Kleinunternehmerregelung nur für Inländer?
Entscheidungstext
Beschluss
Der Unabhängige Finanzsenat (Außenstelle Wien, Senat 7) hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Rudolf Wanke sowie die weiteren Mitglieder Hofrat Mag. Christian Seywald, Landesinnungsmeister Friedrich Nagl und Mag. Johannes Denk in der Rechtssache der Berufungswerberin Ingrid Sch., Bundesrepublik Deutschland, Adresse, vertreten durch Dr. Walter Kossarz, Rechtsanwalt, 3500 Krems an der Donau, Roseggerstraße 4, gegen das Finanzamt Waldviertel, Standort Krems an der Donau, 3500 Krems an der Donau, Rechte Kremszeile 58, vertreten durch Amtsdirektor Alfred Maurer, infolge Berufungen der Berufungswerberin gegen die vom Finanzamt Waldviertel erlassenen, mit 19. Juni 2007 bzw. 17. November 2008 datierten Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2006 und 2007, am 4. März 2009 im Beisein der Schriftführerinnen Diana Engelmaier und Mag. Verena Lenneis folgenden Beschluss gefasst:
A.
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Artikel 234 EGV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1.
Verstößt die Wortfolge "sowie die Lieferungen von Gegenständen bzw. die Dienstleistungen, die von einem Steuerpflichtigen, der nicht im Inland ansässig ist, bewirkt bzw. erbracht werden" in Artikel 24 Absatz 3 und in Artikel 28i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerliche Bemessungsgrundlage (in der Folge: Sechste Richtlinie) in der Fassung der Ziffer 21 der Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG und zur Einführung von Vereinfachungsmaßnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer sowie eine diese Bestimmung in das nationale Recht umsetzende Regelung gegen den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (in der Folge: EGV), insbesondere gegen das Diskriminierungsverbot (Artikel 12 EGV), gegen die Niederlassungsfreiheit (Artikel 43 ff. EGV), die Dienstleistungsfreiheit (Artikel 49 ff. EGV), oder gegen gemeinschaftsrechtliche Grundrechte (den gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz), weil die Bestimmung bewirkt, dass Unionsbürger, die nicht im jeweiligen Inland ansässig sind, von der Steuerbefreiung nach Artikel 24 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie (Sonderregelung für Kleinunternehmen) ausgeschlossen sind, während Unionsbürger, die im jeweiligen Inland ansässig sind, diese Steuerbefreiung in Anspruch nehmen können, sofern der jeweilige Mitgliedstaat richtlinienkonform eine Steuerbefreiung für Kleinunternehmer gewährt?
2.
Verstößt die Wortfolge "die Lieferungen von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch einen Steuerpflichtigen, der nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet wird" in Artikel 283 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (in der Folge: Mehrwertsteuersystemrichtlinie) sowie eine diese Bestimmung in das nationale Recht umsetzende Regelung gegen den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (in der Folge: EGV), insbesondere gegen das Diskriminierungsverbot (Artikel 12 EGV), gegen die Niederlassungsfreiheit (Artikel 43 ff. EGV), die Dienstleistungsfreiheit (Artikel 49 ff. EGV), oder gegen gemeinschaftsrechtliche Grundrechte (den gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz), weil die Bestimmung bewirkt, dass Unionsbürger, die nicht im jeweiligen Mitgliedstaat ansässig sind, von der Steuerbefreiung nach den Artikeln 282 ff. der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Sonderregelung für Kleinunternehmen) ausgeschlossen sind, während Unionsbürger, die im jeweiligen Mitgliedstaat ansässig sind, diese Steuerbefreiung in Anspruch nehmen können, sofern der jeweilige Mitgliedstaat richtlinienkonform eine Steuerbefreiung für Kleinunternehmer gewährt?
3.
Falls Frage 1 bejaht wird: Ist die Wortfolge "sowie die Lieferungen von Gegenständen bzw. die Dienstleistungen, die von einem Steuerpflichtigen, der nicht im Inland ansässig ist, bewirkt bzw. erbracht werden" in Artikel 24 Absatz 3 und in Artikel 28i der Sechsten Richtlinie im Sinne des Artikel 234 Buchstabe b EGV ungültig?
4.
Falls Frage 2 bejaht wird: Ist die Wortfolge "die Lieferungen von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch einen Steuerpflichtigen, der nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet wird" in Artikel 283 Absatz 1 Buchstabe c der Mehrwertsteuersystemrichtlinie im Sinne des Artikel 234 Buchstabe b EGV ungültig?
5.
Falls Frage 3 bejaht wird: Ist unter "Jahresumsatz" im Sinne des Anhanges XV des Vertrages zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Griechischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Portugiesischen Republik, dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und dem Königreich Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden über den Beitritt des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland, des Königreichs Schweden zur Europäischen Union samt Schlussakte (EU-Beitrittsvertrag), IX. Steuern, Z 2, Buchstabe c bzw. von Artikel 24 der Sechsten Richtlinie der in einem Jahr im jeweiligen Mitgliedsstaat, für den die Kleinunternehmerregelung in Anspruch genommen wird, erzielte Umsatz oder der in einem Jahr im gesamten Gemeinschaftsgebiet erzielte Umsatz des Unternehmers zu verstehen?
6.
Falls Frage 4 bejaht wird: Ist unter "Jahresumsatz" im Sinne des Artikels 287 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie der in einem Jahr im jeweiligen Mitgliedsstaat, für den die Kleinunternehmerregelung in Anspruch genommen wird, erzielte Umsatz oder der in einem Jahr im gesamten Gemeinschaftsgebiet erzielte Umsatz des Unternehmers zu verstehen?
B.
Die Entscheidung über die Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2006 und 2007 wird bis zum Ergehen der Entscheidung des Gerichtshofes ausgesetzt.
I. Sachverhalt
Die Berufungswerberin in dem beim Unabhängigen Finanzsenat zur Zahl RV/2694-W/07 anhängigen Verfahren, Frau Ingrid Sch., ist deutsche Staatsbürgerin, somit Unionsbürgerin, in Deutschland ansässig, ohne über einen (weiteren) Wohnsitz in Österreich zu verfügen, und Eigentümerin eines Anteils an einer Liegenschaft in Österreich, mit welchem Wohnungseigentum verbunden ist.
Frau Sch. vermietet diese Wohnung in Österreich zu einem monatlichen Mietzins von 330 € zuzüglich Betriebskostenersatz, wobei von Frau Sch. keine Umsatzsteuer in Rechnung gestellt wird.
Während Frau Sch. der Auffassung ist, sie sei als Kleinunternehmerin im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 von der Umsatzsteuer befreit, vertritt das Finanzamt Waldviertel die Ansicht, mangels Sitz oder Wohnsitz von Frau Sch. in Österreich könne die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer nicht angewendet werden und schrieb Frau Sch. - nach Saldierung der durch Division der Einnahmen von 6.480 € durch 1,1 ermittelten Nettoumsätze von 5.890,90 € und darauf entfallender Umsatzsteuer von 589,09 € mit Vorsteuern von 254,16 € - eine Umsatzsteuerzahllast für das Jahr 2006 in Höhe von 334,93 € vor.
Auch im Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007 behielt das Finanzamt Waldviertel die Ansicht bei, die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer könne nicht angewendet werden, und schrieb Frau Sch. für das Jahr 2007 - nach Saldierung der Nettoumsätze von 5.936,37 € und darauf entfallender Umsatzsteuer von 593,64 € mit Vorsteuern von 277,49 € - eine Umsatzsteuerzahllast in Höhe von 316,15 € vor.
Ob Frau Sch. darüber hinaus in den Jahren 2006 und 2007 im Gemeinschaftsgebiet Umsätze als Unternehmerin erzielt hat, steht derzeit nicht fest.
II. Nationale Vorschriften, Sechste Richtlinie, Mehrwertsteuersystemrichtlinie, EU-Beitrittsvertrag
§ 6 Abs. 1 UStG 1994 in der hier maßgeblichen Fassung lautet (auszugsweise):
"Von den unter § 1 Abs. 1 Z 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:
...
16. die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, auf welche die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke Anwendung finden, und von staatlichen Hoheitsrechten, die sich auf die Nutzungen von Grund und Boden beziehen; die Überlassung der Nutzung an Geschäftsräumen und anderen Räumlichkeiten auf Grund von Nutzungsverträgen ist als Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken anzusehen. Nicht befreit sind:
- die Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Grundstücken für Wohnzwecke;
- die Vermietung und Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstückes sind;
- die Beherbergung in eingerichteten Wohn- und Schlafräumen;
- die Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Räumlichkeiten oder Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen aller Art;
- die Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Grundstücken für Campingzwecke;
...
27. die Umsätze der Kleinunternehmer. Kleinunternehmer ist ein Unternehmer, der im Inland einen Wohnsitz oder Sitz hat und dessen Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 im Veranlagungszeitraum 22.000 Euro [Fassung bis 2006, ab 2007: 30.000 Euro] nicht übersteigen. Bei dieser Umsatzgrenze bleiben die Umsätze aus Hilfsgeschäften einschließlich der Geschäftsveräußerungen außer Ansatz. Das einmalige Überschreiten der Umsatzgrenze um nicht mehr als 15% innerhalb eines Zeitraumes von fünf Kalenderjahren ist unbeachtlich. Nicht unter die Steuerbefreiung fallen die Umsätze, die nach § 20 Abs. 4 und 5 besteuert werden;..."
§ 6 Abs. 3 UStG 1994 lautet:
"(3) Der Unternehmer, dessen Umsätze nach § 6 Abs. 1 Z 27 befreit sind, kann bis zur Rechtskraft des Bescheides gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, daß er auf die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 27 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zum Ablauf des ersten Kalendermonates nach Beginn dieses Kalenderjahres zu erklären."
Art. 13 Teil B lit. b der Sechsten Richtlinie lautet in der im Berufungszeitraum anzuwendenden Fassung auszugsweise:
B. Sonstige Steuerbefreiungen
Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsrechtsvorschriften befreien die Mitgliedsstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:
...
b) die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken mit Ausnahme
1. der Gewährung von Unterkunft im Hotelgewerbe entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten oder in Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung, einschließlich der Vermietung in Ferienlagern oder auf als Campingplätzen erschlossenen Grundstücken,
2. der Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen,
3. der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen,
4. der Vermietung von Schließfächern.
Die Mitgliedstaaten können weitere Ausnahmen vom Geltungsbereich dieser Befreiung vorsehen;
..."
Art. 24 der Sechsten Richtlinie lautet in der im Berufungszeitraum anzuwendenden Fassung auszugsweise:
"....
(2) Bis zu einem Zeitpunkt, der vom Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig festgelegt wird, der jedoch nicht später liegen darf als der Zeitpunkt, zu dem die Einfuhrbesteuerung und die steuerliche Entlastung der Ausfuhr im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten beseitigt werden, gilt folgendes:
a) Mitgliedstaaten, die von der Möglichkeit nach Artikel 14 der zweiten Richtlinie des Rates vom 11. April 1967 Gebrauch gemacht und Steuerbefreiungen oder degressive Steuerermäßigungen eingeführt haben, dürfen diese sowie deren Durchführungsbestimmungen beibehalten, wenn sie mit dem System der Mehrwertsteuer im Einklang stehen.
Mitgliedstaaten, in denen für Steuerpflichtige, deren Jahresumsatz geringer als der in nationalen Währungen ausgedrückte Gegenwert von 5.000 Europäischen Rechnungseinheiten zum Umrechnungskurs am Tag der Genehmigung dieser Richtlinie ist, eine Steuerbefreiung gilt, können diese Steuerbefreiung auf 5.000 Europäische Rechnungseinheiten erhöhen.
Mitgliedstaaten, die eine degressive Steuerermäßigung anwenden, dürfen die obere Grenze für diese Ermäßigung nicht heraufsetzen und diese Ermäßigung nicht günstiger gestalten.
b) Mitgliedstaaten, die von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht haben, können den Steuerpflichtigen, deren Jahresumsatz maximal dem in nationalen Währungen ausgedrückten Gegenwert von 5.000 Europäischen Rechnungseinheiten zum Umrechnungskurs am Tag der Genehmigung dieser Richtlinie entspricht, eine Steuerbefreiung gewähren. Sie können gegebenenfalls den Steuerpflichtigen, deren Jahresumsatz die von diesen Staaten für die Steuerbefreiung festgelegte Höchstgrenze überschreitet, eine degressive Steuerermäßigung gewähren.
c) Mitgliedstaaten, in denen für Steuerpflichtige, deren Jahresumsatz genauso groß wie oder größer als der in nationalen Währungen ausgedrückte Gegenwert von 5.000 Europäischen Rechnungseinheiten ist, eine Steuerbefreiung gilt, können diese Befreiung zur Wahrung des realen Wertes erhöhen.
...
(3)
...
Auf jeden Fall sind die Lieferungen von neuen Fahrzeugen, die unter den Bedingungen des Artikels 28 c Teil A bewirkt werden, sowie die Lieferungen von Gegenständen bzw. die Dienstleistungen, die von einem Steuerpflichtigen, der nicht im Inland ansässig ist, bewirkt bzw. erbracht werden, von der Befreiung gemäß Absatz 2 ausgeschlossen.
...
(4) Als Umsatz, der für die Anwendung des Absatzes 2 zugrunde zu legen ist, gilt der Betrag, abzüglich der darauf entfallenden Mehrwertsteuer, der in den Artikeln 5 und 6 bezeichneten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, soweit diese besteuert werden, einschließlich der steuerfreien Umsätze mit Erstattung der auf der vorausgehenden Stufe entrichteten Steuern nach Artikel 28 Absatz 2, sowie der Betrag der nach Artikel 15 steuerfreien Umsätze und der Betrag der Immobiliengeschäfte, der Finanzgeschäfte nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d und der Versicherungsleistungen, es sei denn, dass diese Umsätze den Charakter von Hilfsumsätzen haben.
Die Veräußerungen von körperlichen oder nicht körperlichen Investitionsgütern des Unternehmens bleiben bei der Ermittlung dieses Umsatzes jedoch außer Ansatz.
..."
Art. 28i der Sechsten Richtlinie lautet:
"In Artikel 24 Absatz 3 wird folgender Unterabsatz hinzugefügt:
Auf jeden Fall sind die Lieferungen von neuen Fahrzeugen, die unter den Bedingungen des Artikels 28 c Teil A bewirkt werden, sowie die Lieferungen von Gegenständen bzw. die Dienstleistungen, die von einem Steuerpflichtigen, der nicht im Inland ansässig ist, bewirkt bzw. erbracht werden, von der Befreiung gemäß Absatz 2 ausgeschlossen."
Art. 115 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie lautet:
"Mitgliedstaaten, die am 1. Januar 1991 auf Dienstleistungen im Gaststättengewerbe, auf Kinderbekleidung und Kinderschuhe sowie auf Wohnungen einen ermäßigten Satz angewandt haben, können diesen Satz weiter anwenden."
Art. 117 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie lautet auszugsweise:
"...
(2) Österreich darf auf die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke einen der beiden ermäßigten Sätze des Artikels 98 anwenden, sofern dieser Satz mindestens 10 % beträgt."
Art. 283 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie lautet auszugsweise:
"(1) Dieser Abschnitt gilt nicht für folgende Umsätze:
...
c) die Lieferungen von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch einen Steuerpflichtigen, der nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet wird.
.."
Art. 135 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie lautet auszugsweise:
"(1) Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:
...
l) Vermietung und Verpachtung von Grundstücken.
(2) Die folgenden Umsätze sind von der Befreiung nach Absatz 1 Buchstabe l ausgeschlossen:
a) Gewährung von Unterkunft nach den gesetzlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten im Rahmen des Hotelgewerbes oder in Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung, einschließlich der Vermietung in Ferienlagern oder auf Grundstücken, die als Campingplätze erschlossen sind;
b) Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen;
c) Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen;
d) Vermietung von Schließfächern.
Die Mitgliedstaaten können weitere Ausnahmen von der Befreiung nach Absatz 1 Buchstabe l vorsehen."
Art. 287 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie lautet auszugsweise:
"Mitgliedstaaten, die nach dem 1. Januar 1978 beigetreten sind, können Steuerpflichtigen eine Steuerbefreiung gewähren, wenn ihr Jahresumsatz den in Landeswährung ausgedrückten Gegenwert der folgenden Beträge nicht übersteigt, wobei der Umrechnungskurs am Tag des Beitritts zugrunde zu legen ist:
...
4. Österreich: 35 000 ECU;
..."
Art. 288 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie lautet:
"Der Umsatz, der bei der Anwendung der Regelung dieses Abschnitts zugrunde zu legen ist, setzt sich aus folgenden Beträgen ohne Mehrwertsteuer zusammen:
1. Betrag der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, soweit diese besteuert werden;
2. Betrag der gemäß Artikel 110, Artikel 111 und Artikel 125 Absatz 1 sowie Artikel 127 und Artikel 128 Absatz 1 mit Recht auf Vorsteuerabzug von der Steuer befreiten Umsätze;
3. Betrag der gemäß den Artikeln 146 bis 149 sowie den Artikeln 151, 152 und 153 von der Steuer befreiten Umsätze;
4. Betrag der Umsätze mit Immobilien, der in Artikel 135 Absatz 1 Buchstaben b bis g genannten Finanzgeschäfte sowie der Versicherungsdienstleistungen, sofern diese Umsätze nicht den Charakter von Nebenumsätzen haben.
Veräußerungen von körperlichen oder nicht körperlichen Investitionsgütern des Unternehmens bleiben bei der Ermittlung dieses Umsatzes jedoch außer Ansatz."
Anhang XV des Vertrages zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Griechischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Portugiesischen Republik, dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und dem Königreich Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden über den Beitritt des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland, des Königreichs Schweden zur Europäischen Union samt Schlussakte (EU-Beitrittsvertrag), IX. Steuern, Z 2 lautet auszugsweise:
"...
c) Bei Anwendung von Artikel 24 Absätze 2 bis 6 kann die Republik Österreich bis zum Erlaß gemeinschaftlicher Vorschriften in diesem Bereich die Steuerpflichtigen, deren Jahresumsatz geringer als der in Landeswährung ausgedrückte Gegenwert von 35.000 ECU ist, von der Mehrwertsteuer befreien..."
...
e) In Abweichung von Artikel 28 Absatz 2 kann die Republik Österreich bis zum 31. Dezember 1998 einen ermäßigten Steuersatz auf die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke anwenden, sofern der Satz nicht unter 10 vH liegt. Der ermäßigte Satz darf keine Auswirkungen auf die Eigenmittel haben, für die die Bemessungsgrundlage gemäß der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89 des Rates neu festgestellt werden muß.
..."
Art. 28 der Sechsten Richtlinie lautet in der Fassung der Richtlinie 2000/17/EG des Rates vom 30. März 2000 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem: Übergangsregelungen für die Republik Österreich und die Portugiesische Republik auszugsweise:
"...
(2)...
"j) Die Republik Österreich darf auf die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke einen der beiden in Artikel 12 Absatz 3 Buchstabe a) Unterabsatz 3 genannten ermäßigten Sätze anwenden, sofern dieser Satz mindestens 10 % beträgt.
..."
Die Bestimmung des Anhanges XV, IX. Steuern, Z 2 lit. e des EU-Beitrittsvertrages ist nach herrschender Auffassung in Zusammenhang mit Art. 28 Abs. 2 lit. d der Sechsten Richtlinie so zu verstehen, dass Österreich den ermäßigten Steuersatz solange beibehalten darf, bis Art. 28 Abs. 2 lit. d der Sechsten Richtlinie geändert wird (vgl. Ruppe, UStG 1994, 3 Auflage, § 10 Tz. 57). Mit der Richtlinie 2000/17/EG des Rates vom 30. März 2000 wurde Österreich die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes für die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke unbefristet gestattet, wenn dieser wenigstens 10% beträgt. Diese Regelung wurde in Art. 117 Abs. 2 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie übernommen.
Durch § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 wird die Steuerfreiheit von Kleinunternehmern mit Wohnsitz oder Sitz im Inland, deren Umsätze im Veranlagungszeitraum 22.0000 € nicht übersteigen normiert, wobei der Kleinunternehmer gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 unter den dort genannten Voraussetzungen auf die Anwendung der Steuerbefreiung verzichten kann. Hierdurch wurde Art. 24 der Sechsten Richtlinie, der den Mitgliedstaaten das Recht zur Steuerbefreiung von Jahresumsätzen, die 5.000 Europäische Rechnungseinheiten (für Österreich auf Grund des EU-Beitrittsvertrags 35.000 ECU) nicht übersteigen, unter Ausschluss der Steuerbefreiung unter anderem für Lieferungen und Dienstleistungen durch nicht im Inland ansässige Unternehmer, in das nationale Recht umgesetzt.
III. Erläuterungen zu den Vorlagefragen
Zur ersten und zweiten Frage:
Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenats entspricht die nationale Regelung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 dem gemeinschaftsrechtlichen Sekundärrecht (i. d. S. auch UFS [Salzburg], Senat 1 [Referent], 20.3.2003, RV/0455-S/02; UFS [Innsbruck], Senat 2 [Referent], 29.5.2006, RV/0530-I/04; UFS [Salzburg], Senat 13 [Referent], 12.3.2007, RV/0097-S/07, und zuletzt UFS [Wien], Senat 14 [Referent], 4.6.2008, RV/1612-W/07).
Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Sechste Richtlinie bzw. die Mehrwertsteuersystemrichtlinie und diesen folgend die nationale Regelung des UStG 1994, soweit nicht im Inland ansässige Unternehmer von der Kleinunternehmerbefreiung ausgeschlossen werden, mit dem EGV und den gemeinschaftsrechtlichen Grundrechten - somit mit dem Primärrecht der Gemeinschaft - in Einklang stehen.
Nach herrschender Auffassung genießt das Primärrecht Vorrang vor dem Sekundärrecht und ist das Primärrecht der Maßstab für die Rechtmäßigkeit des Sekundärrechts, da die Gemeinschaftsorgane - Art. 7 Abs. 1 letzter Satz EGV, Art. 249 Abs. 1 EGV - nur nach Maßgabe der vertraglichen Befugnisse handeln dürfen (vgl. etwa Ruffert in Calliees/Ruffert (Hsg.), EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 249 EGV Rz. 14; Hetmeier in Lenz/Borchardt (Hsg.), EUV/EGV, 4. Aufl., Art. 249 EGV Rz. 22; Vcelouch in Mayer (Hrsg.), EU- und EG-Vertrag, Art. 249 EGV Rz. 9).
Für die Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane spricht grundsätzlich die Vermutung der Rechtmäßigkeit, und diese Akte entfalten daher Rechtswirkungen, solange sie nicht zurückgenommen, im Rahmen einer Nichtigkeitsklage für nichtig erklärt oder infolge eines Vorabentscheidungsersuchens oder einer Rechtswidrigkeitseinrede für ungültig erklärt worden sind (in diesem Sinne EuGH 15. 6. 1994, C-137/92 P , Kommission/BASF u. a.; EuGH 8. 7. 1999, C-245/92 P , Chemie Linz/Kommission; EuGH 6. 12. 2001, C-234/01 P , Kommission/Griechenland).
Da dem Gerichtshof nach Art. 220 EGV die "Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung dieses Vertrags" zukommt, ist er allein im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft zur Entscheidung von Verfassungsfragen berufen (vgl. Fischer/Köck/Karollus, Europarecht, 4. Aufl., Rz. 672, S 319).
Das vorlegende Gericht hätte daher - solange die bezughabende Bestimmung der Sechsten Richtlinie bzw. der Mehrwertsteuersystemrichtlinie nicht vom Gerichtshof für ungültig erklärt wurde - auf Grund von Art. 24 der Sechsten Richtlinie bzw. Art. 283 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie zu entscheiden, da Art. 24 der Sechsten Richtlinie bzw. Art. 283 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie kein derart schwerer Fehler anzuhaften scheint, dass er im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht einmal vorläufig Rechtswirkung entfaltet, also rechtlich inexistent ist.
Maßstab der Gültigkeitskontrolle nach Art. 234 Satz 1 lit. b EGV sind der Vertrag, das sonstige primäre Gemeinschaftsrecht, die allgemeinen Rechtsgrundsätze, insbesondere die Grundrechte, die im Rang über dem Sekundärrecht stehenden völkerrechtlichen Abkommen sowie allfällige höherrangige Vorschriften des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts (vgl. etwa Wegener in Calliees/Ruffert (Hsg.), EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 234 EGV Rz. 13, oder Schima in Mayer [Hsg], EU- und EG-Vertrag, Art. 234 EGV Rz. 49).
Eine Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EGV gegen die gegenständliche Handlung des Rates wäre Frau Sch. nicht möglich gewesen, da der EGV keine Klage des Einzelnen vor Gemeinschaftsgerichten gegen Richtlinien vorsieht (vgl. etwa Borchardt in Lenz/Borchardt (Hrsg.), EUV/EGV, 4. Aufl., Art. 230 EGV Rn. 50) und ist daher die Gültigkeitsprüfung im Vorabentscheidungsverfahren uneingeschränkt zulässig (vgl. EuGH 11. 11. 1997, C-408/95 , Eurotunnel).
Art. 24 der Sechsten Richtlinie räumt den Mitgliedsstaaten unter bestimmten Voraussetzungen das Recht ein, Kleinunternehmer von der Mehrwertsteuer zu befreien. Dieser Norm zufolge sind allerdings Steuerpflichtige, die nicht im Inland ansässig sind, zwingend von der Mehrwertsteuerbefreiung für Kleinunternehmer auszunehmen.
Auch nach Art. 283 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie sind Steuerpflichtige, die nicht in den Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet wird, zwingend von der Mehrwertsteuerbefreiung für Kleinunternehmer ausgenommen.
Wie oben ausgeführt, hat Österreich von der Ermächtigung durch Art. 24 der Sechsten Richtlinie bzw. Art. 287 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie Gebrauch gemacht und sind gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 die Umsätze der Kleinunternehmer unecht umsatzsteuerbefreit (Befreiung mit Verlust des Vorsteuerabzugs), wobei Kleinunternehmer ein Unternehmer ist, der im Inland einen Wohnsitz oder Sitz hat und dessen laufende (Netto)Umsätze im Veranlagungszeitraum (bis 2006) 22.000 € (ab 2007: 30.000 €, Art. 2 KMU-FG 2006, BGBl. I Nr. 101/2006) nicht übersteigen. Gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 kann der Kleinunternehmer bis zur Rechtskraft des Jahressteuerbescheides jederzeit auf die Steuerbefreiung - mit fünfjähriger Bindungsfrist - verzichten.
Aufgrund der durch Art. 24 Abs. 3 Sechste Richtlinie bzw. Art. 283 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie geforderten Ansässigkeit im Inland (und des Erfordernisses eines Sitzes oder Wohnsitzes im Inland durch § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994) werden Unternehmer mit Sitz oder Wohnsitz im übrigen Gemeinschaftsgebiet bzw. Drittlandsgebiet von der Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung ausgeschlossen, was zur Benachteiligung gegenüber inländischen Kleinunternehmern führen kann: Während bei Letzteren die inländische Wertschöpfung nicht der Mehrwertsteuer unterzogen wird und für den Fall nachteiliger Wirkungen der Steuerbefreiung (insbesondere bei tendenzieller Leistungserbringung an Unternehmer mit Vorsteuerabzug) zur Regelbesteuerung optiert werden kann, kommt es bei Ersteren zwingend zur Erfassung der inländischen Wertschöpfung (vgl. Pülzl/Reitschuler, Kleinunternehmerregelung nur für Inländer?, RdW 2001/638, 622).
In dem hier zu entscheidenden Fall fiele bei einem Kleinunternehmer mit Sitz oder Wohnsitz im Inland keine Umsatzsteuerzahllast an, während Frau Sch. als Unionsbürgerin und Kleinunternehmerin, die nicht in Österreich ansässig ist, eine Umsatzsteuerzahllast von 334,93 € (2006) bzw. von 316,15 € (2007) entrichten muss.
Dieser Ungleichbehandlung hinsichtlich der im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Kleinunternehmer könnten im EGV garantierte Grundfreiheiten sowie gemeinschaftsrechtliche Grundsätze entgegenstehen.
Auf Grund Art. 17 EGV haben alle Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten, die sich in der gleichen Situation befinden, im sachlichen Anwendungsbereich des EGV vorbehaltlich der hiervon ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit Anspruch auf gleiche rechtliche Behandlung (vgl. insbesondere EuGH 20. 9. 2001, C-184/99 , Grzelczyk; EuGH 11. 7. 2002, C-224/98 , D'Hoop).
Das Diskriminierungsverbot des Art. 12 EGV verlangt nach ständiger Rechtsprechung, dass gleiche Sachverhalte nicht ungleich behandelt und ungleiche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden (vgl. u. a. EuGH 17. 7. 1997, C-354/95 , National Farmers' Union u. a.). Eine solche Behandlung wäre allenfalls dann gerechtfertigt, wenn sie auf objektiven, von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen unabhängigen Erwägungen beruhte und in einem angemessenen Verhältnis zu einem legitimen Zweck stünde, der mit den nationalen Rechtsvorschriften verfolgt würde (vgl. EuGH 11. 7. 2002, C-224/98 , D'Hoop).
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH verbieten die Vorschriften des EGV über die Gleichbehandlung nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch verdeckte oder indirekte Formen der Diskriminierung, sofern die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale letztlich zum gleichen Ergebnis führt wie eine direkte Diskriminierung, wenn etwa mit Hilfe des Ansässigkeitskriteriums im Wesentlichen Angehörige anderer Mitgliedstaaten im Ergebnis benachteiligt werden (vgl. z. B. Pülzl/Reitschuler, Kleinunternehmerregelung nur für Inländer?, RdW 2001/638, 622; Pützl, Kleinunternehmerregelung nur für Inländer?, SWK 2006, S 823).
Eine materielle oder versteckte Diskriminierung kann somit auch der Rückgriff einer Regelung auf den Wohnsitz sein (vgl. etwa Epiney in Calliees/Ruffert (Hsg.), EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 12 EGV Rz. 11 m. w. N.). Eine Maßnahme, die eine Unterscheidung aufgrund des Kriteriums des Wohnsitzes trifft, kann sich hauptsächlich zum Nachteil der Angehörigen anderer Mitgliedstaaten auswirken, da die Gebietsfremden meist Ausländer sind (vgl. u. a. EuGH 29. 4. 1999, C-224/97 , Ciola). So hat der EuGH etwa Tarifvorteile beim Besuch von Museen und anderer kultureller Einrichtungen für Gebietsansässige ab einem bestimmten Alter - und damit den Ausschluss von Touristen, die Staatsangehörige der anderen Mitgliedstaaten sind, oder Gebietsfremden, die dieselben objektiven Altersvoraussetzungen erfüllen, von diesen Vorteilen - als gemeinschaftsrechtswidrig angesehen. Werde eine Unterscheidung aufgrund des Kriteriums des Wohnsitzes getroffen, sei zu prüfen, ob die Gründe, auf die sich die Regelung stützt, zwingende Gründe des Allgemeininteresses darstellen, die solche Vorteile rechtfertigen können (EuGH 16. 1. 2003, C-388/01 , Kommission/Italien).
Ferner könnte unter dem Gesichtspunkt der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 ff EGV) eine unzulässige Beschränkung der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats darin erblickt werden, dass ein Unionsbürger, der in einem Mitgliedstaat, der gemäß Art. 24 Abs. 2 Sechste Richtlinie bzw. Art. 282 ff. der Mehrwertsteuersystemrichtlinie eine Steuerbefreiung für Kleinunternehmer gewährt, Umsätze erzielt, die bei Ansässigkeit unter die Kleinunternehmerbefreiung des Mitgliedsstaates fallen würden, in seinem Recht auf freie Niederlassung im Gemeinschaftsgebiet beschränkt wird, wenn er in dem Mitgliedstaat, in dem er die entsprechenden Umsätze erzielt, ansässig sein muss, um die Kleinunternehmerbefreiung in Anspruch nehmen zu können (vgl. etwa EuGH 14. 12. 2000, C-141/99 , AMID, zu vom Sitz der Betriebsstätte abhängigem Verlustvortrag).
Schließlich erscheint die gemeinschaftsrechtliche wie die nationale Regelung unter dem Gesichtspunkt der Warenverkehrs- bzw. (hier) Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 ff., Art 90 EGV) nicht unbedenklich. Residenzpflichten beschränken die Dienstleistungsfreiheit und sind nur zulässig, wenn ihre Statuierung der Durchsetzung von im Allgemeininteresse erlassenen Regelungen (zwingend) erforderlich sind (vgl. etwa Kluth in Calliees/Ruffert (Hsg.), EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 EGV Rz. 76 m. w. N.). So hat der EuGH die Erleichterung der administrativen Tätigkeit nicht als Rechtfertigungsgrund angesehen; vielmehr müsse der Nachweis geführt werden, dass ohne die Residenzpflicht behördliche Überwachungsmaßnahmen nicht wahrgenommen werden können (EuGH 4. 12. 1986, 205/84 , Kommission/Deutschland).
Letztlich ist auch noch auf eine mögliche Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu verweisen: Es ist gefestigte Rechtsprechung des EuGH, dass Grundrechte zum gemeinschaftsrechtlichen Primärrecht gehören, wobei Art und Inhalt der Grundrechte aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten sowie aus völkerrechtlichen Verträgen zum Schutz der Menschenrechte, insb. der EMRK, abgeleitet werden. Zu den gemeinschaftsrechtlichen Grundrechten gehört auch der Gleichbehandlungsgrundsatz (siehe hiezu etwa EuGH 25. 11.1986, 201 und 202/85, Klensch, und EuGH 3. 10. 2000, C-411/98 , Angelo Ferlini). Der EuGH verweist beispielsweise auch in dem zur Umsatzsteuer ergangenen Urteil vom 21. 4. 2005, C-25/03 , HE, auf den Grundsatz der Gleichbehandlung. Nach der Rechtsprechung des EuGH liegt ein Verstoß gegen diesen Grundsatz vor, wenn unterschiedliche Vorschriften auf vergleichbare Situationen angewendet werden oder wenn die gleiche Vorschrift auf unterschiedliche Situationen angewendet wird, ohne dass eine spezielle Rechtfertigung hiefür gegeben ist (vgl. EuGH 19. 9. 2000, C-156/98 , Kommission/Deutschland). Der Ausschluss Nichtansässiger von der Kleinunternehmerbefreiung kann daher auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung als gemeinschaftsrechtlich bedenklich angesehen werden.
Aus dem Urteil des EuGH vom 17. 6. 1999; C-166/98 , Socridis, ergibt sich, dass Richtlinien nicht gegen den Vertrag (gegen Gemeinschaftsgrundrechte) verstoßen, soweit sie den Mitgliedstaaten ausdrücklich einen Spielraum (bei der Umsetzung in nationales Recht) belassen, der weit genug ist, um eine Umsetzung in einer mit dem Vertrag (Grundrechte) in Einklang stehenden Weise zu ermöglichen (siehe den Vorlagebeschluss des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes vom 24. 9. 2007, 2006/15/0056).
Dem nationalen Gesetzgeber steht bei Gültigkeit der Wortfolge "sowie die Lieferungen von Gegenständen bzw. die Dienstleistungen, die von einem Steuerpflichtigen, der nicht im Inland ansässig ist, bewirkt bzw. erbracht werden" in Art. 24 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie bzw. der Wortfolge "die Lieferungen von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch einen Steuerpflichtigen, der nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet wird" in Art. 283 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie hinsichtlich einer Befreiung auch Nichtansässiger von der Mehrwertsteuer kein Umsetzungsspielraum zu.
Art. 24 der Sechsten Richtlinie (Art. 282 ff. der Mehrwertsteuersystemrichtlinie) wendet (wenden) unterschiedliche Vorschriften - einmal Befreiung bei Ansässigkeit im Inland, einmal Nichtbefreiung bei Ansässigkeit nicht im Inland - bei vergleichbarem Sachverhalt - Erzielung von vergleichsweise geringen Umsätzen durch einen Unternehmer - an. Der Vereinfachungsgedanke, der der Kleinunternehmerbefreiung zugrunde liegt, spräche für eine Anwendung in beiden Fällen - mehr noch bei einem Nichtansässigen, der in einem anderen Mitgliedsstaat zu einer Besteuerung nach allgemeinen Grundsätzen und entsprechendem Verkehr mit einer Steuerbehörde eines anderen Mitgliedstaates gezwungen wird, als bei einem Ansässigen.
Spezielle Rechtfertigungsgründe für den Ausschluss Nichtansässiger wurden vom Finanzamt Waldviertel nicht vorgetragen. Das Finanzamt Waldviertel hat - nach Rücksprache mit dem Bundesministerium für Finanzen - mit Schreiben vom 9. Feber 2009 lediglich darauf hingewiesen, dass "die innerstaatliche Regelung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG" richtlinienkonform und "ein Verstoß der in Frage stehenden Bestimmungen der" Sechsten Richtlinie bzw. der Mehrwertsteuersystemrichtlinie gegen Primärrecht der Gemeinschaft "nicht ersichtlich" sei.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes können gewisse Eingriffe in die Grundfreiheiten aus Gründen der innerstaatlichen Lastengleichheit und der Kohärenz der Steuerrechtsordnung gerechtfertigt sein (vgl. EuGH 28. 1. 1992, C-204/0, Bachmann), wobei eine wirksame steuerliche Kontrolle zu den zwingenden Gründen des Allgemeinwohls zählen kann (vgl. EuGH 20. 2. 1979, 120/78 , Rewe-Zentral AG, "Cassis de Dijon"). Nicht zulässig ist es freilich, allein die Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat stets mit einem möglichen Missbrauch gleichzusetzen (vgl. EuGH 12. 12. 2002, C-324/00 , Lankhorst-Hohorst), zumal es die Amtshilferichtlinie 77/799/EWG den Finanzbehörden ermöglicht, von anderen Mitgliedstaaten Informationen über die dortige Besteuerung zu erlangen (vgl. EuGH 3. 10. 2002, C-136/00 , Danner). Auch die Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis (vgl. EuGH 13. 12. 2005, C-446/03 , Marks & Spencer) bedingt nicht die durch Art. 24 Abs. 3 Sechste Richtlinie vorgenommene Unterscheidung in Ansässige und Nichtansässige.
Soweit in der Literatur als Begründung für die Regelung angeführt wird, dass mit dem Ausschluss ausländischer Unternehmer von der Anwendung der Kleinunternehmerregelung insbesondere ein unversteuerter Letztverbrauch verhindert werden soll, weil beim Warenverkehr innerhalb der Gemeinschaft grundsätzlich keine Einfuhrumsatzsteuer erhoben wird und daher Gegenstände, für die in einem anderen Mitgliedstaat beim Bezug Vorsteuern geltend gemacht wurden, unversteuert an Letztverbraucher geliefert werden könnten und außerdem mit der Regelung Schwierigkeiten begegnet werde, bei ausländischen Unternehmern, die im Inland sonstige Leistungen gegenüber einer Vielzahl von Abnehmern erbringen, die Höhe des Umsatzes auch nur annähernd zu ermitteln (Kolacny, SWK 1994, 445), so treffen diese Argumente im Binnenmarkt gleichermaßen auf nicht ansässige Kleinunternehmer wie auf nicht ansässige Nicht-Kleinunternehmer zu.
Hingegen könnten als nur Kleinunternehmer betreffende administrative Gründe für die Beibehaltung des Ausschlusses nicht ansässiger Kleinunternehmer erforderliche Prüfungsmaßnahmen der Steuerbehörden bzw. ein allenfalls erforderlicher Verzicht des Unternehmers auf die Kleinunternehmerregelung in Zusammenhang mit der Vorsteuererstattung an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung ansässige Unternehmer ins Treffen geführt werden. Außerdem hätte im Reverse Charge System bei sonstigen Leistungen und Werklieferungen nicht ansässiger Unternehmer, bei dem nach § 19 Abs. 1 UStG 1994 Steuerschuldner der Empfänger der Leistung ist, wenn dieser Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, der Leistungsempfänger zu prüfen, ob es sich beim Leistungserbringer um einen Kleinunternehmer handelt. Ferner könnte eine jeweils mitgliedstaatsbezogene Kleinunternehmerregelung steuerliche Vorteile für Unternehmer bringen, die in mehreren Mitgliedstaaten Umsätze ausführen, auf die die jeweilige Kleinunternehmerregelung der Mitgliedstaaten zutrifft.
Allerdings hat der Gerichtshof wiederholt ausgeführt, dass ein Mitgliedstaat neben den Rechtfertigungsgründen, die er für eine Ausnahme von den Grundfreiheiten geltend machen kann, eine Untersuchung der Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der von ihm erlassenen beschränkenden Maßnahme vorlegen sowie genaue Tatsachen zur Stützung seines Vorbringens anführen muss (vgl. EuGH 22. 12. 2008, C-161/07 , Kommission/Österreich m. w. N.). Derartige Unterlagen sind dem vorlegenden Gericht nicht bekannt.
Zur dritten und vierten Frage:
Wird die erste bzw. zweite Frage bejaht, stellt sich die Frage der Herstellung eines primärrechtskonformen Zustandes.
Dieser kann zunächst dadurch bewirkt werden, dass die Wortfolge "sowie die Lieferungen von Gegenständen bzw. die Dienstleistungen, die von einem Steuerpflichtigen, der nicht im Inland ansässig ist, bewirkt bzw. erbracht werden" in Art. 24 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie bzw. "die Lieferungen von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch einen Steuerpflichtigen, der nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet wird" in Art. 283 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie ("der im Inland einen Wohnsitz oder Sitz hat und" in § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994)als ungültig angesehen wird.
Schließlich könnte auch die gesamte Regelung des Art. 24 der Sechsten Richtlinie bzw. der Art. 282 ff. der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 und des § 6 Abs. 3 leg. cit.) als ungültig angesehen werden, wodurch ebenfalls der bei Bejahung der ersten bzw. zweiten Frage angenommene primärrechtswidrige Zustand - Diskriminierung Nichtansässiger - beseitigt werden kann.
In weiterer Folge bliebe es, sofern durch den Rat keine Änderung der Richtlinien erfolgt, den Mitgliedstaaten überlassen, die - bei Bejahung der ersten bzw. zweiten Frage gemeinschaftsrechtlich gebotene - Ausdehnung einer Kleinunternehmerregelung auf Unternehmer, die in der Gemeinschaft ansässig sind, in ihren nationalen Rechtsvorschriften zu beschränken, und damit allfälligen Schwierigkeiten zu begegnen, die sich aus einer Ausdehnung der Kleinunternehmerregelung auch auf Unternehmer, die in Drittstaaten ansässig sind, ergeben können.
Zur fünften und sechsten Frage:
Werden die Fragen drei und vier bejaht, stellt sich in weiterer Folge die Frage, ob als Kleinunternehmer nur jene Unternehmer anzusehen sind, die in dem jeweiligen Mitgliedstaat Umsätze erzielen, die unter die in dem jeweiligen Mitgliedstaat geltende Umsatzgrenze fallen, oder ob zur Ermittlung des für die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerbefreiung maßgeblichen Jahresumsatzes die im gesamten Gemeinschaftsgebiet erzielten Umsätze zusammenzurechnen sind und dann hinsichtlich dieser zusammengerechneten Umsätze zu prüfen ist, ob diese unter der im jeweiligen Mitgliedstaat festgesetzten Umsatzgrenze liegen.
In der Literatur wird die Auffassung vertreten, aus europarechtlicher Sicht und unter Gleichheitsaspekten sei die Zusammenrechnung des inländischen und ausländischen Umsatzes für die Ermittlung der Umsatzgrenze bei der Kleinunternehmerbefreiung für alle Unternehmer "zu fordern" (siehe etwa Pülzl, Kleinunternehmerregelung nur für Inländer?, SWK 2006, S 823, m. w. N.). Damit könnte auch - sieht man die Kleinunternehmerregelung entgegen Art. 24 Abs. 1 letzter Halbsatz der Sechsten Richtlinie bzw. Art. 281 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie als Steuerermäßigung - einer Kumulierung von Begünstigungen in den einzelnen Mitgliedstaaten entgegengewirkt werden.
In der Rechtssache Kommission/Österreich, C-128/05 , hat die Kommission in ihrer Klage vom 18. März 2005 die Auffassung vertreten, dass der durch die dort strittige österreichische Regelung angewendete Begriff des "Kleinunternehmens" - Umsatz in Österreich unter (damals) 22.000 € - dem einheitlich auszulegenden gemeinschaftsrechtlichen Begriff von "Kleinunternehmen" nicht entspreche. Diese Auffassung wurde von Generalanwältin Eleanor Sharpston in ihrem Schlussantrag vom 27. April 2006 geteilt und in Rz. 39 darauf verwiesen, dass "nach jeder normalen Lesart ... unter ... ,Kleinunternehmen' Unternehmen zu verstehen [sind], die objektiv klein sind, und nicht Unternehmen, deren Aktivitäten in einem einzelnen Mitgliedstaat beschränkt sind."
Allerdings bezogen sich diese Ausführungen nicht auf die österreichische Kleinunternehmerregelung, sondern auf die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung der abziehbaren Vorsteuerbeträge bei ausländischen Unternehmen, die grenzüberschreitende Personenbeförderungen durchführen, und steht die österreichische Umsatzgrenze für Kleinunternehmer (im Sinne der Sechsten Richtlinie bzw. Mehrwertsteuersystemrichtlinie) von 22.000 € bzw. 30.000 € im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht.
Hingegen scheinen Art. 24 der Sechsten Richtlinie sowie Art. 287 u. a. der Mehrwertsteuersystemrichtlinie mit "Jahresumsatz" den im jeweiligen Mitgliedstaat in einem Jahr erzielten Umsatz zu meinen. Hierfür spricht insbesondere die Systematik der Richtlinien, die den einzelnen Mitgliedstaaten zugewiesenen Umsätze (und nur diese) in diesen Mitgliedstaaten zu versteuern (Art. 2 der Sechsten Richtlinie bzw. Art. 2 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie).
Die Begründung für die Schaffung einer Kleinunternehmerregelung - Schwierigkeiten bei der Administration der normalen Besteuerung sowohl für Kleinunternehmer als auch Steuerverwaltungen - spricht ebenfalls für eine mitgliedstaatsbezogene Umsatzgrenze. Diese mitgliedstaatsbezogenen Schwierigkeiten ändern sich nicht dadurch, dass auch in anderen Mitgliedstaaten Umsätze erzielt werden.
Schließlich ist zu den Gleichheitsaspekten auszuführen, dass die Ermittlung aller im Gemeinschaftsgebiet erzielten Umsätze eines Kleinunternehmers in der Regel zu einer beachtlichen Belastung in der Steueradministration führen wird, da entsprechende gegenseitige Verständigungen der Steuerverwaltungen aller Mitgliedstaaten erforderlich wären. Dieser Aufwand würde voraussichtlich einen möglichen Steuerausfall durch eine mögliche mehrfache Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung in einzelnen Mitgliedstaaten übersteigen.
Es bestehen zwar im gegenständlichen Verfahren keine Anhaltspunkte dafür, dass die Unternehmerin über die Umsätze aus der Vermietung der Wohnung in Österreich hinausgehend weitere steuerpflichtige Umsätze im Gemeinschaftsgebiet erzielt, allerdings wurde eine entsprechende Anfrage des vorlegenden Gerichts durch Frau Sch. nicht beantwortet.
Es erscheint zweckmäßig, vor Durchführung weiterer Ermittlungshandlungen in Bezug auf allfällige weitere Umsätze in anderen Mitgliedstaaten zu klären, ob diese Ermittlungen überhaupt erforderlich sind. Dies ist nicht der Fall, wenn unter "Jahresumsatz" in der gemeinschaftsrechtlichen Kleinunternehmerregelung der im jeweiligen Mitgliedstaat, in welchem die Kleinunternehmerregelung zum Tragen kommen soll, erzielte (modifizierte, Art. 24 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie bzw. Art. 288 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie) Umsatz zu verstehen ist.
IV. Bestehen von Zweifeln
Die Beantwortung der gegenständlichen Rechtsfragen scheint nicht derart offenkundig zu sein, dass für einen Zweifel im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofes (EuGH 6. 10. 1982, 283/81 , "C.I.L.F.I.T.") kein Raum bliebe.
Die Fragen werden daher dem Gerichtshof mit dem Ersuchen um Vorabentscheidung vorgelegt.
V. Aussetzung der Entscheidung:
Die Entscheidung über die Berufungen gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2006 und 2007 ist daher bis zum Ergehen der Entscheidung des Gerichtshofes auszusetzen.
Beilage:
Ordner bestehend aus Kopien folgender Aktenteile:
- Berufungsvorlagen betreffend Umsatzsteuer 2006 und 2007 an den UFS
- Akten des Unabhängigen Finanzsenats RV/2694-W/07 und RV/0153-W/09 (gemeinsamer Akt)
- Akten des Finanzamtes Waldviertel zur Steuernummer 23 XXX/XXXX - BV 24, soweit Umsatzsteuer 2006 und 2007 betroffen ist.
Jeweils eine Ausfertigung dieses Beschlusses ergeht an die Parteien des zweitinstanzlichen
Abgabenverfahrens.
Wien, am 4. März 2009
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise: | Pülzl/Reitschuler, Kleinunternehmerregelung nur für Inländer?, RdW 2001/638, 622 |