Normen
BAO §224 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
GmbHG §18;
VwGG §34 Abs1;
BAO §224 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
GmbHG §18;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war bis zur Eintragung der Löschung der K-Gesellschaft m.b.H. (im folgenden: Gesellschaft) am 27. Oktober 1988 deren Geschäftsführerin bzw. Liquidatorin. Mit Bescheid vom 21. März 1989 nahm das Finanzamt die Beschwerdeführerin für Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft (Umsatzsteuer 1986 S 20.737,--, Umsatzsteuer Jänner bis Juni 1987 S 25.200,--, Verspätungszuschlag 1986 S 1.860,-- und Säumniszuschlag 1987) als Haftende gemäß §§ 9, 80 BAO in Anspruch. In der Begründung des Bescheides vertrat es die Auffassung, die Beschwerdeführerin habe als Geschäftsführer bzw. Liquidator Umsatzsteuerbeträge vereinahmt und nicht an das Finanzamt abgeführt.
In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wendete sich die Beschwerdeführerin zunächst gegen Höhe und Richtigkeit der Abgaben. Sie führte weiters aus, in den Monaten Jänner bis Juni 1987 seien aus Zeitmangel keine Rechnungen ausgestellt worden; es sei ihr daher nicht notwendig erschienen, Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben. Weiters seien allfällige Unterlassungen bzw. Säumnisse darauf zurückzuführen, daß in der Zeit von Juni 1987 bis März 1988 durch ein grobes Verschulden der Post zahlreiche Postsendungen in Verlust geraten seien, worunter sicherlich auch Mitteilungen des Finanzamtes gewesen seien. Gerade in dieser Zeit habe auch die Verlegung ihres Wohnortes bzw. des Standortes der Gesellschaft stattgefunden; der Ehegatte der Beschwerdeführerin habe 1986 einen schweren Unfall erlitten und sei in der Folge auch eine Zeitlang in seiner geistigen Aktivität beeinträchtigt gewesen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 20. Februar 1990 gab das Finanzamt der Berufung teilweise Folge und setzte das Ausmaß der Haftung auf insgesamt S 33.661,-- herab (Umsatzsteuer 1986 S 26.057,--, Umsatzsteuer 1987 S 5.156,--, Verspätungszuschlag 1986 S 1.680,-- und Säumniszuschlag 1987 S 588,--).
In dem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte die Beschwerdeführerin ergänzend aus, sie sei von ihrer Bestellung zum Liquidator durch das Handelsgericht nicht in Kenntnis gesetzt worden und habe eine solche Bestellung auch nicht angenommen. Aus der Eigenschaft als Liquidator könne eine Haftung somit nicht abgeleitet werden. Soweit sie für die Gesellschaft Erklärungen abgegeben habe, sei dies ausschließlich freiwillig und ohne Präjudiz oder Verpflichtung erfolgt. Der Umsatzsteuerbescheid sei an die Gesellschaft ohne den Zusatz "in Liquidation" ergangen und daher "nicht zutreffend". Darüberhinaus wendete sich die Beschwerdeführerin gegen die Höhe der Abgaben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend führte sie nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, die Beschwerdeführerin sei zunächst Geschäftsführer und sodann Liquidator der Gesellschaft gewesen. Die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft habe am 30. Juni 1987 geendet. Die Uneinbringlichkeit der Abgaben sei nicht strittig. Die Beweislast für ihre Schuldlosigkeit an der Uneinbringlichkeit treffe die Beschwerdeführerin; dieser sei der ihr obliegende Beweis nicht gelungen. Damit, daß Mitteilungen des Finanzamtes bei der Post verlorengegangen seien, könne sich die Beschwerdeführerin nicht entschuldigen, weil sie auch ohne solche Mitteilungen zur Abgabe der Umsatzsteuererklärungen verpflichtet gewesen wäre. Das Vorbringen zu einem Unfall des Ehegatten und zu Wohn- und Standortverlegungen könne die Beschwerdeführerin ebenfalls nicht entschuldigen. Die Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenbescheide seien im Haftungsverfahren verfehlt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde; die Beschwerdeführerin erachtet sich - aus dem Inhalt der Beschwerde erkennbar - in ihrem Recht verletzt, nicht zur Haftung herangezogen zu werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabenpflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Im Beschwerdeverfahren ist nicht strittig, daß die in Haftung gezogenen Abgaben bei der Gesellschaft uneinbringlich sind; es ist auch nicht mehr strittig, daß die Beschwerdeführerin im maßgebenden Zeitraum Vertreter der Gesellschaft im Sinne des § 80 Abs. 1 BAO war. Entscheidend ist somit, ob eine schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch die Beschwerdeführerin zur Uneinbringlichkeit der Abgaben führte. Diese schuldhafte Pflichtverletzung erblickt die Abgabenbehörde in der Unterlassung der Abfuhr der Umsatzsteuer trotz des Vorhandenseins ausreichender Mittel. Der Beschwerde gelingt es nicht, eine bei dieser Beurteilung unterlaufene Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.
Die Beschwerde verweist zunächst auf (infolge eines im August 1986 erlittenen Unfalles eingetretene) gesundheitliche Beeinträchtigungen ihres Ehegatten, der "gewerberechtlicher Geschäftsführer" gewesen sei und sämtliche Agenden der Buchhaltung wahrgenommen habe. Erst im Jahre 1987 habe sich herausgestellt, daß sich dies nachteilig auf die Geschäftsgebarung ausgewirkt habe und Außenstände entstanden seien.
Diese Darlegungen sind nicht geeignet, die Annahme einer schuldhaften Pflichtverletzung der Beschwerdeführerin zu widerlegen. Die Übertragung der steuerlichen Agenden durch den Geschäftsführer an einen Dritten befreit den Geschäftsführer nämlich nicht von seiner Haftung; insbesondere kann in einem solchen Fall die Verletzung von Auswahl- und Überwachungspflichten Haftungsfolgen nach sich ziehen. Mit welchen konkreten Maßnahmen der Geschäftsführer seiner Überwachungspflicht entspricht, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab; im allgemeinen hat er die Tätigkeit der mit Steuerangelegenheiten betrauten Personen in solchen zeitlichen Abständen zu überwachen, die es ausschließen, daß ihm Steuerrückstände verborgen bleiben (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1991, Zl. 90/15/0114, und die dort zitierte Vorjudikatur). Es war Sache der Beschwerdeführerin, darzutun, weshalb sie nicht Sorge dafür tragen konnte, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 14. Jänner 1991, Zl. 90/15/0066, und die dort zitierte Vorjudikatur). Die Beschwerdeführerin hat Umstände, aus denen sich ergäbe, daß ihr trotz pflichtgemäßer Überwachung ihres mit Steuerangelegenheiten betrauten Vertreters die Abgabenrückstände verborgen bleiben konnten, nicht behauptet; schon aus diesem Grund zeigt sie mit dem Hinweis auf gesundheitiche Beeinträchtigungen ihres Ehegatten keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Selbst wenn der Ehegatte der Beschwerdeführerin ebenfalls Vertreter der Gesellschaft im Sinne des § 80 Abs. 1 BAO gewesen sein sollte - was den Erklärungen der Beschwerdeführerin nicht eindeutig zu entnehmen ist -, wäre ihr Vorbringen im vorliegenden Zusammenhang nicht zielführend. Besteht zwischen mehreren Geschäftsführern keine Kompetenzabgrenzung, so trifft die Haftung sämtliche Vertreter gleichermaßen, es sei denn, der Einzelne hätte aus triftigen Gründen seine abgabenrechtlichen Pflichten nicht erfüllen können (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 28. Mai 1986, Zl. 84/13/0246). Die Beschwerdeführerin hat weder das Vorliegen einer Kompetenzabgrenzung in der Richtung, daß sie von den steuerlichen Angelgenheiten ausgeschlossen gewesen wäre, behauptet noch einen in ihrer Person gelegenen Grund, aus dem sie ihre abgabenrechtlichen Pflichten nicht hätte erfüllen können.
Sie macht weiters geltend, schon der Erfolg ihrer Berufung gegen einen Bescheid, mit dem eine Zwangsstrafe (offenbar wegen eines Verstosses gegen Anzeigepflichten) verhängt worden sei, erweise, daß eine schuldhafte Pflichtverletzung nicht vorgelegen sei. Dieses betreffend den der Verhängung der Zwangsstrafe zugrundeliegenden Sachverhalt in keiner Weise konkretisierte Vorbringen ist schon in Hinblick auf das Neuerungsverbot (vgl. § 41 VwGG) unbeachtlich. Im übrigen begründete selbst der Umstand, daß nicht alle in § 111 BAO normierten Tatbestandsvoraussetzungen der Verhängung einer Zwangsstrafe vorliegen, keinen Anhaltspunkt in der Richtung, daß keine zur Inanspruchnahme der Haftung führende schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichen durch den Vertreter des Abgabenschuldners vorläge.
Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, die ergangenen Bescheide seien wegen Unzuständigkeit des Finanzamtes S. "ungültig"; die Gesellschaft sei nur in Wien tätig gewesen.
Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Gemäß § 72 BAO obliegt die Geltendmachung abgabenrechtlicher Haftungen den Abgabenbehörden, die für die Einhebung der den Gegenstand der Haftung bildenden Abgabe örtlich zuständig sind. Für die Erhebung der Umsatzsteuer, mit Ausnahme der Einfuhrumsatzsteuer, ist gemäß § 61 BAO das Finanzamt örtlich zuständig, von dessen Bereich aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Die Zuständigkeit eines Finanzamtes für die Erhebung von Abgaben endet, abgesehen von den (hier nicht vorliegenden) Fällen des § 71, mit dem Zeitpunkt, in dem ein anderes Finanzamt von den seine Zuständigkeit begründenden Voraussetzungen Kenntnis erlangt. Nach der Aktenlage hatte das Finanzamt S. von der Verlegung des "Firmenstandortes" der Gesellschaft in seinen Sprengel durch deren Schreiben vom 5. Jänner 1988 und somit vor Erlassung des Haftungsbescheides Kenntnis erlangt. Der - im übrigen in der Beschwerde erstmals erhobene - Einwand der Unzuständigkeit der Abgabenbehörde erster Instanz ist somit nicht berechtigt.
Auch der Einwand, dem Finanzamt seien - wenngleich zum Teil verspätet - Umsatzsteuererklärungen zugegangen und jedenfalls bei Erlassung der Abgabenbescheide vorgelegen, weshalb eine Schätzung nicht zulässig gewesen wäre, ist im vorliegenden Fall ebensowenig zielführend wie die gegen die Schätzung erhobenen Einwände. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war ausschließlich die Entscheidung über die Haftung gemäß § 9 BAO. Die Beschwerdeführerin kann somit durch Gründe, die sich nicht auf die Haftung, sondern auf den Abgabenanspruch beziehen, in keinem Recht verletzt sein. Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgaben können daher im Verfahren über die Geltendmachung der Haftung nicht mit Erfolg erhoben werden (vgl. das Erkenntnis vom 25. Juni 1990, Zl. 89/15/0076).
Ebensowenig gelingt es der Beschwerdeführerin, mit ihrer (nicht weiter konkretisierten und ebenfalls gegen das Neuerungsverbot verstoßenden) Behauptung, das Finanzamt hätte aufgrund der endgültigen Steuerbescheide für 1985 erkennen müssen, daß die Gesellschaft überschuldet sei, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Diese Darlegungen sind schon deshalb nicht zielführend, weil eine Überschuldung der Gesellschaft dem Fehlen von Mitteln für die Entrichtung der Abgaben - zumal im Bereich der Umsatzsteuer - nicht gleichzusetzen ist.
Die geltend gemachten Rechtsverletzungen liegen somit nicht vor; die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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