VwGH Ra 2017/17/0770

VwGHRa 2017/17/077028.2.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des C K in G, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 25. Jänner 2017, LVwG-411640/6/Zo, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Gmunden),

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VStG §19 Abs2;
VStG §20;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §42;
VwGVG 2014 §52 Abs8;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170770.L00

 

Spruch:

1. den Beschluss gefasst:

Die Revision wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 24. August 2016 wurde der Revisionswerber der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) wegen des unternehmerischen Zugänglichmachens von sieben Glücksspielgeräten im Tatzeitraum vom 4. Februar 2015 bis 5. Februar 2015 für schuldig erkannt; es wurden über ihn sieben Geldstrafen von jeweils EUR 3.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die dagegen erhobene Beschwerde ab und berichtigte den Spruch des Straferkenntnisses insofern, als die Tatzeit auf 5. Februar 2015 eingeschränkt wurde (Spruchpunkt I.). Es wurde dem Revisionswerber für das Beschwerdeverfahren ein Kostenbeitrag in der Höhe von EUR 4.200,-- vorgeschrieben (Spruchpunkt II.). Weiters sprach das Landesverwaltungsgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichthof nicht zulässig sei.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte Kostenersatz.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Zum Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision im Zusammenhang mit der Vorlagepflicht des entscheidenden Gerichtes ist zunächst festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH vom 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09 , Rn. 83 f; vom 30.4.2014, Pfleger, C-390/12 , Rn. 47 ff; vom 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment, C-464/15 , Rn. 31, 35 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.

8 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C- 685/15 , die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen.

9 Die Revision rügt in ihrem Zulässigkeitsvorbringen auch, das Landesverwaltungsgericht habe gegen das Verbot der reformatio in peius verstoßen, weil es zwar den Tatzeitraum eingeschränkt, nicht aber die Strafe herabgesetzt habe.

10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt das Verbot der reformatio in peius dazu, dass in der Beschwerdeentscheidung nicht die gleiche Strafe verhängt werden darf wie im bekämpften Straferkenntnis, sofern in der Beschwerdeentscheidung der Tatzeitraum reduziert wird und nicht andere Strafzumessungsgründe heranzuziehen sind als im Straferkenntnis (VwGH 15. 2. 2018, Ra 2017/17/0718, mwN). Wenn das Verwaltungsgericht die verhängte Strafe nicht herabsetzt, liegt dennoch kein Verstoß gegen das Verbot der "reformatio in peius" vor, wenn es im Rahmen der vorzunehmenden eigenen Bewertung von Milderungs- und Erschwernisgründen begründeterweise zur gleichen Strafhöhe gelangt wie die erstinstanzliche Behörde, selbst wenn ein Erschwerungsgrund weggefallen oder ein Milderungsgrund hinzugekommen wäre (vgl. VwGH vom 7.3.2016, Ra 2015/02/0225, mwN).

11 Das Landesverwaltungsgericht hat im Revisionsfall die Beibehaltung des Strafausmaßes damit begründet, dass mit dem Straferkenntnis ohnehin die Mindeststrafe verhängt worden sei und eine (unter Anwendung des § 20 VStG zu erfolgende) Herabsetzung der Geldstrafe unter die gesetzliche Mindeststrafe im vorliegenden Fall nicht angemessen gewesen wäre. Damit hat das Landesverwaltungsgericht eine eigene Bewertung der Strafzumessungsgründe vorgenommen. Zu dieser Bewertung enthält die Revision aber kein Vorbringen. Ein Abweichen des Landesverwaltungsgerichts von der hg. Rechtsprechung zum Verbot der reformatio in peius wurde somit nicht aufgezeigt.

12 Soweit sich die Revision gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, war sie daher mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen.

13 Hinsichtlich der in Spruchpunkt II. vorgeschriebenen Kosten für das Beschwerdeverfahren (§ 52 VwGVG) erweist sich die Revision jedoch als zulässig und berechtigt, weil das Landesverwaltungsgericht in diesem Punkt - wie der Revisionswerber zutreffend im Zulässigkeitsvorbringen aufzeigt - von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist.

14 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es nicht zulässig, dem Beschuldigten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wenn das Verwaltungsgericht eine Änderung zu seinen Gunsten (§ 52 Abs. 8 VwGVG) vorgenommen hat. Eine solche Änderung liegt auch dann vor, wenn das Verwaltungsgericht den von der Strafbehörde erster Instanz angenommenen strafbaren Tatbestand einschränkt. Das ist u.a. dann der Fall, wenn der Tatzeitraum im Unterschied zur erstinstanzlichen Entscheidung und damit der Unrechtsgehalt zugunsten des Beschuldigten verringert wird.

15 Dem Landesverwaltungsgericht war es daher aufgrund der vorgenommenen Tatzeiteinschränkung versagt, dem Revisionswerber den Ersatz der Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (vgl. VwGH 7.6.2017, Ra 2017/17/0017, mwN).

16 Die in Spruchpunkt II. enthaltene Vorschreibung der Kosten für das Beschwerdeverfahren war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

17 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 28. Februar 2018

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