VwGH 82/03/0265

VwGH82/03/026513.6.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Pichler, Dr. Baumgartner, Dr. Weiss, Dr. Leukauf, Dr. Degischer, Dr. Knell und Dr. Puck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schwaighofer, über die Beschwerde des HS in L, vertreten durch Dr. Helfried Krainz, Rechtsanwalt in Linz, Lüfteneggerstraße 12, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 3. September 1982, Zl. VerkR-17.850/1-1982- II/Kp, und zwar soweit sich dieser auf den Punkt 1 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 20. Juli 1981 bezieht, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;

 

Spruch:

Der Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 3. September 1982, Z1. VerkR-17.850/1-1982-II/Kp, wird, soweit er sich auf den Punkt 1 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 20. Juli 1981 bezieht, einschließlich des diesbezüglichen Ausspruches über die Kosten des Berufungsverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 20. Juli 1981 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 10. Mai 1981 gegen 2.50 Uhr in Linz, Mönchgrabenstraße, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gelenkt und 1.) sich als Lenker des Pkws geweigert, seine Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, dass er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe; 2.) die Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen Umständen angepasst - dieses Faktum Nr. 2 war schon ursprünglich nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens - und 3.) einen Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne Identitätsnachweis nicht der nächsten Polizeidienststelle gemeldet. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2, 2.) § 20 Abs. 1 und 3.) § 4 Abs. 5 StVO begangen. Es wurde 1.) gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzarreststrafe 20 Tage), 2.) gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von S 600,-- (Ersatzarreststrafe 1 Tag) und 3.) gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO eine Geldstrafe von S 1.500,-- (Ersatzarreststrafe 3 Tage) verhängt.

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, zufolge der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens stehe fest, dass der Beschwerdeführer zur Tatzeit in Linz einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in der Mönchgrabenstraße gelenkt habe. Er sei in der Folge (aus Anlass von Erhebungen über einen Verkehrsunfall) von den Beamten des Verkehrsunfallkommandos in seiner Wohnung angetroffen worden. Die einschreitenden Sicherheitswachebeamten hätten bei der Verkehrsunfallsaufnahme festgestellt, dass der Beschwerdeführer aus dem Mund nach Alkohol gerochen und bei Stehen geschwankt habe. Auf Grund dieser Symptome sei zu vermuten gewesen, dass er den Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, weshalb er vom Meldungsleger zur Überprüfung der Atemluft mittels Alkoteströhrchens aufgefordert worden sei. Der Beschwerdeführer habe die Überprüfung der Atemluft mit dem Hinweis abgelehnt, dass er nach dem Eintreffen zu Hause einige Gläser Schnaps konsumiert habe. In der Vollmachtsvorlage und Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 22. Juni 1981 werde von dessen Vertreter vorgebracht, dass der Beschwerdeführer den Alkotest deshalb verweigert habe, weil er zum Unfallszeitpunkt nicht alkoholisiert gewesen sei und nach seinem Eintreffen zu Hause Alkohol konsumiert habe. Der Vertreter gebe somit in seiner Stellungnahme die Verweigerung der Untersuchung der Atemluft zu.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 3. September 1982 wurde

1.) die rechtzeitig eingebrachte Berufung hinsichtlich der Übertretungen nach § 99 Abs. 1 lit. b (§ 5 Abs. 2) und nach § 4 Abs. 5 StVO gemäß §§ 51 VStG 1950 und §§ 66 Abs. 4 AVG 1950 im Zusammenhalt mit § 24 VStG 1950 abgewiesen und diesbezüglich das Straferkenntnis sowohl hinsichtlich des Schuldspruches als auch der verhängten Strafe bestätigt;

2.) der rechtzeitig eingebrachten Berufung hinsichtlich der Übertretung nach § 20 Abs. 1 StVO stattgegeben, diesbezüglich das Straferkenntnis der Erstbehörde behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 lit. a VStG 1950 eingestellt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, wenn der Beschwerdeführer meine, er habe den Alkotest deshalb verweigert, weil er nach seiner Ankunft zu Hause einige Stamperl Schnaps getrunken habe, so sei ihm entgegenzuhalten, dass mit der Begründung, nach Beendigung des Lenkens Alkohol zu sich genommen zu haben, die Vornahme des Alkotestes nicht verweigert werden darf, zumal die Erörterung der Frage, ob eine Person in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt hat, einem sich allfällig anschließenden Verfahren nach § 5 Abs. 1 StVO vorbehalten bleibe. Da eine Gewissheit für eine vorher tatsächlich bestehende Alkoholisierung also gar nicht erforderlich sei, müsse als entscheidend für die Berechtigung der Amtshandlung nach § 5 Abs. 2 StVO nur der Umstand angesehen werden, ob der Meldungsleger mit Recht habe vermuten dürfen, der Beschwerdeführer habe sich im Zeitpunkt des Lenkens in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden. Dies sei aber gegenständlich der Fall, weil der Beschwerdeführer anlässlich der Beanstandung das vorangegangene Lenken eines Fahrzeuges nicht bestritten und auch entsprechende Alkoholisierungssymptome (Alkoholgeruch aus dem Mund) aufgewiesen habe. Wenn der Beschwerdeführer weiters vermeine, es hätte für die Behörde im Sinne der Bestimmung des § 5 Abs. 4 lit. c StVO die Möglichkeit bestanden, ihn einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt vorzuführen, wovon aber die Behörde Abstand genommen habe, so sei diese Behauptung nicht nur aktenwidrig, sondern auch unzutreffend, weil einerseits schon in der Anzeige festgehalten sei, dass der Beschwerdeführer auch eine Vorführung zum Amtsarzt abgelehnt habe, und andererseits der Tatbestand gemäß § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO bereits mit der erstmaligen Weigerung, die Atemluftprobe durchzuführen, vollendet sei und es Sache der Straßenaufsichtsorgane bleibe, zu entscheiden, ob im Einzelfall eine Atemluftprobe, eine ärztliche Untersuchung (bzw. allenfalls eine Blutabnahme) zwecks Feststellung der Alkoholisierung (oder beides) durchzuführen sei, weil dem betreffenden Fahrzeuglenker kein Wahlrecht in dieser Hinsicht zustehe. Dazu komme noch, dass die Alkotestverweigerung auch dann strafbar sei, wenn sich nachträglich herausstellen sollte, dass sich der Betroffene tatsächlich nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Da sich die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Einwände als nicht stichhältig erwiesen hätten, sei die vorliegende Berufung hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b (§ 5 Abs. 2) StVO zu verwerfen und diesbezüglich das Straferkenntnis der Erstbehörde aus seinen zutreffenden Gründen zu bestätigen gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der, soweit die im Instanzenzug erfolgte Bestätigung des Spruchpunktes 1 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 20. Juli 1981 bekämpft wird, Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die vorliegende Beschwerde mit Teilerkenntnis vom 20. April 1983, Zl. 82/03/0265, bereits insoweit abgesprochen, als sich der angefochtene Bescheid auf den Punkt 3 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 20. Juli 1981 bezieht.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 13 Z. 1 VwGG 1965 verstärkten Senat erwogen:

Dem hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1983, Zl. 02/3591/80, liegt die Rechtsauffassung zu Grunde, dass in Ansehung einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit

§ 5 Abs. 2 StVO die Angabe des Ortes, an welchem die Weigerung gesetzt wurde, wesentliches Merkmal der Umschreibung der Tat sei.

Der Verwaltungsgerichtshof bleibt bei dieser Rechtsansicht.

§ 44a lit. a VStG 1950 stellt das Erfordernis der Angabe der

als erwiesen angenommenen Tat auf. Nach § 44a lit. a VStG 1950 ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, das heißt in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. So weit die Strafbarkeit das Vorliegen bestimmter, in der Person des Täters gelegener besonderer Merkmale voraussetzt (z.B. § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO die Eigenschaft als Person, die ein Fahrzeug lenkt, in Betrieb nimmt oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versucht), sind insbesondere auch diese Merkmale zu bezeichnen.

Was den vorstehenden Punkt 2 anlangt (unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat) muss

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und

b) der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Taugliche Beweismittel im Sinne der vorstehenden lit. a) sind solche, die ein Beweisthema betreffen, das sich auf das in Strafverfolgung gezogene Faktum bezieht.

Im Falle von Verwaltungsübertretungen nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO verlangt das dargelegte Konkretisierungsgebot, dass Zeit und Ort der Tathandlung der Verweigerung des Alkotests in den Spruch des Straferkenntnisses (Spruchteil nach § 44a lit. a VStG 1950) aufgenommen werden. Diese rechtlich notwendigen Angaben über Zeit und Ort der Tathandlung der Verweigerung des Alkotests können durch Angaben über Zeit und Ort des dieser Tathandlung vorausgegangenen Lenkens (Inbetriebnehmens oder entsprechenden Versuches) allein nicht ersetzt werden. Eine solche vorausgegangene Verhaltensweise gehört zwar zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO, sie stellt jedoch nicht die nach dieser Strafnorm unter Strafsanktion stehende Tathandlung dar, die im konkreten Einzelfall im Sinne des vorstehenden Punktes 2 unverwechselbar feststehen muss.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde den Punkt 1 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 20. Juli 1981 vollinhaltlich bestätigt und somit den betreffenden Tatvorwurf unverändert übernommen. Aus Punkt 1 des Spruches dieses Straferkenntnisses aber ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer in Ansehung des einleitend umschriebenen Lenkens eines Pkws der Vorwurf der Verweigerung des Alkotests gemacht wurde, wobei dieser Tatvorwurf allerdings weder nach der Tatzeit noch nach dem Tatort näher konkretisiert wurde.

Da die belangte Behörde keine entsprechende Ergänzung des Spruches des Straferkenntnisses der Erstbehörde vornahm, belastete sie ihren Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der Bescheid der belangten Behörde vom 3. September 1982 war somit in dem vorstehend im Spruch angeführten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a und 48 Abs. 1 lit. b und - unter Bedachtnahme auch auf das in der vorliegenden Beschwerdesache bereits ergangene Teilerkenntnis vom 20. April 1983 - auf § 50 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I lit. A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben dem Anspruch auf Ersatz des pauschalierten Schriftsatzaufwandes kein Anspruch auf gesonderten Ersatz von an Umsatzsteuer zu entrichtenden Beträgen besteht und weil ferner im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Barauslagen (im Sinne des § 48 Abs. 1 lit. a VwGG 1965) entstanden sind.

Wien, am 13. Juni 1984

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