Abgabenänderungsgesetz 2023

GesetzgebungPersonalrechtBleyerJuli 2023

ua steuerliche Erleichterung für die außerbetriebliche Nutzung leerstehender Betriebsgebäude; Steuerfreiheit von Entschädigungszahlungen an Wahlbeisitzer; Digitalisierung der Meldung von Umgründungen; Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung von Rulinganträgen; Anhebung der für die gerichtliche Zuständigkeit maßgeblichen Wertbeträge bei Finanzvergehen; Gesetzliche Verankerung der Steuerberater-Quotenregelung; Gesetzliche Verankerung des Typenvergleichs im Rahmen der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht; Abgabenrechtliche Verankerung der freiberuflichen Arzttätigkeit in Justizanstalten

Inkrafttreten

1.1.2024

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

31.7.2023

Betroffene Normen

BAO, EStG, FinStrG, GebG, KStG, UmgrStG, UStG

Betroffene Rechtsgebiete

Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer, Umgründungssteuerrecht, Verkehrsteuern & Gebühren, Finanzstrafrecht

Quelle

BGBl I 2023/110

Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022, das Alkoholsteuergesetz 2022, das Tabakmonopolgesetz 1996, das Erdgasabgabegesetz, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz, die Bundesabgabenordnung, das Bundesfinanzgerichtsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Finanzstrafzusammenarbeitsgesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Freiberuflichen-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2023 – AbgÄG 2023); BGBl I 2023/110 vom 21. 7. 2023 (AB 2138 BlgNR 27. GP ; RV 2086 BlgNR 27. GP ; 264/ME NR 27. GP )

1. Überblick

Das 41 Seiten an Gesetzestext umfassende Abgabenänderungsgesetz 2023 hat die Ziele einer weiteren Ökologisierung des Steuerrechts, einer Entlastung der Bürger, der Verwaltungsvereinfachung und Digitalisierung, der Betrugsbekämpfung und Förderung der Steuergerechtigkeit und einer Stärkung der Rechtssicherheit und Anpassung des nationalen Rechts an EU-Recht. Im Folgenden werden die wichtigsten Maßnahmen im Überblick dargestellt.

2. Änderung des EStG
2.1. Pauschale Reiseaufwandsentschädigungen für Sportler

Bei Auszahlung von pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen wurde bezüglich der Übermittlungsverpflichtung an das Finanzamt klargestellt, dass der begünstigte Rechtsträger das amtliche Formular L19 (vereinfachter Lohnzettel) nur für Steuerpflichtige zu übermitteln hat, denen er für eine nichtselbstständige Tätigkeit ausschließlich pauschale Reiseaufwandsentschädigungen ausbezahlt hat. Erhalten Steuerpflichtige pauschale Reiseaufwandsentschädigungen zusätzlich zum Arbeitslohn (zB Prämien), dann sind diese in den Lohnzettel (L16) aufzunehmen. Werden pauschale Reiseaufwandsentschädigungen nicht im Rahmen einer nichtselbstständigen Tätigkeit ausbezahlt, besteht keine Übermittlungsverpflichtung (zB für einen Schiedsrichter mit Einkünften aus Gewerbebetrieb). (§ 3 Abs 1 Z 16c EStG)

2.2. Ausweitung der Einkommensteuerbefreiung von Photovoltaikanlagen

Einkünfte natürlicher Personen aus der Einspeisung von bis zu 12.500 kWh elektrischer Energie aus Photovoltaikanlagen sind nunmehr von der Einkommensteuer befreit, wenn die Engpassleistung der jeweiligen Anlage die Grenze von 35 kWp (bislang: 25 kWp) und deren Anschlussleistung die Grenze von 25 kWp nicht überschreiten. Der (nun erhöhte) Grenzwert für die Engpassleistung wird somit künftig mit einem Grenzwert für die Anschlussleistung kombiniert. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Verbauung eines leistungsfähigeren Moduls (als 25 kWp) zur Eigenversorgung im privaten Bereich nicht zum vollständigen Entfall der Steuerbefreiung für die Überschusseinspeisung führt.

Zur Definition der Engpassleistung wird § 5 Abs 1 Z 14 des EAG und zur Definition der Anschlussleistung § 7 Abs 1 Z 2 des ElWOG 2010 herangezogen. (§ 3 Abs 1 Z 39 und § 124b Z 424 EStG; erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2023 anzuwenden)

2.3. Entschädigungszahlungen an Wahlbeisitzer

Die Tätigkeit als Mitglied einer Wahlbehörde stellt ein öffentliches Ehrenamt dar (§ 6 Abs 4 NRWO). Entschädigungen, die gemäß § 20 NRWO an Wahlbeisitzer geleistet werden, sind künftig in der gesetzlich vorgesehenen Höhe steuerfrei. Sehen andere bundesgesetzliche Regelungen für die Tätigkeit in Wahlbehörden von Gebietskörperschaften Entschädigungen vor, sollen diese ebenfalls steuerfrei sein (zB § 9 Europawahlordnung, § 2 Bundespräsidentenwahlgesetz, § 4 Volksabstimmungsgesetz). Soweit in landesgesetzlichen Regelungen, insbesondere zu Landtags- und Gemeinderatswahlen, ähnliche Entschädigungszahlungen vorgesehen sind oder werden, sollen diese ebenfalls steuerfrei bleiben können, soweit sie die bundesgesetzlich festgelegten Beträge nicht übersteigen.

In Übereinstimmung mit dem Wahlrechtsänderungsgesetz 2023, BGBl I 2023/7, tritt die Steuerbefreiung mit 1. 1. 2024 in Kraft. (§ 3 Abs 1 Z 40 und § 124b Z 424 EStG)

2.4. Steuerfreistellung von Zahlungen für E-Fahrzeuge

Zulassungsbesitzer von elektrisch betriebenen Kraftfahrzeugen können (nach den Regelungen der § 7a und § 11 der Kraftstoffverordnung) Strommengen, die für den Antrieb für elektrisch betriebene Kraftfahrzeuge produziert wurden, dazu berechtigten Unternehmen entgeltlich übertragen, die sie in weiterer Folge den Produzenten entgeltlich zur Verfügung stellen, die zur Verminderung der Treibhausgasemissionen verpflichtet sind („Emissionshandel von CO2-Zertifikaten“). Zahlungen an Zulassungsbesitzer eines nicht zu einem Betriebsvermögen gehörenden elektrisch betriebenen Kraftfahrzeuges für eine solche Übertragung von Strommengen aus erneuerbarer Energie, die als Antrieb für Kraftfahrzeuge im Bundesgebiet produziert wurden (e-Prämien bzw THG-Prämien), sind nun von der Einkommensteuer befreit. Voraussetzung ist, dass der Zulassungsbesitzer Zahlungsempfänger ist und dass im betreffenden Kalenderjahr, für das die Zahlung erfolgt, das Fahrzeug nicht dem Betriebsvermögen zugehört. Entsprechend der steuerlichen Systematik ist das der Fall, wenn das Fahrzeug überwiegend nicht für betriebliche Zwecke verwendet wird.

Die Regelung ist erstmalig ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2023 anzuwenden. (§ 3 Abs 1 Z 41 und § 124b Z 424 EStG)

2.5. Außerbetriebliche Nutzung leerstehender Betriebsgebäude

Insbesondere um die Bodenversiegelung einzudämmen, wird es steuerlich erleichtert, leerstehende Betriebsgebäude außerbetrieblich zB für eigene Wohnzwecke oder zur Vermietung zu nutzen. Die Entnahme von Gebäuden aus dem Betriebsvermögen erfolgt daher künftig – ebenso wie schon bisher die Entnahme von Grund und Boden – zum Buchwert statt zum Teilwert.

Die in § 24 Abs 6 EStG vorgesehene Regelung für die Gebäudeentnahme im Rahmen einer Betriebsaufgabe wurde zudem modifiziert. Da die Gebäudeentnahme künftig ohnehin zum Buchwert und daher steuerneutral erfolgt, ist der in § 24 Abs 6 EStG für die Betriebsaufgabe vorgesehene Antrag auf Nichterfassung der stillen Reserven des Gebäudes nicht mehr erforderlich. In den betroffenen Anwendungsfällen ist es aber möglich, anstelle des Besteuerungsaufschubs auf freiwilliger Basis eine (abschließende) Besteuerung auch der stillen Reserven des Gebäudes im Rahmen des Aufgabegewinnes herbeiführen zu können. Es kann daher beantragt werden, das Gebäude bei der Betriebsaufgabe in den in § 37 Abs 5 Z 1 bis Z 3 EStG genannten Fällen nicht mit dem Buchwert, sondern mit dem gemeinen Wert anzusetzen.

Die Änderungen sind auf Entnahmen und Betriebsaufgaben anzuwenden, die nach dem 30. 6. 2023 erfolgen. Für Betriebsaufgaben vor dem 1. 7. 2023 ist hingegen § 24 Abs 6 EStG in der Vorfassung weiterhin anzuwenden. (§ 6 Z 4, § 24 Abs 3 und Abs 6, § 30 Abs 2 Z 2 und § 124b Z 427)

2.6. Sachbezugswerteverordnung – Verordnungsermächtigung

Die Verordnungsermächtigung sieht derzeit vor, dass im Rahmen der Sachbezugswerteverordnung für die Zurverfügungstellung von Kraftfahrzeugen, Krafträdern und Fahrrädern im Interesse ökologischer Zielsetzungen Ermäßigungen und Befreiungen vorgesehen werden können. Die Ermäßigungen und Befreiungen von Kraftfahrzeugen, Krafträdern und Fahrrädern sollen jedoch nicht rein auf die Zurverfügungstellung eingeschränkt sein, sondern können künftig beispielsweise auch das Aufladen des Elektroautos beim Arbeitgeber umfassen. (§ 15 Abs 2 Z 2 EStG)

2.7. Ausweitung der Kleinunternehmerpauschalierung

Nach dem derzeitigen Wortlaut kommt die Inanspruchnahme der einkommensteuerlichen Kleinunternehmerpauschalierung dann nicht in Betracht, wenn dieser eine andere unechte Umsatzsatzsteuerbefreiung vorgeht. Davon sind zB Bausparkassen-/Versicherungsvertreter oder Ärzte betroffen, die die Kleinunternehmerpauschalierung deswegen nicht in Anspruch nehmen können, weil die für sie anwendbare Umsatzsteuerbefreiung nach § 6 Abs 1 Z 13 bzw Z 19 UStG der Anwendung des § 6 Abs 1 Z 27 UStG vorgeht. Um dieses unerwünschte Ergebnis zu vermeiden, wurde in § 17 Abs 3a Z 2 EStG klargestellt, dass es unschädlich ist, wenn die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerbefreiung deswegen nicht anwendbar ist, weil ihr eine speziellere unechte Umsatzsteuerbefreiung vorgeht, sofern bei Ausblenden dieses Umstandes die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerpauschalierung vorliegen würden. (§ 17 Abs 3a Z 2 EStG)

2.8. Freiberufliche Arzttätigkeit in Justizanstalten

Durch die Behandlung und Betreuung von Insassen in Justizanstalten ermöglichen Ärzte die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe, nämlich die Erhaltung bzw Wiederherstellung der körperlichen und geistigen Gesundheit von Insassen in Justizanstalten. Damit leisten sie einen wertvollen Beitrag zur Bewältigung einer notwendigen öffentlichen Aufgabe des Staates, die erforderlich ist, um die Sicherheit und Ordnung der Gesellschaft zu gewährleisten und wesentlich zur (Re)Sozialisierung von straffällig gewordenen Personen beiträgt. Es wird allerdings immer schwieriger, Ärzte für dieses Aufgabenfeld zu gewinnen. Sozialversicherungsrechtlich wurde daher geregelt, dass die ärztliche Behandlung der Insassen von Justizanstalten, sofern diese Tätigkeit weder den Hauptberuf noch die Hauptquelle der Einnahmen bildet, eine freiberufliche Tätigkeit darstellt. Korrespondierend zu den sv-rechtlichen Änderungen wurde im EStG gesetzlich verankert, dass Einkünfte von Ärzten für die Behandlung von Insassen von Justizanstalten, die unter den – ebenfalls mit diesem Gesetz neu eingeführten – § 2 Abs 2a Z 4 FSVG fallen, Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit darstellen. Dies kommt ab dem Veranlagungsjahr 2024 zur Anwendung. (§ 22 Z 1 lit b und § 124b Z 429 EStG)

2.9. Einlagen in das Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft

In § 32 Abs 3 EStG wurde – iSd bisherigen Verwaltungspraxis – klargestellt, dass die Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Privatvermögen und dem Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen in das Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft in einen Einlage- und einen Anschaffungsvorgang aufzuspalten ist. In diesem Zusammenhang wurde nun die Regelung des § 24 Abs 7 EStG um eine Bestimmung für einen nicht unter das UmgrStG fallenden Zusammenschluss („verunglückten“ Zusammenschluss) ergänzt, wonach es künftig nur noch zu einer anteiligen Realisierung stiller Reserven kommen soll. (§ 24 Abs 7 und § 124b Z 430 EStG; erstmals anzuwenden für Übertragungen mit einem Stichtag nach dem 30. 6. 2023)

2.10. Schaffung von gesetzlichen Bestimmungen für die Zurechnung von Dividenden

Zur Bekämpfung missbräuchlicher Gestaltungen und zur Schaffung von Rechtssicherheit wurden zudem ausdrückliche gesetzliche Bestimmungen für die Zurechnung von Dividenden sowie die Anrechnung und Rückerstattung von Kapitalertragsteuer bei zentralverwahrten Aktien aufgenommen. Inhaltlicher Anknüpfungspunkt ist die Auszahlung von Dividenden und dividendenähnlichen Zahlungen (zB aus Genussrechten) über das Wertpapierliefer- und Wertpapierabrechnungssystem eines Zentralverwahrers; in diesen Konstellationen fallen Kapitalertragsteuerabzug (bei der ausschüttenden Körperschaft) und Auszahlung der Dividende (über den Zentralverwahrer an die einzelnen Banken bzw weiter an deren Kunden) auseinander, wodurch Geschäfte rund um den für die Dividendenberechtigung maßgeblichen Stichtag einerseits technischen Anpassungsbedarf auslösen, andererseits die praktische Handhabung der steuerlichen Zurechnung erschweren bzw Missbrauchspotenzial eröffnen. Daher wird für diese Fälle die Zurechnung der Dividende künftig den Börseusancen entsprechend auf das wirtschaftliche Eigentum am „Record-Tag“ abgestellt; so wird jener Tag bezeichnet, an dem der Zentralverwahrer die Anspruchsberechtigung feststellt.

Die Neuregelung ist dabei erstmals für Zahlungen anzuwenden, deren Record-Tag nach dem 30. 6. 2023 liegt. (§ 32 Abs 4 und § 124b Z 431 EStG)

2.11. Schaffung einer Generalnorm betreffend Antragstellung und Ausübung von Wahlrechten

Derzeit sind im Ertragsteuerrecht zahlreiche unterschiedliche Bestimmungen für das Stellen von Anträgen und die Ausübung von Wahlrechten vorgesehen, die in der Verwaltungspraxis nicht einheitlich interpretiert werden. Im Sinne der Rechtssicherheit und der Rechtsvereinheitlichung wurde nun eine Generalnorm in § 39 Abs 4 EStG geschaffen, die weitestgehend die bisherige Praxis zusammenführt und auch für das KStG 1988 sowie das UmgrStG maßgeblich ist, soweit keine spezielleren Bestimmungen vorgesehen sind. (§ 39 Abs 4, § 1 Abs 4, § 5 Abs 2, § 6 Z 6 lit c, § 10 Abs 7, § 11 Abs 6, § 17 Abs 2, § 27 Abs 6 Z 1 lit a, § 30 Abs 7, § 37 Abs 4, § 97 Abs 2 und § 124b Z 423 EStG; erstmalig bei der Veranlagung für 2023 anzuwenden)

2.12. Ergänzung der Pflichtveranlagungstatbestände

Die Pflichtveranlagungstatbestände wurden ergänzt, sodass in folgenden Fällen ein Pflichtveranlagungstatbestand vorliegt:

  • Die Voraussetzungen für die Auszahlung von steuerfreien pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen an Sportler, Schiedsrichter oder Sportbetreuer liegen nicht vor bzw die Betragsgrenzen wurden überschritten (§ 3 Abs 1 Z 16c EStG)
  • Die Voraussetzungen für die steuerfreie Behandlung von Zuschüssen oder sonstigen Leistungen von Sozialfonds liegen nicht vor bzw die Betragsgrenzen wurden überschritten (§ 3 Abs 1 Z 38 EStG)

(§ 41 Abs 1 Z 16 und § 42 Abs 1 Z 3 EStG)

2.13. Pauschaler Netto-Abzugsteuersatz bei Einkünften beschränkt Steuerpflichtiger

Der pauschale Netto-Abzugsteuersatz soll bei Einkünften beschränkt Steuerpflichtiger gemäß §§ 99 und 70 Abs 2 Z 2 zu keiner höheren durchschnittlichen Belastung als bei Veranlagung führen und orientiert sich daher grundsätzlich am Eingangssteuersatz; dementsprechend wurde er nun auf 20 % gesenkt. Der 20 %-ige Netto-Abzugsteuersatz gilt jedoch nur für zugeflossene Einkünfte, die einen Betrag von € 20.000,- im Kalenderjahr nicht übersteigen. Für diesen Betrag übersteigende Einkünfte(teile) gilt weiterhin ein höherer Netto-Abzugsteuersatz von 25 %, um die Steuerbelastung bei höheren Einkünften der durchschnittlichen Belastung bei Veranlagung zum progressiven Tarif anzunähern.

Für Körperschaften entspricht gemäß § 100 Abs 1a Z 1 EStG in den Fällen der Netto-Abzugsbesteuerung gemäß § 99 Abs 2 Z 2 EStG der Abzugsteuersatz dem jeweiligen Körperschaftsteuersatz (24 % für 2023, 23 % ab 2024).

Diese Regelungen treten mit 1. 7. 2023 in Kraft und sind erstmalig für Einkünfte anzuwenden, die nach dem 30. 6. 2023 zufließen. (§ 70 Abs 2 Z 2, § 100 Abs 1 und 1a, § 102 Abs 1 und § 124b Z 432 EStG)

2.14. Verrechnung von Auftraggeberhaftungs-Zahlungen

Mit Erkenntnis vom 3. 4. 2019, Ro 2017/15/0027, ARD 6657/12/2019, hat der VwGH in einer Revisionssache betreffend Auftraggeberhaftungs-Zahlungen gemäß § 82a EStG entschieden, dass derartige Zahlungen nicht mehr – wie von der Finanzverwaltung bis dahin vertreten – nach den Verrechnungsregeln der BAO gemäß § 214 Abs 1 BAO auf Saldo verbucht werden dürfen, sondern eingeschränkt nur mit Forderungen auf Lohnabgaben verrechnet werden dürften. Aus diesem Grund erfolgte nun eine Präzisierung bzw Ergänzung der Regelung in dem Sinn, dass explizit vorgesehen wird, dass zwar vorrangig auf Lohnabgaben zu verrechnen ist, bei Vorhandensein anderer Rückstände aber in weiterer Folge auch auf diese verbucht werden kann. (§ 82a EStG)

2.15. Übermittlungsverpflichtung der gesetzlichen SV-Träger bei Anwendung des NeuFöG

Die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung haben gemäß § 89 Abs 6 EStG den Abgabenbehörden des Bundes den Namen, die Wohnanschrift und die Versicherungsnummer der an- und abgemeldeten Dienstnehmer zu übermitteln. Wenn vom Arbeitgeber die Befreiung von bestimmten Lohnabgaben und Lohnnebenkosten nach § 1 Z 7 NeuFöG in Anspruch genommen wird, indem der Betriebsinhaber bei der Sozialversicherung mittels amtlichem Vordruck oder elektronisch die Neugründung erklärt, werden künftig auch die Abgabenbehörden des Bundes darüber informiert. Dadurch soll die Inanspruchnahme des NeuFöG durch Scheinunternehmen verhindert werden. (§ 89 Abs 6 EStG)

2.16. Ermöglichung einer digitalen KESt-Befreiungserklärung

Im Bereich der Besteuerung von Kapitalvermögen erfolgte eine Modernisierung von technischen Prozessen, indem die bisherige analoge KESt-Befreiungserklärung durch eine vollelektronische Datenübermittlung zwischen den abzugsverpflichteten Kreditinstituten und der Finanzverwaltung („Digitale Befreiungserklärung“) ersetzt wird.

Die Regelung über die digitale Befreiungserklärung tritt mit 1. 1. 2025 in Kraft und ist erstmalig für digitale Datenübermittlungen anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2024 erfolgen. (§ 94 Z 5, Z 12 und Z 15, § 95 Abs 3 Z 2 und § 124b Z 433 EStG)

3. Änderung des UStG

3.1. USt-Schuld kraft Rechnungslegung

Aufgrund des Urteils des EuGH vom 8. 12. 2022, C-378/21 P-GmbH, wurden die Regelungen über das Entstehen der Umsatzsteuerschuld kraft Rechnung angepasst. Voraussetzung für den Entfall der Steuerschuld ist dem EuGH zufolge, dass keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt, weil die Leistung ausschließlich an Endverbraucher erbracht wurde, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. In einem solchen Fall ist eine Berichtigung der Rechnung für den Entfall der Steuerschuld nicht erforderlich. (§ 11 Abs 12 UStG)

4. Änderung der BAO

4.1. Steuerberater-Quotenregelung

Gemäß dem neuen § 134a Abs 1 BAO können künftig Abgabenerklärungen iSd § 134 BAO eines von einem berufsmäßigen Parteienvertreter (oder von einem berechtigten Revisionsverband) vertretenen Abgabepflichtigen bis längstens 31. 3. des auf den Veranlagungszeitraum zweitfolgenden Kalenderjahres eingereicht werden. Voraussetzung dafür ist, dass der berufsmäßige Parteienvertreter (der berechtigte Revisionsverband) zum Zeitpunkt der Abgabe der Abgabenerklärung über eine aufrechte Vertretungsvollmacht verfügt. Dies betrifft Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer sowie die Feststellung der Einkünfte (§ 188 BAO). Diese bundesgesetzlich festgelegte Frist ist wiedereinsetzbar und kann ausschließlich im Rahmen einer automationsunterstützten Quotenregelung mit Zwischenfristen in Anspruch genommen werden. Wird die Quotenregelung in Anspruch genommen, sind § 134 und § 135 BAO nicht anzuwenden.

§ 134a Abs 2 BAO schließt bloße „Arbeitnehmerveranlagungen“ von der automationsunterstützten Quotenregelung aus: § 134a Abs 1 BAO ist auf Einkommensteuererklärungen nicht anzuwenden, wenn diese ausschließlich Einkünfte iSd § 2 Abs 3 Z 4 EStG enthalten, für die die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer) erhoben worden ist oder zu erheben gewesen wäre.

Gemäß § 134a Abs 3 BAO kann das zuständige Finanzamt die Frist bis zum 31. 3. des auf den Veranlagungszeitraum zweitfolgenden Kalenderjahres einheitlich für alle bei diesem von einem berufsmäßigen Parteienvertreter (einem berechtigten Revisionsverband) im Rahmen der automationsunterstützten Quotenregelung noch einzureichenden Abgabenerklärungen bis 30. 6. des auf den Veranlagungszeitraum zweitfolgenden Kalenderjahres verlängern. Kommt es zu dieser Verlängerung, sind § 134 und § 135 BAO nicht anzuwenden.

Gemäß § 134a Abs 4 BAO können die in § 134a Abs 1 und Abs 3 BAO genannten Fristen vom BMF bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die eine längere generelle Frist rechtfertigen, mit Verordnung erstreckt werden. Der BMF kann damit sowohl die allgemeine Frist (31. 3. des auf den Veranlagungszeitraum zweitfolgenden Kalenderjahres) als auch die Verlängerungsfrist (30. 6. des auf den Veranlagungszeitraum zweitfolgenden Kalenderjahres) erstrecken.

§ 134a tritt mit 1. 1. 2024 in Kraft und ist erstmalig auf Abgabenerklärungen anzuwenden, die einen Veranlagungszeitraum betreffen, der nach dem 31. 12. 2022 beginnt. (§ 134a und § 323 Abs 77 BAO)

4.2. Elektronische Übermittlung von Rulinganträgen

Auskunftsbescheide gemäß § 118 BAO sind ab 1. 1. 2024 lediglich über FinanzOnline einzubringen. Die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung besteht jedoch lediglich für Abgabepflichtige, die zum Zeitpunkt der Antragstellung über eine inländische Steuernummer verfügen. (§ 118 Abs 4 und § 323 Abs 76 BAO; tritt mit 1. 1. 2024 in Kraft)

4.3. Verwaltungsvereinfachung für Landes- und Gemeindeabgaben

Ländern und Gemeinden wird eine Verwaltungsvereinfachung ermöglicht, indem zukünftig Abgaben im Ausmaß von höchstens € 300,- durch eine formlose Zahlungsaufforderung vorgeschrieben werden können. (§ 198a und § 203a, § 323 Abs 76 BAO; treten mit 1. 1. 2024 in Kraft)

5. Änderung des FinStrG

5.1. Verlängerung der Verjährungsfrist

Die Verjährungsfrist für besonders schwerwiegende Finanzvergehen wird an die Verjährungsfrist für vergleichbare Straftaten nach dem StGB angeglichen: Die Verjährungsfrist für den Abgabenbetrug mit einem € 500.000,- übersteigenden strafbestimmenden Wertbetrag und für den grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetrug beträgt künftig 10 Jahre (bislang: 5 Jahre). (§ 31 Abs 2 FinStrG)

5.2. Anhebung der für die gerichtliche Zuständigkeit maßgeblichen Wertbeträge

Durch die Anpassung der für die Zuständigkeit des Gerichts zur Ahndung von Finanzvergehen maßgeblichen strafbestimmenden Wertbeträge wird der Geldwertentwicklung und der nunmehr bundesweiten Zuständigkeit der Finanzstrafbehörden Rechnung getragen:

Das Gericht ist nun zur Ahndung von Finanzvergehen zuständig, wenn das Finanzvergehen vorsätzlich begangen wurde und der maßgebliche Wertbetrag, nach dem sich die Strafdrohung richtet (strafbestimmender Wertbetrag) € 150.000,- (bislang: € 100.000,-) übersteigt oder wenn die Summe der maßgeblichen strafbestimmenden Wertbeträge aus mehreren zusammentreffenden vorsätzlich begangenen Finanzvergehen € 150.000,- übersteigt und alle diese Vergehen in die sachliche Zuständigkeit derselben Finanzstrafbehörde fielen.

An die Stelle des Wertbetrages von € 150.000,- tritt in folgenden Fällen der Wertbetrag von € 75.000,- (bislang: € 50.000,-):

  • des Schmuggels und der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben,
  • der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 FinStrG mit Sachen oder mit Erzeugnissen aus Sachen, hinsichtlich derer ein Schmuggel, eine Verzollungsumgehung oder eine Verkürzung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben begangen wurde.

(§ 53 Abs 1 und 2 FinStrG)

6. Änderung des ASVG und FSVG

Entgelte aus der nebenberuflichen ärztlichen Behandlung von Insassen einer Justizanstalt werden vom Entgeltbegriff des ASVG ausgenommen, zumal diese Tätigkeit auch im Rahmen eines freien Dienstvertrages erbracht wird.

Unter einem wurde die Unfall- und Pensionsversicherung der Ärzte nach dem FSVG um diese nebenberufliche Tätigkeit in Justizanstalten erweitert, sodass künftig Einkünfte aus den einschlägigen Behandlungen die Beitragspflicht nach diesem SV-Gesetz begründen. (§ 49 Abs 3 Z 26b ASVG und § 2 Abs 2a Z 4 FSVG)

Weiters wurde gesetzlich klargestellt, welche Datenarten dem Sozialressort zur Verarbeitung zur Verfügung stehen sollen und unerlässlich zur Erfüllung seiner Aufgaben nach dem ASVG und anderen Bundesgesetzen sind. (§ 460f ASVG)

 



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