European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019170034.L00
Spruch:
I. zu Recht erkannt:
a) Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses wird, soweit er sich auf das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Salzburg zur Zahl 1587288/17 bezieht (Zahl des LVwG: 405- 10/583/1/23-2018 betreffend Verletzung der Mitwirkungspflicht gemäß § 50 Abs. 4 GSpG) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes zur Gänze aufgehoben.
b) Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses betreffend Kosten der Beschwerdeverfahren wird zur Gänze (Zahlen des LVwG: 405-10/583/1/23-2018 sowie 405-10/620/1/9-2018) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision, soweit sie sich gegen die Erledigung der Beschwerde zur Zahl des LVwG 405-10/620/1/9-2018 wendet, zurückgewiesen.
III. Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 2.692,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Salzburg vom 28. Mai 2018 wurde die Revisionswerberin der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 5 letzter Fall iVm § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG) am 6. April 2017 um 15 Uhr an einem näher genannten Ort schuldig erkannt, da sie als Inhaberin eines Lokales durch das betriebsbereite Anbieten von 22 Glücksspielgeräten mit bestimmten Bezeichnungen Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten und gegen die Duldungs- und Mitwirkungspflicht verstoßen habe, weil sie den Organen der öffentlichen Aufsicht (Finanzpolizei) trotz ausdrücklichen verbalen Hinweises der Kontrollorgane auf die gesetzliche Bestimmung des § 50 Abs. 4 GSpG und die Folgen der Nichteinhaltung, die Zugangstür nicht geöffnet und somit das "Betretungsrecht" verweigert habe. Über sie wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 10.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 7 Tagen) verhängt sowie Verfahrenskosten vorgeschrieben. 2 In der Begründung führte die belangte Behörde aus, das Straferkenntnis stütze sich auf die Anzeige der Finanzpolizei samt Lichtbildbeilage, Dokumentationen und niederschriftlicher Einvernahme des Angestellten und die Aktenvermerke von zwei Spielern, der Nachbespielung der Glücksspielgeräte nach rechtskräftigem Einziehungsbescheid sowie auf das durchgeführte Ermittlungsverfahren. Die Kontrolle sei "lautstark" angekündigt worden, auf Klingeln und Rufen sei nicht reagiert worden bzw. sei die Tür verschlossen geblieben. Nach Androhung seien die Eingangstür sowie drei weitere Türen - wobei zwei davon getarnt gewesen seien - zwangsweise geöffnet worden. Erst durch diese Maßnahme sei es möglich gewesen, in den Raum mit den Glücksspielgeräten zu gelangen. Nach Aussage des Angestellten und zweier Spieler habe die Revisionswerberin diese Personen angewiesen, in den hinteren Raum zu gehen, wo sie eingesperrt worden seien. Die Revisionswerberin habe das Lokal durch eine Hintertür verlassen und die Glücksspielgeräte mit einem "Panikschalter" abgeschaltet.
3 Mit weiterem Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Salzburg vom 28. Mai 2018 wurde die Revisionswerberin als Inhaberin der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild iVm § 52 Abs. 2 iVm § 2 Abs. 4 GSpG am 6. April 2017 um 15 Uhr an einem näher genannten Ort schuldig erkannt, da sie vom 5. bis 6. April 2017 in näheren Räumlichkeiten verbotene Ausspielungen mit 22 näher genannten Glücksspielgeräten unternehmerisch zugänglich gemacht habe. Über die Revisionswerberin wurden 22 Verwaltungsstrafen in der Höhe von jeweils EUR 5.000,-- (und einer Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt sowie Verfahrenskosten vorgeschrieben.
4 Mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) die von der Revisionswerberin erhobenen Beschwerden gegen diese beiden Straferkenntnisse als unbegründet ab und bestätigte das zweite bekämpfte Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass anstelle des Tatzeitraumes "vom 05.04.2017 bis 06.04.2017" der Tatzeitraum "am 6.4.2017" zu treten habe (Zahl des LVwG: 405-10/620/1/9-2018). Das erste Straferkenntnis wurde mit der Maßgabe bestätigt, dass die Wortfolge "trotz ausdrücklichen verbalen Hinweis(es) der Kontrollorgane auf die gesetzliche Bestimmung des § 50 Abs. 4 GSpG und die Folgen der Nichteinhaltung gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG, die Zugangstür nicht geöffnet haben und somit das Betretungsrecht verweigert haben" durch die Wortfolge "keine Auskünfte erteilt, keine umfassende(n) Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen ermöglicht, keinen Einblick in geführte Aufzeichnungen, Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und nach dem GSpG aufzulegende Spielbeschreibungen gewährt sowie nicht dafür gesorgt haben, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber den Kontrollorganen nachkommt". Überdies wurde zu diesem Straferkenntnis die "Strafnorm" ersetzt (Zahl des LVwG: 405- 10/583/1/23-2018). Mit Spruchpunkt II. wurde zu beiden Beschwerdeverfahren ein Beitrag zu den Kosten der Beschwerdeverfahren vorgeschrieben. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.
5 Das LVwG stellte u.a. fest, dass Organe der Finanzpolizei am 6. April 2017 an einem näher genannten Ort eine Kontrolle nach dem GSpG durchgeführt hätten. Dazu habe ein bestimmter Organwalter laut an der Eingangstür geklopft und geläutet, sich als Organ der Finanzpolizei bezeichnet und auf die Kontrolle sowie die Verpflichtung zum Öffnen der Tür hingewiesen. Nachdem den mehrmaligen lautstarken Aufforderungen, die Türe zu öffnen, nicht Folge geleistet worden sei, hätten sich die Kontrollorgane zwangsweise Zugang zum Lokal verschafft. Letztlich hätten die Kontrollorgane in einem zwangsweise geöffneten Raum 21 Glücksspielgeräte sowie in einem weiteren zwangsweise geöffneten Raum einen Roulettetisch gefunden. Das LVwG traf in der Folge Feststellungen zu den aufgefundenen Geräten sowie zur Glücksspielsituation in Österreich und erläuterte seine Beweiswürdigung näher. Rechtlich führte das LVwG zur angelasteten Verletzung der Mitwirkungspflicht aus, die Revisionswerberin habe gegen sämtliche der in § 50 Abs. 4 GSpG normierten Mitwirkungspflichten verstoßen und hätte wegen des vierfachen Verstoßes viermal bestraft werden müssen, was dem LVwG jedoch verwehrt sei. Vor diesem Hintergrund sei der Spruch zu berichtigen gewesen, wobei "die vorgeworfene Verwaltungsübertretung gleich" bleibe und lediglich eine Konkretisierung in Bezug auf den Wortlaut erfolge. Überdies erläuterte das LVwG die Strafbemessung zu allen angelasteten Übertretungen näher.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Beh??rde erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7 Liegen - wie hier - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu überprüfen (vgl. z.B. VwGH 7.12.2018, Ra 2018/17/0103).
Zur Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG (Verletzung der Mitwirkungspflicht gemäß § 50 Abs. 4 GSpG; 405-10/583/1/23-2018):
8 Die Revision erweist sich hinsichtlich des Verfahrens betreffend Verletzung der Mitwirkungspflicht bereits im Hinblick auf das zur Zulässigkeit erstattete Vorbringen, das LVwG habe entgegen der näher dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die im Straferkenntnis als erwiesen angenommene Tat durch die Heranziehung einer in erster Instanz nicht inkriminierten Tathandlung unzulässigerweise ausgetauscht, als zulässig und berechtigt.
9 § 50 GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 118/2016, lautet auszugsweise wie folgt:
"STRAF- UND VERFAHRENSBESTIMMUNGEN
Behörden und Verfahren
§ 50. (1) Für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz sind die Bezirksverwaltungsbehörden, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirektion zuständig. Gegen diese Entscheidungen kann Beschwerde an ein Verwaltungsgericht des Landeserhoben werden.
(2) ...
(3) ...
(4) Die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe sind zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach Abs. 1, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs. 3) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt. Die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3genannten Organe sind ermächtigt, diese Überwachungsaufgaben mit unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durchzusetzen. Die Ausübung ist dem Betroffenen anzudrohen. Die Organe haben deren Ausübung zu beenden, sobald der angestrebte Erfolg erreicht wurde, sich zeigt, dass er auf diesem Wege nicht erreicht werden kann oder der angestrebte Erfolg außer Verhältnis zu dem für die Durchsetzung erforderlichen Eingriff steht. Eine Gefährdung des Lebens oder eine nachhaltige Gefährdung der Gesundheit ist jedenfalls unzulässig.
..."
10 "Sache" des Verwaltungsstrafverfahrens ist die dem Beschuldigten innerhalb der Verjährungsfrist zur Last gelegte Tat mit ihren wesentlichen Sachverhaltselementen, unabhängig von ihrer rechtlichen Beurteilung (vgl. VwGH 8.3.2017, Ra 2016/02/0226; 27.4.2018, Ra 2018/04/0091).
11 Eine Verfolgungshandlung im Sinn der §§ 31 und 32 VStG muss eine bestimmte Verwaltungsübertretung zum Gegenstand haben, was erfordert, dass sie sich auf alle der späteren Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente beziehen muss (VwGH 28.5.2014, 2012/07/0033).
12 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Präzisierung der rechtlichen Grundlage der Bestrafung (Angabe der verletzten Verwaltungsbestimmung und angewendeten Strafnorm) zulässig, wenn es nicht zu einem "Austausch der Tat" durch Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhalts kommt (vgl. wieder VwGH 8.3.2017, Ra 2016/02/0226).
13 Konkret ist im Verwaltungsstrafverfahren die Tathandlung mit "die Zugangstür nicht geöffnet haben und somit d(as) Betretungsrecht verweigert haben" umschrieben worden. 14 Das LVwG änderte betreffend die vorgeworfene Verletzung der Mitwirkungspflicht den Spruch nun dahingehend ab, dass der Revisionswerberin der Gesetzestext des § 50 Abs. 4 GSpG angelastet wurde, nämlich keine Auskünfte erteilt, keine umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen ermöglicht, keinen Einblick in geführte Aufzeichnungen, Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und nach dem GSpG aufzulegende Spielbeschreibungen gewährt sowie nicht dafür gesorgt zu haben, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber den Kontrollorganen nachkomme. 15 Dem LVwG ist zwar zuzustimmen, dass § 52 Abs. 1 Z 5 iVm § 50 Abs. 4 GSpG bereits nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut mehrere Tatbegehungsvarianten beinhaltet (vgl. VwGH 17.5.2018, Ra 2017/17/0286). Dies bedeutet aber nicht, dass die einzelnen Tatbegehungsvarianten ohne entsprechend auf den konkreten Sachverhalt bezogenen Vorwurf beliebig angelastet werden dürften. Es reicht nicht aus, die verba legalia zu wiederholen, ohne konkret anzugeben, durch welches Handeln der Beschuldigten es zur Verletzung der herangezogenen Strafbestimmung gekommen ist (vgl. VwGH 26.9.2018, Ra 2017/17/0316). Darüber hinaus kann mangels näherer Angaben, worauf die Annahme der Verwirklichung des Tatbestandes gestützt wird, auch nicht geprüft werden, ob es zu einem Austausch des Tatvorwurfes gekommen ist (vgl. jüngst: VwGH 20.5.2019, Ra 2018/02/0043).
16 Das LVwG hat durch seine Vorgangsweise das angefochtene Erkenntnis zu seiner Zahl 405-10/583/1/23-2018 mit
Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war (Spruchpunkt I. a).
Zur Übertretung des § 52 Abs. 1 drittes Tatbild iVm § 52 Abs. 2 iVm § 2 Abs. 4 GSpG (Unternehmerisch Zugänglichmachen verbotener Ausspielungen 405-10/620/1/9-2018):
17 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
18 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in
nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 19 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 20 Zum weiteren Zulässigkeitsvorbringen der Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12 , Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15 , Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17 , Rn. 28, 62 ff, sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17, Rn. 22). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen.
21 Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12 .
22 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C-685/15 , die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17 , Rn. 55, sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 und 0049, Rn. 24 ff, und VfGH 12.6.2018, E 885/2018).
23 Entgegen dem Vorbringen der revisionswerbenden Partei steht auch das in § 14 Abs. 3 GSpG enthaltene Erfordernis eines inländischen Sitzes für den Erhalt einer Konzession nicht mit Unionsrecht im Widerspruch. Da § 14 Abs. 3 dritter Satz GSpG von diesem Erfordernis eine Ausnahme enthält, werden mit dieser Bestimmung keine der unionsrechtlichen Vorgaben verletzt: Zwar stellt auch die Notwendigkeit der Erfüllung der Voraussetzungen für eine Nachsicht von der Sitzverpflichtung - nämlich eine vergleichbare Lotteriekonzession und eine vergleichbare staatliche Glücksspielaufsicht in dem Mitgliedstaat (der EU bzw. des EWR), in dem der Konzessionswerber seinen Sitz hat - eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar. Diese Beschränkung in § 14 Abs. 3 GSpG ist jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und genügt den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit, die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergeben (vgl. näher VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 34 ff). In diesem Zusammenhang stellt sich daher vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.
24 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der Revision in der Schuldfrage keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. 25 Die Revision war daher insoweit nach § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.
26 Die Revision rügt in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zur Straffrage überdies einen Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius, weil das LVwG im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses zwar den im Straferkenntnis angegebenen Tatzeitraum eingeschränkt, das Strafausmaß aber beibehalten habe.
27 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt das Verbot der reformatio in peius bei einer zu Gunsten des Bestraften erhobenen Beschwerde dazu, dass in der Beschwerdeentscheidung nicht die gleiche Strafe verhängt werden darf wie im bekämpften Straferkenntnis, sofern in der Beschwerdeentscheidung der Tatzeitraum reduziert wird und nicht andere Strafzumessungsgründe heranzuziehen sind als im Straferkenntnis (vgl. VwGH 28.2.2018, Ra 2017/17/0733, mwN). 28 Wenn das Verwaltungsgericht die verhängte Strafe nicht herabsetzt, liegt dennoch kein Verstoß gegen das Verbot der "reformatio in peius" vor, wenn es im Rahmen der vorzunehmenden eigenen Bewertung von Milderungs- und Erschwerungsgründen begründeterweise zur gleichen Strafhöhe gelangt wie die erstinstanzliche Behörde, selbst wenn ein Erschwerungsgrund weggefallen oder ein Milderungsgrund hinzugekommen wäre (vgl. VwGH 28.2.2018, Ra 2017/17/0770, mwN).
29 Die belangte Behörde begründete im Straferkenntnis die Verhängung der Strafhöhe mit der vorsätzlichen Begehung sowie generalpräventiven Überlegungen. Das LVwG verwies in seiner Strafbemessung auf die Zwecke der Glücksspielbestimmungen, die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes sowie die Intensität der Beeinträchtigung, wobei es explizit den (von ihm herabgesetzten) Tatzeitraum in seine Überlegungen miteinschloss. Damit hat das LVwG insofern eine eigene Bewertung der Strafzumessungsgründe vorgenommen, als es im Ergebnis die Einschränkung des Tatzeitraums für nicht ausreichend erachtet hat, um die Voraussetzungen für eine Reduktion der Geldstrafen anzunehmen. Zu dieser Bewertung enthält die Revision jedoch lediglich das - unzutreffende - Vorbringen, das LVwG sei auf die Einschränkung des Tatzeitraumes gar nicht eingegangen. Ein Abweichen des LVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verbot der reformatio in peius wurde somit nicht aufgezeigt.
30 Die Revision erweist sich daher, soweit sie sich gegen die Bestrafung der Revisionswerberin wegen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG (unternehmerisch Zugänglichmachen) richtet, als unzulässig (siehe Spruchpunkt II.).
31 Hinsichtlich der in Spruchpunkt II. vorgeschriebenen Kosten für das Beschwerdeverfahren (§ 52 VwGVG) erweist sich die Revision jedoch als zulässig und berechtigt, weil das LVwG in diesem Punkt - wie die Revisionswerberin zutreffend im Zulässigkeitsvorbringen aufzeigt - von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist.
32 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 52 Abs. 8 VwGVG ist es nicht zulässig, dem Beschuldigten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wenn das Verwaltungsgericht eine Änderung zu seinen Gunsten vorgenommen hat. Eine solche Änderung liegt auch dann vor, wenn das Verwaltungsgericht den von der Strafbehörde erster Instanz angenommenen strafbaren Tatbestand einschränkt. Das ist u.a. dann der Fall, wenn der Tatzeitraum im Unterschied zur
erstinstanzlichen Entscheidung und damit der Unrechtsgehalt zugunsten des Beschuldigten verringert wird (vgl. VwGH 11.6.2018, Ra 2018/17/0014).
33 Dem LVwG war es daher aufgrund der vorgenommenen Tatzeiteinschränkung versagt, der Revisionswerberin den Ersatz der Kosten des Beschwerdeverfahrens betreffend den Vorwurf gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG aufzuerlegen.
34 Da mit Spruchpunkt I. a) des vorliegenden Erkenntnisses das angefochtene Erkenntnis des LVwG betreffend die Verletzung der Mitwirkungspflicht gemäß § 50 Abs. 4 GSpG aufgehoben wurde, war die in Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses des LVwG enthaltene Vorschreibung der Kosten für beide Beschwerdeverfahren gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben (Spruchpunkt I. b).
35 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 52 Abs. 1 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 12. Juni 2019
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