiung für Kleinunternehmer gewährt?
2. Verstößt die Wortfolge "die Lieferungen von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch einen Steuerpflichtigen, der nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet wird" in Artikel 283 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (in der Folge: Mehrwertsteuersystemrichtlinie) sowie eine diese Bestimmung in das nationale Recht umsetzende Regelung gegen den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (in der Folge: EGV ), insbesondere gegen das Diskriminierungsverbot ( Artikel 12 EGV ), gegen die Niederlassungsfreiheit (Artikel 43 ff. EGV ), die Dienstleistungsfreiheit (Artikel 49 ff. EGV ), oder gegen gemeinschaftsrechtliche Grundrechte (den gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz), weil die Bestimmung bewirkt, dass Unionsbürger, die nicht im jeweiligen Mitgliedstaat ansässig sind, von der Steuerbefreiung nach den Artikeln 282 ff. der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Sonderregelung für Kleinunternehmen) ausgeschlossen sind, während Unionsbürger, die im jeweiligen Mitgliedstaat ansässig sind, diese Steuerbefreiung in Anspruch nehmen können, sofern der jeweilige Mitgliedstaat richtlinienkonform eine Steuerbefreiung für Kleinunternehmer gewährt?
3. Falls Frage 1 bejaht wird: Ist die Wortfolge "sowie die Lieferungen von Gegenständen bzw. die Dienstleistungen, die von einem Steuerpflichtigen, der nicht im Inland ansässig ist, bewirkt bzw. erbracht werden" in Artikel 24 Absatz 3 und in Artikel 28i der Sechsten Richtlinie im Sinne des Artikel 234 Buchstabe b EGV ungültig?
4. Falls Frage 2 bejaht wird: Ist die Wortfolge "die Lieferungen von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch einen Steuerpflichtigen, der nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet wird" in Artikel 283 Absatz 1 Buchstabe c der Mehrwertsteuersystemrichtlinie im Sinne des Artikel 234 Buchstabe b EGV ungültig?
5. Falls Frage 3 bejaht wird: Ist unter "Jahresumsatz" im Sinne des Anhanges XV des Vertrages zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Griechischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Portugiesischen Republik, dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und dem Königreich Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden über den Beitritt des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland, des Königreichs Schweden zur Europäischen Union samt Schlussakte (EU-Beitrittsvertrag), IX. Steuern, Z 2, Buchstabe c bzw. von Artikel 24 der Sechsten Richtlinie der in einem Jahr im jeweiligen Mitgliedsstaat, für den die Kleinunternehmerregelung in Anspruch genommen wird, erzielte Umsatz oder der in einem Jahr im gesamten Gemeinschaftsgebiet erzielte Umsatz des Unternehmers zu verstehen?
6. Falls Frage 4 bejaht wird: Ist unter "Jahresumsatz" im Sinne des Artikels 287 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie der in einem Jahr im jeweiligen Mitgliedsstaat, für den die Kleinunternehmerregelung in Anspruch genommen wird, erzielte Umsatz oder der in einem Jahr im gesamten Gemeinschaftsgebiet erzielte Umsatz des Unternehmers zu verstehen?"
Die Entscheidung über die Berufungen gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2006 und 2007 wurde bis zum Ergehen der Entscheidung des Gerichtshofes ausgesetzt.
Die nähere Begründung des Beschlusses ist in der Findok (UFS 4. 3. 2009, RV/0679-W/09) veröffentlicht.
Mit Schreiben vom 10. März 2009 gab hierauf die Bw. durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter dem Unabhängigen Finanzsenat bekannt, dass sie in den Jahren 2006 und 2007 außer den streitgegenständlichen Umsätzen aus der Vermietung in Krems an der Donau im Gemeinschaftsgebiet keine weiteren Umsätze erzielt habe.
Der Unabhängige Finanzsenat teilte dies dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mit Schreiben vom 17. März 2009 mit.
Das Vorabentscheidungsverfahren fand in der Literatur unter anderem folgenden Niederschlag:
Dziurdz, Steuerbefreiung nach § 6 Abs 1 Z 27 UStG auch für im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Kleinunternehmer? ÖStZ 2009/696, 350; Huber, Kleinunternehmerbefreiung auch für ausländische Unternehmer? taxlex-SRa 2009/63; Pülzl, Der UFS und das Recht auf den gesetzlichen Richter, SWK 13/14/2009, T 133; Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, 23. Lfg. (August 2009), § 6 Abs. 1 Z 27 Tz. 7a; Wanke, Gemeinschaftsrechtliche Prüfung der Kleinunternehmerregelung, RdW 2009/256, 310; Wanke/Jahns/Klein, Vereinbarkeit einzelner Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinien mit dem EG-Vertrag, UFSjournal 2009, 178; Dziurdz, Umsatzsteuerbefreiung für Kleinunternehmer und Diskriminierungsverbote in Doppelbesteuerungsabkommen, SWI 2010, 266; Gurtner/Hofbauer-Steffel/Kofler, Vorlagefragen und Vertragsverletzungsverfahren - Sonderregelung für Kleinunternehmer gemeinschaftsrechtskonform? taxlex-EC 2010/112, 314; E. Kossarz/A. Pichler, Kleinunternehmerregelung nur für inländische Unternehmer - gemeinschaftsrechtskonform? RdW 2010/191, 180; Tschiderer/Mayr/Kanduth-Kristen in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig (Hrsg.), UStG-Kommentar 1.07 § 6 Rz. 648; Endfellner, UStG: Derzeitiges Verständnis der Kleinunternehmerregelung laut Generalanwältin EU-widrig, FJ 2010, 269; Gurtner/Hofbauer-Steffel/Kofler, Schlussanträge der Generalanwältin - Anwendung der Steuerbefreiung für Kleinunternehmer, taxlex-EC 2010/112, 314; Mayr, Umsatzsteuer-Update: Aktuelles auf einen Blick, SWK 20/21/2010, S 653; Stöger-Frank, Aktuelles vom EuGH: Schlussanträge in Sachen Kleinunternehmerregelung, UFSjournal 2010, 248.
Am 2. November 2010 langte beim Unabhängigen Finanzsenat das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH 26. 12. 2010, C-97/09 ) ein.
Hierin erkannte der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht:
"1. Die Prüfung der Fragen hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Art. 24 Abs. 3 und 28i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2006/18/EG des Rates vom 14. Februar 2006 geänderten Fassung sowie des Art. 283 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem im Hinblick auf Art. 49 EG berühren könnte.
2. Die Art. 24 und 24a der Richtlinie 77/388 in der durch die Richtlinie 2006/18 geänderten Fassung sowie die Art. 284 bis 287 der Richtlinie 2006/112 sind dahin auszulegen, dass der Begriff "Jahresumsatz" den Jahresumsatz meint, den ein Unternehmen in einem Jahr in dem Mitgliedstaat erzielt, in dem es ansässig ist."
Mit Vorhalt vom 2. November 2010, zugestellt jeweils am 8. November 2010, wurden die Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens vom Unabhängigen Finanzsenat eingeladen, sich innerhalb von acht Wochen zu dem auf Grund des Vorlagebeschlusses des UFS 4. 3. 2009, RV/0679-W/09, ergangenen Urteil des EuGH 26. 10. 2010, C-97/09 zu äußern.
Hierauf gab das Finanzamt Waldviertel mit Schreiben vom 9. November 2010 bekannt, "dass - nunmehr gestärkt durch das EuGH-Urteil - weiterhin an der Begründung lt. Vorlageantrag vom 13.9.2007 festgehalten und beantragt wird, die Berufungen als unbegründet abzuweisen."
Die Bw. gab keine Erklärung ab.
In der Literatur wurde das Urteil das EuGH von Kühbacher, Die Kleinunternehmerregelung ist unionsrechtskonform! SWK 32/2010, S 950, Wanke, EuGH: Die Beschränkung des Dienstleistungsverkehrs durch die Kleinunternehmerregelung ist gerechtfertigt, UFSjournal 12/2010, 447, A. Pichler/E. Kossarz, Die Kleinunternehmerregelung im Spannungsverhältnis zwischen primärem und sekundärem EU-Recht, RdW 2010/813, 812, von Entfellner, UStG: Diskriminierung durch die Kleinunternehmerregelung laut EuGH gerechtfertigt, Finanz-Journal 2011, 1, und von Lang, Art. 24 OECD-Musterabkommen, Ansässigkeit und Umsatzsteuer, SWI 2011, 469 besprochen.
Ferner fand die Entscheidung Eingang in die Kommentarliteratur (Tschiderer/Mayr/Kanduth-Kristen in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig [Hrsg.], UStG-ON 2.00 § 6 Rz 648; Wakounig/Mayr in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig [Hrsg.], UStG-ON 2.00 § 7 Rz 47; Windsteig in Melhardt/Tumpel [Hrsg.], UStG § 2 Rz 178; Rattinger in Melhardt/Tumpel [Hrsg.], UStG § 6 Rz 667; Ruppe/Achatz, UStG4, § 6 Tz 446, Tz 450; Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer - UStG 199428, zu Art 1 UStG, Tz 53; Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer - Mehrwertsteuersystemrichtlinie30, zu Artikel 283 MwStSysRL, zu Artikel 287 MwStSysRL).
Der UFS hat mit Berufungsentscheidung UFS 7. 12. 2010, RV/0571-I/07, einen Verstoß der Kleinunternehmerregelung - unter Hinweis auf EuGH 26. 10. 2010, C-97/09 - sowohl gegen Unionsrecht als auch gegen das Doppelbesteuerungsabkommen Österreich - Deutschland verneint.
Mit E-Mail vom 31. Jänner 2011 übermittelte das Finanzamt Waldviertel eine Eingabe des rechtsfreundlichen Vertreters, wonach die Bw. am 3. Dezember 2010 verstorben und eine Erbfolge noch nicht festgestellt sei. Da ein Vertreter der Verlassenschaft bisher nicht bestellt worden sei, könnten derzeit keine wirksamen Zustellungen erfolgen.
Die Berufungsbehörde ersuchte hierauf mit Note vom 1. Feber 2011 das voraussichtlich für das Abhandlungsverfahren der in Deutschland wohnhaft gewesenen und über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügenden Bw. zuständige Amtsgericht, unter Angabe von Namen und Anschrift des Vertreters oder des bzw. der Erben den Unabhängigen Finanzsenat in Kenntnis zu setzen, wenn ein allfälliger Vertreter der Verlassenschaft bestellt oder die Verlassenschaft eingeantwortet wird.
Das Finanzamt Waldviertel gab mit E-Mail vom 5. Oktober 2011 dem Unabhängigen Finanzsenat bekannt, dass die Verlassenschaft mittlerweile eingeantwortet und von den Erben der im Spruch der Entscheidung ersichtliche rechtsfreundliche Vertreter bevollmächtigt worden sei.
Mit Vorhalt vom 6. Oktober 2011, zugestellt am 10. Oktober 2011, wurden die Erben nach der Bw. vom Unabhängigen Finanzsenat eingeladen, sich innerhalb von acht Wochen zu dem auf Grund des Vorlagebeschlusses des UFS 4. 3. 2009, RV/0679-W/09, ergangenen Urteil des EuGH 26. 10. 2010, C-97/09 zu äußern.
Eine derartige Äußerung erfolgte - wie schon zuvor durch die Bw. - nicht.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist zunächst, ob die einzige und befristete Vermietung einer von der Eigentümerin nicht benutzten Wohnung eine unternehmerische Tätigkeit darstellt.
Weiterhin ist strittig, ob die Regelung betreffend die Kleinunternehmerschaft gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 nur auf im Inland ansässige Unternehmer beschränkt werden darf, ferner ob die Bw. im Berufungszeitraum im Inland ansässig war.
Rechtsgrundlagen
§ 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994in der hier maßgeblichen Fassung lautet:
"(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:
1. Die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung bewirkt wird oder kraft gesetzlicher Vorschrift als bewirkt gilt;"
§ 2 Abs. 1 UStG 1994in der hier maßgeblichen Fassung lautet:
"(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird."
§ 6 Abs. 1 UStG 1994 in der hier maßgeblichen Fassung lautet (auszugsweise):
"Von den unter § 1 Abs. 1 Z 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:
...
16. die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, auf welche die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke Anwendung finden, und von staatlichen Hoheitsrechten, die sich auf die Nutzungen von Grund und Boden beziehen; die Überlassung der Nutzung an Geschäftsräumen und anderen Räumlichkeiten auf Grund von Nutzungsverträgen ist als Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken anzusehen. Nicht befreit sind:
- die Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Grundstücken für Wohnzwecke;
- die Vermietung und Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstückes sind;
- die Beherbergung in eingerichteten Wohn- und Schlafräumen;
- die Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Räumlichkeiten oder Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen aller Art;
- die Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Grundstücken für Campingzwecke;
...
27. die Umsätze der Kleinunternehmer. Kleinunternehmer ist ein Unternehmer, der im Inland einen Wohnsitz oder Sitz hat und dessen Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 im Veranlagungszeitraum 22.000 Euro*) nicht übersteigen. Bei dieser Umsatzgrenze bleiben die Umsätze aus Hilfsgeschäften einschließlich der Geschäftsveräußerungen außer Ansatz. Das einmalige Überschreiten der Umsatzgrenze um nicht mehr als 15% innerhalb eines Zeitraumes von fünf Kalenderjahren ist unbeachtlich. Nicht unter die Steuerbefreiung fallen die Umsätze, die nach § 20 Abs. 4 und 5 besteuert werden;..."
*) 2007: 30.000 Euro
§ 6 Abs. 3 UStG 1994lautet:
"(3) Der Unternehmer, dessen Umsätze nach § 6 Abs. 1 Z 27 befreit sind, kann bis zur Rechtskraft des Bescheides gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, daß er auf die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 27 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zum Ablauf des ersten Kalendermonates nach Beginn dieses Kalenderjahres zu erklären."
Art. 7 Abs. 1 B-VGlautet:
"Artikel 7. (1) Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten."
Art. 4 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerliche Bemessungsgrundlage (in der Folge: Sechste Richtlinie) lautet auszugsweise:
(1) Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.
(2) Die in Absatz 1 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten sind alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt auch eine Leistung, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfasst.
(3) Die Mitgliedstaaten können auch solche Personen als Steuerpflichtige betrachten, die gelegentlich eine der in Absatz 2 genannten Tätigkeiten ausüben und insbesondere eine der folgenden Leistungen erbringen:
a) die Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden, wenn sie vor dem Erstbezug erfolgt. Die Mitgliedstaaten können die Einzelheiten der Anwendung dieses Kriteriums auf Umbauten von Gebäuden und den Begriff "dazugehöriger Grund und Boden" festlegen. Die Mitgliedstaaten können andere Kriterien als das des Erstbezugs bestimmen, z. B. den Zeitraum zwischen der Fertigstellung des Gebäudes und dem Zeitpunkt seiner ersten Lieferung, oder den Zeitpunkt zwischen dem Erstbezug und der späteren Lieferung, sofern diese Zeiträume fünf bzw. zwei Jahre nicht überschreiten.
Als Gebäude gilt jedes mit dem Boden fest verbundene Bauwerk;
b) die Lieferung von Baugrundstücken.
Als Baugrundstücke gelten erschlossene oder unerschlossene Grundstücke entsprechend den Begriffsbestimmungen der Mitgliedstaaten.
(4) Der in Absatz 1 verwendete Begriff "selbständig" schließt die Lohn- und Gehaltsempfänger und sonstige Personen von der Besteuerung aus, soweit sie an ihren Arbeitgeber durch einen Arbeitsvertrag oder ein sonstiges Rechtsverhältnis gebunden sind, das hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsentgelts sowie der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers ein Verhältnis der Unterordnung schafft.
Vorbehaltlich der Konsultation nach Artikel 29 steht es jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln.
(5) Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts ..."
Art. 13 Teil B lit. b der Sechsten Richtlinie lautet in der im Berufungszeitraum anzuwendenden Fassung auszugsweise:
"B. Sonstige Steuerbefreiungen
Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsrechtsvorschriften befreien die Mitgliedsstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:
...
b) die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken mit Ausnahme
1. der Gewährung von Unterkunft im Hotelgewerbe entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten oder in Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung, einschließlich der Vermietung in Ferienlagern oder auf als Campingplätzen erschlossenen Grundstücken,
2. der Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen,
3. der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen,
4. der Vermietung von Schließfächern.
Die Mitgliedstaaten können weitere Ausnahmen vom Geltungsbereich dieser Befreiung vorsehen;
..."
Art. 24 der Sechsten Richtlinie lautet in der im Berufungszeitraum anzuwendenden Fassung auszugsweise:
"....
(2) Bis zu einem Zeitpunkt, der vom Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig festgelegt wird, der jedoch nicht später liegen darf als der Zeitpunkt, zu dem die Einfuhrbesteuerung und die steuerliche Entlastung der Ausfuhr im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten beseitigt werden, gilt folgendes:
a) Mitgliedstaaten, die von der Möglichkeit nach Artikel 14 der zweiten Richtlinie des Rates vom 11. April 1967 Gebrauch gemacht und Steuerbefreiungen oder degressive Steuerermäßigungen eingeführt haben, dürfen diese sowie deren Durchführungsbestimmungen beibehalten, wenn sie mit dem System der Mehrwertsteuer im Einklang stehen.
Mitgliedstaaten, in denen für Steuerpflichtige, deren Jahresumsatz geringer als der in nationalen Währungen ausgedrückte Gegenwert von 5.000 Europäischen Rechnungseinheiten zum Umrechnungskurs am Tag der Genehmigung dieser Richtlinie ist, eine Steuerbefreiung gilt, können diese Steuerbefreiung auf 5.000 Europäische Rechnungseinheiten erhöhen.
Mitgliedstaaten, die eine degressive Steuerermäßigung anwenden, dürfen die obere Grenze für diese Ermäßigung nicht heraufsetzen und diese Ermäßigung nicht günstiger gestalten.
b) Mitgliedstaaten, die von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht haben, können den Steuerpflichtigen, deren Jahresumsatz maximal dem in nationalen Währungen ausgedrückten Gegenwert von 5.000 Europäischen Rechnungseinheiten zum Umrechnungskurs am Tag der Genehmigung dieser Richtlinie entspricht, eine Steuerbefreiung gewähren. Sie können gegebenenfalls den Steuerpflichtigen, deren Jahresumsatz die von diesen Staaten für die Steuerbefreiung festgelegte Höchstgrenze überschreitet, eine degressive Steuerermäßigung gewähren.
c) Mitgliedstaaten, in denen für Steuerpflichtige, deren Jahresumsatz genauso groß wie oder größer als der in nationalen Währungen ausgedrückte Gegenwert von 5.000 Europäischen Rechnungseinheiten ist, eine Steuerbefreiung gilt, können diese Befreiung zur Wahrung des realen Wertes erhöhen.
...
(3)
...
Auf jeden Fall sind die Lieferungen von neuen Fahrzeugen, die unter den Bedingungen des Artikels 28 c Teil A bewirkt werden, sowie die Lieferungen von Gegenständen bzw. die Dienstleistungen, die von einem Steuerpflichtigen, der nicht im Inland ansässig ist, bewirkt bzw. erbracht werden, von der Befreiung gemäß Absatz 2 ausgeschlossen.
..."
Art. 28 der Sechsten Richtlinie lautet in der Fassung der Richtlinie 2000/17/EG des Rates vom 30. März 2000 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem: Übergangsregelungen für die Republik Österreich und die Portugiesische Republik auszugsweise:
"...
(2)...
"j) Die Republik Österreich darf auf die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke einen der beiden in Artikel 12 Absatz 3 Buchstabe a) Unterabsatz 3 genannten ermäßigten Sätze anwenden, sofern dieser Satz mindestens 10 % beträgt.
..."
Anhang XV des Vertrages zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Griechischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Portugiesischen Republik, dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und dem Königreich Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden über den Beitritt des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland, dem Königreichs Schweden zur Europäischen Union samt Schlussakte (EU-Beitrittsvertrag), IX. Steuern, Z 2 lautet auszugsweise:
"...
c) Bei Anwendung von Art. 24 Absätze 2 bis 6 kann die Republik Österreich bis zum Erlass gemeinschaftlicher Vorschriften in diesem Bereich die Steuerpflichtigen, deren Jahresumsatz geringer als der in Landeswährung ausgedrückte Gegenwert von 35.000 ECU ist, von der Mehrwertsteuer befreien..."
...
e) In Abweichung von Artikel 28 Absatz 2 kann die Republik Österreich bis zum 31. Dezember 1998 einen ermäßigten Steuersatz auf die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke anwenden, sofern der Satz nicht unter 10 vH liegt. Der ermäßigte Satz darf keine Auswirkungen auf die Eigenmittel haben, für die die Bemessungsgrundlage gemäß der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89 des Rates neu festgestellt werden muss.
..."
Die Bestimmung des Anhanges XV, IX. Steuern, Z 2 lit. e des EU-Beitrittsvertrages ist nach herrschender Auffassung in Zusammenhang mit Art. 28 Abs. 2 lit. d der Sechsten Richtlinie so zu verstehen, dass Österreich den ermäßigten Steuersatz solange beibehalten darf, bis Art. 28 Abs. 2 lit. d der Sechsten Richtlinie geändert wird (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 10 Tz 57). Mit der Richtlinie 2000/17/EG des Rates vom 30. März 2000 wurde Österreich die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes für die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke unbefristet gestattet, wenn dieser wenigstens 10% beträgt.
Art. 115 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (in der Folge wird die auch vom EuGH verwendete Kurzbezeichnung Mehrwertsteuerrichtlinie - "the VAT Directive", "La directive TVA" - angegeben, im Gegensatz dazu war bislang in Österreich die Kurzbezeichnung Mehrwertsteuersystemrichtline - MwSt-SystRL oder MwStSystRL - üblich, siehe etwa das Vorabentscheidungsersuchen des entscheidenden Senates oder Berger/Wakounig in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig ([Hrsg.], UStG-ON 2.00, Einleitung) lautet:
"Mitgliedstaaten, die am 1. Januar 1991 auf Dienstleistungen im Gaststättengewerbe, auf Kinderbekleidung und Kinderschuhe sowie auf Wohnungen einen ermäßigten Satz angewandt haben, können diesen Satz weiter anwenden."
Art. 117 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet auszugsweise:
"...
(2) Österreich darf auf die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke einen der beiden ermäßigten Sätze des Artikels 98 anwenden, sofern dieser Satz mindestens 10 % beträgt."
Art. 135 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet auszugsweise:
"(1) Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:
...
l) Vermietung und Verpachtung von Grundstücken.
(2) Die folgenden Umsätze sind von der Befreiung nach Absatz 1 Buchstabe l ausgeschlossen:
a) Gewährung von Unterkunft nach den gesetzlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten im Rahmen des Hotelgewerbes oder in Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung, einschließlich der Vermietung in Ferienlagern oder auf Grundstücken, die als Campingplätze erschlossen sind;
b) Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen;
c) Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen;
d) Vermietung von Schließfächern.
Die Mitgliedstaaten können weitere Ausnahmen von der Befreiung nach Absatz 1 Buchstabe l vorsehen."
Nach Art. 272 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie können die Mitgliedstaaten "Steuerpflichtige, die die Steuerbefreiung für Kleinunternehmen nach den Artikeln 282 bis 292 in Anspruch nehmen", von bestimmten oder allen Pflichten nach den Kapiteln 2 ("Identifikation"), 3 ("Rechnungstellung"), 4 ("Aufzeichnungen"), 5 ("Erklärungspflichten") und 6 ("Zusammenfassende Meldung") des Titels XI ("Pflichten der Steuerpflichtigen und bestimmter nichtsteuerpflichtiger Personen") dieser Richtlinie befreien.
Titel XII ("Sonderregelungen") der Mehrwertsteuerrichtlinie enthält in Kapitel 1 eine "Sonderregelung für Kleinunternehmen". Art. 281 in Abschnitt 1 ("Vereinfachte Modalitäten für die Besteuerung und die Steuererhebung") dieses Kapitels ermöglicht es im Wesentlichen den "Mitgliedstaaten, in denen die normale Besteuerung von Kleinunternehmen wegen deren Tätigkeit oder Struktur auf Schwierigkeiten stoßen würde, ... vereinfachte Modalitäten für die Besteuerung und Steuererhebung ... an[zu]wenden".
Gemäß Art. 282 der Mehrwertsteuerrichtlinie in Abschnitt 2 ("Steuerbefreiungen und degressive Steuerermäßigungen") dieses Kapitels 1 gelten "[d]ie Steuerbefreiungen und -ermäßigungen nach diesem Abschnitt ... für Lieferungen von Gegenständen und für Dienstleistungen, die von Kleinunternehmen bewirkt werden".
Art. 283 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet auszugsweise:
"(1) Dieser Abschnitt gilt nicht für folgende Umsätze:
...
c) die Lieferungen von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch einen Steuerpflichtigen, der nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet wird.
.."
Art. 287 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet auszugsweise:
"Mitgliedstaaten, die nach dem 1. Januar 1978 beigetreten sind, können Steuerpflichtigen eine Steuerbefreiung gewähren, wenn ihr Jahresumsatz den in Landeswährung ausgedrückten Gegenwert der folgenden Beträge nicht übersteigt, wobei der Umrechnungskurs am Tag des Beitritts zugrunde zu legen ist:
...
4. Österreich: 35 000 ECU;
..."
Art. 288 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:
"Der Umsatz, der bei der Anwendung der Regelung dieses Abschnitts zugrunde zu legen ist, setzt sich aus folgenden Beträgen ohne Mehrwertsteuer zusammen:
1. Betrag der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, soweit diese besteuert werden;
2. Betrag der gemäß Artikel 110, Artikel 111 und Artikel 125 Absatz 1 sowie Artikel 127 und Artikel 128 Absatz 1 mit Recht auf Vorsteuerabzug von der Steuer befreiten Umsätze;
3. Betrag der gemäß den Artikeln 146 bis 149 sowie den Artikeln 151, 152 und 153 von der Steuer befreiten Umsätze;
4. Betrag der Umsätze mit Immobilien, der in Artikel 135 Absatz 1 Buchstaben b bis g genannten Finanzgeschäfte sowie der Versicherungsdienstleistungen, sofern diese Umsätze nicht den Charakter von Nebenumsätzen haben.
Veräußerungen von körperlichen oder nicht körperlichen Investitionsgütern des Unternehmens bleiben bei der Ermittlung dieses Umsatzes jedoch außer Ansatz."
Unternehmerische Tätigkeit
Vorab ist im Hinblick auf die diesbezüglichen, knapp gehalten Ausführungen im Vorlageantrag zu prüfen, ob die Bw. mit der Vermietung der Eigentumswohnung eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuerrechts entfaltet hat.
Die Bw. hat nach der Aktenlage das gegenständliche Wohnungseigentumsobjekt im Jahr 1987 erworben und noch im gleichen Jahr (zunächst) auf die Dauer von fünf Jahren vermietet.
Soweit sich dies dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung entnehmen lässt, hat die Bw. jedenfalls seit 1994 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unterzogen, wobei ab 1999 auch Umsatzsteuer zwischen EUR 255,32 und EUR 368,14 jährlich festgesetzt wurde.
Der Unternehmerbegriff des Umsatzsteuerrechtes ist eigenständig definiert und hat nichts mit dem Sprachbegriff der Umgangssprache, auch nichts mit unternehmens-, (handels-), gewerbe- oder wirtschaftsrechtlicher Terminologie zu tun (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 2 Tz 5). Auch unionsrechtlich wird auf nachhaltige, einnahmenorientierte Aktivitäten abgestellt (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 2 Tz 8).
Wie sich aus § 2 Abs. 1 letzter Satz UStG 1994 - im Einklang mit Art. 4 der Sechsten Richtlinie und Art. 9 der Mehrwertsteuerrichtlinie - ergibt, ist unternehmerisch i. S. d. UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen. Nachhaltig ist auch die längerfristige Vermietung und Verpachtung (Nachweise bei Ruppe/Achatz, UStG4, § 2 Tz 50), wobei Ruppe/Achatz (a. a. O.) bei der Nachhaltigkeit einer Vermietung die Grenze bei rund 6 Monaten ziehen.
Da die Bw. jedenfalls seit 1994 laufend Einnahmen aus der Vermietung des Wohnungseigentumsobjekts in der Österreich erzielt, ist sowohl die Voraussetzung der Nachhaltigkeit als auch die Voraussetzung der Einnahmenerzielung gegeben.
Die Bw. ist daher Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuerrechts.
Warum die "bloße Vermietung einer einzigen, befristet von der Eigentümerin nicht benützten Wohnung an einen Mieter" keine unternehmerische Tätigkeit darstellen solle, legt die Bw. nicht näher dar.
Dass es sich hier um eine unternehmerische Tätigkeit handelt, ist nicht zweifelhaft im Sinne von EuGH 6. 10. 1982, 283/81 , C.I.L.F.I.T. u.a., weswegen auch keine Vorlage dieser Frage an den EuGH erfolgte.
Kleinunternehmerregelung
Die Umsätze der Bw. haben im Jahr 2006 den - für dieses Jahr maßgebenden (KMU-Förderungsgesetz 2006, BGBl. I Nr. 101/2006, § 28 Abs. 28 UStG 1994) - Betrag von EUR 22.000 nicht überstiegen.
Gleiches gilt für das Jahr 2007 (Umsatzgrenze EUR 30.000).
Die Bw. hat auch nicht gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 erklärt, auf die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 27 leg. cit. zu verzichten.
Schließlich hat die Bw. auch nicht ihren Mietern gegenüber Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen, sodass auch die Rechtsfolge des § 11 Abs. 12 UStG 1994 nicht eintritt.
Allerdings erfüllt die Bw. unstrittigerweise nicht die weitere Voraussetzung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994, nämlich über einen Sitz oder Wohnsitz im Inland, also im Bundesgebiet der Republik Österreich, zu verfügen. Die Bw. hat auch nicht ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 26 Abs. 2 BAO in Österreich.
Dies wird von der Bw. auch eingeräumt, allerdings behauptet, die anzuwendende Norm stehe im Widerspruch zur österreichischen Bundesverfassung oder dem Recht der Europäischen Gemeinschaft (Union).
Verfassungswidrigkeit
Die rechtsfreundlich vertretene Bw. hat sich auf Art. 7 B-VG berufen. Wie oben ausgeführt, garantiert Art. 7 B-VG - wie schon Art. 2 Staatsgrundgesetz vom 21.12.1867, RGBl. Nr. 142, über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder - die Gleichbehandlung aller Staatsbürger.
In der Vorhaltsbeantwortung vom 12. November 2008 hat die Bw. ihr bisheriges Vorbringen, österreichische Staatsbürgerin zu sein, berichtigt. Als deutsche Staatsbürgerin kann sie sich nicht auf Art. 7 B-VG berufen.
Art. 14 EMRK enthält in Bezug auf das Konventionsrecht ein Diskriminierungsverbot, das auch Fremde in seinen Schutzbereich einschließt. Abgesehen davon, dass eine Verletzung der EMRK durch die gegenständliche Regelung des österreichischen Umsatzsatzsteuergesetzes nicht behauptet wurde, hat der EGMR (18.12.1986, Application no. 9697/82, Johnston, § 60 f.) eine Unterscheidung nach dem Wohnsitz als zulässig erkannt.
Auf Grund des Art. 18 Abs. 1 B-VG - der als wesentliches Element des rechtsstaatlichen Prinzips die Bindung der gesamten Vollziehung an das Gesetz anordnet (Legalitätsprinzip) - sind die Abgabenbehörden an das Gesetz gebunden und daher zur Anwendung der streitgegenständlichen Norm verpflichtet. Eine Prüfung derselben auf ihre Verfassungskonformität steht ihnen nicht zu.
Unionsrechtswidrigkeit
Durch § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 in der hier anzuwendenden Fassung wird die Steuerfreiheit von Kleinunternehmern mit Wohnsitz oder Sitz im Inland, deren Umsätze im Veranlagungszeitraum EUR 22.0000 (2006) bzw. EUR 30.000 (2007) nicht übersteigen normiert, wobei der Kleinunternehmer gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 unter den dort genannten Voraussetzungen auf die Anwendung der Steuerbefreiung verzichten kann.
Hierdurch wurde Art. 24 der Sechsten Richtlinie, der den Mitgliedstaaten das Recht zur Steuerbefreiung von Jahresumsätzen, die 5.000 Europäische Rechnungseinheiten (für Österreich auf Grund des EU-Beitrittsvertrags 35.000 ECU) nicht übersteigen, unter Ausschluss der Steuerbefreiung unter anderem für Lieferungen und Dienstleistungen durch nicht im Inland ansässige Unternehmer, in das nationale Recht umgesetzt. Mit der Mehrwertsteuerrichtlinie ist hier keine Änderung eingetreten.
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit Urteil EuGH 26. 10. 2010, C-97/09 , für Recht erkannt, dass die Prüfung der vom UFS in seinem Vorabentscheidungsersuchen gestellten Fragen nichts ergeben hat, was die Gültigkeit der Art. 24 Abs. 3 und 28i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2006/18/EG des Rates vom 14. Februar 2006 geänderten Fassung sowie des Art. 283 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem im Hinblick auf Art. 49 EGV berühren könnte.
Ein Verstoß der Sechsten Richtlinie bzw. der Mehrwertsteuerrichtlinie gegen das Primärrecht der Union liegt somit nicht vor.
Fraglich könnte im Hinblick auf die diesbezügliche Argumentation des Rates der Europäischen Union und der Generalanwältin im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union allenfalls sein, ob das Abstellen auf einen Sitz oder Wohnsitz im Inland in § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 unionsrechtskonform ist.
Ruppe/Achatz, UStG4, § 6 Tz 446, halten es unter Hinweis auf die Ausführungen der Generalanwältin im Verfahren vor dem EuGH für offen, ob im Fall von inländischen Vermietungsumsätzen im Hinblick auf das Grundeigentum von einer Ansässigkeit des ausländischen Vermieters ausgegangen werden könne.
Die Überlegung des Rates der Europäischen Union und der Generalanwältin im Verfahren vor dem Gerichtshof, ein Kleinunternehmer könne, wenn seine einzige mehrwertsteuerpflichtige Tätigkeit in der Vermietung einer in Österreich belegenen Wohnung an Privatpersonen bestanden habe, als in Österreich ansässig betrachtet werden, hat der EuGH nicht übernommen, sondern darauf verwiesen, dass die österreichische Regierung in der mündlichen Verhandlung erklärt habe, dass dieser Umstand nicht bedeute, dass die österreichischen Behörden davon ausgehen können, dass die verfahrensgegenständliche Kleinunternehmerin in Österreich ansässig sei. In der Darlegung des Ausgangsverfahrens (Rz. 2 des Urteils) hat der Gerichtshof die Kleinunternehmerin als in Deutschland ansässig angesehen.
Rattinger in Melhardt/Tumpel [Hrsg.], UStG § 6 Rz 667, führt hierzu unter anderem aus:
"...GA Kokott hatte in ihrem Schlussantrag vom 17.6.2010 vorgeschlagen, den Begriff der "Ansässigkeit" so weit auszulegen, dass eine Person lediglich einen dauerhaften festen Bezugspunkt in dem betreffenden Staat haben muss. Der Eigentümer einer Immobilie sei daher als ansässig iSd Art 283 MwStSyst-RL zu betrachten, auch wenn er diese Immobilie nicht selbst als Wohnung nutzt. Der unionsrechtliche Begriff der Ansässigkeit sei einheitlich auszulegen und unterscheide sich vom Begriff "Wohnsitz" oder "Sitz". Bei dieser - von der bisherigen Auffassung in Österr abweichenden - Auslegung würde die MwStSyst-RL nicht dem Primärrecht widersprechen. Der EuGH folgte in seiner Entscheidung vom 26.10.2010 der Rechtsauffassung der Generalanwältin nicht und ging insb nicht auf die Definition von Wohnsitz und Sitz ein..."
Das österreichische UStG 1994 hat bei der Umsetzung der Richtlinien anstelle der Formulierung "in dem Mitgliedstaat ansässig" in der unionsrechtlichen Kleinunternehmerregelung die Formulierung "im Inland einen Wohnsitz oder Sitz hat" verwendet, wobei diese Begriffe im nationalen Recht in § 26 BAO näher umschrieben werden.
Nun ist es zutreffend, dass der Begriff der "Ansässigkeit" eine weiter gehende Auslegung zulässt als die Begriffe "Wohnsitz" oder "Sitz" (vgl. Wakounig/Mayr in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig [Hrsg.], UStG-ON 2.00 § 7 Rz 47). So wird etwa der "gewöhnliche Aufenthalt" (§ 26 Abs. 2 BAO) ebenfalls eine Ansässigkeit nach sich ziehen.
Nach Art. 4 OECD-Musterabkommen "bedeutet der Ausdruck ,eine in einem Vertragsstaat ansässige Person' eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist, und umfasst auch diesen Staat und seine Gebietskörperschaften. Der Ausdruck umfasst jedoch nicht eine Person, die in diesem Staat nur mit Einkünften aus Quellen in diesem Staat oder mit in diesem Staat gelegenem Vermögen steuerpflichtig ist."
Der bloße Umstand des Vorhandenseins von Vermögen in einem Staat macht seinen Eigentümer in diesem Staat nach dem OECD-Musterabkommen, dem zahlreiche Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) folgen, noch nicht ansässig.
Art. 1 der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige (im Folgenden: Achte Richtlinie) sieht vor:
"Für die Anwendung dieser Richtlinie gilt als nicht im Inland ansässiger Steuerpflichtiger derjenige Steuerpflichtige nach Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 77/388/EWG , der in dem Zeitraum nach Artikel 7 Absatz 1 erster Unterabsatz Sätze 1 und 2 in diesem Land weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt worden sind, noch - in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer festen Niederlassung - seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort gehabt hat und der in dem gleichen Zeitraum im Inland keine Gegenstände geliefert oder Dienstleistungen erbracht hat mit Ausnahme von:
a) Beförderungsumsätzen und den damit verbundenen Nebentätigkeiten, die gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe i), Artikel 15 oder Artikel 16 Absatz 1 Teile B, C und D der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei sind, oder
b) Dienstleistungen, bei denen die Steuer gemäß Artikel 21 Nummer 1 Buchstabe b) der Richtlinie 77/388/EWG lediglich vom Empfänger geschuldet wird."
A. Pichler/E. Kossarz, RdW 2010/813, 812, führen zur Ansässigkeit aus:
"Der Begriff "ansässig" wird in der MwSt-System-RL zwar 75-mal verwendet, jedoch nicht näher definiert. Lediglich aus Art 1 der 8. RL 97/1072/EWG sowie Art 1 der 13. RL 86/560/EWG ergibt sich, dass als "nicht ansässiger" jener Steuerpflichtige gilt, der im Inland weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung hat, von wo aus er Umsätze bewirkt, noch - in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer festen Niederlassung - seinen Wohnsitz oder üblichen Aufenthaltsort hat. Nach Ansicht des EuGH ist ein Steuerpflichtiger in jenem Mitgliedstaat ansässig, in dem er "über den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit verfügt oder [...] eine feste Niederlassung unterhält, von der aus Umsätze getätigt werden ... Die Auslegung des Begriffs der Ansässigkeit im Sinne eines "dauerhaften festen Bezugspunkts" verlagert das Problem der Anknüpfung aber lediglich auf eine andere Ebene. Sie führt, ähnlich wie das Abstellen auf den Wohnsitz, ebenfalls zu einer verdeckten Ungleichbehandlung von Unionsbürgern, da es sich bei jenen Unternehmern, die keinen dauerhaften festen Bezugspunkt - etwa eine Wohnung - im Inland haben, vorwiegend um Angehörige anderer Mitgliedstaaten handelt."
Im Urteil EuGH 6. 10. 2011, C-421/10 , Markus Stoppelkamp als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Harald Raab, hat der Gerichtshof zum Begriff der Ansässigkeit nach Art. 21 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie bzw. Art. 9 Abs. 2 Buchstabe e der Mehrwertsteuerrichtlinie festgehalten, dass der private Wohnsitz eines steuerpflichtigen Dienstleistungserbringers bei der Bestimmung des Ortes seiner Niederlassung dann in Betracht gezogen werden kann, wenn keine mit der von ihm ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit unmittelbar zusammenhängenden Anknüpfungspunkte - wie etwa der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder das Vorhandensein einer festen Niederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt worden sind - bestehen, allerdings diese wirtschaftlichen Anknüpfungspunkte der Anknüpfung an den privaten Wohnsitz vorgingen.
Nach der Judikatur des EuGH ist der Begriff der festen Niederlassung so auszulegen, dass eine Einrichtung für eine gewerbliche Betätigung nur dann als feste Niederlassung angesehen werden kann, wenn diese Niederlassung ein ständiges Zusammenwirken von persönlichen und Sachmitteln voraussetzt. Eine feste Niederlassung erfordert außerdem einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der Leistung ermöglicht (vgl. EuGH 17. 7. 1997, C-190/95 , ARO Lease).
Im Urteil EuGH 17. 7. 1997, C-190/95 , ARO Lease hat der Gerichtshof in Rn. 18 f. ausgeführt:
"Die Dienstleistungen, die beim Verleasen von Fahrzeugen erbracht werden, sind im Wesentlichen das Aushandeln, die Abfassung, die Unterzeichnung und die Durchführung der Verträge sowie die tatsächliche Bereitstellung der betreffenden Fahrzeuge für die Kunden, wobei die Leasinggesellschaft Eigentümerin der Fahrzeuge bleibt.
Wenn also eine Leasinggesellschaft in einem Mitgliedstaat weder über eigenes Personal noch über eine Struktur mit einem hinreichenden Grad an Beständigkeit verfügt, in deren Rahmen Verträge abgefasst oder Entscheidungen über die Geschäftsführung getroffen werden können, d. h. eine Struktur, die die autonome Erbringung der fraglichen Dienstleistungen ermöglicht, hat sie keine feste Niederlassung in diesem Mitgliedstaat."
Die Bw. verfügte über ihren privaten Wohnsitz in Deutschland. "Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit" war der Wohnsitz der Bw. in Deutschland.
Die bloße Vermietung der in Krems an der Donau gelegenen Wohnung ohne jede darüber hinausgehende Infrastruktur zog keine feste Niederlassung und damit keine Ansässigkeit in Österreich nach sich.
Die Heranziehung eines rechtsfreundlichen Vertreters in Österreich für Tätigkeiten in Zusammenhang mit der Vermietung machte dessen Berufssitz ebenfalls zu keiner festen Niederlassung der Bw. in Österreich.
Dass die Bw. über keinen Wohnsitz und keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich verfügte, ist unstrittig.
Mangels eines ausreichenden Inlandsbezugs ist daher die Kleinunternehmerregelung auf die Bw. in den Streitjahren in Österreich nicht anzuwenden (siehe auch Tschiderer/Mayr/Kanduth-Kristen in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig [Hrsg.], UStG-ON 2.00 § 6 Rz 648 ff.).
Da der EuGH die mit dem Erfordernis der Ansässigkeit verbundene Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit als gerechtfertigt angesehen hat, bedarf es keiner geltungserhaltenden weiten Auslegung der unionsrechtlichen Bestimmungen im Sinne der Schlussanträge der Generalanwältin.
Die Berufungen waren daher als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 24. April 2012
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte: | Unternehmer, Kleinunternehmer, Inland, Ansässigkeit, Vermietung |
Verweise: | EuGH, C-97/09 |