VwGH Ra 2016/17/0173

VwGHRa 2016/17/017319.5.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer‑Hinterauer und Hofrat Mag. Brandl als Richterin bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des V Z in C B, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 11. Februar 2016, LVwG‑410659/6/Zo, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2
AVG §60
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
VStG §22 Abs2
VStG §44a Z1
VStG §44a Z2
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §29 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016170173.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 27. März 2015 wurde der Revisionswerber als zur Vertretung nach außen hin berufenes Organ der M sro der Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 iVm § 2 Abs 1, 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) im Tatzeitraum von 1. Jänner bis 27. Mai 2014 für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von insgesamt EUR 30.000,– (im Falle der Uneinbringlichkeit insgesamt sieben Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

2 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde, in der er unter anderem vorbrachte, er habe die angelastete Tat nicht zu verantworten. Insbesondere sei unrichtig, dass sich die M sro an Ausspielungen beteiligt habe. Unrichtig sei auch, dass die Geräte gegen Entgelt zur Verfügung gestellt worden seien. Die Tatanlastung sei unschlüssig und genüge nicht den Konkretisierungserfordernissen nach § 44a VStG.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde „als unbegründet ab und bestätigte das Straferkenntnis mit der Maßgabe“, dass der Beginn des Tatzeitraumes auf 1. März 2014 abgeändert und die verletzte Rechtsvorschrift auf § 52 Abs 1 Z 1 vierter Fall GSpG konkretisiert wurde. Weiters wurden anstelle einer Gesamtstrafe neun Einzelstrafen verhängt. Im Übrigen sprach das Landesverwaltungsgericht aus, ein Kostenbeitrag sei nicht zu leisten und die Revision sei gemäß Art 133 Abs 4 B‑VG nicht zulässig.

4 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts oder Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

5 Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Die vorliegende Revision erweist sich schon im Hinblick auf das Zulässigkeitsvorbringen, es liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung deshalb vor, weil die angefochtene Entscheidung im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stehe (siehe im Einzelnen unten), als zulässig.

Die Revision ist auch berechtigt.

7 § 52 Abs 1 Z 1 GSpG in der Fassung BGBl I Nr 13/2014 lautet:

„Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;“

8 Im vorliegenden Fall wurde in der Anzeige der Finanzpolizei ausgeführt, die M sro habe die Glücksspielgeräte gegen Entgelt dem Glücksspielveranstalter zur Verfügung gestellt, um fortgesetzt Einnahmen aus den mit den Eingriffsgegenständen veranstalteten Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen zu erzielen.

9 Die Bezirkshauptmannschaft (BH) hat im Straferkenntnis ‑ wie auch bereits in der Aufforderung zur Rechtfertigung ‑ sowohl im Spruch als auch in der Begründung des Straferkenntnisses ausgeführt, der Revisionswerber habe die für die Durchführung von Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen notwendigen Gegenstände gegen Entgelt zur Verfügung gestellt, um fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen zu erzielen. In der Begründung wurde zusätzlich ausgeführt, entsprechend den Ermittlungsergebnissen sei zweifelsfrei erwiesen, dass der Revisionswerber als Verantwortlicher der M sro mit den gegenständlichen Glücksspielgeräten Glücksspiele in Form von Walzenspielen auf eigenen Namen und Rechnung sowie Risiko (gemeint wohl jeweils der Gesellschaft) veranstaltet habe. Die BH qualifizierte die Tathandlungen als Beteiligung an verbotenen Ausspielungen und bestrafte den Revisionswerber wegen Übertretung der § 52 Abs 1 Z 1 GSpG ohne Angabe des konkreten Tatbildes.

10 § 44a VStG regelt, welche Bestandteile der Spruch eines Straferkenntnisses zu enthalten hat. Dazu zählen unter anderem die als erwiesen angenommene Tat (Z 1) und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z 2). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann. Der Revisionswerber hat zudem ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten werden (vgl VwGH vom 24. April 2015, 2013/17/0400, sowie vom 18. Mai 2016, Ra 2015/17/0029). Die Identität der Tat muss unverwechselbar feststehen (vgl VwGH vom 3. Juni 2015, 2013/17/0407, mwN).

11 Besteht ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung, bei dem es sich nicht bloß um eine terminologische Abweichung, deren Wirkung sich im sprachlichen erschöpft, handelt, sondern bei dem die Wahl unterschiedlicher Begriffe vielmehr eine Unterschiedlichkeit in der rechtlichen Wertung durch Subsumtion unter je ein anderes Tatbild zum Ausdruck bringt, führt dies zu einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit (vgl VwGH vom 27. Mai 2011, 2010/02/0231, sowie vom 6. September 2016, Ra 2016/09/0049).

12 Durch die Bestrafung wegen des Veranstaltens verbotener Ausspielungen nach § 52 Abs 1 Z 1 erste Variante GSpG ist das gleichzeitig vom Bestraften verwirklichte Tatbild der unternehmerischen Beteiligung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG konsumiert. Konsumtion liegt vor, wenn die wertabwägende Auslegung der formal (durch eine Handlung oder durch mehrere Handlungen) erfüllten zwei Tatbestände zeigt, dass durch die Unterstellung der Tat(en) unter den einen der deliktische Gesamtunwert des zu beurteilenden Sachverhalts bereits für sich allein abgegolten ist. Voraussetzung ist, dass durch die Bestrafung wegen des einen Delikts tatsächlich der gesamte Unrechtsgehalt des Täterverhaltens erfasst wird. Als Täter, der im Sinne des ersten Tatbildes des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 leg cit veranstaltet, kommt in Betracht, wer das Spiel auf seine Rechnung und Gefahr ermöglicht, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in seiner Vermögenssphäre trägt (vgl VwGH vom 26. März 2015, Ra 2014/17/0033). Dagegen ist mit dem vierten Tatbild des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG eine Person gemeint, die nicht Veranstalter ist, sondern sich nur in irgendeiner Weise an der Veranstaltung unternehmerisch im Sinn des § 2 Abs 2 GSpG beteiligt. Durch die Bestrafung wegen des Veranstaltens verbotener Ausspielungen nach § 52 Abs 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG ist das gleichzeitig von derselben Person verwirklichte Tatbild der unternehmerischen Beteiligung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG konsumiert (vgl VwGH vom 26. März 2015, Ra 2014/17/0033, betreffend das unternehmerische Zugänglichmachen im Sinne des § 52 Abs 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG).

13 Im angefochtenen Erkenntnis wurden allerdings unterschiedliche Tathandlungen vorgeworfen, nämlich einerseits das dem Glücksspielveranstalter entgeltliche zur Verfügungsstellen der Glücksspielgeräte (siehe Spruch des diesbezüglich bestätigten Bescheides der Verwaltungsbehörde), das unter § 52 Abs 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG (unternehmerische Beteiligung) zu subsumieren wäre. Andererseits wurde in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ausgeführt, dass die M sro die Eigentümerin der Geräte gewesen sei und sie für verbotene Ausspielungen verwendet und für diese in einem Lokal eine Standfläche angemietet habe, woraus wohl abzuleiten wäre, dass sie das Spiel auf ihre Rechnung und Gefahr ermöglichte, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in ihrer Vermögenssphäre trug, also Veranstalterin im Sinne des § 52 Abs 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG war.

14 Damit ist aber dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen, welche konkrete Tathandlung dem Revisionswerber vorgeworfen wurde. Es kann auch nicht beurteilt werden, unter welches Tatbild des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG eine anzulastende Tathandlung zu subsumieren wäre. Das angefochtene Erkenntnis entspricht somit nicht den Anforderungen gemäß § 44a Z 1 und 2 VStG (vgl die oben in Rz 12 ff wiedergegebene Judikatur des VwGH).

15 Das angefochtene Erkenntnis war aus den dargelegten Gründen aufgrund der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

16 Für das fortzusetzende Verfahren ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach Beseitigung des Widerspruches hinsichtlich des Tatvorwurfes dieser unter das zutreffende Tatbild des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG zu subsumieren sein wird.

17 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 4 und 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art 6 Abs 1 EMRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Genüge getan.

18 Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 19. Mai 2017

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte