UFS RV/0058-I/04

UFSRV/0058-I/0416.5.2008

Vertreterhaftung bei einer Mehrheit von Geschäftsführern

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/15/0220 eingebracht. Mit Erk. v. 25.11.2009 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch RA Dr. Peter Lechner, 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 2, vom 17. Dezember 2001 gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom 12. Dezember 2001 betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die Haftung wird auf folgende Abgabenbeträge eingeschränkt

Abgabenart

Zeitraum

Fälligkeit

Betrag Euro

USt

10/1995

15. 12. 1995

17.648,00

USt

12/1995

15. 2. 1996

25.604,17

USt

1/1996

15. 3. 1996

16.947,52

LSt

8/1995

15. 9. 1995

14.513,86

LSt

10/1995

15. 11. 1995

19.593,10

LSt

11/1995

15. 12. 1995

23.661,11

LSt

1/1996

15. 2. 1996

21.554,11

LSt

2/1996

15. 3. 1996

16.777,32

LSt

5/1996

15. 6. 1996

15.678,58

DB

8/1995

15. 9. 1995

4.911,08

DB

10/1995

15. 11. 1995

4.835,65

DB

11/1995

15. 12. 1995

9.132,07

DB

1/1996

15. 2. 1996

4.859,71

DB

2/1996

15. 3. 1996

4.409,13

DZ

8/1995

15. 9. 1995

578,40

DZ

10/1995

15. 11. 1995

569,54

DZ

11/1995

15. 12. 1995

1.075,56

DZ

1/1996

15. 2. 1996

572,37

DZ

2/1996

15. 3. 1996

519,32

Stundungszinsen

1996

12. 2. 1996

1.300,55

Pfändungsgebühr

1996

24. 1. 1996

1.194,81

Säumniszuschlag

1995

16. 6. 1995

363,51

SZ

1995

15. 11. 1995

391,85

SZ

1995

15. 11. 1995

96,73

SZ

1995

15. 12. 1995

486,18

SZ

1995

15. 12. 1995

473,25

SZ

1995

15. 12. 1995

182,63

SZ

1995

15. 12. 1995

21,51

SZ

1995

15. 12. 1995

301,52

SZ

1996

15. 2. 1996

686,32

SZ

1996

15. 2. 1996

431,10

SZ

1996

15. 2. 1996

97,16

SZ

1996

15. 2. 1996

191,86

SZ

1996

15. 3. 1996

380,66

SZ

1996

15. 3. 1996

335,53

SZ

1996

15. 3. 1996

88,15

Verspätungszuschlag

6/1995

20. 11. 1995

25,14

Summe

  

210.489,06

Entscheidungsgründe

1.1. Der Berufungswerber (kurz Bw.) war seit 12. 12. 1984 gemeinsam mit J.E. Geschäftsführer der X-GmbH (kurz GmbH), die geschäftsführende Komplementärin der X-KG (kurz KG) war.

Die KG betrieb eine Druckerei. Nach dem Verkauf der Betriebsliegenschaft in R. im September 1995 wurde der Betrieb nach Durchführung umfangreicher baulicher Investitionen und Anschaffung einer neuen Druckmaschine ab Dezember 1995 in angemieteten Betriebsräumlichkeiten in H. weitergeführt

Am 4. 7. 1996 wurde über das Vermögen der KG das Konkursverfahren eröffnet. Nach Vollzug der Schlussverteilung wurde der Konkurs am 22. 7. 2005 gemäß § 139 KO aufgehoben. Auf die Konkursgläubiger entfiel eine Quote von 2,22 %.

1.2. Mit Haftungsbescheiden vom jeweils 12. 12. 2001 hat das Finanzamt sowohl den Bw. als auch den Geschäftsführer J.E. zur Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO für folgende Abgabenschuldigkeiten der KG im Gesamtbetrag von 3.393.850 S in Anspruch genommen:

Zeitraum

Abgabenart

Betrag in Schilling

3/95, 10/95, 12/95; 1/96, 4/96

Umsatzsteuer

1.148.377

1994, 8/95, 10/95, 11/95, 1/96, 2/96, 5/96

Lohnsteuer

1.600.575

1994, 8/95, 10/95, 11/95, 1/96, 2/96, 5/96

Dienstgeberbeitrag

469.273

1994, 8/95, 10/95, 11/95, 1/96, 2/96, 5/96

Zuschlag zu DB

55.077

1996

Stundungszinsen

17.896

1-3/1995

Kammerumlage

6.634

1996

Eintreibungsgebühren

16.441

1995, 1996

Säumniszuschlag

79.227

6/1995

Verspätungszuschlag

350

In der Begründung des an den Bw. gerichteten Haftungsbescheides wurde ausgeführt, dass der Bw. als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gemäß § 80 Abs. 1 BAO verpflichtet gewesen wäre, dafür Sorge zu tragen, dass die Abgaben der KG entrichtet werden. Bei der gegebenen Aktenlage müsse das Finanzamt bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgehen, dass der Bw. diese gesetzliche Verpflichtung schuldhaft verletzt habe. Weiters wies das Finanzamt auf die Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der primärschuldnerischen KG hin.

1.3. In der dagegen erhobenen Berufung vom 17. 12. 2001 beantragte der Rechtsvertreter des Bw. die ersatzlose Aufhebung des Haftungsbescheides. Vorgebracht wurde, dass es dem Bw. derzeit nicht möglich sei, die "behaupteten" Abgabenschuldigkeiten der primärschuldnerischen KG zu überprüfen, weil er derzeit über keine Buchhaltungsunterlagen verfüge. Da sich die Buchhaltungsunterlagen möglicherweise noch immer beim Masseverwalter befänden, ersuche der Bw. um Gewährung einer achtwöchigen Frist, um nach eingehender Überprüfung der erst auszuforschenden Buchhaltungsunterlagen sowohl zu den Haftungsbeträgen als auch zur Haftung als solcher konkret Stellung nehmen zu können.

Zwar sei die Begründung des Haftungsbescheides insofern zutreffend, als den Bw. als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH im Hinblick auf § 80 Abs. 1 BAO die Verpflichtung getroffen habe, für die Abgabenentrichtung der KG zu sorgen. Die weiteren Ausführungen im Haftungsbescheid, das Finanzamt müsse "bei der gegebenen Aktenlage" bis zum Beweis des Gegenteils von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Bw. ausgehen, seien aber nicht einmal als Scheinbegründung zu bezeichnen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setze die Vertreterhaftung eine schuldhafte Pflichtverletzung voraus, wobei der Geschäftsführer darzulegen habe, weshalb er nicht für die Abgabenentrichtung gesorgt habe. Da aber das Finanzamt dem Bw. keine Gelegenheit zu einem solchen Vorbringen gegeben habe, sei der Haftungsbescheid rechtswidrig. Hätte der Bw. die Möglichkeit zu einer diesbezüglichen Stellungnahme gehabt, wäre der Haftungsbescheid "mit hoher Wahrscheinlichkeit" nicht erlassen worden, zumal aus den der "Erstbehörde" vorliegenden Unterlagen klar abzuleiten sei, dass ein Verschulden des Bw. nicht gegeben sei bzw. nicht unterstellt werden könne.

Der Bw. sei aufgrund mangelnder finanzieller Mittel im Zusammenhang mit der Anschaffung notwendiger Maschinen, notorischer Probleme in der Druckereibranche und unvorhersehbarer technischer Mängel einer Maschine nicht in der Lage gewesen, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Das Fehlen ausreichender finanzieller Mittel zur Abgabenentrichtung habe keine Verletzung von Sorgfaltspflichten begründet, weil der Bw. selbst unter Einsatz aller ihm zur Verfügung stehenden Kräfte nicht in der Lage gewesen sei, im Unternehmen ausreichende Mittel zur Abgabenentrichtung zu erwirtschaften, um den Zahlungsverpflichtungen der KG nachkommen zu können. Die vom Finanzamt unterstellte schuldhafte Pflichtverletzung liege somit nicht vor.

Zum Beweis hiefür wurde die Einvernahme des Bw. und folgender weiterer Personen beantragt:

RA Dr. J.H. als Masseverwalter im Konkurs der KG;

Dr. M.P. als vom Masseverwalter eingesetzter Unternehmensberater;

Geschäftsführer J.E.;

1.4. Mit Schriftsatz des Rechtsvertreters vom 21. 1. 2002 wurde die Berufung wie folgt ergänzt:

"...Wie bereits festgehalten, ist die Begründung des bekämpften Haftungsbescheides nicht einmal eine Scheinbegründung und daher rechtswidrig. Wie seitens der erkennenden Behörde überhaupt damit argumentiert werden kann, dass bei der gegebenen Aktenlage das Finanzamt bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgehen müsse, dass der Berufungswerber seine gesetzliche Verpflichtung schuldhaft verletzt habe, ist schlichtweg nicht nachvollziehbar. Denn auch aus dem Behördenakt müsste sich ergeben, dass über das Vermögen der... KG... und über das Vermögen der Komplementärin...ein Konkursverfahren eröffnet worden ist. Im Rahmen dieses Konkursverfahrens hat nicht nur der Masseverwalter RA Dr. J.H. Berichte erstattet, sondern wurde zunächst eine Betriebsfortführung genehmigt, welche der über Auftrag des Masseverwalters installierte Unternehmensberater Dr. M.P. begleitet hat. Schon aus diesen Berichten und vorgelegten Unternehmenskonzepten hätte sich die Unrichtigkeit der Unterstellung schuldhaften Verhaltens eindeutig ergeben.

Des weiteren dürfte wohl amtsbekannt sein, dass im Rahmen des Verfahrens 00Hv000/00 des Landesgerichtes Innsbruck zwangsläufig u.a. auch diese Problematik abgeklärt und das Verfahren eingestellt worden ist. Im Rahmen des Strafverfahrens wurde Prof. Mag. E.M. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt.

Die Ergebnisse dieses Gutachtens seien nachstehend auszugsweise festgehalten:

Die...KG war mit Gesellschaftsvertrag vom 1. 7. 1981 mit Datum 30 .9. 1981 im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck als Handelsgericht zu FN... eingetragen, einziger Komplementär derselben war die...GmbH. Das Stammkapital der GmbH betrug von Anfang an ATS 500.000,--, die Kommandithafteinlagen ebenso ATS 500.000,--. Der Geschäftsführer J.E. war Rechtsnachfolger des Dr. R.E. und als solcher ab 12. Dezember 1994 (richtig: 12. 12. 1984) gemeinsam vertretungsbefugter Geschäftsführer mit A.K.. Mit 3. 7. 1996 haben die Geschäftsführer gemeinsam beim zuständigen Landesgericht Innsbruck den Antrag auf Eröffnung des Konkurses sowohl über die...GmbH als auch über die...KG wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gestellt. Beide Unternehmen bildeten eine wirtschaftliche Einheit und musste die GmbH das wirtschaftliche Schicksal der KG teilen.

Die Verpflichtung zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen ebenso wie zur Erstellung von Jahresabschlüssen über den gesamten Untersuchungszeitraum wurde erfüllt und gab weder formal noch inhaltlich Anlass zu Beanstandungen. Für ein mangelhaftes Rechnungswesen als bestimmte oder Teilursache einer allfällig eingetretenen Zahlungsunfähigkeit haben sich keine Hinweise ergeben. Dem Unternehmen ist es innerhalb des Untersuchungszeitraumes bis inklusive 1994 fast durchgehend gelungen, einen positiven Brutto-Cash-Flow nach Zinsen zu erwirtschaften. Massive Ertragseinbrüche zeigten sich erst ab dem Jahr 1995. Die Liquidität vermochte bis inklusive 1995 aufrechterhalten zu werden. Insbesondere im Jahr 1995 verfügte das Unternehmen, bedingt durch die Realisierung stiller Reserven im Zuge des Liegenschaftsverkaufes, über ausreichend Liquidität, aus der auch die getätigten hohen Investitionen in das Mietobjekt S. unschwer abgedeckt werden konnten. Erst die 1996 erforderlichen zusätzlichen baulichen Investitionen im Ausmaß von rund ATS 3,2 Mio. vermochten zusammen mit den Maschineninvestitionen in Höhe von rund ATS 7,2 Mio. nicht mehr abgedeckt zu werden und hatten eine massive Finanzierungslücke zur Folge.

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen deutlich, dass sich die Liquiditätslage der...KG in den Jahren 1993 und 1994 gegenüber dem Vorjahr 1992 zwar verschlechterte, insgesamt jedoch noch akzeptable Werte aufwies, die allenfalls Zahlungsstockungen, aber nicht Zahlungsunfähigkeit zur Folge hatten.

Im Jahr 1995 vermochten diese Engpässe, bedingt durch den Verkauf der Betriebsliegenschaft und die damit verbundene Realisierung stiller Reserven sowie die vorgenommene Umstrukturierung, beseitigt zu werden. Hervorgerufen durch Umsatzeinbrüche einerseits und Kostenüberschreitungen andererseits, vermochte die Liquidität jedoch nicht aufrechterhalten zu werden und verschlechterte sich im Laufe des ersten Halbjahres 1996 drastisch. Im Ergebnis zeigt sich eine im ersten Halbjahr 1996 entstandene Deckungslücke in Höhe von rund ATS 18,4 Mio. Diese hatte, nachdem die stillen Reserven des Unternehmens bereits im Vorjahr realisiert wurden, zwangsläufig Illiquidität zur Folge.

Die Umsatzentwicklung verlief bis inklusive 1994 positiv. Im Jahre 1995 erfolgte ein erster drastischer Umsatzeinbruch, der mit der Übersiedlung des Betriebes...und damit verbundenen Problemen im Zusammenhang steht. Diese mit der Umstrukturierung bzw. Standortverlegung zusammenhängenden Umsatzeinbußen vermochten jedoch liquiditätsmäßig gut bewältigt zu werden. An seine liquiditätsmäßigen Grenzen stieß das Unternehmen durch die im 1. Halbjahr 1996 neuerlichen massiven Umsatzrückgänge, die ihre Ursachen primär in den Anlaufschwierigkeiten der mit 13. 12. 1995 in Betrieb gegangenen neuen Druckmaschinentype...hatte. Diese Schwierigkeiten setzten unmittelbar nach Inbetriebnahme ein und setzten sich bis Juni 1996 fort. Eine Dokumentation dieser Probleme, die zu Minderauslastungen infolge von Stillstand und Fehlproduktionen im Ausmaß von ca. 18 % führten, findet sich aktenkundig exemplarisch für März 1996 im Maschinenlogbuch. Ergänzende Erhebungen des SV zeigten als Ergebnis das im Vorfeld von Insolvenzverfahren durchaus unübliche Fehlen jeglicher Exekutionen.

Die Sanierungsbemühungen brachten keine Anhaltspunkte für ein die Insolvenz herbeiführendes maßgebliches Fehlverhalten der Geschäftsführung; das an sich sinnhafte, finanziell gesichert erscheinende und professionell zügig abgewickelte Reorganisationskonzept scheiterte an nicht vorhersehbaren technischen Problemen im Zusammenhang mit der Maschinenumstellung.

Die Entwicklung der Zahlungsunfähigkeit der...KG stellt sich als ein mit Jahresbeginn 1996 einsetzender und konkret mit den technischen Problemen der Ingangsetzung der neu angeschafften Groß-Druckmaschine einhergehender, sukzessiv fortschreitender Prozess dar. Die objektiv im Verlauf des zweiten Quartals 1996 eingetretene Zahlungsunfähigkeit der...KG musste den Geschäftsführern aufgrund ihrer ständigen Konfrontation mit den die Zahlungsunfähigkeit verursachenden technischen Problemen und deren offensichtlicher Unbehebbarkeit sowie der Umsatzeinbrüche ebenfalls im Laufe des 2. Quartals 1996, spätestens jedoch nach Kenntnis des Ausmaßes der entstandenen Überschuldung und entsprechender Information durch den Steuerberater der Gesellschaft anlässlich einer Besprechung am 20. 6. 1996 subjektiv erkennbar sein.

Ursache für den Vermögensverfall und die Zahlungsunfähigkeit waren letztlich neben Kostenüberschreitungen, Mindererlösen anlässlich des Liegenschaftsverkaufs durch Senkung der Baudichte und dergleichen mehr die im Gefolge der Standortverlegung (1995) sowie der technischen Probleme mit der am neuen Standort installierten Groß-Druckmaschine (1996) aufgetretenen massiven Umsatzeinbrüche.

Was die Gläubigerschädigung nach subjektiver Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit betrifft, erscheint diese Frage aufgrund von zeitlicher Nähe von subjektiver Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit (20. 6. 1996) und Konkursbeantragung (3. 7. 1996) sowie im Hinblick auf die 60-Tages-Frist des § 69 KO und das Fehlen jeglicher Hinweise auf eine Gläubigerschädigung im oben angeführten Zeitraum gegenstandslos.

Beweis:

Gutachten des Sachverständigen Prof. Mag. E.M. im Akt 00Hv000/00 LG Innsbruck;

Akt 00Hv000/00 LG Innsbruck,

Dr. J.H. , Rechtsanwalt, Adresse1,

Dr. M.P., Unternehmensberater, Adresse2,

W.R., Steuerberater, Adresse3,

A.K., Adresse4;

Unter Bedachtnahme auf die auch vom Sachverständigen Prof. Dr. E.M. und dem Unternehmensberater Dr. M.P. sowie dem Steuerberater der Gesellschaft, W.R., positiv begutachteten Sanierungskonzepte haben die Geschäftsführer, also auch der Berufungswerber, versucht, zumindest eine anteilige, gleichteilige Befriedigung der Forderungen aller Gläubiger, also auch der Abgabengläubiger zu erreichen. Das Finanzamt wurde über diese Bemühungen laufend informiert, insbesondere mit den Ratenansuchen vom 9. 10. 1995 sowie 25. 1., 14. 3. und 29. 4.1996. Solange aufgrund vorhandener Liquidität noch Zahlungen möglich waren, wurden diese von der Geschäftsführung veranlasst und wurde dabei auf die Gleichbehandlung der Gläubiger Rücksicht genommen. An das Finanzamt wurden im Zeitraum 1. 7.1995 bis 31. 5.1996 noch Zahlungen im Gesamtbetrag von ATS 4.228.123,- geleistet.

Nach Mitteilung des Masseverwalters RA Dr. J.H. ist auch im Rahmen des Konkursverfahrens...mit einer quotenmäßigen Ausschüttung an die Gläubiger zu rechnen, die genaue Höhe dieser Quote steht allerdings nach Mitteilung des Masseverwalters derzeit noch nicht fest. Es ist daher davon auszugehen, dass eine anteilige Befriedigung aller Verbindlichkeiten erfolgt und der Berufungswerber die Abgabenschulden nicht schlechter behandelt hat als die übrigen Gläubigerschulden. Im Sinne des Erkenntnisses des VwGH vom 19. 11. 1998, 98/15/0159, sowie der weiteren Erkenntnisse vom 23. 4. 1998, 95/15/145, und 29. 1. 1993, 92/17/0042, ist daher aufgrund dieser anteiligen Befriedigung eine Haftungsfreiheit des Geschäftsführers gegeben, weil dieser nicht die Gesellschaftsmittel zur Verfügung hatte, die zur Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsschulden ausreichten (Beweis: wie vor).

Der Berufungswerber hat daher alles ihm im Rahmen der kaufmännischen Sorgfaltspflicht Zumutbare unternommen, um die Erfüllung aller Verpflichtungen der Gesellschaft zu gewährleisten. Er war aufgrund einer für ihn nicht zu verhindernden oder vorsehbaren geschäftlichen Entwicklung des Unternehmens aber nicht in der Lage, ausreichend liquide Mittel zu erwirtschaften, um dies auch tatsächlich zu realisieren. Aus diesem Grunde hat er lediglich eine anteilige, nämlich gleichteilige Befriedigung der Gläubiger, insbesondere der Abgabengläubiger, durchsetzen können und somit die Abgabenschulden nicht schlechter behandelt, wobei die im Haftungsbescheid genannten Haftungssummen nicht nachvollziehbar erscheinen. Die in der Berufung gestellten Anträge werden wiederholt..."

1.5. Das Finanzamt legte die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung zur Entscheidung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

2.1. Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Voraussetzung für die Vertreterhaftung nach § 9 Abs. 1 BAO sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit (vgl. z. B. VwGH 23. 4. 1998, 95/15/0145; VwGH 30. 11. 1999, 94/14/0173; VwGH 29. 5. 2001, 2001/14/0006).

2.2. Der Bw. hat zwar nicht konkret das Bestehen der haftungsgegenständlichen Abgabenforderungen bestritten, aber vorgebracht, dass die im Haftungsbescheid enthaltenen Haftungssummen nicht nachvollziehbar seien. Der Unabhängige Finanzsenat hat diesem Vorbringen Rechnung getragen und dem Rechtsvertreter des Bw. in den Beilagen 1 bis 3 zum Vorhalt vom 27. 3. 2007 eine detaillierte Aufgliederung der den Gegenstand der Haftung bildenden Abgaben nach Abgabenarten und Zeiträumen zur Kenntnis gebracht. Hieraus ist ersichtlich, wie sich die im Haftungsbescheid enthaltenen Summen errechnen. Diese Aufgliederung ist unwidersprochen geblieben; der Bw. hat sich dazu im Antwortschreiben vom 22. 6. 2007 nicht geäußert.

2.3. Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallhaftung, welche die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden voraussetzt (vgl. Ritz, BAO-Kommentar3, § 9, Tz 4 f, mwN). Diese Tatbestandsvoraussetzung ist im Berufungsfall gegeben, weil aufgrund der Aufhebung des Konkurses über das Vermögen der primärschuldnerischen KG am 22. 7. 2005 davon auszugehen ist, dass der die Konkursquote übersteigende Teil der Abgabenschuldigkeiten bei der Erstschuldnerin uneinbringlich ist.

Der Masseverwalter hat an das Finanzamt am 4. 7. 2005 eine Konkursquote in Höhe von 11.464,74 € überwiesen. Da diese Quotenausschüttung im vor Konkursaufhebung erlassenen Haftungsbescheid keine Berücksichtigung gefunden hat, ist diesem Umstand im Berufungsverfahren Rechnung zu tragen (zur Berechnung siehe unten).

2.4. Bei einer GmbH & Co. KG wird die Gesellschaft durch die Komplementär-GmbH, somit im Ergebnis durch deren Geschäftsführer vertreten. Der GmbH-Geschäftsführer hat die abgabenrechtlichen Pflichten zu erfüllen, die der GmbH obliegen und damit auch die abgabenrechtlichen Pflichten, die die KG treffen. Bei schuldhafter Pflichtverletzung haftet der GmbH-Geschäftsführer für die Abgaben der KG (vgl. z. B. VwGH 23. 1. 1997, 96/15/0107, VwGH 27. 3. 1996, 93/15/0229, VwGH 24. 1. 1996, 94/13/0069).

Der Bw. war in jenem Zeitraum, in dem die haftungsgegenständlichen Abgaben fällig wurden, gemeinsam mit J.E. vertretungsbefugter Geschäftsführer der X-GmbH, der Komplementärin der X-KG.

Bei einer Mehrheit von Geschäftsführern richtet sich die haftungsrechtliche Verantwortung danach, ob zwischen diesen eine Kompetenzabgrenzung bestand oder nicht. Bestand eine solche Abgrenzung nicht, trifft die Haftung sämtliche Vertreter gleichermaßen, außer der Einzelne hätte aus triftigen Gründen seine abgabenrechtlichen Pflichten nicht erfüllen können (vgl. VwGH 22. 2. 1993, 91/15/0065). War hingegen eine interne Arbeitsaufteilung vereinbart, so trifft die haftungsrechtliche Verantwortung in der Regel denjenigen Geschäftsführer, der mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut war. Hat der mit abgabenrechtlichen Angelegenheiten nicht befasste Vertreter seine eigenen Pflichten dadurch grob verletzt, dass er trotz Unregelmäßigkeiten des zur Wahrnehmung abgabenrechtlicher Angelegenheiten Bestellten nichts unternahm, um Abhilfe zu schaffen, so ist auch er haftbar, es sei denn, dass ihm triftige Gründe die Erfüllung der wechselseitigen Überwachungspflicht unmöglich gemacht haben. Allerdings kommt eine Überprüfung der Tätigkeit des mit der Abgabenentrichtung betrauten Geschäftsführers durch den anderen Geschäftsführer nur dann in Betracht, wenn ein Anlass vorliegt, an der Ordnungsmäßigkeit seiner Geschäftsführung zu zweifeln. Somit müssen sich für den mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten nicht Betrauten konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der verantwortliche Geschäftsführer seine Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt (vgl. VwGH 25. 11. 2002, Zl. 99/14/0121; Ritz, BAO-Kommentar3, § 9, Tz 23, mwN).

Wie dem Schreiben des Rechtsvertreters des Bw. vom 22. 6. 2007 zu entnehmen ist, bestand zwischen dem Bw. und J.E. eine Aufgabenteilung dergestalt, dass J.E. für den Vertrieb, der Bw. für die "kaufmännische und administrative Seite" und beide Geschäftsführer gemeinsam für die technischen Belange des Druckereibetriebes der KG verantwortlich waren. In einem die Haftungsinanspruchnahme des J.E. betreffenden weiteren Schreiben vom 22. 6. 2007 machte der Rechtsvertreter, der beide Geschäftsführer vertritt, gleich lautende Angaben. Die Ausführungen des Rechtsvertreters bezüglich einer Aufgabenverteilung decken sich mit den übereinstimmenden Aussagen beider Geschäftsführer in dem gegen diese beim Landegericht Innsbruck geführten, Ende 1998 eingestellten Strafverfahren wegen des Verdachtes der fahrlässigen Krida nach §§ 159 Abs. 1 Z 1 und 2 (161) StGB und der Vergehen nach § 114 Abs. 1 und 2 ASVG. Laut Beschuldigtenvernehmungen vom 12. 8. 1997 war für das Rechnungswesen der KG nicht J.E., sondern der Bw. zuständig. Auch der vom Gericht am 12. 8. 1997 als Zeuge einvernommene vormalige steuerliche Vertreter der KG (W.R.) sagte aus, dass die kaufmännische Administration der KG einschließlich Finanzbuchhaltung und Kostenrechnung dem Bw. oblegen sei (vgl. AZ 99Vr9999/99, ON 7, 8, 9). Im Hinblick auf dieses Beweisergebnis ist das Bestehen einer Geschäftsverteilung, der zufolge der Bw. als der für das Rechnungswesen der KG zuständige Geschäftsführer auch mit deren abgabenrechtlichen Angelegenheiten befasst war, als erwiesen anzusehen. Die Heranziehung des Bw. zur Haftung entspricht somit - bei Vorliegen aller übrigen Voraussetzungen - der Rechtslage, weil die Haftung primär gegenüber jenem Vertreter geltend zu machen ist, der für die abgabenrechtlichen Belange verantwortlich war (vgl. VwGH 20. 9. 1996, 94/17/0122; VwGH 25. 1. 1999, 94/17/0229). Der an J.E. gerichtete Haftungsbescheid vom 12. 12. 2001 wurde mit Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates Zl. RV/0061-I/04 vom heutigen Tag gemäß § 289 Abs. 1 BAO aufgehoben, weil im erstinstanzlichen Haftungsverfahren keine Feststellungen zu einem (gegebenenfalls auch die Vertreterhaftung des mit den abgabenrechtlichen Angelegenheiten nicht befassten Geschäftsführers J.E. auslösenden) Überwachungsverschulden getroffen wurden.

2.5. Der Bw. wurde unter anderem zur Haftung für die rückständige Lohnsteuer betreffend die Lohnzahlungszeiträume 8/1995, 10/1995, 11/1995, 1/1996, 2/1996 und 5/1996 herangezogen. Bezüglich der Lohnsteuer ordnet § 78 Abs. 1 EStG 1988 an, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten hat. Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle ist der Arbeitgeber für den Fall, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen Arbeitslohnes nicht ausreichen, verpflichtet, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten. Die Verpflichtung zur Abfuhr der einbehaltenen Lohnsteuer ist im § 79 Abs. 1 EStG 1988 geregelt. Danach hat der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen.

Mit Schreiben der KG vom 10. 2. 1997, welchem die Lohnzettel der ehemaligen Mitarbeiter für das Jahr 1996 angeschlossen waren, wurde dem Finanzamt mitgeteilt, dass die Löhne und Gehälter der Dienstnehmer der KG bis einschließlich Mai 1996 ausbezahlt worden seien. Dieser Umstand wurde dem Bw. mit Schreiben des Unabhängigen Finanzsenates vom 27. 3. 2007 vorgehalten und im Antwortschreiben vom 22. 6. 2007 nicht bestritten. Vorgebracht wurde, dass das Personal gerade in der Druckereibranche einen entscheidenden Erfolgsfaktor darstelle und es Kooperationspartnern bzw. Subunternehmern relativ leicht fiele, eine "direkte Beauftragung" zu erlangen. Hätte der Bw. nicht die vollen Arbeitslöhne ausbezahlt, um die auf die niedrigeren Auszahlungsbeträge entfallende Lohnsteuer abführen zu können, wären zwangsläufig Dienstnehmer aus dem Unternehmen ausgetreten, was wiederum zur Folge gehabt hätte, dass die KG nicht mehr in der Lage gewesen wäre, bestehende Aufträge selbst auszuführen. Hätten Aufträge abgegeben werden müssen, wären Folgeaufträge verloren gegangen. Der Bw. habe daher "mit aller Gewalt" danach getrachtet, die Dienstnehmer der KG im Betrieb zu halten. Aufgrund der positiven Zukunftsprognosen für den Weiterbestand des Unternehmens habe der Bw. jedoch darauf vertraut, dass sämtliche Abgabenschulden einschließlich der Lohnsteuer zur Gänze beglichen werden könnten. Dass dies nicht der Fall sein würde, sei aus damaliger Sicht auszuschließen gewesen.

Dieses Vorbringen schließt eine Haftung für die Lohnsteuer 8/1995, 10/1995, 11/1995, 1/1996, 2/1996 und 5/1996 nicht aus, weil die Nichtentrichtung der Lohnsteuer nicht mit dem Fehlen ausreichender Mittel entschuldigt werden kann. Vielmehr ist von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters auszugehen, wenn die Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wird. Wirtschaftliche Schwierigkeiten der KG sind für die Haftungsinanspruchnahme ohne rechtliche Bedeutung. Nach der durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 18. 10. 1995, 91/13/0037, 0038, ausdrücklich aufrecht erhaltenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fällt es nämlich einem Vertreter im Sinn der §§ 80ff BAO als Verschulden zur Last, wenn er Löhne auszahlt, aber die darauf entfallende Lohnsteuer nicht an das Finanzamt abführt (vgl. z. B. auch VwGH 15. 12. 2004, 2004/13/0146; VwGH 29. 1. 2004, 2000/15/0168; VwGH 21. 1. 2004, 2002/13/0218).

An der Verletzung der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Lohnsteuerabfuhr vermögen weder branchenspezifische Gegebenheiten etwas zu ändern, noch das Bestreben des Bw., die Dienstnehmer der KG durch ungekürzte Lohnzahlungen im Betrieb zu halten. Es mag zwar sein, dass der Bw. hoffte und auch von dritter Seite darin bestärkt wurde, das Unternehmen durch entsprechende Sanierungsmaßnahmen vor der Insolvenz bewahren zu können. Weiters mag es zutreffen, dass konkrete betriebswirtschaftliche Konzepte (wie etwa das als Beweismittel vorgelegte Betriebsfortführungskonzept des vormaligen steuerlichen Vertreters vom 15. 8. 1995) bestanden, welche eine Sanierung des Betriebes der KG als realistisch erscheinen ließen. Solange aber die entsprechenden Reorganisationsmaßnahmen nicht umgesetzt und die Sanierungsversuche noch nicht erfolgreich abgeschlossen, sondern allenfalls Erfolg versprechend waren, hätten zur Vermeidung eines zur Heranziehung zur Haftung relevanten Verschuldens die Löhne gemäß § 78 Abs. 3 EStG 1988 nur in einem entsprechend geringeren Ausmaß ausgezahlt werden dürfen (vgl. z. B. VwGH 22. 2. 2001, 2000/15/0227; VwGH 29. 6. 1999, 99/14/0040). Der Bw. durfte sich auch nicht darauf verlassen, dass in Zukunft Mittel eingehen werden, die zur Entrichtung der Lohnsteuer herangezogen werden können. Damit verletzte er bereits die aus § 78 Abs. 3 EStG sich ergebende Verpflichtung, nur so viel an Löhnen auszubezahlen, dass die von diesen Mitteln einbehaltene Lohnsteuer auch abgeführt werden kann.

Der Bw. meinte in der Vorhaltsbeantwortung vom 22. 6. 2007 weiters, die Zahlungen vom 16. 11. 1995 (453.934 S), 15. 1. 1996 (327.355 S) und 28. 5. 1996 (300.000 S) sowie die Umsatzsteuergutschriften für die Voranmeldungszeiträume 11/1995 (271.909 S), 12/1995 (119.861 S), 1/1996 (28.673 S), 3/1996 (62.701 S) hätten nicht auf die ältesten gebuchten Abgabenschulden verrechnet werden dürfen, sondern "auf Lohnsteuer angerechnet werden müssen", weil davon auszugehen sei, dass "die Überweisung...jedenfalls zur Abdeckung der beschwerlichsten Schuld gewidmet werden sollte".

Wie der Bw. selbst einräumt, wurden bezüglich dieser Zahlungen bzw. sonstigen Gutschriften laut Umsatzsteuer-Voranmeldungen 11/1995 und 3/1996 keine Verrechnungsweisungen im Sinn des § 214 Abs. 4 BAO erteilt, sodass die betreffenden Beträge gemäß § 214 Abs. 1 BAO zu Recht auf die ältesten verbuchten Abgabenschulden verrechnet wurden. Die Verrechnung der aus den berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldungen 12/1995 und 1/1996 resultierenden Gutschriften (119.861 S bzw. 28.673 S) hatte gemäß § 214 Abs. 8 BAO auf die rückständige Umsatzsteuer für die betreffenden Voranmeldungszeiträume zu erfolgen, wodurch sich die Haftung für diese Abgaben entsprechend verringert hat. Für eine von diesen zwingenden Verrechnungsregeln abweichende Verbuchung blieb somit kein Raum. Im Übrigen wäre ein Streit über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto in dem in § 216 BAO geregelten Verfahren zur Erlassung eines Abrechnungsbescheides auszutragen, welches auch einem Haftungspflichtigen offen steht (vgl. VwGH 28. 9. 2004, 2001/14/0176).

2.6. Weiters wurde der Bw. zur Haftung für Lohnabgaben herangezogen, die aus einer im Oktober 1995 durchgeführten Lohnsteuerprüfung über den Zeitraum 1. 1. 1990 bis 31. 12. 1994 resultieren. Die Nachforderungen laut Lohnsteuerprüfung wurden am Abgabenkonto der KG wie folgt verbucht: Lohnsteuer 1994: 62.475 S; Dienstgeberbeitrag 1994: 6.709 S; Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 1994: 597 S. Wie dem diesbezüglichen Bericht des Lohnsteuerprüfers vom 11. 10. 1995 zu entnehmen ist, sind diese Abgaben dadurch entstanden, dass in den Jahren 1990 bis 1994 für zwei Dienstnehmer zu niedrige Sachbezüge für die Privatnutzung von Firmen-Pkw angesetzt wurden und im Jahr 1991 bei einer Dienstnehmerin das ihr gewährte Jubiläumsgeld unversteuert geblieben ist. Weiters ergibt sich aus den Akten, dass bei der KG damals 56 Dienstnehmer beschäftigt waren und die Lohnverrechnung einer Angestellten oblag. Zudem ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den auf insgesamt vier Jahre aufzuteilenden Abgabennachforderungen nur um einen kleinen Bruchteil der im gesamten Prüfungszeitraum angefallenen Lohnabgaben handelt, und dem Bw. eine lückenlose Nachkontrolle der gesamten Lohnverrechnung nicht zumutbar war. Da somit kein Verschulden des Bw. an diesen Lohnsteuer-Fehlberechnungen ersichtlich ist - gegenteilige Feststellungen wurden vom Finanzamt nicht getroffen - fehlt es bezüglich dieser Lohnabgaben an den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für eine Haftung nach § 9 BAO.

2.7.1. Zu den übrigen im Haftungsbescheid enthaltenen Abgabenschuldigkeiten ist zunächst zu bemerken, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Vertreter darzutun hat, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich war, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinn des § 9 BAO angenommen werden darf (vgl. VwGH 17. 12. 2003, 2000/13/0220; VwGH 15. 12. 2004, 2004/13/0146; VwGH 20. 1. 2005, 2002/14/0091; VwGH 13. 4. 2005, 2002/13/0183). Zum tatbestandsmäßigen Verschulden reicht bereits fahrlässiges Handeln oder Unterlassen des Vertreters aus. Hat der Geschäftsführer seine Pflicht, für die Abgabenentrichtung aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu sorgen, schuldhaft verletzt, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Verletzung dieser Pflicht Ursache für die Uneinbringlichkeit der nicht entrichteten Abgaben war (vgl. VwGH 23. 1. 2003, 2001/16/0291; VwGH 19. 3. 2003, 2002/16/0168; VwGH 17. 5. 2004, 2003/17/0134).

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung gestandenen Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Schulden verwendet, die Abgabenschulden also nicht schlechter als andere Gesellschaftsverbindlichkeiten behandelt wurden (vgl. VwGH 28.5.2002, 99/14/0233; VwGH 26. 4. 2006, 2001/14/0206). Wird dieser Nachweis nicht angetreten, dann kann der Geschäftsführer für nicht entrichtete, bei der Primärschuldnerin uneinbringliche Abgaben zur Gänze zur Haftung herangezogen werden (vgl. VwGH 26. 6. 2000, 95/17/0613).

Wurden die Gesellschaftsverbindlichkeiten aus den vorhandenen Mitteln zwar nicht anteilig bedient, vermag der Geschäftsführer aber nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Mittelverwendung an den Abgabengläubiger abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur beschränkt, und zwar für die Differenz zwischen diesem Betrag und der tatsächlich erfolgten Abgabenzahlung (vgl. VwGH 29. 3. 2001, 2000/14/0149; VwGH 26. 6. 2000, 95/17/0613).

Wurde eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene im Abgabenfälligkeitszeitpunkt überhaupt keine Mittel zur Verfügung hatte, dann ist dem Vertreter eine haftungsbegründende Pflichtverletzung nicht vorwerfbar (vgl. VwGH 26. 11. 2002, 99/15/0249). Auch in einem derartigen Fall hat jedoch nicht die Behörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung, sondern der Geschäftsführer das Fehlen entsprechender Mittel zu beweisen (vgl. VwGH 26. 6. 2000, 95/117/0613; VwGH 28. 5. 2002, 99/14/0233).

2.7.2. In der Berufung bzw. im ergänzenden Schriftsatz vom 21. 1. 2002 wurde ein Verschulden am Abgabenausfall im Wesentlichen mit dem Argument bestritten, dass die KG aus näher dargestellten Gründen nicht über ausreichende Mittel zur Begleichung sämtlicher Gläubigerforderungen verfügt habe, weshalb der Bw. nur eine anteilige, gleichteilige Befriedigung der Gläubiger durchsetzen habe können. Eine Schlechterstellung des Abgabengläubigers sei nicht erfolgt.

Im Hinblick auf dieses Vorbringen wurde dem Bw. mit Schreiben des Unabhängigen Finanzsenates vom 27. 3. 2007 Gelegenheit zur Erbringung des Nachweises einer anteiligen Mittelverwendung im Zeitraum 15. 5. 1995 (Fälligkeit der Umsatzsteuer-Vorauszahlung 3/1995) bis zur Konkurseröffnung am 4. 7. 1996 gegeben. Der Bw. wurde um Vorlage einer Aufstellung sämtlicher Gläubiger der KG mit den zu den jeweiligen Abgabenfälligkeiten gleichzeitig oder früher fällig gewordenen Forderungen ersucht, aus der sämtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die hierauf geleisteten Zahlungen (Quoten) und die zu den jeweiligen Abgabenfälligkeiten verfügbar gewesenen liquiden Mittel ersichtlich sind.

Ein solcher Nachweis wurde vom Bw. nicht erbracht. In der Vorhaltsbeantwortung vom 22. 6. 2007 wurde vielmehr geltend gemacht , dass dem Bw. die Erbringung des Nachweises einer anteiligen Mittelverwendung erschwert sei, weil "im Rahmen des Konkursverfahrens die zur Führung konkreter Nachweise notwendigen Urkunden nicht mehr an die Geschäftsführer zurückgestellt" worden seien. Mehrere Versuche des Rechtsvertreters des Bw. mit Schreiben vom 1. 3. 2004, 16. 3. 2004, 4. 8. 2004 und 3. 3. 2005, vom Masseverwalter im Konkurs der KG die "Zurückstellung der Buchhaltung" zu erreichen, seien erfolglos verlaufen. Der Nachweis einer anteiligen Mittelverwendung könne daher nur "kursorisch" erfolgen. Dem Bw. sei aber keine diesbezügliche Fahrlässigkeit vorwerfbar, weil ausschließlich der Masseverwalter "für das Verschwinden der Buchhaltungsunterlagen verantwortlich" sei.

Aus dem Schreiben des Masseverwalters vom 19. 10. 2007 ergibt sich allerdings keineswegs, dass dieser das behauptete "Verschwinden" der Buchhaltungsunterlagen der KG zu vertreten habe. Vielmehr gab der Masseverwalter in Übereinstimmung mit der Aussage des Bw. vom 12. 8. 1997 im Strafverfahren zu 99Vr9999/99 an, dass die Buchhaltungsunterlagen der KG seinerzeit über Veranlassung der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH in einem Archiv der V. eingelagert worden seien, dort aber - nach Darstellung des Rechtsvertreters des Bw. gegenüber dem Masseverwalter - nicht mehr auffindbar seien. Bei der gerichtlichen Einvernahme am 12. 8. 1997 erklärte der Bw., dass die Buchhaltungsunterlagen der KG im Bedarfsfall "jederzeit" an das Gericht herausgegeben werden könnten. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz kann daher nicht erkennen, warum für den nunmehr ungeklärten Verbleib der Buchhaltungsunterlagen der Masseverwalter verantwortlich sein sollte. Dass der Masseverwalter die Buchhaltungsunterlagen nicht an den Rechtsvertreter des Bw. ausgehändigt hat, lag nicht an seiner mangelnden Bereitschaft, sondern daran, dass der Masseverwalter über die Buchhaltungsunterlagen nicht verfügte. Im Übrigen hat die Abgabenbehörde im Haftungsverfahren weder das Schicksal der Buchhaltungsunterlagen der KG zu klären noch die Ursachen für deren Unauffindbarkeit zu ergründen, sondern die Feststellung zu treffen, dass es dem Bw. oblegen wäre, entsprechende Beweisvorsorgen für einen Nachweis seines pflichtgemäßen Verhaltens zu treffen, als die Buchhaltungsunterlagen noch bei der V. vorhanden waren (vgl. z. B. VwGH 30. 10. 2001, 98/14/0082; Stoll, BAO, S. 128).

2.7.3. Weiters brachte der Rechtsvertreter im Schreiben vom 22. 6. 2007 vor, dass gegen den Bw. kein Strafantrag nach § 158 StGB wegen Begünstigung eines Gläubigers gestellt worden sei, was zeige, dass "keiner der Gläubiger besser gestellt" worden sei. Dieses Vorbringen verkennt, dass der Tatbestand der Gläubigerbegünstigung nach § 158 Abs. 1 StGB die beabsichtigte Besserstellung eines Gläubigers mit dem Ziel der Benachteiligung anderer Gläubiger nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit erfasst. Im Haftungsverfahren geht es aber nicht um ein strafrechtlich relevantes (vorsätzliches) Verhalten ab dem Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit der KG, sondern darum, ob der Bw. die (zumindest anteilige) Abgabenzahlungspflicht zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten der haftungsgegenständlichen Abgaben verletzt hat, wofür bereits leichte Fahrlässigkeit genügt. Aus dem Unterbleiben eines derartigen Strafverfahrens ist daher für den Standpunkt des Bw. nichts zu gewinnen.

Dass das gegen den Bw. eingeleitete Strafverfahren wegen des Verdachtes der fahrlässigen Krida (§ 159 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB) und der Vergehen nach § 114 Abs. 1 und 2 ASVG in der Folge eingestellt wurde, ist aus haftungsrechtlicher Sicht ebenfalls nicht von Bedeutung, weil dieser Umstand den Bw. nicht von der Verpflichtung entbindet, im abgabenrechtlichen Haftungsverfahren die Gründe aufzuzeigen, die ihn ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Abgabenentrichtung gehindert haben. Für die Haftungsinanspruchnahme bildet es nämlich keine Voraussetzung, ob in einem förmlichen Strafverfahren ein Schuldspruch erfolgt ist oder nicht (vgl. VwGH 4. 4. 1990, 89/13/0212).

2.7.4. Das Vorbringen in der Berufungsergänzung vom 21. 1. 2002, aus der Quotenausschüttung im Konkurs der KG sei eine anteilige Befriedigung aller Verbindlichkeiten abzuleiten, geht ebenfalls fehl, weil die Vertreterhaftung an in der Zeit vor der Konkurseröffnung gelegene und vom Vertreter zu verantwortende Versäumnisse bei der Abgabenentrichtung anknüpft. Dabei ist die Frage, inwieweit die als Konkursforderungen geltend gemachten Abgabenschulden durch die Verwertung des Schuldnervermögens befriedigt wurden, für die Beurteilung des Verschuldens an der Uneinbringlichkeit des die Konkursquote übersteigenden Teiles der Abgabenforderungen ohne Bedeutung. Durch die Zahlung der Konkursquote wird die seinerzeit eingetretene Ungleichbehandlung der Gläubiger nicht beseitigt (vgl. VwGH 29. 3. 2001, 2000/14/0149). Die Quotenausschüttung im Konkurs der KG führt somit nicht zur Haftungsfreiheit des Bw.

2.7.5. Der Unabhängige Finanzsenat hat das im gerichtlichen Strafverfahren eingeholte Gutachten des Buchsachverständigen Mag. E.M. vom 8. 12. 1998 im Hinblick darauf beigeschafft, dass nach Ansicht des Bw. der Inhalt dieses Gutachtens eine Gläubigerbegünstigung im Sinn einer nicht anteiligen Befriedigung aller Verbindlichkeiten der KG ausgeschlossen erscheinen lasse. In diesem Gutachten wurden die Fragen behandelt,

- ob und wenn ja wann eine Zahlungsunfähigkeit der primärschuldnerischen KG und der Komplementär-GmbH eingetreten ist,

- wann eine allfällige Zahlungsunfähigkeit für den Bw. und den zweiten Geschäftsführer J.E. erkennbar war,

welche Ursachen hiefür maßgeblich waren,

- ob und inwieweit nach allenfalls eingetretener Zahlungsunfähigkeit durch die Betriebsfortführung eine Gläubigerbenachteiligung erfolgte.

Wie den Ausführungen auf den Seiten 2 und 8 des Gutachtens zu entnehmen ist, lagen dem Sachverständigen keine Buchhaltungsunterlagen der KG vor, wohl aber die Jahresabschlüsse für die Jahre 1991 bis 1995 einschließlich des Jahresabschlusses für das Rumpfwirtschaftsjahr 1. 1. bis 3. 7. 1996.

Der Sachverständige hat anhand dieser Jahresabschlüsse die Vermögenslage der KG untersucht und festgestellt, dass diese zum 31. 12. 1994 buchmäßig überschuldet gewesen sei. Die wirtschaftliche bzw. insolvenzrechtliche Überschuldung der KG sei im Lauf des Jahres 1995, spätestens am 31. 12.1995 eingetreten.

Weiters untersuchte der Sachverständige die Ertragslage der KG, deren Umsätze sich bis einschließlich 1994 positiv entwickelt hätten (1992: rd. 65,8 Mio S; 1993: rd. 71 Mio. S; 1994: rd. 74,3 Mio. S). Im Jahr 1995 sei ein durch Umstrukturierungsmaßnahmen und die Verlegung des Betriebsstandortes nach H. bedingter Umsatzeinbruch auf rd. 62,8 Mio. S zu verzeichnen gewesen. Im ersten Halbjahr 1996 sei ein weiterer Umsatzrückgang auf rd. 26,4 Mio. S eingetreten, weil Anlaufschwierigkeiten der im Dezember 1995 in Betrieb genommenen neuen Druckmaschine zu Minderauslastungen infolge Stillstand und Fehlproduktionen in erheblichem Ausmaß geführt hätten.

Zur aus ausgewählten Kennziffern der Jahresabschlüsse 1991 bis 1996 abgeleiteten Liquiditätssituation der KG führte der Sachverständige unter anderem aus, dass die Liquidität (abgesehen von vertretbaren Deckungslücken in den Jahren 1991 und 1994) bis einschließlich 1995 gegeben gewesen sei. Insbesondere im Jahr 1995 habe das Unternehmen durch den Verkauf der Betriebsliegenschaft in R. um 18,5 Mio. S über ausreichend Liquidität verfügt, aus der die hohen Investitionen in das Mietobjekt am neuen Betriebsstandort in H. "unschwer" abgedeckt worden seien. Erst die 1996 erforderlich gewordenen zusätzlichen baulichen Investitionen (rd. 3,2 Mio. S) und Maschineninvestitionen (rd. 7,2 Mio. S) hätten nicht mehr abgedeckt werden können, sondern zu einer massiven Finanzierungslücke geführt. Die Entwicklung der Zahlungsunfähigkeit der KG stelle sich als ein mit Jahresbeginn 1996 einsetzender, mit den technischen Problemen der Ingangsetzung der neuen Druckmaschine einhergehender, sukzessiv fortschreitender Prozess dar, der dazu geführt habe, dass die KG spätestens im Verlauf des zweiten Quartals 1996 nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihren fälligen Zahlungsverpflichtungen innerhalb angemessener Frist nachzukommen. Die objektiv im Verlauf des zweiten Quartals 1996 eingetretene Zahlungsunfähigkeit der KG hätte für den Bw. und J.E. spätestens nach Kenntnis des Ausmaßes der entstandenen Überschuldung und Information durch den steuerlichen Vertreter der KG anlässlich einer Besprechung am 20. 6. 1996 erkennbar sein müssen.

Als hauptsächliche Ursachen für den Vermögensverfall bezeichnete der Sachverständige insbesondere Kostenüberschreitungen, Mindererlöse anlässlich des Betriebsliegenschaftsverkaufs durch Senkung der Baudichte sowie massive Umsatzeinbrüche, hervorgerufen durch die Verlegung des Betriebsstandortes (1995) einerseits und technische Probleme mit einer neuen Groß-Druckmaschine (1996) andererseits. Unter Einbeziehung der ab Juni 1995 erfolgten Sanierungsbestrebungen gelangte der Sachverständige zur Auffassung, dass keine Anhaltspunkte für ein die Insolvenz herbeiführendes maßgebliches Fehlverhalten der Geschäftsführung bestünden. Das an sich sinnvolle, finanziell gesichert erscheinende und zügig abgewickelte Reorganisationskonzept der KG sei letztlich an nicht vorhersehbaren technischen Problemen im Gefolge der Betriebsumstellung auf ein "Einmaschinenkonzept" gescheitert.

Auf Seite 36 des Gutachtens vertrat der Sachverständige die Auffassung, dass die Frage einer Gläubigerschädigung nach subjektiver Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit gegenstandslos sein dürfte. Als maßgeblich für diese Einschätzung erachtete der Sachverständige den kurzen Zeitraum zwischen subjektiver Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit (20. 6. 1996) und Stellung des Konkursantrages (3. 7. 1996) sowie das Fehlen jeglicher Hinweise auf eine Gläubigerschädigung in diesem Zeitraum.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass es im Haftungsverfahren nicht auf die Ursachen der Insolvenz der KG ankommt, weil es für die Vertreterhaftung gemäß § 9 BAO ohne Bedeutung ist, ob den Vertreter ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Vertretenen trifft (vgl. VwGH 30. 5. 1989, 89/14/0043, VwGH 20. 9. 1996, 94/17/0420). Aus den vom Sachverständigen dargelegten Ursachen für den Vermögensverfall der KG, auf die sich auch die Berufungsergänzung vom 21. 1. 2002 stützt, ist somit für den Bw. nichts zu gewinnen. Weiters kommt es aus haftungsrechtlicher Sicht nicht auf den Zeitpunkt der Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit der KG durch den Bw. an, weil die abgabenrechtliche Geschäftsführerhaftung an andere Voraussetzungen anknüpft als der Tatbestand der fahrlässigen Krida. Schließlich geht es im Haftungsverfahren auch nicht darum, ob der Bw. den Konkursantrag schuldhaft verzögert hat, weil eine allfällige Verletzung der im § 69 Abs. 2 KO normierten Pflicht zur rechtzeitigen Stellung eines Konkursantrages keine abgabenrechtliche Haftung begründet (vgl. VwGH 17. 8. 1998, 97/17/0096; VwGH 15. 12. 2004, 2004/13/0146).

Durch das vorliegende Gutachten wird aber vor allem deshalb keine Gleichbehandlung des Abgabengläubigers mit anderen Gläubigern der KG aufgezeigt, weil sich die Ausführungen des Sachverständigen zu einer möglichen Gläubigerschädigung nicht auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte der haftungsgegenständlichen Abgaben und die zu diesen Zeitpunkten vorhandenen Mittel, sondern nur auf den Zeitraum zwischen der subjektiven Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit (20. 6. 1996) und der Stellung des Konkursantrages (3. 7. 1996) beziehen. Somit ist das Gutachten schon im Hinblick auf den ihm zugrunde liegenden Untersuchungszeitraum ungeeignet, den vom Finanzamt erhobenen Vorwurf einer schuldhaften Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten zu entkräften.

2.7.6. Weiters hat der Bw. die Einvernahme des Masseverwalters im Konkurs der KG beantragt, welcher eine allfällige Gläubigerbevorzugung bzw. das Vorliegen von Anfechtungstatbeständen geprüft habe. Dazu teilte der Masseverwalter der Abgabenbehörde zweiter Instanz über schriftliche Befragung vom 18. 7. 2007 im Antwortschreiben vom 19. 10. 2007 unter anderem mit, dass er während des gesamten Konkursverfahrens keine Anhaltspunkte für eine Ungleichbehandlung von Gläubigern im Zeitraum 15. 5. 1995 bis zur Konkurseröffnung am 3. 7. 1996 gefunden habe. Wie in jedem Insolvenzverfahren habe der Masseverwalter das Vorliegen von Anfechtungstatbeständen geprüft, was auch "im Rahmen der Kridaprüfung" erforderlich gewesen sei. Genaue zahlenmäßige Angaben darüber, welche Mittel der gemeinschuldnerischen KG in der Zeit vom 15. 5. 1995 bis zum 3. 7. 1996 zur Verfügung gestanden seien und wie diese verwendet wurden, könne der Masseverwalter jedoch nicht machen. Nach Kenntnis des Masseverwalters sei es dem Bw. gelungen, von den Banken Betriebsmittelkredite zu erhalten, und zwar von der X-Bank 1 Mio. S, von der Y-Bank rund 2,25 Mio S und von der Z-Bank rund 7 Mio. S. Dass die Banken eine höhere Befriedigung als die anderen Gläubiger der KG erlangt hätten, sei auf die (anfechtungsuntaugliche) pfandrechtliche Besicherung ihrer Forderungen zurückzuführen gewesen. Weiters attestierte der Masseverwalter dem Bw. und J.E. ein redliches Bemühen um eine Unternehmenssanierung, deren Scheitern nicht auf ein Fehlverhalten dieser Personen zurückzuführen gewesen sei. Letztlich habe mangelnde Liquidität dazu geführt, dass Gläubigerforderungen nicht mehr befriedigt worden seien.

Diese Ausführungen des Masseverwalters entlasten den Bw. ebenfalls nicht. Zum einen war ausschließlich im Konkursverfahren zu prüfen, ob bzw. inwieweit von der primärschuldnerischen KG geleistete Zahlungen nach den Bestimmungen der Konkursordnung rechtsunwirksam bzw. anfechtbar waren, während die für das Haftungsverfahren maßgebliche Frage, ob der Abgabengläubiger gegenüber anderen Gläubigern benachteiligt wurde, davon unberührt bleibt (vgl. VwGH 12. 8. 1994, 92/14/0125). Aus dem Nichtvorliegen eines Anfechtungstatbestandes im Sinn der Konkursordnung ergibt sich auch keineswegs zwingend, dass der Bw. die Abgabenforderungen insgesamt nicht benachteiligt hat. Denn die konkursrechtlichen Anfechtungsbestimmungen richten sich vor allem gegen kurz vor der Konkurseröffnung vorgenommene Vermögensverschiebungen zu Gunsten einzelner Gläubiger(siehe die Frist von 60 Tagen gemäß § 30 Abs. 1 KO), während es im gegenständlichen Haftungsverfahren um wesentlich länger zurückliegende, teilweise bis in das Jahr 1995 zurückreichende Versäumnisse des Bw. bei der zeitgerechten Abgabenentrichtung geht. Zum anderen stellt die auf der bloßen Erinnerung und einem inhaltlich nicht näher präzisierten "Handakt" basierende, durch keinerlei zahlenmäßige Angaben untermauerte Behauptung, für den Masseverwalter sei im Vorfeld des Konkurses der KG keine Ungleichbehandlung von Gläubigern feststellbar gewesen, keinen hinreichenden Nachweis für eine Gleichbehandlung der Abgabenforderungen mit anderen Forderungen dar.

2.7.7. Der Bw. hat zu seiner Entlastung auch auf die betriebswirtschaftlichen Analysen des Unternehmensberaters Dr. M.P. verwiesen, der im Konkurs der KG die Möglichkeiten einer eventuellen Betriebsfortführung im Hinblick auf einen eventuellen Unternehmensverkauf ausgelotet hat. Die hiezu erarbeiteten Vorschläge sind insbesondere dem "Ist-Zustand Fortführungskonzept" vom Juli 1996 samt mehreren schriftlichen Erläuterungen vom August bzw. September 1996 zu entnehmen. Das von Dr. M.P. entwickelte Fortführungskonzept vermag aber zur hier maßgeblichen Beurteilung, ob der Bw. dem Gebot der anteiligen Schuldentilgung entsprochen hat, nichts beizutragen, weil sich der vom Masseverwalter zugezogene Unternehmensberater mit dieser Frage in keiner Weise befasst hat. Seine Aufgabe bestand vielmehr darin, mögliche Wege aufzuzeigen, wie der Weiterbestand des insolventen Unternehmens (durch Kosteneinsparungen einerseits und eine Steigerung der Betriebsleistung andererseits) ermöglicht werden könnte, um damit auch eine Entscheidungsgrundlage für mögliche Kaufinteressenten zu liefern (vgl. Bericht des Masseverwalters vom 14. 8. 1996). Zwar geht das "Ist-Zustand Fortführungskonzept" vom Juli 1996, welches eine Unternehmensfortführung als realistisch erachtete, auch auf die Unternehmensentwicklung der primärschuldnerischen KG in den letzten Jahren vor der Insolvenz ein, doch beschränken sich die diesbezüglichen Aussagen auf eine Darstellung der Ursachen für den wirtschaftlichen Niedergang der KG. Darauf kommt es aber - wie bereits erwähnt - im Haftungsverfahren nicht an.

Dr. M.P. wurde mit Schreiben vom 17. 12. 2007 um Auskunft ersucht, ob er im Rahmen seiner Tätigkeit während des Konkurses der KG konkrete Wahrnehmungen bezüglich einer gleichteiligen Befriedigung der Abgabenforderungen gemacht habe, und weiters, ob er zahlenmäßige Angaben über die der KG im Zeitraum 15. 5. 1995 bis zur Konkurseröffnung zur Verfügung gestandenen Mittel und deren Verwendung machen könne.

Dazu teilte Dr. M.P. im Antwortschreiben vom 10. 1. 2008 mit, dass er nicht in der Lage sei, konkrete Zahlenangaben zu machen, weil er über keine Buchhaltungsunterlagen der KG verfüge. Seinerzeit habe er "die im Unternehmen vorhanden Unterlagen des Rechnungswesens ausführlich studiert"; eine Bevorzugung von Gläubigern wäre Dr. M.P. aufgefallen, er habe eine solche aber nicht feststellen können. Bereits im Fortführungskonzept vom Juli 1996 habe Dr. M.P. festgehalten, dass "eine Fahrlässigkeit auf jeden Fall nicht erkennbar gewesen" sei. Weiters wies Dr. M.P. auf den einwandfreien Zustand des Rechnungswesens der KG, auf die hohe Kooperationsbereitschaft der vormaligen Geschäftsführer sowie darauf hin, dass die Vertreter der KG den Konkursantrag in einer "vielleicht als überhastet zu bezeichnenden Reaktion" gestellt hätten.

Auch diese Ausführungen sind nicht als Nachweis für eine Gleichbehandlung des Abgabengläubigers mit anderen Gläubigern der KG geeignet, weil sie über die bloße Behauptungsebene nicht hinausreichen. Konkrete Fakten, aus welchen auf eine Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes geschlossen werden könnte, sind dem Schreiben vom 10. 1. 2008 nicht zu entnehmen. Wenn für Dr. M.P. keine Fahrlässigkeit der vormaligen Vertreter der KG feststellbar war, so handelt es sich bei dieser Einschätzung um die rechtliche Qualifizierung eines Verhaltens, was aber nicht Beweisthema ist. Im Übrigen bezog sich die von Dr. M.P. angesprochene Feststellung im Fortführungskonzept vom Juli 1996, wonach keine grobe Fahrlässigkeit der Vertreter der KG vorgelegen sei, in keiner Weise auf die Handhabung offener Forderungen im haftungsrelevanten Zeitraum, sondern auf die für das Haftungsverfahren irrelevante Erkennbarkeit der negativen Unternehmensentwicklung. Dass sich die Vertreter der KG nach Ansicht des Dr. M.P. auch nicht persönlich bereichert hätten, ist haftungsrechtlich ebenfalls nicht von Bedeutung.

2.7.8. In der Vorhaltsbeantwortung vom 22. 6. 2007 wurde schließlich damit argumentiert, dass die Betriebsleistung der KG von 1994 auf 1995 um 16,1 % und von 1995 auf 1996 um 15,2 % zurückgegangen sei, während der Material- und Leistungszukauf von 1994 auf 1995 um 2 % und von 1995 auf 1996 um 7,2 % angestiegen sei. Gemessen am Umsatz habe der Material- und Leistungszukauf somit steigende Tendenz aufgewiesen (1994: 47 %; 1995: 55 %; 1996: 61 %), obwohl bei einer normalen Betriebsentwicklung rückläufige Umsätze zu einer Reduzierung der Material- und Leistungszukäufe bzw. zu einer Verringerung der Lieferverbindlichkeiten hätten führen müssen. Tatsächlich seien aber die Lieferverbindlichkeiten angestiegen, was nur so zu erklären sei, dass die Lieferantenziele "in Relation zur angespannten Finanzsituation" entsprechend verlängert worden seien.

Diese Ausführungen in Verbindung mit den im Rahmen eines Betriebsvergleiches für die Jahre 1994 bis 1996 angestellten Berechnungen, denen zufolge sich der Material- und Leistungszukauf trotzt stark gesunkener Umsätze auf rd. 35,6 Mio. S (1994), rd. 34,9 Mio. S (1995) und rd. 16,2 Mio. S im ersten Halbjahr 1996 belaufen habe, vermögen zur Frage der Gleichbehandlung des Abgabengläubigers mit anderen Gläubigern der KG nichts beizutragen, weil hieraus weder hervorgeht, welche liquiden Geldmittel dem Bw. zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden sind, noch, welche Zahlungen auf welche Verbindlichkeiten geleistet wurden. Die zum "Betriebsvergleich nach Umsatz- und Material- bzw. Leistungszukauf" angebotenen weiteren Beweise waren nicht aufzunehmen, weil die diesbezüglichen Berechnungen unter Punkt 3 des Schreibens vom 22. 6. 2007 zwar als richtig anerkannt werden, aber keinerlei Rückschlüsse auf eine anteilige Befriedigung der Abgabenforderungen erlauben.

2.7.9. Das weitere Vorbringen im Schreiben vom 22. 6. 2007, die Abgabenbehörde habe für den Fall, dass keine Gleichbehandlung des Abgabengläubigers gegeben sei, im Schätzungswege zu ermitteln, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, übersieht, dass das Erfordernis zur Errechnung einer entsprechenden Quote auf dem Vertreter, nicht aber auf der Behörde lastet (vgl. VwGH 19. 2. 2002, 98/14/0189; VwGH 22. 3. 2000, 97/13/0080). Im Übrigen wäre eine derartige Berechnung mangels entsprechender Unterlagen gar nicht möglich gewesen.

2.8. Entgegen dem Standpunkt des Bw. spricht die Aktenlage eindeutig gegen eine Gleichbehandlung der vor dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der KG fällig gewordenen Abgabenschuldigkeiten mit anderen Verbindlichkeiten der KG. Nach den unstrittigen Feststellungen im Sachverständigengutachten vom 8. 12. 1998 (S. 38) ist die Zahlungsunfähigkeit der KG im zweiten Quartal 1996 eingetreten. Weiters ist unstrittig, dass die KG im Jahr 1995 bei Umsätzen von rd. 62,8 Mio. S und aufgrund des Verkaufes der Betriebsliegenschaft in R. über ausreichend Liquidität verfügte. Der KG standen aber auch noch im ersten Quartal 1996 finanzielle Mittel zur Verfügung. Zum einen wurden in diesem Zeitraum - wenn auch durch Produktionsausfälle verminderte - Umsätze erzielt, welche sich laut Umsatzsteuervoranmeldungen auf immerhin rd. 12,1 Mio. S im Jänner, rd. 4,3 Mio. S im Februar und rd. 5,4 Mio. S im März 1996 beliefen. Zum anderen ergibt sich aus dem Schreiben des Rechtsvertreters vom 22. 6. 2007, dass der KG Anfang März 1996 von ihrer Hausbank und zwei weiteren Banken Betriebsmittel- bzw. Kontokorrentkreditrahmen über insgesamt 10.250.000 S eingeräumt wurden. Dass von diesen Kreditlinien Anfang März 1996 erst 8,3 Mio. S ausgenutzt worden waren, ist der vom Bw. verfassten Darstellung der finanziellen Situation der KG zum Stichtag 5. März 1996 zu entnehmen. Nach den diesbezüglichen Berechnungen war der Finanzbedarf der KG für März 1996 (rd. 7,8 Mio. S) zuzüglich der zur Befriedigung alter Lieferverbindlichkeiten erforderlichen Mittel (rd. 1,3 Mio. S) durch erwartete Kundenzahlungen im März (rd. 6 Mio. S) und die noch nicht ausgeschöpften Kontokorrentkredite (rd. 3,2 Mio. S) gedeckt. (vgl. Beilage 15 zum Schreiben vom 22. 6. 2007). Somit waren auch noch im ersten Quartal 1996 Mittel zur zumindest anteiligen Abgabenentrichtung vorhanden. Dessen ungeachtet sind die ab 15. 5. 1995 bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der KG im zweiten Quartal 1996 fällig gewordenen Abgaben mit Ausnahme der Umsatzsteuer 3/1995 zur Gänze unberichtigt geblieben, während etwa die Verbindlichkeiten aus den im Jahr 1995 getätigten hohen Investitionen im neuen Betriebsstandort H. zur Gänze abgedeckt wurden (vgl. SV-Gutachten, S. 23). Weiters ist aktenkundig, dass auch noch im Jahr 1996 Zahlungen für Ausbauarbeiten in den neuen Betriebsräumlichkeiten in H. erfolgten, und zwar 490.000 S am 9. 1. 1996 und 48.669 S am 26. 4. 1996 an die H-GmbH. Ferner ist unstrittig, dass die Lohnansprüche der Dienstnehmer der KG bis Mai 1996 zur Gänze erfüllt wurden, während der Abgabenrückstand im ersten Quartal 1996 von rund 1,9 Mio. S auf zirka 3,8 Mio. S angewachsen ist.

Mit dem in Teilbeträgen im Oktober 1995 und Februar 1996 zugeflossenen Erlös aus dem Verkauf der Betriebsliegenschaft in R. (18,5 Mio. S) wurden keine Abgabenschulden, sondern zur Gänze Bankverbindlichkeiten bedient, obwohl der Bw. dem Finanzamt im Ratenansuchen vom 9. 10.1995 - dieses betraf unter anderem die Umsatzsteuer 3/1995 und die Lohnabgaben 8/1995 - zugesichert hatte, aus diesen Mitteln sämtliche Abgabenrückstände zu begleichen. In einem weiteren Zahlungserleichterungsansuchen vom 25. 1. 1996 - dieses betraf die Lohnabgaben 10/1995 und 11/1995 sowie ältere Abgabenschulden - bot der Bw. dem Finanzamt Ratenzahlungen in Höhe von 316.000 S beginnend ab 15. 2. 1996 an, welche aber nicht geleistet wurden. Dieses Zahlungserleichterungsansuchen wurde vom Bw. damit begründet, dass sich eine "Liquiditätserleichterung in der Höhe von 3 Mio. S erst nach Eingang der Erlöse aus Liegenschafts- und Maschinenverkauf" ergeben werde. In einem weiteren Schreiben vom 14. 3. 1996 stellte der Bw. dem Finanzamt neuerlich sofortige Ratenzahlungen mit der Zusicherung in Aussicht, dass die hiefür erforderlichen Mittel in der zwölften Kalenderwoche verfügbar seien. Tatsächlich wurden aber auch im März 1996 keine Raten entrichtet.

Die Ausführungen des Rechtsvertreters im Schreiben vom 22. 6. 2007, mit dem Erlös aus dem Verkauf der Betriebsliegenschaft in R. seien deshalb keine Abgabenschuldigkeiten getilgt worden, weil die pfandrechtlich besicherten Banken bestimmt hätten, was mit diesen Mitteln zu geschehen habe, sind nicht berechtigt, weil der Umstand, dass zuerst bestehende Bankverbindlichkeiten bedient wurden, um weitere Bankkredite zu erlangen, an der nicht anteiligen Verwendung der solcherart verfügbar gewordenen Mittel nichts ändert.

Aus all diesen Gründen kann von einer Gleichbehandlung der im Zeitraum 15. 5. 1995 bis Ende März 1996 fällig gewordenen Abgabenschulden mit anderen Schulden der KG keine Rede sein.

2.9. Was die nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der KG im zweiten Quartal 1996 fällig gewordenen Abgaben betrifft, so erscheint der Abgabenbehörde zweiter Instanz eine differenzierte Betrachtungsweise geboten, zumal sich aus den Akten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass in diesem Zeitraum keine Verkürzung des Abgabengläubigers mehr stattgefunden hat. Zunächst kann aufgrund der Feststellungen im Sachverständigengutachten vom 8. 12. 1998 (S 33) davon ausgegangen werden, dass die primärschuldnerische KG im Verlauf des zweiten Quartals 1996 nicht mehr in der Lage war, ihren fälligen Zahlungsverpflichtungen innerhalb angemessener Frist nachzukommen. Dennoch entrichtete die primärschuldnerische KG am 24. 5. 1996 im Hinblick auf eine vom Finanzamt am 8. 5.1996 bewilligte Zahlungserleichterung eine Ratenzahlung in Höhe von 300.000 S, wodurch sich der bis dahin aufgelaufenen Abgabenrückstand (rd. 3,5 Mio. S) entsprechend verringerte. Mit einer weiteren Zahlung vom gleichen Tag (324.020 S) wurden auch die Lohnabgaben für April 1996 zur Gänze getilgt. Schließlich wurde noch kurz vor Konkurseröffnung (am 24. 6. 1996) eine Zahlung ohne Verrechnungsweisung in Höhe von 6.592 S getätigt. Andererseits sind im fraglichen Zeitraum auch andere Gläubigerforderungen unberichtigt geblieben. So lässt sich etwa der Korrespondenz des Masseverwalters mit der Firma H-KG entnehmen, dass diese die Bezahlung mehrerer Monatsmieten für die (mit Mietvertrag vom Dezember 1995 an die KG vermietete) Offset-Druckmaschine aufgrund der angespannten finanziellen Situation der KG "ausgesetzt" hatte, wobei nach Konkurseröffnung Meinungsverschiedenheiten darüber entstanden sind, ob die betreffenden Zahlungen bloß gestundet oder endgültig erlassen worden waren. Weiters hat die Vermieterin der Betriebsliegenschaft im Konkurs der KG einen Betrag in Höhe von zirka drei Monatsmieten (insgesamt rd. 236.000 S) als Konkursforderung angemeldet, welcher Umstand darauf hindeutet, dass im zweiten Quartal 1996 auch keine Mietezahlungen für die Betriebsliegenschaft in R. mehr geleistet wurden. Schließlich finden sich unter den insgesamt 211 Konkursforderungen über insgesamt rd. 39,8 Mio. S (darunter Bankforderungen im Gesamtbetrag von rd. 16 Mio. S) zahlreiche Lieferantenforderungen teils in Millionenhöhe (vgl. Anmeldungsverzeichnis ON 1: rd. 1,5 Mio. S; ON 46: rd. 580.000 S; ON 140: rd. 1,1 Mio. S; ON 162: rd. 2,5 Mio. S; ON 169: rd. 650.000 S; ON 174: rd. 2,2 Mio. S), welcher Umstand als weiteres Indiz dafür gewertet werden kann, dass im zweiten Quartal 1996 die Zahlung von Abgabenschulden der Zahlung anderer Schulden nicht mehr hintangestellt wurde (mit der Ratenzahlung vom 24. 5. 1996 in Höhe von 300.000 S wurden knapp 10 % des gesamten Abgabenrückstandes abgedeckt und wurden im zweiten Quartal 1996 auch die laufenden Abgaben entrichtet). Gegenteilige Feststellungen, wonach die anderen Gläubiger in diesem Zeitraum insgesamt besser als der Abgabengläubiger gestellt worden seien, wurden vom Finanzamt nicht getroffen. Von einer Haftungsinanspruchnahme für die Umsatzsteuer 4/1996 (fällig am 15. 6. 1996), den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag 5/1996 (fällig am 15. 6. 1996), die Kammerumlage 1-3/1995 (fällig am 15. 5. 1996) und die ab 15. 4. 1996 fällig gewordenen Säumniszuschläge konnte daher Abstand genommen werden.

2.10. Die Geltendmachung der Haftung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen zu halten hat (§ 20 BAO). Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Die Geltendmachung der Haftung stellt die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar, wobei die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles ein wesentliches Ermessenskriterium darstellt. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist. Der Bw. war im haftungsrelevanten Zeitraum der für die Abgabenentrichtung der KG zuständige Geschäftsführer der Komplementär-GmbH und damit der primär zur Haftung heranzuziehende Vertreter. Gründe, welche die Abgabeneinbringung im Haftungswege unbillig erscheinen ließen, wurden vom Bw. nicht dargelegt und sind derartige Umstände auch nicht erkennbar.

2.11. Die Haftungsschulden errechnen sich somit wie folgt:

Abgabenart

Zeitraum

Fälligkeit

Betrag ATS

Betrag Euro

USt minus Konkursquote (insg. 11.464,74€)

3/1995

15. 5. 1995

66.093

4.803,17 -4.803,17 0

USt minus Konkursquote

10/1995

15. 12. 1995

334.507

24.309,57 -6.661,57 17.648,00

USt

12/1995

15. 2. 1996

352.321

25.604,17

USt

1/1996

15. 3. 1996

233.203

16.947,52

LSt

8/1995

15. 9. 1995

199.715

14.513,86

LSt

10/1995

15. 11. 1995

269.607

19.593,10

LSt

11/1995

15. 12. 1995

325.584

23.661,11

LSt

1/1996

15. 2. 1996

296.591

21.554,11

LSt

2/1996

15. 3. 1996

230.861

16.777,32

LSt

5/1996

15. 6. 1996

215.742

15.678,58

DB

8/1995

15. 9. 1995

67.578

4.911,08

DB

10/1995

15. 11. 1995

66.540

4.835,65

DB

11/1995

15. 12. 1995

125.660

9.132,07

DB

1/1996

15. 2. 1996

66.871

4.859,71

DB

2/1996

15. 3. 1996

60.671

4.409,13

DZ

8/1995

15. 9. 1995

7.959

578,40

DZ

10/1995

15. 11. 1995

7.837

569,54

DZ

11/1995

15. 12. 1995

14.800

1.075,56

DZ

1/1996

15. 2. 1996

7.876

572,37

DZ

2/1996

15. 3. 1996

7.146

519,32

Stundungszinsen

1996

12. 2. 1996

17.896

1.300,55

Pfändungsgebühr

1996

24. 1. 1996

16.441

1.194,81

SZ (Säumniszuschlag)

1995

16. 6. 1995

5.002

363,51

SZ

1995

15. 11. 1995

5.392

391,85

SZ

1995

15. 11. 1995

1.331

96,73

SZ

1995

15. 12. 1995

6.690

486,18

SZ

1995

15. 12. 1995

6.512

473,25

SZ

1995

15. 12. 1995

2.513

182,63

SZ

1995

15. 12. 1995

296

21,51

SZ

1995

15. 12. 1995

4.149

301,52

SZ

1996

15. 2. 1996

9.444

686,32

SZ

1996

15. 2. 1996

5.932

431,10

SZ

1996

15. 2. 1996

1.337

97,16

SZ

1996

15. 2. 1996

2.640

191,86

SZ

1996

15. 3. 1996

5.238

380,66

SZ

1996

15. 3. 1996

4.617

335,53

SZ

1996

15. 3. 1996

1.213

88,15

Verspätungszuschlag

6/1995

20. 11. 1995

350

25,14

Summe

   

210.489,06

Innsbruck, am 16. Mai 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Gleichbehandlungsgrundsatz, Beweisvorsorge, Aufgabenteilung, Geschäftsverteilung, Lohnsteuer

Stichworte