Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war Geschäftsführerin der W-GmbH, über deren Vermögen am 7. August 1992 das Konkursverfahren eröffnet worden ist.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin im Instanzenzug gemäß § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 80 BAO zur Haftung für Abgabenschulden dieser Gesellschaft im Ausmaß von S 429.789,-- (Umsatzsteuer Jänner bis Mai 1992) herangezogen. In der Bescheidbegründung wird nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der einschlägigen Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt: Die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschulden bei der W-GmbH mit dem die ausgeschüttete Konkursquote übersteigenden Betrag stehe außer Streit. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hafte der Geschäftsführer einer GmbH für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung stehen, hiezu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als andere Verbindlichkeiten. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage sei die Beschwerdeführerin mit Schreiben der belangten Behörde vom 28. Jänner 1997 ersucht worden, für den Zeitraum, in dem die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten entstanden seien, eine Aufstellung vorzulegen, aus der ersichtlich sei, wie hoch die jeweils zur Verfügung gestandenen Mittel, die jeweiligen Verbindlichkeiten und die jeweiligen Zahlungen gewesen waren. Diesem Ersuchen sei mit der Begründung nicht entsprochen worden, dass der Ausdruck der auf einer "Diskette" gespeicherten Buchhaltung nicht möglich sei, weil der Masseverwalter die EDV-Anlage im Konkursverfahren veräußert habe. Der von der Beschwerdeführerin zu Beweiszwecken vorgelegte Status des "Kreditschutzverbandes von 1870" enthalte lediglich eine Aufstellung der Aktiva und Passiva der GmbH zum Stichtag 31. Juli 1992, an Hand derer sich insbesondere in Bezug auf die Lieferverbindlichkeiten keine Feststellungen darüber treffen ließen, bis zu welchem Zeitpunkt bzw. in welchem Ausmaß die Beschwerdeführerin Lieferantenverbindlichkeiten beglichen habe. Den vorliegenden Kassenberichten der W-GmbH sei allerdings zu entnehmen, dass während des gesamten Zeitraumes, in dem die haftungsgegenständlichen Umsatzsteuerschuldigkeiten entstanden seien, Zahlungen an Lieferanten und Mitarbeiter geleistet worden seien. So könnten dem Kassenbericht vom 20. Juli 1992 beispielsweise Ausgänge in der Gesamthöhe von rund S 64.000,-- entnommen werden. Für die Annahme, dass es sich hiebei um bloß anteilige Zahlungen gehandelt haben könnte, gebe es keinen Anhaltspunkt. Somit sei in Übereinstimmung mit den Angaben der Beschwerdeführerin anlässlich ihrer persönlichen Einvernahme davon auszugehen, dass sie die Forderungen jener Lieferanten, die nur mehr gegen Barzahlung liefern wollten, jeweils vollständig beglichen habe. Auch sei der laufende Geschäftsaufwand wie etwa Strom- und Telefongebühren bis zur Konkurseröffnung zur Gänze beglichen worden. Der eigenen Darstellung der Beschwerdeführerin im Schreiben vom 13. Jänner 1997 folgend sei weiters davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin jedenfalls die Löhne bis einschließlich Mai 1992 zur Gänze bezahlt habe. Darüber hinaus seien zumindest die Gehaltsansprüche eines namentlich genannten Mitarbeiters bis zum 20. Juli 1992 vollständig erfüllt worden. Was die Krankenkassenbeiträge anlange, könne festgestellt werden, dass diese bis einschließlich April 1992 vollständig entrichtet worden seien. Dem gegenüber habe eine abgabenbehördliche Prüfung ergeben, dass die Beschwerdeführerin für die Monate Jänner bis Mai 1992 nur Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von S 238.232,-- abgeführt habe, obwohl die Zahllast für diesen Zeitraum laut Buchhaltung S 906.253,-- betragen habe. Die Beschwerdeführerin habe daher mit den bis zum 15. Juli 1992 verfügbaren Mitteln einige andere Gläubiger zu Lasten des Abgabengläubigers bevorzugt behandelt und damit gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Dass die Beschwerdeführerin allenfalls auch noch andere Gläubiger benachteiligt habe, ändere an der Benachteiligung des Abgabengläubigers nichts.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat. Es hat nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Reichen die liquiden Mittel zur Begleichung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht aus, so hat der Vertreter nachzuweisen, dass die vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden, andernfalls haftet der Geschäftsführer für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft. Eine Bevorzugung eines einzelnen Gläubigers oder einiger Gläubiger stellt somit eine schuldhafte Pflichtverletzung durch den Vertreter dar, sofern dieses Verhalten eine Verkürzung der Abgaben bewirkt hat (vgl. u.a. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. September 1999, 96/15/0049).
Dem angefochtenen Bescheid liegt dieses vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretene Verständnis der Geschäftsführerhaftung gemäß §§ 9 und 80 BAO zu Grunde. Die belangte Behörde durfte daher aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin unstrittig die Forderungen einzelner Gesellschaftsgläubiger zur Gänze erfüllt hat, während dies für die Abgabenschulden unstrittig nicht zutraf, auf eine Ungleichbehandlung des Abgabengläubigers auch dann schließen, wenn diese Ungleichbehandlung auch anderen Gesellschaftsgläubigern widerfahren sein sollte. Die von der Beschwerde erhobene Rechtsrüge ist deshalb nicht berechtigt.
Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt die Beschwerdeführerin vor, sie habe den Abgabenbehörden eine Datenträgerkassette zum Beweis der Beachtung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung vorgelegt. Die belangte Behörde habe es - obgleich die Beschwerdeführerin mit der Vorlage dieser Kassette ihrer Mitwirkungspflicht entsprochen habe - unterlassen, die vorgelegten Datenbänder zweckdienlich auszuwerten. Die belangte Behörde sei ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes somit in keiner Weise nachgekommen, wobei nicht auszuschließen sei, dass die Behörde bei Beachtung ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht zu einem anders lautenden Bescheid hätte gelangen können.
Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter. Vermag er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. nochmals das Erkenntnis vom 22. September 1999). Mit der bloßen Vorlage einer (nach der Aktenlage für die Abgabenbehörde mangels passender Software überdies - wie auch in einer ergangenen Berufungsvorentscheidung mitgeteilt worden war - unauswertbaren) Datenträgerkassette hat die Beschwerdeführerin dieser Nachweispflicht nicht entsprochen. Das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe es verabsäumt, von Amts wegen Erhebungen darüber anzustellen, dass der Abgabengläubiger im Ergebnis nicht benachteiligt worden sei, geht daher von vornherein ins Leere. Der von der Beschwerdeführerin beantragte Beweis lief vielmehr auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinaus (vgl. zur Vorlage von Kontoblättern das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2001, 98/15/0075). Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, infolge Verkaufes der EDV-Anlage im Konkursverfahren sei es ihr verunmöglicht worden, den geforderten Nachweis zu führen, ist darauf hinzuweisen, dass es der Beschwerdeführerin oblag, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken - zu treffen (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, S. 128).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 30. Oktober 2001
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