UFS RD/0037-W/07

UFSRD/0037-W/0714.9.2007

Ein in der BAO nicht vorgesehener, da erfundener Antrag (hier: Antrag auf Aufhebung, der sich nicht explizti auf § 299 BAO stützt) löst keine Entscheidungspflicht aus

 

Entscheidungstext

Bescheid

Der unabhängige Finanzsenat hat über den Devolutionsantrag der EK, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg zum Antrag vom 25. August 2005 auf Aufhebung der Einkommensteuerfestsetzung für 1999 entschieden:

Der Devolutionsantrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf die ha. Berufungsentscheidungen 1.) vom 5.5.2006, RV/0929-W/05, bezüglich Berufung über die Einkommensteuer für das Jahr 1999, 2.) vom 21.4.2006, RV/0609-W/06, zu dem nicht explizit auf § 299 BAO gestützten Antrag vom 25.8.2005 auf Aufhebung der Einkommensteuerfestsetzung 1999, 3.) vom 21.4.2006, RV/0610-W/06, zu einem die Einkommensteuerfestsetzung 1999 betreffenden Wiederaufnahmsantrag, und 4.) vom 3.8.2007, RV/0263-W/07, zum Antrag auf Ersetzung der Einkommensteuer 1999, verwiesen.

Der Antrag, zu dem die Devolutionswerberin (Dw) die Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß § 311 BAO rügt, hat folgenden Wortlaut:

"Ich stelle den Antrag auf Aufhebung der Einkommensteuerfestsetzung für 1999 Begründung: Gemäß UFS GZ RV/1232-W/05 vom 2.8.2005 beträgt das für die Berechnung der Einkommensteuer relevante Entgelt der Frau HK für 1999 nicht ATS 20.000,-, wie es das Finanzamt angenommen hat, sondern nur ATS 16.666,67."

Diesen Aufhebungsantrag hat das Finanzamt mit Bescheid vom 8.2.2006 zurückgewiesen. Im anschließenden zur Zahl RV/0609-W/06 protokollierten Berufungsverfahren brachte die Bw vor, dass sie ihren Antrag nicht explizit auf § 299 gestellt habe, weil die Behörde auch zB gemäß § 295 BAO hätte tätig werden müssen. Welche Bestimmung nun die Grundlage des Aufhebungsantrages sein sollte, gab sie nicht an. Mit diesem Vorbringen hat die Dw den Aufhebungsantrag vom 25.8.2005 außerhalb der Bundesabgabenordnung gestellt. Anbringen, die von der Bundesabgabenordnung aber nicht erfasst werden, lösen keine Entscheidungspflicht aus. Folglich war der in jenem Berufungsverfahren angefochtene Bescheid, weil er ohne Antrag auf Aufhebung iSd § 299 BAO nicht hätte ergehen dürfen, mit Berufungsentscheidung ersatzlos aufzuheben. Die mit Berufungsentscheidung vom 21.4.2006, RV/0609-W/06, ausgesprochene Aufhebung war eine meritorische Entscheidung, also eine Entscheidung in der Sache, die nur dann erfolgen darf, wenn in dieser Sache keine weitere Entscheidung in Betracht kommt, was laut VwGH vom 28.6.2001, 2001/16/0182, zB dann der Fall ist, wenn ein antragsgebundener Verwaltungsakt ohne Antrag erging (BAO-Kommentar, Ritz, 3. überarbeitete Auflage, § 289, Tz 34). Zu weiteren Ausführungen wird auf die angeführte Berufungsentscheidung RV/0609-W/06 verwiesen.

Das Finanzamt hat zum devolvierten Aufhebungsantrag unter Hinweis auf die Berufungsentscheidung vom 21.4.2006, RV/0609-W/06, am 9.8.2007 berichtet, dass keine Entscheidungspflicht bestehe und daher auch nicht verletzt werden könne sowie darauf hingewiesen, dass die Berufungsentscheidung vom 5.5.2006, RV/0929-W/05, inhaltlich dem devolvierten Aufhebungsantrag ohnedies Rechnung trage.

Der Bericht des Finanzamtes vom 9.8.2007, obige Rechtsansicht und die Berufungsentscheidungen vom 21.4.2006, RV/0609-W/06, und vom 5.5.2006, RV/0929-W/05, wurden der Dw mit Vorhalt vom 20.8.2007 zwecks Gelegenheit zur Gegenäußerung bekannt gegeben. Da mit der Berufungsentscheidung vom 5.5.2006, RV/0929-W/05, inhaltlich dem Aufhebungsantrag entsprochen wurde, wurde die Dw auch gefragt, welches Rechtsschutzinteresse hinter dem gegenständlichen Devolutionsantrag stehe. In Kenntnis gesetzt wurde die Dw auch darüber, dass wegen der ersatzlosen Aufhebung des Zurückweisungsbescheides eine weitere Bescheiderlassung gar nicht mehr möglich sei.

In Ihrer Gegenäußerung vom 23.8.2007 gibt die Dw an, dass sie den von HK im Jahr 1999 erhaltenen Geldbetrag als steuerfrei betrachte, doch auch wenn eine "Zuwendung steuerfrei ist, muß doch der guten Ordnung wegen die Höhe der Zuwendung vom UFS feststellbar sein". Weiteres weitwendiges Vorbringen geht am Inhalt des Aufhebungsantrages vorbei, weshalb eine Wiedergabe unterbleiben kann. Die Dw zeigt damit lediglich auf, dass sie mit dem Inhalt der Berufungsentscheidung vom 5.5.2006, RV/0929-W/05, nicht einverstanden ist.

Schließlich vertritt die Dw die Ansicht, dass durch die mit Berufungsentscheidung vom 21.4.2006, RV/0609-W/06, verfügte ersatzlose Aufhebung des Zurückweisungsbescheides der Antrag wiederum unerledigt sei. Dem Vorhalt, dass der Aufhebungsantrag vom 25.8.2005 wegen des Berufungsvorbringens als nicht von der Bundesabgabenordnung umfasst zu beurteilen war und daher keine Entscheidungspflicht auslösen kann, hält die Dw nichts entgegen.

Die Dw überschwemmt seit 1999 gemeinsam mit LP insbesondere die Abgabenbehörden erster und zweiter Instanz und den Verwaltungsgerichtshof mit einer Vielzahl an Eingaben, die in ordentlichen Verfahren abzuwickeln allein aufgrund dieser Vielzahl erschwert wird.

Sowohl die Dw als auch LP erfinden Anträge, wenn sie mit den in der Bundesabgabenordnung geregelten Rechtsschutzinstrumenten nicht das Auslangen finden. So gab LP niederschriftlich an, einen Antrag auf Neufestsetzung einer Abgabe einzureichen, wenn die im § 303 Abs. 2 BAO für eine beantragte Wiederaufnahme erforderliche Frist von drei Monaten abgelaufen ist. Auch die Dw brachte bezüglich Einkommensteuer für die Jahre 2000 und 2001 Anträge auf Neufestsetzung ein (s. Bescheid des UFSW vom 17.4.2007, RD/0072-W/06) ein. Ein ebenso erfundener Antrag ist ein "Antrag auf Ersetzung" einer Abgabe, wie eingangs unter Punkt 4 angeführt, und bereits in der dazu ergangenen Berufungsentscheidung vom 3.8.2007, RV/0263-W/07, hat der UFS-Wien zu Recht erkannt, dass nach der Rechtsprechung des VwGH keine Entscheidungspflicht (keine Berechtigung zur Stellung eines Devolutionsantrages) "in Fällen besteht, in denen jemand ohne Rechtsanspruch und ohne rechtliches Interesse die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nimmt." Für diese Auffassung spricht die Überlegung, dass Rechtsschutzinstrumente dem Rechtsschutz (somit dem Schutz berechtigter Interessen und nicht mutwilligen Vermehrung des Verwaltungsaufwandes) dienen sollen (Ritz, BAO-Kommentar, 3. überarbeitete Auflage, § 311, Tz 12, mwN). Dies ist auch bei einem Aufhebungsantrag, der sich nicht explizit auf § 299 BAO stützt, weil die Behörde amtswegig nach § 295 BAO hätte tätig werden müssen, der Fall, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Darüber hinaus ist zu bemerken, dass - heute - selbst dann eine Erledigung des Aufhebungsantrages vom 25.8.2005 nicht mehr zulässig ist, wenn er als auf § 299 BAO gestützt anzusehen wäre, weil einer solchen Erledigung die mit Berufungsentscheidung vom 21.4.2006, RV/0609-W/06, verfügte ersatzlose Aufhebung der Unzulässigkeitsgrund der res iudicata entgegenstünde. Aber auch ohne den Unzulässigkeitsgrund der res iudicata könnte auf Grundlage des § 299 BAO keine Aufhebung "der Einkommensteuerfestsetzung für 1999" mehr erfolgen, weil in dieser Sache die Berufungsentscheidung vom 5.5.2006, RV/0929-W/05, ergangen ist, und diese ein von der Abgabenbehörde zweiter Instanz erlassener Bescheid ist. Eine Aufhebung einer Berufungsentscheidung kommt nur gemäß § 300 BAO im Zusammenhang mit einer Beschwerde in Betracht, die die Dw aber ohnedies erhoben hat (protokolliert beim VwGH zur Zahl 2006/13/0168). Zur Darstellung der Rechtsgrundlagen und weiteren Ausführungen wird auf die ha. Berufungsentscheidung vom 17.5.2006, RV/0604-W/06, RV/0607-W/07, RV/0608-W/06, verwiesen.

Wien, am 14. September 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 311 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Rechtsschutz, Anbringen, Unzulässigkeit, Zurückweisung

Stichworte