BFG RV/7105030/2014

BFGRV/7105030/201416.1.2015

Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO - Zuständigkeit für die Abgabenentrichtung und somit schuldhafte Pflichtverletzung bestritten sowie Verjährung eingewendet.

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2015:RV.7105030.2014

 

Beachte:
VfGH-Beschwerde zur Zl. E 1833/2015 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 7.10.2015 abgelehnt.; Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2015/16/0124. Zurückweisung mit Beschluss vom 14.3.2016.

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Karl Kittinger in der Beschwerdesache A.B., Adresse1, vom 4. Juni 2014 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom 5. Mai 2014 betreffend Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 BAO zu Recht erkannt:

I.) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und die Haftung auf einen Betrag von € 360.797,58 (statt bisher € 403.712,98), und zwar auf folgende Abgabenschuldigkeiten eingeschränkt:

Abgabenart

Zeitraum

Höhe in Euro

Umsatzsteuer

12/2003

44.409,36

Lohnsteuer

01/2004

23.613,25

Umsatzsteuer

01/2004

46.260,25

Lohnsteuer

02/2004

21.350,29

Umsatzsteuer

02/2004

46.306,72

Lohnsteuer

03/2004

27.993,90

Umsatzsteuer

03/2004

55.304,55

Lohnsteuer

04/2004

29.020,24

Umsatzsteuer

02/2005

66.539,02

 

Summe:

360.797,58

 

II.) Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Haftungsbescheid vom 5. Mai 2014 wurde der nunmehrige Beschwerdeführer A.B. (in der Folge kurz Bf. genannt) als Haftungspflichtiger gemäß § 9 BAO in Verbindung mit §§ 80ff BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Fa.  X-GmbH , FN  XYX , für folgende Abgabenschuldigkeiten in Höhe von insgesamt € 403.712,98 in Anspruch genommen:

Abgabenart

Zeitraum

Höhe in Euro

Umsatzsteuer

12/2003

44.409,36

Lohnsteuer

01/2004

23.613,25

Lohnsteuer

11/2013

23.941,97

Umsatzsteuer

01/2004

46.260,25

Lohnsteuer

02/2004

21.350,29

Umsatzsteuer

02/2004

46.306,72

Lohnsteuer

03/2004

27.993,90

Umsatzsteuer

03/2004

55.304,55

Lohnsteuer

04/2004

29.020,24

Umsatzsteuer

02/2005

66.539,02

Umsatzsteuer

2003

9.799,69

Umsatzsteuer

2004

9.173,74

 

Summe:

403.712,98

Nach Zitieren der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die Abgabenbehörde begründend aus, die haftungsgegenständlichen Abgaben könnten bei der Fa.  X-GmbH nicht mehr eingebracht werden, weil der Konkurs bereits am Mai/11 nach Schlussverteilung aufgehoben und die Firma bereits am August/11 amtswegig gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht worden wäre.

Der Bf. sei im Zeitraum vom 23. September 2002 bis 20. April 2005 unbestritten handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa.  X-GmbH und daher gemäß § 18 GesmbH-Gesetz zu deren Vertretung berufen gewesen. Er sei auch verpflichtet gewesen, die Abgaben aus deren Mittel zu bezahlen.

Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für aushaftende Umsatzsteuer werde auf die in § 21 Abs. 1 UStG 1994 normierte Voranmeldungs- und Entrichtungsverpflichtung bezüglich der Umsatzsteuervorauszahlungen verwiesen und festgestellt, dass die im Haftungsbescheid genannten Umsatzsteuervorauszahlungen zwar gemeldet, festgesetzt bzw. veranlagt, nicht jedoch entrichtet worden seien.

Hinsichtlich der Umsatzsteuer 2003 seien die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzungswege wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen ermittelt worden. Auch bei der Umsatzsteuer 2004 seien die Bemessungsgrundlagen gemäß § 184 BAO wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen geschätzt worden. Die Bescheide würden dem Haftungsbescheid beiliegen.

In diesem Zusammenhang werde auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach es Sache des Geschäftsführer sei, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegende abgabenrechtliche Verpflichtung zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden dürfe (VwGH 18.10.1995, 91/13/0037, 0038). Demnach hafte der Geschäftsführer für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu Verfügung gestanden seien, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe, als andere Verbindlichkeiten.

Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für ausstehende Lohnsteuer sei festzuhalten, dass gemäß § 78 Abs. 1 EStG der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten habe. Es wäre daher die Pflicht des Bf. gewesen, für eine zeitgerechte Lohnsteuerabfuhr Sorge zu tragen. Er hingegen habe die Abfuhr der angeführten fälligen Lohnsteuerbeträge unterlassen. Es werde in diesem Zusammenhang hervorgehoben, dass der Arbeitgeber gemäß § 78 Abs. 3 EStG für den Fall, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichten, verpflichtet sei, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen, einzubehalten und abzuführen. In der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung sei jedenfalls ein schuldhaftes Verhalten zu erblicken (vgl. VwGH 18.9.1985, 84/13/0085).

Die Geltendmachung der Haftung liege auch im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz auferlegten Grenzen (§ 20 BAO) zu halten habe. Innerhalb dieser Grenzen seien Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff „Billigkeit“ sei dabei die Bedeutung „berechtigte Interessen der Partei“, dem Gesetzesbegriff der „Zweckmäßigkeit“ die Bedeutung „öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlich vorgesehenen Mitteln und Möglichkeiten“ beizumessen.

Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftung folge, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel dann ermessenskonform sei, wenn die Abgabenschuld beim Primärschuldner uneinbringlich sei. Da der öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, bei vorzuwerfender Pflichtverletzung allfällige Einzelinteressen verdränge, habe sich das Finanzamt veranlasst gesehen, die gesetzliche Vertreterhaftung im erforderlichen Ausmaß geltend zu machen. Da der Abgabenausfall auf das Verschulden des Bf. zurückzuführen sei, sei den Zweckmäßigkeitsgründen gegenüber den Interessen der Partei der Vorrang einzuräumen.

Die Schuldhaftigkeit des Bf. sei damit zu begründen, dass durch sein pflichtwidriges Verhalten als Vertreter der Gesellschaft die Uneinbringlichkeit eingetreten sei. In einer Stellungnahme bezüglich Haftungsinanspruchnahme gemäß § 9 BAO iVm § 80 BAO für die Abgabenschuldigkeiten der Fa.  X-GmbH vom 31. Juli 2013 sei vorgebracht worden, dass sich die Firmenunterlagen zur Gänze beim Masseverwalter befänden und daher nicht nachvollziehbar sei, wie die Einnahmen der Gesellschaft verwendet worden seien. Außerdem seien die monatlichen Abgaben an das Finanzamt persönlich mittels Übergabe eines Verrechnungsschecks durch den Geschäftsführer C.D. entrichtet worden. Dieser sei für die Abgabenzahlung und die Abwicklung mit dem Finanzamt zuständig gewesen. Die meisten Schecks seien auch von ihm unterfertigt worden. Der Bf. sei nach seinem Vorbringen weder in Kontakt mit dem Finanzamt gestanden noch für Zahlungen an das Finanzamt zuständig gewesen. Eine Haftung seinerseits bestehe daher nicht.

Weiters werde vom Bf. vorgebracht, dass die Abgaben verjährt seien, weil bis zum Schreiben vom 26. Juli 2013 betreffend Haftungsinanspruchnahme keine qualifizierte Betreibung seitens des Finanzamtes wegen offener Forderungen bekannt sei. Der Bf. habe weiters vorgebracht, dass unabhängig vom Konkursverfahren der GmbH eine Geschäftsführerhaftung bereits seit dem Eintreten der Insolvenz der Fa.  X-GmbH geltend gemacht hätte werden können, zumal durch den Konkurs der GmbH klar sein hätte müssen, dass die offenen Abgabenverbindlichkeiten nicht beglichen hätten werden können. Es sei daher nach Ansicht des Bf. hinsichtlich der Geschäftsführerhaftung Verjährung eingetreten.

Dazu werde vom Finanzamt begegnet, dass es dem Vertreter auch obliege, entsprechende Beweisvorsorgen – etwa durch das Erstellen und Aufbewahrung von Ausdrucken – zu treffen. Dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten könne, sei schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinne ermöglichen.

Aus einem Dienstzeugnis, das der Abgabenbehörde von Herrn C.D. vorgelegt und das dem Bf. ausgestellt worden sei, gehe hervor, dass dieser für den Vertrieb/Verkauf zuständig gewesen sei. Es lägen dem Finanzamt keine Beweise vor, dass die Abgabe mittels Scheck von Herrn C.D. an das Finanzamt bezahlt worden wäre. Für den Fall, dass bei einer Mehrheit von Vertretern die Aufgaben verteilt seien, bewirke dies nicht, dass die nicht mit den Abgabenangelegenheiten betrauten Vertreter sich um die Tätigkeit des damit betrauten Vertreters nicht mehr kümmern bräuchten. Jedem Vertreter obliege die Überwachung der Anderen. Wenn dem Bf. bewusst gewesen sei, dass die Abgaben mittels Schecks von C.D. an das Finanzamt bezahlt worden seien, so hätte er zumindest eine Überwachungspflicht als Geschäftsführer gehabt. Schon allein deshalb liege ein Verschulden des Bf. vor.

Die ältesten Fälligkeiten der Haftungsabgaben seien im Jahr 2004 fällig geworden. Gemäß § 238 BAO verjähre das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres in welchem die Abgabe fällig geworden ist. Somit fünf Jahre nach dem 31. Dezember 2004.

Nach gemäß § 9 Abs. 2 IO gelte die Verjährung vom Tag der Anmeldung bis zum Ablauf der für die Geltendmachung des Anspruches bestimmten Frist als gehemmt. Diese Hemmung sei eine Ablaufhemmung. Die Forderungen seien am 18. Juni 2005 im Konkurs angemeldet und dieser in der Folge nach Schlussverteilung am Mai/11 aufgehoben worden. Da bereits innerhalb der Fünfjahresfrist die Einhebungsverjährung mit Schreiben vom 26. Juni 2013 unterbrochen worden sei, habe damit die Verjährungsfrist neu zu laufen begonnen. Eine Verjährung sei daher nicht eingetreten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende frist- und formgerechte Beschwerde des Bf. vom 4. Juni 2014, mit welcher dieser seinem gesamten Inhalt nach angefochten wird. Zur Begründung wird ausgeführt, trotz diesbezüglichen Vorbringens in der Stellungnahme vom 31. Juli 2013 enthalte der Haftungsbescheid keine detaillierten Feststellungen oder Ausführungen hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Abgabenschuldigkeiten und dieser sei insoweit nicht nachvollziehbar und daher mangelhaft.

Gleiches gelte für Punkt 2. der Stellungnahme des Bf. vom 31. Juli 2013. Aus der Aufstellung auf Seite 1 des Haftungsbescheides vom 5. Mai 2014 sei nicht ersichtlich, ob und auf welche Abgaben in welcher Höhe die Ausschüttungen aus dem Konkurs der Fa.  X-GmbH aliquot angerechnet worden seien (es sei in der Aufstellung nirgends vermerkt, ob es sich um eine „restliche Forderung“ etc. handle). Die Forderungshöhe im Bescheid sei auch aus diesem Grund nicht nachvollziehbar und daher mangelhaft.

Im Haftungsbescheid werde ausgeführt, dass aufgrund fehlender Steuererklärungen die Umsatzsteuer im Wege der Schätzung ermittelt und vorgeschrieben worden sei. Zur Abgabe der Steuererklärungen sei jedoch der Masseverwalter verpflichtet gewesen. Wenn dieser in grober Pflichtverletzung diese nicht abgegeben habe, so könne ein daraus resultierender Schaden (Steuer, welche durch Schätzung ermittelt wurde) nicht im Rahmen einer Haftung beim Bf. geltend gemacht werden, da er im Rahmen des Konkurses gar keine Möglichkeit mehr gehabt habe, Steuererklärungen für die im Konkurs befindliche GmbH abzugeben. Der Haftungsbescheid sei daher aus diesem Grunde unrichtig, da der Bf. für die Versäumnisse des Masseverwalters und für die daraus resultierenden Beträge nicht haftbar gemacht werden könne. Es stelle sich für den Bf. als Nicht-Jurist auch die Frage, ob diesbezüglich eine Haftung des Masseverwalters vorläge, da die im Rahmen einer Schätzung vorgeschriebenen Steuer nicht unbedingt den Tatsachen entsprechen müssten und es so zu einer eventuell unberechtigt höheren Forderungsanmeldung seitens des Finanzamtes kommen könne, was eine Schädigung anderer Gläubiger (bei der Ausschüttung der Konkursquote) zur Folge habe.

Zu Punkt 7. auf Seite 3 des Bescheides werde ausgeführt, eine schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. sei nicht vorgelegen, da laufend Steuern bezahlt worden seien. Die Zahlungen seien letztendlich in der Folge vom Masseverwalter erfolgreich angefochten worden. Im Verhältnis sei das Finanzamt nicht schlechter behandelt worden als andere Verbindlichkeiten. Im Gegenteil, teilweise sogar besser. Dies ergebe sich aus den Forderungsanmeldungen im Konkursverfahren und den Anfechtungen des Masseverwalters (dort wo Besserstellungen erfolgt seien, wie beim Finanzamt), bzw. wo Schlechterstellungen erfolgt seien, sei nicht angefochten worden.

Gleiches gelte für die Abgabenrückstände der Lohnsteuer.

Wenn im Haftungsbescheid ausgeführt werde, dass der Bf. durch Erstellen und Aufbewahrung von Ausdrucken entsprechende Beweisvorsorge hätte treffen können, so sei dazu auszuführen, dass sämtliche Unterlagen an den Masseverwalter übergeben hätten werden müssen und dem Bf. eine Aufbewahrung derartiger Unterlagen und eine Anfertigung von Aufstellungen gar nicht möglich gewesen sei.

Bezüglich den Ausführungen im Haftungsbescheid betreffend C.D. wäre es für die Finanzbehörde durch Aushebung der Schecks leicht möglich gewesen festzustellen, dass die Ausführungen des Bf. in seiner Stellungnahme vom 31. Juli 2013 richtig seien und den Tatsachen entsprechen würden und somit C.D. die Bezahlung der Steuern über gehabt habe und auch die Kontaktperson zum Finanzamt gewesen sei (er habe das Finanzamt und die zuständigen Personen aus seiner früheren selbständigen Tätigkeit in Schwechat gekannt). Der Bf. sei seiner Überwachungspflicht nachgekommen, da er von den persönlichen Terminen des C.D. am Finanzamt gewusst habe und ihm die Empfangsbestätigungen des Finanzamtes über die Schecks, welche C.D. erhalten habe, bekannt gewesen seien.

Das Dienstzeugnis sei von C.D. selbst verfasst und dem Bf. zur Unterschrift vorgelegt worden. Wenn in diesem Dienstzeugnis angeführt sei, dass C.D. für den Vertrieb/Verkauf tätig gewesen sei, so sei dies durchaus richtig. Dies schließe jedoch nicht aus, dass er auch noch andere innerbetriebliche Tätigkeiten und Verantwortungsbereiche gehabt habe, wie eben den Kontakt und die Zahlungen an das Finanzamt und auch andere Bereiche. Das Dienstzeugnis des C.D. sei jedoch kein geeignetes Beweismittel gegen den Bf. Weiters führe das Finanzamt mehrmals im Haftungsbescheid die Haftung eines wirksam bestellten Vertreters einer juristischen Person für die Abgaben an. Die Fa.  X-GmbH habe mehrere Geschäftsführer (wirksam bestellte Vertreter) und es hätte die Behörde daher alle diese Personen in die Haftung nehmen müssen. Dies unter anderem auch aus dem Grund der vom Finanzamt im Haftungsbescheid selbst angeführten Begründungen auf Seite 5, 1. Absatz.

Hinsichtlich der Verjährung der Forderungen halte der Bf. sein Vorbringen aus der Stellungnahme vom 31. Juli 2013, Punkt 6., vollständig aufrecht und mache es hier zum Grund seiner Beschwerde und führe zusätzlich weiter aus, dass Forderungsanmeldungen im Konkurs der Fa.  X-GmbH nicht eine Hemmung der Verjährung einer Forderung gegen den Bf. privat bewirken könnten. Bei Vorliegen der rechtlichen Grundlagen für eine Haftung hätte ein Haftungsbescheid für die offenen Beträge gegen den Bf. bzw. alle wirksam bestellten Vertreter bis zum Eintritt der Insolvenz der Fa.  X-GmbH erfolgen und nach Ausschüttung der Konkursquoten um diese Beträge eingeschränkt werden können. Der Einwand der Verjährung bleibe daher weiterhin aufrecht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 11. Juli 2014 gab die Abgabenbehörde der gegenständlichen Beschwerde teilweise statt und setzte die Haftungsschuld auf € 384.739,55 herab. Die Haftungsschuld werde hinsichtlich folgender, um die bezahlte Quote verminderten Abgabenschuldigkeiten geltend gemacht:

Abgabenart

Zeitraum

Höhe in Euro

Umsatzsteuer

12/2003

44.409,36

Lohnsteuer

01/2004

23.613,25

Lohnsteuer

11/2013

23.941,97

Umsatzsteuer

01/2004

46.260,25

Lohnsteuer

02/2004

21.350,29

Umsatzsteuer

02/2004

46.306,72

Lohnsteuer

03/2004

27.993,90

Umsatzsteuer

03/2004

55.304,55

Lohnsteuer

04/2004

29.020,24

Umsatzsteuer

02/2005

66.539,02

 

Summe:

384.739,55

Zum Beschwerdeeinwand des Bf., die Höhe der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten sei nicht nachvollziehbar und daher mangelhaft und es könne vom Bf. nicht nachvollzogen werden, welche Abgabenschuldigkeiten nach Anfechtung durch den Masseverwalter von der Abgabenbehörde zurückgezahlt worden seien, wobei für solche Beträge eine Haftung des Bf. als Geschäftsführer nicht geltend gemacht werden könne, legte die Abgabenbehörde der Beschwerdevorentscheidung eine Aufstellung der angemeldeten Forderungen, unter denen sich auch die Vergleichszahlung von € 650.000,00 befinde, der Beschwerdevorentscheidung bei. In der Aufstellung sei ersichtlich, welche Abgaben um welche Quotenzahlungen vermindert worden seien.

Weiters wurde vom Finanzamt begründend festgestellt, in Bezug auf die Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärungen 2003 und 2004 liege keine schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. vor und der Haftungsbetrag sei daher um die Umsatzsteuer 2003 in Höhe von € 9.799,69 und die Umsatzsteuer 2004 in Höhe von € 9.173,74 zu vermindern gewesen.

Dem Beschwerdevorbringen des Bf., es seien laufend an die Abgabenbehörde Steuern bezahlt worden, welche in der Folge vom Masseverwalter erfolgreich angefochten worden seien und die Abgabenbehörde sei im Verhältnis nicht schlechter behandelt worden als andere Gläubiger wurde in der Beschwerdevorentscheidung begegnet, dass dem Bf. als Vertreter der Nachweis obliege, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger – bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits – an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Dem Einwand der bereits vom Masseverwalter geprüften Gleichbehandlung sei zu begegnen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 15.12.2004, 2004/13/0146) der Geschäftsführer die dem Abgabengläubiger gegenüber bestehende Pflicht zur zumindest anteiligen Tilgung der Abgabenforderung auch verletze, wenn er das Gebot quotenmäßiger Befriedigung der offenen Forderungen insoweit nicht beachte, als er keinem Gesellschaftsgläubiger auch nur anteilig Zahlung leiste. Da in einer Gleichbehandlung der Abgabenschulden nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 29.1.2004, 2000/15/0168) keine im „status kridae“ unzulässige Gläubigerbevorzugung gesehen werden könne, erweise sich der Hinweis auf eine allfällige Haftung als nicht zielführend (UFS 27.11.2008, RV/3021-W/07).

Aus dem Vorliegen eines Anfechtungstatbestandes ergebe sich keineswegs zwingend, dass der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer die Abgabenbehörde insgesamt bevorzugt befriedigt habe. Die Anfechtungsbestimmungen der Konkursordnung richteten sich vor allem gegen kurz vor der Konkurseröffnung vorgenommene Vermögensverschiebungen zu Gunsten einzelner Gläubiger. Dass durch derartige, der Anfechtung unterliegende Zahlungen an die Abgabenbehörde in der Vergangenheit gelegene und vom Vertreter zu verantwortende Versäumnisse bei der zeitgerechten Abgabenentrichtung nicht beseitigt werden könnten, liege auf der Hand. Andernfalls läge es im Belieben des Vertreters, sich durch die Verwirklichung eines einzelnen Anfechtungsbestandes jeder abgabenrechtlichen Geschäftsführerhaftung zu entledigen (VwGH 16.9.2003, 2000/14/0162).

Dem Argument, dass sämtliche Unterlagen an den Masseverwalter zu übergeben gewesen seien und dem Bf. die Aufbewahrung derartiger Unterlagen und die Anfertigung von Aufstellungen gar nicht möglich gewesen wäre, sei zu entgegnen, dass der Bf. vor Übergabe Kopien hätte anfertigen können und im Hinblick auf eine Haftungsinanspruchnahme auch dazu verpflichtet gewesen wäre.

Zum Beschwerdevorbringen des Bf., dass betreffend C.D. eine Überprüfung der Finanzbehörde durch Aushebung der Schecks (bei der Bankverbindung des Finanzamtes – die würde dort mikroverfilmt), welche von C.D. großteils unterschrieben und persönlich dem Finanzamt übergeben worden seien, erfolgen könne, stellte die Abgabenbehörde fest, dass diese Ausführungen in der Stellungnahme vom 31. Juli 2013 richtig seien und den Tatsachen entsprächen und somit C.D. die Bezahlung der Steuern durrchgeführt hätte und auch die Kontaktperson zum Finanzamt gewesen sei. Der Bf. sei jedoch seiner Überwachungspflicht nicht nachgekommen, da er von den persönlichen Terminen des C.D. beim Finanzamt gewusst habe und die Empfangsbestätigung des Finanzamtes über die Schecks, welche er erhalten habe, gekannt habe. Wenn der Bf. als Beweis die beim Finanzamt auszuhebenden Schecks und Empfangs-/Zahlungsbestätigungen anführe, so sei ihm entgegen zu halten, dass das Finanzamt Schecks weder aufbewahre, noch mikroverfilme. Die Schecks würden bei der Bank eingelöst und die Einlösung in einem Verzeichnis festgehalten. Es könne daher vom Finanzamt nicht nachvollzogen werden, wer den Scheck unterschrieben habe, weil der Scheck nach Einlösung bei der Bank nicht mehr im Finanzamt aufliege und die Verzeichnisse hätten keine Unterschrift festgehalten. Den Aktenvermerken bzw. E-Mails im Einbringungsakt sei zu entnehmen, dass ab Mai 2004 Zahlungen mittels Barschecks vom Geschäftsführer C.D. geleistet worden seien, ob diese Schecks auch von diesem unterschrieben worden seien, könne aus den genannten Gründen nicht nachvollzogen werden. Laut Beschwerde des C.D. gegen den Haftungsbescheid habe dieser nur als Bote fungiert.

Hinsichtlich der Verjährung werde vom Bf. ausgeführt, dass die Forderungsanmeldung im Konkurs der Fa.  X-GmbH nicht eine Hemmung der Verjährung einer Forderung „gegen den Bf. privat“ bewirken könne.

Das Finanzamt halte hinsichtlich der Verjährung fest, dass diese, wie auch schon im Haftungsbescheid vom 5. Mai 2014 angeführt, nicht eingetreten sei. Seit dem Erkenntnis des verstärkten Senates vom 18.10.1995, 91/13/0037, 91/13/0038, sei der VwGH in ständiger Rechtsprechung der Ansicht, dass Unterbrechungshandlungen anspruchsbezogen wirken, somit die Verjährung gegenüber jedem unterbrechen, der als Zahlungspflichtiger in Betracht komme, ohne dass es rechtlich von Bedeutung wäre, gegen wem sich solche Amtshandlungen richten. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten sei, beginne die Verjährungsfrist neu zu laufen (§ 238 Abs. 2 2. Satz BAO).

Die Konkursquoten seien bereits berücksichtigt.

Die Geltendmachung der Haftung liege im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz auferlegten Grenzen (§ 20 BAO) zu halten habe. Innerhalb dieser Grenzen seien Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff „Billigkeit“ sei dabei die Bedeutung „berechtigten Interessen der Partei“, den Gesetzesbegriff der „Zweckmäßigkeit“ die Bedeutung „öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlich vorgesehenen Mitteln und Möglichkeiten“ beizumessen. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschulden beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftung folge, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel dann ermessenskonform sei, wenn die Abgabenschuld beim Primärschuldner uneinbringlich sei. Da der öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung allfällige Einzelinteressen verdränge, habe sich das Finanzamt veranlasst gesehen, die gesetzliche Vertreterhaftung im erforderlichen Ausmaß geltend zu machen. Da der Abgabenausfall auch auf das Verschulden des Haftungspflichtigen zurückzuführen sei, sei den Zweckmäßigkeitsgründen gegenüber den Interessen der Partei der Vorrang zu geben.

Laut Hauptverhandlungsprotokoll des Landesgerichtes für Strafsachen vom 8. August 2006 habe es, wie den Aussagen des Herrn E.F. zu entnehmen sei, eine klare Aufgabeneinteilung gegeben, C.D. sei für den Verkauf zuständig gewesen, Herr E.F. für die Organisation und Verwaltung und der Bf. für die Finanzen. Die Schuldhaftigkeit sei damit zu begründen, dass durch das pflichtwidrige Verhalten des Bf. als Vertreter der Gesellschaft die Uneinbringlichkeit eingetreten sei.

Mit Schriftsatz vom 15. August 2014 beantragte der Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und hielt sein Beschwerdevorbringen vom 4. Juli 2014 vollinhaltlich aufrecht. Ergänzend wurde vorgebracht, dass die von C.D. unterzeichneten Schecks bei der Bank ausgehoben werden könnten, wo diese mikroverfilmt werden würden. Es werde massiv versucht, C.D. aus der Verantwortung bzw. Haftung zu halten.

Der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes sei das Protokoll der Hauptverhandlung am Landesgericht für Strafsachen Wien vom 8. August 2006 zu GZ. beigelegt worden. Auf Seite 7ff werde die Aussage des Zweitbeschuldigten C.D. festgehalten. Wie daraus eindeutig zu entnehmen sei, habe C.D. nicht nur einen Konkursantrag des Finanzamtes (gemeinsam mit der Anwältin des Unternehmens) bei Gericht abgewehrt, sondern es ergebe sich aus seiner eigenen Aussage eindeutig, dass er selbst im Innenverhältnis für die Abgabenzahlung an das Finanzamt zuständig gewesen sei, die Schecks persönlich unterschrieben und persönlich abgegeben habe! C.D. sage auf Seite 8, zweiter Absatz des Protokolls selbst aus, dass er aufgrund einer getroffenen Vereinbarung im Innenverhältnis für das Finanzamt und Herr G. für die Gebietskrankenkasse zuständig gewesen sei.

Es sei somit eindeutig bewiesen, dass im Innenverhältnis geregelt gewesen sei, dass C.D. für die Abgabenzahlungen an das Finanzamt zuständig gewesen sei und daraus folgend eine Schuldhaftigkeit des Bf. daher nicht gegeben sei. Aus dieser Tatsache heraus werde daher die Aufhebung des Haftungsbescheides beantragt.

Zusätzlich werde hinsichtlich der Lohnsteuer wie folgt vorgebracht:

Die Nachvollziehbarkeit der einzelnen Beträge hinsichtlich Lohnsteuer im Haftungsbescheid je Kalendermonat sei nicht gegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung zur Zl. 2007/08/0081 auf Seite 8 wie folgt ausgeführt:

Im vorliegenden Fall erfolgte weder im erst- noch im zweitinstanzlichen Bescheid eine hinreichende Aufschlüsselung des Haftungsbetrages, aus der hervorgeht, in welchem Umfang an Dienstnehmer Nettolohn ausbezahlt wurde, ohne die Dienstnehmeranteil an die Gebietskrankenkasse abzuführen, und die daraus ergebende konkrete Berechnung des Haftungsbetrages. Eine solche Aufschlüsselung wäre im Hinblick auf das Einspruchsvorbringen, worin im Ergebnis die mangelnde Nachvollziehbarkeit insbesondere mangels Zugangs zu den bezughabenden Geschäftsunterlagen gerügt werde, geboten gewesen. Es finde sich auch in den Verwaltungsakten keine solche Aufschlüsselung, zu welcher der Beschwerdeführer Parteiengehör gewährt worden wäre.“

Im oben angeführten Verfahren sei es um eine Haftung für ausstehende Dienstnehmeranteile zu Sozialversicherung gegangen, welche von der Gebietskrankenkasse (gleich wie hier vom Finanzamt) für jeden Beitragsmonat in nur einer Gesamtsumme in einem Haftungsbescheid vorgeschrieben worden seien und der Bf. auch vorgebracht habe, dass er keinen Zugang zu den Geschäftsunterlagen hatte/habe.

Obwohl das Unternehmen als Selbstverrechner monatlich an die Gebietskrankenkasse nur einen Gesamtbetrag für alle Dienstnehmer abführe (gleiches geschehe auch bei der Lohnsteuer), sei es der Gebietskrankenkasse einerseits durch den jährlichen Beitragskontennachweis (beim Finanzamt entspreche dem der jährliche Lohnzettel) andererseits zum Beispiel durch Einsichtnahme in die Verrechnungsunterlagen beim Masseverwalter während des Konkursverfahrens möglich, eine genaue Auflistung je Dienstnehmer zu erstellen. Dies habe der VwGH in oben zitierter Entscheidung gegen die Gebietskrankenkasse festgestellt und den Haftungsbescheid daher aufgehoben. Im gegenständlichen Haftungsbescheid des Finanzamtes würden die offenen Lohnsteuerbeträge ebenfalls nur je Kalendermonat in einer Summe (und nicht je Dienstnehmer detailliert) angeführt, sodass auch aus diesem Grund die Mangelhaftigkeit des Haftungsbescheides eingewendet werde, da auch seitens der Finanzbehörde eine solche Aufstellung (wie auch im VwGH-Urteil hinsichtlich der Gebietskrankenkasse) erforderlich wäre, um die Nachvollziehbarkeit der Beträge zu ermöglichen.

Es werde daher aus diesem Grund die Aufhebung des Haftungsbescheides wegen Mangelhaftigkeit beantragt.

 

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, verjährt binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß.

Gemäß § 238 Abs. 2 BAO wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Gemäß § 9 Abs. 1 Insolvenzordnung (IO) wird durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist.

Laut Firmenbuch war der Bf. im Zeitraum 23. September 2002 bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Fa.  X-GmbH deren handelsrechtlicher Geschäftsführer. Er zählt somit zum Kreis der in § 80 Abs. 1 BAO genannten gesetzlichen Vertreter, welche, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen, gemäß § 9 Abs. 1 BAO zur Haftung herangezogen werden können.

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO setzt unter anderem voraus, dass die Abgaben bei der Primärschuldnerin uneinbringlich sind. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Mai/11, GZ. YXY ,  wurde der Konkurs über das Vermögen der Fa.  X-GmbH nach Schlussverteilung aufgehoben. Am August/11 erfolgte deren amtswegige Löschung gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit. An der unbestrittenen Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten besteht daher kein Zweifel.

Wenn der Bf. in der gegenständlichen Beschwerde einwendet, der angefochtene Haftungsbescheid enthalte keine detaillierten Feststellungen hinsichtlich der Höhe der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten, insbesondere sei nicht ersichtlich, ob und in welcher Höhe die Quote des Insolvenzverfahrens angerechnet worden sei, so ist hiezu auf die aus Sicht des Bundesfinanzgerichtes unbedenkliche Beilage zur Beschwerdevorentscheidung zu verweisen, aus welcher eine detaillierte Aufstellung der nach wie vor uneinbringlich am Abgabenkonto der Primärschuldnerin Fa.  X-GmbH aushaftenden haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten hervorgeht und weiters die Berechnung der Haftungsbeträge unter Berücksichtigung der jeweiligen Quotenzahlungen im Insolvenzverfahren zu ersehen ist.

Wenn der Bf. dazu in seinem Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vom 15. August 2014 vorbringt, eine Nachvollziehbarkeit der einzelnen Beträge hinsichtlich Lohnsteuer im Haftungsbescheid je Kalendermonat sei nicht gegeben und dazu auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.4.2011, Zl. 2007/08/0081, verweist und bemängelt, die Bemessungsgrundlagen für die haftungsgegenständlichen Beträge an Lohnsteuern seien von der Abgabenbehörde nicht je Dienstnehmer detailliert aufgegliedert worden, so ist diesem Einwand zu begegnen, dass die dem gegenständlichen Haftungsbescheid zugrundeliegenden Selbstbemessungsabgaben von der Fa.  X-GmbH bzw. durch deren Steuerberater selbst berechnet und der Abgabenbehörde in dieser Höhe gemeldet, jedoch nicht entrichtet wurden. Nun liegt es in der Natur einer vom Dienstgeber selbst zu berechnenden, von den ausbezahlten Löhnen einzubehaltenden und an das Finanzamt abzuführenden Lohnsteuer, dass der Abgabenbehörde nur die Höhe der geschuldeten Beträge, nicht jedoch die Höhe der monatlichen Bemessungsgrundlage je Dienstnehmer gemeldet wird. Diese hätte der Bf. durch eine Einsichtnahme in die Lohnkonten jederzeit ersehen können. Das vom Bf. ins Treffen geführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes mit der Geschäftszahl 2007/08/0081 trifft Aussagen darüber, welche Feststellungen und Erwägungen die Begründung eines behördlichen Bescheides zu enthalten hat, wobei in diesem Erkenntnis insbesondere bemängelt wird, dass aus dem bekämpften Bescheid nicht hervorgehe, in welchem Umfang an Dienstnehmer tatsächlich Nettolöhne ausbezahlt worden wären, ohne die Dienstnehmeranteile an die Gebietskrankenkasse abzuführen. Dem gegenständlichen Haftungsbescheid liegt jedoch keine bescheidmäßige Festsetzung, sondern eine Selbstberechnung der haftungsgegenständlichen Beträge an Lohnsteuern zugrunde und es wurde vom Bf. weder bestritten, dass die zugrundeliegenden Löhne ausbezahlt wurden, noch eingewendet, dass deren Berechnung durch die Primärschuldnerin bzw. deren Steuerberater unrichtig erfolgt wäre. Der diesbezügliche Einwand des Bf. geht daher ins Leere.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wendet der Bf. auch ein, der Erlassung des gegenständlichen Haftungsbescheides wäre der Eintritt der Verjährung der Abgabenforderungen des Finanzamtes entgegen gestanden und die Forderungsanmeldungen der Abgabenbehörde im Konkurs der Fa.  X-GmbH hätten keine Hemmung der Verjährung einer Forderung gegenüber dem Bf. privat bewirken können sowie bei Vorliegen der rechtlichen Grundlagen für eine Haftung hätte ein Haftungsbescheid gegen die Geschäftsführer bereits bei Eintritt der Insolvenz der Primärschuldnerin erfolgen und nach Ausschüttung der Konkursquote um diese Beträge eingeschränkt werden können, so ist ihm dazu Folgendes entgegenzuhalten:

Wie bereits ausgeführt, ist die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO eine Ausfallshaftung (vgl. VwGH 31.3.2004, 2003/13/0153). Sie setzt die objektive Uneinbringlichkeit von Abgabenschuldigkeiten zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftungspflichtigen voraus. Aus der Konkurseröffnung alleine ergibt sich noch nicht zwingend die Uneinbringlichkeit (vgl. z.B. VwGH 26.5.2004, 99/14/0218). Uneinbringlichkeit ist im Insolvenzverfahren erst dann anzunehmen, wenn feststeht, dass die Abgabenforderung nicht befriedigt werden kann (vgl. z.B. VwGH 27.4.2000, 98/15/0129). Gesetzwidrig wäre eine Haftungsinanspruchnahme, die den gesamten Abgabenbetrag umfasst, obwohl nur ein Teil objektiv uneinbringlich ist (vgl. z.B. VwGH 29.6.1999, 99/14/0117).

Wird ein Vertreter zur Haftung für die gesamte Schuld herangezogen, obwohl in sachverhaltsmäßiger Hinsicht nicht ausgeschlossen ist, dass eine mögliche Konkursquote vom Primärschuldner eingebracht werden kann, so ist dies rechtswidrig (VwGH 24.2.2010, 2006/13/0071).

Aus der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass die Abgabenbehörde gesetzeskonform den gegenständlichen Haftungsbescheid erst nach Feststehen der Höhe der Konkursquote und somit des Ausmaßes der Uneinbringlichkeit erlassen hat.

Die Erlassung eines Haftungsbescheides ist eine Einhebungsmaßnahme und als solche daher nur innerhalb der Einhebungsverjährungsfrist des § 238 BAO zulässig (vgl. z.B. VwGH 17.12.2003, 99/13/0036).

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben bzw. zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist und wird gemäß § 238 Abs. 2 BAO durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach Außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten an Umsatzsteuervorauszahlungen und Lohnsteuern betreffen einzelne Monate der Jahre 2003 bis 2005 und wurden in diesen fällig, sodass die Einhebungsverjährungsfrist mit Ablauf des jeweiligen Jahres zu laufen begann. Die Anmeldung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten am 18. Juni 2005 durch die Abgabenbehörde im Insolvenzverfahren der Fa.  X-GmbH stellt eine Unterbrechungshandlung im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO iVm § 9 Abs. 1 Insolvenzordnung (IO) dar. Gemäß § 9 Abs. 1 IO begann die Verjährungfrist der Forderung gegen den Schuldner mit Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist, somit mit Ablauf des Mai/11 (Beschluss des Handelsgerichtes Wien über die Aufhebung des Konkurses nach Schlussverteilung zur Zl.  YXY ) neu zu laufen. Zu Recht hat die Abgabenbehörde in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung dem Einwand des Bf., die Forderungsanmeldung der Abgabenbehörde im Konkurs der Fa.  X-GmbH könne nur zu Ungunsten der GmbH die Verjährung hemmen, begegnet, dass dazu der Verwaltungsgerichtshof mit dem Erkenntnis des verstärkten Senates vom 18.10.1995, 91/13/0037, für den Bereich der Einhebungsverjährung den Standpunkt der personenbezogenen Wirkung von Unterbrechungshandlungen nicht mehr aufrecht erhalten und sich zur Auffassung der anspruchsbezogenen Wirkung von Unterbrechungshandlungen bekannt hat, sodass dem diesbezüglichen Beschwerdeeinwand des Bf. ebenfalls keine Berechtigung zukommt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Geschäftsführer darzutun, weshalb er den auferlegten Verpflichtungen nicht entsprochen habe, insbesondere nicht habe Sorge tragen können, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war. Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschuldigkeiten im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe, als bei anteiliger Verwendungen der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten (vgl.  z.B. VwGH 27.2.2008, 2005/13/0100). Auf den Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Dem Vertreter obliegt dabei der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger – bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits – an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (vgl. z.B. VwGH 21.3.2012, 2012/16/0048).

Die pauschale Behauptung einer Gleichbehandlung aller Gläubiger reicht nicht aus (VwGH 22.9.1999, 96/15/0049).

Dieses Erfordernis zur Erbringung eines sich auf die jeweiligen Fälligkeitstage beziehenden Gleichbehandlungsnachweises unter Darstellung der jeweils vorhandenen liquiden Mittel und der offenen Abgabenschuldigkeiten im Verhältnis zu den übrigen Verbindlichkeiten wurde der Bf. in der Beschwerdevorentscheidung vom 11. Juli 2014, welcher insoweit Vorhaltscharakter zukommt, aufmerksam gemacht und er hat es unterlassen, einen derartigen Nachweis zu erbringen, weswegen sich eine Haftungsinanspruchnahme für den gesamten Betrag der haftungsgegenständlichen Umsatzsteuervorauszahlungen (die Lohnsteuer stellt eine Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz dar) als rechtmäßig erweist.

Zum diesbezüglichen Einwand des Bf., ein Nachweis des Nichtvorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung könne von ihm nicht erbracht werden, da sämtliche Unterlagen dem Masseverwalter gegeben hätten werden müssen und ihm eine Aufbewahrung derartige Unterlagen und eine Anfertigung von Aufstellungen gar nicht möglich gewesen sei, ist zu entgegnen, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Vertreter obliegt, entsprechende Beweisvorsorgen – etwa durch das Erstellen und Aufbewahrung von Ausdrucken – zu treffen. Dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, ist schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht ermöglichen (vgl. z.B. VwGH 28.2.2014, 2012/16/0001).

Eine Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz stellen die haftungsgegenständlichen Lohnsteuerbeträge dar. Reichen nämlich die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so hat er die Lohnsteuer vom tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten (§ 78 Abs. 3 EStG 1988). In solchen Fällen dürfen  Löhne somit nicht in voller Höhe ausgezahlt werden und sind sie (wie auch andere Schuldigkeiten) anteilig zu kürzen; die aus den gekürztem Lohnbetrag entfallende Lohnsteuer ist zur Gänze zu entrichten (vgl. z.B. VwGH 16.2.2000, 95/15/0046 und VwGH 16.12.2009, 2009/15/0127).

Der Bf. räumt in der gegenständlichen Beschwerde zwar ein, dass er als Geschäftsführer für den Bereich der Finanzen der Primärschuldnerin Fa.  X-GmbH zuständig, jedoch im Innenverhältnis geregelt gewesen sei, dass der weitere Geschäftsführer C.D. für die Abgabenentrichtung zuständig gewesen wäre. Demgegenüber steht Verfahrenseinlassung des C.D. in dem ihm betreffenden Haftungsverfahren dahingehend, er sei lediglich als Bote zur Überbringung der Schecks zum Zwecke der Abgabenentrichtung gegenüber der Finanzamt tätig gewesen. Die Abgabenentrichtung sei in den Zuständigkeitsbereich des Bf. gefallen. Der Bf., der C.D. als den für die Abgabenentrichtung zuständigen Geschäftsführer und Kontaktperson gegenüber dem Finanzamt bezeichnet, führt selbst in der Beschwerde aus, er sei seiner Überwachungspflicht nachgekommen, da er von den persönlichen Terminen des C.D. am Finanzamt gewusst und die Empfangsbestätigungen des Finanzamtes über die Schecks gekannt habe.

Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass der Bf., als nach der internen Aufgabenteilung für den Bereich Finanzen zuständige Geschäftsführer, sehr wohl für die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten zuständig war. So hat der Geschäftsführer E.F. am 8. August 2006 beim Landesgericht für Strafsachen Wien wegen § 153c Abs. 1 StGB, AZ.  GZ. , als Beschuldigter ausgesagt, der Kopf der Firma sei der Bf. gewesen. Es habe zwar am Papier bei der Geschäftsführerbestellung keine Aufgabenteilung gegeben, jedoch habe in der Firma jeder gewusst, dass C.D. für den Verkauf, der Bf. für die Finanzen und E.F. für Organisation und Verwaltung zuständig gewesen sei. Es kann daher nach der Aktenlage nicht davon ausgegangen werden, dass es eine Geschäftsverteilung im Unternehmen dahingehend gab, dass ausschließlich C.D. und nicht dem Bf. die Verpflichtung zur Abgabenentrichtung getroffen hätte. Selbst wenn man von der vom Bf. behaupteten Regelung über die Geschäftsverteilung im  Innenverhältnis ausgehen würde, dass C.D. allein für die Abgabenentrichtung gegenüber der Abgabenbehörde zuständig war, so könnte diese Annahme den Bf. nicht vom Vorwurf einer schuldhaften Pflichtverletzung befreien. Zweifelsfrei hatte der Bf. jedenfalls Kenntnis von den aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin gegenüber dem Finanzamt und auch von einem im Frühjahr 2004 durch das Finanzamt im Wege der Finanzprokuratur gestellten Konkursantrag und somit von der äußerst eingeschränkten Liquiditätslage der GmbH. Dennoch hat er es unterlassen, selbst für die Abgabenentrichtung Sorge zu tragen bzw. den weiteren Geschäftsführer C.D. als Kontaktperson gegenüber der Abgabenbehörde so zu überwachen, dass die Entrichtung der verfahrensgegenständlichen Selbstbemessungsabgaben nicht unterblieb. Da der Bf. hat in diesen Zusammenhang auch weder behauptet noch nachgewiesen, dass C.D. der alleinige Entscheidungsbefugnis für die Mittelverwendung bei gegebener eingeschränkter Liquiditätssituation der Primärschuldnerin gehabt hätte. Somit ist die Abgabenbehörde zu Recht von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Bf. in Bezug auf die Nichtentrichtung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten ausgegangen, zumal er weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht hat, dass ihn ein derartiges Verschulden nicht treffen würde.

Darüber hinaus wird zum Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung des Bf. auch auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid und insbesondere in der Beschwerdevorentscheidung verwiesen. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 11. Juli 2014 ist die Abgabenbehörde dem Beschwerdeeinwand des Bf. in Bezug auf Umsatzsteuer 2003 in Höhe von € 1.799,69 und Umsatzsteuer 2004 in Höhe von € 1.173,74 deswegen gefolgt, weil die Umsatzsteuer dieser Jahre infolge Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärungen durch den Masseverwalter im Schätzungswege gemäß § 184 BAO ermittelt wurden und insoweit keine Anhaltspunkte für eine schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. in Form einer zu geringen Abfuhr der Umsatzsteuervorauszahlungen dieser Jahre zu den jeweiligen Fälligkeitstagen, die im Übrigen nur zum Teil Gegenstand dieses Verfahrens sind, vorliegen.

Der Beschwerde des Bf. war auch insoweit Folge zu geben, als mit dem angefochtenen Haftungsbescheid eine Haftung für Lohnsteuer 11/2013 in Höhe von € 23.941,97 ausgesprochen wurde, zumal eine solche nicht uneinbringlich am Abgabenkonto der Primärschuldnerin aushaftet. Eine eventuell von der Abgabenbehörde beabsichtigte Haftungsinanspruchnahme für Lohnsteuer 11/2003 wurde mit dem den Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens bildenden Bescheid nicht ausgesprochen und es ist dem Bundesfinanzgericht verwehrt, unter Abschneidung des Instanzenzuges für diesen Zeitraum (erstmalig) eine Haftung auszusprechen.

Die Inanspruchnahme der gemäß § 9 Abs. 1 BAO bestehenden Haftung setzt voraus, dass die schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten kausal für die Uneinbringlichkeit ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf die Abgabenbehörde mangels dagegensprechender Umstände annehmen, dass bei Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung diese Ursache der Uneinbringlichkeit ist (vgl. z.B. VwGH 13.4.2005, 2002/13/0177, 0178).

Die Geltendmachung der Haftung ist in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, das sich innerhalb der vom Gesetz auferlegten Grenzen zu halten hat. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen.

Der Bf. hat in der gegenständlichen Beschwerde Mängel der Ermessensübung der Abgabenbehörde bei Erlassung des Haftungsbescheides weder aufgezeigt noch eingewendet und auch das Bundesfinanzgericht hält die diesbezüglichen Erwägungen der Abgabenbehörde im angefochtenen Bescheid bzw. in der Beschwerdevorentscheidung für unbedenklich, zumal Billigkeitsgründe, welche einem Haftungsausspruch entgegenstehen würden, vom Bf. nicht vorgebracht wurden und solche auch aus der Aktenlage nicht ableitbar sind.

Somit erweist sich die Haftungsinanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 Abs. 1 BAO für die im Spruch des gegenständlichen Erkenntnisses genannten Abgabenschuldigkeiten der Fa.  X-GmbH in Höhe von € 360.797,58 als rechtmäßig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der oben zitierten, ständigen und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

 

 

Wien, am 16. Jänner 2015

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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