VwGH Ra 2020/07/0065

VwGHRa 2020/07/00656.7.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler, Mag. Haunold, Mag. Stickler und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der A Ges.m.b.H. in W, vertreten durch die Zacherl Schallaböck Proksch Manak Kraft Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Teinfaltstraße 8/5.01, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 17. September 2019, Zl. LVwG‑AV-308/001‑2019, betreffend eine Angelegenheit nach dem Umweltinformationsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Mistelbach; mitbeteiligte Parteien: 1. J AG in W und 2. J AG & Co KG in W, beide vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1), zu Recht erkannt:

Normen

AufwandersatzV VwGH 2014
EURallg
UIG 1993 §2
UIG 1993 §2 Z2
UIG 1993 §4 Abs2
UIG 1993 §4 Abs2 Z3
UIG 1993 §6 Abs1 idF 2005/I/006
UIG 1993 §6 Abs2 idF 2005/I/006
UIG 1993 §6 Abs2 Z4 idF 2005/I/006
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGG §47
VwGG §48
VwGG §48 Abs1 Z2
VwGG §49 Abs1
VwGG §53 Abs1
11997E010 EG Art10
11997E249 EG Art249
12010E288 AEUV Art288 Abs3
12010M004 EUV Art4 Abs3
32003L0004 Umweltinformationen-RL Art2 Z1
32003L0004 Umweltinformationen-RL Art2 Z1 litb
32003L0004 Umweltinformationen-RL Art4 Abs2
32003L0004 Umweltinformationen-RL Art4 Abs2 litd
32005D0370 AarhusKonvention
61999CJ0462 Connect Austria VORAB
62013CJ0673 Kommission / Stichting Greenpeace Nederland
62014CJ0442 Bayer CropScience und Stichting De Bijenstichting VORAB

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020070065.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Die revisionswerbende Partei betreibt am Gutshof A. eine an den Ufern des Flusses T. gelegene biologisch‑dynamische Landwirtschaft. Zur Bewässerung der landwirtschaftlichen Flächen bezieht sie Wasser aus dem genannten Fluss.

2 Die erstmitbeteiligte Partei stellt Lebensmittelzusatzstoffe in industriellen Produktionsanlagen am Standort P. in der Gemeinde W. her.

3 Die im Rahmen dieser Produktionen anfallenden Abwässer werden von der ebenso am Standort P. befindlichen Abwasserreinigungsanlage der zweitmitbeteiligten Partei übernommen und in den Fluss T. eingeleitet. Der Einleitungspunkt der Abwässer liegt mehrere Kilometer flussaufwärts der Wasserentnahmestelle für den landwirtschaftlichen Betrieb der revisionswerbenden Partei.

4 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. Jänner 2016 wurde unter Spruchpunkt II. 1. die Abwassermenge der Abwasserreinigungsanlage der zweitmitbeteiligten Partei von zuvor 27.500 m3/d auf künftig 40.000 m3/d erhöht. Unter Spruchpunkt III. wurden (unter anderen) folgende Grenzwerte für das Abwasser festgelegt:

Emissionsbegrenzungen:

(...)

- Kupfer 0,5 mg/l bzw. 8 kg/d

Kupfer Jahresmittelwert 4 kg/d

- Zink 2,0 mg/l bzw. 30 kg/d

Zink Jahresmittelwert 15 kg/d

(...)

- Cyanid ‑ Gesamt 1,5 mg/l bzw. 42 kg/d

- Freies Cyanid 500 µ/l

- Freies Cyanid Jahresmittelwert 30 µ/l bzw. 1,2 kg/d

(...)

- Chlorid 40 000 kg/d

- Sulfat 60.000 kg/d“

5 In diesem Zusammenhang wurden der zweitmitbeteiligten Partei unter den Auflagepunkten 9 bis 12 des Bescheids jährliche Messungen der Abwasserbeschaffenheit im Rahmen einer Eigen‑ und Fremdüberwachung sowie unter den Auflagepunkten 13 und 14 die Vorlage von Berichten über die Ergebnisse dieser Messungen an die belangte Behörde vorgeschrieben.

6 Dieser Bescheid wurde auch der revisionswerbenden Partei zugestellt.

7 Mit Schreiben vom 21. Dezember 2018 ersuchte die revisionswerbende Partei die belangte Behörde gemäß § 5 des Umweltinformationsgesetzes (UIG) „um Übermittlung der Unterlagen der Beweissicherung 2015‑2016 der Abwasserreinigungsanlage (...)“ und „der aktuellen Nachweise und Berichte aus den Jahren 2017 und 2018, die zur Überwachung der Auflage im Bescheid vom 11.1.2016 der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach (...) vorgeschrieben wurden.“

8 Mit Stellungnahme vom 10. Jänner 2019 sprachen sich beide mitbeteiligten Parteien gegen die Erteilung der begehrten Informationen aus. Ihrer Ansicht nach verletze die uneingeschränkte Zurverfügungstellung der Ergebnisse der Eigen‑ und Fremdüberwachung der Jahre 2015 bis 2018, insbesondere in Hinblick auf die chemischen Parameter Chlorid, Sulfat, Cyanid, Kupfer und Zink, gesetzlich geschützte Geschäfts‑ und Betriebsgeheimnisse der erstmitbeteiligten Partei, weil dadurch Rückschlüsse auf die Produktion der Lebensmittelzusatzstoffe möglich seien.

9 Mit Schreiben vom 10. Jänner 2019 forderte die belangte Behörde die zweitmitbeteiligte Partei auf, die Ergebnisse der Eigen‑ und Fremdüberwachung der Jahre 2015 bis 2018, jeweils bereinigt um jene Passagen, die nachweislich Geschäfts‑ und Betriebsgeheimnisse beträfen, binnen einer Frist von zwei Wochen zu übermitteln.

10 Mit Schreiben vom 24. Jänner 2019 konkretisierte die zweitbeteiligte Partei zunächst das Vorbringen zur behaupteten Verletzung von Geschäfts‑ und Betriebsgeheimnissen der erstmitbeteiligten Partei in Hinblick auf die genannten chemischen Parameter. Zudem führte sie aus, auch die Mitteilung der Zulaufwerte in die Abwasserreinigungsanlage sei unter diesem Gesichtspunkt abzulehnen. Sie sei gerne bereit, die (ansonsten) gemessenen Emissionen im Fluss T. in ungekürzter Form bekanntzugeben.

11 Mit gesondertem Schreiben vom 24. Jänner 2019 legte die zweitmitbeteiligte Partei sodann die um die genannten chemischen Parameter bereinigten Berichte der Eigen‑ und Fremdüberwachung der Jahre 2015 bis 2018 vor.

12 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 5. Februar 2019 wurden der revisionswerbenden Partei jene Umweltinformationen mitgeteilt, die dem letztgenannten Schreiben der zweitmitbeteiligten Partei vom 24. Jänner 2019 entnommen werden konnten (dieses Schreiben wurde dem Bescheid als „Beilage A“ angeschlossen). Soweit die begehrten Umweltinformationen die Parameter Zulaufwerte in die Abwasserreinigungsanlage, Cyanid‑Gehalt, Kupfer, Zink, Chlorid und Sulfat zum Inhalt hätten, wurden diese nicht mitgeteilt und insofern dem Informationsbegehren vom 21. Dezember 2018 nicht stattgegeben.

13 Die dagegen erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Partei wies das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

14 Begründend führte es aus, bei den angefragten Ergebnissen der Eigen‑ und Fremdüberwachung handle es sich um informationspflichtige Umweltinformationen (§ 2 Z 2 UIG), für die grundsätzlich von Gesetzes wegen ein freier Zugang zu gewährleisten sei (§ 4 UIG). Die angefragten Daten lägen bei der belangten Behörde auf.

15 Dem freien Zugang unterlägen gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 UIG jedenfalls Informationen über Emissionen gemäß § 2 Z 2 UIG in die Umwelt in zeitlich aggregierter oder statistisch dargestellter Form. Bei den so erfassten Umweltinformationen handle es sich, den Zweck des UIG weiterverfolgend, um besonders wichtige Umweltinformationen, die auf keinen Fall einer Geheimhaltungspflicht unterlägen. Dies deshalb, weil sie entweder an frei zugänglichen Orten von jedermann erhoben werden könnten oder aufgrund ihrer Datenqualität keinen Rückschluss auf Daten bestimmter oder mit hoher Wahrscheinlichkeit bestimmbarer Betroffener ermöglichten.

16 Das verfahrensgegenständliche Auskunftsbegehren betreffe nicht Daten in „zeitlich aggregierter oder statistisch dargestellter Form“, sondern die Mitteilung der Beschaffenheit der tatsächlich emittierten Abwässer, jeweils dokumentiert in den Ergebnissen der Eigen‑ und Fremdüberwachung, welche aufgrund verbindlicher Vorschreibungen auszuarbeiten und der Behörde vorzulegen seien. Damit seien auch Emissionen im Zusammenhang mit der laufenden Produktion Gegenstand der Anfrage. Bei diesen Daten könne aber im Sinn einer ex‑ante‑Beurteilung nicht mehr davon ausgegangen werden, dass jedenfalls keine Geheimhaltungsansprüche bestünden.

17 Damit liege kein Anwendungsfall des § 4 Abs. 2 Z 3 UIG vor, bei dem die Informationen jedenfalls dem freien Zugang unterlägen. Das Auskunftsbegehren beziehe sich auf „andere als die in § 4 Abs. 2 genannten Umweltinformationen“ im Sinn des § 6 Abs. 2 UIG.

18 Demnach sei im gegenständlichen Fall die Mitteilungspflicht nach § 5 UIG zu prüfen. Gemäß § 5 Abs. 3 UIG hätten die informationspflichtigen Stellen Umweltinformationen unter Bedachtnahme auf die Mitteilungsschranken und Ablehnungsgründe (§ 6 UIG) mitzuteilen.

19 Eine Mitteilungspflicht bestehe nur dann, wenn die Bekanntgabe keine negativen Auswirkungen auf Geschäfts‑ oder Betriebsgeheimnisse hätte, sofern diese durch innerstaatliches oder gemeinschaftliches Recht geschützt seien, um berechtigte wirtschaftliche Interessen, einschließlich des öffentlichen Interesses an der Wahrung der Geheimhaltung von statistischen Daten und des Steuergeheimnisses, zu schützen (§ 6 Abs. 2 Z 4 UIG).

20 Ausgehend davon gelangte das Verwaltungsgericht zum Ergebnis, im gegenständlichen Fall wären durch die Bekanntgabe der Parameter Zulaufwerte in die Abwasserreinigungsanlage, Cyanid‑Gehalt, Kupfer, Zink, Chlorid und Sulfat durch einen Fachmann Rückschlüsse auf die Art der Produktion, den Umfang der hergestellten Produkte, die Prozessabläufe, die angeschafften und angekauften Vormaterialien und die verwendete Technologie möglich. Dieser Umstand sei vom „betroffenen Unternehmen“ (offenbar gemeint: der erstmitbeteiligten Partei) im behördlichen Verfahren begründet dargelegt worden. Die diesbezüglichen Ausführungen seien schlüssig und in sich nachvollziehbar erfolgt; dies sei auch von dem im behördlichen Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung bestätigt worden.

21 Der erstmitbeteiligten Partei entstünde ein nicht nur geringfügiger Nachteil, der über einen bloßen Imageschaden hinausginge. Sie sei in ihrer Sparte am Weltmarkt führend tätig. Sie habe den vom Auskunftsbegehren betroffenen Prozess selbst entwickelt. Dieser sei bei den Konkurrenten am Weltmarkt nicht bekannt. Die erstmitbeteiligte Partei habe sich dadurch technologischen Vorsprung am Weltmarkt verschafft. Eine Bekanntgabe der verfahrensgegenständlichen, bislang nicht beauskunfteten Parameter könnte zur Folge haben, dass sich die Konkurrenz der erstmitbeteiligten Partei am Weltmarkt die Technologie ebenfalls aneignen könnte. Bei Offenlegung der Informationen sei davon auszugehen, dass die erstmitbeteiligte Partei durch den Verlust eines erarbeiteten technologischen Vorsprungs eine Schwächung am Weltmarkt und damit einen erheblichen Nachteil erlitte.

22 Abschließend legte das Verwaltungsgericht näher dar, weshalb das Interesse der erstmitbeteiligten Partei an der Geheimhaltung der Informationen hinsichtlich der genannten Parameter als schutzwürdiges Geschäfts‑ und Betriebsgeheimnis über das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der Informationen zu stellen sei.

23 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit den verba legalia des Art. 133 Abs. 4 B‑VG.

24 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

25 Die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragten.

26 Die revisionswerbende Partei replizierte.

27 Daraufhin erstatteten die mitbeteiligten Parteien einen weiteren Schriftsatz.

28 Schließlich brachte auch die revisionswerbende Partei einen weiteren Schriftsatz ein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

29 Als Revisionspunkt macht die revisionswerbende Partei geltend, durch das angefochtene Erkenntnis in ihrem Recht auf freien Zugang zu Umweltinformationen bzw. Mitteilung dieser Informationen gemäß den §§ 4 und 5 UIG verletzt zu sein.

30 In der Zulässigkeitsbegründung führt sie dazu ‑ unter anderem ‑ aus, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob im Fall einer behördlichen Bewilligung, die einem Unternehmen die Einleitung großer Mengen an Chemikalien in ein Gewässer erlaubt, angefragte behördliche Nachweise und Berichte zur Überwachung der in der behördlichen Bewilligung festgesetzten Auflagen zu den Zulaufwerten in eine Abwasserreinigungsanlage sowie zum Cyanid‑, Kupfer‑, Zink‑, Chlorid‑ und Sulfatgehalt der Abwässer überhaupt unter die „Mitteilungsschranke“ des § 6 Abs. 4 Z 2 UIG fallen könnten.

31 In ihrer Replik auf die Revisionsbeantwortung der mitbeteiligten Parteien hielt die revisionswerbende Partei zunächst fest, die Frage, ob Geschäfts‑ und Betriebsgeheimnisse vorlägen und ob diese schützenswert seien, sei vor dem Hintergrund des aufgezeigten Revisionspunkts ‑ wenn überhaupt ‑ nur nachgeordnet zu betrachten. Die begehrten Informationen über Emissionen in die Umwelt unterlägen nämlich jedenfalls dem freien Zugang. Eine Einstufung als vertraulich zu behandelnde Geschäfts‑ und Betriebsgeheimnisse sei bereits nach dem klaren Wortlaut der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (Umweltinformations‑RL) ausgeschlossen.

32 Die revisionswerbende Partei führte sodann aus, bei den begehrten Informationen handle es sich um Informationen über Emissionen in die Umwelt im Sinn des Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 Umweltinformations‑RL, deren Preisgabe nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung nicht unter Berufung auf Geschäfts‑ und Betriebsgeheimnisse abgelehnt werden dürfe. In Hinblick auf die Ausführungen der Generalanwältin Kokott in den Schlussanträgen zur Rechtssache C‑266/09, wonach Informationen über Emissionen in die Umwelt in der Regel offenzulegen seien, bestehe kein Zweifel, dass der Antrag der revisionswerbenden Partei bei richtlinienkonformer Auslegung nicht unter Berufung auf Geschäfts‑ oder Betriebsgeheimnisse hätte abgelehnt werden dürfen.

33 Daher sei § 4 Abs. 2 Z 3 UIG nicht richtlinienkonform, weil eine Einschränkung des Zugangs zu Informationen über Emissionen in die Umwelt darauf, dass diese in „zeitlich aggregierter oder statisch dargestellter Form“ vorlägen, mit dem Wortlaut der Umweltinformations‑RL unvereinbar sei. Das Telos der Richtlinie könnte jedenfalls unterlaufen werden, indem die Daten schlicht in anderer Form erhoben würden. Die genannte Wortfolge sei somit bei richtlinienkonformer Interpretation nicht anzuwenden, weshalb die von der revisionswerbenden Partei begehrten Informationen dem freien Zugang nach § 4 Abs. 2 UIG unterlägen.

34 Für den Fall, dass der Verwaltungsgerichtshof Zweifel an der Auslegung der unionsrechtlichen Vorschriften habe, regte die revisionswerbende Partei an, dem EuGH gemäß Art. 267 AEUV näher formulierte Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

35 Die Revision ist zulässig und begründet.

36 Die maßgebenden Bestimmungen des Übereinkommens von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus‑Konvention) lauten auszugsweise:

Artikel 1

Ziel

Um zum Schutz des Rechts jeder männlichen/weiblichen Person gegenwärtiger und künftiger Generationen auf ein Leben in einer seiner/ihrer Gesundheit und seinem/ihrem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt beizutragen, gewährleistet jede Vertragspartei das Recht auf Zugang zu Informationen, auf Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und auf Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Übereinkommens

(...)

3. bedeutet ‚Informationen über die Umwelt‘ sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über

a) den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Land, Landschaft und natürliche Lebensräume, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen;

b) Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung sowie Tätigkeiten oder Maßnahmen, einschließlich Verwaltungsmaßnahmen, Umweltvereinbarungen, Politiken, Gesetze, Pläne und Programme, die sich auf die unter Buchstabe a genannten Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken, sowie Kosten-Nutzen-Analysen und sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen, die bei umweltbezogenen Entscheidungsverfahren verwendet werden;

(...)

Artikel 4

Zugang zu Informationen über die Umwelt

(1) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Behörden nach Maßgabe der folgenden Absätze dieses Artikels und im Rahmen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Öffentlichkeit Informationen über die Umwelt auf Antrag zur Verfügung stellen; (...) dies geschieht

a) ohne Nachweis eines Interesses;

(...)

(4) Ein Antrag auf Informationen über die Umwelt kann abgelehnt werden, wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen hätte auf

(...)

d) Geschäfts‑ und Betriebsgeheimnisse, sofern diese rechtlich geschützt sind, um berechtigte wirtschaftliche Interessen zu schützen. In diesem Rahmen sind Informationen über Emissionen, die für den Schutz der Umwelt von Bedeutung sind, bekannt zu geben;

(...)

Die genannten Ablehnungsgründe sind eng auszulegen, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe sowie ein etwaiger Bezug der beantragten Informationen zu Emissionen in die Umwelt zu berücksichtigen sind.

(...)“

37 Die Erwägungsgründe 1, 5, 8, 9 und 16 der Umweltinformations‑RL lauten:

„(1) Der erweiterte Zugang der Öffentlichkeit zu umweltbezogenen Informationen und die Verbreitung dieser Informationen tragen dazu bei, das Umweltbewusstsein zu schärfen, einen freien Meinungsaustausch und eine wirksamere Teilnahme der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren in Umweltfragen zu ermöglichen und letztendlich so den Umweltschutz zu verbessern.

(...)

(5) Am 25. Juni 1998 unterzeichnete die Europäische Gemeinschaft das Übereinkommen der UN‑Wirtschaftskommission für Europa über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (‚Übereinkommen von Aarhus‘). Die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts müssen im Hinblick auf den Abschluss des Übereinkommens durch die Europäische Gemeinschaft mit dem Übereinkommen übereinstimmen.

(...)

(8) Es muss gewährleistet werden, dass jede natürliche oder juristische Person ohne Geltendmachung eines Interesses ein Recht auf Zugang zu bei Behörden vorhandenen oder für diese bereitgehaltenen Umweltinformationen hat.

(9) Ferner ist es notwendig, dass Behörden Umweltinformationen insbesondere unter Verwendung von Informations‑ und Kommunikationstechnologien so umfassend wie möglich öffentlich zugänglich machen und verbreiten. Die zukünftige Entwicklung dieser Technologien sollte bei der Berichterstattung über diese Richtlinien und bei ihrer Überprüfung berücksichtigt werden.

(...)

(16) Das Recht auf Information beinhaltet, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Die Gründe für die Verweigerung der Bekanntgabe sollten eng ausgelegt werden, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen werden sollten. Die Gründe für die Verweigerung von Informationen sind dem Antragsteller innerhalb der in dieser Richtlinie festgelegten Frist mitzuteilen.“

38 Die maßgebenden Bestimmungen der Umweltinformations‑RL lauten auszugsweise:

Artikel 1

Ziele

Mit dieser Richtlinie werden folgende Ziele verfolgt:

a) die Gewährleistung des Rechts auf Zugang zu Umweltinformationen, die bei Behörden vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden, und die Festlegung der grundlegenden Voraussetzungen und praktischer Vorkehrungen für die Ausübung dieses Rechts sowie

b) die Sicherstellung, dass Umweltinformationen selbstverständlich zunehmend öffentlich zugänglich gemacht und verbreitet werden, um eine möglichst umfassende und systematische Verfügbarkeit und Verbreitung von Umweltinformationen in der Öffentlichkeit zu erreichen. Dafür wird die Verwendung insbesondere von Computer-Telekommunikation und/oder elektronischen Technologien gefördert, soweit diese verfügbar sind.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

1. ‚Umweltinformationen‘ sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über

a) den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Land, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten‑ und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich genetisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen,

b) Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung oder Abfall einschließlich radioaktiven Abfalls, Emissionen, Ableitungen oder sonstiges Freisetzen von Stoffen in die Umwelt, die sich auf die unter Buchstabe a) genannten Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken,

(...)

5. ‚Antragsteller‘ eine natürliche oder juristische Person, die Zugang zu Umweltinformationen beantragt;

(...)

Artikel 3

Zugang zu Umweltinformationen auf Antrag

(1) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Behörden gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie verpflichtet sind, die bei ihnen vorhandenen oder für sie bereitgehaltenen Umweltinformationen allen Antragstellern auf Antrag zugänglich zu machen, ohne dass diese ein Interesse geltend zu machen brauchen.

(2) Umweltinformationen sind dem Antragsteller vorbehaltlich des Artikels 4 und unter Berücksichtigung etwaiger vom Antragsteller angegebener Termine (...) zugänglich zu machen:

(...)

Artikel 4

Ausnahmen

(...)

(2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abgelehnt wird, wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen hätte auf:

(...)

d) Geschäfts‑ oder Betriebsgeheimnisse, sofern diese durch einzelstaatliches oder gemeinschaftliches Recht geschützt sind, um berechtigte wirtschaftliche Interessen, einschließlich des öffentlichen Interesses an der Wahrung der Geheimhaltung von statistischen Daten und des Steuergeheimnisses, zu schützen;

(...)

Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Ablehnungsgründe sind eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist. In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen. Die Mitgliedstaaten dürfen aufgrund des Absatzes 2 Buchstaben a), d), f), g) und h) nicht vorsehen, dass ein Antrag abgelehnt werden kann, wenn er sich auf Informationen über Emissionen in die Umwelt bezieht.

(...)“

39 Die maßgebenden Bestimmungen des UIG lauten auszugsweise:

Ziel des Gesetzes

§ 1. Ziel dieses Bundesgesetzes ist die Information der Öffentlichkeit über die Umwelt, insbesondere durch

1. Gewährleistung des Rechts auf Zugang zu den bei den informationspflichtigen Stellen vorhandenen oder für diese bereitgehaltenen Umweltinformationen;

2. Förderung der systematischen und umfassenden Verfügbarkeit und Verbreitung von Umweltinformationen. Zu diesem Zweck werden, nach Maßgabe vorhandener Mittel, bevorzugt elektronische Kommunikationsmittel eingesetzt.

Umweltinformationen

§ 2. Umweltinformationen sind sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über

1. den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Land, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Berggebiete, Feuchtgebiete, Küsten und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich genetisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen;

2. Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung oder Abfall einschließlich radioaktiven Abfalls, Emissionen, Ableitungen oder sonstiges Freisetzen von Stoffen oder Organismen in die Umwelt, die sich auf die in Z 1 genannten Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken;

(...)

Freier Zugang zu Umweltinformationen

§ 4. (1) Das Recht auf freien Zugang zu Umweltinformationen, die bei den informationspflichtigen Stellen vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden, wird jeder natürlichen oder juristischen Person ohne Nachweis eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen gewährleistet. Umweltinformationen sind vorhanden, wenn sie sich im Besitz der informationspflichtigen Stelle befinden und von ihr erstellt wurden oder bei ihr eingegangen sind. Umweltinformationen werden bereitgehalten, wenn eine natürliche oder juristische Person, die selbst nicht informationspflichtige Stelle ist, Umweltinformationen für eine informationspflichtige Stelle aufbewahrt und diese Stelle darauf einen Übermittlungsanspruch hat.

(2) Dem freien Zugang unterliegen jedenfalls Informationen über

(...)

3. Emissionen gemäß § 2 Z 2 in die Umwelt in zeitlich aggregierter oder statistisch dargestellter Form;

(...)

Mitteilungspflicht

§ 5. (...)

(...)

(3) Die informationspflichtigen Stellen haben Umweltinformationen unter Bedachtnahme auf die Mitteilungsschranken und Ablehnungsgründe (§ 6) sowie in möglichst aktueller, exakter, vergleichbarer und allgemein verständlicher Form mitzuteilen. (...)

(...)

Mitteilungsschranken und Ablehnungsgründe

§ 6. (...)

(2) Andere als die in § 4 Abs. 2 genannten Umweltinformationen sind unbeschadet der Mitteilungsschranken des Abs. 1 mitzuteilen, sofern ihre Bekanntgabe keine negativen Auswirkungen hätte auf:

(...)

4. Geschäfts‑ oder Betriebsgeheimnisse, sofern diese durch innerstaatliches oder gemeinschaftliches Recht geschützt sind, um berechtigte wirtschaftliche Interessen, einschließlich des öffentlichen Interesses an der Wahrung der Geheimhaltung von statistischen Daten und des Steuergeheimnisses, zu schützen;

(...)

(4) Die in Abs. 1 und 2 genannten Mitteilungsschranken und Ablehnungsgründe sind eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der Umweltinformationen zu berücksichtigen ist. In jedem Einzelfall ist das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abzuwägen. Öffentliches Interesse an der Bekanntgabe kann insbesondere im Schutz folgender Rechtsgüter liegen:

1. Schutz der Gesundheit;

2. Schutz vor nachhaltigen oder schwerwiegenden Umweltbelastungen;

oder

3. Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.

(...)

Bezugnahme auf Unionsrecht

§ 19. Durch dieses Bundesgesetz werden die Richtlinie 2003/4/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates, ABl. Nr. L 41 vom 14.02.2003 S 26, CELEX‑Nr. 32003L0004 , und die Richtlinie 2012/18/EU zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG , ABl. Nr. L 197 vom 24.07.2012 S 1, CELEX‑Nr. 32012L0018 , in österreichisches Recht umgesetzt.“

40 Dem vorliegenden Revisionsfall ist voranzustellen, dass es sich nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses bei den von der revisionswerbenden Partei begehrten Berichten der Eigen‑ und Fremdüberwachung der Jahre 2015 bis 2018 über die Abwasserbeschaffenheit der Abwasserreinigungsanlage der zweitmitbeteiligten Partei grundsätzlich um Umweltinformationen im Sinn von Art. 2 Z 1 lit. b Umweltinformations‑RL bzw. § 2 Z 2 UIG handelt, die bei der belangten Behörde als informationspflichtiger Stelle aufliegen.

41 Die revisionswerbende Partei vertritt die Ansicht, dass diese Informationen solche über „Emissionen in die Umwelt“ darstellen, deren Bekanntgabe nach Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 Umweltinformations‑RL Geschäfts‑ und Betriebsgeheimnis im Sinn des Art. 4 Abs. 2 lit. b der Richtlinie nicht entgegengehalten werden könnten.

42 Es ist daher zunächst auf die für den vorliegenden Fall maßgebende Unionsrechtslage einzugehen.

43 Nach den Abs. 1 und 2 des Art. 4 Umweltinformations‑RL können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen aus den in diesen Absätzen genannten Gründen abgelehnt wird.

44 So sieht Art. 4 Abs. 2 lit. d vor, dass ein Antrag abgelehnt werden kann, wenn die Bekanntgabe der Umweltinformationen negative Auswirkungen auf Geschäfts‑ und Betriebsgeheimnisse hätte, sofern diese durch einzelstaatliches oder gemeinschaftliches Recht geschützt sind, um berechtigte wirtschaftliche Interessen, einschließlich des öffentlichen Interesses an der Wahrung der Geheimhaltung von statistischen Daten und des Steuergeheimnisses, zu schützen.

45 Allerdings dürfen die Mitgliedstaaten nach Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 letzter Satz Umweltinformations‑RL einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen aus dem Grund des Art. 4 Abs. 2 lit. d nicht ablehnen, wenn sich der Antrag auf Informationen über „Emissionen in die Umwelt“ bezieht.

46 Der EuGH hat in seinem Urteil vom 23. November 2016, C‑442/14, Bayer CropScience und Stichting De Bijenstichting, zu diesem Begriff wie folgt ausgeführt:

„50 Mit seinen Fragen 3 bis 7 und 9, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das Freisetzen von Pflanzenschutzmitteln oder Biozid‑Produkten oder von in diesen Produkten enthaltenen Stoffen in die Umwelt unter den Begriff ‚Emissionen in die Umwelt‘ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 fällt (...)

(...)

52 Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, dass die Begriffe ‚Emissionen in die Umwelt‘ und ‚Informationen über Emissionen in die Umwelt‘, da sie in der Richtlinie 2003/4 nicht bestimmt sind, unter Berücksichtigung des Zusammenhangs ihres Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 und des mit dieser Richtlinie verfolgten Ziels auszulegen sind.

53 Wie zum einen der fünfte Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/4 aber bestätigt, wollte der Unionsgesetzgeber mit dem Erlass dieser Richtlinie im Hinblick auf den Abschluss des Übereinkommens von Århus durch die Gemeinschaft die Vereinbarkeit des Unionsrechts mit dem Übereinkommen durch eine allgemeine Regelung sicherstellen, die gewährleistet, dass jede natürliche oder juristische Person eines Mitgliedstaats ein Recht auf Zugang zu bei Behörden vorhandenen oder für diese bereitgehaltenen Umweltinformationen hat, ohne hierfür ein Interesse geltend machen zu müssen (vgl. u. a. Urteil vom 19. Dezember 2013, Fish Legal und Shirley, C‑279/12, EU:C:2013:853, Rn. 36).

54 Demnach sind für die Auslegung der Richtlinie 2003/4 der Wortlaut und das Ziel des Übereinkommens von Århus, das mit dieser Richtlinie in das Unionsrecht umgesetzt werden soll, zu berücksichtigen (vgl. u. a. Urteil vom 19. Dezember 2013, Fish Legal und Shirley, C‑279/12, EU:C:2013:853, Rn. 37) und insbesondere Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d dieses Übereinkommens, wonach Geschäfts‑ und Betriebsgeheimnisse der Bekanntgabe von Informationen über Emissionen, die für den Schutz der Umwelt von Bedeutung sind, nicht entgegengehalten werden können.

55 Zum anderen hat die Richtlinie 2003/4 nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs das Ziel, einen grundsätzlichen Zugang zu Umweltinformationen, die bei Behörden vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden, zu gewährleisten und, wie aus ihrem neunten Erwägungsgrund und ihrem Art. 1 hervorgeht, eine möglichst umfassende und systematische Verfügbarkeit und Verbreitung von Umweltinformationen in der Öffentlichkeit zu erreichen (vgl. u. a. Urteil vom 19. Dezember 2013, Fish Legal und Shirley, C‑279/12, EU:C:2013:853, Rn. 66).

56 Folglich muss die Bekanntgabe von Informationen, wie Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 des Übereinkommens von Århus sowie der 16. Erwägungsgrund und Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 ausdrücklich vorsehen, die allgemeine Regel sein und sind die in diesen Bestimmungen genannten Ablehnungsgründe eng auszulegen (vgl. u. a. Urteile vom 16. Dezember 2010, Stichting Natuur en Milieu u. a., C‑266/09, EU:C:2010:779, Rn. 52, sowie vom 28. Juli 2011, Office of Communications, C‑71/10, EU:C:2011:525, Rn. 22).

57 Indem Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 vorsieht, dass Geschäfts‑ oder Betriebsgeheimnisse der Bekanntgabe von ‚Informationen über Emissionen in die Umwelt‘ nicht entgegengehalten werden können, ermöglicht er eine konkrete Umsetzung dieser Regel und des Grundsatzes eines möglichst umfassenden Zugangs zu Umweltinformationen, die bei Behörden vorhanden sind oder für diese bereitgehalten werden.

58 Daraus ergibt sich, dass die Begriffe ‚Emissionen in die Umwelt‘ und ‚Informationen über Emissionen in die Umwelt‘ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 (...) nicht eng auszulegen sind.

(...)

61 Als Erstes ist zur Frage, ob der Begriff ‚Emissionen‘ von den Begriffen ‚Ableitungen‘ und ‚Freisetzen‘ zu unterscheiden ist, darauf hinzuweisen, dass Art. 2 Nr. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/4 , in dem die Faktoren aufgezählt sind, die unter den Begriff ‚Umweltinformationen‘ fallen können, auf den ersten Blick tatsächlich eine solche Unterscheidung vorzunehmen scheint.

62 Zum einen jedoch ist diese Unterscheidung dem Übereinkommen von Århus fremd, das in seinem Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d lediglich vorsieht, dass der Schutz von Geschäfts‑ und Betriebsgeheimnissen einer Bekanntgabe von ‚Informationen über Emissionen, die für den Schutz der Umwelt von Bedeutung sind‘, nicht entgegengehalten werden kann.

63 Zum anderen hat ‑ wie die Generalanwältin in Nr. 59 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat ‑ eine Unterscheidung zwischen Emissionen, Ableitungen und sonstigen Freisetzungen keine Bedeutung für das mit der Richtlinie 2003/4 verfolgte Ziel, Umweltinformationen bekannt zu geben, und wäre künstlich.

64 Denn sowohl Emissionen von Gas oder anderen Stoffen in die Atmosphäre als auch ein sonstiges Freisetzen oder sonstige Ableitungen wie das Freisetzen von Stoffen, Zubereitungen, Organismen, Mikroorganismen, Erschütterungen, Wärme oder Lärm in die Umwelt, insbesondere in die Luft, das Wasser oder den Boden, können diese verschiedenen Umweltbestandteile beeinflussen.

65 Zudem decken sich die Begriffe ‚Emissionen‘, ‚Ableitungen‘ und ‚Freisetzen‘ weitgehend, wie die Verwendung des Ausdrucks ‚sonstiges Freisetzen‘ in Art. 2 Nr. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/4 zeigt, woraus sich ergibt, dass Emissionen und Ableitungen ebenfalls ein Freisetzen von Stoffen in die Umwelt darstellen.

66 So stellen zahlreiche Rechtsakte der Union, wie die Richtlinie 2010/75 , aber auch die Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (ABl. 2004, L 143, S. 56) und die Verordnung (EG) Nr. 166/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Januar 2006 über die Schaffung eines Europäischen Schadstofffreisetzungs‑ und ‑verbringungsregisters und zur Änderung der Richtlinien 91/689/EWG und 96/61/EG des Rates (ABl. 2006, L 33, S. 1), die Begriffe ‚Emissionen‘, ‚Freisetzen‘ und ‚Ableitungen‘ weitgehend gleich.

67 Folglich ist für die Auslegung des Begriffs ‚Emissionen in die Umwelt‘ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 zwischen diesem Begriff und den Begriffen ‚Ableitungen‘ und ‚Freisetzen‘ in die Umwelt nicht zu unterscheiden.

(...)“

47 Nach der Rechtsprechung des EuGH ermöglicht Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 letzter Satz Umweltinformations‑RL, dem zur Folge Geschäfts‑ oder Betriebsgeheimnisse der Bekanntgabe von Informationen über Emissionen in die Umwelt nicht entgegengehalten werden können, eine konkrete Umsetzung des ‑ insbesondere aus der Aarhus‑Konvention abgeleiteten ‑ Ziels der Umweltinformations‑RL, wonach die Bekanntgabe von Informationen der Regelfall sein muss und ein möglichst umfassender Zugang zu Umweltinformationen, die bei Behörden vorhanden sind oder für diese bereitgehalten werden, zu gewähren ist. Daher dürfen die Begriffe „Emissionen in die Umwelt“ bzw. „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinn des Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 letzter Satz Umweltinformations‑RL nicht eng ausgelegt werden.

48 Folglich hielt der EuGH fest, dass zwischen dem Begriff „Emissionen in die Umwelt“ und den Begriffen „Ableitungen“ und „sonstigem Freisetzen“ in die Umwelt nach Art. 2 Z 1 lit. b Umweltinformations‑RL nicht zu unterscheiden ist, weil eine solche Unterscheidung nicht mit dem Ziel der Umweltinformations‑RL und dem Wortlaut des Art. 2 Z 1 lit. b der Richtlinie in Einklang steht (vgl. EuGH 23.11.2016, Bayer CropScience und Stichting De Bijenstichting, C‑442/14; sowie in Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 EuGH 23.11.2016, Kommission/Stichting Greenpeace Nederland und PAN Europe, C‑673/13 P).

49 Im vorliegenden Revisionsfall wird nicht bestritten, dass die von den Produktionsanlagen der erstmitbeteiligten Partei ausgehenden Abwässer, in denen Cyanid, Kupfer, Zink, Chlorid und Sulfat enthalten sind, von der Abwasserreinigungsanlage der zweitmitbeteiligten Partei übernommen und danach in den Fluss T. eingeleitet werden.

50 Ausgehend davon kann aufgrund des dargestellten, weiten Begriffsverständnisses des EuGH kein Zweifel daran bestehen, dass es sich bei den Berichten der Eigen- und Fremdüberwachung der Jahre 2015 bis 2018 über die Beschaffenheit der eingeleiteten Abwässer um Informationen über „Emissionen in die Umwelt“ im Sinn des Art. 2 Z 1 lit. b und Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 zweiter Satz Umweltinformations‑RL handelt. Nach der ausdrücklichen Anordnung der letzten Bestimmung kann einem Antrag auf Zugang zu solchen Informationen die Verletzung von Geschäfts‑ und Betriebsgeheimnissen gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. d Umweltinformations‑RL nicht entgegengehalten werden.

51 Die revisionswerbende Partei wirft vor diesem Hintergrund die Frage auf, ob § 4 Abs. 2 Z 3 UIG dem Wortlaut und der dargestellten Zielsetzung der Umweltinformations‑RL entspricht.

52 Nach der Rechtsprechung des EuGH obliegt die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das in dieser vorgesehene Ziel zu erreichen, sowie die Pflicht der Mitgliedstaaten, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Trägern öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auch den Gerichten. Das nationale Gericht hat, soweit es das nationale Recht bei der Anwendung einer Richtlinie auszulegen hat, seine Auslegung soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen. Ist eine den Anforderungen der Richtlinie genügende Anwendung des nationalen Rechts nicht möglich, so ist das nationale Gericht verpflichtet, das Unionsrecht in vollem Umfang anzuwenden und die Rechte, die dieses dem Einzelnen einräumt, zu schützen, indem es notfalls jene Bestimmung unangewendet lässt, deren Anwendung im konkreten Fall zu einem gegen diese Richtlinie verstoßenden Ergebnis führen würde, während die Nichtanwendung dieser Bestimmung das nationale Recht mit der Richtlinie in Einklang bringen würde (vgl. VwGH 28.4.2020, Ro 2019/09/0011; 30.9.2010, 2010/03/0051, 0055, jeweils unter Hinweis auf EuGH 22.5.2003, Connect Austria, C‑462/99).

53 Der österreichische Gesetzgeber hat von der in Art. 4 Umweltinformations‑RL vorgesehenen Möglichkeit, einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen aus den in dieser Bestimmung genannten Gründen abzulehnen, Gebrauch gemacht. In § 6 Abs. 1 und 2 UIG (idF der Novelle 2004, BGBl. I Nr. 6/2005) wurden „Mitteilungsschranken und Ablehnungsgründe“, die im Wesentlichen die Ablehnungsgründe des Art. 4 Abs. 1 lit. b bis e bzw. Abs. 2 lit. a bis f und h Umweltinformations‑RL umsetzen, normiert.

54 Nach § 6 Abs. 2 UIG sind „andere als die in § 4 Abs. 2 genannten Umweltinformationen“ ‑ unbeschadet der Mitteilungsschranken des § 6 Abs. 1 leg. cit. ‑ mitzuteilen, sofern ihre Bekanntgabe keine negativen Auswirkungen auf die in § 6 Abs. 2 Z 1 bis 7 leg. cit. genannten Rechtsgüter hat.

55 Zu diesen zählen nach Z 4 leg. cit. Geschäfts‑ oder Betriebsgeheimnisse, sofern diese durch innerstaatliches oder gemeinschaftliches Recht geschützt sind, um berechtigte wirtschaftliche Interessen, einschließlich des öffentlichen Interesses an der Wahrung der Geheimhaltung von statistischen Daten und des Steuergeheimnisses, zu schützen. Dabei handelt es sich um die Umsetzung des Ablehnungsgrunds nach Art. 4 Abs. 2 lit. d Umweltinformations‑RL.

56 Aus der Wendung „andere als die in § 4 Abs. 2 genannten Umweltinformationen“ in § 6 Abs. 2 UIG erhellt, dass nach der innerstaatlichen Rechtslage aber nur der Bekanntgabe der in § 4 Abs. 2 UIG genannten Umweltinformationen Geschäfts‑ oder Betriebsgeheimnisse im Sinn des Art. 4 Abs. 2 lit. d Umweltinformations‑RL bzw. § 6 Abs. 2 Z 4 UIG nicht entgegengehalten werden dürfen.

57 Nun unterliegen nach § 4 Abs. 2 Z 3 UIG dem freien Zugang Informationen über Emissionen gemäß § 2 Z 2 UIG in die Umwelt „in zeitlich aggregierter oder statistisch dargestellter Form“. Folglich dürften nach der ausdrücklichen Anordnung des § 6 Abs. 2 UIG einem Antrag auf Zugang zu Informationen über Emissionen in die Umwelt Geschäfts‑ oder Betriebsgeheimnisse nur dann nicht entgegengehalten werden, wenn diese Informationen „in zeitlich aggregierter oder statistisch dargestellter Form“ vorlägen.

58 Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 letzter Satz Umweltinformations‑RL, wonach einem Antrag auf Zugang zu Informationen über „Emissionen in die Umwelt“ Geschäfts‑ und Betriebsgeheimnisse nicht entgegengehalten werden dürfen, sieht für den Zugang zu solchen Informationen aber keine solchen zusätzlichen Bedingungen vor. Nach der (oben zitierten) Rechtsprechung des EuGH dürfen die dieser Bestimmung immanenten Begriffe „Emissionen in die Umwelt“ bzw. „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ vor dem Hintergrund des Ziels der Umweltinformations‑RL auch nicht eng ausgelegt werden (vgl. EuGH 23.11.2016, Bayer CropScience und Stichting De Bijenstichting, C‑442/14).

59 Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass mit dem in § 2 UIG normierten Begriff der „Umweltinformation“ die unionsrechtliche Vorgabe durch Art. 2 Z 1 Umweltinformations‑RL nahezu wörtlich übernommen wurde (vgl. VwGH 30.3.2017, Ro 2017/07/0004). Demzufolge sind „Umweltinformationen“ sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über die dort angeführten Kategorien (wie etwa die im Revisionsfall relevanten Emissionen in die Umwelt).

60 § 4 Abs. 2 Z 3 UIG macht aber den uneingeschränkten Zugang zu Informationen über Emissionen in die Umwelt von der zusätzlichen Voraussetzung abhängig, dass diese Informationen „in zeitlich aggregierter oder statistisch dargestellter Form“ vorliegen müssen. Damit ist nach der innerstaatlichen Rechtslage der Zugang zu Informationen über Emissionen in die Umwelt aber einer Beschränkung unterworfen, die nicht mit der Vorschrift des Art. 2 Z 1, dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 letzter Satz und dem Ziel der Umweltinformations‑RL vereinbar ist.

61 Die Umweltinformations‑RL ist in Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 letzter Satz auch inhaltlich unbedingt und hinreichend genau, sodass sich der Einzelne im Fall nicht richtlinienkonformer Umsetzung bei der Geltendmachung der damit eingeräumten Rechte gegenüber dem Staat unmittelbar darauf berufen kann.

62 Eine den Anforderungen der Umweltinformations‑RL genügende Anwendung des § 4 Abs. 2 Z 3 UIG ist auf Grund der darin vorgesehenen, der Richtlinie jedoch widersprechenden Einschränkung nicht möglich, weshalb die nationalen Behörden und Gerichte verpflichtet sind, die Einschränkung „in zeitlich aggregierter oder statistisch dargestellter Form“ unangewendet zu lassen. Nur die Nichtanwendung dieser Einschränkung führt zu dem richtlinienkonformen Ergebnis, dass es sich bei Informationen über Emissionen in die Umwelt nicht um „andere als die in § 4 Abs. 2 genannten Umweltinformationen“ im Sinn des § 6 Abs. 2 UIG handelt und diese daher dem freien Zugang unterliegen.

63 Aus diesem Grund durften dem Antrag der revisionswerbenden Partei Geschäfts‑ oder Betriebsgeheimnisse der erstmitbeteiligten Partei jedenfalls nicht entgegengehalten werden. Daher kann auch dahinstehen, ob die vom Verwaltungsgericht vertretene Ansicht, wonach dieser Antrag keine Daten in „zeitlich aggregierter oder statistisch dargestellter Form“ betreffe, überhaupt zutrifft.

64 Das angefochtene Erkenntnis war bereits deshalb gemäß § 42 bs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

65 Das übrige Zulässigkeitsvorbringen betrifft Rechtsfragen in Zusammenhang mit der Beurteilung der gegenständlichen Umweltinformationen als Geschäfts‑ oder Betriebsgeheimnisse im Sinn des § 6 Abs. 2 Z 4 UIG, denen nach diesen Erwägungen lediglich abstrakte Bedeutung zukäme. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aufgrund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG aber nicht zuständig (vgl. VwGH 4.3.2021, Ra 2020/07/0039, mwN).

66 Es war daher auf das übrige Zulässigkeitsvorbringen bzw. das dazu erstattete Vorbringen der Parteien in ihren (weiteren) Schriftsätzen nicht einzugehen.

67 Eine Befassung des EuGH zur Auslegung der für den vorliegenden Revisionsfall maßgebenden Bestimmungen des Unionsrechts konnte im Hinblick auf das Vorgesagte unterbleiben.

68 Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und einem Entfall der Verhandlung im Hinblick auf die Rechtsprechung EGMR weder Art. 6 EMRK, noch Art. 47 GRC entgegenstanden.

69 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil aufgrund der zitierten Rechtsvorschriften weder ein Einheitssatz (vgl. VwGH 16.10.2017, Ra 2015/05/0070) noch ein Streitgenossenzuschlag (vgl. VwGH 15.9.2016, Ro 2015/21/0043 bis 0045) zuerkannt werden kann. Auch ist in dem in der Verordnung vorgesehenen Pauschalbetrag Umsatzsteuer mitenthalten und ein gesonderter Schriftsatzaufwand für eine Replik in der Verordnung nicht vorgesehen (vgl. VwGH 30.6.2016, 2013/07/0141, mwN).

Wien, am 6. Juli 2021

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte