OGH 7Ob117/05i

OGH7Ob117/05i11.7.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Bundesarbeitskammer, Prinz Eugen-Straße 20-22, 1041 Wien, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei B***** Reisen GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Brunner und Dr. Elmar Reinitzer, Rechtsanwälte in Wien, wegen einstweiliger Verfügung auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 21.000 EUR), über den Revisionsrekurs der Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 18. März 2005, GZ 2 R 1/05i-16, mit dem die einstweilige Verfügung des Handelsgerichts Wien vom 18. November 2004, GZ 10 Cg 147/04d-10, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Anträge der Revisionsrekurswerberin auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens gemäß Art 140 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof sowie auf Beantragung einer Vorabentscheidung gemäß Art 234 EGV durch den Europäischen Gerichtshof hinsichtlich des § 31c Abs 1 KSchG werden zurückgewiesen.

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen; die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die beklagte Reiseveranstalterin (= Gegnerin der gefährdeten Partei), die auch Pauschalreisen und Charterflüge anbietet, legt ihren Reiseverträgen die Allgemeinen Reisebedingungen der österreichischen Reisebüros aus dem Jahr 1992, die im Jahr 1994 an die neuen Bestimmungen des KSchG angepasst wurden (im Folgenden: ARB 1992 nF), mit geringen Abweichungen, die jedoch nicht die inkriminierte Klausel betreffen, zugrunde. Diese lautet wie folgt:

„8. Änderungen des Vertrages

8. 1. Preisänderungen

Der Veranstalter behält sich vor, den mit der Buchung bestätigten Reisepreis aus Gründen, die nicht von seinem Willen abhängig sind, zu erhöhen, sofern der Reisetermin mehr als zwei Monate nach Vertragsabschluss liegt. Derartige Gründe sind ausschließlich die Änderung der Beförderungskosten - etwa der Treibstoffkosten - der Abgaben für bestimmte Leistungen, wie Landegebühren, Ein- oder Ausschiffungsgebühren in Häfen und entsprechende Gebühren auf Flughäfen oder die für die betreffende Reiseveranstaltung anzuwendenden Wechselkurse.

Bei einer Preissenkung aus diesen Gründen ist diese an den Reisenden weiterzugeben.

Innerhalb der Zweimonatsfrist können Preiserhöhungen nur dann vorgenommen werden, wenn die Gründe hiefür bei der Buchung im Einzelnen ausgehandelt und am Buchungsschein vermerkt wurden.

.....

Eine Preisänderung ist nur dann zulässig, wenn bei Vorliegen der vereinbarten Voraussetzungen auch eine genaue Angabe zur Berechnung des neuen Preises vorgesehen ist. Dem Kunden sind Preisänderungen und deren Umstände unverzüglich zu erklären."

Die Kalkulation von Urlaubsreisen wird von allen Reiseveranstaltern unterschiedlich gehandhabt. Sie ist vor allem im Bereich der Charterflüge besonders schwierig, da die Preisbildung in diesem Fall von einer Vielzahl von unbekannten Größen beeinflusst, und der Flugpreis pro Person bei einer Zeitspanne von über einem Jahr vor Reiseantritt nur grob geschätzt wird.

Aufgrund der steigenden Rohölpreise und der damit einhergehenden Kerosinpreiserhöhungen werden den Reiseveranstaltern von den Fluglinien Preiserhöhungen vorgeschrieben. Derartige Zuschläge verrechnen die meisten Veranstalter an die Kunden weiter.

Die nach § 29 KSchG klageberechtigte Kammer (= gefährdete Partei im Folgenden: Klägerin) begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen, mit Verbandsklage geltendgemachten Unterlassungsanspruchs nach § 28 Abs 1 KSchG, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in ihren Allgemeinen Reisebedingungen, welche sie den von ihr geschlossenen Verträgen zugrundelegt und/oder in hiebei verwendeten Vertragsformblättern die oa Klausel oder sinngleiche Klauseln zu verwenden oder sich auf derartige Klauseln zu berufen, soweit sie bereits vereinbart worden sind.

Die Klausel verstoße gegen §§ 31c, 6 Abs 1 Z 5 und 6 Abs 3 KSchG sowie § 879 Abs 3 ABGB, weil die (in § 31c KSchG geforderte) genaue Angabe zur Berechnung des neuen Preises fehle, entgegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG mehrere Preisänderungsparameter vorgesehen seien (sodass nicht klar sei, welchen Anteil diese jeweils am Gesamtpreis hätten und von welchem Ausgangswert bei den einzelnen Parametern auszugehen sei), und dem Verwender (gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG verstoßend) ein ungerechtfertigter Änderungsspielraum eingeräumt werde. Durch das nicht ausreichend determinierte einseitige Gestaltungsrecht, den vereinbarten Preis nachträglich auch zum Nachteil des Verbrauchers zu ändern, sei die Klausel auch gröblich nachteilig und gemäß § 879 Abs 3 nichtig.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen.

Die ARB 1992 seien an die Novelle betreffend §§ 31c ff KSchG und an das Gewährleistungsrechts- Änderungsgesetz angepasst, im Konsumentenpolitischen Beirat des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz beraten sowie allseits und wechselseitig genehmigt und vorbehaltlos angenommen worden, woran insb die Klägerin mitgewirkt habe. Die ARB 1992 nF seien in Punkt 8.1. (Preisänderungen) inhaltsgleich mit § 31c KSchG und stimmten deckungsgleich mit den Bestimmungen der §§ 6 Abs 1 Z 5 und 6 Abs 3 KSchG sowie § 879 Abs 3 ABGB überein. Teilweise schränkten sie die Möglichkeit von Preisänderungen sogar weiter ein als diese Bestimmungen, weil die Preisänderungen nicht vom Willen des Reiseveranstalters abhängig sein dürften. Da die ARB 1992 nF auch mit der Klägerin ausverhandelt und von ihr akzeptiert worden seien, sei sie zur Klageführung nicht legitimiert; es fehle ihr an einem Rechtsschutzbedürfnis. Außerdem sei die Beklagte gemäß § 6 Abs 1 der Ausübungsvorschriften für das Reisebürogewerbe (BGBl II Nr. 401/1998) auch dann verpflichtet, die ARB in ihren Werbeunterlagen (Prospekten) abzudrucken, wenn sie diese nicht anwenden wolle. Der Sicherungsantrag der Klägerin verstoße insoweit gegen die zit Verordnung. Der Antrag der Klägerin sei damit gesetz- und sittenwidrig. Es sei nicht vorhersehbar, auf welche Art und Weise sich die Beförderungskosten oder auch Wechselkurse in Zukunft verändern werden, und daher faktisch unmöglich und unzumutbar, im Zeitpunkt der Herstellung des Kataloges oder im Buchungszeitpunkt genaue Angaben zur Berechnung eines neuen (erhöhten) Preises zu vereinbaren. Dem Reiseveranstalter könne nicht zugemutet werden, seine Preiskalkulation offenzulegen. Dem Schutzzweck des § 31c Abs 1 KSchG, nämlich nachträglich Gewinnsteigerungen des Reiseveranstalters abzuwenden, müsse es genügen, wenn eine ex post-Prüfung der Berechnungsunterlagen des Veranstalters eröffnet werde. Die Klägerin habe seit 1993 Kenntnis von den ARB. Damit habe sie zumindest konkludent das Einverständnis zu ihrem Inhalt gegeben, sodass es ihr an der Aktivlegitimation fehle. Der Unterlassunganspruch der Klägerin sei verjährt. Auch die Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung seien nicht gegeben, weil kein Interesse der Verbraucher an einer raschen Klärung bestehe. Zum Tatbestandselement der „Gefahr" habe die Klägerin nichts ausgeführt. Angesichts der für die Beklagte mit einem Austausch der Kataloge verbundenen Kosten sei der Klägerin eine Sicherheitsleistung bezüglich des Beklagten voraussichtlichen entstehenden Schadens in Höhe von zumindest EUR 700.000 aufzuerlegen.

Das Erstgericht erlies die einstweilige Verfügung betreffend den ersten Satz der beanstandeten Preisänderungsklausel, ohne der Klägerin eine Sicherheitsleistung aufzuerlegen und wies den Sicherungsantrag im Übrigen ab. Der erste Satz der Klausel enthalte die Vereinbarung einer allfälligen nachträglichen Preiserhöhung. Die nachfolgenden Ausführungsbestimmungen bzw Beschränkungen zu dieser Preisänderungsvereinbarung verwendeten einerseits bloß die verba legalia des § 31c Abs 1 bzw Abs 2 KSchG und enthielten andererseits bloß über den Wortlaut des § 31c KSchG hinausreichende weitere Preisänderungsbeschränkungen zugunsten des Kunden. Nur hinsichtlich des ersten Satzes der Klausel sei der Sicherungsantrag daher berechtigt, weil darin entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut des § 31c Abs 1 KSchG keine genauen Angaben zur Berechnung des neuen Preises enthalten seien. Damit verstoße die Beklagte im Übrigen gegen ihre eigenen Bestimmungen, weil sie sich die gesetzliche Regelung durch beinahe wörtliche Übernahme in den ARB selbst zur Vorgabe gemacht habe. Dass es schwierig sei, genaue Angaben zur Berechnung des neuen Preises zu machen, enthebe die Beklagte nicht von der entsprechenden gesetzlichen Verpflichtung. § 6 Abs 4 der Ausübungsvorschriften für das Reisebürogewerbe (BGBl II Nr. 401/1998) eröffne selbst die Möglichkeit, von den ARB abzuweichen, diese also insbesondere zu ergänzen, wozu die Beklagte im Hinblick auf § 31c KSchG bezüglich genauer Angaben zur Preisberechnung auch verpflichtet sei. Die Aktivlegitimation der Klägerin ergebe sich bereits aus der ausdrücklichen Anordnung des § 29 Abs 1 KSchG; eine widersprechende missbräuchliche schikanöse Rechtsausübung habe die Beklagten weder behauptet noch bescheinigt. Soweit die Klausel selbst nicht nur eine Preisänderungvereinbarung enthalte, sondern auch allgemeine Ausführungsbestimmungen und Preisänderungsbeschränkungen, die nahezu wortgleich dem § 31c entsprächen, sei sie unbedenklich. Einer Verjährung sei der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zugänglich und im bloßen Schweigen der Beklagten liege keine konkludente Zustimmung. Eine ex post-Kontrolle genüge dem Schutzzweck des § 31c KSchG nicht. Die Behauptung oder Bescheinigung einer Gefährdung erübrige sich nach der Gesetzeslage. Es sei jedoch konkret überhaupt wahrscheinlich, dass die Beklagte weitere Verträge auf Basis der inkriminierten Klausel abschließen werde. Eine Sicherheitsleistung komme nicht in Betracht, weil die Klägerin den geltend gemachten Anspruch bescheinigt habe und es zur Vermeidung von Druckkosten ausreiche, die inkriminierte Klausel (bzw deren ersten Satz) zu tilgen, also durchzustreichen. Eine Rückholaktion und die mit einer solchen verbundenen Rückholkosten bzw Umsatzeinbußen seien daher nicht zu befürchten. Damit liege auch kein erheblicher Eingriff in die Geschäftstätigkeit der Beklagten vor.

Über Rekurs beider Parteien änderte das Rekursgericht diesen Beschluss in Stattgebung des klägerischen Rekurses dahin ab, dass es dem Sicherungsantrag zur Gänze stattgab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Der Rekurs der Klägerin sei berechtigt, weil der gesamte Punkt 8.1. [der ARB 1992 nF] die Änderung des wesentlichen Vertragsbestandteiles „Preis" betreffe und (mit Ausnahme des nicht inkriminierten Teiles, dass es ab dem 20. Tag vor dem Abreisetermin keine Preisänderung gibt) zur Gänze dem Einwand begegne, dass gemäß § 31c Abs 1 KSchG die Vereinbarung der Befugnis des Veranstalters, das im Reisevertrag festgelegte Entgelt zu erhöhen, überhaupt nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig sei: Wenn einerseits bei Vorliegen der vereinbarten Voraussetzungen für eine Preiserhöhung [auch] eine Preissenkung vorgesehen sei und andererseits genaue Angaben zur Berechnung des neuen Preises enthalten wären, wobei wiederum ausschließlich Änderungen der Beförderungskosten, etwa der Treibstoffkosten, der Abgaben für bestimmte Leistungen, wie Landegebühren, Ein- und Ausschiffungsgebühren in Häfen und entsprechend die Gebühren auf Flughäfen, oder der für die betreffende Reiseveranstaltung anzuwendenden Wechselkurse Rechnung getragen werden dürfe. Das Fehlen derartiger genauer Angaben zur Berechnung des neuen Preises schon im Reisevertrag mache die Klausel unzulässig. Dass die Preisänderungsklausel konkret auch für sich genommen zulässige Bestandteile enthalte, wenn sie etwa als für eine Preiserhöhung in Betracht kommende Umstände auf eine Änderung der Beförderungskosten abstelle, ändere an der Unzulässigkeit der gesamten Klausel nichts; nach der herrschenden Rechtsprechung im Verbandsprozess sei für eine geltungserhaltende Reduktion, nämlich kein Raum. Es sei vielmehr die kundenfeindlichste (objektive) Auslegung der Vertragsbedingungen heranzuziehen. Daher verstoße die gesamte Preisänderungsklausel gegen § 31c Abs 1 KSchG, weil danach jede zulässige Preisänderung genaue Angaben zur Berechnung des neuen Preises im Reisevertrag erfordere.

Dem Rekurs der Beklagten komme hingegen keine Berechtigung zu. Die teilweise Verwendung des Gesetzestextes in den ARB 1992 nF könne die inkriminierte Klausel nicht unanfechtbar machen, wenn dem wesentlichen vom Gesetz geforderten Kriterium für den Fall einer Vereinbarung einer nachträglichen Erhöhung des im Reisevertrag festgelegten Entgelts nicht entsprochen werde, nämlich in diese Vereinbarung auch genaue Angaben zur Berechnung des neuen Preises aufzunehmen, wobei diese Vereinbarung wiederum nur den in § 31c Abs 1 KSchG genannten geänderten Kosten Rechnung tragen dürfe. Auch § 6 Abs 1 der Ausübungsvorschriften für das Reisebürogewerbe (BGBl II Nr „104/1998" [richtig: 401/1998]) enthalte nach der vom Berufungsgericht im Einzelnen dargestellten Rechtslage (S 15 ff der Berufungsentscheidung) weder das Recht noch die Pflicht, die ARB 1992 zur Gänze zu verwenden, also zur Vertragsgrundlage zu machen. Soweit die Beklagte auf eine Zustimmung der Klägerin zu den ARB 1992 nF im Rahmen des konsumentenpolitischen Beirats abstelle, werde übersehen, dass eine „Vereinbarung" von AGB als rechtmäßig, die eine Wahrnehmung der der Klägerin in § 29 Abs 1 KSchG gesetzlich übertragenen Aufgaben hinderte, schon deshalb nichtig wäre, weil die in § 29 Abs 1 KSchG genannten Verbände mit der Verbandsklage das öffentliche Interesse an der Durchsetzung des KSchG wahrzunehmen hätten. Nach der Judikatur genüge für die Berechtigung eines Unterlassungsanspruches nach § 28 KSchG, dass die Verwendung der unzulässigen AGB oder Formblätter drohe, wenn AGB oder Vertragsformblätter tatsächlich zum Einsatz gelangten. Davon sei das Erstgericht zutreffend ausgegangen. Die Behauptung oder Bescheinigung einer „Gefahr" sei gemäß § 30 Abs 1 KSchG entbehrlich, weil danach § 24 UWG sinngemäß gelte, sodass zur Sicherung des Unterlassungsanspruches einstweilige Verfügungen auch erlassen werden könnten, wenn die im § 381 EO bezeichneten Voraussetzungen nicht zuträfen. Die Gefährdung des Anspruches sei daher konkret nicht Voraussetzung für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Abschließend verneinte das Rekursgericht auch den gerügten Verfahrensmangel, weil abgesehen davon, dass sich die Beklagte in ihrer Äußerung auf die vermissten Bescheinigungsmittel in einer Weise berufen habe, die nicht erkennen lasse, auf welches konkrete einem Beweis zugängliche Thema welcher Beweisantrag bezogen sei (sodass das Beweisanbot den gleichen Bedenken begegne wie ein „globales"), die Beklagte im Wesentlichen ohnehin nur darauf abstelle, dass es ihr faktisch unmöglich und unzumutbar sei, bei der Katalogerstellung bzw im Buchungszeitpunkt vorherzusehen, wie sich die Beförderungskosten (etwa Treibstoffkosten) ändern werden. Gerade deshalb habe der Gesetzgeber aber ein berechtigtes Interesse des Reiseveranstalters an nachträglichen Preisänderungen, deren Berechnungsmodus in der Klausel freilich abstrakt und nachvollziehbar aufgezeigt werden müsse, anerkannt. Es müsse daher auch nicht darauf eingegangen werden, mit welchen Schwierigkeiten und unternehmerischen Risken es für den Reiseveranstalter verbunden sei, den Reisepreis zu kalkulieren: Vielmehr sei konkret nur wesentlich, dass gemäß § 31c Abs 1 KSchG für den Vertragspartner des Reiseveranstalters die Berechnung des neuen Preises nachvollziehbar sein müsse, wenn der Reiseveranstalter auf der Möglichkeit einer nachträglichen Erhöhung des bereits vereinbarten Entgelts bestehe. Wenn sich also der vereinbarte Reisepreis infolge einer Erhöhung von Kerosinkosten für den Kunden erhöhen solle, müsse klar sein, wie sich eine derartige Erhöhung auf dem Markt konkret auf den Reisepreis auswirke. Die zahlreichen in das Risiko des Reiseveranstalters fallenden kostenbestimmenden sonstigen Umstände (wie das Risiko der Auslastung der vom Reiseveranstalter gecharterten Flüge und die sich aufgrund des jeweiligen Zeitpunkts der Buchungen verändernden Flugpreise bzw die Auslastung von Kontingenten etc) seien dafür bedeutungslos. Es müsse erwartet werden, dass ein Reiseveranstalter, der in der Lage sei, frühzeitig vor Reiseantritt einen Reisepreis festzusetzen, den er auch vereinbare, auch jene Kriterien angeben könne, die zu einer möglichen Erhöhung dieses Preises führen könnten.

Auch der Beurteilung des Erstgerichtes zur beantragten Sicherheitsleistung sei zu folgen. Nach Lage der Umstände bestünden keine Bedenken wegen eines tiefgreifenden Eingriffs der einstweiligen Verfügung in die Interessen des Gegners, weil selbst nach den Ausübungsvorschriften für das Reisebürogewerbe (BGBl II Nr „104/1998" [richtig: 401/1998]) bloß ein entsprechender Hinweis auf abweichende Bestimmungen in die Werbeunterlage aufzunehmen sei.

Schon aus diesen Ausführungen ergebe sich, dass die von der Beklagten geäußerten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 31c Abs 1 KSchG vom Berufungsgericht nicht geteilt würden. Die zit Bestimmung stelle im Übrigen eine fast wörtliche Umsetzung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. 6. 1990 über Pauschalreisen dar (Art 4 Abs 4a „und genaue Angaben zur Berechnung des neuen Preises enthält ...."). Von einer faktischen Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Vereinbarung genauer Angaben zur Berechnung des neuen Preises könne daher nach Auffassung des Berufungsgerichtes keine Rede sein. Deshalb sei auch der Anregung auf Einleitung des Gesetzesprüfungs- bzw Vorabentscheidungsverfahrens nicht zu folgen.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil oberstgerichtliche Judikatur zur Frage fehle, inwieweit der Reiseveranstalter verpflichtet sei, gemäß § 31c Abs 1 KSchG schon im Reisevertrag Angaben zur Berechnung des neuen Preises zu machen, und ein Bedürfnis nach einer diesbezüglichen „Überstellung" [gemeint: Klarstellung] durch den Obersten Gerichtshof bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs der Beklagten, die weiterhin auch die Einleitung eines Gestzesprüfungs- bzw Vorabentscheidungsverfahrens beim Verfassungs- bzw beim Europäischen Gerichtshof beantragt, ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Soweit sich der Revisionsrekurs auch gegen die Zurückweisung der Anträge auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof und eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof wendet, ist er schon deshalb unzulässig, weil der Rechtsmittelwerberin diesbezüglich kein Antragsrecht zukommt; sie kann die Einleitung dieser Verfahren nur anregen (RIS-Justiz RS0054189; RS0058452; zuletzt: 10 ObS 92/04h).

Wie bereits die Revisionsrekursbeantwortung aufzeigt, beruft sich die Beklagte in dritter Instanz erstmals darauf, dass es sich bei der verwendeten Klausel nur um eine Rahmenvereinbarung handle und rügt Verfahrensmängel, die darin erblickt werden, dass das „Erstgericht- bzw Rekursgericht" Beweisanträgen der Beklagten nicht entsprochen habe.

Wenn der Revisionsrekurs (zT neuerlich) geltendmacht, es hätte die Vernehmung bestimmter Auskunftspersonen und des Geschäftsführers der Beklagten erfolgen müssen, wird jedoch übersehen, dass die daraus abgeleiteten Verfahrensmängel, die vom Gericht zweiter Instanz verneint wurden, im Revisionsrekursverfahren vom Obersten Gerichtshof nicht mehr wahrgenommen werden können (RIS-Justiz RS0043919; Kodek in Rechberger², § 528 ZPO Rz 1; 3 Ob 169-175/93; zuletzt: 1 Ob 83/04v). Aber auch dann, wenn ein Verfahrensmangel erster Instanz im Rekurs nicht gerügt wurde (was hier für die erstmals im Revisionsrekurs vermisste Einvernahme des Privat-Sachverständigen zutrifft), kann die Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz im Revisionsrekurs nicht mehr geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0012259). Auf diese Ausführungen ist daher nicht weiter einzugehen.

Gleiches gilt für die Argumentation der Revisionsrekurswerberin, mit der sie sich - wie die Klägerin zutreffend aufzeigt - erstmals darauf beruft, dass die inkriminierte Bestimmung nur die Kriterien für eine „noch zu treffende" Preisänderungsvereinbarung festlege, und dass die Klausel als rechtmäßige „Rahmenvereinbarung" zu betrachten sei; dem Vorwurf, der angefochtene Beschluss stehe mit der Rsp zur Zulässigkeit derartiger Vereinbarungen in Widerspruch, fehlt nämlich schon deshalb die Grundlage, weil im bisherigen Verfahren weder behauptet noch festgestellt wurde, dass mit der inkriminierten Vertragsbestimmung lediglich eine Rahmenvereinbarung getroffen werden sollte.

Nach dem von den Tatsacheninstanzen als bescheinigt angenommenen Sachverhalt ist vielmehr davon auszugehen, dass sich (auch) die beklagte Reiseveranstalterin mit dieser, ihren Reiseverträgen jeweils zugrunde gelegten Klausel (unter den darin genannten Voraussetzungen) Preiserhöhungen "vorbehält", deren Zulässigkeit die Beklagte bisher auch lediglich aus dem - an die neuen Bestimmungen des KSchG angepassten - Inhalt der inkriminierten Klausel abgeleitet hat. Wenn sie sich nunmehr darauf beruft, insoweit sei nur eine Rahmenvereinbarung in die ARB 1992 nF aufgenommen worden, während die „konkrete Einzelvereinbarung" erst im abzuschließenden Vertrag „separat" [wann?] zu treffen sei, entfernt sie sich somit nicht nur von der Tatsachengrundlage der angefochtenen Entscheidung, sondern auch von ihren eigenen Prozessbehauptungen.

Was aber die darüber hinausgehenden Ausführungen der Rechtsrüge (Punkt III. des Revisionsrekurses) betrifft, ist vorweg festzuhalten, dass die - zutreffende - Rechtsbeurteilung der zweiten Instanz im vorliegenden Rechtsmittel (das darauf nicht eingeht) inhaltlich gar nicht (substantiiert) bekämpft wird. Daher kann im Grunde auf deren Ausführungen verwiesen werden (§ 402 Abs 4, § 78 EO, § 528a iVm § 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO), die im Folgenden nur kurz zu ergänzen bzw zusammenzufassen sind:

Dass die Beklagte weder durch § 6 Abs 1 der Ausübungsvorschriften für das Reisebürogewerbe (BGBl II Nr 401/98) gezwungen, noch infolge (konkludenter) Zustimmung der Klägerin oder mangelnder Vorhersehbarkeit zukünftiger Veränderungen der Beförderungskosten und Wechselkurse befugt war, ihren Reiseverträgen eine gesetzwidrige Preisänderungsbestimmung zugrunde zu legen, haben die Vorinstanzen bereits dargelegt. Als Reiseveranstalterin war sie vielmehr gemäß § 31c Abs 1 KSchG verpflichtet, im Rahmen der gegenständlichen, zweiseitig auszugestaltenden Klausel, schon im Reisevertrag (auch) genaue Angaben zur Berechnung des neuen Preises zu machen (Krejci in Rummel³ II/4 § 31c KSchG Rz 1), die über das Erfordernis des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG (wonach die für die Erhöhung maßgebenden Umstände im Vertrag umschrieben sowie sachlich gerechtfertigt sein müssen und nicht vom Willen des Unternehmers abhängen dürfen [Kejci aaO § 6 KSchG Rz 72 ff]), hinausgehen: Die Beklagte hätte also exakt angeben müssen, in welcher Weise sich die in § 31c Abs 1 KSchG taxativ aufgezählten Änderungen, denen hier Rechnung getragen werden durfte, auswirken (Apathy in Schwimann² VI § 31c KSchG Rz 3 vgl dazu auch 7 Ob 190/04y und 7 Ob 222/04d über die Berechnungsparameter bei Zinsanpassungsklauseln).

Davon ausgehend erweist sich die inkriminierte, auf bereits bestehende Verträge anzuwendende Preisänderungsklausel schon deshalb als unzulässig, weil hier die Kriterien zur genauen Berechnung der Preiserhöhung (die sich der Reisveranstalter „vorbehält") im Sinn eines abstrakten Berechnungsmodus, der auch die Ausübung des Rechtes des Verbrauchers, eine Senkung des Entgelts zu fordern, ermöglichen müsste (vgl G. Graf, Welche Preisänderungsklauseln sind in Verbraucherveträgen wirksam? wbl 2005, 197 [204]), fehlen, und die reine Wiedergabe des Gesetzestextes den gesetzlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen nach § 31c Abs 1 KSchG jedenfalls nicht gerecht wird (Lindinger/Grobe, Kerosinzuschläge, RdW 2004/590, 646 ff [648]; Bläumauer, Der Kerosinzuschlag - Schranken und Hürden von Preisänderungen beim Reisevertrag, RdW 2001/426, 394 ff [396]; vgl auch die Entscheidungen des BGH vom 19. 11. 2002, X ZR 243/01 und X ZR 253/01, NJW 2003, 507 und 746 [Kerosinzuschlag I und Kerosinzuschlag II]; sowie schließlich R. Schmid, Die [intransparenten] Urteile des BGH zu den Reisepreisänderungsklauseln - Kerosinzuschlag I und II, NJW 2003, 947, wo der Genannte die dortigen Klauseln - in denen die erforderlichen [auch hier fehlenden] Angaben infolge Wiedergabe des Gesetzestextes ebenfalls nicht vorhanden waren [„... behält sich vor, die ausgeschriebenen und mit der Buchung bestätigten Preise im Falle einer Erhöhung der Beförderungskosten oder der Abgaben für bestimmte Leistungen, wie Hafen- oder Flughafengebühren oder einer Änderung der für die betreffende Reise geltenden Wechselkurse in dem Umfang zu ändern, wie sich deren Erhöhung pro Person bzw pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt ..."] - dahin qualifiziert, dass „leicht erkennbar" schon die gesetzliche Vorgabe der „genauen Angaben zur Berechnung des neuen Preises im Vertrag" gemäß § 651a III BGB nicht erfüllt ist).

Abschließend ist nur noch anzumerken, dass der Bundesgerichtshof in den beiden zitierten Entscheidungen außerdem ausgesprochen hat, die Klausel lasse (auch) unklar, welche Art von Kostensteigerungen (nämlich uU auch vor Vertragsabschluss eingetretene oder abzusehende) dem Verlangen nach einem erhöhten Reisepreis zugrunde liegen; sie sei daher mehrdeutig, unterliege der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung, verstoße gegen das Transparenzgebot und sei schon deshalb unwirksam, sodass es keiner Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung über die Auslegung der Richtlinie 90/314EWG über Pauschalreisen bedürfe (BGH vom 19. 11. 2002, X ZR 243/01 und X ZR 253/01, NJW 2003, 507 und 746 [Kerosinzuschlag I und Kerosinzuschlag II]).

Schon aus dieser Überlegung erübrigt sich die Einleitung der im Revisionsrekurs weiterhin beantragten Gesetzesprüfungs- bzw Vorabentscheidungsverfahren, weil auch die gegenständliche, unter Heranziehung ihrer kundenfeindlichsten Auslegung zu prüfende (RIS-Justiz RS0016590; RS0038205 [T4]; zuletzt: 7 Ob 172/04a mwN) Klausel, mit der sich der österreichische Reiseveranstalter die Erhöhung der mit der Buchung bestätigten Reisepreise aus Gründen vorbehält, die bestimmte (taxativ aufgezählte, nicht von seinem Willen abhängige) Änderungen betreffen, sofern (nur) „der Reisetermin mehr als zwei Monate nach Vertragsabschluss liegt", gegen das Transparenzgebot (§ 6 Abs 3 KSchG [vgl dazu Krejci aaO § 6 KSchG Rz 202 ff]) verstößt. Bleibt damit doch ebenfalls unklar, welche Art von Kostensteigerungen - nämlich uU auch solche, die vor Vertragsabschluss für den Reiseveranstalter abzusehen und daher als Risikoüberwälzung (vgl dazu: G. Graf, Welche Preisänderungsklauseln sind in Verbraucherveträgen wirksam? wbl 2005, 197 [200 f]) sachlich nicht gerechtfertigt sind (§ 6 Abs 1 Z 5 KSchG) - dem Verlangen nach einem erhöhten Reisepreis zugrunde liegen.

Der Revisionsrekurs musste daher insgesamt erfolglos bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.

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