VwGH Ra 2017/17/0316

VwGHRa 2017/17/031626.9.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart‑Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Baumann, über die Revision 1. des M D und 2. der U s.r.o., beide vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 13. April 2016, VGW‑001/060/4018/2015‑14 und VGW‑001/V/060/4043/2015, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), zu Recht erkannt:

Normen

VStG §44a Z1
VStG §44a Z2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170316.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 24. Februar 2015 wurde der Erstrevisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der zweitrevisionswerbenden Partei und somit als deren gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild iVm § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt, weil die zweitrevisionswerbende Partei an verbotenen Ausspielungen mit zwei näher bezeichneten Glücksspielautomaten unternehmerisch beteiligt gewesen sei, welche durch eine näher genannte Person auf deren eigenen Namen und Risiko in der Zeit von 3. Juni 2014 bis 21. November 2014, 10:00 Uhr, in einem näher bezeichneten Lokal voll funktionsfähig in betriebsbereitem Zustand aufgestellt gewesen seien. Über den Erstrevisionswerber wurden zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 3.000,‑ ‑ (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt, weiters wurde ihm gemäß § 64 Abs. 2 VStG ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren der belangten Behörde zur Bezahlung vorgeschrieben. Die zweitrevisionswerbende Partei wurde gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur Haftung für die Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand verpflichtet. Eine Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tathandlung lässt sich dem genannten Straferkenntnis nicht entnehmen. Insbesondere lässt dessen Spruch (wie im Übrigen auch die Begründung) in keiner Weise erkennen, worauf die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht ihre Annahme stützte, die zweitrevisionswerbende Partei hätte sich an den in Rede stehenden verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG unternehmerisch beteiligt.

2 Ebenso war in der im Verwaltungsstrafverfahren übermittelten Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. Jänner 2015 dem Erstrevisionswerber als handelsrechtlichem Geschäftsführer der zweitrevisionswerbenden Partei zwar vorgehalten worden, diese habe sich an verbotenen Ausspielungen unternehmerisch beteiligt und habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG begangen, auch diesem Schreiben ist jedoch hinsichtlich der zweitrevisionswerbenden Partei keine Beschreibung der vorgeworfenen Tathandlung der unternehmerischen Beteiligung an verbotenen Ausspielungen zu entnehmen.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien (VwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der Beschwerde der revisionswerbenden Parteien insofern Folge, als die verhängten Strafen jeweils herabgesetzt wurden. Im Übrigen wurde das Straferkenntnis ua. mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch nunmehr statt „unternehmerisch beteiligt“ auf „veranstaltet“ zu lauten habe. Weiters sprach es aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

4 Begründend führte das VwG nach Darstellung des Verfahrensgangs im Wesentlichen aus, es habe sich aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens ergeben, dass die zweitrevisionswerbende Partei mit den beiden in Rede stehenden Glücksspielgeräten im angelasteten Zeitraum Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 GSpG auf eigene Rechnung und Gefahr betrieben und daher gegen § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG verstoßen habe.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und/oder Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Die Revision ist im Sinne des Zulässigkeitsvorbringens, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zu näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der korrekten Tatanlastung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist, zulässig. Sie ist auch begründet.

7 § 44a VStG regelt, welche Bestandteile der Spruch eines Straferkenntnisses zu enthalten hat. Dazu zählen unter anderem die als erwiesen angenommene Tat (Z 1) und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z 2). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann. Der Revisionswerber hat zudem ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten werden. Die Identität der Tat muss unverwechselbar feststehen (vgl. etwa VwGH 19.5.2017, Ra 2016/17/0173, mwN).

8 Im Revisionsfall wurde der durch den Erstrevisionswerber vertretenen zweitrevisionswerbenden Partei innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 VStG ‑ und zwar weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. Jänner 2015, noch im Straferkenntnis vom 24. Februar 2015 ‑ keine unter einen der Tatbestände des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG subsumierbare Tathandlung korrekt im Sinne der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorgeworfen; vielmehr kam es, wie die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung zutreffend aufzeigt, im angefochtenen Erkenntnis vom 13. April 2016 erstmals zur Anlastung einer konkreten Tathandlung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG, und zwar jener des Veranstaltens nach dem ersten Tatbild der genannten Gesetzesbestimmung. Dem Inhalt der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Verfahrensakten zufolge wurde dies im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren mit den revisionswerbenden Parteien erstmals in der ‑ knapp nach dem Ende der Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 VStG durchgeführten ‑ mündlichen Verhandlung erörtert.

9 Der im angefochtenen Erkenntnis erhobene Tatvorwurf ist daher im Hinblick auf das Ende der strafbaren Handlung (21. November 2014) außerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist erhoben worden, weshalb sich die Bestrafung des Erstrevisionswerbers und die Heranziehung der zweitrevisionswerbenden Partei zur Haftung gemäß § 9 Abs. 7 VStG als rechtswidrig erweisen (z.B. VwGH 13.12.2017, Ro 2017/02/0027).

10 Das angefochtene Erkenntnis ist daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

11 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

12 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 26. September 2018

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