VwGH Ro 2016/04/0008

VwGHRo 2016/04/000811.5.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler, die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision des M S in W, vertreten durch Dr. Michael Buresch und Mag. Dr. Ilse Korenjak, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Gußhausstraße 6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 21. Dezember 2015, Zlen. VGW-221/037/5236/2015/A, VGW- 221/037/5238/2015/A-9, betreffend Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien - Magistratsabteilung 63; mitbeteiligte Partei: E OG in W, vertreten durch die Dr. Reinitzer Rechtsanwalts KG in 1060 Wien, Theobaldgasse 15/21), zu Recht erkannt:

Normen

32006L0123 Dienstleistungs-RL Art10 Abs4;
32006L0123 Dienstleistungs-RL Art10 Abs6;
32006L0123 Dienstleistungs-RL Art13 Abs6;
62005CJ0432 Unibet VORAB;
62014CJ0293 Hiebler VORAB;
AVG §13 Abs3;
AVG §8;
B-VG Art18 Abs1;
B-VG Art18;
EURallg;
GewO 1994 §120 Abs1;
GewO 1994 §121 Abs1 Z4;
GewO 1994 §121 Abs1a Z2;
GewO 1994 §121 Abs1a;
GewO 1994 §125 Abs3;
GewO 1994 §125 Abs4;
GewO 1994 §339 Abs3;
GewO 1994 §339;
GewO 1994 §340 Abs1;
GewO 1994 §340 Abs2;
GewO 1994 §340 Abs2a;
GewO 1994 §340 Abs3;
GewO 1994 §340;
GewO 1994 §5 Abs1;
GewO 1994 §94 Z55;
GewO 1994 §95 Abs1;
StGG Art6;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionsbeantwortung der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1 1. Am 7. Jänner 2015 übermittelte der Revisionswerber an die Magistratsabteilung 63 des Magistrates der Stadt Wien (im Folgenden: Behörde) ein E-Mail mit dem Betreff der Bewerbung auf die Erteilung eines Gewerbescheins für das Rauchfangkehrergewerbe. Darin führte der Revisionswerber wie folgt aus:

"Hiermit bewerbe ich mich um die freigewordene Gewerbeberechtigung im Gewerbe Rauchfangkehrer, des verstorbenen (C E) im 22ten Wiener Gemeindebezirk."

Weiters waren die Kontaktdaten - samt Standort - des C E und die Kontaktdaten des Revisionswerbers angegeben.

2 Am 23. Februar 2015 erstattete die E OG (mitbeteiligte Partei) bei der Behörde eine Gewerbeanmeldung (unter Beifügung der erforderlichen Beilagen) für das Rauchfangkehrergewerbe, beschränkt auf den 22. Wiener Gemeindebezirk. Standort war derjenige des verstorbenen C E. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer der E OG war A R vorgesehen, Gesellschafter war neben A R noch G E, der Bruder des verstorbenen C E.

3 Im Hinblick auf diese Gewerbeanmeldung ersuchte die Behörde die Wirtschaftskammer Wien am 24. Februar 2015, ein Gutachten zur Frage des Bedarfes nach der beabsichtigten Gewerbeausübung abzugeben. Mit Schreiben vom 25. Februar 2015 teilte die Landesinnung Wien der Rauchfangkehrer (im Folgenden: Landesinnung) mit, dass die wirtschaftliche Lebensfähigkeit des Betriebes (der E OG) gewährleistet erscheine und das Vorliegen eines Bedarfes im Sinne von § 121 Abs. 1 Z 4 in Verbindung mit Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) zu bejahen sei.

4 Am 9. März 2015 langte bei der Behörde eine Gewerbeanmeldung des Revisionswerbers ein. Im Zuge einer persönlichen Vorsprache am 10. März 2015 gab der Revisionswerber an, dass er damit seine bereits am 7. Jänner 2015 gemachte Eingabe präzisiere, die benötigten Unterlagen beilege und einen geänderten Standort in 1220 Wien benenne.

5 Am 11. März 2015 ersuchte die Behörde die Wirtschaftskammer Wien hinsichtlich dieser Gewerbeanmeldung ebenfalls um Erstellung eines Gutachtens. Mit Schreiben vom 12. März 2015 teilte die Landesinnung unter Verweis auf ihre Stellungnahme vom 25. Februar 2015 mit, dass - da der Bedarf für die E OG bereits bejaht worden sei - für eine weitere Gewerbeanmeldung im

22. Bezirk kein Bedarf vorhanden sei.

6 2. Mit Bescheid vom 31. März 2015 stellte die Behörde gemäß § 340 GewO 1994 fest, dass die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes Rauchfangkehrer hinsichtlich der nach § 120 Abs. 1 GewO 1994 ausgeübten Tätigkeiten beschränkt auf den

22. Wiener Gemeindebezirk durch den Revisionswerber im von ihm benannten Standort vorlägen (Spruchpunkt 1). Weiters stellte sie gemäß § 340 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit § 121 Abs. 1 Z 4 GewO 1994 (in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 48/2015) fest, dass die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes Rauchfangkehrer hinsichtlich der nach § 120 Abs. 1 GewO 1994 ausgeübten Tätigkeiten beschränkt auf den 22. Wiener Gemeindebezirk durch die E OG in dem von dieser benannten Standort nicht vorlägen, und untersagte die Gewerbeausübung; unter einem wurde gemäß § 345 Abs. 1 und 5 GewO 1994 festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes durch den Geschäftsführer A R nicht vorlägen, und die Gewerbeausübung durch diesen untersagt (Spruchpunkt 2).

7 Sowohl die E OG als auch der Revisionswerber, die beide eine Gewerbeanmeldung für den 22. Wiener Gemeindebezirk erstattet hätten, würden - so die Behörde - die persönlichen Voraussetzungen für die Gewerbeausübung erfüllen. Nach dem Gutachten der Landesinnung bestehe lediglich Bedarf für ein Rauchfangkehrergewerbe. Die beiden Gewerbeanmeldungen würden einander im Hinblick auf die Bedarfslage ausschließen. Die Behörde ging davon aus, dass eine Konstellation wie die vorliegende eine (notwendige) Verwaltungsverfahrensgemeinschaft der Mitbewerber hinsichtlich der Ermessensübung bei der Bedarfsdeckung begründe. Es sei daher über die Anträge in einem Bescheid abzusprechen. Da die Gewerbeordnung 1994 keine Kriterien für die Auswahl enthalte, sei dem Antrag des Revisionswerbers als (zeitlich) prioritär eingelangt der Vorzug zu geben.

8 3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 21. Dezember 2015 wurde der dagegen erhobenen Beschwerde der E OG Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid aufgehoben (Spruchpunkt I).

Das Verwaltungsgericht stellte 1. gemäß § 340 Abs. 3 GewO 1994 fest, dass die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes Rauchfangkehrer "hinsichtlich der in § 120 Abs. 1 GewO umschriebenen Tätigkeiten (nämlich für das Reinigen, Kehren und Überprüfen von Rauch- und Abgasfängen, von Rauch- und Abgasleitungen sowie von den dazugehörigen Feuerstätten, soweit die Antragstellerin durch landesrechtliche Vorschriften zu sicherheitsrelevanten Tätigkeiten, insbesondere Tätigkeiten der Feuerpolizei, Baupolizei oder vergleichbaren Tätigkeiten, wie Überprüfungen und damit in Zusammenhang stehenden Maßnahmen zur unmittelbaren Gefahrenabwehr, verpflichtet wird)" beschränkt auf den 22. Wiener Gemeindebezirk durch den Revisionswerber in dem von ihm benannten Standort nicht vorliegen würden, und untersagte die Gewerbeausübung.

Gemäß § 340 Abs. 1 und 2 GewO 1994 wurde 2. festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes Rauchfangkehrer "hinsichtlich der in § 120 Abs. 1 GewO umschriebenen Tätigkeiten (nämlich für das Reinigen, Kehren und Überprüfen von Rauch- und Abgasfängen, von Rauch- und Abgasleitungen sowie von den dazugehörigen Feuerstätten, soweit die Antragstellerin durch landesrechtliche Vorschriften zu sicherheitsrelevanten Tätigkeiten, insbesondere Tätigkeiten der Feuerpolizei, Baupolizei oder vergleichbaren Tätigkeiten, wie Überprüfungen und damit in Zusammenhang stehenden Maßnahmen zur unmittelbaren Gefahrenabwehr, verpflichtet wird)" beschränkt auf den 22. Wiener Gemeindebezirk durch die E OG in dem von ihr benannten Standort vorliegen würden; in sinngemäßer Anwendung des § 340 Abs. 4 GewO 1994 wurde weiters festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes durch den Geschäftsführer A R vorliegen würden.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für zulässig erklärt (Spruchpunkt II).

9 3.1. Das Verwaltungsgericht stellte die Inhalte der Beschwerde und der Stellungnahme des Revisionswerbers sowie die Ergebnisse der durchgeführten mündlichen Verhandlung dar. Festgestellt wurde, dass C E Inhaber einer Gewerbeberechtigung "Rauchfangkehrer, hinsichtlich der nach § 120 Abs. 1 GewO 1994 ausgeübten Tätigkeiten beschränkt auf den 22. Wiener Gemeindebezirk" in einem näher bezeichneten Standort gewesen und am 1. Jänner 2015 verstorben sei. Das Fortbetriebsrecht der Verlassenschaft habe am 12. Februar 2015 mit der Einantwortung der Verlassenschaft an den Bruder des Verstorbenen (G E) geendet. Sowohl die E OG als auch der Revisionswerber hätten eine Gewerbeanmeldung erstattet.

10 3.2. Im Hinblick auf das Vorbringen des Revisionswerbers, wonach der E OG in jenem Verfahren, in dem über die Anmeldung des Revisionswerbers abgesprochen worden sei, keine Parteistellung zukomme, verwies das Verwaltungsgericht - wie auch schon die Behörde - auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. August 1994, 90/10/0129, betreffend die Verfahrensgemeinschaft im ähnlich gelagerten Bereich des Apothekenrechts. Ausgehend davon gelangte das Verwaltungsgericht zur Ansicht, dass bei gleichzeitig anhängigen konkurrierenden bedarfsgebundenen Gewerbeanmeldungen auch im Konzessionsverfahren für das Gewerbe des Rauchfangkehrers die Bildung einer Verfahrensgemeinschaft (nach dem Vorbild des Apothekenrechts) zur Gewährleistung eines vollen Rechtsschutzes erforderlich sei. Da die Behörde über beide konkurrierenden Anträge in einem einzigen Bescheid abgesprochen habe, könne die Beschwerdelegitimation der E OG nicht verneint werden.

11 3.3. Zur inhaltlichen Entscheidung der Behörde führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Anwendung des zum Apothekenrecht entwickelten Prioritätsprinzips auf den gegenständlichen Fall fraglich sei. Im vorliegenden Fall sei hinsichtlich der Anmeldung der E OG ein "langjährig eingeführtes" Unternehmen mit einer vollständigen Infrastruktur vorhanden, während der Revisionswerber ein solches erst aufbauen müsse. Im Hinblick auf die Regelung des § 122 Abs. 2 GewO 1994 (betreffend die Vorgehensweise bei Einstellung der Gewerbeausübung) ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Gewerbeordnung 1994 Wert auf Kontinuität und auf Gewährleistung einer durchgehenden feuerpolizeilichen Betreuung durch (intakte) Betriebe lege (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 19. März 1975, 1781/74). Daher erscheine eine Zugrundelegung der Priorität der Gewerbeanmeldung nicht angebracht.

12 3.4. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes komme der Anmeldung der E OG aber auch bei Anwendung des Prioritätsprinzips Vorrang zu. Dem E-Mail des Revisionswerbers vom 7. Jänner 2015 seien weder Angaben zum Standort und zum Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zu entnehmen noch die erforderlichen Unterlagen beigeschlossen gewesen. Der Revisionswerber habe erst am 9. bzw. 10. März 2015 eine förmliche Gewerbeanmeldung eingebracht, während die E OG bereits am 23. Februar 2015 eine allen förmlichen Anforderungen genügende Gewerbeanmeldung erstattet habe. Nach § 340 Abs. 1 vierter Satz GewO 1994 gelte als Tag der Gewerbeanmeldung jener Tag, an dem alle erforderlichen Nachweise bei der Behörde eingelangt seien. Ein fehlender Nachweis bzw. eine fehlende Voraussetzung sei ein Mangel, der nicht im Wege eines Verbesserungsverfahrens beseitigt werden könne. Im Hinblick darauf sei das am 7. Jänner 2015 übermittelte Anbringen des Revisionswerbers nicht als eine die Entscheidungspflicht der Behörde auslösende Gewerbeanmeldung und damit auch nicht als prioritär anzusehen.

13 Dem Vorbringen des Revisionswerbers, die Behörde hätte ihn im Rahmen der Manuduktionspflicht anleiten müssen, hielt das Verwaltungsgericht entgegen, die Behörde müsse die Verfahrensparteien nicht dahingehend unterweisen, wie diese den Inhalt einer Gewerbeanmeldung zu gestalten hätten, um den angestrebten Erfolg zu erzielen.

14 3.5. Zum Vorbringen des Revisionswerbers, es sei bekannt geworden, dass nach Ende des Fortbetriebsrechts eine der E OG zurechenbare Verwaltungsübertretung begangen worden sei, und es liege der Verdacht nahe, dass die E OG generell das Unternehmen des verstorbenen C E fortgeführt habe, führte das Verwaltungsgericht aus, von Seiten der E OG sei glaubhaft angegeben worden, dass in Einzelfällen sicherheitsrelevante Arbeiten auch nach Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens durchgeführt worden seien. Dies stelle keinen Grund dar, die Gewerbeberechtigung nicht zuzusprechen. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch die E OG vorlägen, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

15 3.6. Da höchstgerichtliche Entscheidungen zur Zulässigkeit der Bildung von Verfahrensgemeinschaften betreffend das Rauchfangkehrergewerbe nicht vorlägen, sei die ordentliche Revision zuzulassen.

16 4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision.

17 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie beantragt, der Revision keine Folge zu geben.

18 Die Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie beantragt, der Revision Folge zu geben und das angefochtene Erkenntnis aufzuheben.

II.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

19 1. Die Revision ist schon im Hinblick auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtes zur Verfahrensgemeinschaft zulässig.

2. Rechtslage

20 2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194 in der durch BGBl. I Nr. 48/2015 geänderten Fassung, lauten auszugsweise:

"2. Einteilung der Gewerbe

§ 5. (1) Soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt, dürfen Gewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und der bei einzelnen Gewerben vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§ 339) ausgeübt werden.

...

b) Fortbetriebsrechte

§ 41. (1) Das Recht, einen Gewerbebetrieb auf Grund der Gewerbeberechtigung einer anderen Person fortzuführen (Fortbetriebsrecht), steht zu:

1. der Verlassenschaft nach dem Gewerbeinhaber;

...

§ 42. (1) Das Fortbetriebsrecht der Verlassenschaft entsteht mit dem Ableben des Gewerbeinhabers. Der Vertreter der Verlassenschaft hat jedoch ohne unnötigen Aufschub der Bezirksverwaltungsbehörde den Fortbetrieb anzuzeigen (§ 345 Abs. 1).

(2) Das Fortbetriebsrecht der Verlassenschaft endet:

1. mit der Beendigung der Verlassenschaftsabhandlung durch

Einantwortung;

...

Rauchfangkehrer

§ 120. (1) Einer Gewerbeberechtigung für das Rauchfangkehrergewerbe (§ 94 Z 55) bedarf es für das Reinigen, Kehren und Überprüfen von Rauch- und Abgasfängen, von Rauch- und Abgasleitungen sowie von den dazugehörigen Feuerstätten. Insoweit Rauchfangkehrer durch landesrechtliche Vorschriften zu sicherheitsrelevanten Tätigkeiten, insbesondere Tätigkeiten der Feuerpolizei, Baupolizei oder vergleichbaren Tätigkeiten, wie Überprüfungen und damit in Zusammenhang stehenden Maßnahmen zur unmittelbaren Gefahrenabwehr, verpflichtet werden, bedürfen sie dafür der Niederlassung in Österreich. Im Übrigen bedarf es für das Reinigen und das wartungsbedingte Kehren sowie für Tätigkeiten gemäß Abs. 2 bis 5 keiner Niederlassung in Österreich und sind diese nicht als sicherheitsrelevante Tätigkeiten im Sinne des zweiten Satzes anzusehen.

...

Besondere Voraussetzungen

§ 121. (1) Das Rauchfangkehrergewerbe darf nur von

natürlichen Personen oder eingetragenen Personengesellschaften,

deren persönlich haftende Gesellschafter natürliche Personen sind,

ausgeübt werden. Die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes

erfordert weiters

1. bei natürlichen Personen die Staatsangehörigkeit einer

EWR-Vertragspartei und ihren Wohnsitz in einem EWR-Vertragsstaat,

2. bei eingetragenen Personengesellschaften die

Staatsangehörigkeit einer EWR-Vertragspartei der Mitglieder der

zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe oder der

geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Gesellschafter und

deren Wohnsitz in einem EWR-Vertragsstaat.

(1a) Die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes erfordert

hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Sinne des

§ 120 Abs. 1 zweiter Satz weiters

1. dass der Anmelder nicht schon im selben oder in zwei

verschiedenen Kehrgebieten das Rauchfangkehrergewerbe als

Gewerbeinhaber ausübt oder als Geschäftsführer oder

Filialgeschäftsführer im Rauchfangkehrergewerbe tätig ist, und

2. das Vorliegen eines Bedarfes nach der beabsichtigten

Gewerbeausübung.

(2) Bei der Feststellung des Bedarfes ist vom gegenwärtigen und dem zu erwartenden Bedarf auszugehen.

...

Geschäftsführer, Einstellen oder Ruhen der Ausübung

§ 122. (1) ...

(2) Der Rauchfangkehrer hat in den Fällen der Einstellung der Gewerbeausübung oder ihres Ruhens durch mehr als zwei Monate für die Fortführung der notwendigen Arbeiten durch einen anderen Gewerbetreibenden Sorge zu tragen. Wenn dies dem Gewerbetreibenden nicht möglich ist, hat die Behörde einen anderen Gewerbetreibenden mit der Durchführung der Arbeiten zu beauftragen; § 123 Abs. 3 gilt sinngemäß. Der Rauchfangkehrer hat die Einstellung der Gewerbeausübung oder ihr Ruhen durch mehr als zwei Monate der Behörde sechs Wochen vorher anzuzeigen.

Gebietsweise Abgrenzung

§ 123. (1) Der Landeshauptmann hat durch Verordnung eine gebietsweise Abgrenzung für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Sinne des § 120 Abs. 1 zweiter Satz zu verfügen. In dieser Verordnung sind die Grenzen der Kehrgebiete so festzulegen, dass die sicherheitsrelevanten Aufgaben entsprechend wahrgenommen werden können und dass innerhalb eines Kehrgebietes die wirtschaftliche Lebensfähigkeit von mindestens zwei Rauchfangkehrerbetrieben mit sicherheitsrelevanten Aufgaben mit mindestens je zwei hauptberuflich beschäftigten Arbeitnehmern gewährleistet ist. ...

(2) Die Gewerbeanmeldungen für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes haben hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Sinne des § 120 Abs. 1 zweiter Satz die Ausführung dieser Tätigkeiten auf das betreffende Kehrgebiet einzuschränken. ...

...

Höchsttarife, Verfahrensbestimmungen für das sicherheitsrelevante Tätigkeiten umfassende Rauchfangkehrergewerbe, Information

§ 125. ...

(3) Mit der Gewerbeausübung darf der Anmelder insoweit, als die Gewerbeanmeldung sicherheitsrelevante Tätigkeiten im Sinne des § 120 Abs. 1 zweiter Satz umfasst, erst mit der Rechtskraft des Bescheides gemäß § 340 Abs. 2a beginnen. Nur Gewerbetreibende, deren Gewerbeberechtigung die bescheidmäßige Ermächtigung zur Durchführung sicherheitsrelevanter Tätigkeiten gemäß § 120 Abs. 1 zweiter Satz umfasst, dürfen die Bezeichnung ‚öffentlich zugelassener Rauchfangkehrer' führen.

(4) Vor der Erlassung des Bescheides nach § 340 Abs. 2a hat die Bezirksverwaltungsbehörde die Landesinnung der Rauchfangkehrer aufzufordern, innerhalb einer Frist von vier Wochen ein Gutachten zur Voraussetzung gemäß § 121 Abs. 1a Z 2 abzugeben. Widerspricht die Entscheidung der Behörde dem fristgerecht abgegebenen Gutachten der Landesinnung der Rauchfangkehrer oder wurde sie nicht zur Abgabe eines Gutachtens aufgefordert, so steht der Landesinnung der Rauchfangkehrer das Recht der Beschwerde gegen den Bescheid zu.

...

a) Anmeldungsverfahren

§ 339. (1) Wer ein Gewerbe ausüben will, hat die Gewerbeanmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes zu erstatten.

(2) Die Anmeldung hat die genaue Bezeichnung des Gewerbes und des für die Ausübung in Aussicht genommenen Standortes zu enthalten. ...

(3) Der Anmeldung sind folgende Belege anzuschließen:

1. Urkunden, die dem Nachweis über Vor- und Familiennamen

der Person, ihre Wohnung, ihr Alter und ihre Staatsangehörigkeit

dienen,

2. falls ein Befähigungsnachweis für das betreffende

Gewerbe vorgeschrieben ist, die entsprechenden Belege, im Fall des

§ 16 Abs. 1 zweiter Satz die Anzeige der erfolgten Bestellung

eines Geschäftsführers und

3. ein Auszug aus dem Firmenbuch, der nicht älter als sechs

Monate sein darf, falls eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft die Anmeldung erstattet und der Anmelder den Firmenbuchauszug nicht bei der Behörde gemäß § 365g einholt.

...

§ 340. (1) Auf Grund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs. 1) hat die Behörde zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes vor und hat die Anmeldung nicht ein in Abs. 2 genanntes Gewerbe zum Gegenstand, so hat die Behörde den Anmelder längstens binnen drei Monaten in das GISA einzutragen und durch Übermittlung eines Auszugs aus dem GISA von der Eintragung zu verständigen. Ist im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung ein Verfahren über eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e anhängig, so hat die Behörde die innerhalb der im zweiten Satz festgelegten dreimonatigen Frist rechtskräftig erteilte Nachsicht, Anerkennung oder Gleichhaltung zu berücksichtigen. Als Tag der Gewerbeanmeldung gilt jener Tag, an welchem alle erforderlichen Nachweise (§ 339 Abs. 3) bei der Behörde eingelangt sind und die allenfalls erforderliche Feststellung der individuellen Befähigung gemäß § 19, eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e rechtswirksam erfolgt ist. Als Mangel der gesetzlichen Voraussetzungen gilt auch, wenn der Firmenwortlaut im Hinblick auf den Inhalt des Gewerbes eine erhebliche Irreführung bedeuten würde.

(2) Hat die Anmeldung ein im § 95 genanntes Gewerbe zum Gegenstand, so hat die Behörde über das Ergebnis ihrer Feststellungen längstens binnen drei Monaten einen Bescheid zu erlassen. Erwächst der Bescheid, mit dem festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 vorliegen, in Rechtskraft, so hat die Behörde den Anmelder umgehend in das GISA einzutragen.

(2a) Hat die Anmeldung die im Rahmen des Rauchfangkehrergewerbes (§ 94 Z 55) ausgeübten sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Sinne des § 120 Abs. 1 zweiter Satz zum Gegenstand, so hat die Behörde über das Ergebnis ihrer Feststellungen über die Voraussetzungen gemäß § 120 Abs. 1 zweiter Satz und § 121 Abs. 1a längstens binnen drei Monaten einen Bescheid zu erlassen, sofern betreffend die Anmeldung nicht ein rechtkräftiger Bescheid gemäß Abs. 3 erlassen worden ist. Erwächst der Bescheid, mit dem festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen gemäß § 120 Abs. 1 zweiter Satz und § 121 Abs. 1a vorliegen, in Rechtskraft, so hat die Behörde die Berechtigung, dass dem Gewerbetreibenden die Ausübung der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten gemäß § 120 Abs. 1 zweiter Satz zusteht, und das für diese Berechtigung geltende Kehrgebiet unverzüglich im GISA einzutragen; § 365e Abs. 1 erster Satz und Abs. 2 bis 4 sind auf diese Daten sinngemäß anzuwenden.

(3) Liegen die im Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht vor, so hat die Behörde unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z 1 dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen."

21 2.2. Vor der Novelle BGBl. I Nr. 48/2015 lauteten die insoweit geänderten Bestimmungen der GewO 1994 auszugsweise:

"Rauchfangkehrer

§ 120. (1) Einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Rauchfangkehrer (§ 94 Z 55) bedarf es für das Reinigen, Kehren und Überprüfen von Rauch- und Abgasfängen, von Rauch- und Abgasleitungen sowie von den dazugehörigen Feuerstätten. Insoweit Rauchfangkehrer durch landesrechtliche Vorschriften zu verwaltungspolizeilichen Tätigkeiten, insbesondere Tätigkeiten der Feuerpolizei, Baupolizei oder vergleichbaren Tätigkeiten verpflichtet werden, nehmen sie öffentliche Aufgaben wahr und bedürfen dafür der Niederlassung in Österreich.

...

Besondere Voraussetzungen

§ 121. (1) Das Gewerbe der Rauchfangkehrer darf nur von natürlichen Personen oder eingetragenen Personengesellschaften, deren persönlich haftende Gesellschafter natürliche Personen sind, ausgeübt werden. Die Ausübung des Gewerbes der Rauchfangkehrer erfordert weiters,

...

4. das Vorliegen eines Bedarfes nach der beabsichtigten

Gewerbeausübung.

...

Gebietsweise Abgrenzung

§ 123. (1) Der Landeshauptmann hat durch Verordnung eine gebietsweise Abgrenzung für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes zu verfügen. In dieser Verordnung sind die Grenzen der Kehrgebiete so festzulegen, dass die feuerpolizeilichen Aufgaben entsprechend wahrgenommen werden können und dass innerhalb eines Kehrgebietes die wirtschaftliche Lebensfähigkeit von mindestens zwei Rauchfangkehrerbetrieben mit mindestens je zwei hauptberuflich beschäftigten Arbeitnehmern gewährleistet ist. ...

(2) Für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes dürfen nur Gewerbeanmeldungen erstattet werden, die die Ausführung von Tätigkeiten gemäß § 120 Abs. 1 auf das betreffende Kehrgebiet einschränken. ...

...

Höchsttarife, Verfahrensbestimmungen

§ 125. ...

(3) Die Gewerbeanmeldung (§ 339) hat die Einschränkung gemäß § 123 Abs. 2 zu enthalten.

(4) Mit der Gewerbeausübung darf der Anmelder erst mit der Rechtskraft des Bescheides gemäß § 340 Abs. 2 beginnen.

(5) Vor der Erlassung des Bescheides hat die Bezirksverwaltungsbehörde die Landesinnung der Rauchfangkehrer aufzufordern, innerhalb einer Frist von vier Wochen ein Gutachten zur Voraussetzung gemäß § 121 Abs. 1 Z 4 abzugeben. Widerspricht die Entscheidung der Behörde dem fristgerecht abgegebenen Gutachten der Landesinnung der Rauchfangkehrer oder wurde sie nicht zur Abgabe eines Gutachtens aufgefordert, so steht der Landesinnung der Rauchfangkehrer das Recht der Beschwerde gegen den Bescheid zu.

...

§ 340. (1) Auf Grund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs. 1) hat die Behörde zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes vor und hat die Anmeldung nicht ein in Abs. 2 genanntes Gewerbe zum Gegenstand, so hat die Behörde den Anmelder längstens binnen drei Monaten in das Gewerberegister einzutragen und durch Übermittlung eines Auszugs aus dem Gewerberegister von der Eintragung zu verständigen. Ist im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung ein Verfahren über eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e anhängig, so hat die Behörde die innerhalb der im zweiten Satz festgelegten dreimonatigen Frist rechtskräftig erteilte Nachsicht, Anerkennung oder Gleichhaltung zu berücksichtigen. Als Tag der Gewerbeanmeldung gilt jener Tag, an welchem alle erforderlichen Nachweise (§ 339 Abs. 3) bei der Behörde eingelangt sind und die allenfalls erforderliche Feststellung der individuellen Befähigung gemäß § 19, eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e rechtswirksam erfolgt ist. Als Mangel der gesetzlichen Voraussetzungen gilt auch, wenn der Firmenwortlaut im Hinblick auf den Inhalt des Gewerbes eine erhebliche Irreführung bedeuten würde.

(2) Hat die Anmeldung ein im § 95 genanntes Gewerbe oder das Rauchfangkehrergewerbe (§ 94 Z 55) zum Gegenstand, so hat die Behörde über das Ergebnis ihrer Feststellungen längstens binnen drei Monaten einen Bescheid zu erlassen. Erwächst der Bescheid, mit dem festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 vorliegen, in Rechtskraft, so hat die Behörde den Anmelder umgehend in das Gewerberegister einzutragen.

(3) Liegen die im Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht vor, so hat die Behörde unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z 1 dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen."

22 2.3. Gemäß § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien betreffend die Einteilung des Gebietes der Stadt Wien in Kehrbezirke für das Rauchfangkehrergewerbe, LGBl. Nr. 12/1959 (im Folgenden: Kehrbezirksverordnung), fallen die Grenzen der Kehrbezirke mit den jeweiligen Grenzen der Gemeindebezirke zusammen. Nach § 4 dieser Verordnung dürfen innerhalb eines Kehrbezirkes nur jene Rauchfangkehrerunternehmungen Kehrarbeiten ausführen, deren Gewerbebetriebe in diesem Kehrbezirk ihren Standort haben.

23 2.4. Die maßgeblichen Bestimmungen der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt (im Folgenden: Richtlinie 2006/123/EG ) lauten auszugsweise:

"Artikel 10

Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung

...

(4) Die Genehmigung ermöglicht dem Dienstleistungserbringer die Aufnahme oder die Ausübung der Dienstleistungstätigkeit im gesamten Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats, einschließlich der Einrichtung von Agenturen, Zweigniederlassungen, Tochtergesellschaften oder Geschäftsstellen, sofern nicht zwingende Gründe des Allgemeininteresses eine Genehmigung für jede einzelne Betriebsstätte oder eine Beschränkung der Genehmigung auf einen bestimmten Teil des Hoheitsgebiets rechtfertigen.

...

(6) Abgesehen von dem Fall, in dem eine Genehmigung erteilt wird, sind alle anderen Entscheidungen der zuständigen Behörden, einschließlich der Ablehnung oder des Widerrufs einer Genehmigung, ausführlich zu begründen; sie sind einer Überprüfung durch ein Gericht oder eine andere Rechtsbehelfsinstanz zugänglich.

...

Artikel 13

Genehmigungsverfahren

...

(3) Die Genehmigungsverfahren und -formalitäten müssen sicherstellen, dass Anträge unverzüglich und in jedem Fall binnen einer vorab festgelegten und bekannt gemachten angemessenen Frist bearbeitet werden. Die Frist läuft erst, wenn alle Unterlagen vollständig eingereicht wurden. Die zuständige Behörde kann die Frist einmal für eine begrenzte Dauer verlängern, wenn dies durch die Komplexität der Angelegenheit gerechtfertigt ist. Die Fristverlängerung und deren Ende sind ausreichend zu begründen und dem Antragsteller vor Ablauf der ursprünglichen Frist mitzuteilen.

(4) Wird der Antrag nicht binnen der nach Absatz 3 festgelegten oder verlängerten Frist beantwortet, so gilt die Genehmigung als erteilt. Jedoch kann eine andere Regelung vorgesehen werden, wenn dies durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses, einschließlich eines berechtigten Interesses Dritter, gerechtfertigt ist.

...

(6) Im Falle eines unvollständigen Antrags wird der Antragsteller so schnell wie möglich darüber informiert, dass Unterlagen nachzureichen sind und welche Auswirkungen dies möglicherweise auf die in Absatz 3 genannte Frist hat.

..."

3. Beschwerdelegitimation der mitbeteiligten Partei 24 3.1. Der Revisionswerber bringt vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach der E OG als Mitbewerberin im Gewerbeverfahren des Revisionswerbers keine Parteistellung zukomme. Die Zusammenführung der beiden konkurrierenden Anbringen in eine Verfahrensgemeinschaft sei unzulässig gewesen.

25 3.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Frage der Parteistellung eines Bewerbers um eine Konzession für das Rauchfangkehrergewerbe im Verfahren betreffend die Erteilung der Konzession an einen anderen Bewerber in einigen Entscheidungen zur Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973) befasst (siehe die hg. Erkenntnisse vom 10. Dezember 1991, 91/04/0279, und vom 22. Februar 1994, 93/04/0195). In den dort zugrunde liegenden Verfahren wurden die jeweiligen Ansuchen - anders als im hier vorliegenden Fall - nicht zu einer Verfahrensgemeinschaft zusammengefasst; gegenständlich war somit lediglich die Erteilung der Konzession zugunsten eines Mitbewerbers. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu in den zitierten Erkenntnissen festgehalten, dass dem Bewerber um eine Konzession kein aus dem Gesetz ableitbares rechtliches Interesse an der Rechtmäßigkeit und Richtigkeit einer Entscheidung in einem Verfahren über das Konzessionsansuchen eines Mitbewerbers zukomme, ihm somit die Parteistellung in einem solchen Verfahren fehle und ihm kein Berufungsrecht gegen diesen Bescheid zustehe.

26 Rechtsprechung zur Gewerbeordnung 1994 bzw. zur Frage der Bildung einer Verfahrensgemeinschaft im Zusammenhang mit der Gewerbeberechtigung des Rauchfangkehrers findet sich nicht.

27 3.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich allerdings zur Frage der Bildung einer Verfahrensgemeinschaft bei Vorliegen mehrerer konkurrierender Anträge um die Erteilung einer bedarfsgebundenen Konzession im Apothekenrecht geäußert und in seinem Erkenntnis vom 30. August 1994, 90/10/0129, Folgendes festgehalten:

"Ist also davon auszugehen, daß das ApG ein Berufungsrecht des abgewiesenen Mitbewerbers sowohl gegen die Abweisung seines Ansuchens (was selbstverständlich ist) als auch gegen die Konzessionserteilung an den zum Zug gekommenen Mitbewerber NICHT AUSSCHLIEßT, so ist zu fragen, ob der abgewiesene Mitbewerber aus § 8 AVG im Zusammenhang mit Art. 6 Abs. 1 StGG und dem ApG rechtliche Interessen daran geltend machen kann, daß der Lokalbedarf durch ihn als Antragsteller und nicht durch einen anderen Bewerber erfüllt werde. Diese Frage ist zu bejahen.

Im Schutzbereich der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Erwerbsausübungsfreiheit ist nämlich davon auszugehen, daß der vom Gesetzesvorbehalt Gebrauch machende Gesetzgeber eine behördliche Konzession überhaupt nur bei gleichzeitiger Einräumung von Rechtsansprüchen vorsehen darf. In diesem Sinne hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. März 1966, Slg. Nr. 5240, ausgesprochen, die Konstruktion eines Gesetzes, die einerseits durch Einführung eines Konzessionszwanges die betreffende Erwerbstätigkeit jedermann untersage, andererseits aber niemandem einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer solchen Bewilligung einräume, selbst wenn die gesetzliche Voraussetzung, an die die Verleihung der Konzession gebunden sei, erfüllt sei, die Verleihung der Konzession vielmehr in das schrankenlose Ermessen der Behörde lege, sei mit dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 18 Abs. 1 B-VG und dem Art. 6 StGG unvereinbar.

Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in den Fällen, in denen sich zwei oder mehrere Personen um eine an den Bedarf gebundene Konzession bewerben, aber nach der Bedarfslage nicht allen Bewerbern die Konzession verliehen werden kann, ausgesprochen, daß es mit dem Prinzip der rechtsstaatlichen Verwaltung unvereinbar wäre, die von der Behörde nicht berücksichtigten Bewerber auf die Tatsache der Konzessionsverleihung an andere und die dadurch eingetretene Änderung der Bedarfslage zu verweisen; vielmehr müsse den Bewerbern um die Konzession die Möglichkeit gewahrt bleiben, einen abweisenden Bescheid, da diesem in Wahrheit eine von der Behörde getroffene Auswahl zwischen den Bewerbern zugrundeliege, wegen einer als rechtswidrig erachteten Ermessensübung zu bekämpfen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 10. April 1959, Slg. N.F. Nr. 4935/A, vom 15. März 1978, Zl. 935/76 = ZfVB 1978/5/1832, u.v.a.; ferner Mache - Kinscher, Die Gewerbeordnung5, 142, FN 25, und die dort zitierte weitere Rechtsprechung). Dabei spielt es im gegebenen Zusammenhang, der die Frage nach Parteistellung, Berufungs- und Beschwerdeberechtigung des abgewiesenen Mitbewerbers betrifft, keine Rolle, welche der möglichen Regelungen im Gesetz für die Lösung einer Bewerberkonkurrenz vorgesehen ist (zeitliche Priorität, Auswahl des geeignetsten Bewerbers, Auswahl des sachlich optimalen Projektes etc.); darauf wird in Punkt 3.2. zurückzukommen sein. In ALLEN diesen Fällen müssen dem nicht zum Zuge gekommenen Bewerber die verfahrensrechtlichen Mittel zugebilligt werden, die Einhaltung der gesetzlichen Auswahlkriterien einer Überprüfung zuzuführen.

(...)

Aus den bisherigen Überlegungen ergibt sich für den vorliegenden Fall, daß der Konzessionswerber, dessen Antrag die Verwaltungssache konstituiert und der nach dem Gesetz bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Anspruch auf Konzessionserteilung hat, auch in der Lage sein muß, diesen seinen Rechtsanspruch im Rechtswege durchzusetzen. Da nun aber die Konzessionserteilung nach dem Apothekengesetz bedarfsabhängig ist und bei befriedigtem Bedarf am Standort eine weitere öffentliche Apotheke nicht zugelassen werden darf, wird dem Rechtsschutzinteresse des Antragstellers nicht schon dadurch Rechnung getragen, daß er legitimiert ist, die Abweisung seines Ansuchens anzufechten, sondern erst dadurch, daß er auch die Konzessionserteilung an den zum Zuge gekommenen Mitbewerber bekämpfen kann. Hieraus folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid nicht dadurch mit Rechtswidrigkeit belastet hat, daß sie die Legitimation des Mitbeteiligten nicht nur gegen die erstinstanzliche Abweisung seines Konzessionsantrages, sondern auch gegen die Konzessionserteilung an die Beschwerdeführerin zu berufen, bejaht hat."

28 Diese Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof in einer Reihe von Entscheidungen betreffend Apothekenkonzessionen bestätigt (siehe die hg. Erkenntnisse vom 31. Jänner 2005, 2004/10/0185, vom 2. September 2008, 2007/10/0299, vom 21. Mai 2012, 2009/10/0078, und vom 16. März 2016, Ra 2015/10/0063). Auch in anderem Zusammenhang wurde dieser Gedanke aufgegriffen (siehe die hg. Erkenntnisse vom 4. August 2005, 2004/17/0035, 0036, sowie vom 31. Juli 2014, Ro 2014/02/0026, 0028; siehe grundsätzlich zu diesem Problem auch Puck, Rechtsprobleme verwaltungsrechtlicher Zuteilungsverfahren, in FS Zehetner (2009), 237 (244)).

29 Diese Rechtsprechung ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auf die hier vorliegende Konstellation zu übertragen. Auch im Bereich der Gewerbeberechtigung für das Rauchfangkehrergewerbe erfordert die mit der Bedarfsbindung (§ 121 Abs. 1a Z 2 GewO 1994) einhergehende Beschränkung der Erwerbsfreiheit im Fall konkurrierender Anmeldungen eine Rechtsschutzmöglichkeit, die sich nicht nur auf den die eigene Gewerbeausübung untersagenden Spruchpunkt, sondern auch auf den das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewerbeausübung hinsichtlich des Mitbewerbers bejahenden Spruchpunkt erstreckt.

30 3.4. Zudem sind in diesem Zusammenhang die unionsrechtlichen Vorgaben zu beachten. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat in seinem Urteil vom 23. Dezember 2015 in der Rs. C-293/14 , Hiebler, festgehalten, dass auch die von Rauchfangkehrern durchgeführten Aufgaben der "Feuerpolizei" in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/123/EG fallen (Rn. 39). In weiterer Folge hat der EuGH die Beschränkung der Genehmigung zur Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes auf ein bestimmtes geographisches Gebiet auf ihre Vereinbarkeit (unter anderem) mit der Regelung des Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2006/123/EG geprüft (Rn. 49 ff), wobei der Umstand, dass dem Vorabentscheidungsersuchen ein Rechtsstreit zwischen zwei im Bundesland Kärnten ansässigen Gewerbetreibenden zugrunde lag, dieser Prüfung nicht entgegenstand (siehe zur Frage der Anwendbarkeit auf rein innerstaatliche Sachverhalte auch Reinstadler/Reinalter, Partikuläre Anwendung der RL 2006/123/EG auf rein innerstaatliche Sachverhalte?, ZfRV 2016, 124).

31 Es ist daher davon auszugehen, dass auch Abs. 6 des Art. 10 der Richtlinie 2006/123/EG , demzufolge die Ablehnung oder der Widerruf einer Genehmigung einer Überprüfung durch ein Gericht zugänglich sein muss, in einer Konstellation wie der vorliegenden zu beachten ist (siehe zu den Anpassungen der Regelungen betreffend das Rauchfangkehrergewerbe an die Vorgaben der Richtlinie 2006/123/EG die Erläuterungen zur GewO-Novelle BGBl. I Nr. 48/2015, RV 481 BlgNR 25. GP , 1 ff). Der in der Rechtsprechung des EuGH allgemein anerkannte Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes beinhaltet auch, dass die nationalen Verfahrensmodalitäten die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen bzw. sie dahin auszulegen sind, dass sie einen effektiven Schutz der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten (siehe etwa das Urteil des EuGH vom 13. März 2007, Rs. C-432/05 , Unibet, Rn. 37, 43 und 44). Ein - unionsrechtlich gebotener - effektiver Rechtsschutz setzt aber in einer Konstellation wie der vorliegenden voraus, dass auch die Zuteilung einer bedarfsgebundenen (und damit nur begrenzt verfügbaren) Berechtigung an den Mitbewerber (hier: den Revisionswerber) einer Nachprüfung (hier: durch die mitbeteiligte Partei) unterzogen werden kann.

32 3.5. Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht die Parteistellung und Beschwerdelegitimation der mitbeteiligten Partei auch hinsichtlich des den Revisionswerber betreffenden Spruchpunktes bejaht.

4. Änderung der Rechtslage

33 4.1. Der Revisionswerber bringt vor, seit dem Inkrafttreten der GewO-Novelle BGBl. I Nr. 48/2015 mit 30. Juni 2015 (siehe § 382 Abs. 69 GewO 1994) habe eine Bedarfsprüfung nur mehr hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten stattzufinden. Das Verwaltungsgericht hätte diese Rechtslage anwenden und somit jedenfalls feststellen müssen, dass die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes hinsichtlich der nicht sicherheitsrelevanten Tätigkeiten vorliegen.

34 4.2. Nach der Rechtslage vor der GewO-Novelle BGBl. I Nr. 48/2015 erforderte die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes uneingeschränkt das Vorliegen eines Bedarfes (§ 121 Abs. 1 Z 4 GewO 1994) und der Anmelder durfte mit (jeglicher) Gewerbeausübung erst mit der Rechtskraft des Bescheides nach § 340 Abs. 2 GewO 1994 beginnen (§ 125 Abs. 4 GewO 1994).

35 Demgegenüber wird in der mit der Novelle BGBl. I Nr. 48/2015 geschaffenen Neuregelung zwischen sicherheitsrelevanten Tätigkeiten (im Sinn des § 120 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1994) und nicht sicherheitsrelevanten Tätigkeiten (im Sinn des § 120 Abs. 1 dritter Satz GewO 1994; die Erläuterungen RV 481 BlgNR 25. GP , 1 ff, sprechen diesbezüglich von "sonstigen Tätigkeiten") unterschieden. Während die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten weiterhin das Vorliegen eines Bedarfes erfordert (§ 121 Abs. 1a Z 2 GewO 1994) und erst mit der Rechtskraft des Bescheides nach (nunmehr) § 340 Abs. 2a GewO 1994 begonnen werden darf (§ 125 Abs. 3 GewO 1994), gibt es für die Gewerbeausübung hinsichtlich der sonstigen Tätigkeiten diesbezüglich keine Sonderregelungen mehr, weshalb die allgemeinen Regelungen der §§ 5 Abs. 1 und 340 Abs. 1 GewO 1994 maßgeblich sind. Das Rauchfangkehrergewerbe darf somit hinsichtlich der sonstigen Tätigkeiten bei Erfüllung der allgemeinen und besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung ausgeübt werden (siehe auch RV 481 BlgNR 25. GP , 5) und der Anmelder ist nach § 340 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1994 in das GISA (Gewerbeinformationssystem Austria) einzutragen.

36 4.3. Für den vorliegenden Fall ergibt sich aus dieser Änderung der Rechtslage Folgendes: Nach der hg. Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage auszurichten (siehe das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2015, Ro 2014/03/0083, mwN). Die mit 30. Juni 2015 in Kraft getretene GewO-Novelle BGBl. I Nr. 48/2015 enthält keine Übergangsregelungen für anhängige Verfahren (nach den Erläuterungen, RV 481 BlgNR 25. GP , 6, sollte auch die Legisvakanz im Hinblick auf das Erfordernis der Anpassung an Unionsrecht knapp gehalten werden). Dass der bekämpfte Bescheid vor Inkrafttreten der zitierten Novelle erlassen wurde, ändert daher nichts daran, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes die Rechtslage nach Inkrafttreten dieser Novelle maßgeblich war.

37 4.4. Die der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zugrunde liegende Gewerbeanmeldung des Revisionswerbers bezog sich auf das Gewerbe des Rauchfangkehrers (in der Präzisierung vom März 2015 wurde der Gewerbewortlaut um die Beifügung "hinsichtlich der nach § 120 Abs. 1 GewO 1994 ausgeübten Tätigkeiten" konkretisiert). Anhaltspunkte dafür, dass diese Anmeldung im Lichte der durch die Novelle BGBl. I Nr. 48/2015 geänderten Rechtslage als auf die Ausübung nur sicherheitsrelevanter Tätigkeiten beschränkt anzusehen wäre, finden sich nicht. Es ist somit davon auszugehen, dass die Gewerbeanmeldung des Revisionswerbers auch die (in § 120 Abs. 1 dritter Satz GewO 1994 angesprochenen) nicht sicherheitsrelevanten Tätigkeiten umfasst hat.

38 4.5. Entgegen dem Revisionsvorbringen führt dies aber nicht zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung. Auch wenn der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses nicht ausdrücklich auf den (durch die Novelle BGBl. I Nr. 48/2015 neu geschaffenen) Abs. 2a des § 340 GewO 1994 Bezug nimmt, ist er - anders als der Revisionswerber meint - diesbezüglich nicht "undeutlich bzw. widersprüchlich". Die unter I.1 und I.2. getroffenen Feststellungen erstrecken sich nach ihrem klaren Wortlaut auf die in § 120 Abs. 1 GewO 1994 umschriebenen Tätigkeiten "soweit die Antragstellerin (...) zu sicherheitsrelevanten Tätigkeiten (...) verpflichtet wird". Der Umstand, dass diese Bezugnahme in einem Klammerausdruck erfolgt, vermag nichts daran zu ändern, dass von den jeweiligen Feststellungen somit nur diese sicherheitsrelevanten Tätigkeiten erfasst sind. Auch in seiner Begründung weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass das Rauchfangkehrergewerbe in "sicherheitsrelevanten Angelegenheiten" an das Vorliegen eines Bedarfes gebunden ist und dass die Spruchänderung der Anpassung an die mit 30. Juni 2015 in Kraft getretene Gesetzesänderung (durch die Novelle BGBl. I Nr. 48/205) dient.

39 Sowohl die negative Feststellung hinsichtlich des Revisionswerbers in Spruchpunkt I.1 als auch die positive Feststellung hinsichtlich der mitbeteiligten Partei in Spruchpunkt I.2. erfassen somit nur die sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Sinn des § 120 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1994 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 48/2015.

40 4.6. Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers hätte das Verwaltungsgericht auch nicht feststellen müssen, dass die Voraussetzungen für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes hinsichtlich der sonstigen Tätigkeiten vorliegen. Wie bereits dargestellt darf das Rauchfangkehrergewerbe hinsichtlich der sonstigen Tätigkeiten ab Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 48/2015 (wie jedes "echte" Anmeldungsgewerbe) auf Grund der Gewerbeanmeldung ausgeübt werden. Da die Novelle BGB. I Nr. 48/2015 keine Übergangsvorschriften für anhängige Verfahren enthält und auch keine Rückwirkung anordnet, kann die Gewerbeberechtigung zwar nicht mit dem (zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle) in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung entstanden sein. Da aber eine konstitutive Bescheiderlassung im positiven Fall für die sonstigen Tätigkeiten nicht mehr vorgesehen ist, ist davon auszugehen, dass das Gewerbe diesbezüglich ab Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 48/2015 ausgeübt werden darf. Eine Bescheiderlassung hinsichtlich der sonstigen Tätigkeiten wäre nur im Fall des Nichtvorliegens der Voraussetzungen nach § 340 Abs. 3 GewO 1994 notwendig. Dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt waren, wurde hier aber nicht zugrunde gelegt.

41 Ausgehend davon ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht den bekämpften Bescheid der Behörde insoweit, als dieser über die sonstigen Tätigkeiten abgesprochen hat, - im Ergebnis ersatzlos - behoben hat.

5. Auswahlkriterium

42 Hinsichtlich der weiterhin einer Bedarfsprüfung unterliegenden sicherheitsrelevanten Tätigkeiten (im Sinn des § 120 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1994) ist Folgendes festzuhalten:

43 5.1. Das Verwaltungsgericht geht in seiner primären Begründung davon aus, dass das zum Apothekenrecht entwickelte "Prioritätsprinzip" auf den gegenständlichen Fall nicht übertragen werden könne, weil die Gewerbeordnung 1994 - wie sich aus ihrem § 122 Abs. 2 ergebe - "Wert auf Kontinuität und Gewährleistung der durchgehenden Betreuung der Feuerstellen durch (intakte, wohlinformierte und -organisierte) Betriebe" lege.

44 5.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis 90/10/0129 zum Ausdruck gebracht, dass verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 18 B-VG bestünden, wenn es für die Auswahl eines der konkurrierenden Konzessionswerber kein Auswahlkriterium gäbe.

45 5.3. Zu prüfen ist demnach zunächst, ob der Gewerbeordnung 1994 in einer dem Bestimmtheitsgebot des Art. 18 B-VG entsprechenden Weise entnommen werden kann, dass die Auswahl zwischen mehreren Gewerbeanmeldungen hinsichtlich des Gewerbes des Rauchfangkehrers für ein bestimmtes Kehrgebiet nach dem vom Verwaltungsgericht herangezogenen Kriterium der Kontinuität erfolgen soll.

46 Der vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ins Treffen geführte § 122 Abs. 2 GewO 1994 enthält Vorgaben für den Fall des Einstellens oder des Ruhens der Gewerbeausübung. Demnach hat der Rauchfangkehrer für die Fortführung der notwendigen Arbeiten durch einen anderen Gewerbetreibenden Sorge zu tragen bzw. - wenn dies nicht möglich ist - hat die Behörde einen anderen Gewerbetreibenden mit der Durchführung der Arbeiten zu beauftragen. Die damit angesprochene Kontinuität betrifft aber nur die durchgeführten Arbeiten an sich, nicht hingegen die Person (oder den Betrieb) des Gewerbetreibenden. Auch aus der in § 124 GewO 1994 enthaltenen ausdrücklichen Regelung für den Wechsel des Rauchfangkehrers, der zufolge der bisher beauftragte Rauchfangkehrer einen schriftlichen Bericht über die zuletzt erfolgte Kehrung und über den Zustand des Kehrobjekts an den für die Zukunft beauftragten Rauchfangkehrer zu übermitteln hat, kann keine Bevorzugung der Fortführung bestehender Betriebe abgeleitet werden.

47 Das vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ins Treffen geführte Erkenntnis vom 19. März 1975, 1781/74, ist zur (auch inhaltlich) nicht mehr in Geltung stehenden Nachsichtsregelung des § 28 Abs. 5 GewO 1973 ergangen und lässt keine Rückschlüsse auf die Frage der Auswahl zwischen mehreren Gewerbeanmeldern für das Gewerbe des Rauchfangkehrers zu. Da sich der Gewerbeordnung 1994 auch sonst keine Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass die Auswahl zwischen mehreren Gewerbeanmeldern danach ausgerichtet werden soll, welcher Anmeldung ein bereits bestehender Betrieb zugrunde liegt, vermag der Verwaltungsgerichtshof der diesbezüglichen Begründung des Verwaltungsgerichtes nicht beizutreten.

48 5.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis 90/10/0129 zur Auswahlentscheidung zwischen mehreren konkurrierenden Bewerbern um eine Apothekenkonzession Folgendes festgehalten:

"Eines der Ziele des ApG 1907 war, wie im zitierten Erkenntnis zutreffend dargestellt wurde, die Ersetzung des bisherigen als zu schwerfällig empfundenen Systems, das darin bestanden hatte, daß zuerst über die Frage der Errichtung einer neuen Apotheke entschieden (ähnlich der Schaffung einer Notarstelle, was allerdings durch Verordnung erfolgt) und sodann ein Konkurs zur Ermittlung des würdigsten Bewerbers ausgeschrieben wurde. Diese Regelung sollte im ApG 1907 durch ein neues System abgelöst werden, das die Initiative für die Auffindung eines neuen Apothekenstandortes den Bewerbern überläßt. (...)

(...) Es trifft nämlich zu, wovon schon der Verwaltungsgerichtshof ausging, daß das Gesetz nicht den geringsten Hinweis darauf enthält, NACH WELCHEN EIGNUNGSgesichtspunkten eine Reihung der Bewerber bei einander ausschließenden Konzessionsansuchen erfolgen sollte. Es ist daher mangels eines solchen - eindeutigen - Anhaltspunktes nicht möglich, die gesetzlich vorgesehenen Eignungsvoraussetzungen, bei deren Vorliegen der Gesetzgeber die persönliche Eignung als gegeben erachtet, neuerdings bei der Auswahl zwischen mehreren Bewerbern heranzuziehen. (...)"

49 Dies lässt sich auf das System der Gewerbeberechtigung für Rauchfangkehrer übertragen. Rauchfangkehrer ist ein reglementiertes Gewerbe (§ 94 Z 55 GewO 1994), dessen Ausübung den Nachweis der Befähigung erfordert (§§ 16 ff GewO 1994). Der Anmelder muss somit die - für die selbständige Ausführung der dem Gewerbe eigentümlichen Tätigkeiten erforderlichen - fachlichen (einschließlich der kaufmännischen) Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzen (da es sich beim Rauchfangkehrergewerbe um ein Handwerk handelt, erfolgt dies in der Regel durch die erfolgreiche Ablegung der Meisterprüfung). Anhaltspunkte dafür, dass den für die Eignung maßgeblichen Kriterien auch bei der Reihung der Bewerber Bedeutung zukommen soll, finden sich in der Gewerbeordnung 1994 nicht.

50 5.5. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis 90/10/0129 wie folgt ausgeführt:

"Wenn nun aber alle Konzessionswerber in gleicher Weise geeignet und der Norm keinerlei Auswahlkriterien - auch nicht etwa durch eine erkennbare Gewichtung und Rangordnung der vorgesehenen Eignungsvoraussetzungen Ausbildung, Praxis, Verläßlichkeit einschließlich körperlicher und gesundheitlicher Eignung - zu entnehmen sind, dann verletzt das Gesetz das sich aus Art. 18 B-VG ergebende Determinierungsgebot (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Oktober 1984, Slg. Nr. 10.179 = ZfVB 1985/2/892). Gäbe es also im vorliegenden Fall, in dem das Gesetz ein Eignungskriterium für die Auswahl eines der konkurrierenden Konzessionswerber nicht vorsieht, kein anderes Auswahlkriterium, dann bestünden verfassungsrechtliche Bedenken wegen Widerspruchs der Regelung zu Art. 18 B-VG.

(...)

Als weiteres Entscheidungskriterium kommt allerdings der Zeitpunkt des Einlangens des Konzessionsantrages bei der zuständigen Behörde in Betracht. (...)

Das Abstellen auf die (zeitliche) Priorität trägt vielmehr einem der Hauptziele des Gesetzgebers des ApG 1907, nämlich ein aufwendiges und zeitraubendes Konkursverfahren auszuschließen, ebenso Rechnung wie die seit Inkrafttreten des B-VG im Jahr 1920 nicht mehr gangbare Annahme des Verwaltungsgerichtshofes, der Behörde sei bei der Auswahl zwischen mehreren - nach dem System der gesetzlichen Eignungsvoraussetzungen gleichwertigen - Bewerbern ‚freie Hand gelassen'; insofern würde dieses Ergebnis - was den ersteren Gesichtspunkt anlangt - auch den Erfordernissen einer teleologischen Auslegung entsprechen. Denn, was der Apothekengesetzgeber des Jahres 1907 grundsätzlich intendierte, war eine Veränderung des Systems bei der Schaffung neuer öffentlicher Apotheken. Das bisherige System der staatlichen Schaffung einer neuen Apothekenstelle mit anschließendem Ausschreibungs- und gegebenenfalls Konkurrenzverfahren im Falle mehrerer Bewerber sollte von einem Verfahren abgelöst werden, in welchem die Initiative für die Allokation der neuen Heilmittelabgabestelle dem Interessenten selbst zufallen und darüberhinaus ein zeitraubendes Konkurrenzverfahren zwischen mehreren Bewerbern vermieden werden sollte. (...) Die dargestellte Zielsetzung verfolgte der Gesetzgeber nun dadurch, daß er zur Lösung der Bewerberkonkurrenz kein eigenes Konkurrenzverfahren mehr vorsah, sondern die Methode zur Lösung einer allfälligen Bewerberkonkurrenz (Priorität oder Eignungsvergleich) überhaupt nicht mehr ausdrücklich regelte. (...) Das Apothekengesetz, das B-VG (mit seinem Determinierungsgebot) und das AVG (mit der Gewährleistung eines Entscheidungsanspruches über den gestellten Antrag, der die Verwaltungssache konstituiert) sind bei der vorliegenden Auslegungsfrage in ihrem notwendigen systematischen Zusammenhalt zu sehen. Bei dieser Zusammenschau erweist sich die zeitliche Priorität als das dem Apothekengesetz - jedenfalls seit dem Inkrafttreten von B-VG und AVG - innewohnende Kriterium für eine rasche und einfache Entscheidung bei gegebener Bewerbermehrheit, welches dem Antragsteller, in dessen Hand die Initiative zur Allokation der neuen, mit örtlichem Monopolcharakter ausgestatteten öffentlichen Apotheke gelegt ist, eine positive Entscheidung gewährleistet, auf die er bei Erfüllung aller gesetzlichen Voraussetzungen vertrauen darf und einen Rechtsanspruch hat. (...)

Die eben dargestellte Lösung der Auslegungsfrage gründet sich - wie bereits aus dem Gesagten deutlich wird - insbesondere auch auf das Gebot einer verfassungskonformen Auslegung. (...)

(...)

Aus diesen Erwägungen folgt, daß zwischen zwei oder mehreren Konzessionswerbern, die die persönlichen und - für sich gesehen - die sachlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke erfüllen, deren Ansuchen einander jedoch im Hinblick auf die Bedarfslage ausschließen, die Priorität des Einlangens ihres Konzessionsantrages bei der Behörde entscheidet."

51 Auch diese Überlegungen lassen sich auf die hier vorliegende Konstellation übertragen. Die Vorgaben des B-VG und des AVG sind gleichermaßen maßgeblich. Auch die Gewerbeordnung 1994 sieht im Zusammenhang mit der Erteilung der Gewerbeberechtigung für das Rauchfangkehrergewerbe kein formalisiertes Ausschreibungsverfahren vor, sondern das Verfahren wird auf Initiative des Interessenten eingeleitet, sodass es sachlich gerechtfertigt erscheint, bei der Auswahlentscheidung der in zeitlicher Hinsicht ersten Anmeldung den Vorrang einzuräumen.

6. Maßgeblicher Zeitpunkt für die zeitliche Priorität 52 Damit ist aber noch nicht die - von der Behörde und vom

Verwaltungsgericht unterschiedlich beantwortete - Frage geklärt, zu welchem Zeitpunkt in einem Fall wie dem vorliegenden die Anmeldung als eingelangt bzw. der Rang als gewahrt gilt. Dafür ist Folgendes zu beachten:

53 6.1. Nach der Regelung des § 340 Abs. 1 vierter Satz GewO 1994 gilt bei Anmeldungsgewerben als Tag der Gewerbeanmeldung jener Tag, an welchem alle erforderlichen Nachweise (§ 339 Abs. 3 GewO 1994) bei der Behörde eingelangt sind. Dies steht in Zusammenhang mit der Grundregel des § 5 Abs. 1 GewO 1994, wonach Gewerbe - soweit nicht anderes bestimmt ist - bei Erfüllung der allgemeinen und besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes ausgeübt werden dürfen. Der Anmeldung kommt somit im Regelfall konstitutiver Charakter zu. Dementsprechend ist das Vorliegen der Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes von der Behörde nach § 340 Abs. 1 GewO 1994 "auf Grund der Anmeldung" zu prüfen, wobei - eben wegen deren konstitutiven Charakters - auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Anmeldung abzustellen ist (siehe die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 2002, 2002/04/0108, und vom 15. September 2011, 2011/04/0033, jeweils mwN). Das Fehlen von Unterlagen gemäß § 339 Abs. 3 GewO 1994 stellt daher auch keinen im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG verbesserungsfähigen Mangel dar (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. April 2005, 2004/04/0047, und vom 26. Mai 1998, 98/04/0049; siehe auch Raschauer, in Ennöckl/Raschauer/Wessely (Hrsg.), GewO, § 339 Rz. 34, der davon spricht, dass fehlende Unterlagen "wegen des konstitutiven Charakters der Anmeldung" keiner Verbesserung nach § 13 Abs. 3 AVG zugänglich sind).

54 6.2. Zwar trifft § 340 Abs. 2a GewO 1994 insoweit eine abweichende Regelung, als der Anmeldung des Rauchfangkehrergewerbes, soweit sie sicherheitsrelevante Tätigkeiten nach § 120 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1994 umfasst, keine konstitutive Wirkung zukommt, weil mit der Gewerbeausübung nach § 125 Abs. 3 GewO 1994 erst mit der Rechtskraft des Bescheides nach § 340 Abs. 2a GewO 1994 begonnen werden darf. Dies vermag an der Maßgeblichkeit des vierten Satzes des § 340 Abs. 1 GewO 1994 auch für den hier vorliegenden Fall aber nichts zu ändern:

55 Die Regelung des mit der Novelle BGBl. I Nr. 48/2015 für das Rauchfangkehrergewerbe neu geschaffenen Abs. 2a des § 340 GewO 1994 sieht - anders als der (für die in § 95 Abs. 1 GewO 1994 genannten sensiblen Gewerbe vorgesehene) Abs. 2 des § 340 GewO 1994 - ausdrücklich vor, dass die Behörde über das Ergebnis ihrer Feststellungen über die Voraussetzungen gemäß § 120 Abs. 1 zweiter Satz (Niederlassung in Österreich) und § 121 Abs. 1a (insbesondere Vorliegen eines Bedarfes) GewO 1994 einen Bescheid (nur) zu erlassen hat, sofern betreffend die Anmeldung nicht (zuvor) ein rechtskräftiger Bescheid gemäß § 340 Abs. 3 GewO 1994 (auf Grund des Nichtvorliegens der in § 340 Abs. 1 GewO 1994 angesprochenen allgemeinen Voraussetzungen) erlassen worden ist. Die Erläuterungen (RV 481 BlgNR 25. GP , 5) führen zu § 340 Abs. 2a GewO 1994 Folgendes aus:

"Gegenstand des Feststellungsverfahrens ist die Prüfung des Vorliegens der Niederlassung in Österreich sowie der in § 121 Abs. 1a GewO 1994 festgelegten besonderen Voraussetzungen; die allgemeinen Gewerbeantrittsvoraussetzungen und das Vorliegen der Befähigung sind im Verfahren gemäß Abs. 2a nicht zu prüfen - dies ist vielmehr Gegenstand der Prüfung gemäß § 340 Abs. 1 GewO 1994. Mit der ausdrücklichen gesetzlichen Maßgabe, dass ein Feststellungsverfahren gemäß Abs. 2a nicht zu führen ist, wenn schon die Prüfung der allgemeinen Gewerbeantrittsvoraussetzungen und/oder des Befähigungsnachweises ergeben hat, dass ein Feststellungs- und Untersagungsbescheid gemäß § 340 Abs. 3 GewO 1994 zu erlassen war, wird sichergestellt, dass keine Aufwände für die Durchführung sinnloser Verwaltungsverfahren entstehen. Die Behörde wird daher in diesem Sinne zunächst zu klären haben, ob die allgemeinen Gewerbeantrittsvoraussetzungen und der Nachweis der Befähigung vorliegen und erst danach mit Bescheid darüber absprechen, ob die Voraussetzungen für das Durchführen sicherheitsrelevanter Tätigkeiten erfüllt sind."

56 Die Behörde hat somit bei Anmeldung eines Rauchfangkehrergewerbes, die sicherheitsrelevante Tätigkeiten zum Gegenstand hat, schrittweise vorzugehen. In einem ersten Schritt sind in einem Verfahren nach § 340 Abs. 1 GewO 1994 die allgemeinen Gewerbeantrittsvoraussetzungen zu prüfen und es hat - im Fall des Verneinens des Vorliegens dieser Voraussetzungen - ein negativer Feststellungsbescheid sowie Untersagungsbescheid nach § 340 Abs. 3 GewO 1994 zu ergehen. Ungeachtet dessen, dass bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen (wenn somit kein Bescheid nach § 340 Abs. 3 GewO 1994 erlassen wird) eine weiterer Prüfschritt nach § 340 Abs. 2a GewO 1994 zu erfolgen hat, ist davon auszugehen, dass auch in diesem Fall die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen nach § 340 Abs. 1 und 3 GewO 1994 (wie bei sonstigen Anmeldungsgewerben) nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Anmeldung zu erfolgen hat (siehe dazu auch Pöschl, System der Gewerbeordnung (2016) Rz. 238) und die Anordnung des vierten Satzes des § 340 Abs. 1 GewO 1994 maßgeblich ist.

57 Wenn diese Regelung aber im ersten Verfahrensschritt - bei Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes - zu beachten ist und insoweit eine wirksame Gewerbeanmeldung erst mit dem Einlangen aller erforderlichen Nachweise vorliegt, dann ist es ausgeschlossen, ihr im zweiten Verfahrensschritt - nämlich bei der Prüfung der in § 340 Abs. 2a erster Satz GewO 1994 angesprochenen Voraussetzungen - keine Bedeutung beizumessen. Ungeachtet der (hier nicht relevanten) Frage, anhand welcher Sach- und Rechtslage die Bedarfsprüfung vorzunehmen ist, ist das Vorliegen der Voraussetzungen für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes in einem einheitlichen - wenn auch in zwei Schritten durchzuführenden - Verfahren zu prüfen, dessen Gegenstand nur eine einzige, eindeutig bestimmte Anmeldung sein kann, die fallbezogen erst mit 9. März 2015 wirksam erfolgt ist. Auch der Umstand, dass die Behörde vorliegend keinen Feststellungsbescheid nach § 340 Abs. 3 GewO 1994 erlassen hat, vermag daran nichts zu ändern, weil ihr diese Möglichkeit nach der Regelungssystematik des § 340 GewO 1994 bis zum Vorliegen aller Nachweise bzw. Unterlagen jedenfalls offen gestanden wäre. Das Verwaltungsgericht ist daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass auch im Zusammenhang mit der Beurteilung der zeitlichen Priorität des Anbringens die Gewerbeanmeldung des Revisionswerbers erst zum Zeitpunkt der vollständigen Beibringung der erforderlichen Unterlagen Gegenstand des Verfahrens nach § 340 Abs. 2a GewO 1994 war. Damit kam der Gewerbeanmeldung der mitbeteiligten Partei aber zeitliche Priorität zu.

58 Auch der Hinweis des Revisionswerbers auf die Regelung des Art. 13 Abs. 6 der Richtlinie 2006/123/EG , der zufolge im Fall eines unvollständigen Antrags der Antragsteller so schnell wie möglich darüber informiert wird, dass Unterlagen nachzureichen sind, führt zu keinem anderen Ergebnis. Selbst eine unmittelbare Anwendbarkeit dieser Richtlinienbestimmung vorausgesetzt, ergibt sich aus Art. 13 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG lediglich, dass ein Nachreichen von Unterlagen Auswirkungen auf die Genehmigungsfrist haben kann, nicht jedoch, dass - wenn bei der Auswahl zwischen mehreren Bewerbern um eine begrenzt verfügbare Genehmigung auf den Antragszeitpunkt abgestellt wird - einem unvollständigen Antrag Priorität einzuräumen ist.

59 7. Soweit der Revisionswerber schließlich vorbringt, es liege der Verdacht nahe, dass die Gesellschafter der mitbeteiligten Partei vorsätzlich in mehreren Fällen Verwaltungsübertretungen begangen hätten, bleibt dieses Vorbringen zu unsubstanziiert, um damit einen behaupteten wesentlichen Verfahrensfehler darzutun.

8. Ergebnis

60 Der bekämpfte Bescheid wurde somit zu Recht zur Gänze - wenn auch hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Tätigkeiten (siehe Punkt II.6.) und der sonstigen Tätigkeiten (siehe Punkt II.4.) jeweils aus einem anderen Grund - aufgehoben.

61 Die Revision war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

62 Die Revisionsbeantwortung der Behörde war zurückzuweisen, weil das VwGG den Eintritt als mitbeteiligte Partei auf Seiten des Revisionswerbers nicht kennt. Die Stellung als Mitbeteiligter setzt vielmehr rechtlich geschützte Interessen im Widerspruch zur Interessenslage des Revisionswerbers voraus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2016, Ra 2016/04/0014, mwN).

63 Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 11. Mai 2017

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte