Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen (Pauschalreisegesetz – PRG) erlassen wird sowie das Konsumentenschutzgesetz, das Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz und das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geändert werden, BGBl I 2017/50 vom 24. 4. 2017 (AB 1533 BlgNR 25. GP ; RV 1513 BlgNR 25. GP ).
Einleitung
Während die Umsetzung der ersten Pauschalreise-RL 90/314/EWG trotz des auch Nicht-Verbrauchergeschäfte erfassenden Anwendungsbereichs im KSchG erfolgte (§§ 31b ff KSchG), setzt der Gesetzgeber die neue Pauschalreise-RL 2015/2302 in einem eigenen Regelwerk, dem PauschalreiseG (PRG) um. Die neue RL folgt dem Prinzip der Vollharmonisierung (Art 4), weshalb das PRG weitgehend deren Systematik und Formulierungen übernimmt. Dieses Gesetz behandelt nur die zivilrechtlichen Teile der RL. Die Regelungen zum Insolvenzschutz und der Insolvenzabsicherung werden im Rahmen des Gewerberechts umgesetzt.1
Wesentliche Neuerungen sind die Neudefinition und Verbreiterung des Pauschalreisebegriffs, die Einführung einer neuen Reisevertragskategorie mit geringerem Schutzniveau („verbundene Reiseleistungen“) sowie die Überarbeitung und konkretere Ausgestaltung der Sonderbestimmungen für Pauschalreisen.
Das PRG tritt nach längerer Legisvakanz am 1. 7. 2018 in Kraft und ist nur auf Verträge anwendbar, die ab diesem Zeitpunkt geschlossen werden.
Hinweis
Die Regelungen der Pauschalreise-RL zum Insolvenzschutz und der Insolvenzabsicherung wurden nicht im PRG, sondern (wie bisher) im Rahmen des Gewerberechts umgesetzt.2
Pauschalreise
Gegenüber der Reiseveranstaltung iSd § 31b KSchG hat sich der Begriff der Pauschalreise iSd PRG deutlich verändert und ist weiter. Wie bisher ist eine Kombination mehrerer Reiseleistungen aus mindestens zwei verschiedenen Leistungskategorien erforderlich, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Zusammenstellung vorab durch den Reiseveranstalter oder erst durch den Reisenden erfolgt. Statt drei Leistungskategorien gibt es nun vier. Die Vermietung von Autos und Motorrädern wurde aus der Auffangkategorie der anderen touristischen Leistungen herausgelöst und neben Unterbringung und Beförderung zur dritten Hauptkategorie. Eine Pauschalreise kann daher ohne Unterbringungs- und Beförderungsleistung vorliegen, wenn eine Kfz-Miete mit einer anderen touristischen Leistung kombiniert wird. Weiterhin zählt die Auffangkategorie jedoch nur dann, wenn es sich um eine wesentliche bzw erhebliche Leistung handelt, die nicht schon wesensmäßiger Bestandteil einer Hauptkategorieleistung ist (§ 2 Abs 2 PRG). Die Wesentlichkeit bzw Erheblichkeit kann sich etwa aus der Bewerbung dieser Leistung oder aus ihrem Anteil am Gesamtwert der Reise ergeben, wobei das Gesetz einen Richtwert von mindestens 25 % nennt (§ 2 Abs 2 Z 3 PRG).
Die Pauschalreise hat einen Reiseveranstalter, der Schuldner sämtlicher Reiseleistungen ist und dafür gewährleistungs- und schadenersatzrechtlich einzustehen hat. Die Abgrenzung zum Reisevermittler (der Verträge mit Leistungserbringern vermittelt, aber nicht für deren Leistungen haftet) erfolgt nicht mehr aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen bzw dem Gesamteindruck, den ein redlicher Erklärungsempfänger aufgrund des Auftretens seines Gegenübers gewinnen musste,3 sondern mittels konkreter Fallkonstellationen, in denen das Gesetz von Veranstalterstellung ausgeht, etwa bei gemeinsamer Auswahl von Leistungen bei einem einzelnen Kontakt, im Fall eines Pauschalpreises oder bei einer verbundenen Online-Buchung (§ 2 Abs 2 PRG). Auch wenn dies nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist, wird auch die „klassische“, vom Veranstalter vorab zusammengestellte Pauschalreise von diesen Fallkonstellationen erfasst.
Wie bisher sind nicht nur Verbraucher, sondern auch Unternehmer als Reisende in den Schutzbereich des Pauschalreiserechts einbezogen (§ 2 Abs 6 PRG). Der Reiseveranstalter muss Unternehmer iSd KSchG sein (§ 1 Abs 1 PRG).
Für Pauschalreiseverträge sieht das PRG insb folgende Sonderbestimmungen vor:
Informationspflichten und Vertragsinhalt
§ 4 PRG enthält einen umfangreichen Katalog von Informationen, die der Reiseveranstalter und der Reisevermittler dem Reisenden vor Abschluss des Pauschalreisevertrags erteilen müssen. Soweit möglich müssen dazu die Standardinformationsblätter im Anhang des Gesetzes verwendet werden. Die Informationen werden mangels ausdrücklicher abweichender Vereinbarung Vertragsinhalt (§ 5 PRG). Vorgaben für den Vertragsinhalt werden in § 6 PRG getroffen.
Wechsel des Reisenden
Wie § 31c Abs 3 KSchG sieht § 7 PRG vor, dass der Reisende den Pauschalreisevertrag ohne Zustimmung des Vertragspartners auf eine andere Person übertragen kann, sofern diese die Vertrags- bzw Teilnahmebedingungen (zB Pass-, Visum- und Impferfordernisse) erfüllt. Weiterhin haften dann Überträger und Ersatzteilnehmer solidarisch für offene Entgelte und die Übertragungskosten. Neu ist, dass eine Verhinderung des Reisenden keine Voraussetzung für die Übertragung mehr bildet. Außerdem werden Klarstellungen zum letztmöglichen Zeitpunkt der Übertragung (Einhaltung einer angemessenen Frist vor Reisebeginn, wobei eine Übertragung spätestens sieben Tage vor Reisebeginn jedenfalls zulässig ist) sowie zur Höhe der Übertragungskosten getroffen. Letztere sind einerseits durch die tatsächlichen Kosten des Veranstalters und andererseits durch eine Angemessenheitsschranke begrenzt.
Preisänderungen
Eine Preisanpassung nach Vertragsabschluss ist für den Veranstalter weiterhin nur schwer erreichbar. Wie die geltende Rechtslage (§ 31c Abs 1 KSchG) setzt sie gem § 8 PRG die Vereinbarung einer zweiseitig wirkenden Anpassungsklausel im Pauschalreisevertrag voraus, in der die Art der Berechnung angegeben ist (dass keine „genaue Angabe“ mehr gefordert wird, dürfte an der Rsp4, die eine exakte Darstellung fordert, nichts ändern). Außerdem bleibt es dabei, dass nur bestimmte Gründe für die Preisänderung herangezogen werden können (Änderung der Energie- und Treibstoffpreise für die Beförderung, Änderung der Steuern und Abgaben einschließlich von Flughafengebühren sowie Wechselkursänderungen). Ebenfalls festgehalten wird an der zeitlichen Schranke in Form der 20-Tages-Grenze. Nach dem PRG darf die Mitteilung der Preisanpassung nicht später als 20 Tage vor Reisebeginn erfolgen, wobei die Gründe und die Berechnung darzustellen sind. Konkretisiert wird die Erheblichkeitsschwelle für Preiserhöhungen, ab der dem Reisenden ein kostenloses Rücktrittsrecht zusteht, nämlich mit 8 % des ursprünglichen Preises.
Die weiteren Beschränkungen für Preisanpassungsklauseln bei Verbrauchern, die sich aus allgemeinen Regeln ergeben (§ 6 Abs 1 Z 5 und Abs 2 Z 4 KSchG), können bei Pauschalreiseverträgen mE aufgrund des vollharmonisierenden Charakters der neuen Pauschalreise-RL nicht mehr herangezogen werden.
Leistungsänderungen
Hinsichtlich einseitiger Leistungsänderungen durch den Veranstalter (zur geltenden Rechtslage siehe § 31c Abs 2 KSchG) differenziert § 9 PRG zwischen erheblichen und unerheblichen Änderungen, wobei diese Abgrenzung in der Praxis zweifellos Schwierigkeiten bereiten wird. Erheblich sind jedenfalls Abweichungen von besonderen Vorgaben des Reisenden und Änderungen wesentlicher Eigenschaften der Reise, die dem Reisenden beträchtliche Unannehmlichkeiten verursachen.5
Die Leistungsänderung erfolgt durch eine Mitteilung vor Reisebeginn. Unerhebliche Änderungen sind schon dann zulässig, wenn sich der Veranstalter im Pauschalreisevertrag ein Änderungsrecht vorbehalten hat. Ansprüche des Reisenden werden dadurch nicht ausgelöst. Die Zulässigkeit erheblicher Änderungen bindet das PRG an die Voraussetzung, dass sie zwingend erforderlich sein müssen (zB wegen Unmöglichkeit der Leistung). Der Reisende erhält dadurch ein kostenloses Rücktrittsrecht, das er in der vom Veranstalter festzusetzenden angemessenen Frist ausüben muss. Setzt er den Vertrag fort, hat er im Fall einer änderungsbedingten Qualitäts- oder Kostenminderung Anspruch auf Preisminderung.
Rücktrittsrechte
§ 10 PRG regelt einige Rücktrittsrechte des Reisenden und des Veranstalters, die im Vergleich zur geltenden Rechtslage keine wesentlichen Neuerungen bringen.
- § 10 Abs 1 PRG hält ausdrücklich fest, dass der Reisende vor Reisebeginn jederzeit grundlos vom Vertrag zurücktreten kann (bisher konnte man dies aus dem werkvertraglichen Charakter des Reisevertrags ableiten6). Der Veranstalter hat in diesem Fall Anspruch auf eine Entschädigung, deren Höhe vor allem vom zeitlichen Abstand der Rücktrittserklärung zum Reisebeginn und seinen ersparten Aufwendungen abhängt. Das PRG lässt die Vereinbarung zeitabhängiger Entschädigungspauschalen im Vertrag ausdrücklich zu, sieht dafür aber (abgesehen von der Angemessenheitsschranke) keine konkreten Vorgaben vor. Auf Verlangen des Reisenden ist der Veranstalter verpflichtet, die Höhe der Entschädigung zu begründen.
- Wenn am Zielort oder in dessen unmittelbarer Nähe „unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände“ auftreten, die eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise bedeuten, kann der Reisende vor Reisebeginn entschädigungslos vom Vertrag zurücktreten. Solche Umstände sind zB Kriegshandlungen, Terrorismus, Naturkatastrophen und der Ausbruch einer ansteckenden Krankheit.7 Dieses Rücktrittsrecht entspricht dem Stornorecht bei Unzumutbarkeit des Reiseantritts wegen Gefährdungen, das die Judikatur bisher mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage begründete.8
- Wie im Ergebnis nach § 31d Abs 2 KSchG steht dem Veranstalter vor Reisebeginn ein entschädigungsloses Rücktrittsrecht zu, wenn ihn „unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände“ (bisher: höhere Gewalt) an der Vertragserfüllung hindern oder die im Pauschalreisevertrag vereinbarte Mindestteilnehmerzahl nicht erreicht wird. Neu sind Fristen für den spätestmöglichen Zugang der Erklärung, mit der die Reise wegen Teilnehmermangel abgesagt wird. Die Fristlänge hängt von der Reisedauer ab und beträgt zwischen 48 Stunden (bei einer Reisedauer unter zwei Tagen) und 20 Tagen vor Reisebeginn (bei einer Reisedauer über sechs Tagen).
Leistungsstörungen
Auch die Sonderregelungen für Leistungsstörungen während der Reise, die in §§ 11-12 PRG enthalten sind, bringen im Vergleich zur geltenden Rechtslage keine wesentlichen Neuerungen.
- Weiterhin (vgl § 31e Abs 2 KSchG) trifft den Reisenden bei Auftreten von Mängeln eine Rügeobliegenheit, deren Verletzung keine gewährleistungsrechtlichen Folgen hat, sondern lediglich als Mitverschulden beim Schadenersatzanspruch berücksichtigt werden kann.
- Der Veranstalter ist – außer bei Unmöglichkeit und Unverhältnismäßigkeit – zur Mängelbehebung in angemessener Frist verpflichtet. Betrifft die Vertragswidrigkeit einen erheblichen Teil der Reiseleistung, muss er dem Reisenden angemessene andere Vorkehrungen, die über den ursprünglich vereinbarten Leistungsinhalt hinausgehen können, anbieten (so auch § 31e Abs 1 KSchG). Der Reisende kann diese Änderungen nur ablehnen, wenn sie mit den vereinbarten Reiseleistungen nicht vergleichbar sind.
- Für die Beeinträchtigung durch Reisemängel oder Ersatzleistungen von geringerer Qualität steht dem Reisenden Preisminderung zu. Erfolgt die Mängelbehebung nicht in angemessener Frist, kann er selbst Abhilfe schaffen und Ersatz für die entstandenen Kosten verlangen. Den Vertragsrücktritt kann er nur bei Verzug mit der Verbesserung eines erheblichen Mangels erklären. Umfasste die Reise die Beförderung, muss der Reisende in diesem Fall ohne Mehrkosten unverzüglich an den Abreiseort zurückgebracht werden.
- Wenn die planmäßige Rückbeförderung aufgrund „unvermeidbarer und außergewöhnlicher Umstände“ ausfällt, ist der Veranstalter verpflichtet, für die Unterbringung des Reisenden zu sorgen, dies aber maximal für drei Nächte.
- Entsprechend der RL sieht § 12 Abs 2 PRG darüber hinaus eine schadenersatzrechtliche Haftung des Veranstalters für die Folgen von Leistungsstörungen vor. Der österreichische Umsetzungsgesetzgeber geht dabei trotz des offenen Wortlauts der RL davon aus, dass diese Haftung verschuldensabhängig ist.9 Die Haftung entfällt, wenn der Reiseveranstalter nachweisen kann, dass (1) die Vertragswidrigkeit dem Reisenden zuzurechnen ist, (2) von einem ihm nicht zurechenbaren Dritten verursacht wurde und weder vorhersehbar noch vermeidbar war oder (3) auf unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist (§ 12 Abs 3 PRG). Vorab vereinbarte Haftungseinschränkungen sind unwirksam.
- Der bisher in § 31e Abs 3 KSchG geregelte Schadenersatzanspruch für entgangene Urlaubsfreude bei erheblichen Vertragswidrigkeiten wird in § 12 Abs 2 PRG beibehalten. Die Verschuldensunabhängigkeit gilt auch für diesen Anspruch.
Sonstiges
- Nach § 13 PRG kann der Reisende Erklärungen zu den Reiseleistungen auch gegenüber dem Reisevermittler als Empfangsbevollmächtigten des Veranstalters abgeben.
- Gem § 16 PRG trifft den Reisevermittler die gewährleistungs- und schadenersatzrechtliche Haftung des Reiseveranstalters, wenn der Veranstalter seinen Sitz außerhalb des EWR hat und den Verpflichtungen nicht selbst nachkommt.
- Pflichtverletzungen des Veranstalters sind zum Teil (insb bei Informationspflichten) auch verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert (§ 19 PRG).
- Die Regelungen des KSchG zum Reiseveranstaltungsvertrag werden aufgehoben.
- Pauschalreiseverträge werden in den Anwendungsbereich des § 9 FAGG (Anforderungen an den telefonischen Vertragsabschluss) einbezogen. Ansonsten bleiben sie weiterhin vom Anwendungsbereich des FAGG ausgeschlossen.
Verbundene Reiseleistungen
Für Reiseverträge, die nicht von den Fallkonstellationen des § 2 Abs 2 PRG erfasst sind, gelten die Schutzbestimmungen des PRG nicht. Um bestimmte Schutzlücken zu vermeiden, stellen die neue Pauschalreise-RL und das PRG der Pauschalreise die „Verbundenen Reiseleistungen“ zur Seite, bei denen der Reisende zumindest Insolvenzschutz genießt.
Diese „Verbundenen Reiseleistungen“ liegen in zwei weiteren Fallkonstellationen vor, sofern abgesehen von einer Pauschalreise-Konstellation alle weiteren Voraussetzungen für die Annahme einer Pauschalreise (kein Ausnahmetatbestand, Unternehmereigenschaft des Anbieters, Kombination von Reiseleistungen) erfüllt sind (§ 2 Abs 5 PRG). Wer verbundene Reiseleistungen vermittelt, muss dem Reisenden einerseits Insolvenzschutz gewähren und ihn andererseits mittels eines Standardinformationsblatts darüber informieren, dass jeder Leistungserbringer nur für seine Leistung haftet und er die Rechte, die bei einer Pauschalreise gelten würden, nicht in Anspruch nehmen kann (§ 15 PRG). Die Pauschalreisebestimmungen des PRG sind nicht anwendbar (außer der Vermittler hat seine Informationspflicht nicht erfüllt).