VwGH 2010/03/0051

VwGH2010/03/005130.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, in den Beschwerdesachen 1. der Gemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister, 2. der Bürgerinitiative L,

3. der K B, 4. des H B, 5. der B Immobilien und Beteiligungen GmbH, 6. der Hotel W Betriebsgesellschaft m.b.H.,

7. der E N, 8. der I S, 9. des L S, 10. des K S, 11. der M J, alle in B, alle vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48 (hg Zl 2010/03/0051), und 12. der Salzburger Landesumweltanwaltschaft, vertreten durch Dr. Wolfgang Maria Paumgartner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Pfeifergasse 3 (hg Zl 2010/03/0055), gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 2. März 2010, Zl BMVIT- 820.295/0002-IV/SCH2/2010, betreffend Umweltverträglichkeitsprüfung und teilkonzentriertes Genehmigungsverfahren (mitbeteiligte Partei: Ö AG in W, vertreten durch Walch & Zehetbauer Rechtsanwälte OG, 1010 Wien, Biberstraße 11), den Beschluss gefasst:

Normen

11997E010 EG Art10;
11997E249 EG Art249;
12007P/TXT Grundrechte Charta Art47;
12007P/TXT Grundrechte Charta;
12010E267 AEUV Art267;
12010E288 AEUV Art288 Abs3;
12010M004 EUV Art4 Abs3;
31985L0337 UVP-RL Art10a;
31985L0337 UVP-RL Art6 Abs4;
61990CJ0087 Verholen VORAB;
61998CJ0228 Dounias / Oikonomikon VORAB;
61999CJ0226 Siples VORAB;
61999CJ0459 MRAX VORAB;
61999CJ0462 Connect Austria VORAB;
62004CJ0506 Wilson VORAB;
62007CJ0555 Kücükdeveci VORAB;
62008CJ0205 Umweltanwalt Kärnten / Kärntner Landesregierung VORAB;
62008CJ0263 Djurgarden-Lilla Värtans Miljöskyddsförening VORAB;
62008CJ0317 Alassini VORAB;
AVG §63;
AVG §66;
B-VG Art130;
EURallg;
EMRK Art13;
EMRK Art6;
USG 2000 §12 Abs1;
USG 2000 §5;
USG 2000 §6;
UVPG 2000 §1 Abs2;
UVPG 2000 §24 Abs1;
UVPG 2000 §39;
UVPG 2000 §40 Abs1;
UVPG 2000 §42;
VwGG §41 Abs1;
11997E010 EG Art10;
11997E249 EG Art249;
12007P/TXT Grundrechte Charta Art47;
12007P/TXT Grundrechte Charta;
12010E267 AEUV Art267;
12010E288 AEUV Art288 Abs3;
12010M004 EUV Art4 Abs3;
31985L0337 UVP-RL Art10a;
31985L0337 UVP-RL Art6 Abs4;
61990CJ0087 Verholen VORAB;
61998CJ0228 Dounias / Oikonomikon VORAB;
61999CJ0226 Siples VORAB;
61999CJ0459 MRAX VORAB;
61999CJ0462 Connect Austria VORAB;
62004CJ0506 Wilson VORAB;
62007CJ0555 Kücükdeveci VORAB;
62008CJ0205 Umweltanwalt Kärnten / Kärntner Landesregierung VORAB;
62008CJ0263 Djurgarden-Lilla Värtans Miljöskyddsförening VORAB;
62008CJ0317 Alassini VORAB;
AVG §63;
AVG §66;
B-VG Art130;
EURallg;
EMRK Art13;
EMRK Art6;
USG 2000 §12 Abs1;
USG 2000 §5;
USG 2000 §6;
UVPG 2000 §1 Abs2;
UVPG 2000 §24 Abs1;
UVPG 2000 §39;
UVPG 2000 §40 Abs1;
UVPG 2000 §42;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Die erst- bis elftbeschwerdeführenden Parteien haben zusammen dem Bund Aufwendungen in der Höhe von Euro 581,90 und der mitbeteiligten Partei von Euro 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die zwölftbeschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von Euro 581,90 und der mitbeteiligten Partei von Euro 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der mitbeteiligten Partei gemäß § 23b Abs 1 Z 2 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) iVm § 46 Abs 20 Z 1 und §§ 24 Abs 1, 24f Abs 1, Abs 1a, Abs 2, Abs 3 und Abs 5 UVP-G 2000 die Genehmigung für das Vorhaben "ÖBB-Strecke Schwarzach/St. Veit - Villach Hbf. Steinbach-Angertal Abschnitt Schlossbachgraben - Angertal km 24,602 bis km 26,306" nach Maßgabe von Projektsunterlagen und Gutachten sowie unter Einhaltung näherer "Vorschreibungen" erteilt.

Dieses Vorhaben betrifft den zweigleisigen Ausbau einer Fernverkehrsstrecke und ist UVP-pflichtig im Sinne des Anhangs I

Z 7 lit a der UVP-Richtlinie (vgl das hg Erkenntnis vom 3. September 2008, Zl 2007/03/068).

II.

In den gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerden wird unter anderem unter Hinweis auf im Verwaltungsverfahren eingeholte eigene Sachverständigengutachten bemängelt, die belangte Behörde habe die Umweltauswirkungen des gegenständlichen Vorhabens unzutreffend beurteilt; die Beschwerden machen überdies geltend, das innerstaatliche Recht setze, indem es für die Bewilligung von Eisenbahn-Hochleistungsstrecken ein besonderes Regime geschaffen habe, das die Entscheidung in erster und letzter Instanz durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie vorsehe, Art 10a der UVP-Richtlinie nicht gehörig um.

Die Beschwerden sind unzulässig:

1. Im Beschwerdefall sind folgende österreichische

Rechtsvorschriften maßgebend:

1.1. Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, BGBl 697/1993 idF BGBl I Nr 87/2009 (UVP-G 2000):

"1. ABSCHNITT

Aufgabe von Umweltverträglichkeitsprüfung und Bürgerbeteiligung

§ 1. (1) Aufgabe der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist es, unter Beteiligung der Öffentlichkeit auf fachlicher Grundlage

1. die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen festzustellen, zu beschreiben und zu bewerten, die ein Vorhaben

  1. a) auf Menschen, Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume,
  2. b) auf Boden, Wasser, Luft und Klima,
  3. c) auf die Landschaft und
  4. d) auf Sach- und Kulturgüter

    hat oder haben kann, wobei Wechselwirkungen mehrerer Auswirkungen untereinander miteinzubeziehen sind,

    2. Maßnahmen zu prüfen, durch die schädliche, belästigende oder belastende Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt verhindert oder verringert oder günstige Auswirkungen des Vorhabens vergrößert werden,

    3. die Vor- und Nachteile der vom Projektwerber/von der Projektwerberin geprüften Alternativen sowie die umweltrelevanten Vor- und Nachteile des Unterbleibens des Vorhabens darzulegen und

    4. bei Vorhaben, für die gesetzlich die Möglichkeit einer Enteignung oder eines Eingriffs in private Rechte vorgesehen ist, die umweltrelevanten Vor- und Nachteile der vom Projektwerber/von der Projektwerberin geprüften Standort- oder Trassenvarianten darzulegen.

(2) Durch dieses Bundesgesetz wird die Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. Nr. L 175 vom 05.06.1985 S. 40, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2003/35/EG über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten, ABl. Nr. L 156 vom 25.06.2003 S. 17, umgesetzt.

Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung

§ 3. (1) Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. ...

...

2. Abschnitt

Umweltverträglichkeitsprüfung und konzentriertes

Genehmigungsverfahren

...

Partei- und Beteiligtenstellung sowie Rechtsmittelbefugnis

§ 19. (1) Parteistellung haben

...

3. der Umweltanwalt gemäß Abs. 3;

...

7. Umweltorganisationen, die gemäß Abs. 7 anerkannt wurden.

...

(6) Umweltorganisation ist ein Verein oder eine Stiftung,

1. der/die als vorrangigen Zweck gemäß Vereinsstatuten oder Stiftungserklärung den Schutz der Umwelt hat,

2. der/die gemeinnützige Ziele im Sinn der §§ 35 und 36 BAO, BGBl. Nr. 194/1961, verfolgt und

3. der/die vor Antragstellung gemäß Abs. 7 mindestens drei Jahre mit dem unter Z 1 angeführten Zweck bestanden hat.

(7) (Verfassungsbestimmung) Der Bundesminister/die Bundesministerin für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister/der Bundesministerin für Wirtschaft und Arbeit auf Antrag mit Bescheid zu entscheiden, ob eine Umweltorganisation die Kriterien des Abs. 6 erfüllt und in welchen Bundesländern die Umweltorganisation zur Ausübung der Parteienrechte befugt ist. Gegen die Entscheidung kann auch Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.

...

(10) Eine gemäß Abs. 7 anerkannte Umweltorganisation hat Parteistellung und ist berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren geltend zu machen, soweit sie während der Auflagefrist gemäß § 9 Abs. 1 schriftlich Einwendungen erhoben hat. Sie ist auch berechtigt, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

...

3. Abschnitt

Umweltverträglichkeitsprüfung für Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken

...

Anwendungsbereich für Hochleistungsstrecken

§ 23b. (1) Für folgende Vorhaben von Hochleistungsstrecken, die nicht bloß in Ausbaumaßnahmen auf bestehenden Eisenbahnen bestehen, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 1) nach diesem Abschnitt durchzuführen:

1. Neubau von Eisenbahn-Fernverkehrsstrecken oder ihrer Teilabschnitte, Neubau von sonstigen Eisenbahnstrecken oder ihrer Teilabschnitte auf einer durchgehenden Länge von mindestens 10 km,

2. Änderung von Eisenbahnstrecken oder ihrer Teilabschnitte auf einer durchgehenden Länge von mindestens 10 km, sofern die Mitte des äußersten Gleises der geänderten Trassen von der Mitte des äußersten Gleises der bestehenden Trasse mehr als 100 m entfernt ist.

Verfahren, Behörde

§ 24. (1) Wenn ein Vorhaben gemäß § 23a oder § 23b einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist, hat der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie die Umweltverträglichkeitsprüfung und ein teilkonzentriertes Genehmigungsverfahren durchzuführen. In diesem Genehmigungsverfahren hat er/sie alle jene nach den bundesrechtlichen Verwaltungsvorschriften für die Ausführung des Vorhabens erforderlichen Genehmigungsbestimmungen anzuwenden, die ansonsten von ihm/ihr oder einem/einer anderen Bundesminister/in zu vollziehen sind. ...

...

Entscheidung

§ 24f ...

(6) Die nach § 24 Abs. 1 zuständige und die übrigen für die Erteilung von Genehmigungen im Sinn des § 2 Abs. 3 zuständigen Behörden haben die Abs. 1 bis 5, 13 und 14 anzuwenden, soweit sie für ihren Wirkungsbereich maßgeblich sind.

...

(8) In den Genehmigungsverfahren nach Abs. 6 haben die nach den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften und die vom jeweiligen Verfahrensgegenstand betroffenen Personen gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 Parteistellung. Die im § 19 Abs. 1 Z 3 bis 6 angeführten Personen haben Parteistellung nach Maßgabe des § 19 mit der Berechtigung, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften als subjektives Recht im Verfahren wahrzunehmen und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, Bürgerinitiativen auch an den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Personen gemäß § 19 Abs. 1 Z 7 und § 19 Abs. 11 haben Parteistellung nach Maßgabe des § 19 mit der Berechtigung, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren wahrzunehmen und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. ...

...

6. Abschnitt

Gemeinsame Bestimmung

Behörden und Zuständigkeit

§ 39. (1) Für die Verfahren nach dem ersten und zweiten Abschnitt ist die Landesregierung zuständig. Die Zuständigkeit der Landesregierung erstreckt sich auf alle Ermittlungen, Entscheidungen und Überwachungen nach den gemäß § 5 Abs. 1 betroffenen Verwaltungsvorschriften und auf Änderungen gemäß § 18b. ...

...

§ 40. (1) In den Angelegenheiten des ersten und zweiten

Abschnittes ist der Umweltsenat ... Berufungsbehörde und sachlich

in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne der §§ 5, 68 und 73 AVG. Er entscheidet auch über Wiederaufnahmsanträge nach § 69 AVG.

(2) Die Berufung ist von der Partei binnen vier Wochen einzubringen.

...

Anwendung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes

§ 42. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen über das Verwaltungsverfahren getroffen werden, ist bei der Durchführung dieses Bundesgesetzes das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) anzuwenden.

..."

1.2. Bundesgesetz über den Umweltsenat, BGBl I Nr 114/2000 idF BGBl I Nr 14/2005 (USG):

"Einrichtung

§ 1. (1) Beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ein Umweltsenat eingerichtet.

(2) Der Umweltsenat besteht aus zehn Richtern und weiteren 32 rechtskundigen Mitgliedern. Der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Umweltsenates sind von der Vollversammlung des Umweltsenates aus dem Kreis der Mitglieder für drei Jahre zu wählen.

Bestellung

§ 2. (1) Die Mitglieder ernennt der Bundespräsident auf Vorschlag der Bundesregierung für die Dauer von sechs Jahren. Die Wiederbestellung ist zulässig.

...

(3) Die Mitgliedschaft im Umweltsenat erlischt

  1. 1. mit dem Ende der Bestellungsdauer,
  2. 2. mit schriftlichem Amtsverzicht,
  3. 3. durch nachträgliche Unvereinbarkeit gemäß § 3 Abs. 2,
  4. 4. durch die Feststellung der Vollversammlung, dass das Mitglied wegen schwerer Gebrechen zur Ausübung seines Amtes untauglich geworden ist.

    ...

    Qualifikation der Mitglieder und Unvereinbarkeiten

§ 3. (1) Die Mitglieder des Umweltsenates müssen rechtskundig sein. Die nicht aus dem Richterstand kommenden Mitglieder müssen durch mindestens fünf Jahre eine Berufsstellung bekleidet haben, welche Erfahrungen im Umweltrecht sowie im Verwaltungsverfahrensrecht mit sich brachte.

(2) Dem Umweltsenat können nicht angehören:

1. Mitglieder der Bundesregierung oder einer Landesregierung oder Staatssekretäre und

2. Personen, die zum Nationalrat nicht wahlberechtigt sind.

...

Rechtsstellung der Mitglieder

§ 4. Die Mitglieder des Umweltsenates sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden.

Kompetenzen des Umweltsenates

§ 5. Der Umweltsenat entscheidet über Berufungen in Angelegenheiten des ersten und zweiten Abschnittes des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes, BGBl. Nr. 697/1993. Er ist in diesen Angelegenheiten sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinn der §§ 5, 68 und 73 AVG und entscheidet über Anträge auf Wiederaufnahme nach § 69 AVG.

§ 6. Die Entscheidungen des Umweltsenates können im Verwaltungswege weder aufgehoben noch abgeändert werden. Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ist zulässig.

...

Verfahren

§ 12. (1) Soweit nicht in diesem Bundesgesetz oder in den Verwaltungsvorschriften anderes bestimmt ist, ist im Verfahren vor dem Umweltsenat das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), einschließlich §§ 67d bis 67g AVG, anzuwenden.

(2) Ein gemäß § 2 Abs. 2 Z 3 bestelltes Mitglied ist bei der Ausübung seiner Funktion ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in jenem Bundesland gelegen ist, von dessen Landesregierung es vorgeschlagen wurde."

1.3. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG):

"IV. Teil. Rechtsschutz.

1. Abschnitt: Berufung

§ 63. (1) Der Instanzenzug und das Recht zur Einbringung der Berufung und sonstiger Rechtsmittel (Vorstellungen) richtet sich, abgesehen von den in diesem Gesetz besonders geregelten Fällen, nach den Verwaltungsvorschriften.

...

§ 66. (1) Notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens hat die Berufungsbehörde durch die Behörde erster Instanz durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen.

(2) Ist der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen.

(3) Die Berufungsbehörde kann jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiemit ein Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

(4) Außer dem im Abs. 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern."

1.4. Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG):

"Artikel 130. (1) Der Verwaltungsgerichtshof erkennt über Beschwerden, womit

a) Rechtswidrigkeit von Bescheiden der Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate oder

b) Verletzung der Entscheidungspflicht der Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate

behauptet wird.

(2) Rechtswidrigkeit liegt nicht vor, soweit die Gesetzgebung von einer bindenden Regelung des Verhaltens der Verwaltungsbehörde absieht und die Bestimmung dieses Verhaltens der Behörde selbst überlässt, die Behörde aber von diesem freien Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

..."

1.5. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG):

"Prüfung des angefochtenen Bescheides

§ 41. (1) Der Verwaltungsgerichtshof hat, soweit er nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde oder wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gegeben findet (§ 42 Abs. 2 Z 2 und 3) und nicht § 38 Abs. 2 anwendbar ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte (§ 28 Abs. 1 Z 4) oder im Rahmen der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 28 Abs. 2) zu überprüfen. ...

Erkenntnisse

§ 42. (1) Der Verwaltungsgerichtshof hat alle Rechtssachen, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, mit Erkenntnis zu erledigen. Das Erkenntnis hat, abgesehen von den Fällen des Art. 131a B-VG und der Säumnisbeschwerden (Art. 132 B-VG), entweder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen oder den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

..."

2. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl Nr L 175 vom 5. Juli 1985, in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/33/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten, ABl Nr L 156/17 vom 25. Juni 2003 (im Folgenden: UVP-RL) lauten:

"Artikel 1

(1) Gegenstand dieser Richtlinie ist die Umweltverträglichkeitsprüfung bei öffentlichen und privaten Projekten, die möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben.

...

Artikel 2

(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vor der Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen insbesondere aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung in bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden. Diese Projekte sind in Artikel 4 definiert.

(2) Die Umweltverträglichkeitsprüfung kann in den Mitgliedstaaten im Rahmen der bestehenden Verfahren zur Genehmigung der Projekte durchgeführt werden oder, falls solche nicht bestehen, im Rahmen anderer Verfahren oder der Verfahren, die einzuführen sind, um den Zielen dieser Richtlinie zu entsprechen.

...

Artikel 4

(1) Projekte der in Anhang I aufgeführten Klassen werden vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 3 einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen.

...

Artikel 6

...

(4) Die betroffene Öffentlichkeit erhält frühzeitig und in effektiver Weise die Möglichkeit, sich an den umweltbezogenen Entscheidungsverfahren gemäß Artikel 2 Absatz 2 zu beteiligen, und hat zu diesem Zweck das Recht, der zuständigen Behörde bzw. den zuständigen Behörden gegenüber Stellung zu nehmen und Meinungen zu äußern, wenn alle Optionen noch offen sind und bevor die Entscheidung über den Genehmigungsantrag getroffen wird.

...

Artikel 9

(1) Wurde eine Entscheidung über die Erteilung oder die Verweigerung einer Genehmigung getroffen, so gibt (geben) die zuständige(n) Behörde(n) dies der Öffentlichkeit nach den entsprechenden Verfahren bekannt und macht (machen) ihr folgende Angaben zugänglich:

  1. a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ
  2. b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,

    Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten.

    Die Mitgliedstaaten legen fest, in welchem Verfahrensstadium die Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen angefochten werden können.

    Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder Nichtregierungsorganisation, welche die in Artikel 1 Absatz 2 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a) dieses Artikels. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b) dieses Artikels verletzt werden können.

    Dieser Artikel schließt die Möglichkeit eines vorausgehenden Überprüfungsverfahrens bei einer Verwaltungsbehörde nicht aus und lässt das Erfordernis einer Ausschöpfung der verwaltungsbehördlichen Überprüfungsverfahren vor der Einleitung gerichtlicher Überprüfungsverfahren unberührt, sofern ein derartiges Erfordernis nach innerstaatlichem Recht besteht.

    Die betreffenden Verfahren werden fair, gerecht, zügig und nicht übermäßig teuer durchgeführt.

    Um die Effektivität dieses Artikels zu fördern, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Öffentlichkeit praktische Informationen über den Zugang zu verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Überprüfungsverfahren zugänglich gemacht werden.

    ...

    ANHANG I

    PROJEKTE NACH ARTIKEL 4 ABSATZ 1

    ...

    7. a) Bau von Eisenbahn-Fernverkehrsstrecken ...

    ..."

    3. Durch das UVP-G 2000 wird die UVP-Richtlinie umgesetzt (§ 1 Abs 2 UVP-G 2000). Bei der Entscheidung über die Erteilung oder Verweigerung der Genehmigung im gegenständlichen Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren handelt es sich daher um eine Entscheidung im Anwendungsbereich des Unionsrechtes (vgl das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (im Folgenden: "Gerichtshof") vom 19. Jänner 2010, C-555/07 , Kücükdeveci, Rz 25), weshalb die durch das Unionsrecht gewährten Rechte, insbesondere nach Art 10a der UVP-RL, zu wahren sind.

    Art 10a der UVP-RL verlangt von den Mitgliedstaaten, im Rahmen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicherzustellen, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die näher bestimmte Voraussetzungen erfüllen, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen anzufechten, für die die Bestimmungen der UVP-RL gelten.

    Mit Art 6 Abs 4 der UVP-RL wird der betroffenen Öffentlichkeit eine effektive Beteiligung an den umweltbezogenen Entscheidungsverfahren garantiert (so ausdrücklich der Gerichtshof in seinem Urteil vom 15. Oktober 2009, Rs C-263/08 , Djurgarden-Lilla Värtans Miljöskyddsförening, Rz 36). Der Gerichtshof hat in diesem Urteil weiter betont, dass Art 10a der UVP-RL die Ausgestaltung des Überprüfungsverfahrens zwar dem nationalen Gesetzgeber überlässt, dass die so festgelegten nationalen Rechtsvorschriften aber zum einen "einen weiten Zugang zu Gerichten" sicherstellen und zum anderen die praktische Wirksamkeit derjenigen Bestimmungen der UVP-RL gewährleisten müssen, die die gerichtliche Anfechtung betreffen (Rz 45).

    Diese Entscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes zum Rechtsschutzerfordernis, wonach es zwar grundsätzlich Sache des nationalen Rechts ist, die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu bestimmen, durch die nationalen Rechtsvorschriften das Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz aber nicht beeinträchtigt werden dürfe. Die Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten wird also durch die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Effektivität beschränkt, sodass die Durchsetzung von gemeinschaftsrechtlichen (nun: unionsrechtlichen) Ansprüchen nicht ungünstiger als die von innerstaatlichen gestaltet und deren Ausübung nicht praktisch verunmöglicht oder unverhältnismäßig erschwert werden darf (vgl das Urteil des Gerichtshofes vom 11. Juli 1991 in den verbundenen Rechtssachen C-87/90 , C-88/90 und C-89/90 , Verholen, Slg 1991, I-3757, Rn 24, und das Urteil des Gerichtshofes vom 3. Februar 2000, Rs C-228/98 , Dounias, Slg 2000, I-577, Rn 58, 69).

    Zudem ist zu beachten, dass der Gerichtshof das Erfordernis der (gerichtlichen) Überprüfbarkeit von Entscheidungen einer nationalen Behörde (vgl das Urteil des Gerichtshofes vom 11. Jänner 2001, Rs C-226/99 , Siples srl, Slg 2001, I-277, Rn 17, sowie das Urteil vom 25. Juli 2002, Rs C-459/99 , MRAX, Slg 2002, I- 6591, Rn 101) ebenso wie den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes (Urteil des Gerichtshofes vom 18. März 2010, C-317/08 , Allassini, Rn 61) als allgemeine Grundsätze des Unionsrechts beurteilt. Das Urteil Allassini hält fest, dass sich dieser Grundsatz aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergibt, in den Art 6 und 13 EMRK verankert ist und im Übrigen von Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bekräftigt worden ist.

    4. Vor diesem Hintergrund ist es weder mit dem Wortlaut und der Systematik noch mit der Zielsetzung des Art 10a UVP-RL, der betroffenen Öffentlichkeit einen effektiven Rechtsschutz gegen umweltbezogene Entscheidungen zu gewähren, vereinbar, wenn die Kognitionsbefugnis des überprüfenden Gerichtes insbesondere einer Beschränkung dahin unterworfen ist, dass die von der Verwaltungsbehörde angenommenen Tatsachen, die der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegen, keiner oder nur einer beschränkten Kontrolle unterliegen. Die unionsrechtlich geforderte effektive Überprüfung der materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit der Entscheidung setzt vielmehr voraus, dass dem nachprüfenden Gericht auch volle Tatsachenkognition zukommt (vgl in diesem Zusammenhang auch das Urteil des Gerichtshofes vom 19. September 2006, C-506/04 , Wilson, Rz 61, wonach ein Gericht, dessen Zuständigkeit auf Rechtsfragen beschränkt ist, nicht über die "volle gerichtliche Zuständigkeit" verfügt).

    Der Verwaltungsgerichtshof hat - im Zusammenhang mit einer Angelegenheit des Telekommunikationsrechtes - bereits erkannt, dass im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts (nun: des Unionsrechts) für die Entscheidung über "civil rights" iSd Art 6 EMRK ein Tribunal mit voller Kognition eingerichtet sein muss, bevor der Verwaltungsgerichtshof angerufen wird, um den Anforderungen eines effektiven Rechtsschutzes Genüge zu tun. Die Entscheidung durch eine nicht als Tribunal eingerichtete Verwaltungsbehörde verbunden mit der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof ist demnach nicht ausreichend, um die Anforderungen des als Gemeinschaftsgrundrecht anzuwendenden Art 6 EMRK zu erfüllen. Sieht das nationale Recht eine derartige - Art 6 EMRK nicht entsprechende - Behördenzuständigkeit vor, muss der Verwaltungsgerichtshof gegebenenfalls durch Nichtanwendung entgegenstehender Bestimmungen sicherstellen, dass - vor Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes - ein Tribunal mit voller Kognition entscheidet, um dem unionsrechtlichen Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes, zur Geltung zu verhelfen (vgl das hg Erkenntnis vom 15. Dezember 2003, 99/03/0423, unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofes vom 22. Mai 2003, C-462/99 , Connect Austria Gesellschaft für Telekommunikation GmbH).

    Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den hier in Frage stehenden Rechtsansprüchen der beschwerdeführenden Parteien um "civil rights" im Sinne des Art 6 EMRK handelt: Der Grundsatz des Rechts auf ein Gerichtsverfahren im Unionsrecht gilt nämlich nicht nur für Streitigkeiten im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Ansprüchen und Verpflichtungen (vgl nunmehr auch die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl C 303 vom 14. Dezember 2007, S 30).

    Zu betonen ist in diesem Zusammenhang, dass auch der Gesetzgeber des USG 2000 davon ausging, dass in UVP-Angelegenheiten ein Rechtszug an ein in der Sache selbst entscheidendes Tribunal geboten ist (vgl das Vorblatt zu den Erläuterungen zur RV für das Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Bundesgesetz über den Umweltsenat (USG 2000) erlassen wird, 280 BlgNR 21. GP). Hier heißt es nämlich:

    "Problem und Ziel:

    Das Umweltsenatsgesetz (USG), BGBl. Nr. 698/1993, ist bis zum 31. Dezember 2000 befristet. Somit ist ab 1. Jänner 2001 in Verfahren nach dem zweiten Abschnitt des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G), BGBl. Nr. 697/1993 idF BGBl. Nr. 773/1996, nach der Entscheidung der Landesregierung als UVP-Behörde kein weiterer Instanzenzug möglich. Damit entscheidet auch kein unabhängiges Tribunal im Sinne des Art. 6 EMRK in UVP-Angelegenheiten. Die Belastung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts würde noch weiter verstärkt und die Verfahrensdauer beim investitionsintensiven Anlagenrecht weiter verlängert. Um die in Diskussion stehende Landesverwaltungsgerichtsbarkeit nicht vorwegzunehmen, wurde der Umweltsenat im Jahre 1993 befristet eingerichtet. Bis zur Verwirklichung dieses Vorhabens, soll der Fortbestand des Umweltsenates als inzwischen bewährte UVP-Behörde zweiter Instanz gesichert werden.

    ...

    Lösung:

    Der Umweltsenat soll als - inzwischen bewährte - UVP-Behörde zweiter Instanz weiter bestehen bleiben. Mit der Neuerlassung des USG wird das in der bisherigen Vollzugspraxis des Umweltsenates bewährte Modell von nebenberuflich tätigen Mitgliedern weitergeführt. ...

    Alternativen:

    Mit Auslaufen des Umweltsenates Ende 2000 würde es keinen weiteren Instanzenzug in UVP-Verfahren geben. Es bliebe nur mehr die Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts, insbesonders bestünde kein Rechtszug an ein in der Sache selbst entscheidendes Tribunal. Die Aufgaben des Umweltsenates könnten von der seit vielen Jahren diskutierten Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz mit hauptberuflich bestellten Mitgliedern übernommen werden."

    Bestätigt wird dies auch durch die Erläuterungen zur RV zur USG-Novelle 2009, 395 BlgNR 24. GP, in denen ausgeführt wird:

    "Durch den Wegfall der Befristung des Umweltsenates ist weiterhin sichergestellt, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einer auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen, unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen in Angelegenheiten des 2. Abschnittes des UVP-G 2000 anzufechten, wie es Art. 10a der UVP-Richtlinie 85/337/EWG verlangt."

    5. Die derzeitige nationale Rechtslage genügt den dargestellten unionsrechtlichen Anforderungen (Art 10a der UVP-RL) nicht:

    Wie sich aus den oben (Punkt 1.) dargelegten Rechtsvorschriften ergibt, ist in Angelegenheiten der Umweltverträglichkeitsprüfung in der Regel die Landesregierung als Behörde erster Instanz zur Durchführung des Verfahrens und zur Erteilung oder Verweigerung der Genehmigung zuständig. Gegen die Erteilung oder Verweigerung der Genehmigung kann das Rechtsmittel der Berufung an den Umweltsenat ergriffen werden.

    Der Umweltsenat ist ein vorlageberechtigtes Gericht im Sinne des Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Dezember 2009, Umweltanwalt von Kärnten, C-205/08 , Randnr 39, zu Artikel 234 EG) und ein Tribunal im Sinne des Art 6 EMRK. Der Umweltsenat hat in Anwendung der oben dargelegten Bestimmungen des AVG allenfalls notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens vorzunehmen und grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden, wobei er berechtigt ist, den erstinstanzlichen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Der Umweltsenat kann insbesondere auch mündliche Verhandlungen durchführen, in denen auch Beweisaufnahmen erfolgen können.

    Gegen Entscheidungen des Umweltsenates kann Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

    6. Eine vom eben geschilderten Regelfall abweichende Behördenzuständigkeit besteht für Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren betreffend Bundesstraßen und Eisenbahn-Hochleistungsstrecken (dritter Abschnitt des UVP-G 2000). In diesen Verfahren ist der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zuständige Behörde und entscheidet in erster und letzter Instanz (§ 24 Abs 1 UVP-G 2000). Bei dieser Behörde handelt es sich nicht um ein Tribunal. Eine Berufung an den Umweltsenat ist im Gesetz nicht vorgesehen, sodass nach dem Wortlaut des Gesetzes der Bundesminister in erster und letzter Instanz entscheidet und eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof offen steht.

    Es besteht kein Zweifel, dass es sich beim Verwaltungsgerichtshof um ein Gericht im Sinne des Art 267 AEUV handelt, das auf gesetzlicher Grundlage eingerichtet, unabhängig und unparteiisch ist.

    Die Möglichkeit der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gewährleistet eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der verwaltungsbehördlichen Entscheidung, die jedenfalls in Bezug auf die Auslegung und die richtige Anwendung der maßgebenden Rechtsvorschriften den Anforderungen des Art 10a UVP-RL entspricht.

    Damit könnte es dem Verwaltungsgerichtshof im Einzelfall möglich sein, den unionsrechtlich geforderten effektiven Rechtsschutz zu bieten (vgl auch das die Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK - vor dem Hintergrund einer im Einzelfall vorgenommenen Prüfung Punkt für Punkt - als ausreichend erachtende Urteil des EGMR vom 21. September 1993, Beschwerde 28/1992/373/447, Nr. 32, Zumtobel, sowie das auf dieses Urteil Bezug nehmende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2008, VfSlg 18.446).

    Gerade im Bereich der Umweltverträglichkeitsprüfung sind regelmäßig Tatsachen, insbesondere Art und Ausmaß von Umweltauswirkungen eines Vorhabens, im besonderen Maße entscheidend für die Genehmigungsfähigkeit des Projekts.

    Ein Fall wie der vorliegende, in dem die Richtigkeit des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalts unter Bezugnahme auf eigene Sachverständigengutachten in Zweifel gezogen wird, zeigt deutlich, dass eine gerichtliche Kontrollinstanz, die mit voller Tatsachenkognition ausgestattet ist, im Anwendungsbereich der UVP-RL, in dem das Unionsrecht - unbeschadet des Art 47 der Grundrechtecharta bzw des Gebotes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes - jedenfalls ein spezifisches Rechtsschutzgebot vorsieht, vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Funktion als Höchstgericht und auf der Grundlage der von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften nicht ersetzt werden kann:

    Gemäß § 41 Abs 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalts zu überprüfen. Im Bereich der Tatsachenkontrolle kann der Verwaltungsgerichtshof damit - im Rahmen des Beschwerdevorbringens - lediglich prüfen, ob bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts Verfahrensvorschriften verletzt wurden, ob der Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die bei der Beweiswürdigung von der belangten Behörde angestellten Erwägungen schlüssig sind. Dem Verwaltungsgerichtshof kommt es nicht zu, die vorgenommene Beweiswürdigung der belangten Behörde darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen. Auch im Falle der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof ist die Kontrollbefugnis und damit der Verhandlungsgegenstand auf Rechtsfragen beschränkt.

    7. Wie sich aus den oben (Punkt 3. und 4.) dargestellten Überlegungen ergibt, hat in Angelegenheiten, in denen unionsrechtlich die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung geboten ist, ein Tribunal im Sinne des Art 6 EMRK mit voller Kognition - vor einem Rechtszug an den Verwaltungsgerichtshof - zu entscheiden. Dieser unionsrechtlich gebotenen Rechtslage steht nach den österreichischen Rechtsvorschriften die Beschränkung der Zuständigkeit des Umweltsenates als Berufungsbehörde auf "Angelegenheiten des ersten und zweiten Abschnittes" des UVP-G 2000 in § 40 Abs 1 UVP-G 2000 und in § 5 USG entgegen.

    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes obliegt die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das in dieser vorgesehene Ziel zu erreichen, sowie die Pflicht der Mitgliedstaaten gemäß Art 10 EG (vgl nunmehr Art 4 Abs 3 EUV), alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Trägern öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auch den Gerichten. Das nationale Gericht hat, soweit es das nationale Recht bei der Anwendung einer Richtlinie auszulegen hat, seine Auslegung soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen und auf diese Weise Art 249 Abs 3 EG (nunmehr Art 288 Abs 3 AEUV) nachzukommen. Ist eine den Anforderungen der Richtlinie genügende Anwendung des nationalen Rechts nicht möglich, so ist das nationale Gericht verpflichtet, das Unionsrecht in vollem Umfang anzuwenden und die Rechte, die dieses dem Einzelnen einräumt, zu schützen, "indem es notfalls jene Bestimmung unangewendet lässt, deren Anwendung im konkreten Fall zu einem gegen diese Richtlinie verstoßenden Ergebnis führen würde, während die Nichtanwendung dieser Bestimmung das nationale Recht mit der Richtlinie in Einklang bringen würde" (vgl zum Ganzen das bereits zitierte Urteil des Gerichtshofes vom 22. Mai 2003, Rs C-462/99 , Connect Austria Gesellschaft für Telekommunikation GmbH, Rz 38, 40).

    Der Gerichtshof hat im eingangs zitierten Urteil vom 19. Jänner 2010, Kücükdeveci, wiederholt, dass es den nationalen Gerichten obliegt, den Rechtsschutz sicherzustellen, der sich für den Einzelnen aus den unionsrechtlichen Bestimmungen ergibt, und deren volle Wirkung zu gewährleisten (Rz 45), und dabei klargestellt, dass die Notwendigkeit der Gewährleistung der vollen Wirksamkeit unionsrechtlicher Bestimmungen auch "bedeutet, dass das nationale Gericht eine in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallende nationale Bestimmung, die es mit (dem Unionsrecht) für unvereinbar hält und die einer unionsrechtskonformen Auslegung nicht zugänglich ist, unangewendet lassen muss, ohne dass es verpflichtet oder gehindert wäre, zuvor den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen" (Rz 53).

    Es sind daher die genannten, die Zuständigkeit des Umweltsenates auf Angelegenheiten des ersten und zweiten Abschnittes des UVP-G 2000 beschränkenden Rechtsvorschriften unangewendet zu lassen, sodass der Umweltsenat auch zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie in Angelegenheiten der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem dritten Abschnitt des UVP-G 2000 - soweit diese unionsrechtlich geboten ist - zuständig ist. Dem steht auch nicht entgegen, dass es nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ausgeschlossen ist, dass die Entscheidung eines obersten Organes einem Instanzenzug unterliegt (vgl VfSlg 8917/1980 ua), da dem Unionsrecht auch Vorrang gegenüber dem innerstaatlichen Verfassungsrecht zukommt (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Februar 1999,

    B 1625/98, VfSlg 15427/1999).

    8. Aus dem Gesagten folgt, dass den beschwerdeführenden Parteien das Recht der Berufung an den Umweltsenat zukommt. Dieses Rechtsmittel haben sie vor Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht ergriffen, weshalb die Beschwerden - in dem gemäß § 12 Abs 3 VwGG gebildeten Senat - mangels Erschöpfung des Instanzenzuges gemäß § 34 Abs 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen waren.

    Hingewiesen wird auf die Möglichkeit, gemäß § 71 Abs 1 Z 2 AVG binnen zwei Wochen nach dem Zeitpunkt, in dem die beschwerdeführenden Parteien von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt haben, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zu stellen.

    9. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455 (vgl zum Zuspruch von Aufwandersatz trotz des Umstandes, dass die belangte Behörde eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat, den hg Beschluss vom 23. Februar 1973, Zl 1750/72, VwSlg 8372/A). Da die belangte Behörde zu den Beschwerden der erst- bis elftbeschwerdeführenden Partei einerseits und der Beschwerde der zwölftbeschwerdeführenden Partei andererseits gesonderte Gegenschriften erstattet hat, war jeweils Schriftsatzaufwand zuzusprechen; da eine gemeinsame Aktenvorlage erfolgte, war der Vorlageaufwand hingegen zu aliquotieren.

    Wien, am 30. September 2010

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