Normen
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Aufgrund einer am 14. März 2011 an einer näher bezeichneten Tankstelle durchgeführten Kontrolle der Finanzpolizei wurden die Mitbeteiligten wegen der Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 des Glücksspielgesetzes (GSpG) angezeigt.
Mit Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 5. März 2012 wurde der erste Mitbeteiligte als zur Vertretung nach außen befugtes Organ der K GmbH, der Veranstalterin verbotener Ausspielungen, der "unter Verwendung eines Glücksspielgerätes der Type 'EURO WECHSLER', Gerätebezeichnung 'Global Tronic Geldwechsler', ohne erkennbare äußere Seriennummer" erfolgten Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG iVm § 9 VStG für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 22 Stunden) verhängt.
Mit Spruchpunkt 2. dieses Straferkenntnisses wurde der erste Mitbeteiligte als zur Vertretung nach außen befugtes Organ der P V GmbH unter Bezugnahme auf zwei näher bezeichnete Walzenspielgeräte ebenfalls der Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG iVm § 9 VStG für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in Höhe von EUR 4.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 68 Stunden) verhängt.
Mit Spruchpunkt 1. eines weiteren Straferkenntnisses vom 5. März 2012 erkannte die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen den zweiten Mitbeteiligten als Betreiber dieser Tankstelle "unter Verwendung eines Glücksspielgerätes der Type 'EURO WECHSLER', Gerätebezeichnung 'Global Tronic Geldwechsler', ohne erkennbare äußere Seriennummer" der Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG für schuldig.
Mit Spruchpunkt 2. dieses Straferkenntnisses ebenfalls vom 5. März 2012 erkannte die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen den zweiten Mitbeteiligten als Betreiber dieser Tankstelle unter Bezugnahme auf die oben genannten Walzenspielgeräte der Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG für schuldig.
Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen verhängte über den zweiten Mitbeteiligten eine Gesamtstrafe in Höhe von EUR 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 76 Stunden).
Die Mitbeteiligten erhoben gegen diese Bescheide Berufung und beantragten, die Straferkenntnisse ersatzlos aufzuheben.
Die belangte Behörde gab mit den angefochtenen Bescheiden den Berufungen jeweils insofern statt, als sie jeweils den Spruchpunkt 1. der Straferkenntnisse aufhob und das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Umfang gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einstellte. Im zweitangefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde überdies aus, dass "darüber hinaus" das Verfahren wegen Anhängigkeit bei der "StA Wels" weiterhin ausgesetzt bleibe.
Begründend führte die belangte Behörde in beiden Bescheiden übereinstimmend aus, das gegenständliche Glücksspielgerät sei im erstinstanzlichen Bescheid nicht in unverwechselbarer Weise bezeichnet. Es fehle die Angabe der Seriennummer oder vergleichbarer Identifikationsmerkmale. Da nicht einmal die Versiegelungsplakettennummer angegeben worden sei, sei eine unverwechselbare Identifizierbarkeit des Geräts unmöglich. Alleine die Angabe der beliebig austauschbaren Gehäusebezeichnung in Verbindung mit der Angabe der Type reiche für einen allgemein verständlichen und unverwechselbaren Tatvorwurf iSd § 44a Z 1 VStG nicht aus. Da sowohl die Schreiben zur Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10. bzw 9. Jänner 2012 als auch die erstinstanzlichen Straferkenntnisse vom 5. März 2012 unter diesem Konkretisierungsmangel litten, sei von der Behörde erster Instanz keine taugliche Verfolgungshandlung vorgenommen worden. In Hinblick auf die angelastete Tatzeit sei gemäß § 52 Abs 5 GSpG die einjährige Verfolgungsverjährungsfrist am 14. März 2012 abgelaufen, weshalb die Berufungsbehörde die aufgezeigten Spruchmängel nicht mehr korrigieren könne. Die angefochtenen Straferkenntnisse seien daher mangels ausreichend angelasteter Verwaltungsübertretungen aufzuheben und die Strafverfahren einzustellen gewesen.
Gegen diese Bescheide richtet sich - soweit sie Spruchpunkt 1. des jeweiligen erstinstanzlichen Bescheides betreffen - die vorliegende Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen, in der sie ausschließlich inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend macht.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Ablehnung in eventu Abweisung der Beschwerde beantragt.
Auch die Mitbeteiligten erstatteten eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung oder Ablehnung der Beschwerde beantragten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs 11 VwGG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
Die Verfolgung einer Person ist gemäß § 31 Abs 1 VStG unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2 und 3) vorgenommen worden ist.
Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 31 Abs 2 VStG (idF vor dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz, BGBl I Nr 22/2013) sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
Verfolgungshandlung ist gemäß § 32 Abs 2 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung und dgl), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.
Eine Verfolgungshandlung, die gegen einen zur Vertretung nach außen Berufenen (§ 9 Abs 1) gerichtet ist, gilt gemäß § 32 Abs 3 VStG auch als Verfolgungshandlung gegen die anderen zur Vertretung nach außen Berufenen und die verantwortlichen Beauftragten. Eine Verfolgungshandlung, die gegen den Unternehmer (§ 9 Abs 3) gerichtet ist, gilt auch als Verfolgungshandlung gegen die verantwortlichen Beauftragten.
Gemäß § 52 Abs 5 GSpG idF BGBl I Nr 54/2010 beträgt die Verjährungsfrist (§ 31 Abs 2 VStG) für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs 1 ein Jahr.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es gemäß § 44a Z 1 VStG rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl VwGH (verstärkter Senat) vom 13. Juni 1984, 82/03/0265). Die Einhaltung des § 44a Z 1 und 2 VStG dient nach der hg Rechtsprechung dazu, den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, sich gegen den Tatvorwurf verteidigen zu können und nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (vgl VwGH vom 17. September 2014, 2011/17/0210). Die Nennung der Seriennummer der Glücksspielgeräte im Spruch der Strafverfügung stellt jedoch kein notwendigerweise anzugebendes Identifizierungsmerkmal dar, wenn die sonstigen Angaben ausreichen, um den Beschuldigten die Identifizierung des den Gegenstand der strafbaren Handlungen bildenden Glücksspielgeräts zu ermöglichen (vgl VwGH vom 21. April 1999, 98/03/0350 betreffend Kfz-Kennzeichen).
Bei den Beschwerdeführern handelt es sich um den Geschäftsführer der Eigentümerinnen der verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräte bzw um den Betreiber der (als Tatort festgestellten) Tankstelle. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Personen anhand der Angabe von Gerätebezeichnung und Type nicht eindeutig feststellen haben können, unter Verwendung welchen Geräts sie die ihnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen begangen haben, zumal sich ihr Berufungsvorbringen auch konkret mit jedem der in Spruchpunkt 1. der Straferkenntnisse angeführten Geräte auseinander setzt. Es ergibt sich auch nicht aus der Begründung der angefochtenen Bescheide, warum durch die Bezeichnung der Geräte die Verteidigungsrechte der Beschwerdeführer nicht gewahrt worden oder letztere der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt gewesen wären. Auch den Gegenschriften der Mitbeteiligten lässt sich derartiges nicht in nachvollziehbarer Weise entnehmen.
Indem die belangte Behörde vermeinte, der Tatvorwurf sei mangels Angabe der Seriennummern der Glücksspielgeräte, mit denen die verbotenen Ausspielungen begangen wurden, nicht hinreichend konkretisiert und es sei daher Verfolgungsverjährung iSd § 31 VStG iVm § 52 Abs 5 GSpG eingetreten, belastete sie die angefochtenen Bescheide mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Aus den dargelegten Erwägungen waren die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 3. Juni 2015
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