UFS RV/0609-W/06

UFSRV/0609-W/0621.4.2006

Ein ein Anbringen ergänzender Schriftsatz nicht gesondert entscheidungspflichtig

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der EK, gegen den den auf keine Rechtsgrundlage begründeten Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1999 zurückweisenden Bescheid vom 8. Februar 2006 des Finanzamtes für den 9., 18., und 19. Bezirk und Klosterneuburg entschieden:

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die Amtspartei erließ mit Datum 23.1.2004 unter anderem auch den Bescheid, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1999, den sie am 26.1.2004 gemäß § 293 BAO hinsichtlich eines Ausfertigungsfehlers berichtigte. Gegen diesen Bescheid berief die Bw mit Schriftsatz vom 28.1.2004. In der Berufung bezeichnete sie den angefochtenen Bescheid zutreffend als "Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 23.1.2004, berichtigt am 26.1.2004". Begründend führte die Bw aus, dass der Bescheid nicht den für das Jahr 1999 deklarierten Verlust von öS 56.974,24 berücksichtige. Weiters beantragte die Bw die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Mit Vorlagebericht vom 6. Juni 2005 legte die Amtspartei die Berufung gemäß § 276 Abs. 6 BAO dem unabhängigen Finanzsenat vor, der die Berufung unter der GZ RV/0929-W/05 protokollierte.

Mit Schriftsatz vom 28.10.2005 stellte die Bw den "Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuerfestsetzung für 1999 vom 23.1.2004, berichtigt am 26.1.2004, und des Bescheid - Sicherstellungsauftrages vom 27.1.2004 in eventu Abänderung in eventu Berichtigung", den die Amtspartei mit Bescheid vom 9.2.2006 unter Hinweis auf die noch unerledigte Berufung zurückwies. Die gegen den die Wiederaufnahme zurückweisenden Bescheid gerichtete Berufung wies der unabhängige Finanzsenat mit Berufungsentscheidung vom 21.4.2006, RV/0610-W/06, als unbegründet ab.

Bereits mit Schriftsatz vom 25.8.2005 hatte die Bw jedoch den Antrag auf Aufhebung der Einkommensteuerfestsetzung für 1999 vom 23.1.2004, berichtigt am 26.1.2004 voraussichtlich festgestellt im Bescheid - Sicherstellungsauftrag vom 27.1.2004, gestellt.

Den Aufhebungsantrag zum Einkommensteuerverfahren 1999 weist die Amtspartei u.a. mit Bescheid vom 8.2.2006 infolge Unzulässigkeit zurück, denn gemäß § 299 BAO sei eine Aufhebung eines Bescheides nur dann möglich, wenn es sich beim aufzuhebenden Bescheid um einen Bescheid der ersten Instanz handle. Für den Einkommensteuerbescheid 1999 sei bereits auf Grund der zahlreichen Eingaben der UFS zuständig, welcher dementsprechende Bescheide erlassen werde. Weitere Ausführungen beziehen sich auf den Sicherstellungsauftrag vom 27.2.2004.

Die gegen diesen Bescheid gerichtete Berufung vom 17.2.2006 bildet den Gegenstand dieses Verfahrens. Soweit sich die Berufung gegen den Bescheid - Sicherstellungsauftrag richtet, wird darüber in einem gesonderten Berufungsverfahren entschieden werden. Die Begründung, soweit sie sich auf die Abgabenfestsetzung bezieht, lautet: "Mit meinem Antrag vom 25.8.2005 habe ich keinen Antrag explizit gemäß § 299 gestellt. Die Abgabenbehörde hätte auch von sich aus zB bereits gemäß § 295 tätig werden müssen. Unter Zugrundelegung des Bescheides RV/1232-W/05 des UFS vom 2.8.2005 beantrage ich die Abänderung, Zurücknahme, Berichtigung, Aufhebung oder Ersetzung der Einkommensteuerfestsetzung für 1999.... Mit gegenständlichem Bescheid des UFS wurde die Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 1999 aufgehoben und festgestellt, dass das erhaltene Entgelt nicht ATS 20.000,- beträgt, sondern nur ATS 16.666,67. Der Bescheid RV/1232-W/05 des UFS vom 2.8.2005 ist also bei der Einkommensteuerfestsetzung zu berücksichtigen. Beantragt wird, den Zurückweisungsbescheid vom 8.2.2006 aufzuheben und den gegenständlichen Anträgen stattzugeben."

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Rechtsgrundlagen: Gemäß § 311 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden verpflichtet, über Anbringen (§ 85) der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden.

Gemäß § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).

2. Rechtliche Würdigung: Wie die Bw in ihrer Berufungsschrift selbst ausführt, hat sie den "Aufhebungsantrag" nicht explizit auf § 299 BAO gestützt. Auf welche Norm sie den Aufhebungsantrag nun aber gründet, enthüllt sie auch in verfahrensgegenständlicher Berufung nicht. Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist - im Hinblick auf § 115 BAO - die Absicht der Partei zu erforschen (siehe Ritz, BAO-Kommentar, 3. überarbeitete Auflage, Linde-Verlag, § 85, Tz 1, und die dort angeführte Judikatur). Von dieser grundsätzlichen Verpflichtung wird die Amtspartei im Fall der Bw jedoch nicht getroffen, denn im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit eröffnet (Ritz, aaO). Im Fall der Bw ist die optimale Rechtsverteidigungsmöglichkeit die ha. unter RV/0929-W/05 protokollierte Berufung.

Ein Antrag auf Wiederaufnahme eines Verfahrens und eine gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid, dessen Wiederaufnahme begehrt wird, erhobene Berufung schließen einander wechselseitig aus, weshalb eine Berufung einen Zurückweisungsgrund für den Wiederaufnahmsantrag bildet. Anders verhält es sich jedoch bei Bescheidaufhebungen gemäß § 299 BAO, doch erübrigt es sich ein Eingehen auf die rechtlichen Erfordernisse, weil die Bw ihren Antrag auf diese Norm ohnedies nicht explizit stützt.

Es ist bei gegebener Akten- und Rechtslage davon auszugehen, dass der als "Aufhebungsantrag" bezeichnete Schriftsatz vom 25.8.2005, der sich auf keine Rechtsgrundlage explizit stützt, als ein die gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 erhobene, beim UFS unter der GZ RV/0929-W/05 protokollierte Berufung vom 28.1.2004, zu beurteilen ist.

Der die Berufung lediglich ergänzende Schriftsatz ist kein eigenständig der Entscheidungspflicht unterliegendes Anbringen iSd § 311 Abs. 1 BAO, weshalb der angefochtene Bescheid nicht hätte ergehen dürfen.

Auch der zum Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 eingebrachte Aufhebungsantrag zeigt wie der weiters eingebrachte Wiederaufnahmsantrag vom 28.10.2005, dass die Bw in der Tat die Übersicht in dem von ihr selbst errichteten Verfahrenslabyrinth verloren hat, wie der VwGH bereits mit Erkenntnis vom 15.2.2006, 2005/13/0133, festgestellt hat.

Schließlich wird darauf hingewiesen, dass eine Berufung nicht die Vervielfältigung von Anträgen bewirken kann, wobei ein Antrag auf Bescheidzurücknahme überhaupt unverständlich bleibt (Berufungsantrag lautet auf Stattgabe der gegenständlichen Anträge, obgleich dem angefochtenen Bescheid nur ein Antrag - ohne (explizite Nennung einer) Rechtsgrundlage - zu Grunde lag).

Wien, am 21. April 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 311 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Rechtsschutz, Entscheidungspflicht, Antrag, Aufhebung, Berufung

Verweise:

UFS 11.05.2005, RD/0006-W/05

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